Das Rätsel von Vogelsang
Landwirt Thies Blöcker und seine Familie traf die Nachricht wie ein Hammerschlag. Im Stall des jungen Schweinemästers im Landkreis Rostock wurde ASP festgestellt. Wie das Virus in den Tierbestand vordrang, ist noch unklar.
Von Gerd Rinas
Für Thies Blöcker ist es immer noch wie ein Albtraum. „Wir haben nichts dem Zufall überlassen und alles getan“, sagt der Landwirt. Und trotzdem ist die Katastrophe eingetreten: In einem Schweinemaststall der Familie Blöcker in Vogelsang wurde in der vorigen Woche Afrikanische Schweinepest (ASP) amtlich bestätigt. Es ist der erste Ausbruch in Mecklenburg-Vorpommern. Über 4.000 Schweine wurden getötet.
In einer Bucht mitten im Stall
Für Thies Blöcker begann das Drama am Mittwoch vorvergangener Woche. Ein Mitarbeiter und eine Beraterin vom Schweinekontroll- und Beratungsring (SKBR MV) schauten nach den Tieren. In einer Bucht, mitten im Stall, fielen den beiden mehrere Schweine auf, die am Boden lagen, apathisch wirkten und ein rötliches Hautbild zeigten.
Die Tiere wurden an zwei aufeinanderfolgenden Tagen behandelt, doch ihr Zustand besserte sich nicht. Lag ein Impffehler vor? War die Schweinekrankheit App (Actinobacillose) ausgebrochen? Dabei kommt es zur raschen Entzündung der Lungen und des Rippenfells. Die Tiere zeigen hohes Fieber, verweigern die Futteraufnahme und sind apathisch. Es entwickelt sich sehr schnell eine hochgradige Atemnot. Für Thies Blöcker und seinen Bestandstierarzt deuteten die Symptome auf App.
Zwei Schweine zur Sektion
Am Samstag lagen sechs Schweine tot in der Bucht. Nun zeigten auch Tiere in der benachbarten Bucht Krankheitssymptome. Der Landwirt wurde unruhig. Immer noch vermutete er einen App-Ausbruch. Nachdem am Wochenende weitere Tiere verendet waren, wurde am Montag voriger Woche entschieden, zwei Schweine zur Sektion ins Landesamt Lallf zu bringen. Nachmittags dann der schockierende Anruf aus Rostock: Verdacht auf Afrikanische Schweinepest. Nur Stunden später bestätigte das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) in Greifswald den Befund.
ASP in vogelsang: Viele Fragen beantwortet
Was ist in seinem Schweinebestand passiert? Wie konnte das ASP-Virus eindringen? Noch am Montag musste Thies Blöcker viele Fragen beantworten. Der epidemiologischen Erstuntersuchung durch den Amtsveterinär folgten einen Tag später die Zweituntersuchung und die Befragung durch Seuchenexperten des FLI. Über fünf Stunden gab Blöcker Auskunft zu Biosicherheit, Bestands- und Medikamentenbüchern, Fütterung, Tiertransporten, Zugangsberechtigten und vielem mehr. Antwort darauf, wie das Virus in den Stall gekommen war, brachte die Befragung nicht. Seitdem beschäftigt diese Frage den jungen Landwirt jeden Tag.
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Familienbetrieb mit vier Standorten
Mit seinem Vater Jens und Bruder Malte mästet Thies Blöcker Schweine im geschlossenen System. Zur Hof Vogelsang GbR mit Sitz in Lalendorf gehören eine Sauenaufzuchtanlage im Landkreis Vorpommern-Rügen und die beiden Mastställe in Vogelsang. Zum Familienverbund gehören zwei weitere Maststandorte in der Mecklenburgischen Seenplatte.
Jeweils zwei Standorte werden von Thies (34) und Malte (40) Blöcker geleitet. Beide absolvierten eine landwirtschaftliche Hochschulausbildung in Göttingen, Hohenheim und Neubrandenburg. Vater Jens, der mit seiner Ehefrau in den 1990er Jahren das Unternehmen begründet hat, ist ebenfalls Gesellschafter und steht seinen Söhnen zur Seite.
Die Sauenaufzuchtanlage kommt auf 35 verkaufte Ferkel/Sau und Jahr, die Aufzuchtverluste im Flatdeck liegen bei unter einem Prozent. In der Mast werden mit 970 g Tageszunahmen und drei Prozent Tierverlusten ebenfalls überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt.
Einlass nur durch Schleuse
„Wir haben den Standort in Vogelsang vor anderthalb Jahren übernommen. Unser Vorgänger, hatte 2013 neu gebaut. Es war nie irgendetwas Auffälliges in den Ställen“, sagt Jens Blöcker. Die Landwirte beteiligen sich an mehreren Schweinegesundheits-Überwachungsprogrammen. Die Anlage in Vogelsang ist mit einem Maschendrahtzaun gesichert. Das Tor ist verschlossen, Zugang haben nur befugte Personen. Besucher müssen sich anmelden und werden in einem Buch vermerkt. Wer in die Ställe will, muss eine Schleuse passieren, die Kleidung wechseln und vor dem Verlassen der Anlage duschen. Vor den Ställen stehen Desinfektionsschalen.
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asp in Vogelsang: Kein Kontakt mit Fahrern
Das Futter wird komplett von einer Spezialfirma angeliefert, Wasser kommt aus dem eigenen Brunnen. Schadnager werden regelmäßig bekämpft, bei Bedarf auch im Außenbereich, versichert Landwirt Blöcker. Treibegänge und Rampen sind überdacht, auch die LKW-Fahrer, die Ferkel bringen und schlachtreife Schweine abholen, kommen nicht in den Stall. „Die Krankheit ist nicht bei frisch eingestallten Ferkeln ausgebrochen, sondern bei denen, die schon vier Wochen hier sind“, schließt Blöcker den Eintrittspfad über die Tiere aus.
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„Ich vertraue meinen Leuten“
Drei Mitarbeiter, auch er selbst, sind jagdlich aktiv. „Bei der Seuchenlage wissen alle, um was es geht. Ich vertraue meinen Leuten“, so Thies Blöcker. Ob Betriebsfremde die Seuche absichtlich eingeschleppt haben? „Darüber könnte ich nur spekulieren. Das will ich nicht“, wehrt der Landwirt ab. Blöckers größte Sorge: Er stallt jede Woche Ferkel ein und schlachtreife Schweine aus. „Der Zyklus ist jetzt unterbrochen. Wir müssen Abnehmer für die Ferkel finden, die bisher nach Vogelsang kamen.“ Wie lange die beiden Ställe gesperrt bleiben, weiß er noch nicht.