Aufhebung der Düngelandesverordnung

Rote Karte für Gebietskulisse

Links, rechts oder geradeaus? Wohin der richtige Weg im Düngerecht führt, ist derzeit heftig umstritten … (c) Christina Gloger
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Ein Paukenschlag war die kürzliche Aufhebung der Düngelandesverordnung in Mecklenburg-Vorpommern. Lesen Sie hier die erste Einschätzung eines in das Verfahren involvierten Experten.

Von RA DR. Robert Krüger, Geiersberger, Glas & Partner mbB, Hansestadt Rostock

Nun war es endlich soweit: Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat am 12. November 2021 die Urteilsgründe für seine viel beachtete Entscheidung übermittelt, in der es die Düngelandesverordnung (DüLVO) für das gesamte Landesgebiet Mecklenburg-Vorpommerns aufgehoben hat. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig; die Landesregierung hat einen Monat Zeit, um mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil vorzugehen.

Nachfolgend werden wesentliche Erwägungen des Gerichts dargestellt und die Pressemitteilung des Landwirtschaftsministeriums vom 12. November 2021 eingeordnet.

Keine Nutzung von Stützmessstellen

Das Gericht hat die DüLVO aufgehoben, weil die zugrunde liegende Regionalisierung, das heißt die von den belasteten Messstellen ausgehende Ermittlung der mit Nitrat belasteten Flächen, gegen die zwingenden Vorgaben verstößt. Es fehlt, wie von den Klägern vorgetragen, die Plausibilisierung an sogenannten Stützmessstellen, zum Beispiel mithilfe der neuen durch die Landwirtschaft errichteten Messstellen.

Das Gericht stellt fest: Ein Regionalisierungsverfahren, welches eine solche Plausibilitätsprüfung methodisch nicht zulässt, ist keine rechtskonforme Grundlage für die Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete. Dasselbe gilt, wenn eine Plausibilitätsprüfung nicht durchgeführt wurde, obwohl das genutzte Regionalisierungsverfahren diese eigentlich zulässt.


Gebäude des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) in Greifswald
(c) David Benzin

Düngelandesverordnung MV: Verfahrensschritte nicht eingehalten

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat heute sein Urteil zur Düngelandesverordnung MV begründet. Erforderliche Verfahrensschritte wurden nicht eingehalten, weshalb das OVG die Düngelandesverordnung für unwirksam erklärt hat. mehr


Blick in die Zukunft: Aktuelle Daten nötig

Das Gericht macht in seiner Entscheidung Ausführungen, welche Möglichkeiten die Landesregierung hat, um nach der Aufhebung der DüLVO auf das Fehlen von roten Gebieten zu reagieren. Es sei grundsätzlich möglich, auf der Grundlage von § 13a Abs. 4 der bundesweit geltenden Düngeverordnung (DüV) eine Gebietskulisse festzulegen, ohne eine neue Rechtsverordnung zu erlassen.

In diesem Zusammenhang arbeitet das Gericht deutlich heraus, dass die chemischen Zustände der Grundwasserkörper aus den Bewirtschaftungsplänen der EU-Wasserrahmenrichtline des Jahres 2015 nicht die Basis einer solchen Ausweisung sein können. Wörtlich wird ausgeführt: „Eine in der Vergangenheit erfolgte Festlegung von mit Nitrat belasteten Grundwasserkörpern ist dafür offensichtlich ungeeignet.“

DüV: Sinnvoll nur mit Binnendifferenzierung

Es ist aber nicht vertretbar, auf der Basis von § 13a Abs. 4 DüV für Mecklenburg-Vorpommern ohne eine Binnendifferenzierung (Regionalisierung) neue rote Gebiete auszuweisen. Diese Vorschrift würde es nach ihrem Wortlaut allenfalls erlauben, die Grundwasserkörper mit einer belasteten Messstelle als rote Gebiete auszuweisen, die nach der Wasserrahmenrichtlinie einen guten chemischen Zustand aufweisen (grüne Grundwasserkörper). Es entstünde die absurde Situation, dass dann nur die grünen Grundwasserkörper mit ihrer verhältnismäßig geringen Nitratbelastung als rote Gebiete gelten. Denn eine entsprechende Festlegung in den Grundwasserkörpern mit einer größeren Nitratbelastung (schlechter chemischer Zustand – rote Grundwasserkörper) unter Nutzung von § 13a Abs. 4 DüV scheitert daran, dass diese Regelung keine Berechtigung enthält, hier ohne eine Binnendifferenzierung rote Gebiete festzulegen.

