In den Ruhestand verabschiedet

„Außenminister“ verabschiedet

Dank und Anerkennung für sein Wirken zum Wohle der Fleischrindzucht wurde Gernot Pohl (r.) u. a. durch die Vorstandsvorsitzende des Verbandes Deutscher Simmentalzüchter, Claudia Pieter, zuteil. (c) Detlef Finger
Tierhaltung
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Mit ihm geht „eine Ära in der Fleischrindzucht zu Ende“: Gernot Pohl, Leiter der Abteilung Fleischrind der RinderAllianz, wurde in Bismark an traditioneller Stelle – in der Viehhalle – offiziell verabschiedet.

Gernot Pohl hat die Fleischrindzucht hierzulande geprägt wie kein anderer. Als Abteilungsleiter beim Rinderzuchtverband Sachsen-Anhalt (RSA) und später bei der RinderAllianz bestimmte er nach der Wiedervereinigung Deutschlands deren Aufbau und Entwicklung maßgeblich mit. Der gelernte Rinderzüchter und studierte Agrarwissenschaftler mit Tierzucht-Diplom begann seine berufliche Laufbahn im Volkseigenen Gut (VEG) Annarode, dessen Direktor er 1983 wurde. Am 21. März 1990 gründete er den Fleischrindzuchtverband Sachsen-Anhalt mit, der damals 49 Mitglieder zählte. Der Verband ging nur wenig später im RSA als Abteilung auf, die Pohl ab 1991 leitete.

Fleischrindzucht war Neuland zu jener Zeit in Ostdeutschland. Dennoch begann mit dem 1. RSA-Fleischrindertag 1992 in Bismark eine so kaum zu erwartende Erfolgsgeschichte: Die hiesige Fleischrindhaltung erlebte relativ schnell viel Aufwind, es stellten sich bald erste, auch überregionale züchterische Erfolge ein.

Gernot Pohl: Faible für zwei Rassen

Die vier Hauptrassen in Sachsen-Anhalt waren Fleckvieh-Simmental, Charolais, Angus und Limousin. Erstere hatte es Gernot Pohl besonders angetan. Er führte von Halle aus viele Jahre auch die Geschäfte des Verbandes Deutscher Simmentalzüchter (VDSimmental). Seine zweite Vorliebe galt dem Roten Harzer Höhenvieh. Diese alte, ausgestorbene Rasse wurde mithilfe einiger Enthusiasten, zu denen auch Pohl gehörte, nach der Wende wiederbelebt.

Seine Tätigkeit führte Pohl zudem immer wieder ins Ausland, etwa ins Baltikum, nach Bulgarien oder Usbekistan. Diese Länder waren auch Ziel vieler von ihm organisierten Züchterfahrten. Diese sowie zahlreiche heimische Züchtertreffen und die Züchterabende nach den Landesschauen sorgten dafür, dass die sachsen-anhaltischen Fleischrindzüchter zu einer Familie zusammenwuchsen.

für besondere leistungenIn Bismark geehrt

Ende Mai dieses Jahres schied Gernot Pohl aus dem aktiven Berufsleben aus. Mit coronabedingter Verspätung wurde der inzwischen 66-Jährige Ende August in Bismark an traditioneller Stelle – in der Viehhalle – auch offiziell verabschiedet. Mit ihm gehe „eine Ära in der Fleischrindzucht zu Ende“, erklärte RinderAllianz-Geschäftsführer Dr. Matthias Löber. Die Laudatio auf Pohl hielt der Vorstandsvorsitzende des RSA, Hans-Archibald Lindecke. Er zeigte den eingangs beschriebenen beruflichen Weg seines langjährigen Mitstreiters sowie dessen Engagement und Verdienste um die Fleischrindzucht in sehr persönlichen Worten auf. Die eine oder andere Anekdote sparte Lindecke dabei ebenfalls nicht aus.

