Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden haben Beregnungsverfahren am Beispiel des Kartoffelanbaus in Sachsen-Anhalt verglichen. Es ging um die Frage, wie durch Bewässerung der Mangel an Wasser ausgeglichen werden kann. Hier stellen sie ihre Forschungsergebnisse vor.
Von Luisa Köckritz, Max Aschhoff, Friedemann Conrad Richter, Niclas Zapfe, Prof. Sven Reimann, HTW Dresden
Seit einigen Jahren spürt die landwirtschaftliche Praxis verstärkt die Veränderungen im jährlichen Witterungsgeschehen. Steigende Jahresdurchschnittstemperaturen, eine Ausweitung der Vegetationsperiode sowie Extremwetterereignisse begleiten den laufenden Prozess des Klimawandels. Abhängig von Region und Standortbedingungen bestimmt die Menge an pflanzenverfügbarem Wasser immer mehr den Ertrag und die Qualität der Ernteprodukte.
Bis 2018 waren eine begrenzte Verfügbarkeit von Wasser sowie Trocken- und Hitzephasen bis hin zur Dürre kaum von größerer und anhaltender Relevanz. Inzwischen stellen sich viele Betriebe jedoch folgende Fragen:
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Ein zunehmendes Augenmerk liegt hierbei auf acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, z. B. die Steigerung der Gehalte an organischer Bodensubstanz als Speicher für Wasser und Nährstoffe oder die optimal standortangepasste Bodenbearbeitungsintensität zur Senkung unproduktiver Wasserverluste.
Weitere Strategien basieren auf einer angepassten Fruchtfolgegestaltung sowie der Schaffung optimaler Bodenstrukturverhältnisse (standortangepasste Kalkung). Parallel wird auch immer wieder die Frage einer Zusatzbewässerung landwirtschaftlicher Kulturen diskutiert.
In einem studentischen Projekt an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HDW Dresden) wurde das Thema Bewässerung am Beispiel des Kartoffelanbaus in einem Agrarunternehmen in Sachsen-Anhalt analysiert und bewertet. Der Klimawandel forciert die prinzipiellen Fragen zur Wasserverfügbarkeit sowie der Ansprüche unterschiedlicher Interessengruppen, ferner die Diskussion um ein effizientes und nachhaltiges Wassermanagement.
Grundsätzlich, ist die Frage nach Sinn und Vertretbarkeit einer zusätzlichen Bewässerung von Kulturpflanzenbeständen am jeweiligen Standort zu stellen. Nach Daten des Umweltbundesamtes verbraucht die Landwirtschaft für den Zweck der Beregnung, derzeit 2 bis 2,5 % der deutschen Gesamtwasserentnahmen.
Die Entscheidung zur Beregnung wird stark durch die Beregnungswürdigkeit einer Kultur sowie die realisierbare Effizienz der Maßnahme beeinflusst. So ist Getreide im Vergleich zu Gemüse, Zuckerrüben oder Kartoffeln sicherlich deutlich weniger beregnungswürdig. Die Folgen wiederkehrender Trockenjahre limitieren zudem die verfügbaren Wassermengen, was in bestimmten Regionen zu einem amtlichen Verbot oder zur Begrenzung der Entnahme von Oberflächen- und/oder Grundwasser führt.
Jede Effizienzsteigerung der Beregnung mit dem Ziel verlustarmer, aber bedarfsgerechter Versorgung der Pflanze ist somit unumgänglich, soll an einer Bewässerung festgehalten werden. Neben dem Wasserbedarf der Kultur sind vor allem die spezifischen Standorteigenschaften ausschlaggebend. Der Boden beeinflusst insbesondere über die Porengrößenverteilung und das Bodengefüge wesentliche Faktoren, wie das Wasserhaltevermögen, die nutzbare Feldkapazität (nFk) sowie die Wassertransporteigenschaften.
Die Unterschiede zwischen Sand- und Tonböden als Extreme sind in Praxis ebenso bekannt, wie die ausgewogeneren Eigenschaften speicherfähiger Schluffböden. In enger Beziehung zur nutzbaren Feldkapazität steht die durchwurzelte Zone des Bodens, bestimmt durch die Gründigkeit und Durchwurzelbarkeit sowie die Wurzelleistung der Kulturen (Intensität, Tiefe). Kartoffeln beispielsweise nutzen in der Regel den Bodenwasserspeicher schwerpunktmäßig bis 40 cm, maximal bis 60 cm Tiefe aus.
Standortspezifische Werte für Niederschlag und Evapotranspiration bilden die Basis für die klimatische Wasserbilanz und die daraus resultierende, an die Kultur angepasste, Bewässerungssteuerung. Standorte mit weniger als 600 mm Jahresniederschlag gelten in der Regel als Defizitstandorte, welche eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für Wasserdefizite während der Hauptvegetationsphase aufweisen.
Der Transpirationskoeffizient von Kartoffeln wird meist mit ca. 500–600 l/kg TS (notwendige Liter Wasser je Kilogramm erzeugter Trockensubstanz) angenommen. Defizite schlagen sich in erheblichen Ertrags- und Qualitätsminderungen nieder. Bei einem mittleren Transpirationskoeffizienten von 550 l/kg TS und einer Vegetationszeit von 140 Tagen ergibt sich im Zeitraum von Bestandesschluss bis beginnende Reife für den Standort im Projekt in Abhängigkeit vom Ertragsniveau ein mittlerer Tageswasserverbrauch von 4–4,5 l/m2. Innerhalb dieser Phase besitzt die Kartoffel den höchsten Wasserbedarf. Kritisch ist vor allem die Phase ab dem Knollenansatz (BBCH 40).
Für die Bewässerungssteuerung ist relevant, ab welchem Entwicklungsstadium der Kartoffel eine Beregnung erfolgen soll. Unter Beachtung der durchwurzelbaren Bodentiefe wurden sogenannte Bewässerungsschwellen auf Basis % nFk definiert.
Mit Erreichen beziehungsweise Unterschreiten dieses Wertes wird beregnet und der Bodenwasservorrat in der Regel bis zu einer Obergrenze von 80 % nFk aufgefüllt (Abb.1). Die verbleibenden 20 % dienen als Pufferkapazität für Niederschlagsereignisse, um Auswaschungen und Erosion sowie möglichen Sauerstoffmangel im Wurzelbereich zu vermeiden.
Abhängig von der Nutzungsrichtung der Kartoffel liegt die Bewässerungsschwelle in der Regel bei 50–60% nFk. Unterhalb von 30 % leidet die Pflanze unter starkem Trockenstress. Alternativ ist eine Steuerung der Bewässerung auch über Tensiometermessungen (Saugspannung des Bodens) realisierbar. Ziel ist stets, eine bedarfsgerechte Wasserversorgung, kontinuierlich sicherzustellen.
