Milchrindtag MV

Quo vadis, Milchkuh?

Großes Interesse an der Weiterentwicklung der Milchrindhaltung herrschte bei Landwirten und Beratern in Woldegk. © Hilmar Baumgarten
Tierhaltung
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Zwischen Nutztierstrategie und Fütterungsbewertung: die Landwirte auf dem diesjährigen Milchrindtag MV erwartete ein umfangreiches Programm. Deutlich wurde aber auch: Die Situation vieler Milchrindhalter ist dramatisch.

Von Hilmar Baumgarten

Die Zeichen stehen auf Sturm auf dem Bullenberg in der Windmühlenstadt Woldegk. Die Situation vieler Milchrindhalter ist dramatisch. Diese Erkenntnis war aus den Gesprächen auf dem 29. Milchrindtag MV am 4. März 2020 mitzunehmen. „Die größte Herausforderung ist nach wie vor die ökonomische Lage“, betont Dr. Peter Sanftleben, Direktor des Mitveranstalters Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern. Angesichts des weiterhin viel zu niedrigen Michpreises bei ständig steigenden Kosten sei die Zukunft vieler Betriebe unsicher.

Hinzu kommt der vielerorts anstehende Generationenwechsel. Bei Nachwuchs tue sich hier eine gravierende Lücke auf. „Welcher junge Mensch entscheidet sich angesichts der oft pauschalen Schmähungen der Landwirtschaft durch Medien und Gesellschaft noch gern für eine Zukunft in diesem Beruf?“, fragt Dr. Sanftleben. Unterstützen könne hier die Politik.

Auch Studierende und Absolventen wurden einbezogen. © Hilmar Baumgarten

„Wenn die Vorschläge der Borchert-Kommission zur Nutztierhaltung aber nicht zügig und konsequent umgesetzt werden, sehe ich schwarz“, so Dr. Sanftleben. Die Nutztierstratiegie des Bundeslandwirtschaftsministeriums war dann auch das Thema eines Fachvortrages auf dem Milchrindtag.

Zukunft gestalten geht nur gemeinsam

„Wir brauchen eine andere Kommunikation in die Gesellschaft hinein“, fordert Dr. Sabine Krüger, Geschäftsführerin des Mitveranstalters RinderAllianz GmbH. Ein offensives Marketing der gesamten Branche könnte die Kenntnisse über die Milchrindhaltung und damit auch deren Akzeptanz im Land wieder fördern. Aufklärung und Bildung seien besonders wichtig „Eine Kuh, die gequält wird, gibt keine Milch“, betont Dr. Krüger. Hier müssten alle an einem Strang ziehen und vielleicht ähnlich wie im „Milchland Wisconsin“ in den USA eine positive Grundhaltung zum Gunststandort Mecklenburg-Vorpommern, quasi als „Milchland MV“, fördern. Allerdings seien hierfür auch entsprechende finanzielle Mittel notwendig.

PD Dr. Anke Römer stellt neue Erkenntnisse zur Nutzungsdauer von Milchkühen vor. © Hilmar Baumgarten

Ein Weg, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, könnte das Tierwohlmonitoring „Q-Check“ sein, welches in einem Fachbeitrag ausführlich vorgestellt wurde. Im Zentrum des Milchrindtages stand wie immer die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis als Beitrag zur Verbesserung der Gesamtsituation der Betriebe im angespannten wirtschaftlichen Umfeld. Die Dummerstorfer Fütterungsbewertung, ein präziseres System zur Bewertung der Rinderfütterung war ebenso Thema wie Kälbergesundheit und
-management in MV. Neue Forschungsergebnisse zur idealen Trockenstehzeit je nach Alter der Kuh und die Frage, ob früh gemerzte Jungkühe auch die Nutzungsdauer ihrer Nachkommen negativ beeinflussen, wurden in Fachbeiträgen erörtert.

Zuchtwert wird neu gestaltet

Außerdem wurde die geplante Einführung eines neuen Systems der Zuchtwertschätzung dargestellt. Ab August 2020 wird neben dem Gesamtzuchtwert „RZG“, der sich am Zuchtziel orientiert, ein neuer  ökonomischer Index „RZ€“ eingeführt, der eine genauere wirtschaftliche Einschätzung des jeweiligen Tieres ermöglichen soll. In diesem Index werden Fitnessparameter ein sehr starkes Gewicht bekommen, da dort erstmals die Gesundheitszuchtwerte einfließen sollen. Näheres zu diesem und den anderen Fachbeiträgen erfahren Sie in den kommenden Wochen in der Rubrik Milchproduktion in der Bauernzeitung. Seien Sie gespannt.

Dr. Sabine Krüger und Dr. Peter Sanftleben schauen mit Sorge und Hoffnung auf die Branche. © Hilmar Baumgarten

Einig waren sich Frau Dr. Krüger und Herr Dr. Sanftleben in ihrer Bilanz des Milchrindtages: die Veranstaltung hat sich über Jahrzehnte bewährt und ist heute als der Branchentreff für Halter, Berater, Wissenschaft und Ausrüster in Mecklenburg-Vorpommern anerkannt. Neben Woldegk ist immer auch Güstrow Veranstaltungsort, wo am 3. März die Viehhalle des Milchkontroll- und Rinderzuchtverbandes eG wie immer gut gefüllt war.

Zum 30. Jubiläum im kommenden Jahr planen die Veranstalter wieder hochkarätige Vorträge und hoffen natürlich auf eine Stabilisierung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeldes für die Milchrindhaltung.

Weitere Informationen erhalten Sie auch bei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern und bei der Rinder Allianz GmbH.