Photovoltaik

Freiflächen-PV: Warum es bei der Flächenverpachtung immense Probleme bei Erbschaft und Steuer geben kann

Bevor endlich Ruhe für alle Beteiligten einkehrt, werden die steuerrechtlichen Regeln für Freiflächen-Solaranlagen noch mehrfach gründlich durchgekaut... © Sabine Rübensaat
Unternehmen & Recht
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Wir sind mitten in einer Energiewende, zu der auch die Landwirtschaft viel beizutragen hat. Steuerfragen bei Freiflächen-Photovoltaik werden momentan besonders bei Erbschaft und Schenkung heiß diskutiert.

Von RA Antje Böhlmann-Balan

Die Anzahl von Photovoltaik-Freiflächenprojekten steigt in letzter Zeit wieder an. Nach unserer Wahrnehmung führt insbesondere die Einführung von § 6 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2021, der die finanzielle Beteiligung betreffender Kommunen an dem Erlös des PV-Projekts ermöglicht, derzeit zu einem ordentlichen Schub. Die Neuregelung scheint damit ihren Zweck zu erfüllen – mit Blick auf das Erreichen der Klimaziele eine sehr erfreuliche Entwicklung. Allerdings ist hiermit verbunden, dass wir zunehmend von Projektentwicklern befragt werden, wie sie damit umgehen sollen, wenn der Landwirt sie bei Verhandlung des Grundstücksnutzungsvertrages für die PV-Anlage mit Folgendem konfrontiert: Er habe davon gehört, dass sich für ihn bei der Flächenverpachtung (bzw. rechtlich richtig: Flächenvermietung) immense Erbschaft bzw. steuerrechtliche Probleme stellen können.

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Vorab: Eine konkrete steuerrechtliche Beratung des Landwirts durch den Projektentwickler kann als unerlaubte Rechtsdienstleistung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz ausgelegt werden und sollte bereits deshalb vermieden werden. Allerdings ist unbedingt anzuraten, sich mit der Problematik zumindest grundsätzlich auseinanderzusetzen, um in der Verhandlungssituation hierzu aussagefähig zu sein. Das Problem stellt sich (nur dann),

  • wenn ein Grundstücksnutzungsvertrag zur Errichtung einer Freiflächen-PV-Anlage auf einer Fläche, die zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehört, geschlossen wird,
  • während der Laufzeit des Vertrages der Eigentumsübergang an der betroffenen Fläche von dem Landwirt auf einen Dritten bzw. mehrere Dritte im Wege der Schenkung (z. B. durch Hofübergabe) oder Vererbung erfolgt und
  • die Freiflächen-PV-Anlage auf der Grundlage eines Bebauungsplans errichtet wird bzw. errichtet worden ist.

Landwirtschaftliches Betriebsvermögen?

Hierzu muss man wissen, dass die Schenkung/Vererbung von landwirtschaftlichem Betriebsvermögen (die Einhaltung bestimmter Vorschriften vorausgesetzt) zu 85 oder gar zu 100 % von der Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer befreit ist. Voraussetzung ist, dass es sich im Zeitpunkt der Schenkung bzw. Vererbung um landwirtschaftliches Vermögen im Sinne von § 33 des Bewertungsgesetzes (BewG) handelt und die Grundstücke anschließend im Zeitraum von fünf Jahren (Regelverschonung) bzw. sieben Jahren (Optionsverschonung) weiter landwirtschaftlichen Zwecken dienen, siehe im Einzelnen § 13a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG).

Für Flächen des Grundvermögens gelten die oben genannten Befreiungs- bzw. Verschonungsregelungen hingegen nicht, sie unterliegen voll der Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer. Genau hier liegt das Problem: Die Finanzverwaltung vertritt zunehmend die Auffassung, dass bei der Verpachtung bzw. Vermietung von Landwirtschaftsfläche zur Errichtung einer PV-Anlage die betreffenden Grundstücke nicht mehr als landwirtschaftliches Betriebsvermögen, sondern als Grundvermögen einzustufen sind. Sie bezieht sich hierbei maßgeblich auf § 159 Abs. 3 BewG: „Flächen sind stets dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn sie in einem Bebauungsplan als Bauland festgesetzt sind, ihre sofortige Bebauung möglich ist und die Bebauung innerhalb des Plangebiets in benachbarten Bereichen begonnen hat oder schon durchgeführt ist. Satz 1 gilt nicht für die Hofstelle und für andere Flächen in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Hofstelle bis zu einer Größe von insgesamt 1 Hektar.“

