Brandenburger Höfeordnung

Den Betrieb zusammenhalten

(c) Sabine Rübensaat
Unternehmen & Recht
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Nun ist sie Wirklichkeit geworden: die Höfeordnung in Brandenburg. Sie soll die regionale Landwirtschaft stärken. Wie die konkrete Anwendung funktioniert, erfahren Sie hier.

Von Benedikt Krüger, Rechtsanwalt

Alle waren dafür. Einstimmig hat der Brandenburgische Landtag am 12. Juni 2019 einen Gesetzesentwurf von SPD, CDU und der Fraktion Die Linke zur Einführung einer Höfeordnung für das Land Brandenburg beschlossen. Mit dem Gesetz soll verhindert werden, dass landwirtschaftliche Betriebe im Erbfall aufgeteilt werden müssen. Historisch beschreitet das Land Brandenburg als erstes östliches Bundesland diesen Weg, der bisher den Bundesländern der ehemaligen britischen Besatzungszone Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen vorbehalten war. Es verwundert daher nicht, dass sich der Gesetzesentwurf ausdrücklich daran orientiert und an vielen Stellen im Wortlaut übereinstimmt.

Hoferbe wird zukünftig privilegiert

Die Vererbung landwirtschaftlicher Familienbetriebe ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt. In Brandenburg richtete sich ihre Vererbung bislang nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Nach dessen Maßgabe erfolgt grundsätzlich eine gleichmäßige Aufteilung der Erbmasse unter den Erben. Tritt einer der Erben die Nachfolge des Betriebes an, muss er die anderen Erben finanziell ausgleichen. Bemessungsgrundlage ist dabei das gesamte Vermögen des Erblassers. Ist ein Ausgleich aus Geldmitteln nicht möglich – etwa weil zwar ausreichend Grundvermögen, aber kein Barvermögen in der Erbmasse vorhanden ist –, bleibt letztlich meist nichts anderes als der Verkauf der Flächen.

Anne-Katrin Liebe und ihr Islandponyhof in der Uckermark
Erfolg beim landwirtschaftlichen Generationswechsel in Brandenburg soll das neue Gesetz fördern. (c) Sabine Rübensaat

In der Vergangenheit führte die Vererbung eines landwirtschaftlichen Betriebes auf Grundlage des BGB im Ergebnis daher nicht selten zu einer Zerschlagung des Betriebes. Eine nachhaltige Bewirtschaftung war nicht mehr möglich und der Hof musste aufgegeben und verkauft werden. Verstärkt wurde dieses Problem durch den Wertanstieg landwirtschaftlicher Flächen. Die Brandenburger Höfeordnung  (BbgHöfeOG) verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe durch den geschlossenen Erhalt des Betriebes in der angestammten Familie zu sichern. Auf diese Weise soll eine leistungsfähige und vielfältige Landwirtschaftsstruktur bewahrt werden. Gleichwohl bleibt es auch nach Einführung der Brandenburger Höfeordnung dem Erblasser unbenommen, den Erbfall abweichend zu regeln. 

Soweit die Brandenburger Höfeordnung Anwendung findet, ermöglicht sie einen geschlossenen Übergang des landwirtschaftlichen Familienbetriebs auf nur einen Erben. Im Gegenzug sind die sogenannten weichenden Erben auf einer vom BGB abweichenden und das Hoferbe privilegierenden Grundlage abzufinden. Auf diese Weise ersetzt die Brandenburger Höfeordnung in ihrem Anwendungsbereich die nach BGB geltenden Grundsätze einer Gesamterbfolge und Gleichbehandlung aller Erben durch die Sondernachfolge und die Bevorzugung eines Miterben als Hoferben.

Mindestgröße und Eigentumsform wichtig

Damit die Brandenburger Höfeordnung Anwendung finden kann, wird eine landwirtschaftliche Besitzung mit einer Größe von wenigstens 20 ha und einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle vorausgesetzt. Ferner muss der Betrieb im Alleineigentum des Erblassers oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten stehen oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehören. Auf die formale Eintragung des Hofvermerks im Grundbuch kommt es nach unserer Auffassung entsprechend dem Vorbild in den anderen Bundesländern hingegen grundsätzlich nicht an. Fehlt es an vorgenannten Voraussetzungen, kommt die Brandenburger Höfeordnung nicht zur Anwendung und die Vererbung richtet sich nach den allgemeinen Regeln des BGB.

