Lohnt sich die Zuckerrübe als Milchkuhfutter?

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Futter
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Die Zuckerrübe bringt den höchsten Energieertrag je Hektar, das Interesse an ihr als Milchkuhfutter ist aber gering. Versuche zeigten, warum das so ist. Dabei untersuchten Wissenschaftler die Silierung mit anderen Grobfuttermitteln.

Von Prof. Olaf Steinhöfel, Florian Kindermann, Dr. Siriwan Martens*

Zuckerrüben sind nicht lange haltbar. Bei längerfristiger Lagerung, ob in Mieten gekühlt oder in Folienschläuchen siliert, sind die Verluste unverhältnismäßig hoch. Auch die Futtervorlage und strenge pansenphysiologische Restriktion für Zucker bremsen die Vorzüglichkeit der Zuckerrüben für die Milchviehfütterung aus. Bisher lag der Fokus auf den Nebenprodukten der Zuckerindustire, den Pressschnitzeln. Bedingt durch die Schließung traditioneller Zuckerfabriken werden Pressschnitzel aber aus vielen Rationen verschwinden. Um dieses Verschwinden zu bremsen und die Tradition des Zuckerrübenanbaus an fabrikfernen Standorten zu erhalten, muss sowohl über die Fütterungseignung als auch über eine längerfristige Haltbarmachung der letzten verbliebenen Hackfrucht in der Nutztierfütterung nachgedacht werden.

Zuckerrüben als Milchkuhfutter sind sehr gut verdaulich

Die Zuckerrübe ist ein interessantes Futterenergiekonzentrat, welches in der Regel die Futteraufnahme positiv beeinflusst und oft eine Kompottwirkung erzielt, das heißt, dass die Rüben-Trockenmasse kaum faserhaltige Futtermittel aus den Rationen verdrängt. Zuckerrüben sind gut verdaulich. Die Verdaulichkeit von organischer Masse liegt zwischen 94 und 96 %. Auch die Verdaulichkeit der Gerüstkohlenhydrate, Hauptenergielieferant des Rübenmarkes, wird mit 80–90 % angegeben.

Der Rohproteingehalt liegt bei knapp 7 % in der Trockenmasse (TM) und variiert nur geringfügig. Die Energiedichte gewaschener Rüben erreicht etwas über 8 MJ NEL/kg TM. Der mittlere Trockensubstanzgehalt beträgt circa 25 %. Diese TM besteht zu circa 70 % aus Saccharose, rund 20 % aus Rübenmark und zu 10 % aus Rübensaft. Die wasserlöslichen Kohlenhydrate (Zucker) werden in den Vormägen der Wiederkäuer sehr schnell fermentiert. Ihre ruminale Abbaurrate beträgt mehr als 40 % je Stunde. Zum Schutz der Pansenfunktion und -gesundheit sollten einem Milchrind deshalb nicht mehr als 1,5 kg Zucker je Kuh und Tag verfüttert werden. Somit können bei sonst zuckerarmer Restration maximal 2 kg TM (8 bis 10 kg Frischmasse) Zuckerrüben in die Tagesration integriert werden. Bei der Fütterung intakter Rübenzellen, frisch oder siliert, wird häufig ein geringerer pH-Wert-Abfall in den Vormägen der Rinder gemessen als erwartet. Insbesondere die Zellwandkohlenhydrate können die ruminale Zuckerfermentation in begrenztem Maße ausbremsen.

Ausgewählte Ergebnisse aus Silierversuchen mit Zuckerrüben-Grobfuttermischungen.

Zuckerrüben müssen, wenn sie vom Feld kommen, grundsätzlich gereinigt und vor dem Fütterungseinsatz gebröckelt werden. Während es für die Rübenzerkleinerung durchaus Verfahrenslösungen gibt, ist die dezentrale mechanische Reinigung beziehungsweise gar das Waschen der Zuckerrüben momentan nicht wirklich gelöst. Bei hohem Lehm- oder Tongehalt der anhaftenden Erde müssen die Aufwendungen für das Reinigen und der Wasserverbrauch für die Preiswürdigkeit des Verfahrens gänzlich infrage gestellt werden. Der Schmutz provoziert neben dem sinkenden Energiegehalt (Verdünnungseffekt) sowohl Störungen der Vormagenfunktion als auch einen nicht unerheblichen Eintrag von unerwünschten biotischen und abiotischen Bodenschadstoffen und gärbiologisch problematische Mikroorganismen.

