ASP-Bekämpfung ist ein Langstreckenlauf
Vier Wochen nach dem ersten ASP-Nachweis bei einem Wildschweinkadaver werden nun feste Wildzäune um eine Weiße Zone gezogen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und das halbe Kabinett machten sich vor Ort ein Bild zur ASP-Bekämpfung.
Nach vier Wochen könne man allmählich auch mal eine Nacht wieder schlafen, sagt Dajana Bähr-Jurack. Die Frank Bähr GbR bewirtschaftet 150 ha Grün- und 120 ha Ackerland, verdient ihr Geld mit Mutterkuhhaltung und Rindermast. 70 % der Fläche liegt im ASP-Kerngebiet, der Rest im gefährdeten Gebiet. Vierzehn Tage stand alles still in Bährs Landwirtschaft. Jetzt dürfen sie nach und nach wieder arbeiten: auf Flächen im gefährdeten Gebiet im Landkreis Spree-Neiße, die nach amtlich bestätigter Fallwildsuche auf Antrag zur Bewirtschaftung freigegeben wurden. „Das Futter für den Winter ist gesichert. Aber der Rattenschwanz kommt nächstes Jahr, wenn wir jetzt nichts bestellen können“, sagt die Landwirtin und hofft, dass dann Futter zu handelsüblichen Preisen zu bekommen sein wird.
ASP-Bekämpfung: Bundeswehr sucht Fallwild
„98 Anträge auf Freigabe von Flächen sind bisher gestellt und genehmigt worden“, sagt Harald Altekrüger, Landrat in Spree-Neiße. Er hat über das Kreisverbindungskommando die Bundeswehr um Hilfe gebeten und sie schnell bekommen. Seit dem 1. Oktober sind 120 Soldaten aus Torgelow (Vorpommern) im Spree-Neiße-Kreis im Einsatz. Sie suchen die sogenannte Weiße Zone von außen in Richtung Kernzone nach Fallwild ab. Der Gefechtsstand wurde im Feuerwehrgerätehaus in Groß Gastrose eingerichtet. 4.000 Hektar seien bereits abgesucht, 2.230 Hektar stehen noch aus. Auch Landesforst, THW, Hundestaffeln und Drohnen sind bei der Suche im Einsatz.
Julia Klöckner in Eisenhüttenstadt
Auch im Landkreis Oderspree wird die Bundeswehr erwartet. Allerdings in geringerem Umfang. 40 Soldaten würden ab Montag im Einsatz sein, so Landrat Rolf Lindemann am Rande des Pressetermins mit Julia Klöckner in Eisenhüttenstadt. Die Bundesministerin besuchte zusammen mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zunächst den Landeskrisenstab zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Eisenhüttenstadt, um dort mit der Technischen Einsatzleitung des Krisenstabes zu sprechen. Danach besichtigte sie die Zaunbaumaßnahmen im Landkreis Oder-Spree.
Die Afrikanische Schweinepest zu bekämpfen, sei ein Langstreckenlauf, der nur erfolgreich sein werde, wenn alle Hand in Hand arbeiten, so Klöckner. Sie habe u. a. erreicht, dass es für den Zaunbau eine Ko-Finanzierung über die EU geben werde. Auch für Ausfälle, die den Landwirten im Zusammenhang mit der ASP-Bekämpfung entstehen, ist Geld vorhanden, wenn die Schäden beziffert werden können. Und sollte es in Schweine haltenden Betrieben zu Keulungen kommen, sei die Tierseuchenkasse zuständig.