Vorbereitung des Erbfalls zu Lebzeiten

Liegen die vorgenannten Kriterien vor, fällt der Hof mit dem Erbfall geschlossen einem der Erben (Hoferbin oder Hoferbe) zu. Für die Frage, wer Hoferbe wird, gibt die Brandenburger Höfeordnung eine Reihe möglicher Hoferben vor, sofern der Erblasser nicht selbst eine Bestimmung über den Hoferben getroffen hat.

Höfeordnung liegt vor

Modifikationen im endgültigen Gesetzestext

Am 20. Juni 2019 ist nunmehr das Gesetz über die Höfeordnung für das Land Brandenburg (BbgHöfeOG) im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg verkündet worden. In wenigen Punkten unterscheidet es sich vom ursprünglichen Gesetzesentwurf.

Auch für Forstbetriebe

Insbesondere wurden letzte Zweifel, ob auch reine Forstbetriebe von der Höfeordnung für das Land Brandenburg erfasst werden, inzwischen ausgeräumt. So definiert § 1 Absatz 2 den Hof nun als land- oder forstwirtschaftliche Fläche. Damit wird klargestellt, dass auch die Vererbung reiner Forstbetriebe vom Anwendungsbereich der Höfeordnung für das Land Brandenburg erfasst sein kann.

Hofesvermerk wichtig

Flächen zwischen 10 und 20 ha können nun ebenfalls als Hof im Sinne der Höfeordnung eingetragen werden, wenn die Eigentümerin oder der Eigentümer erklären, dass diese Besitzung Hof im Sinne der Höfeordnung sein soll. In diesem Fall ist die Eintragung des Hofesvermerks im Grundbuch zwingend erforderlich. Die Detailfragen zur Eintragung des Hofesvermerks im Grundbuch und damit zusammenhängende Verfahrensfragen sind schließlich in ein eigenes Kapitel unmittelbar in der Höfeordnung aufgenommen worden. Hinsichtlich des Übergangs von der bisherigen zur neuen Gesetzeslage sieht die Höfeordnung für das Land Brandenburg vor, dass bis einschließlich 31. Dezember 2023 eine Besitzung nur Hof werden kann, wenn die Eigentümerin oder der Eigentümer erklären, dass die Besitzung Hof im Sinne dieses Gesetzes sein soll und der Hofesvermerk im Grundbuch eingetragen wird.

Stundung möglich

Aus dem ursprünglichen Gesetzesentwurf ist begrüßenswerterweise die Regelung erhalten geblieben, dass die gegenüber dem Miterben zu zahlende Abfindung unter Umständen gestundet werden kann, soweit bei sofortiger Zahlung die Bewirtschaftung des Hofes nicht möglich wäre und die Stundung zumutbar ist. Auf diese Weise kann die Belastung abgefedert werden, die sich trotz der Anknüpfung an den Hofeswert möglicherweise zuweilen ergibt.

Text: Benedikt Krüger

In erster Linie kommen die Kinder der Erblasserin oder des Erblassers in Betracht. Unter ihnen richtet sich die Bestimmung des Hoferben grundsätzlich danach, wem von der Erblasserin oder dem Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalles die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer übertragen ist. Lässt sich danach kein Hoferbe ermitteln, so bestimmt die Brandenburger Höfeordnung denjenigen zum Hoferben, bei dem der Erblasser oder die Erblasserin durch die Ausbildung oder durch Art und Umfang der Beschäftigung auf dem Hof hat erkennen lassen, dass er den Hof übernehmen soll. Unter mehreren in Betracht kommenden Hoferben richtet sich die Hoferbenfolge sodann im Zweifelsfall nach dem Ältestenrecht, das heißt nach der Geburtsfolge.

