Das sind die Techniktrends der Agritechnica
Traktoren, Düngetechnik, Digitale Systeme – auch dieses mal bietet die Agritechnica eine Fülle neuer technischer Entwicklungen für die Landwirtschaft. Wir zeigen Ihnen die wichtigsten Techniktrends der Messe.
Von Dr. Markus Demmel
Auf der Agritechnica 2019 werden die Landtechnikhersteller wieder eine große Anzahl an Neuheiten vorstellen. Obwohl die Mehrzahl der Innovationen für hoch technisierte Landwirtschaften gedacht ist, führt die weiter zunehmende Internationalisierung der Messe auch zur Vorstellung von technischen Lösungen für den Acker- und Pflanzenbau in Schwellenländern. Die Durchsicht und Bewertung der für die Innovation Awards angemeldeten Neuheiten belegen den großen Erfindergeist und das hohe technische Niveau der Agrartechnik.
Traktoren
Die Abgasgesetzgebung ist weiterhin Technologietreiber und bestimmt nicht nur die Motorenentwicklung, sondern aufgrund ihres Einflusses auf viele Baugruppen des Fahrzeuges auch die des ganzen Traktors. Teilweise werden mit dem Wechsel zur Abgasstufe V umfangreich überarbeitete oder neue Traktorenmodelle vorgestellt.
Neben weiterentwickelten Volllastschalt- und hydrostatisch-mechanisch leistungsverzweigten Stufenlosgetrieben wird erstmals ein elektrisch-mechanisch leistungsverzweigtes Getriebe vorgestellt, das auch 100 kW externe elektrische Leistung zur Verfügung stellen kann (Goldmedaille, John Deere und Fliegl-Anhänger mit elektrischer Triebachse). Für kleinere Modelle werden weiterhin vollelektrische Konzepte mit Batterien in Betracht gezogen.
Große Traktoren werden für hohe Traktion und geringe Bodendrücke zunehmend mit Bandlaufwerken ausgerüstet. Neben serienmäßig angebotenen Volllaufwerken beziehungsweise Halbraupenlaufwerken werden von einem Hersteller nun ab Werk auch vier voll integrierte Dreieckslaufwerke für Standardtraktoren angeboten, die es bisher nur als Nachrüstlösung gab.
Zwei Traktorenhersteller stellen neue Systeme zur Verminderung der Stöße beim Einsatz von Großpackenpressen vor, um den Fahrkomfort deutlich zu verbessern und die Belastung von Antrieb und Struktur zu mindern.
Sehr weit ist das Feld neuer und verbesserter Angebote digitaler Lösungen für den Traktoreinsatz, die die Bedienung erleichtern, den Einsatz sicherer machen und das Betriebsmanagement optimieren sollen.
Bodenbearbeitung
Die Herausforderungen für die Bodenbearbeitungstechnik sind hoch – besonders vor dem Hintergrund des Rückgangs von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen. In Zukunft müssen alle Möglichkeiten der Vorsorge gegen Bodendegradation, Humusschwund und Krankheiten sowie Schädlinge genutzt werden. Nacherntemanagement und Bodenbearbeitung nehmen hier eine zentrale Rolle ein.
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Es ist mit einer Zunahme der Arbeitsgänge mit Scheibenegge oder Grubber zu rechnen, was zu einer starken Dezimierung des Oberflächenbedeckungsgrades führt. Die Industrie ist gefordert, Werkzeugformen und Geräte zu entwickeln, die einerseits eine effektive Beseitigung der Unkräuter und Ausfallgetreide bewirken, gleichzeitig aber Bedeckungsgrad und Humusgehalt schonen.
Auch bei der Bodenbearbeitung zieht nach und nach die Elektronik in die Geräte ein, sodass eine bessere Kommunikation zwischen Traktor und Gerät möglich und damit die Bedienung erleichtert und exakter wird.
Saat- und Bestelltechnik
Verbesserte Sensorik, elektrische Antriebe und die damit einhergehende Elektronik haben die Komplexität der Maschinen erheblich erhöht, was quasi als Folge auch neue digitale Bedienkonzepte erfordert, um das Maschinenpotenzial nutzbar zu machen und den Bediener in seinen Zielen zu unterstützen.
