Warum sich Vorsorge vom Tierarzt bei der Milchkuhhaltung lohnt

Dr. Jan Hendrik Steudtner bietet Vorsorge in Form einer Intensivberatung an. Dazu gehören die Auswertung der Milchkontrolldaten, eine Rationsberechnung sowie die Beratung zu Hygiene und Fütterung. (c) Dr. Heike Engels
Tierhaltung
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Der Tierarzt als Partner der Landwirte wird nicht erst gerufen, wenn die Tiere krank sind. Eine integrierte tierärztliche Bestandsbetreuung und ein gutes Vorsorgeprinzip sparen Kosten und Tierleid.

Das Interview führte Dr. Heike Engels

Dr. Jan Hendrik Steudtner ist Tierarzt in dritter Generation in der Tierarztpraxis Burhafe/Middels. Den Betrieb Galts in Wittmund-Blersum (Niedersachsen) betreut die Praxis Steudtner/Schumann schon seit 2004, seit Herbst 2020 in Form einer Intensivberatung. Dazu gehören die Auswertung der Milchkontrolldaten, eine Rationsberechnung sowie die Beratung zu Hygiene und Fütterung.

Dr. Heike Engels: Dr. Steudtner, wie kam es zu diesem Beratungsangebot? Wie kann diese dem Betrieb helfen?
Dr. Jan Hendrik Steudtner: Klassischerweise wird der Tierarzt gerufen, wenn die Kuh krank ist. Wir verfolgen den Ansatz, dass die Tiere erst gar nicht krank werden. Tierärzte sind unabhängige Berater. Wenn wir die Gesundheit verbessern, haben wir leistungsfähigere und langlebigere Tiere. Seit ich vor vier Jahren in die Praxis einstieg, verfolge ich diesen Ansatz, den ich von meinen Lehrtierarzt Dr. Arndt Grottendieck erlernte. Der Landwirt hatte davon gehört. Ursprünglich hatte er wegen einer Trockenstehration angefragt – dann kamen weitere Themen.

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Was sind Ihre Ziele?
Im Betrieb Galts steht die Fütterungsoptimierung oben. Wir wollen mit einer ausgewogenen Ration eine große Milchmenge mit starken Inhaltsstoffen melken. Denn Milchmenge ist nicht alles, auch Eiweiß- und Fettgehalt sowie Zellzahlgehalt müssen stimmen. Aktuell liegt der Betrieb bei überdurchschnittlichen 4,2 % Fett und über 3,6 % Eiweiß, und das bei rund 38 l Milch je Kuh und Tag. Da aber oft Kühe kurz nach dem Abkalben erkrankten, wollen wir speziell die Gesundheit der frisch abgekalbten Kühe verbessern. Dafür schauen wir genau hin: Wo liegen die Probleme, was funktioniert nicht im System?

Von Aczidose bis Zahn-OP – die kurative Tätigkeit von Tierärzten wird weiterhin ihre Bedeutung haben, aber die Prophylaxe und präventive Maßnahmen müssen vermehrt zum Einsatz kommen. Der Blick des Tierarztes auf Hungergruben, Milchinhaltsstoffe und die TMR ist sinnvoll
Von Aczidose bis Zahn-OP – die kurative Tätigkeit von Tierärzten wird weiterhin ihre Bedeutung haben, aber die Prophylaxe und präventive Maßnahmen müssen vermehrt zum Einsatz kommen. Der Blick des Tierarztes auf Hungergruben, Milchinhaltsstoffe und die TMR ist sinnvoll. (c) Dr. Heike Engels

Vorsorge mit dem Tierarzt: pH-Wert im Pansen ins Visier

Sind Sie fündig geworden?
Ja. Abgesehen von der Grippeproblematik, die wir über die Herdenimpfung in den Griff bekommen, nehmen wir den pH-Wert im Pansen ins Visier. Wir schauen, wie die Tiere fressen. Sie selektierten das Futter stark, aber wenn sie das tun, gibt es pH-Wert-Schwankungen durch die unterschiedliche Futterzusammensetzung. Das führt zu Stoffwechselproblemen mit all den negativen Folgen.

Die Lösung für den Betrieb mit einer kompakten Mischration kommt aus Dänemark. Diese bietet immer die gleiche Futterzusammensetzung. Dadurch habe ich eine ruhigere Herde, weil die Tiere kontinuierlich fressen, und erreiche so eine höhere Trockensubstanzaufnahme. Wir mischen noch Wasser dazu und stellen so einen TS-Gehalt von 36 % ein. Die Kühe selektieren weniger, und ich bekomme die Erstkalbstiere besser in die Herde. Weniger Standzeit am Futtertisch ist gut für die Klauen, die Tiere sind gut konditioniert, die Hungergruben sind voll. Wir führen regelmäßig ein BCS-Scoring zur Kontrolle durch.

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Viele Ansatzpunkte für die Optimierung

Welche Punkte gehen Sie an?
Wir haben aus Hochboxen Tiefboxen gemacht und diese mit Stroh eingestreut, weil die Kühe diese besser annehmen. Nun liegen die Kühe sehr oft, was gut für ihren Stoffwechsel und die Klauen ist. Derzeit sind die Boxen noch nicht optimal gestaltet, sodass der Kot hinten in die Box fällt. Am richtigen Boxenmaß arbeiten wir noch, eventuell muss das Bug weiter nach hinten.

Für die Trockensteher haben wir die Ration angepasst: Sie bekommen nun die Laktationsration mit viel Stroh verdünnt, sodass sie eine hohe TS-Aufnahme bei wenig Energiezufuhr haben. Grundlage ist hier die Laktationsration, die variiert wird. So ist es für den Betrieb umsetzbar. Verschiedene Phasen je nach Leistungsgruppe sind sinnvoll, aber nur bei größeren Herdengrößen sind sie auch umsetzbar. Die Kühe geben zum Trockenstellen noch an die 35 l Milch, sodass man zukünftig überlegen könnte, das Kalbeintervall zu verlängern. Es gibt viele Ansatzpunkte für die Optimierung.

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