Zuckerrüben sind Nur relativ kurz lagerfähig

Die klassische Form Zuckerrüben zu lagern, ist eine kühlende Lagerung bei Lagertemperaturen von 0 bis 4 °C sowie einer relativen Luftfeuchte von 90 bis 95 %. Die maximale Lagerungsdauer in Mieten unter diesen Bedingungen beträgt dabei maximal vier bis sechs Monate. In jüngeren Untersuchungen wurde auch die luftdichte Lagerung und Silierung ganzer Rüben in Folienschläuchen erfolgreich praktiziert. Jedoch auch hier steigen die Verluste sprunghaft an, wenn die Außentemperaturen 8 °C übersteigen. Zudem erfordert das Verfahren einen Frostschutz zum Beispiel durch Strohauflage. Die Zuckerrüben müssen vor dem Verfüttern zerkleinert werden, da sonst einerseits Schlundrinnenverstopfungen möglich sind und andererseits Rüben durch die Rinder aus der Futtermischung selektiert werden können.

Gebröckelte Zuckerrüben mit klassischen Verfahren zu silieren, scheint aber illusorisch, da das schnell entstehende Sickerwasser sowohl hohe Verluste als auch umweltseitige Probleme mit sich bringt. Um zerkleinerte Zuckerrüben erfolgreich zu silieren und sie gleichzeitig fütterungsfertig zur Verfügung zu stellen, wurden in den letzten Jahren verstärkt Mischsilagen getestet, welche aus Zuckerrüben und trockenen Grobfuttermitteln bestanden. Hier wurden insbesondere Silomais beziehungsweise. Maissilagen, verschiedenes Getreidestroh, Gras- und Luzerneheu oder trockene Silagen genutzt. Damit soll, sowohl der Zuckersaft gebunden, aber auch die Futterwerteigenschaften der Grobfuttermittel erhöht werden.

Um die Zellsaftbindung verschiedener Grobfuttermittel als auch den Gärerfolg von Zuckerrüben-Grobfutter-Mischsilagen zu testen, wurden im Lehr- und Versuchsgut (LVG) Köllitsch verschiedene Tests durchgeführt. Maßstab für das gewählte Mischungsverhältnis war zunächst die Minimierung von Zellsaftaustritt. Zur Messung der abfließenden Zellsaftmenge während der Silierung wurden zwei Folienbeutel übereinander vakuumiert und verschweißt. Das zu silierende Material befand sich im inneren Beutel vakuum- und mit Paketklebeband verdichtet (Rostocker Modellsilage). Dieser Beutel wurde mittels einer Kanüle durchstochen und durch Überschweißen mit einem weiteren Folienbeutel wiederum luftdicht verpackt. Nach vier Wochen Silierung zerkleinerter Zuckerrüben konnten so circa 160 l Sickersaft je Tonne Frischmasse gemessen werden. Daraufhin wurde das Wasserbindevermögen verschiedener Futtermittel bestimmt. Dies ergab dann das jeweils optimale Mischungsverhältnis.

Die Ergebnisse für Stroh, Heu und Grassilage als Mischungspartner wurden überprüft. Das angestrebte Ziel, den Zellsaft zu binden, wurde erreicht. Sowohl nach Zusatz von 5 % TM Weizenstroh als auch 10 % TM Wiesenheu oder 30 % TM Grassilage zu frischen gebröckelten Zuckerrüben konnte kein nennenswerter Sickersaftanfall gemessen werden. Während die Silierverluste bei den beiden Grasprodukt-Mischsilagen mit etwa 11 % TM noch tolerierbar waren, zeigte die Strohvariante mit nahezu 20 % doch deutlich zu hohe Verluste. Die aerobe Stabilität aller Mischsilagen war dagegen mit vier bis fünf Tagen ausreichend hoch. Ausschlaggebend für den Fütterungseinsatz sind letztlich die Futterwertkennzahlen und die Gärparameter. Hier offenbart sich das im Vorfeld bereits beschriebene Problem doch sehr drastisch.

Durch den hohen Rohaschegehalt der Zuckerrüben (im Mittel 23,5 % der TM) lagen auch die Aschegehalte bei den Mischsilagen bei 19 bis 23 %. Dies führte letztlich dazu, dass auch die entstandene Futtermischung nur einen mäßigen bis schlechten Futterwert aufwies. Die Energiedichte war mit rund 5 MJ weit unter den Erwartungen. Dazu kommt die Tatsache, dass sowohl die Ethanol- als auch die Esterbildung (Ethylacetat und Ethyllactat) unerwünscht deutlich war. Obwohl es keine spezifischen Restriktionen für diese Gärprodukte in der Wiederkäuerfütterung gibt, stehen diese doch im Verdacht, zu unerwünschten sensorischen Veränderungen beizutragen, welche bis zur Totalverweigerung der Futteraufnahme führen können.