Die Art des Bewässerungsverfahrens beeinflusst wesentlich die Wassereffizienz einer Beregnungsmaßnahme. Grundsätzlich können Bewässerungsverfahren in eine (klassische) Beregnung und Verfahren der Mikrobewässerung unterteilt werden. Beregnungsverfahren umfassen die bekannten Reihenregner sowie teilmobile und mobile Beregnungsmaschinen (Linear-, Kreisregner, Düsenwagen, etc.).
Die Mikrobewässerung, unterteilbar in ober- und unterirdische Verfahren, beinhaltet die sogenannte Tropfbewässerung. Bereits ein Vergleich der Überkopfberegnung mittels Trommelregner mit Kanone gegenüber einer bodennahen Tropfbewässerung macht Unterschiede in der Wassernutzungseffizient deutlich.
Neuere Untersuchungen gehen von einer um 25–30 % höheren Effizienz der Tropfbewässerungsmaßnahme aus. Verdunstungen in der Luft, von der Pflanzenoberfläche oder vom Boden sind hierbei eliminiert bzw. signifikant verringert. Gleichsam erfolgt eine effizientere Abgabe des Wassers nahe am Bedarfsort.
Im Studentenprojekt wurde geprüft, inwiefern bei limitierter Wasserverfügbarkeit im Betrieb, eine Tröpfchenbewässerung Vorteile gegenüber den langjährig etablierten Verfahren mittels Trommelregnern und Linearmaschine besitzt und welche Aufwendungen damit einhergehen.
Durch die bereits vorhandene Bewässerungsinfrastruktur sind etwa 400 ha beregnungsfähige Fläche im Unternehmen vorhanden, von denen jährlich ca. 25 % zum Kartoffelanbau dienen. In den vergangenen Jahren wurde die verfügbare Wassermenge infolge behördlicher Anordnungen bereits deutlich reduziert.
Perspektivisch ist eine weitere Minderung der Menge nicht auszuschließen, ebenso wie eine mögliche dauerhafte Untersagung von Beregnungsmaßnahmen in klassischen Überkopfverfahren. 2023 wurde diese im betroffenen Gebiet bereits verfügt. Zunächst wurde eine Bewässerungsbedarfsplanung vorgenommen, woraus die mögliche Strategie abgeleitet werden konnte.
Mit durchschnittlich 537 mm Jahresniederschlag zählt der Unternehmensstandort zu den Defizitstandorten. Als Grundlage der Bedarfsplanung diente die mittlere klimatische Wasserbilanz des Standortes (KWB), basierend auf einem zehnjährigen Betrachtungszeitraum der Einzeldaten. Hierbei wurde zwischen den Szenarien „Normaljahr“ sowie „Trockenjahr“ unterschieden. Abbildung 2 zeigt für den Vegetationszeitraum der Kartoffel eine stetig voranschreitende negative Wasserbilanz, unabhängig des betrachteten Szenarios.
Die Berechnung der Höhe der Einzelwassergaben wurde in Anlehnung an das Geisenheimer Modell durchgeführt. Sie bezieht verschiedene Boden- bzw. Wurzeltiefen in Abhängigkeit vom Wachstumsstadium der Pflanze (BBCH 20–39: 0–30 cm Wurzeltiefe; ab BBCH 39: durchwurzelter Bereich von 0–50 cm Bodentiefe) sowie verschiedene Bewässerungsschwellen ein. Die ermittelten Werte beziehen sich auf eine flächige Zusatzwassergabe und mussten für die Tropfbewässerung entsprechend angepasst werden.
Berücksichtigt wurden zwei denkbare Varianten der Tropfbewässerung (Abb. 3), das Zwischendamm- sowie das Dammkronenverfahren (ZDV, DKV). Neben dem Geisenheimer Modell existieren in der Praxis zahlreiche weitere Optionen, welche teilweise auch als App-Anwendung verfügbar sind.
Im Laufe des Projektes wurde deutlich, dass es durchaus sinnvoll ist, die Praxiserprobung der neuen Bewässerungstechnik stufenweise vorzunehmen. Alle Kalkulationen und Planungen wurden in skalierbaren Einheiten vorgenommen. Nach dem ersten Umsetzungsjahr auf begrenzter Fläche soll das Agrarunternehmen damit eine Entscheidung zur weiteren Nutzung des Dammkronen- oder Zwischendammverfahren treffen können, was in einer definierten Flächenausdehnung mündet.
Der maximal realisierbare Umfang an Bewässerungsfläche wird unter anderem vom Zeitpunkt des Bewässerungsbeginns, dem Wasseranspruch der Kultur, der hierfür notwendigen Wassermenge je nach Verfahren (ZDV, DKV), die Einordnung in trockenes oder normales Jahr, und nicht zuletzt durch die insgesamt verfügbare Wassermenge bestimmt. Ein Vergleich der Verfahrenskosten unter den betrieblichen Bedingungen zeigte nicht überraschend, dass die Kosten der etablierten Techniken (Linearmaschine, Schlauchtrommelregner) geringer ausfallen als in den Tropfbewässerungsverfahren.
Grund sind höhere feste Maschinenkosten, vor allem jedoch höhere variable Maschinenkosten (unter anderem für Tropfschläuche, Verbinder). Hinzu kommen erheblich höhere zusätzliche Lohnkosten für die Verlegung der Tropfschläuche im Frühjahr sowie deren Rückbau vor der Ernte im Herbst. Auch zwischen den beiden Tropfbewässerungsverfahren existieren Unterschiede, welche sich aus dem deutlich höheren Material- und Zeitaufwand im Dammkronenverfahren ergeben.
Auf Grundlage der Gesamtkosten ist der Einsatz der Linearmaschine die günstigste Beregnungsoption, gefolgt vom Schlauchtrommelregner. Beide Varianten unterscheiden sich kostenseitig nur geringfügig. Etwa dreifache Kosten entstehen bei der Tröpfchenbewässerung im Zwischendammverfahren.
Teuerstes Verfahren ist die Tröpfchenbewässerung im Dammkronenverfahren, wo etwa die fünffachen Kosten im Vergleich zu den etablierten Beregnungsverfahren anfallen. Demgegenüber stehen erwartete Mehrerlöse, die sich vorrangig aus einer deutlich höheren Menge vermarktungsfähiger Ware bei Verwendung der Tropfbewässerung ergeben.
Ergebnisse anderer Studien untermauern dies, insbesondere da im betrachteten Fall der Anbau von Industriekartoffeln erfolgt. Die Umstellung auf Tropfbewässerung schlägt sich deutlich in zwei zusätzlichen Arbeitsspitzen im Jahr nieder, welche im Mittel der Jahre auf den Mai sowie den Zeitraum September bis November fallen. Für den erstmaligen Einsatz der Bewässerungsverfahren wurden unter den betrieblichen Bedingungen ein jährlicher Arbeitszeitbedarfe von 0,8 Akh/ha für die Linearmaschine, circa 2,5 Akh/ha für den Einsatz des Schlauchtrommelregners sowie rund 9,2 Akh/ha für das Zwischendammverfahren bzw. 14,6 Akh/ha für das Dammkronenverfahren ermittelt.
