ASP: Potenzielle Infektionsketten effektiv unterbrechen

Ein intakter Zaun und abgeschlossene Tore machen Tier und Mensch den Zugang zum Betriebsgelände so schwer wie möglich. Eine funktionierende Seuchenwanne für Fahrzeuge und Desinfektionsmatten sind wichtige Bestandteile der Hygienemaßnahmen. (c) Klaus Meyer
Artikel teilen

Nach dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest auf deutschem Territorium zeigt sich, wie wesentlich eine gewissenhafte Einhaltung von Hygienemaßnahmen für Schweine haltende Betriebe ist. Der Erreger darf nicht zu den Tieren gelangen.

Von Dr. Uwe Scheper

Am 10. September 2020 wurde erstmals die Afrikanische Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen auf deutschem Boden nachgewiesen. Nunmehr hat die Branche mit enormen wirtschaftlichen Schäden zu kämpfen, ein Ende der Misere ist nicht absehbar. Erfahren Sie, wie Sie Ihren Schweinebestand vor dieser heimtückischen Seuche schützen können.

Hygienekonzept akribisch auf Schwachstellen abklopfen

Das Hygienemanagement ist eine der zentralen Aufgaben der modernen Schweinehaltung. Praktiker wissen um die vielfältigen Möglichkeiten und Wege, über die Krankheiten in den eigenen Betrieb eingeschleppt und die Schweinebestände in ernste Gefahr gebracht werden können.

Entscheidend für eine Abwehr von Ansteckungen jeglicher Art ist das Durchbrechen von Infektionsketten. Dabei geht es sowohl um eine Abwehr von Infektionen von außen als auch um das Verhindern von Infektionen von einem Teil des Bestandes in einen anderen Teil. Klopfen Sie deshalb Ihr Hygienekonzept akribisch auf Schwachstellen ab. Gerade aktuell können Sie sich viel Ärger und Leid ersparen, wenn Sie Lücken erkennen und schließen.

Das Gelände mit Zaun und Tor dichtmachen

Stallanlagen müssen eingefriedet sein. Das Gelände und die Gebäude dürfen nur über verschließbare Tore und Türen zu erreichen
sein. Der Zaun muss eine Höhe von mindestens 1,50 m haben. Bedenken Sie dabei auch, dass Wildschweine nicht nur hoch springen,
sondern auch gut wühlen und graben können. Deshalb ist es sinnvoll, den Zaun oberhalb eines befestigten Untergrunds zu spannen, um den wühlenden Wildtieren keine Chance zu geben, sich unterhalb des Zauns einen Zutritt auf das Gelände zu verschaffen.

Sorgen Sie für eine ordentliche Spannung am unteren Ende des Zauns, damit das Drahtgeflecht nicht durch die kräftigen Borstentiere angehoben werden kann. Unter Umständen ist es sinnvoll, wenn Sie zusätzlich vor diesen Hauptzaun noch einen kleinen, aber wirkungsvollen weiteren Zaun spannen. So verhindern Sie, dass ihre Schweine über ein Schnüffeln durch den Maschendraht Kontakt zu Wildschweinen aufnehmen oder aber mit Zaunelementen in Berührung kommen, die zuvor von Wildschweinen beschnüffelt oder beknabbert wurden.
Die Gefahr besteht vor allem dann, wenn Ihre Schweine – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – die Möglichkeit haben, sich in einem Auslauf im Außenbereich ihrer Betriebsanlage aufzuhalten.


Ratgeber Schweinehaltung 2021

Themen im Heft:

  • Wo sich Schweine sauwohl fühlen
  • Das Ferkelkino von Volkenroda
  • Tiersignale im Blick
  • Potenzielle Infektionsketten effektiv unterbrechen
  • Das Brandrisiko verringern
  • Ökoebermast möglich?

Fahrzeug- und Personenverkehr begrenzen

Es ist immer wieder überraschend, wie groß die Anzahl der Menschen ist, die einem landwirtschaftlichen Betrieb einen Besuch abstatten. Zunächst einmal sind da die Mitarbeiter, die den Betrieb Tag für Tag mit dem eigenen Pkw ansteuern.

Noch umfangreicher und vielfältiger ist der Kreis der besuchenden Personen, die nicht zum festen Stamm des Unternehmens gehören und ebenfalls um Einlass bitten: Händler, Tiertransporteure, Mitarbeiter von der Tierkörperbeseitigung, Tierärzte, Berater, Handwerker und nicht zuletzt Kontrolleure betreten ihre Produktionsanlage mehr oder minder regelmäßig.

