Pferdehaltung

Pferdefütterung im Offenstall: Jedem Pferd seine Ration

Computergestützte Stationen mit Abruffütterung sind in der Regel als „Einbahnstraßen“ konzipiert. (c) Sven und Peggy Morel
Tierhaltung
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Das Füttern im Offenstall stellt Pferdehalter vor die Herausforderung, dem individuellen Bedarf jedes Einzeltieres gerecht zu werden.

Von Sven und Peggy Morell, Pferdefach-Journalisten

Das Halten von Pferden in Offenställen liegt zu Recht im Trend, bietet es den Tieren doch genau das, was sie brauchen: reichlich Bewegungsmöglichkeiten, frische Luft und den Kontakt zu Artgenossen.
Es ist aber nicht immer einfach, die unterschiedlichen Fütterungsansprüche aller Pferde unter einen Hut zu bekommen. Diese können nämlich sehr stark variieren – je nach Größe, Rasse, Alter oder Futterverwertung.

Leben ungleiche „Fütterungstypen“ gemeinsam in einem Offenstall, bringt das den Halter bzw. Stallbesitzer bei der Futterbemessung in eine Zwickmühle. Denn sowohl Unter- als auch Überversorgung sind der Tiergesundheit nicht zuträglich. Es gibt aber Möglichkeiten, Pferde auch im Offenstall nach ihren individuellen Bedürfnissen zu füttern.

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Hoher Zeitaufwand

Eine Methode ist das Separieren der Pferde „von Hand“. Dazu werden die unterschiedlichen Futtertypen voneinander getrennt und erhalten entsprechend ihre Portion. Das Einsperren aller Pferde in den Fressstand, bis alle Tiere aufgefressen haben, ist als Methode nicht empfehlenswert, weil dann die Pferde zwei- bis dreimal täglich über Stunden in den Fressständern ausharren müssten.

Andere Option: Pferde mit hohem Futterbedarf werden zeitweise von den anderen räumlich separiert und erhalten eine Extraportion in einem abgetrennten Bereich oder in Einzelboxen.

Beide Varianten bedeuten einen hohen Zeitaufwand, da die Tiere jedes Mal zum Füttern getrennt und danach wieder zusammengelassen werden müssen. Das mag bei kleinen Haltungen noch machbar sein, lässt sich in großen Betrieben aber oft kaum in den Arbeitsablauf integrieren. Eventuell könnten die Pferde je nach Futterbedarf in unterschiedliche Gruppen aufteilen werden, doch nicht jeder Stall kann mehrere Offenställe anbieten.

Hilfe durch Computer

Um Pferde mit unterschiedlichem Futterbedarf im Offenstall individuell zu füttern, gibt es mittlerweile diverse technische Hilfsmittel. Bei der Computerfütterung wird grundsätzlich unterschieden zwischen Abruffütterung und zeitgesteuerter Fütterung.

Bei der Abruffütterung wird das Pferd mittels eines Transponders – eingeflochten in die Mähne oder am Halfter bzw. Halsring befestigt – erkannt und bekommt seine festgelegte Ration zugeteilt. Je nach Modell können Raufutter und/oder verschiedene Kraft- und Mineralfutter ausgegeben werden. Um eine ungestörte Futteraufnahme sicherzustellen, sollte der Zugang für andere Herdenmitglieder erst möglich sein, wenn die Station wieder frei ist. Ist das Verlassen nur in eine Richtung möglich, kann durch geschickt angelegte Laufgänge („Einbahnstraßen“) ein zusätzlicher Bewegungsanreiz für die Tiere geschaffen werden. Ein zentraler Fütterungscomputer steuert alle Futterautomaten eines Betriebes, je nach Modell ist auch eine Bedienung aus der Ferne möglich.

Als Nachteil dieser Abrufstationen im Offenstall wird oft genannt, dass die Pferde einzeln und nicht gemeinsam mit ihren Artgenossen fressen, was für die Herdentiere aber sehr wichtig ist. Es gibt daher Empfehlungen, Stroh nach Belieben für die gesamte Herde in Raufen bereitzustellen. Allerdings gilt es hier, die Pferde genau zu beobachten: Insbesondere Pferde, die aufgrund eines niedrigen Futterbedarfs eher knappgehalten werden, verschlingen oft reichlich Stroh. Das kann zu gefährlichen Verstopfungskoliken führen.

Als Obergrenze gilt ein halbes Kilogramm Stroh pro 100 kg Körpergewicht täglich. Steht Stroh zur freien Verfügung, ist das aber kaum überprüfbar.