Im Ergebnis des Forschungsprojektes wurde eine Handlungsempfehlung zur betrieblichen Umsetzung erarbeitet. Hierbei zeigen Jahre mit einem normalen Witterungsverlauf ein Bewässerungsbedarf der Kartoffeln ab BBCH 40, wobei eine Bewässerungsschwelle von 50 % nFk angesetzt wird.
In Trockenjahren sollte in Erwägung gezogen werden, ab BBCH 20 mit einer Bewässerungsschwelle von 50 % nFk zu arbeiten. Um zwischen normalen und trockenen Jahre unterscheiden sowie entsprechend in der Bewässerung reagieren zu können, wurde dem Betrieb ein einfaches Tool an die Hand gegeben, dass zunächst einen unkomplizierten Einstieg in die Tröpfchenbewässerung erlaubt.
Die Kalkulationen zeigen jedoch, dass in Trockenjahren die verfügbare Wassermenge zum begrenzenden Faktor wird. Auch mit verbesserter Wassereffizienz der Verfahren gegenüber den herkömmlichen Techniken stößt die Tröpfchenbewässerung an die Grenzen für eine optimale Versorgung der Pflanzen bei vollem Anbauumfang. Ursächlich ist hierfür die betriebsspezifische Situation einer Limitierung der Wasserrechte. Hier wird situationsabhängig zwischen einer Begrenzung der Bewässerungsfläche oder suboptimaler Bewässerungsintensität der Gesamtfläche abzuwägen sein.
Für die Handlungsempfehlung wurden die Gabenmengen und Gabendauern auf die technischen Parameter der Systeme abgestimmt, sodass variable praxistaugliche Lösungen entstanden. Die Punkte Wassermanagement und Bewässerungssteuerung wurden recht simple gehalten, um zunächst einen einfachen Einstieg im ersten Umsetzungsjahr zu sichern. Später kann aus diversen am Markt befindlichen Lösungsansätzen ausgewählt werden und eine Verfeinerung der Parameter für die betrieblichen Erfordernisse erfolgen.
Der Ansatz der Tröpfchenbewässerung bietet eine reale Chance zur effizienteren Bewässerung im Kartoffelanbau trotz limitierter Wassermenge. Die Versorgung der Pflanzen kann gleichzeitig bedarfsgerechter als bisher erfolgen. Parallel werden unproduktive Wasserverluste deutlich reduziert. Kritischer Faktor bleibt jedoch die perspektivische Höhe der betrieblichen Wasserrechte.
Über den höheren Anteil vermarktungsfähiger Ware wird, basierend auf den vorgenommenen Kalkulationen trotz höherer Aufwendungen die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme gesichert. Im Zuge einer stufenweisen Einführung der Tröpfchenbewässerung kann dies überprüft werden.
Alternativ wäre der Weiterbetrieb der bisherigen konventionellen Beregnungsverfahren denkbar. Das umfasst jedoch das Problem der geringeren Effizienz als auch die offene Frage, ob derartige technische Lösungen in Zukunft uneingeschränkt erlaubt bleiben.
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Rund um Anbau, Ernte und Vermarktung von Hanf ging es bei einer Konferenz im MAFZ Erlebnispark in Paaren. Noch fristet die universell einsatzbare Faserpflanze ein Nischendasein. Doch das soll sich ändern.
Von Wolfgang Herklotz
Der Hanf an sich ist eine anspruchslose Pflanze, sofern man keine Ansprüche an sie hat! Ein humorvolles, wenngleich stark verkürztes Fazit, das Antonia Schlichter, Anbauleiterin der Felde Fibres GmbH, am Ende der Hanfkonferenz am 14. November im MAFZ Erlebnispark Paaren zog. „Politik trifft Nutzhanf“, so lautete das Motto der von der im niedersächsischen Dahlenburg ansässigen GmbH veranstalteten Tagung, an der neben Politikern, Beratern und Vertretern verschiedener Verbände auch Landwirte teilnahmen.
Ziel war es, Erfahrungen bei Anbau, Ernte und Vermarktung zu vermitteln und dazu beizutragen, dass der Hanf sein Nischendasein überwindet. Denn im Vorjahr wurde die Faserpflanze deutschlandweit auf gerade mal 7.000 ha angebaut. Dies hat nicht nur mit bürokratischen Hürden und mangelhaften Rahmenbedingungen, sondern auch mit vielen Bedenken auch bei den Praktikern selbst zu tun.
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Dabei hat Hanf als Tiefwurzler/ Pfahlwurzler viele Vorzüge. Er ist äußerst resistent und wachstumsfreudig, muss nicht vor Insekten geschützt werden und lockert den Boden auf. Zudem trägt er überdurchschnittlich viel Organika ein und trägt dazu bei, die Nitratwerte im Boden zu reduzieren.
Hanf ist somit eine Kultur, die betriebswirtschaftlich wie ökologisch zu punkten vermag. Der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung ist allerdings nicht klar, wofür Hanf alles genutzt werden kann. Doch es gibt einiges zu beachten. Zunächst muss zwischen dem Sommerhanf als Hauptkultur und dem Winterhanf als Zwischen- oder Zweitfrucht unterschieden werden. Welche Herausforderungen speziell mit dem Sommerhanf verbunden sind, machte Christoph Röling-Müller deutlich. Er betreibt ein Agrar- und Serviceunternehmen in Niedersachsen, bietet Beratungs- und weitere Dienstleistungen an, so bei der mechanischen Unkrautregulierung und bei der Hanfernte, vom Mähen und Dreschen über das Wenden und Schwaden bis zum Pressen und Transport.
„Die Aussaat erfolgt ab Ende März, gedüngt wird nur verhalten und zwar teils organisch, teils mineralisch.“ Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei tabu, geerntet werde ab Anfang August. Allerdings müsse sich der Landwirt auf eine schlechte Bestandsetablierung bei ungünstiger Witterung und auf Wildschäden einstellen, ebenso auf mindere Erträge bei einem verfehlten Erntebeginn. „Bei guter Kulturführung und optimalem Wetter sind aber Hektarerträge von bis zu zwölf Tonnen Stroh und bis zu 1,6 Tonnen Nüsse möglich“, betonte Röling-Müller.
Als Lösungsansätze für die Zukunft benannte er die Entwicklung von Anbauleitfäden und staatliche sowie private Versuche zu Sorten, Düngung und Anbauverfahren. Zugleich gelte es, Beratungsringe zu etablieren und sichere sowie rentable Absatzwege aufzubauen. Nicht zuletzt müssten „besorgte Bürger“ aufgeklärt werden, die hinter dem Hanfanbau schon mal die Produktion von Marihuana vermuteten.
Für Aufklärung der anderen Art sorgt das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) in Potsdam-Bornim, das neben grundlagenorientierten Arbeiten auch für eine angewandte Forschung steht. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich hier speziell mit Naturfasertechnologien. Im Fokus stehen Rohstoff- und Materialeigenschaften und die Entwicklung von neuen Methoden sowie Geräten für das Qualitätsmanagement. „Ein wichtiges Anliegen ist es, die Verfahren zu vereinfachen, so bei der Strohaufbereitung und beim Reinigen der Schäben“, erklärte Dr. Hans-Jörg Gusovius.