Wenn nun innerhalb der Laufzeit des PV-Anlagen-Grundstücksnutzungsvertrages der Eigentumsübergang an der betreffenden Fläche im Zusammenhang mit einer Schenkung oder einem Erbfall erfolgt, kann sich die obenstehende unterschiedliche Bewertung für den/die Erwerber erheblich auswirken bzw. zu immensen Steuerzahlungen führen. Ein exemplarischer Fall aus der Praxis wird hier beschrieben.

Knackpunkt bei PV-Anlagen: Liegt eine Umnutzung vor?

Aus Sicht der Finanzverwaltung liegt mit der Zurverfügungstellung von Landwirtschaftsfläche für PV-Anlagen eine Umnutzung vor. Die Fläche sei dann nicht mehr „dem Betrieb der Landwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt“ im Sinne von § 33 Abs. 1 S. 1 BewG. Allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 22. Juli 2020 (Az. II R 28/18) für den Fall einer vorübergehend zwecks Kiesabbau verpachteten Landwirtschaftsfläche entschieden, dass eine zum Abbau eines Bodenschatzes verpachtete Fläche ihre Zuordnung zum Betrieb der Land- bzw. Forstwirtschaft nicht verliert, wenn die Wiederaufnahme land- bzw. forstwirtschaftlicher Nutzung nach der Auskiesung vorgesehen ist.

In dem vom BFH entschiedenen Fall wurde in dem Pachtvertrag vereinbart, dass dieser nach der vollständigen Auskiesung und anschließender Rekultivierung endet, spätestens jedoch nach 30 Jahren. Ausweislich des Vertragsinhaltes war also die Fortsetzung der landwirtschaftlichen Nutzung nach dem Ende der Auskiesung ausdrücklich vorgesehen. Der BFH hebt in der Entscheidung zunächst hervor, dass die zum Kiesabbau genutzte Fläche auch dann dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen wäre, wenn sie nicht Abbauland im Sinne der §§ 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Buchst a und 43 BewG ist. Denn der Katalog der Nutzungen in § 34 Abs. 1 und 2 BewG sei nicht abschließend.

Die Zuordnung zum Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bestimme sich vielmehr nach dem allgemeinen Maßstab des § 33 Abs. 1 S. 1 BewG. Demnach sei ausschlaggebend, ob das Wirtschaftsgut dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft „dauernd zu dienen bestimmt“ sei. Nach diesen Maßgaben – so der BFH – kann auch eine zum Kiesabbau genutzte Fläche zum Betrieb der Forst- und Landwirtschaft gehören, wenn sie nicht Abbauland im Sinne von § 43 BewG ist. Es reicht vielmehr aus, dass die Rekultivierung und Rückführung in die land- und forstwirtschaftliche Nutzung von vornherein vorgesehen ist. Auf die Zeitspanne, binnen derer dies zu geschehen hat, komme es nicht an (!).

Erlöslage durch Abbau nicht verschlechtert

Ergänzend weist der BFH auf Folgendes hin: Für die Aufrechterhaltung der Zuordnung der Flächen zum Land- bzw. Forstwirtschaftsbetrieb während des Auskiesungs- Pachtvertrages spreche auch, dass der Landwirt hierfür einen Erlös erhalte, der nicht hinter demjenigen Erlös zurückbleibt, den er bei Fortführung der land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung erzielt hätte. Die Verpachtung für die Auskiesung diene auch aus diesem Grunde dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Es spricht viel dafür, dass für Freiflächen-PV-Anlagen dieselben Grundsätze gelten müssen wie für den Kiesabbau, da in beiden Fällen nur eine vorübergehende „Entwidmung“ der Landwirtschaftsfläche erfolgen soll. Allerdings ist unklar, ob § 159 Abs. 3 BewG auf Freiflächen-PV-Anlagen Anwendung findet und damit per se die betreffenden Flächen bei Festsetzung im Bebauungsplan dem Grundvermögen zuzurechnen sind.