Und eine Anwendung dieser Vorschrift über den ausdrücklichen Wortlaut hinaus verstößt gegen das Verfassungsrecht, wonach die rechtliche Grundlage für ein belastendes Handeln gegenüber dem Bürger nicht durch analoge Anwendung einer Norm gewonnen werden darf. Hinzu kommt: Es fehlt in Mecklenburg-Vorpommern die Bestimmung, welche Behörde für eine Festlegung nach § 13a Abs. 4 DüV als zuständige Stelle gilt.

Folglich müsste die Landesregierung erst die Düngerechtszuständigkeitsverordnung entsprechend ändern. Die vorstehenden Bedenken sind so gewichtig, dass die einzige vertretbare Reaktion der Landesregierung auf das Gerichtsurteil der Erlass einer neuen DüLVO ist, die die Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Gebietsausweisung (AVV GeA) des Bundeslandwirtschaftsministeriums und die Gerichtsentscheidung berücksichtigt.

Dabei wäre darauf zu achten, dass lediglich im Sinne der AVV GeA geeignete Messstellen genutzt werden. Letztlich ist eine Ergänzung des Messstellennetzes unumgänglich. Bei einer erneuten Regionalisierung (Binnendifferenzierung) wären dann Stützmessstellen für eine Plausibilisierung der modellierten Gebiete zu nutzen, wie sie durch das OVG Greifswald gefordert werden. Es liegt nahe, dass es auch die Aufgabe der Landwirtschaft ist, die zusätzlichen Messstellen und Stützmessstellen zu identifizieren und ihre Berücksichtigung einzufordern.

Konstruktiv arbeitenfür differenzierte Lösung

Das Landwirtschaftsministerium hat kurz nach der Übermittlung der Urteilsgründe auf die Gerichtsentscheidung im Rahmen einer Pressemitteilung reagiert, erweckt dabei zum Teil aber einen falschen Eindruck. Es ist – vorsichtig ausgedrückt – missverständlich, wenn das Ministerium schreibt, dass „[…] in dem Urteil […] in keiner Weise kritisiert [wurde], dass die vom Land zur Ausweisung der roten Gebiete einbezogenen 552 Grundwassermessstellen ungeeignet waren.“

Tatsächlich hat das Gericht während des Verfahrens in einem schriftlichen Hinweis aufgezeigt, dass die Frage der Eignung der Messstellen durch ein gerichtliches Gutachten zu klären wäre. Dazu hätte sich das Gericht nicht veranlasst gesehen, wenn die Eignung der Messstellen außer Frage gestanden hätte.


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Die Aussage, künftig könnten „[…] ca. bis zu 85 Prozent landwirtschaftliche Fläche zu roten Gebieten erklärt werden“, steht im Widerspruch zu den zwingenden rechtlichen Vorgaben für eine Ausweisung der roten Gebiete und zu den tatsächlich anzutreffenden Nitrat-Verhältnissen. Die befürchteten hohen Flächenanteile erreicht das Land nur dann, wenn es ganze GWK als rote Gebiete ausweist, was einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten dürfte, wie oben dargelegt wurde.

Angesichts der Herausforderungen für die Ausweisung einer rechtskonformen Gebietskulisse erscheint der Aufruf des Ministeriums, dass nun alle Beteiligten konstruktiv gemeinsam an einer Lösung arbeiten, der richtige Weg zu einer rechtskonformen Ausweisung der belasteten Gebiete zu sein.

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