Die Anforderungen an die Saattechnik sind allgemein gestiegen: Veränderliche Reihenweiten, Kornvereinzelung bei Getreide, gleichzeitige Düngereinarbeitung, Körnerzählsensoren und die Integrierbarkeit ins Schlepper- und Informationssystem sind dabei nur einige Schlagworte. Die Hersteller werden entsprechende Lösungen zeigen.
Die aktuellsten Ziele sind heute sicherlich die Konservierung der Bodenfeuchte, die Verbesserung der Nährstoffverfügbarkeit, aber auch eine vereinfachte Bedienbarkeit über digital-elektronische Hilfen. Hierfür eröffnet die aktuelle Technik viele neue Möglichkeiten. Wichtig ist dabei, dass
Maschinen und Geräte unterschiedlicher Hersteller miteinander kommunizieren können.
Düngetechnik
Im Bereich der Mineraldüngerausbringung werden Lösungen für einige bisher gänzlich unberücksichtigte Probleme gezeigt. Werden Düngermischungen mit Wurfstreuern ausgebracht, hat der Landwirt bisher keine Hilfsmittel zu optimalen Einstellung des Düngerstreuers zur Verfügung. Mit einer neuen App kann die zu erwartende Streuqualität von Düngermischungen bereits im Vorfeld abgeschätzt werden, und der Landwirt erhält erstmals Einstellempfehlungen für den Schleuderstreuer.
Die Fortschritte bei der Steuerungs- und Regelungstechnik in Verbindung mit leistungsfähigen Datennetzen ermöglichen heute auch, den Einfluss der Hangneigung bei der Ausbringung mit Wurfstreuern zu berücksichtigen.
Neu gestaltete und elektrisch angetriebene Dosierorgane ermöglichen eine „Einzeldüsensteuerung“ der Ausbringmenge bei pneumatischen Auslegerstreuern.
Techniken zum Precision Farming werden sowohl für die Mineraldünger- als auch für die Wirtschaftsdüngerausbringung von der Sensorik für Inhaltsstoffe bis zur kleinräumigen Variation der Ausbringmenge weiterentwickelt.
Flüssige Wirtschaftsdünger müssen zunehmend bodennah mit der Möglichkeit kleiner Düngergaben ausgebracht werden. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, zielt die technische Entwicklung auf geringes Gewicht vor allem bei größeren Arbeitsbreiten, vielseitige Einsatzmöglichkeiten und verbesserte Dosiersysteme.
Bewässerungstechnik
Die Bewässerung zur Sicherstellung der landwirtschaftlichen Erträge wird immer wichtiger, und der ökonomisch gerechtfertigte Einsatz der Bewässerung nimmt mit vermehrten Trockenphasen zu. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich mittel- bis langfristig die Bewässerung auf weitere Kulturen und Flächen ausdehnen wird. Der grundlegende Trend zur stetigen Minimierung des Wasserverbrauchs trägt dieser Entwicklung Rechnung. Mit der zunehmenden Digitalisierung und der Möglichkeit zur Vernetzung von Sensoren haben sich neue Möglichkeiten ergeben. Im Internet der Dinge (IoT) können etwa individuelle Sensoren (zum Beispiel Regensensor) eingebunden und somit die Wasserbilanzierung optimiert werden. Der Trend bei dieser Entwicklung geht dabei auch in Richtung teilflächenspezifischer Bewässerung (precision irrigation).
Ein weiterer Trend ist die Verringerung der Wasserdrücke und damit eine Verringerung des Energiebedarfs bei der Bewässerung.
Pflanzenschutztechnik
In diesem Bereich bietet die Branche viele neue und verbesserte Ideen, um den ohnehin schon hohen Standard in der Ausbringgenauigkeit noch zu erhöhen.
Durch größer werdende Betriebe behält die Erhöhung der Schlagkraft einen hohen Stellenwert bei der Neuanschaffung von Pflanzenschutzgeräten. Diesem Trend folgend und der Tatsache geschuldet, dass Pflanzenschutz termingerecht erfolgen muss, werden bei gezogenen Spritzen zunehmend größere Fassvolumina verlangt. Über alle Spritzsysteme hinweg ist ein Trend unübersehbar: Die Auslastung der Spritze kann und muss weiter gesteigert werden. Hierbei stellen die elektronischen Hilfsmittel einen entscheidenden Faktor dar. Dies fängt schon bei entsprechenden Diagnose- und Prognosemodellen an und setzt sich bei Bedienung und Regelung fort.
