Gülleansäuerung: Stalltechnik nachrüsten
Die neue TA-Luft fordert den Einsatz von Ammoniakminderungstechniken. Im Forschungsprojekt SAFT wird eine Technik zur Ansäuerung des Flüssigmistes entwickelt, die als Nachrüstlösung integriert werden kann.
Von Veronika Overmeyer und Prof. Dr. Wolfgang Büscher, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Lehrstuhl Verfahrenstechnik in der Tierischen Erzeugung
Diskussionen um Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung geraten immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit und der Politik. Durch rechtliche Vorschriften wie die Neufassung der TA-Luft sollen unter anderem die Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft weiter reduziert werden.
Dazu ist der Einsatz von Emissionsminderungstechniken wie beispielsweise einer Abluftreinigung notwendig. Eine weitere mögliche Technik ist die Ansäuerung des Flüssigmistes. Diese wird EU-weit als „beste verfügbare Technik“ beim Flüssigmistmanagement gelistet.
Die stallinterne Flüssigmistansäuerung wird in Dänemark bereits seit mehreren Jahren in Neubauten integriert. Der größte Teil der Flüssigmistlagerung erfolgt allerdings im Anschluss an den Ansäuerungsprozess in externen Lagerbehältern.
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Ammoniakreduktion
In dem Forschungsprojekt SAFT haben die Firmen Hölscher + Leuschner und SF Soepenberg in den letzten drei Jahren eine nachrüstfähige Flüssigmistansäuerungstechnik entwickelt, die weiterhin eine Nutzung der Flüssigmistkanäle im Stall als Lagerraum ermöglicht. Auf diese Weise ist auch eine Ansäuerung des Flüssigmistes in Bestandsbauten möglich, ohne dass für den Einsatz dieser Technik zusätzliche Lagerbehälter errichtet werden müssen.
Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Prof. Dr. Wolfgang Büscher als Projektleiter und Veronika Overmeyer (Projektbearbeiterin) begleiten dieses Forschungsvorhaben mit wissenschaftlichen Untersuchungen.
Dazu wurde auf dem Campus Frankenforst der Universität Bonn eine Ansäuerungstechnik in einem Schweinemastabteil im Frühjahr 2020 nachgerüstet. Bei der Ansäuerung des Flüssigmistes wird durch die Zugabe von Schwefelsäure das pH-abhängige Ammonium-(NH4+) – / Ammoniak (NH3)-Gleichgewicht in Richtung Ammonium verschoben. Auf diese Weise liegt kaum noch freies Ammoniak im Flüssigmist vor, welches gasförmig entweichen könnte.
Dazu wurde ein Teil des Flüssigmistes mindestens zwei Mal wöchentlich in einen Prozessbehälter gepumpt und der pH- Wert mithilfe einer pH-Sonde ermittelt. „In Abhängigkeit des pH-Wertes wurde automatisch die benötigte Säuremenge zur Einstellung des Ziel-pH-Wertes hinzugegeben“, erklärt Veronika Overmeyer und ergänzt: „Dabei wurde durch ein Rührwerk im Prozessbehälter eine unbedingt notwendige homogene Verteilung der Säure im Flüssigmist gewährleistet“. Im Anschluss an den Ansäuerungsprozess wurde der frisch angesäuerte Flüssigmist wieder zurück in den entsprechenden Flüssigmistkanal des Stallabteils gepumpt. Somit konnte ein pH-Wert von 5,5 im Flüssigmist gewährleistet werden. „Aus der Literatur ist bekannt, dass dieser pH-Wert die Ammoniakemissionen aus dem Flüssigmist auch während der weiteren Lagerung und Ausbringung mindert“, so Prof. Wolfgang Büscher.
Frisch anfallende Exkremente fallen in angesäuerten Flüssigmist
Ein zusätzlicher Vorteil dieses Systems ist, dass frisch anfallende Exkremente in den angesäuerten Flüssigmist fallen, wodurch auch von diesen geringere Ammoniakemissionen ausgehen. Der Landwirt muss die Ansäuerungstechnik überwachen, ansonsten läuft sie vollautomatisiert.
Die Säure lagert in doppelwandigen Behältern. Selbst die Bestellung neuer Säure kann durch einen im Forschungsprojekt entwickelten Online-Füllstandssensor völlig autark erfolgen. Der Säurefüllstand wird an die firmeneigene Datenbank über eine SSL-verschlüsselte Datenkommunikation übertragen. „Durch den Online-Füllstandssensor erhält unsere Logistik automatisch eine Nachricht, sobald eine Nachlieferung erforderlich ist“, so Dr. Joachim Clemens (SF Soepenberg).
Die neue Ansäuerungstechnik wurde für über 1,5 Jahre in mehreren Mastdurchgängen untersucht. Ein baugleiches Stallabteil diente neben dem Stallabteil mit angesäuertem Flüssigmist als Kontrollvariante. Die Ammoniakemissionen konnten um bis zu 43 % durch die Ansäuerung des Flüssigmistes reduziert werden.
Methanreduktion
Besonders hervorzuheben ist auch die deutliche Minderung der Methanemissionen (im Mittel um -60 %). Werden auch die reduzierten Emissionen während der Lagerung und Ausbringung berücksichtigt, kann mit einer Einsparung von etwa 140 kg CO2-Äquivalent je Kubikmeter Flüssigmist gerechnet werden. Dr. Richard Hölscher (Hölscher + Leuschner ) stellt fest: „Somit können durch Ansäuerungstechnik nicht nur die rechtlichen Vorgaben bezüglich der geforderten reduzierten Ammoniakemissionen eingehalten, sondern auch das Klima aufgrund der verringerten Methanemissionen geschützt werden.“
Die eingesetzte Säuremenge lag in den Untersuchungen bei etwa 17 kg Schwefelsäure (96 %) je Kubikmeter Flüssigmist. Weiterhin wurde durch die Ansäuerung auch die Stallluftqualität verbessert, was zu besseren Arbeitsbedingungen für den Landwirt sowie einem gesteigerten Tierwohl führte. Die im Rahmen des Forschungsprojektes entwickelte Ansäuerungstechnik wurde im vergangenen Frühjahr als „catch-N“ vom Stalltechnikhersteller Hölscher + Leuschner auf der Euro-Tier online vorgestellt.
Zukünftig Lagerung von angesäuertem Flüssigmist auch im Stall möglich
Die AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) erlaubt derzeit die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist in den Flüssigmistkanälen nur, wenn diese beispielsweise durch den Einbau einer Folie doppelwandig ausgeführt sind. Allerdings sieht der aktuelle Referentenentwurf der AwSV vor, dass in Zukunft auch „technisch reine Stoffe zur Ansäuerung von Gülle zur Verringerung der Ammoniakemissionen“ zum Wirtschaftsdünger hinzugegeben werden dürfen, wodurch die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist sowohl im Stall als auch in externen Lagerbehältern ermöglicht wird.
Die AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) erlaubt derzeit die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist in den Flüssigmistkanälen nur, wenn diese beispielsweise durch den Einbau einer Folie doppelwandig ausgeführt sind. Allerdings sieht der aktuelle Referentenentwurf der AwSV vor, dass in Zukunft auch „technisch reine Stoffe zur Ansäuerung von Gülle zur Verringerung der Ammoniakemissionen“ zum Wirtschaftsdünger hinzugegeben werden dürfen, wodurch die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist sowohl im Stall als auch in externen Lagerbehältern ermöglicht wird.