Bei sämtlichen Fahrzeugen handelt es sich um potenzielle Brücken, über die ASP in Ihren Bestand gelangen kann. Bemühen Sie sich deshalb vor allem darum, die Zahl der Fahrzeuge klein zu halten, die Ihr Betriebsgelände von außen befahren dürfen. Dies kann schon durch das Anlegen von Mitarbeiterparkplätzen außerhalb des gesicherten Bereichs geschehen. Dort können sicherlich auch noch weitere Parkplätze für den Händler, den Berater oder den Kontrolleur bereitgehalten werden. Vielleicht ist dies nicht von heute auf morgen möglich. Andererseits sollten Sie das Anlegen von Parkplätzen in den Planungen im Bereich Hygienemanagement durchaus berücksichtigen.

Desinfektionsmulden regelmäßig pflegen

Sicherlich lassen sich auch die Infektionsgefahren in den Griff bekommen, die sich durch Fahrzeuge von Viehhändlern, Futtermittellieferanten oder der Tierkörperbeseitigung ergeben. Dies kann zum Beispiel durch das Anlegen gesonderter Zufahrten oder Schleusen geschehen. Ein Kadaverhaus, eine Verladerampe oder die Rohre für den Transport vom Futtermittelwagen zum
Futtersilo können entsprechend platziert werden. Dabei wird man natürlich kalkulieren müssen, welche Kosten für Umbauarbeiten dieser Art auflaufen werden und ob sich die baulichen Maßnahmen im Einzelnen rechnen. Und letztlich wird es eine Frage des Geldbeutels sein, ob diese Maßnahmen in das Hygienemanagement übernommen werden oder nicht.

Für die verbleibenden Fahrten von außen auf das Betriebsgelände leisten die allgemein bekannten Desinfektionsmulden bei der Unterbrechung von Infektionsketten gute Dienste. Allerdings ist darauf zu achten, dass diese sauber und gut gepflegt sind. Am besten nehmen Sie den Punkt „Pflege der Infektionsmulde“ als regelmäßigen Posten in ihren Tätigkeitsplan auf, dann wird diese Aufgabe nicht vergessen.


Mehr zum Thema


Tierverkehr in eine Richtung kanalisieren

Vorsicht sollten Sie nicht nur am Eingang Ihres Betriebs walten lassen. Infektionsgefahren lauern auch beim Verladen vermarktungsreifer Tiere. Einige Schweine haben die Angewohnheit, den Transporter kurz zu besteigen, um dann wieder zurück in den Stall zu rennen.

Dies bedeutet nicht nur mehr Arbeit, es besteht auch hier das Risiko einer Einschleppung von Krankheiten. Schließlich werden mit den Tiertransportern zahlreiche Schweine transportiert, und können Sie sicher sein, dass der Transporter ihres Händlers tatsächlich komplett desinfiziert ist? Durch den Einbau von Transportschleusen außerhalb des eigentlichen Stallbereichs können Sie dafür Sorge tragen, dass Schweinen die Rückkehr in den Stall verwehrt bleibt.

Apropos Verladen: Sorgen Sie dafür, dass der Lkw Fahrer dem Stall fernbleibt. Denn auch der hilfsbereite Fahrer ist gerade zu Zeiten der Afrikanischen Schweinepest letztlich nur eine mögliche Infektionsquellen, die Sie durch ein freundliches, aber bestimmtes „Nein danke“ abwehren können.

Und achten Sie gerade bei Transportern aus osteuropäischen Risikogebieten darauf, dass eventuelle Wurstbrote aus diesen Regionen in der Fahrerkabine des Lkw verbleiben oder gar nicht erst auf das Betriebsgelände kommen. Sie können nicht vorsichtig genug sein.

Die Gefahr der Erregereinschleppung ist geringer, wenn die Futtersilos von außerhalb des Betriebsgeländes befüllt werden können.
Die Gefahr der Erregereinschleppung ist geringer, wenn die Futtersilos von außerhalb des Betriebsgeländes befüllt werden können. (c) Christian Mühlhausen/Landpixel

Überträger und Kadaver außen vor lassen

Besondere Vorsicht sollten Sie auch im Bereich der Kadaverentsorgung walten lassen. Die Wagen dieses Gewerbes fahren von Betrieb zu Betrieb, und ihre Ladung verspricht nichts Gutes. Schließen Sie deshalb aus, dass diese Fahrzeuge auf Ihr Betriebsgelände kommen.

Verwenden Sie Kadavertonnen und stellen Sie sicher, dass weder Tiere noch unbeteiligte Menschen Zugang zu diesen Aufbewahrungsplätzen bekommen.

Die Übertragung von Krankheiten durch andere Tiere sollte nicht unterschätzt werden. Hierzu zählen neben Wildschweinen auch Tiere wie Mäuse und Ratten. Diese Tiere werden vor allem vom Futter angelockt. Zur Lagerung von Futter empfehlen Experten immer wieder dichte Hochsilos, denn hier haben die Schadnager wesentlich schlechtere Karten als bei einer Lagerung von Futter in leicht zugänglichen Silos. Undichte Türen und Tore erleichtern diesen Gefahrenquellen den Zugang zum Futter und auch in die Stallungen. Alle Zugänge sollten deshalb abgedichtet werden.

