Bewegungsbuchten im Abferkelstall: Kritik an Ausführungshinweisen

Die Vorgabe eines 2-m-Aktionskreises führt zu erheblichen Mehrkosten und steigenden Ferkelverlusten oder fragwürdigem Tierschutzeffekt (c) IMAGO/Frank Peter
Tierhaltung
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Die Ausführungshinweise für Bewegungsbuchten wurden Ende 2022 von der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz ohne vorherige Beteiligung von Fachberatern oder Fachverbänden geändert.

Von Dr. Eckhard Meyer, LfULG

Die Ferkelerzeugung steht wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand. Corona und der durch die Afrikanische Schweinepest bedingte Preisverfall sowie das Verbringungsverbot verschärfen die Situation. Außerdem müssen die Sauenhalter die gesetzlichen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung stemmen.

Die Vorgabe eines 2-m-Aktionskreises ist kontraproduktiv für den Tierschutz. Sie führt zu weiter steigenden Kosten und möglichen Ferkelverlusten. Die Vorgabe sollte nicht zur Anwendung kommen.

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Abferkelstall bis 2036 umsetzen

Neben der Verordnung gibt es die Ausführungshinweise, die zum Teil „unbestimmte Rechtsbegriffe“ konkretisieren. Als Empfehlungen für die Tierschutzkontrollen durch die Veterinärämter haben sie zwar vor Gericht keine justiziable Wirkung, wie das „Kastenstandurteil“ in Magdeburg gezeigt hat, werden aber über das Handbuch für Nutztierkontrollen bundeseinheitlich angewendet.

Kritisch sind oft bauliche Vorgaben, die entsprechenden Aufwand bedeuten und in der Regel mit Übergangsfristen versehen sind. Sauenhalter haben Zeit, die geforderten Umbauten im Deckzentrum bis 2029 und im Abferkelstall bis 2036 umzusetzen. Aber schon heute ist jede zum Teil sogar investiv geförderte Bewegungsbucht, eine Konsequenz des Magdeburger Urteils. Diese wurde meist ohne Berücksichtigung eines 2-m-Kreises gebaut.

Buchtengröße mit Ausmaß

Das Gesetz legt lediglich die Mindestgröße der Buchten von 6,5 m2 und die zulässige Verschlusszeit von maximal fünf Tagen für die Ferkelschutzkörbe fest. Laut den nachträglich erlassenen Ausführungshinweisen soll jetzt die lichte Weite des Bewegungsraumes einen Durchmesser von mindestens 2 m haben. Eine Vorgabe, die schon zum Gesetzgebungsverfahren im Raum stand. Was sich für Außenstehende nach einer Kleinigkeit anhört, wirkt sich nicht nur auf die Größe der Buchten aus.

Soll den Ferkeln genügend Fluchtraum außerhalb des Ferkelschutzkorbes zur Verfügung stehen, steigt die Buchtengröße über 8 m2. Dabei ist bekannt, dass die Baukosten im Wesentlichen dem umbauten Raum folgen. Das gilt besonders für den baulich aufwendigsten Bereich wie die Abferkelbucht. So wird die Kostensteigerung für alle übrigen Sauenhalter in Deutschland auf 270 Mio. € geschätzt.

Bewegungsfreiheit Sau vs. Fluchtraum Ferkel

Besonders problematisch wird diese Vorgabe, wenn die Fluchträume der Ferkel der Bewegungsfreiheit der Sauen geopfert werden, um den Platzanspruch bei 7 m2 halten zu können. Denn an keinem Punkt kommen so unterschiedliche Ansprüche zusammen wie in den Abferkelbuchten. Deshalb kann die Tiergerechtheit der Bewegungsbuchten nur an einem optimalen Kompromiss zwischen der Bewegungsfreiheit für die Sauen und den Ansprüchen der Ferkel an ihr Überleben gemessen werden.