Darüber hinaus bietet die Kombination von mechanischer Unkrautbekämpfung und Bandspritztechnik ein immenses Potenzial an Einsparung von Pflanzenschutzmitteln, besseres Resistenzmanagement und so weiter an.
Die mechanische Unkrautregulierung erhält die Möglichkeit, durch elektronische Hilfsmittel, besonders durch den Einsatz der automatischen Reihenführung, die Flächenleistung und die Arbeitsqualität zu steigern und damit wieder konkurrenzfähig zu werden.
Druschfruchternte
Die Hersteller von Mähdreschern und Schneidwerken stellen zur Agritechnica 2019 besonders viele Innovationen vor. Der weltweite Trend zu Bandschneidwerken und Techniken zur Adaption von Erntevorsätzen an die unterschiedlichen Bedingungen setzt sich fort. Die Bandschneidwerke der internationalen Hersteller werden auch an europäische Erntebedingungen angepasst.
Sensorik im Messerantrieb ermöglicht die Früherkennung von Schäden am Messerbalken, aber auch erstmals die lastabhängige Regelung der Schnittfrequenz.
Trotz der Beschränkung der Bauvolumina der Mähdrescher nehmen die Druschleistungen weiterhin zu. Die Dresch- und Trennelemente werden so gestaltet, dass der Erntegutfluss in Tangential-Dreschwerken möglichst geradlinig und somit materialschonend und leistungssparend ist. Zur Leistungssteigerung tragen nicht nur vergrößerte Dreschtrommeldurchmesser, sondern vielmehr die passenden Dreschtrommel-, Zuführ- und Abscheidetrommel-Konstellationen bei. Dresch- und Abscheidekörbe lassen sich erstmalig von der Seite aus- und einbauen.
Die Leistungsstabilität von Axialrotor-Mähdreschern wird bei hohen Stroherträgen und Feuchtegehalten durch neue Rotor-Gehäuse-Konfigurationen und modifizierte Wurftrommel-Abscheidekorb-Kombinationen erhöht.
Die Spitzenmodelle verfügen über Motorleistungen von knapp 800 PS. Dies bestätigt eindeutig den Trend zu einer zunehmenden Leistungsdichte der Mähdrescher.
Kartoffeltechnik
Die aktuellen Rahmenbedingungen werden auch im Kartoffelanbau durch den verstärkten Klimawandel mit gegenwärtig zwei aufeinanderfolgenden Trockenjahren und die intensivere Diskussion über die Erzeugung unserer Lebensmittel in der Bevölkerung geprägt. Neue technische Entwicklungen von verbesserten Baugruppen in Maschinen bis hin zur Digitalisierung tragen dazu bei, zukunftsorientierte Lösungsmöglichkeiten schneller umzusetzen.
Über den Autor
Dr. Markus Dremmel kommt von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, Freising-Weihenstephan, und ist Vorsitzender der Agritechnica-Neuheitenkommission
Aufgrund der in Europa bereits sehr unterschiedlichen Betriebsgrößen beinhaltet das Angebot an einreihigen Kartoffelrodern mehrere Leistungsklassen und verschiedene Ausstattungsvarianten. Diese starke Differenzierung ist auch bei den zweireihigen Bunkerrodern zu beobachten, wo insbesondere die in den letzten Jahren neu eingeführten leichteren Baureihen in der Praxis deutlichen Zuspruch erfahren.
Für die elektronische Beimengungstrennung in der Aufbereitung stehen seit Jahren Maschinen mit unterschiedlichen Erkennungsprinzipien und in verschiedenen Leistungsklassen zu Verfügung. Das optoelektronische Qualitätsverlesen ungewaschener Kartoffeln wird von ersten Landwirten für Speise- und Pflanzkartoffeln genutzt. Im praktischen Betrieb zeigen sich aber auch die Grenzen dieser Systeme, da die optische Variabilität der Knollenoberfläche doch deutlich größer ist als bei gewaschenen Kartoffeln, deren Trennparameter einfacher und sicherer festzulegen sind.
Futtererntetechnik
Der Trend zu höherer Maschinenleistung und -dimension hält besonders bei den Feldhäckslern an. Die installierte Maschinenleistung muss möglichst effizient umgesetzt werden. Vor allem bei der Grasernte, wenn die maximale Motorleistung leistungsstarker Häcksler nur teilweise benötigt wird, erscheint daher ein angepasstes Leistungsmanagement zielführend. Es kann nicht nur den Fahrer entlasten, sondern gleichzeitig Kraftstoff sparen.