Das Institut verfüge über entsprechende Labor- und Technikkapazitäten für die Aufbereitung von Faserpflanzen und die Analytik vom Rohstoff bis zu Produkten. Zugleich kooperiert das ATB mit weiteren Forschungseinrichtungen sowie Landwirtschafts- und Industrieunternehmen und betreut verschiedene Projekte sowie Graduierungsarbeiten von Studierenden und Doktoranden.
Von einem regelrechten „Teufelskreis der Hanfökonomie“ sprach Buchautor Jonas Westphal. Als Beispiele dafür führte er die Einbettung von Nutzhanf in ein internationales Drogen-Kontroll-System und die damit verbundenen Auflagen an. Wegen hoher Kosten für Transport und Saatgut stehe nur eine finanziell geringe Rendite in Aussicht, Investoren und Banken übten Zurückhaltung, und auch der Forschungsstand lasse zu wünschen übrig. „Auf der anderen Seite hat Hanf aber ein großes Potenzial, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.“
So könne die Faserpflanze dazu beitragen, das Grundwasser und die Meere zu schützen, indem der Wasserverbrauch reduziert wird und ebenso der Stickstoffeintrag. Hanffasern seien recycelbar und CO2-neutral, sorgten als Dämmung für einen geringeren Energieverbrauch in Gebäuden. Gerade in der langfristigen CO2-Bindung liegt eine große Chance für ein nachhaltiges und regionales Bauen. Nicht zuletzt gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Medizin, Ernährung und Tierfütterung, so Westphal.
Um Faserhanf als nachhaltiges und wirtschaftliches Produkt zu fördern, ist die politische Unterstützung zur Förderung eines günstigeren regulatorischen Umfelds und die Unterstützung der Produktionskapazitäten und Infrastruktur unverzichtbar. „Notwendig sind zugleich Bildungsinitiativen, um eine wachsende Nachfrage und Akzeptanz von Faserhanfprodukten zu sichern.“
Für ein gesellschaftliches Umdenken sprach sich auch Martin Brassel von der Hanffaser Uckermark eG aus. Diese arbeitet eng mit Anbauern zusammen, sorgt für Saatgut und Beratung sowie Betreuung bei der Anbaumeldung von Sommerhanf. Das Zeitfenster zwischen der geforderten Blühmeldung und der Ernte sei sehr eng. „Wir empfehlen den Landwirten, schon die ersten Hanfblüten anzuzeigen, um noch einen Puffer für die ebenfalls erforderliche Erntefreigabe zu haben.“ Die Genossenschaft verarbeitet Hanfstroh, das auf 60 bis 100 cm Länge geschnitten, auf Schwad gelegt und dann der sogenannten Feldröste unterzogen wird. Daraus werden verschiedene Dämmstoffe hergestellt.
Wie Brassel betonte, beschattet der Hanf in den Sommermonaten den Boden und schützt diesen vor Überhitzung und Austrocknung. „Somit ein wichtiger Beitrag auch zum lokalen Klima.“ Weitere Vorträge beschäftigten sich mit der Zukunft der deutschen Naturfaserindustrie sowie mit Hanfbaustoffen und der CO2-Bindung. Hervorgehoben wurde, dass die Zertifizierung von Kohlendioxid eine große Chance bietet, die Nachhaltigkeitsziele der EU noch zu übertreffen.
Über Winterhanf für die textile Nutzung und bürokratische Herausforderungen sprach Ulrik Schiötz, Geschäftsführer der Felde Fibres GmbH. Das vor zwölf Jahren gegründete Unternehmen stellt hochwertige, verspinnbare Textilfasern aus Brennnessel, Leinen und Hanf her. Im kommenden Jahr soll im Temnitzpark in Ostprignitz-Ruppin eine zweite Anlage in Betrieb gehen, die jährlich bis zu 20.000 t Hanfstroh zu 6.000 t Textilfasern verarbeitet.
Schiötz: „Wir suchen noch Landwirte, die den Hanf als Zwischen- beziehungsweise Zweitfrucht anbauen.“ Diese wird in der zweiten Julihälfte bis spätestens Anfang August ausgesät und ab Mitte Januar bis spätestens Mitte März geerntet. Das Stroh wird mit bis zu 300 €/t vergütet, durch Boni sind zusätzliche 60 €/t möglich.
Felde Fibres unterstützt die Landwirte nach eigenen Angaben nicht nur den gesamten Anbau über, sondern entschädigt sie auch bei Ernteausfällen. Als Grundlage für die Zusammenarbeit wird eine enge und vor allem langfristige Kooperation gewünscht. Die Hanfkonferenz gab nach Einschätzung des Veranstalters einen tiefen Einblick in die Branche, von der Wissenschaft über die praxisnahe technische Entwicklung bis hin zu Anbau, Ernte und Verarbeitung.
Aufgezeigt wurde die vielseitige Nutzbarkeit und die damit einhergehende Unabhängigkeit, die Deutschland mit dieser Pflanze erreichen kann, erklärte Antonia Schlichter. „Nun ist es an der Politik, die Weichen zu stellen, damit die Nische zu einem etablierten Markt wachsen kann.“ Es liege auch in der Hand der Landwirte, ihre Fruchtfolge zu er[1]weitern, um die Verarbeiter mit Rohstoffen zu versorgen. „Nur so kann ein Markt langfristig Bestand haben.“
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Die eingeschränkten Ausbringfenster im Bereich der organischen Düngung erfordern eine hohe Schlagkraft. Bei Neu- und Weiterentwicklungen stehen größere Arbeitsbreiten, hohe Präzision und mehr Volumen im Fokus.
Für die effiziente und nachhaltige Ausbringung von Gülle und Festmist bieten die Hersteller heute eine breite Palette unterschiedlicher Techniken an, da immer höhere Anforderungen gestellt werden. Die exakte Ausbringung von Flüssigmist erfordert zunehmend präzise arbeitende Verteiltechnik. Die bodennahe, reihenweise Ausbringung hat sich im Ackerbau durchgesetzt und ist ab 2025 auch im Grünland vorgeschrieben.
Die bodennahe Ausbringung bzw. sofortige Einarbeitung von Gülle und Gärresten vermindert Nährstoffverluste und Geruchsbelästigungen durch Ammoniakemissionen. Die finanzielle Förderung von Schleppschuhverteilern hat dazu geführt, dass dieses Verteilungssystem fast zum Standard geworden ist. Schleppschlauchverteiler werden immer seltener eingesetzt.
Die optimale Bodenanpassung in kupiertem Gelände ist bei zunehmenden Arbeitsbreiten von Verteilgestängen in der organischen Düngerausbringung eine konstruktive Herausforderung, der sich einige Hersteller gestellt haben. So können z. B. die Ausleger des Gestänges in horizontaler Lage seitenunabhängig nach oben wie auch nach unten schwenken.