Problematisch sind auch Hecken und Bäume, die in allzu großer Nähe von Stallgebäuden angelegt sind. Für Maus und Ratte und selbst den Marder sind diese Pflanzen praktische Einstiegshilfen unter das Dach Ihrer Stallgebäude. Sicherlich sorgen Bepflanzungen rund um Ihre Stallungen für ein angenehmeres Äußeres und leisten somit einen positiven Beitrag für das Ansehen ihrer Produktionsanlage. Deshalb sollten Sie derartige Bepflanzungen lieber in einem etwas größeren Abstand zu Stall und Scheune anlegen.

Noch ein Tipp: Altbekannte Schmuddelecken wie alte Strohballen, ein zerfallener Schuppen oder vor sich hin modernde Holzhaufen locken allerlei Kleingetier an und gehören nicht auf eine moderne Produktionsanlage.

Konsequent jedes Mal duschen vor dem Kontakt mit den Schweinen

Auf den meisten modernen Betrieben sind die Hygienevorschriften für die Mitarbeiter von zentraler Bedeutung und schriftlich fixiert. Sie gelten auch für betriebsfremde Personen wie Tierärzte oder Berater. Zumeist erhalten diese Personen den Zugang zur Ihrem wertvollen Tierbestand ausschließlich über spezielle Hygieneschleusen, in denen die Straßenbekleidung gegen betriebseigene Kleidung gewechselt wird. Teilweise stehen auch spezielle Duschschleusen bereit, sodass jeder Mitarbeiter beziehungsweise betriebsfremde Besucher gezwungen ist, vor dem Kontakt mit den Schweinen zu duschen.

Eine Hygieneschleuse am Eingang zu einem Schweinestall nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip. Die Duschen im Hintergrund dienen gleichzeitig als Durchgang.
Eine Hygieneschleuse am Eingang zu einem Schweinestall nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip. Die Duschen im Hintergrund dienen gleichzeitig als Durchgang. (c) Christian Mühlhausen/Landpixel

So ausgefeilt diese Maßnahmen auch sein mögen, so sehr ist ihr Erfolg abhängig von der Disziplin, mit der sie Tag für Tag befolgt werden. Sprechen Sie das Thema mit Ihrem Mitarbeiterstab lieber einmal zu viel als einmal zu wenig durch. Stellen Sie klar, dass der Zweck der Desinfektionsmaßnahmen darin besteht, Infektionsketten von außen in Ihren Stall zu durchbrechen.

Jede Ausnahme von dem definierten Prozedere – „ich muss nur kurz rein“, „ich habe noch etwas im Stall vergessen“, „gleich beginnt das Fußballspiel, da erspare ich mir das Duschen“ – untergräbt die Vorschriften und birgt die Gefahr, dass Erreger in Ihre Stallungen geraten. Sorgen Sie deshalb lieber dafür, dass die Hygienemaßnahmen ohne große Mühen eingehalten werden können. Hierzu zählen zum Beispiel leicht zu wechselnde Stallkleidung, großzügig konzipierte Desinfektionswannen für die Stiefel oder angenehme Wassertemperaturen in der Dusche. Fragen Sie einfach ihre Mitarbeiter und freuen Sie sich über deren Vorschläge – so wird ein „Sicherheits“-Schuh daraus.

Fazit

Schweinehalter sollten jetzt besonders darauf achten, dass die Hygieneregeln auf ihren Betrieben eingehalten werden. So lässt sich ein Einschleppen zwar nicht zu 100 Prozent verhindern, das Risiko kann aber deutlich verringert werden:


  • Speise- und Küchenabfälle grundsätzlich nicht an Haus- oder Wildschweine verfüttern
  • Sauberkeit und strikte Hygiene auf dem Betrieb einhalten (zum Beispiel Zugangsbeschränkungen zu den Ställen
  • betriebseigene Schutzkleidung
  • Abholung toter Tiere außerhalb des Betriebsgeländes
  • Schädlings-/Schadnagerbekämpfung)
  • strikte Unterbindung des direkten und indirekten Kontaktes von Haus- zu Wildschweinen (wildschweinsichere Umzäunung und unzugängliche Lagerung von Futtermitteln und Einstreu)
  • Freilandhaltungen sind besonders gefährdet
  • frühzeitige Ausschlussdiagnostik ermöglicht eine zügige Reaktion – sofern notwendig.

Grundlage des Artikels ist ein Vortrag über die Gefahren und den Schutz vor Einschleppung der Afrikanische Schweinepest in Hausschweinebestände von Dr. Tomasz Trela (Boehringer Ingelheim) und Frauke Runge (Tierärzte Wonsees), gehalten beim Online-Seminar der Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Thüringen e.V. (IGS Thüringen) und des Thüringer Bauernverbandes in Zusammenarbeit mit Boehringer Ingelheim am 27. Januar 2021.

Weitere Nachrichten aus den Bundesländern