Jede Menge wildZäune
Mittlerweile hat das Friedrich-Loeffler-Institut 55 Fälle der ASP bei Wildschweinen in Brandenburg bestätigt, 52 davon in der Kernzone bei Neuzelle (Landkreis Oder-Spree). Um dieses Gebiet soll nun eine „weiße Zone“ eingerichtet werden: ein rund fünf Kilometer breiter Halbkreis um das Kerngebiet „Sembten/Neuzelle“ mit rund 285 km2 Fläche. Den äußeren Halbkreis begrenzt ein Wildzaun, der Wildschweine den Fluchtweg nach Westen abschneiden soll. Der Bau hat begonnen. Das Land koordiniert und trägt die Kosten, externe Firmen führen den Bau aus. Das gerade Ende des Halbkreises ist die Oder-Neiße-Linie. Hier wird der mobile Elektrozaun durch einen Wildzaun ersetzt. Gleiches geschieht mit dem Elektrozaun um die Kernzone, die in den vergangenen vier Wochen zum Kerngebiet erweitert wurde. Sobald die Zäune stehen, soll in der „weißen Zone“ der Schwarzwildbestand soweit wie möglich reduziert werden. „Den festen Zaun entlang der gesamten Oder-Neiße-Grenze brauchen wir zur Gefahrenabwehr jetzt, damit keine weiteren infizierten Tiere mehr über die Grenze wechseln können“, so Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher.
Das Land Brandenburg stellt in diesem Jahr rund sechs Millionen Euro aus dem Landeshaushalt für den Bau von festen Wildschutzzäunen zur Verfügung: außerplanmäßige Ausgaben wegen unvorhergesehener Ereignisse. Das Land übernimmt damit die Baukosten für feste Zäune zur ASP-Bekämpfung zu 100 Prozent und entlastet so die Landkreise. Mit dem Bau des Grenzzaunes wurde im Landkreis Spree-Neiße am 24. September begonnen. Der Landesforstbetrieb hat beginnend an der Landesgrenze zu Sachsen in der Gemeinde Neiße-Malxetal die ersten vier Kilometer entlang der Neiße gebaut. Der Landesforstbetrieb wird ein insgesamt rund elf Kilometer langes Stück bis zur Bundesautobahn 15 bauen. Entlang der restlichen Kreisgrenze wird der feste Zaun im Auftrag des Landkreises Spree-Neiße gebaut: rund 50 Kilometer in südlicher Richtung bis zur Bundesautobahn 15.
Im Landkreis Oder-Spree laufen ebenfalls die Vorbereitungen für den Bau eines festen Zauns entlang der Neiße-Oder-Grenze. Die Trasse für den Zaun entlang Oder und Neiße zwischen Brieskow-Finkenheerd und Coschen steht und vorbereitende Arbeiten wie das streckenweise erforderliche Freischneiden des Zaunverlaufs sind abgeschlossen. Mit dem Setzen der Zaunpfähle beginnen in der nächsten Woche zwei private Bauunternehmen.
ASP-Bekämpfung: Solidarität ist gefragt
„Das Vorgehen haben wir auch mit den Experten der EUVET-Mission von der Europäischen Kommission abgestimmt“, so Nonnemacher. „Bei der Umsetzung arbeiten die Krisenzentren der betroffenen Landkreise und das Landeskrisenzentrum in Potsdam Hand in Hand zusammen. Alle Schritte sind genauesten abgestimmt. Bei der Umsetzung werden die Kreise von der Technischen Einsatzleitung aus Eisenhüttenstadt tatkräftig unterstützt.“ Ministerpräsident Dietmar Woidke appellierte an die Solidarität der Landwirte, betroffene Betriebe bei der Futterbeschaffung zu unterstützen. „Ähnliche Situationen hatten wir schon – zum Beispiel bei Hochwasserkatastrophen – und haben sie gemeistert“, so Woidke.
Zu denen, die auf die beschworene Solidarität angewiesen sein könnten, gehört das Landgut Coschen GmbH. „Wir haben noch 100 Hektar Mais im Kerngebiet stehen, insgesamt können wir auf 600 Hektar im Kerngebiet derzeit nicht arbeiten“, so Geschäftsführerin Grit Fechner. „Für die Flächen im gefährdeten Gebiet, insgesamt 400 Hektar, haben wir eine Ausnahmegenehmigung bekommen, nachdem die Fallwildsuche abgeschlossen war. Hier konnten wir die Herbstbestellung abschließen.“ Dass es an der Neißebrücke in Coschen keinerlei Seuchenschutzmaßnahmen gibt, ist der Landwirtin allerdings unverständlich.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war von 53 ASP-Gesamtfällen, und 51 Fällen in der Kernzone im Landkreis Oder-Spree die Rede. Wir haben die Zahlen an der betreffenden Stelle korrigiert.