Umweltbelastungen durch Milchproduktion: Niederlande suchen Lösungen
Die Niederlande, führend in der Milcherzeugung, stehen vor gravierenden Umweltproblemen. Um die Belastung durch intensive Landwirtschaft zu reduzieren, setzt das Land auf innovative Lösungen. Nun Entwickeln Unternehmen Lösungen, indem sie maßgeschneiderte Rationen und nachhaltige Ansätze in der Tierhaltung entwickeln.
Von Fritz Fleege
Die Niederlande nehmen weltweit eine Spitzenposition in Sachen Milcherzeugung ein. In rund 16.000 Betrieben wurden dort bis vor Kurzem rund 1,5 Millionen Kühe gehalten und diese erzeugten jährlich 14,5 Mio. t Milch – also fast 10.000 kg/Kuh. Im Vergleich dazu werden in Deutschland mit 3,8 Millionen Kühen „nur“ etwa 33 Mio. t Milch ermolken. Die intensive Landwirtschaft hat unserem westlichen Nachbarn allerdings auch Umweltprobleme beschert.
Die Belastung mit tierischen Ausscheidungen und damit mit Kohlenstoff (C), Phosphor (P) und Stickstoff (N) ist dort deutlich höher als in bei uns. Die Folge war ein 25-Milliarden-Euro-Programm der Niederländische Regierung, mit dem sie den Viehbestand im Land radikal reduzieren will. Gleichzeitig werden landesweit auch die Forschungsarbeiten zur Minderung der Umweltbelastung verstärkt. Wir stellen im Folgenden private Forschungseinrichtungen vor
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Provimi: Pionier in nachhaltiger Tierhaltung und Futtermittelforschung
Das Versuchsgut Provimi hat sich in fast 100 Jahren einen guten Ruf für vielfältige Produkte und Dienstleistungen in der Tierhaltung erarbeitet. Das Unternehmen wurde 1927 in der Nähe von Rotterdam gegründet und ist auf mehr als 16.000 Mitarbeiter weltweit angewachsen. Die Firma ist seit 2011 Teil der Cargill-Unternehmensgruppe. Heute nutzt Provimi das globale Netzwerk von Cargill mit über 40 Ländern für innovative Forschung, technisches Wissen und Software-Know-how, um Futterlösungen für Wiederkäuer, Geflügel und Schweine zu entwickeln.
Provimi verfügt über elf Forschungszentren. Eins davon ist der Cargill-Innovations-Campus in Velddriel wo Fütterungsversuche durchgeführt werden. Dazu sind in speziellen Ställen bzw. Abteilen Rinder, Schafe, Schweine und Geflügel untergebracht. Die gesamte Produktpalette an Futtermitteln des Unternehmens – wie Vormischungen, Zusatzstoffe und Spezialitäten – wird hier vor der Markteinführung ausgiebig getestet. Die Forschungsaktivitäten umfassen auch Tierkomfort, Tiergesundheit und umweltfreundliche Tierproduktion. Sie sollen zur Verbesserung der Qualität und Sicherheit der Lebensmittel beitragen.
Optimierung der Pansenfunktion: Schlüssel zur Leistungssteigerung bei Milchkühen
Bei den Milchkühen ist der Fokus der Forschung auf den Pansen gerichtet. Hier gilt es, die Pansenfermentation zu maximieren, schließlich ist er nach der Futteraufnahme der Ort für Futtereffizienz und Energiebereitstellung. So sind flüchtige Fettsäuren für die Kuh die ideale Energieversorgung. Der Pansen ist aber auch der Ort für die Protein-Wertschöpfung, denn mikrobielles Eiweiß ist für die Kuh das ideale Eiweiß. Außerdem lässt sich über den Pansen die C-P-N-Effizienz erhöhen. Diese Elemente sind bei der Verdauung eng miteinander verknüpft, auch mit der Erzeugung von Methan (CH4).