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Schlitzgeräte öffnen den Boden vor der Gülleausbringung mit einer Scheibe. Durch die zusätzlichen Scheiben sind Schlitzgeräte schwerer. Sie ermöglichen auf Grünland und im Getreide eine etwas tiefere und damit noch emissionsärmere Ablage der Gülle in den Boden, sind aber durch das höhere Gewicht in der Arbeitsbreite eher eingeschränkt.
Für die Direkteinarbeitung werden vor allem Kurzscheibeneggen und Grubber unterschiedlicher Bauart eingesetzt, die den Flüssigmist bei der Ausbringung sofort vollflächig im oberen Bodenbereich einarbeiten. Beim Strip-Till-Verfahren zur Unterfußdüngung von Reihenkulturen wird der Boden durch eine spezielle Geräteanordnung nur im Bereich der Saatgutablage streifenweise gelockert. In diesen Schlitz werden Gülle oder Gärreste eingebracht. Der Zwischenbereich bleibt unbearbeitet und bietet somit Erosionsschutz und eine höhere Tragfähigkeit.
Bei der Entwicklung von Ausbringfässern und Fahrwerken wird weiterhin auf Gewichtsreduzierung, Bodenschonung, Ballastierung und Schlagkraft geachtet. Da der Schwerpunkt der Gülleausbringung im Frühjahr liegt, ist häufig eine schlechtere Befahrbarkeit der Böden gegeben. Das kurze Zeitfenster erfordert eine hohe Schlagkraft. Um die Gewichtskräfte auf eine große Aufstandsfläche zu verteilen, werden mehrachsige Fahrwerkskonstruktionen mit Breitreifen und Reifendruckregelanlagen eingesetzt. Unter dem Aspekt der Bodenschonung gewinnt die Gülleverschlauchung zunehmend an Bedeutung.
Dabei entfallen das Befahren der Flächen mit voll beladenen Güllefässern und die Leerfahrten. Für die Straße zu schwere Güllefässer (befüllt) und der Wunsch nach Schlagkraft führen ebenfalls zunehmend zur Trennung von Transport und Ausbringung. Dabei geht der Trend zu Leichtbau-Zubringfässern. Die Gülletechnikhersteller haben sich mittlerweile gut auf das Thema Nachrüstung/Umbau vorhandener Güllefässer auf bodennahe Ausbringtechnik eingestellt und entsprechende Lösungen im Angebot […].
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Sein Unternehmen produziert die Hälfte aller deutschen Gänseküken, am Standort Wermsdorf vereint Lorenz Eskildsen Produktion mit Vermarktung und Erlebnis. Ein Gespräch mit einem preisgekrönten Gänsezüchter.
Das Interview führte Karsten Bär
Vor mehr als 30 Jahren kam er nach Sachsen und baute hier ein Unternehmen auf, das alle Stufen der Gänseproduktion unter einem Dach vereint. Für seinen innovativen und nachhaltigen Ansatz ist Lorenz Eskildsen (59) jetzt in der Kategorie „Bester Geflügelhalter“ mit dem Ceres Award 2023 ausgezeichnet worden. Wir trafen den Gänsezüchter auf seiner Gänsefarm im sächsischen Wermsdorf.
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Herr Eskildsen, Sie sind zum besten Geflügelhalter Deutschlands gekürt worden. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Das ist natürlich eine große Freude für mich. Es ist aber auch eine Anerkennung für meine Mitarbeiter, für meine Kollegen, auch die ehemaligen. Das, was hier entstanden ist, das ist über Jahrzehnte gewachsen. Daran haben alle einen Verdienst. Wermsdorf ist ein Betrieb mit langer Tradition. Anerkannte Leute haben hier viel Arbeit für Forschung und Entwicklung geleistet. Ich glaube, nirgendwo auf der Welt wurde so viel Wissenschaft über Gänse betrieben, wie hier.
Sie stammen aus Schleswig-Holstein und aus einer Familie, die Gänsezucht betrieben hat. Konnten Sie gar nicht anders, als Gänsezüchter zu werden?
Das wurde mir in die Wiege gelegt. Ich habe schon als Kind im Krabbelgitter in der Brüterei meine Zeit verbracht, als meine Mutter die Küken abgesammelt hat.
Reicht die Tradition der Gänsezucht in ihrer Familie schon länger zurück?
Wenn wir 2026 in Wermsdorf den neuen Gänsemarkt eröffnen, dann begehen wir auch 100 Jahre Geflügelzucht Eskildsen in Deutschland. Meine Familie kommt eigentlich aus Tondern in Nordschleswig und hat nach dem Ersten Weltkrieg ihre Heimat verloren. Nachdem das Gebiet an Dänemark ging, gab es dort große Spannungen. Meine Urgroßeltern haben deshalb den Hof verkauft und sind 1926 nach Dithmarschen übergesiedelt. Dort wurde dann der Grundstein gelegt für unsere Marke „Dithmarscher Gänse“. An den Deichen an der Nordsee wurden seit Jahrhunderten Schafe und Gänse gehalten. Daher kommt diese Verbundenheit zu den Gänsen.
Als modernster Zuchtgänsestall in Europa gilt die vor drei Jahren eingeweihte Anlage in Wermsdorf, die höchste Tierwohlstandards aufweist. Dazu gehören Wintergärten mit viel Tageslicht, dick eingestreute Legenester und ein natürlichen Lichtverhältnissen nachempfundenes Beleuchtungssystem. (c) Sabine Rübensaat
Was hat Sie nach Sachsen geführt?
Kurz nach der Wende suchten Leute von der Geflügelproduktion Wermsdorf, damals der größte Gänsezuchtbetrieb Europas, Kontakt zu unserem Familienbetrieb. Darunter war als Veterinäringenieur auch der spätere Landrat des Muldentalkreises, Dr. Gerhard Gey. Wir haben deren Anliegen sehr ernst genommen. Schon vor der Wende haben wir uns sehr für die Bücher von Dr. Schneider und Professor Pingel von der Universität Leipzig interessiert. Das Know-how war wirklich hoch. Hier war ja die Keimzelle für die Geflügelwissenschaft weltweit. Wir haben uns also die Sorgen dieser Leute angehört. Ich war 24, hatte Geflügelzucht und Kaufmann für Groß- und Außenhandel gelernt und ein BWL-Studium begonnen. Ich dachte, ich schaue mir das an und helfe ein bisschen.
Das war sicher eine abenteuerliche Zeit?
Das war ein echtes Abenteuer! Man konnte nicht richtig telefonieren. Es gab keine Tankstellen, EC-Automaten oder Hotels. Das war äußerst schwierig und parallel hatte ich zunächst auch den Ehrgeiz, mein Studium abzuschließen. Aber es hat auch viel Spaß gemacht. Dann ging es auf einmal ruckzuck und es hieß von der Treuhand: Sie müssen kaufen.
Ist die heutige Eskildsen-Gans eine sächsische Kreation?
