Nährstoffmanagement

Neue Fütterungsstrategien: Weniger Stickstoff und Phosphor für Milchvieh

Ressourceneffizient produzierte Milch im Sinne geringer Nährstoffüberschüsse und geringer Treibhausgasemissionen gewinnt immer mehr an Bedeutung. (c) Fritz Fleege
Tierhaltung
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Die neuen rechtlichen Vorgaben der Düngeverordnung erfordern Anpassungen hinsichtlich des Nährstoffmanagements tierhaltender Betriebe. In der Praxis etablieren sich aus diesem Grund neue Fütterungsstrategien für Kühe.

Von Dr. Thomas Jilg, Uwe Eilers (Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg LAZBW) und Dr. Jana Denissen (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen)


Moderne Fütterungsstrategien zeichnen sich dadurch aus, dass die Tiere abhängig vom Laktationsstadium ganz gezielt mit Nährstoffen versorgt werden. Dadurch können ihre Stickstoff(N)-Ausscheidungen um bis zu 15 % und ihre Phosphor(P)-Emissionen um bis zu 17 % verringert werden. Will man diese Konzepte umsetzen, muss die bestehende Betriebsstruktur jedoch nicht selten deutlich umstrukturiert werden. Als Einstieg blicken wir aber zuerst auf die verschiedenen Proteinfraktionen in der Milchviehfütterung:


Die Menge an nutzbarem Rohprotein (nXP) ergibt sich aus der Summe von Mikrobenprotein und im Pansen nicht abgebautem Futterprotein (UDP). Es wird unterstellt, dass die Bildung von Mikrobenprotein in den Vormägen in erster Linie durch die Bereitstellung von Energie und Stickstoff begrenzt wird. Die Deckung des Protein- und Aminosäurebedarfs in der Hochlaktation wird in den meisten Rationstypen mit einer Zulage nXP-reicher Futtermittel sichergestellt. Im zweiten und dritten Laktationsdrittel ist der Futteraufwand (kg Trockenmasse, TM) je erzeugter Produkteinheit (kg Milch) höher als in der Frühlaktation. Gleichzeitig sinkt in dieser Laktationsphase der Beitrag des UDP an der Bedarfsdeckung, weil die Menge des gebildeten Mikroben-XP die bedarfsgerechte Versorgung zunehmend sicherstellt.

Die ruminale Stickstoffbilanz (RNB) beschreibt die Versorgung der Pansenmikroben mit Stickstoff. Bei der RNB-Berechnung bleiben die Harnstoffmengen, die über den Speichel in den Pansen gelangen und dort als N-Quelle für die Mikrobeneiweißbildung genutzt werden, unberücksichtigt. Aus diesem Grund kann vor allem in der Spätlaktation eine negative RNB eingestellt werden. Eine Rohproteinabsenkung in dieser Phase leistet dann einen erheblichen Beitrag zur Verringerung der im System befindlichen Stickstoffmengen. Negative Folgen durch überschüssige N-Aufnahmen für die Tiergesundheit und die Ökonomie der Milchproduktion sowie erhöhte N-Verluste bzw. deren Eintrag in die Umwelt können so verhindert werden. Eine Fütterungsstrategie, die sich in unterschiedlichen Laktationsphasen dem Bedarf der Kühe anpasst, erhöht zudem die Nährstoffeffizienz deutlich.

Milchharnstoffgehalt und Phasenfütterung

Dass bei den Betrieben Minderungspotenzial hinsichtlich der N-Gehalte in den Rationen besteht, zeigt sich an den durchschnittlichen Milchharnstoffgehalten der LKV-Berichte, die im Schnitt über 200 mg/Liter liegen. Bis 30 % der Milchharnstoffgehalte liegen sogar über 250 mg/Liter. Nach neuen Empfehlungen ist der Bereich von 150–250 mg Harnstoff/l aus ernährungsphysiologischer Sicht anzustreben. Umfangreiche Auswertungen belegen, dass höhere Milchharnstoffgehalte nicht mit einer Steigerung der Milchleistung einhergehen.

Die Verminderung des N-Aufwandes kann durch die Einstellung der ruminalen N-Bilanz (RNB) und durch Phasenfütterung erzielt werden. In Tabelle 1 wird die Anforderung an den Rohproteingehalt in Abhängigkeit von der ruminalen N-Bilanz pro Tag (-20, 0, +20) dargestellt. Bei niedrigen Milchleistungen sind die Einsparmöglichkeiten zwischen RNB +20 und RNB -20 größer als bei sehr hohen Leistungen. Dies spricht auch für die Phasenfütterung. Hierbei wird die Nährstoffzufuhr im Laufe der Laktation genauer an den Bedarf der Milchkühe angepasst.