Ferkelverluste reduzieren

Um Ferkelverluste in den Buchten zu reduzieren, muss die Sau dazu gebracht werden, sich auf einer für sie vorgesehenen Standfläche (mit hoher Standsicherheit) möglichst unterstützt vom Ferkelschutzkorb vorsichtig abzulegen und im Liegen eher wenige Rollbewegungen auszuführen. Der Schlüssel dafür liegt in einer maßvollen Begrenzung der Bewegungsfreiheit.

Bewegungsbuchten mit höherem Risiko

In Untersuchungen am Lehr- und Versuchsgut Köllitsch und in Betrieben wurden drei wesentliche Konstruktionsmerkmale [Länge x Breite 3:2, trapezförmiger (spitz zulaufender) Aktionsbereich der Sau, ausreichend große Fluchträume der Ferkel (ringsherum)] ermittelt. Etwa 40 % der Sauen zeigten ein erdrückungsgefährliches Abliegeverhalten. Dieses Risiko ist in Bewegungsbuchten größer als in konventionellen Buchten, weil das Abliegen gefährlicher ist und die Ferkel auch bei den Rollbewegungen erdrückt werden können.

Standsicherheit mit Kunststoff

Bei geöffnetem Ferkelschutzkorb wird dies verschärft, wenn es auf Fußbodenabschnitten ohne genügend Standsicherheit abläuft – heute oft ein Problem, weil schnell gewachsene Sauen eher schwach auf den Füßen sind. Je größer die Bucht ist und je weiter der Ferkelschutzkorb geöffnet wird, desto häufiger laufen Abliegebewegungen auf dem eher rutschigen Fußboden außerhalb ihrer Standfläche ab. Diese von Sauen und Ferkeln gemeinsam benutzten Bereiche werden aus Kunststoff mit relativ geringen Gleitreibwerten aufgebaut, weil die Hersteller mangels Alternativen darin den besseren Kompromiss sehen.

Optimale Buchtengröße

Die Abliegebewegungen werden koordinierter und das „Rolling“ bis zu 30 % weniger, wenn die Sauen irgendwo Barrieren spüren. Das wird unterstützt durch die optimale (nicht maximale) Größe der Bucht von etwa 7 m2 sowie die Buchtengeometrie 3:2. Für diesen Aktionskreis muss der Ferkelschutzkorb maximal geöffnet werden, vor allem wenn er wie bei fast allen handelsüblichen Typen auf einer Konsole aufgehängt ist und nur aufgeklappt wird. Um den Platz für die Bucht nicht in utopische Größenordnungen (>10 m²) laufen zu lassen, führt das unweigerlich dazu, dass die Fluchträume einseitig (manchmal zweiseitig) zu eng werden.

Verschiedene Buchtentypen

Aus Sorge vor der Diskussion entsprechen nur etwa ein Drittel der auf der EuroTier im November von rund zwölf Herstellern vorgestellten Buchtentypen hinsichtlich Länge (2,6–3 m) und Breite (2,1–2,4 m) dem , aus unserer Sicht optimalen Verhältnis von 3:2. Andere Buchtentypen sind eher quadratisch und realisieren so die maximale Bewegungsfreiheit, aber leider auch potenziell höhere Ferkelverluste. Trotzdem kann die Vorgabe je nach Grundfläche nicht immer erfüllt werden, was dazu führt, dass namhafte Stallplaner, die die wenigen, noch kurz vor der Realisierung befindlichen Stall-(um)bauten verantworten, verzweifeln.

Dänische Untersuchungen sehen für die koordinierte Bewegung der Sauen bei 153 cm lichter Weite bereits ein Optimum. Wir können zumindest sagen, dass diese eher (zu) schmalen Buchten besser funktionieren als die (zu) großen. Schließlich dreht sich die Sau ja nicht wie ein Panzer starr auf einem Punkt. In den Untersuchungen über mehrere Jahre machten die Unterschiede in den Ferkelverlusten zwischen der besten (oben beschriebenen) Bucht und der unter dem Gesichtspunkt des Aktionskreises konstruierten Bucht mehr als 7 % Ferkelverluste (mindestens ein Ferkel/Wurf) aus.