Ja. Dank des hohen wissenschaftlichen Niveaus hatte man in der DDR eine leistungsfähige Hybridgans gezüchtet. Da haben wir dann noch mal Hand angelegt und mit der Dithmarschen Gans eine weitere weibliche Linie reingebracht. Den weiblichen Hybrid aus dieser Linie paaren wir mit dem Radeburger oder Dithmarschen Ganter an. Und das Ergebnis daraus sucht weltweit seinesgleichen. Heute kommen 50 Prozent aller Zuchtgänse in Ungarn von uns. Wir sind auch aktiv in anderen Ländern in Europa. Pro Jahr verkaufen wir 600.000 Gänseküken, das ist die Hälfte der deutschen Produktion. Aber im Vergleich zur Weltproduktion an Gänsen ist das so gut wie nichts. Die findet zu 95 Prozent in Asien statt. Aber es ist schon so, hier in Sachsen steht eine Gänsepopulation, die im Weltmaßstab einmalig ist.
Ihr Unternehmen produziert nicht nur Zuchtgänse. Was bewegte Sie, auch Gastronomie- und Erlebnisangebote zu offerieren und Federbetten zu verkaufen?
Ich habe bei allem immer auch Ideale verfolgt. Der Weihnachtsmarkt in Wermsdorf mit mittlerweile jährlich bis zu 60.000 Besucher ist so ein Beispiel. Die Idee hatte ich schon als Kind. Das war eine Leidenschaft, bei der das Geld erst einmal nicht im Vordergrund stand. Wir haben inzwischen auch Gänsemärkte in Königswartha in Ostsachen und in Schleswig-Holstein.
Die „Daunenstube“ haben wir begonnen, weil ich mich über die Abzüge geärgert habe, die wir beim Verkauf der Daunen an Großabnehmer bekommen haben. Am Anfang haben wir falsch gemacht, was man falsch machen kann. Aber wir wurden dann immer besser und konnten das Know-how dann auch nach Schleswig-Holstein transferieren. Mit diesen Elementen haben wir ein Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Jetzt sind wir in einer Phase, das alles in die nächste Stufe zu überführen.
Sie meinen den neuen Gänsemarkt, von dem Sie bereits sprachen?
Wir bauen in Wermsdorf einen Gänse- und Erlebnishof. Am 1. Oktober 2026 ist Eröffnung. Mit unserem Markt habe ich damals zur gleichen Zeit begonnen, wie Robert Dahl mit „Karls Erlebnishof“ in Rövershagen. Wir haben andere Schwerpunkte setzen müssen und sind nicht so explodiert wie „Karls“. Aber inzwischen platzt unser Gänsemarkt aus allen Nähten. Eigentlich wollte ich mit dem Neubau schon längst fertig sein, aber wegen der Vogelgrippe haben wir immer wieder Investitionen verschieben müssen.
Sie waren mehrfach von Geflügelpest betroffen. Wie übersteht man solche Tiefschläge?
Allein in Wermsdorf war ich zweimal betroffen, an anderen Standorten ebenfalls mehrmals. Ich sage Ihnen, das brauchen Sie nicht öfter. Der ganze Bestand wird gekeult, alle Zuchtgänse sind weg. Dass Genetik und Produktion auf drei Standorte verteilt sind, war daher goldrichtig. Hinzu kommt, dass die Entschädigungsansprüche über die Tierseuchenkasse nur die Hälfte des Wertes einer Zuchtgans abdecken. Da muss politisch was passieren. Denn es gibt keine Versicherung, die Gänse abdeckt. Andererseits bekommen die Firmen, die bei Seuchenausbrüchen auf den Betrieben agieren, oft ein Vielfaches von dem, was der Tierbestand wert war.
Welche Probleme sehen Sie aktuell noch für deutsche Gänseproduzenten?
Deutschlands Selbstversorgungsgrad bei Gänsen beträgt nur 15 Prozent. Etwa die Hälfte des Gänseverbrauchs in Deutschland sind importierte Keulen und Brüste, die aus der Stopfleberproduktion stammen. Das muss nicht deklariert werden und ist für den Verbraucher nicht zu erkennen. Man fragt sich, warum das in der Politik und in den Tierschutzverbänden keinen interessiert.
Ein weiteres Thema bei uns ist die Futtermittelproduktion, die wir langfristig selbst abbilden wollen. Wir haben kein Verständnis dafür, dass wir trotz unserer Innovations- und Investitionsbereitschaft, unserer besonderen Tierhaltung und unserer Arbeitsintensität bei der Flächenvergabe durch die BVVG überhaupt nicht berücksichtigt werden. Das sind alles genug Themen, um mal mit Cem Özdemir zu reden. Ich habe ihm geschrieben und ihn eingeladen, bin aber skeptisch, ob er die Einladung annimmt.
Bleiben Sie trotzdem optimistisch?
Wir sind auf einem schwierigen Feld unterwegs. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns auch mit anderen Dingen und bauen andere Geschäftsbereiche aus. Das ist auch meine Botschaft an meine Familie: Wir wachsen nicht mehr bei der Menge an Tieren. Wir wollen bei der Wertschöpfung besser werden, Premiummarken entwickeln, das Marketing forcieren.
Stichwort Familie: Ist Ihre Nachfolge gesichert?
Meine beiden Töchter, 19 und 15 Jahre alt, haben sich entschieden, das fortzuführen. Ich traue es ihnen auch zu. Sie bringen die nötige Gelassenheit mit, um sich auf das Wichtige zu fokussieren. Das freut mich und ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg.
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Im dritten und letzten Teil vom Hofladertest wird die Wirtschaftlichkeit von E-Antrieb und Verbrennern bewertet. Wir vergleichen die Gesamtkosten je Betriebsstunde auf Basis der beim Test ermittelten Messwerte.
Von Helmut Wahl und Gerold Tammen, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Wirtschaftlichkeit von E-Ladern im Vergleich zu dieselbetriebenen Hofladern sind die Anschaffungskosten, eine mögliche Förderung, die Nutzungsdauer der Maschine, die Betriebskosten und insbesondere der Verbrauch an Diesel und Strom sowie die dafür veranschlagten Preise.
Die angegebenen Listenpreise der Hersteller liegen bei den dieselbetriebenen Maschinen zwischen 41.500 und 50.000 €. Der durchschnittliche Anschaffungspreis der vier Verbrenner beträgt 45.500 € (Tab.). Deutlich höhere Listenpreise werden für elektrisch betriebene Hoflader aufgerufen. Die Preisspanne liegt zwischen 63.000 und 74.000 €, im Durchschnitt also 69.000 €. Der Mehrpreis für einen E-Lader liegt somit im Mittel bei mehr als 23.000 €.
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) gewährt seit Sommer 2023 eine Förderung für E-betriebene Maschinen in Höhe von 20 % auf die Netto-Anschaffungskosten. Landwirtschaftliche Betriebe, die in der Primärproduktion tätig sind, können die Förderung als sogenannte Einzelmaßnahmen beantragen (Kasten). Bei einem durchschnittlichen Anschaffungspreis von 69.000 € ergibt sich eine Förderung von 13.800 €.