Durch diese Gestaltung ermöglicht die Brandenburger Höfeordnung, dass der Erblasser bereits zu Lebzeiten den Erbfall vorbereiten und durch die Übertragung der Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer Einfluss auf die Hoferbschaft nehmen kann. Umgekehrt wird jedoch auch der Hoferbe geschützt, der sich in Erwartung des Hoferbes oft langfristig an den Hof gebunden und nicht selten in Erwartung der späteren Hofübernahme seine gesamte Lebensplanung darauf ausgerichtet hat.

Der Hoferbe seinerseits muss grundsätzlich die Voraussetzung der Wirtschaftsfähigkeit erfüllen. Wirtschaftsfähig ist nur derjenige Hoferbe, der nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie nach seinen Kenntnissen und seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den zu übernehmenden Hof selbstständig ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Damit soll sichergestellt werden, dass der
Hoferbe auch tatsächlich den Hof erhalten kann.

Hofeswert ist Grundlage für Abfindungen

Tritt der Erbfall nach den Regeln der Brandenburger Höfeordnung ein, bekommen diejenigen Erben, die nicht Hoferbe geworden sind, sodann eine Abfindung in Geld. Diese Abfindung bemisst sich – anders als nach dem BGB – nicht am Gesamtwert des Vermögens des Erblassers. Vielmehr wird als Ausgangsgröße eine eigene Posi-tion, der Hofeswert, angesetzt. Der Hofeswert wird auf Grundlage eines besonderen Berechnungsverfahrens ermittelt.

Über den Autor

Benedikt Krüger ist Rechtsanwalt bei der ETL Agrar & Forst GmbH in Berlin, Landwirtschaftliche Buchstelle

Von diesem Hofeswert werden die Nachlassverbindlichkeiten abgezogen, die im Verhältnis der Erben zueinander den Hof treffen und die der Hoferbe oder die Hoferbin zu tragen hat. In jedem Fall erhalten die Erben jedoch mindestens ein Drittel des Hofeswerts. Auf die Abfindung müssen sich die Miterben aber dasjenige anrechnen lassen, was sie bereits zuvor als Abfindung aus dem Hof erhalten haben.

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Unmittelbar mit den Vorteilen verbunden, die sich aus einer Erbfolge nach der Brandenburger Höfeordnung für den Hoferben ergeben, sieht die Höfeordnung grundsätzlich eine Behaltensfrist von 20 Jahren vor. Auf diese Weise soll eine Übervorteilung des Hoferben gegenüber den Miterben verhindert werden, wenn der Hoferbe den Hof nicht in der vom Gesetzgeber vorgesehenen Weise fortführt.

Unklar ist nach dem Wortlaut des Gesetzesentwurfs, ob die Höfeordnung auch für reine Forstbetriebe gilt oder auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe beziehungsweise auf reine Landwirtschaftsbetriebe begrenzt ist. Die Definition des Hofes enthält im Gesetz, anders als im älteren Vorbild, keinen Hinweis auf forstwirtschaftliche Besitzungen. Unseres Erachtens gibt es dennoch eindeutige Hinweise, die eine Anwendung auch auf reine Forstwirtschaftsbetriebe zulassen. So wird an anderer Stelle im Gesetzentwurf in § 17 ausdrücklich auf die Definition des Hofes Bezug genommen und auch eine land- und forstwirtschaftliche Besitzung
darunter gefasst. Die Einleitung zum Gesetzentwurf erklärt es überdies zum ausdrücklichen Ziel der Brandenburger Höfeordnung, land- oder forstwirtschaftliche Betriebe zu sichern.

FAZIT

Mit der Einführung der Brandenburger Höfeordnung, die am Tage der Verkündung in Kraft tritt, geht der Brandenburger Gesetzgeber einen wichtigen Schritt zum Erhalt landwirtschaftlicher Familienbetriebe. Auf diese Weise wird nachhaltig die Vielfältigkeit der regionalen Agrarbetriebe gesichert. Wir gehen davon aus, dass in absehbarer Zeit ungeklärte Detailfragen zum Grundbuchverfahren entsprechend dem westdeutschen Vorbild in einer Verfahrensordnung für Höfesachen (HöfeVfO) geregelt werden.