Bewertungsschlüssel der Finanzverwaltung

Betrachtet die Finanzverwaltung nun ein Grundstück, auf dem eine Freiflächen-PV-Anlage errichtet ist, als Grundvermögen und nicht als landwirtschaftliches Betriebsvermögen, geht sie mit der Frage, welcher Bewertungsschüssel heranzuziehen ist, nach unserer Wahrnehmung unterschiedlich um. Im schlimmsten Fall setzt sie 50 % des Wertes für Gewerbegebiete an. Der Wert wird dann auf der Grundlage des örtlichen Bodenrichtwertes, der Preise für nahegelegene Gewerbegebietsflächen oder eines Gutachtens ermittelt. Im günstigsten Fall wird der Verkehrswert für Ackerflächen angesetzt. Der so ermittelte Wert für das mit der PV-Anlage bebaute Grundstück unterliegt dann der Besteuerung mit Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer, die der Erbe bzw. Beschenkte zu entrichten hat.

Allerdings gelten großzügige persönliche Steuerfreibeträge, z. B. für ein Kind 400.000 € (§ 16 ErbStG). Der Begriff „persönlicher Freibetrag“ bedeutet: Erfolgt die Grundstücksübertragung mittels Vererbung bzw. Schenkung z. B. nicht an ein Kind, sondern an zwei Kinder, kann jedes Kind auf seine Steuerschuld seinen vollen persönlichen Steuerfreibetrag in Höhe von jeweils 400.000 € zur Anrechnung bringen. Die hiernach verbleibende Erbschaft bzw. Schenkungsteuer ist dann nach der betreffenden Steuerklasse zu versteuern.

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Photovoltaikanlage auf einer Freifläche. (c) Sabine Rübensaat

Agri-PV ist gesichert, doch eine allgemeine Regel fehlt

Wie die bayerische Staatsregierung kürzlich mitteilte, haben Bund und Länder entschieden, dass Agri-PV-Anlagen, also Flächen mit kombinierter Nutzung durch Freiflächen-PV-Anlagen und Landwirtschaft, vollständig dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen seien. Deshalb würden diese Flächen nicht die schenkungs- bzw. erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für landwirtschaftliches Betriebsvermögen verlieren und in der Grundsteuer A verbleiben. Für Freiflächen-PV-Anlagen auf Landwirtschaftsflächen ohne kombinierte Nutzung des Landes gilt dies aber nicht, sie gehören rechtlich nicht mehr zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.

Man darf nun gespannt sein, wie es konkret weitergeht. Sowohl geplante als auch in Betrieb befindliche Freiflächen-PV-Anlagen sind durch die Thematik Erbschafts-/ Schenkungssteuer derzeit immens belastet, die Flächenakquise ist ein echtes Problem. Die Branche wartet dringend auf Rechtsklarheit durch eine Änderung des Bewertungsgesetzes oder durch die Rechtsprechung. Dabei geht es nicht nur um Agri-PV-Anlagen, sondern um alle Arten von Freiflächen-PV-Anlagen.

Handlungsmöglichkeiten zum jetzigen Zeitpunkt

Derzeit ergibt sich für den betreffenden Landwirt insbesondere folgende Möglichkeit: Er überträgt das landwirtschaftliche Betriebsvermögen „scheibchenweise“ auf den bzw. die beabsichtigten Erwerber unter Ausschöpfung der jeweiligen persönlichen Steuerfreibeträge der Erwerber (§ 16 ErbStG), die aller zehn Jahre neu entstehen (§ 14 ErbStG). Hierneben kommt ggfs. in Betracht, das betreffende Grundeigentum als Vermögen einer Personengesellschaft steuerverschont zu übertragen.

Hierzu müsste der Landwirt einen Gesellschaftsanteil an der als Personengesellschaft (klassischerweise GmbH & Co. KG) strukturierten PVA-Betreibergesellschaft erhalten. Die von ihm an die Gesellschaft vermietete Fläche wird dann als notwendiges Sonderbetriebsvermögen schenkungs- bzw. erbschaftsteuerrechtlich dem Gewerbebetrieb zugeordnet. Dazu reicht eine Beteiligung von 1 % an dem Gesamtvermögen der Gesellschaft. Durch zeitgleiche unentgeltliche Übertragung des Anteils an der PV-Anlagen- Betreibergesellschaft und der Grundstücke des Sonderbetriebsvermögens kann eine Verschonung für gewerbliches Betriebsvermögen erreicht werden.