Die gemittelten Investitionskosten für E-Lader reduzieren sich somit auf rund 55.000 €. Statt bei über 23.000 € liegt die Mehrinvestition im Mittel dann bei ca. 10.000 €. Eine Frage, die sich Landwirte zwangläufig stellen, wenn es um Technik mit Batterieantrieb geht, ist die Haltbarkeit der Akkus. Die Technik hat sich bereits in der Industrie bewährt, z. B. bei Gabelstaplern und Flurförderfahrzeugen.
Auch bei E-Autos geht die Entwicklung rasant voran. So geht man bei neuen E-Autos von einer Mindestlebensdauer von acht Jahren bzw. weit über 150.000 km Laufleistung aus. Zudem geben die Hersteller langfristige Garantien (z. B. Schäffer 5.000 Betriebsstunden oder fünf Jahre, je nach dem, was zuerst eintritt) auf die Batteriehaltbarkeit. Für die Vergleichbarkeit wird für die Berechnung sowohl für dieselbetriebene als auch für elektrobetriebene Maschinen eine Nutzungsdauer von 8.000 Std. bzw. zehn Jahren angenommen. Daraus ergeben sich rund 800 Betriebsstunden im Jahr.
Die Kosten für den laufenden Betrieb orientieren sich in unserer Beispielkalkulation an Richtwerten des KTBL (Betriebsplanung Landwirtschaft 22/23). Wir setzen für Versicherung, Wartung und Reparatur pauschal 5 €/h an. Der Ansatz kann für die E-Lader eventuell zu hoch gewählt sein, da die Wartungskosten geringer ausfallen müssten, weil kein Motoröl, Filter etc. gewechselt werden müssen. Zur Vereinfachung wurden aber für beide Antriebsarten die gleichen Betriebskosten gewählt. Der Verbrauch von Betriebsstoffen wie Diesel und Strom wird im Vergleich gesondert betrachtet.
Im Test ermittelten wir sowohl bei den elektrisch als auch bei den dieselbetriebenen Hofladern die Verbräuche im Ladereinsatz. Daraus haben wir die Durchschnittsverbräuche berechnet, um die Wirtschaftlichkeit beispielhaft zu beurteilen.
Die vier getesteten E-Lader verbrauchen im Mittel 6,32 kWh/h. Im Durchschnitt verbrauchten die Diesellader 3,09 l Kraftstoff pro Stunde. Umgerechnet entspricht das einem Energieverbrauch von 30,8 kWh. Begründet ist diese große Differenz durch den hohen Wirkungsgrad des Elektroantriebs bzw. die hohen Verluste des Dieselmotors. […]
Das erwartet Sie weiter im Artikel aus der Ausgabe 46/2023 Seite 30-31:
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Die Bauernzeitung hat einen neuen Praxispartner in Brandenburg. Nachdem wir fast zwei Jahre die Agrargenossenschaft Ranzig begleitet haben, ist nun die agrafrisch Fürstenwalder Agrarprodukte GmbH unser neuer Praxispartner.
Nach fast zwei Jahren in der Agrargenossenschaft Ranzig möchten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, heute unseren neuen Brandenburger Praxispartner vorstellen: die agrafrisch Fürstenwalder Agrarprodukte GmbH in Buchholz, 40 km nördlich von Ranzig, ebenfalls im Landkreis Oder-Spree.
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Milchquelle-Automaten, Dünger aus Gärresten für Privathaushalte und immer viele Azubis am Start: Die Buchholzer waren uns schon mehrfach mit ihrem innovativen Potenzial und Engagement aufgefallen. Und so freuen wir uns umso mehr über die vielversprechende Möglichkeit, ihre betrieblichen Aktivitäten künftig im Fünf-Wochen-Abstand begleiten zu können. Am Freitagvormittag, den 10. November 2023, trafen wir uns mit Geschäftsführer Benjamin Meise, um bei seinem Routine-Rundgang in Buchholz den Stammsitz der agrafrisch-Gruppe kennenzulernen.
Hier stehen u. a. drei Milchviehställe, zwei aus DDR-Zeiten, einer von 2009, Bergehallen und eine Biogasanlage, die als BBE Buchholzer Bioenergie GmbH firmiert und von Benjamins Bruder Fabian Meise geleitet wird. Außerdem werden von hier aus zwei Drittel der Pflanzenproduktion auf insgesamt etwa 3.000 ha, davon 350 ha Grünland, organisiert, das dritte Drittel 20 km südöstlich von Briesen, wo in der Vieh- und Fleisch GmbH auch die Ställe für die Jungviehaufzucht und 22.000 Legehennen stehen.
Älteren Lesern der Bauernzeitung wird der Name Meise vielleicht eher in Verbindung mit Hans-Georg Meise klingen. Der Vater von Benjamin, Fabian und Philipp, die den Betrieb inzwischen gemeinsam weiterführen, ist Ende März dieses Jahres gestorben. Bis fast bis zuletzt habe er die betrieblichen Entwicklungen verfolgt, erzählt Benjamin, der vor zwölf Jahren Verantwortung bei agrafrisch übernommen hat und mit seinen Ideen prägt.
Erste Station am Freitag ist ein leerer Milchviehstall aus DDR-Zeiten. Statt der maximal 740 Kühe, die in Buchholz stehen könnten, sind es derzeit 400. Die anderen seien im Laufe des Jahres verkauft worden, erläutert Benjamin Meise. „Der Milchpreis liegt bei 36 Cent, damit erwirtschaften wir mit jeder Kuh einen negativen Deckungsbeitrag.“ Durch die zeitweise Reduzierung des Bestandes könne auch der Gesamtverlust reduziert werden.
Der studierte Betriebswirtschaftler – die Landwirtschaft ist später dazugekommen – denkt gern außerhalb der in der Branche üblichen Muster. Meise fragt: Warum sollte er die Milchviehhaltung mit voller Leistung fahren, wenn der Markt es gerade nicht hergibt? Wenn im Reifenwerk im benachbarten Fürstenwalde der Markt gesättigt und die Läger voll sind, würden schließlich auch nicht endlos neue Reifen produziert. Folgerichtig hat Meise für die Mitarbeiter in der Milchproduktion beim Jobcenter Kurzarbeitsgeld beantragt. Das sei zwar gerade vor zwei Tagen abgelehnt worden, aber er werde Widerspruch einlegen und, falls nötig, auch juristisch den Gleichbehandlungsgrundsatz durchzusetzen versuchen.
Auf dem Betriebshof wird siliert. Die Buchholzer setzen beim Milchviehfutter auf Schlauchsilage. Ein Mitarbeiter der Firma Budissa presst mit einem Rotor Bagger Sommerroggen in Silageschläuche. Etliche liegen schon auf der Betonplatte, nun kommen von der letzten Ernte des Jahres noch ein paar Meter dazu. Pflanzenbauleiter Ronny Kaczmarek und Benjamin Meise schauen sich die Fasern genauer an: Zum ersten Mal haben sie nach der Gerstenernte den Sommerroggen als Futterreserve gedrillt. Aber dessen optimaler Erntezeitpunkt fiel mit der Maisernte zusammen, daher kommt er jetzt mit Verspätung vom Acker.