Hans-Jürgen Schulz zeichnete Pohl für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Tierzucht mit der Ehrentafel des Agrarministeriums in Silber aus. Der Abteilungsleiter sagte: „Sie haben hier sehr viel bewegt.“ Die sachsen-anhaltische Fleischrindzucht mit aktuell etwa 4.600 Herdbuchkühen stehe heute im Land gleichberechtigt neben der Milchviehzucht und habe es zu bundesweiter und internationaler Anerkennung gebracht.

Dank und Anerkennung für sein Wirken zum Wohle der Fleischrindzucht wurde Gernot Pohl (r.) u. a. durch den Abteilungsleiter im Agrarministerium, Hans-Jürgen Schulz (o.), zuteil. (c) Detlef Finger
Dank und Anerkennung für sein Wirken zum Wohle der Fleischrindzucht wurde Gernot Pohl (r.) u. a. durch den Abteilungsleiter im Agrarministerium, Hans-Jürgen Schulz (o.), zuteil. (c) Detlef Finger

Schulz bezeichnete Pohl, der weltweit für die Fleischrindzucht unterwegs war, als „Außenminister des Verbandes“. So habe etwa die erfolgreiche Zusammenarbeit des Landes mit Litauen bis heute Bestand. Dr. Manfred Leberecht, Vizepräsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, erinnerte an die gemeinsame Mitbegründung des Bundesverbandes deutscher Salerszüchter und -halter sowie die Zusammenarbeit im Bundesverband Simmental. Er lobte Pohl zudem als „Vordenker“ für die Fusion der Rinderzuchtverbände der beiden Bundesländer.

Befürworter der Fusion

Vordenker und Vorreiter sei Pohl auch im VDSimmental gewesen, erklärte dessen Vorsitzende, Claudia Pieter. Ohne ihn hätte es den 2008 gegründeten Bundesverband nicht gegeben, betonte die Ostthüringerin. Einmalig sei die Ausrichtung des Simmental-Weltkongresses im Jahr 2012 gewesen. Pieter überreichte Pohl als Abschiedsgeschenk des Verbandes das Modell eines Fleckviehbullen, wie es die Sieger auf Schauen erhalten. Sie wünschte sich in Bismark, dass Pohl der Fleckviehzucht verbunden bleiben möge. Der so Geehrte war nach eigenen Worten „innerlich bewegt und berührt“.

Pohl blickte selbst noch einmal kurz auf Stationen seiner 50-jährigen Arbeit im Dienste der Rinderzucht und -haltung zurück. Und er gab den ihm erwiesenen Dank zurück: Die Erfolge im Landes- wie im Bundesverband wären ohne die Züchter und das Ehrenamt nicht möglich gewesen. Die große Liebe zur Rinderzucht habe Mitglieder und Mitarbeiter geeint. Pohl bekräftigte, er sei „zutiefst überzeugt“ vom Zusammengehen der Zuchtverbände Sachsen-Anhalts und Mecklenburg-Vorpommerns zur RinderAllianz.

Abteilung Fleischrind: Nachfolge gut geregelt

Die Teamleitung der Abteilung Fleischrind der RinderAllianz sieht er bei Dr. Sabine Schmidt, mit der er in den vergangenen Jahren bereits eng zusammenarbeitete, in Zukunft „in besten Händen“. Ihr sowie Ute Wienecke und Uwe Harstel, beides langjährige Kollegen, sprach Pohl einen ganz persönlichen Dank aus. Er bedankte sich zudem bei der Geschäftsführung der RinderAllianz, dem RSA, den Ehrenamtlichen, den Züchtern und Jungzüchtern sowie seiner Familie für den Rückhalt. Im (Un-)Ruhestand will Gernot Pohl seiner Leidenschaft, der Natur- und Tierfotografie, stärker nachgehen. Vielleicht trifft man ihn dann auch als aktiven „Kuhfotografen“ auf Zuchtbetrieben oder bei Zuchttierschauen wieder.

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