Vereinigung Thüringer Milch

Milcherzeuger am Scheideweg

Symbolbild (c) Sabine Rübensaat
Tierhaltung
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Die Landesregierung in Erfurt muss die Milcherzeuger im Land stärken, lautete die klare Aufforderung beim Thüringer Milchtag. Mehrkosten für gesellschaftlich geforderte Investitionen spiegelten sich nicht im Milchpreis wider.

Ein „klares Bekenntnis zur regionalen Milchviehhaltung in Thüringen“ fordert die Landesvereinigung Thüringer Milch (LVTM) von der Erfurter Landesregierung. Das allein aber genüge noch nicht, sondern müsse damit verbunden sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Milcherzeuger stärken, sagte der Vorsitzende des Vereins, Dr. Klaus Wagner, auf dem 24. Thüringer Milchtag in der Landeshauptstadt. Wagner sieht die Thüringer Milcherzeuger am Scheideweg, da sich die Mehrkosten durch Investitionen in mehr Tierwohl und bessere Arbeitsbedingungen nicht im Milchpreis widerspiegeln.

„Ende der Kostenexplosion“ nicht absehbar

Zudem ist „ein Ende der Kostenexplosion“ für ihn nicht absehbar. Der LVTM-Vorsitzende verwies auf höhere Lohnkosten, steigende CO2-Abgaben und nicht produktive Investitionen, etwa durch die neue TA Luft. Gleichzeitig werden die Betriebe in der nächsten GAP-Förderperiode rund 100 €/ha weniger EU-Direktzahlungen erhalten. „Von der Landwirtschaft wird verlangt, für immer weniger öffentliches Geld immer mehr zu leisten. Das geht nicht!“, sagte Wagner, der auch Präsident der Thüringer Bauernverbandes (TBV) ist.

Wagner forderte die Landesregierung auf, die Begünstigung von Tierwohlställen im Bau- und Genehmigungsrecht durchzusetzen und zeitnah den Zielkonflikt zwischen Tier- und Umweltschutz zu lösen.


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Milchviehbetriebe stärker an Handelsumsätzen beteiligen

Agrarstaatssekretär Torsten Weil forderte in Erfurt, die Milchviehbetriebe in Thüringen stärker an den Handelsumsätzen zu beteiligen. „Bei den Vertragskonditionen wurden jüngst Fortschritte erzielt. Dennoch bleibt die Milchmarktkrise hauptsächlich eine Erzeugerkrise. In Preishochphasen profitieren die Milcherzeugenden weiterhin zu wenig“, sagte Weil.

Der Staatssekretär anerkannte die erzielten Fortschritte bei den Vertragsbeziehungen zu den Molkereien. Angebote zur Mengenplanung und -steuerung sowie zur Absicherung der Erzeugerpreise wurden erweitert und die Lieferbeziehungen flexibler gestaltet. „Das sind Schritte in die richtige Richtung, aber der Status quo reicht noch nicht aus“, so Weil. Für eine wirtschaftliche Rohmilcherzeugung und eine „gewisse Preisstabilität“ müssten den Milchbauern eine faire Gewinnbeteiligung und bessere Verhandlungspositionen in der Wertschöpfungskette geboten werden.

Thüringer Milchkühe: Heftigster Rückgang im Osten

Von allen ostdeutschen Ländern fiel der Rückgang der Milchviehbestände in Thüringen am stärksten aus, berichtete der Milchmarktexperte Dr. Klaus Siegmund. Vor allem die Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben mit 200 bis 500 Kühen stehe oft infrage. In Thüringen aufgegebene Milcherzeugung sei dorthin abgewandert, wo es bereits hohe Viehdichten und eine intensive Milchproduktion gebe, vor allem Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Ob die ostdeutschen Strukturen ausreichend wettbewerbsfähig sind, ist für Siegmund dennoch keine Frage. Entscheidend sei, ob die Gesellschaft dies zulasse. Denn auf Dauer werden am Markt aus seiner Sicht nur moderne, groß strukturierte Betriebe bestehen. red

Zahlen zur Thüringer Milcherzeugung

In diesem Frühjahr erfasste die Thüringer Agrarstatistik gerade noch 90.300 Milchkühe. Seit 2016 ging die Zahl stetig bergab. In nur fünf Jahren sank der Milchkuhbestand um rund 20.000 Tiere. Aufgrund einer hohen Prüfdichte von 99 % gibt die Milchleistungsprüfung (MLP) ein realistisches Bild über die Milchviehbetriebe im Land ab.

Laut dem Thüringer Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (TVL) nahmen im Jahr 2012 gut 400 Milchviehbetriebe an der MLP teil. Derzeit dürften es nur noch 270 sein.

Wie die Landesvereinigung Thüringer Milch berichtet, lieferten im Jahr 2015 Thüringer Betriebe 986.400 t konventionelle Rohmilch an deutsche Molkereien. 2020 waren es 866.800 t, was einem Rückgang von zwölf Prozent entspricht. red

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