Angesichts stetig steigenden Verkehrsaufkommens – vor allem auch in ländlichen Regionen – ist die Verkehrssicherheit sehr wichtig. Dies gilt besonders mit Blick auf Schutzvorrichtungen, die für Straßenfahrt vorgeschrieben und möglichst per Knopfdruck vom Fahrersitz „aktiviert“ beziehungsweise „deaktiviert“ werden.
Agritechnica 2019
Vom 10.-16. November findet die Weltleitmesse für Landtechnik in Hannover statt.
Webseite: www.agritechnica.com
Beim Mähen dominieren Scheibenmähwerke den Markt. Besonders in Mähkombinationen, wie den Schmetterlingskombinationen, erreichen sie enorme Schlagkraft bei hoher Einsatzsicherheit. Während hier stetige Weiterentwicklung zumeist im Detail erfolgt, geht der Trend in einigen Einsatzbereichen des Mähens neuerdings wieder zum Doppelmessermähwerk. Neukonstruktionen verbinden die Vorteile wie den sehr geringen Leistungsbedarf, den exakten Schnitt und das geringe Gewicht mit Arbeitsbreiten von bis zu 10 m sowie verbesserten Messerstandzeiten und höherer Einsatzsicherheit.
Bei Quaderballenpressen gilt die Entwicklungsarbeit derzeit etwa der Verbesserung des Anlaufverhaltens, während bei Rundballenpressen für hohe Pressdichten verstärkte Ausführungen von Lager, Ritzel und Ketten selbstverständlich sind.
Auch die Schwadtechnik ist von interessanten Entwicklungen geprägt, gilt es doch, das Futter möglichst verlustarm und sauber auf Schwad zu legen (Bandschwader von Kuhn und Reiter).
Zuckerrübenernte
Beim allgemeinen Trend zur leistungs- und kostenorientierten, voll automatisierten Mechanisierung in der Landwirtschaft geht der Rübenerntebereich weiter voran. Große, selbstfahrende Maschinen, meist sechsreihig, immer öfter neun- und auch zwölfreihig und (zwischen-)bunkernd, sind mittlerweile das Maß, und das weltweit.
Bei der mit der Organisation der Rübenernte vernetzten Logistik der Rübenabfuhr spielt die Verladung mit dem Rübenreinigungslader (Maus) eine Schlüsselrolle. Die digitale Vernetzung der Daten von Saat, Anbau, Ernte, Mietenpflege und Transport sorgt für eine Optimierung der gesamten Prozesskette. Eine Stabilisierung beziehungsweise Steigerung der Wettbewerbskraft der Rübe – für die Verwendung in der Zuckerfabrik oder Biogasanlage – durch technische Innovationen ist gegeben und bei globaler Betrachtung weiter nötig.
Digitale Systeme
Die Trends zum Einsatz von digitalen Systemen und IT sind in der Landwirtschaft sowie in den vor- und nachgelagerten Bereichen weiterhin deutlich erkennbar. Zur Agritechnica 2019 werden mehr als 70 neue und weiterentwickelte Verfahren und Systeme in den Bereichen Digitale Systeme und IT ausgestellt und angeboten.
Weitere interessante Neu- und Weiterentwicklungen sind im Bereich FMIS (Farm Management Informationssystem) anzutreffen. Über neu gestaltete Datenplattformen können Sensoren und Informationen herstellerübergreifend miteinander verknüpft und Handlungsanweisungen sowie Dokumentationen damit automatisiert erstellt werden.
Ebenfalls interessante Weiterentwicklungen sind von smarten, nicht invasiven Bodensensoren über automatisierte Wetterstationen mit multisensorischem Ansatz und Pflanzenschutzempfehlungen bis hin zur Fernerkennung über Satellitensysteme zu sehen.
Die Spanne der Neuheiten zur Fahrerentlastung beginnt bei der Nutzung von holografischen Elementen in der Fahrerkabine sowie erweiterten Realitäten (Augmented Reality) und geht bis hin zu frei konfigurierbaren Multiterminalsystemen.
Überladeautomatiken mit künstlicher Intelligenz sowie radargestützten Personenwarnsystemen im Umfeld landwirtschaftlicher Maschinen dienen ebenfalls der Fahrerentlastung und sollen die Unfallhäufigkeit vermindern.