Landwirt Thomas Wirth zeigt eine Zuckerrübe, die mit dem Mais siliert worden ist.

Erfahrungen aus der Praxis: Fütterung von Zuckerrüben – Pansen statt Fabrik

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Zuckerrüben im Milchkuhfutter: Ergebnisse aus dem Fütterungstest

Um die Wirkung von Zuckerrüben-Grobfutter-Mischsilagen auf den Fütterungserfolg zu testen, wurde ein 60-tägiger Test mit jeweils zwei homogen zusammengesetzten Gruppen mit jeweilse 30 Milchrindern (circa 35 kg Milchleistung) im LVG Köllitsch durchgeführt. In der Kontrollgruppe wurden 6,6 kg Trockenmasse einer Grassilage (34 % TM und je kg TM: 74 g Rohasche, 6,5 MJ NEL, 27 g Zucker, 386 g aNDFom und 170 g Rohprotein) gefüttert. In der Testration wurden 3 kg dieser Grassilage durch eine Zuckerrüben-Grassilage (70:30 in der TM, 28 % TM mit je kg TM: 171 g Rohasche, 5,2 MJ NEL, 125 g Zucker, 314 g aNDFom und 90g Rohprotein) ersetzt. Die Zuckerrüben wurden mit einem Rübenschnitzler zerkleinert. Um die Homogenität der Mischsilage zu gewährleisten, wurden die Rübenbröckel in einem Futtermischwagen mit der Grassilage vermischt und in einem Folienschlauch eingelagert. Die Silierung dauerte sechs Wochen. Trotz verschiedener Reinigungsschritte und Wässerung der Hackfrüchte blieben die Rohaschegehalte im Mittel bei 20 % in der TM. Bei diesen Aschewerten sank der Energiegehalt der Mischsilage auf unter 5,2 MJ NEL/ TM.

Die Ergebnisse des Fütterungstestes bestätigten dann diese Verschlechterung im Futterwert. Die Rationen unterschieden sich durch den Asche- und in Folge den Energiegehalt. Dies hatte Folgen auf die die Futteraufnahme der Zuckerrübengruppe, die 1,5 kg weniger TM aufnahm. Damit wurden auch in nahezu allen aufgenommenen Nährstofffraktionen Minderaufnahmen provoziert. Im Mittel wurden 14 MJ NEL weniger Energie je Kuh und Tag aufgenommen. Somit war es folgerichtig, dass die Milchleistung der Gruppe, welche Zuckerrüben-Grassilage-Mischsilage bekam, geringer war. Der positiv anmutende Nebeneffekt auf die geringere N-Ausscheidung und N-Effizienz ist hier eher nebensächlich. Die Futtereffizienz war nicht unterschiedlich, da die signifikant geringere Futteraufnahme zu einer signifikant geringeren Milchleistung geführt hat.


FAZIT:

Vieles spricht für Zuckerrüben in der Milchkuhration, vieles aber auch dagegen. Zunächst ist die längerfristige Haltbarkeit der Hackfrüchte und eine Minimierung des Verlustes an Zellsaft während der Lagerung und Konservierung zu klären. Dies scheint durchaus machbar, wenn gebröckelte Zuckerrüben gemeinsam mit trockenen Grobfuttermitteln einsiliert werden. Hier scheint zum Beispiel 30 % TM trockene Grassilage ein guter Mischpartner zu sein. Das Hauptproblem ist der Rohaschegehalt. Wenn es nicht gelingt, den Aschegehalt der zuckerreichen Hackfrüchte vor einer Mischsilierung oder der Verfütterung auf unter 5 % zu senken, dann werden auch keine positiven Veredlungseffekte der Rübe über die Milchkuhfütterung erzielt. Trotz intensiver Bemühungen durch Mechanik und Waschen gelang es nicht, den Aschegehalt der Rüben unter 20 % zu reduzieren. Falls es weitere Bemühungen und Interessen an diesem Verfahren geben sollte, muss zwangsläufig zunächst das Reinigungsproblem großtechnisch gelöst werden. Ob sich damit auch die Ethanol- und Esterbildung während der Silierung minimieren lassen, müssen weitere Studien zeigen.


*Prof. Olaf Steinhöfel, Florian Kindermann und Dr. Siriwan Martens forschen im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie sowie am Lehr- und Versuchsgut (LVG) Köllitsch.