Tierverhaltensforscherin Dr. Margit Zeitler-Feicht vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technische Universität (TU) München beobachtete in einer Studie, dass je Pferd und Tag doppelt so viele Drohgesten und Verdrängungen bei Abrufstationen im Vergleich zu Fressständern stattfanden. Um diese Problematik abzumildern, empfiehlt sie u. a. einen Schutz über die ganze Körperlänge, Trennwände mit Sichtkontakt, Durchlaufstationen mit Eingangssperre sowie Ausgang mit Rücklaufsperre, Trennung von Kraftfutter- und Heu-Automaten sowie maximal zehn Rationen je Tier und Tag.

Offenstall: Fütterung nach Zeit

Die zeitgesteuerte Fütterung funktioniert ohne Transponder. Hier wird das Raufutter nur zu bestimmten Zeiten für eine festgelegte Zeit freigegeben. So gibt es z. B. Heuraufen, die mit einer Art „Rollladen“ verschlossen sind, der sich nach vorgegebenen Zeiten öffnet und wieder schließt. Bei anderen Modellen werden die Einzelportionen in Fächern gelagert und fallen zu einer gewissen Zeit herunter, sodass die Pferde herankommen. Laut Hersteller ist hier auch das Vorlegen von Kraft-, Mineral- und Saftfutter möglich.

Großer Vorteil der zeitgesteuerten Systeme zur Pferdefütterung im Offenstall ist das gemeinsame Fressen der Tiere. Allerdings: Verpasst ein Pferd eine Mahlzeit, etwa weil es geritten wird, fehlt ihm diese Ration.

Der Wissenschaftlerin Zeitler-Feicht zufolge zeichnen sich Probleme bei den Individualdistanzen ab. Das bedeutet: Viele Pferde stellen sich zum Fressen nicht oder nur ungern direkt neben Artgenossen. Deshalb dürfe ein Futterdurchlass nicht mit einem Fressplatz gleichgesetzt werden. Ein Stallausrüster aus Schleswig-Holstein plant z. B. mit mindestens 30–40 Prozent mehr Fressplätzen als Pferde im Offenstall stehen. Weiteres Kriterium: Die Einzelmahlzeiten dürfen nicht zu kurz sein, Zeitler-Feicht empfiehlt „nicht unter 30 Minuten“.

Gemeinsames Fressen der Herdentiere muss trotz aller Technik dennoch auch möglich sein.
Gemeinsames Fressen der Herdentiere muss trotz aller Technik dennoch auch möglich sein. (c) Sven und Peggy Morel

Sowohl Abruffütterung als auch zeitgesteuerte Fütterung punkten durch die Möglichkeit, Pferden viele Mahlzeiten über den Tag verteilt anzubieten, was dem Verdauungssystem der „Dauerfresser“ sehr entgegenkommt. Die Fütterung „von Hand“ dagegen ist meist auf zwei bis drei Mahlzeiten täglich ausgelegt, wodurch oft lange Fresspausen entstehen, die wiederum zu Magengeschwüren und Koliken führen können.

Ein Nachteil der zeitgesteuerten Fütterung: Alle Pferde fressen immer gleich lang, auf Unterschiede im Futterbedarf kann nicht eingegangen werden. Hinzu kommt, dass die besonders gierigen – und somit oft auch pummeligen Pferde – ihr Futter herunterschlingen und somit in der gleichen Zeit meist deutlich mehr Heu fressen als genügsamere Herdenmitglieder.

Pferdefütterung im Offenstall: Zutritt für Ausgewählte

Hier gibt es die Möglichkeit, den Pferden mit besonders hohem Raufutterbedarf mittels Selektionstor (gesteuert über einen Transponder) Zugang zu einem abgetrennten „Heuraum“ zu gewähren, in dem Raufutter zur freien Verfügung steht. Für nicht berechtigte Pferde bleibt dieser Bereich verschlossen.

Auch das Betreten der Weide kann so geregelt werden, was z. B. bei Hufrehe gefährdeten Pferden von Vorteil ist. Aber Vorsicht: Es darf kein Pferd allein zurückbleiben, Sichtkontakt sollte immer möglich sein. Doch selbst dann reagieren manche Pferde beinahe panisch, wenn sie nicht mit auf die Weide dürfen. Es ist wichtig, dass der Stallbetreiber hier genau hinschaut, ob durch die Selektion einzelner Tiere nicht zu viel Stress in der Herde entsteht.

Werden mehrere computergestützte Systeme miteinander gekoppelt, können Schwachstellen der einzelnen Anlagen kompensiert werden. Beispiele sind die Kombination zeitgesteuerter Heudosierer mit transpondergesteuerter Kraftfutterstation für alle Pferde sowie einem transpondergesteuerten Heudosierer für schwerfuttrige Pferde. So können die Pferde gemeinsam miteinander die Grundmenge an Heu aufnehmen, ihre individuelle Kraftfutterration erhalten und Tiere mit Mehrbedarf eine Extraportion Heu abholen.

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