Heufütterung: Mehr Eiweiß in der Milch
Es gibt verschiedene Gründe, Kühe silagefrei zu füttern. Länderübergreifend wurden Daten ausgewertet, ob sich erstlaktierende Kühe in Leistung und Gesundheit unterscheiden, wenn sie mit oder ohne Silage gefüttert werden.
Von Silvia Ivemeyer, Universität Kassel und Birgit Fürst-Waltl, Universität für Bodenkultur, Wien
Zwischen Kühen, die mit oder ohne Silage gefüttert wurden, konnten in langjährigen Untersuchungen bei ähnlichem Leistungsniveau Unterschiede in den Milchinhaltsstoffen und gesundheitsbezogenen Merkmalen gefunden werden. Höhere Eiweißgehalte, ein erhöhtes Azidose- sowie ein vermindertes Ketoserisiko deuten auf eine bessere Grundfutterqualität (Energiedichte) der silagefreien Betriebe hin. Betriebe, die ihre Kühe silagefrei, also mit Frischgras und reiner Heufütterung als Grundfutter füttern, haben verschiedene Gründe dafür.
Diese reichen von der besseren Verwendbarkeit der Milch für die Produktion von Hartkäse bis zu Argumenten, dass silagefrei erzeugte Milchprodukte hochwertiger und aromatischer im Geschmack seien. Die Auswirkungen der Heu- gegenüber der Silagefütterung auf Leistung und Gesundheit wurden im Rahmen eines EU-Projektes (ProYoungStock) in süddeutschen und österreichischen Herden untersucht. Für die Auswertungen wurden ausschließlich Erstkalbinnen berücksichtigt, um Einflüsse durch Milchleistungsniveau und Alter der Kühe sowie gegebenenfalls aufgetretene Vorerkrankungen bei Kühen mit mehreren Laktationen zu minimieren.
Die untersuchten Tiere (748 Braunvieh- und 818 Fleckviehkühe in Süddeutschland, 10.738 Fleckviehkühe in Österreich) kalbten zwischen 2012 und 2019 und wurden bereits während der Aufzucht entsprechend mit oder ohne Silage gefüttert. Bei der Auswertung der Milchleistungsprüfungsdaten wurden neben dem Fütterungsregime das Kalbealter sowie das Jahr bzw. die Saison der Kalbung berücksichtigt. Daneben wurden in Deutschland auch auf Gesamtherdenebene die Leistung und Gesundheit sowie Daten zum Fütterungsmanagement verglichen.
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Heufütterung bei der Kuh: Weniger Kraftfutter nötig
Daten der süddeutschen Betriebe zeigten, dass die silagefreien Betriebe mit weniger Kraftfuttereinsatz ein vergleichbares Herdenleistungsniveau wie die Silage fütternden Betriebe erreichten. Die 15 untersuchten silagefreien Betriebe in Süddeutschland, die nur Heu und Frischgras fütterten, setzten mit durchschnittlich 553 kg pro Kuh und Jahr signifikant weniger Kraftfutter ein als die Silage fütternden Betriebe mit 1.036 kg pro Kuh und Jahr.
Bei den Betrieben, die neben Gras- auch Maissilage verfüttern, war der Anteil Kraftfutter an der Gesamtration von allen teilnehmenden Betrieben am höchsten. Zwischen den beiden Fütterungsregimes konnten bei ähnlichem Leistungsniveau Unterschiede bei Milchinhaltsstoffen und gesundheitsbezogenen Merkmalen gefunden werden, die sich in den beiden Ländern aber teils unterschiedlich ausgeprägt zeigten (Tab.): Silagefütterung führte in Österreich zu höheren Fettmengen und -gehalten, während in beiden Ländern höhere Eiweißgehalte in Betrieben ohne Silagefütterung beobachtet wurden.
Auch in früheren Untersuchungen wurden bereits höhere Milcheiweißgehalte bei silagefreier Fütterung gefunden. In der Literatur gibt es Hinweise auf eine geringere Verfügbarkeit von leicht löslichen Kohlenhydraten in der Silage im Vergleich zu Heu. Dadurch sei das Mikrobenwachstum im Pansen reduziert, es gelange weniger Mikrobenprotein in den Dünndarm, womit weniger Protein zur Eiweißsynthese zur Verfügung stehe. Belüftetes Heu hat zudem geringere Rohfasergehalte als vergleichbares Bodenheu, was für höhere Aufnahmen durch die Kuh und eine hohe Verdaulichkeit spricht.
Höheres Ketoserisiko bei Silagefütterung
In beiden Ländern hatten Kühe der Silagebetriebe ein höheres Ketoserisiko, basierend auf dem Fett-Eiweiß-Quotienten. Das Azidoserisiko in diesen Betrieben war aber nur in Österreich niedriger. Dies spricht dafür, dass silagefrei gefütterte Kühe mit einer sehr guten Grundfutterqualität eine gute Energieversorgung haben, aber bezüglich Rohfaser eher geringer versorgt sind. Die Eutergesundheit war, gemessen am Anteil von Kühen mit mindestens zwei MLP-Wägungen über 100.000 Zellen pro Millimeter innerhalb der ersten Laktation sowie am Anteil aller zellzahlerhöhten Wägungen innerhalb der Laktation, in Deutschland in silagefrei fütternden Betrieben besser.
Dies zeigte sich aber nicht bei den Kühen in Österreich, wo zudem das Eutergesundheitsniveau generell besser war als in Deutschland. Beim Vergleich der Gesamtherden der süddeutschen Betriebe unterschieden sich Betriebe mit und ohne Silagefütterung nicht in ihrer Eutergesundheit. Keine Unterschiede durch das Fütterungsregime bestanden zudem in der Zwischenkalbezeit der Kühe (erste zu zweiter Laktation). Bei ähnlichem Leistungsniveau zeigen sich somit bei silagefreier Fütterung höhere Eiweißgehalte in der Milch, was für eine insgesamt bessere Energieversorgung spricht sowie für ein anhand des Fett-Eiweiß-Quotienten abgelesenes vermindertes Ketoserisiko zu Beginn der Laktation.
Höhere Eiweißgehalte, ein erhöhtes Azidose- sowie ein vermindertes Ketoserisiko lassen eine bessere Grundfutterqualität mit hoher Energiedichte und guter Verdaulichkeit bei silagefreier Fütterung mit Trocknungsheu vermuten. Die Gesundheit der Kühe zeigte darüber hinaus aber keine wesentlichen Unterschiede durch das Fütterungsregime.
Fazit
Eine silagefreie Fütterung mit Trocknungsheu erweist sich als eine Möglichkeit in der ökologischen Milchkuhhaltung, eine gute Grundfutterleistung zu erzielen und den Kraftfuttereinsatz zu begrenzen. Dabei sollte jedoch die Rohfaserversorgung der Kühe im Auge behalten werden.