Die angepasste Versorgung mit Mineralien und Vitaminen hat Einfluss auf die Optimierung der Pansenabläufe und somit auf die Faserverdauung und Optimierung der Stärkeausnutzung in Pansen und Darm und somit die Energieversorgung. So lässt sich die Lebensleistung der Kuh verbessern. Schließlich ist der Energiebedarf einer Kuh, die am Tag 40 l Milch gibt, vergleichbar mit dem eines Sportlers, der von Hamburg bis Stuttgart läuft. Diese Energie kommt hauptsächlich aus den Fermentationssäuren des Pansens. Der Pansen ist also der Motor der Kuh.
Er zeichnet sich durch einen niedrigen pH-Wert und eine hohe Konzentration flüchtiger Fettsäuren aus, was aber eine schwierige Situation für Pansenmikroben bedeutet. Es kommt also auf eine ausgewogene Ration und optimale Verdauung an. Um die Pansenfunktion zu erforschen und den Motor der Kuh weiter zu optimieren, haben die Forscher in Velddriel auch Kühe mit Pansenfisteln ausgestattet. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Reduzierung von Methan im Pansen, die Erforschung von Additiven zur besseren Verdauungsleistung und Tiergesundheit.
Nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und optimierte Tierhaltung
Die Agriton Group wurde 1991 von Frits Van den Ham gegründet. Der Name Agriton bezieht sich auf die Verwendung von Tonmineralien. Heute gehören europaweit zehn Tochterfirmen zum Unternehmen, die sich alle die Produktionsstätte in Noordwolde teilen. Zuerst wurden die Tonmineralien eingesetzt, um die Fruchtbarkeit der Sandböden zu verbessern. Man hat sich von Anfang an aber auch mit Methoden beschäftigt, die die Milchviehhaltung nachhaltiger machen. Vor allem wird versucht, den Kreislauf Boden-Pflanze-Tier besser in Einklang zu bringen – für höchstmögliche Erträge bzw. Leistungen mit so wenig Umweltbelastung wie möglich.
Man konzentriert sich auf eine nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und versucht, mit den Produkten die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Bodens auszugleichen. Die Vision des Unternehmens ist es, nicht nur Pflanzen zu düngen, sondern zuerst den Boden zu nähren. Indem das Bodenleben gefüttert wird, sorgt man für die Mineralisierung von Stickstoff und anderen Nährstoffen. Dann wird durch gezielte Düngung für vitale Pflanzen mit hohem Futterwert gesorgt. Es ist auch wichtig, dass der Futterwert bestmöglich ausgenutzt wird.
Ein Weg dahin ist der Einsatz eines guten Siliermittels wie EM-Silage. Dabei handelt es sich um ein flüssiges Siliermittel, das Milch- und Essigsäurebakterien sowie Hefen enthält, die dafür sorgen, dass das Futter schnell und gut konserviert und sein Futterwert maximiert wird. Wichtig sind die essigsäurebildenden Bakterien und Hefen, die eine doppelte Wirkung gegen Nacherwärmung haben. Der nächste Schritt in diesem Kreislauf ist das Tier. So verwandelt eine Kuh Gras durch die Pansenfermentation in wertvolle Nahrung für den Menschen.
Das Unternehmen aus der Region Friesland stellt Produkte her, die die Pansenfunktion stimulieren und die Pansenübersäuerung verhindern, sodass das Futter optimal verwertet werden kann. Ein Beispiel dafür ist der Ostrea-Muschelkalk. Dies ist ein natürliches Produkt, das den pH-Wert im Pansen puffert und der Pansenübersäuerung entgegenwirken kann.
Fazit
Die Stickstoffeinträge in den Niederlanden liegen schon lange über den umweltverträglichen Grenzwerten und sind nicht mehr mit der Gesetzgebung vereinbar. Der Landwirtschaft wird dabei ein erheblicher Anteil zugemessen, weshalb mit dem neuen Regierungsprogramm einschneidende Maßnahmen für den Agrarsektor ergriffen werden.
Dazu zählen die Reduzierung der Tierbestände um ein Drittel, Stilllegung von Landwirtschaftsbetrieben durch Herauskauf oder Freiwilligkeit und Extensivierungsprogramme. Aber auch Unternehmen wie Provimi und Agriton können mit ihren Produkten dazu beitragen, dass die Tierhaltung die Umwelt weniger stark belastet.
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