Beispielhaft ist in Tabelle 2 eine dreiphasige Rationsgestaltung während der Laktation für eine Jahresleistung von 10.000 kg Milch dargestellt. Mithilfe einer Variation der Grob- und Konzentratfutteranteile und des Einsatzes von geschütztem und ungeschütztem Rapsextraktionsschrot (RES) gelingt es, die dargestellten Energie- und Nährstoffgehalte zu erzielen. Die beschriebenen Energie- und Nährstoffgehalte richten sich nach den GfE-Vorgaben von 2001. Bei den Rationen in Phase zwei und drei geht die RNB stark in den negativen Bereich. Wie weit hier gegangen werden kann, sollte mit dem Milchharnstoffgehalt kontrolliert werden. Dieser sollte nicht unter 150 mg/l sinken. Gegebenenfalls kann mit einem harnstoffhaltigen Ergänzungsfuttermittel die RNB auf -1,0/kg TM angehoben werden.

Fütterungsstrategien: N- und P-Effizienz in drei Phasen

Die Phosphorversorgung wird zum großen Teil über Grasprodukte und Konzentratfutterkomponenten gedeckt. Maissilage enthält wenig Phosphor. Wenn Rapsprodukte in der Ration eingesetzt werden, kann auf ein P-freies Mineralfutter zurückgegriffen werden. Die Umsetzung der Phasenfütterung für laktierende Kühe ist abhängig von der Anzahl der vorgesehenen Phasen, der Anordnung des Melkstandes bzw. des automatischen Melksystems (AMS), der Art der Konzentratfutterergänzung und der Herdengröße.

In Tabelle 3 und 4 werden die Möglichkeiten der Phasenfütterung in Abhängigkeit von der Raumaufteilung und deren Vor- und Nachteile aufgeführt:

  • Variante 1: Trogration für alle laktierenden Kühe und Anpassung der Nährstoffversorgung über Abrufstationen mit mehreren Konzentratfuttern,
  • Variante 2: räumlich getrennte Leistungsgruppen mit drei (bei Herden <100 Tieren alternativ zwei) abgestuften TMR-Mischungen über separaten Futtertischbereichen (Selektionstore),
  • Variante 3: Mischrationen für Teilherden (Frischmelker, Laktierende, Altmelker) im Stall mit drei Abteilen,
  • Variante 4: Herdenverband, aber getrenntes Fressen – die jeweiligen Fütterungsgruppen werden über intelligente Fressgitter oder Tore mit Tieridentifikation zu einzelnen Trögen oder Futtertischbereichen mit unterschiedlichen Rationen geleitet.

Für Variante 1 mit einer Trogration wird das Risiko subklinischer Azidosen am höchsten eingestuft, weil das Grobfutter-/Konzentratfutterverhältnis sehr schwanken kann (Tab. 2).

Entscheidend ist, wo der Melkstand steht

Die zweite Version ist kostengünstiger, erfordert aber ein dafür geeignetes Funktionsprogramm des Stalles. Hier hat die Anordnung des Melkstandes für die Umsetzbarkeit zentrale Bedeutung (Abb. 1). Diese Variante kann umgesetzt werden, wenn ein oder zwei AMS mittig angeordnet werden. Über ein zweites Konzentratfutter im AMS kann eine dritte Phase realisiert werden.

In Variante 3 ist die Fütterung sehr variabel gestaltbar. Dort ist zu klären, wie die einzelnen Gruppen zum Melkstand und wieder zurück in die entsprechende Futtergruppe gelangen. Die Anforderungen an das Funktionsprogramm des Stalles sind vergleichbar mit denen der Variante 2. Im Betrieb mit AMS kann davon ausgegangen werden, dass mindestens 60 Kühe mit einem Roboter gemolken werden können. Grundsätzlich kann der Ansatz des Melkstandbetriebs übernommen werden.

Die Variante 4 wäre unter dem Aspekt Tierwohl die beste Variante, da die Tiere immer in einem Herdenverband sind und sich Umgruppierungsstress vermeiden lässt. Für die Version „intelligentes Fressgitter“ wäre ein Fressplatz für zwei Kühe vorzusehen. In Versuchseinrichtungen wurden mit diesem Konzept gute Erfahrungen gemacht. Ob es sich in der Praxis umsetzen lässt, hängt stark von den Kosten ab, die aktuell bei etwa 4.000 € je Fressplatz liegen.

FAZIT: Wer Milchkühe nachhaltig nutzen will, muss seine Ressourcen so effizient wie möglich einsetzen. Nährstoffaufwendungen und -ausscheidungen lassen sich nur durch eine an den Laktationsstand angepasste Fütterung nennenswert senken. Um diese Fütterungsstrategien in der landwirtschaftliche Praxis umzusetzen, sind einzelbetriebliche Ideen und Konzepte erforderlich. Mithilfe einer Abruffütterung mit mehreren Futtersorten, zusätzlichen Selektionstoren, einer nach „neuen“ Kriterien ausgelegten Kuhgruppenbildung und vorausschauender Stallbauplanung können diese Strategien erfolgreich umgesetzt werden.


Informationen zur verwendeten Literatur sowie weitere Abbildungen und Tabellen gibt es hier:

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