Zwar sei die Schlauchsilage teuer, aber durch den guten Vorschub erwärmt oder schimmelt das Futter nicht, die Mengenschätzung ist komfortabel und Änderungen im TS-Gehalt kämen sukzessive, so Meise. Durch den geringen Abraum werde das Verfahren wieder vergleichsweise günstig. Die Schläuche werden nach der Nutzung aufgewickelt und in Hamburg zu Gartenmöbeln verarbeitet, Entsorgungskosten fallen nicht zusätzlich an.
Ein Grund, warum die Buchholzer trotz aller Widernisse an der Milch festhalten, steht unübersehbar hinter den Ställen: Die Biogasanlage, die Rindergülle und Mais verarbeitet. Sie hat einen Zwischenspeicher und kann im Blockheizkraftwerk Strom erzeugen, wenn Sonne und Wind das gerade nicht können. Mit der Abwärme des Motors werden Gärreste zu Dünger verarbeitet – ein Thema, das wir im Laufe des nächsten Jahres genauer beleuchten wollen.
Ebenso die Arbeit in der Hofmolkerei, die an zwei Tagen in der Woche Milch verarbeitet, die direkt aus dem Melkstand kommt. Um diesen Betriebsteil kümmert sich seit ein paar Wochen Benjamins jüngerer Bruder Philipp. Bei den Kühen treffen wir die junge Herdenmanagerin Jacqueline Brock. Sie hat bei agrafrisch in Buchholz ihren Meister gemacht und ist vor ein paar Wochen zurückgekommen, um die Herde auf Trab zu bringen: Dem Veterinäramt war die hohe Kälbersterblichkeit aufgefallen und hatte Kontrollen im Betrieb gemacht. Die Kontrolle gestern sei ohne Beanstandung gewesen, freut sich die Herdenmanagerin über erste Erfolge ihrer Arbeit – und Meise freut sich mit.
Obwohl agrafrisch immer mehr Lehrlinge ausgebildet habe, als der Betrieb brauche, gehe der Fachkräftemangel nicht am Betrieb vorbei, so Meise. Auch deshalb versuche er, sie mit dem Kurzarbeitergeld über die Durststrecke hinweg zu binden. Neben den deutschen Mitarbeitern sind gelernte und angelernte Mitarbeiter aus fünf Nationen am Start. Auch auf die Besonderheiten, die daraus resultieren, werden wir an dieser Stelle näher eingehen. Wir freuen uns auf spannende Stippvisiten und manche gute Anregung für die Praxis.
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Innovationen und Neuheiten in der Landtechnik sind noch bis Sonnabend (18.11.2023) auf der Agritechnica in Hannover zu sehen. Auf dem Max-Eyth-Abend forderte DLG-Präsident Hubertus Paetow weniger Eingriffe durch die Politik.
Von Claudia Duda / AGE
Gegen übermäßige Regulierung der Landwirtschaft hat sich der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, ausgesprochen. Anstatt betriebliche Abläufe politisch feinsteuern zu wollen, müssten Unternehmen zu Innovationen, Effizienz und Wachstum beflügelt werden, sagte Paetow auf dem Max-Eyth-Abend der Agritechnica am Montag in Hannover.
„Der Staat sollte eine fördernde Rolle einnehmen und sich darauf konzentrieren, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu optimieren“, mahnte der Landwirt aus Mecklenburg-Vorpommern. Entscheidend sei dies auch für die langfristige Entwicklung des Agrarsektors. Die hiesige Landtechnikbranche sei ein global bedeutender Innovationsmotor. „Dies gilt aber nur, solange die politischen Rahmenbedingungen die internationale Anschlussfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit nicht infrage stellen“, so der DLG-Präsident.
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Die Landtechnikmesse steht in diesem Jahr unter dem Titel „Green Productivity“ (Grüne Produktivität). Das Motto stehe für einen verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen, erläuterte Paetow. „Wir produzieren in der Natur und mit der Natur, aber verstehen die Natur nicht als unseren Feind, sondern als Helfer bei der Aufgabe, für die Menschheit Nahrungsmittel zu produzieren.“
Die Forderung nach einer ökologischen Nachhaltigkeit ist Paetow zufolge daher keine kurzfristige Laune eines „Zeitgeistes“, sondern eine langfristige Grundvoraussetzung. Der technologische Fortschritt habe dabei eine entscheidende Rolle. Beim traditionellen Max-Eyth-Abend feierte die Branche ein wenig sich selbst – und, dass trotz Pandemie und schwieriger Umstände durch Inflation und zwei Kriege die Wachstumsraten der Landtechnikhersteller im hohen zweistelligen Bereich liegen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte am Montag zum ersten Mal die Agritechnica besucht. Paetows Rede hörte er nicht mehr, weil er da schon wieder abgereist war.
Zuvor äußerte er sich jedoch beeindruckt. „An praktisch jedem Agritechnica-Stand geht es um das Thema Nachhaltigkeit“, berichtete er am Nachmittag bei einer Veranstaltung der Rentenbank auf der Messe. „Hersteller und Landwirte als Käufer setzen zunehmend auf den Markt der Nachhaltigkeit“, stellte der Grünen-Politiker fest. Am Abend begrüßte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil die Messegäste.
Mit der Feststellung, dass ein höherer Ertrag in der Landwirtschaft möglich sein müsse, um Investitionen sicherstellen zu können, dürfte sich der SPD-Politiker auf die Seite der meisten von ihnen gestellt haben. Weil betonte, wachsende Weltbevölkerung und wachsende Umweltprobleme stellten eine große Herausforderung für die Landwirtschaft dar.
Ausgangsbedingung dafür müsse aber Planungssicherheit sein, vor allem für junge Landwirte. Die Politik müsse daher Widersprüche klären, beispielsweise beim Tierwohl und dem Immissionsschutz. „Ein starkes Deutschland ist ohne eine starke Landwirtschaft nicht vorstellbar“, betonte der niedersächsische Ministerpräsident.
Noch bis Sonnabend präsentiert sich die Leitmesse als Treffpunkt der globalen Landtechnik und Landwirtschaft. Mit 2.811 Ausstellern aus 52 Ländern ist das Messegelände Hannover ausgebucht, teilte der Veranstalter, die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) mit. Mehr als 400.000 Besucherinnen und Besucher werden erwartet.
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Mehrere Betriebe in Deutschland zeigen, Insektenschutz und Pflanzenschutz lassen sich durchaus miteinander vereinbaren. Es kommt nur auf das „Gewusst wie“ an.
Von Silvia Kölbel
Wie insektenfreundlich kann Landwirtschaft sein? Dieser Frage gingen die Teilnehmer eines Symposiums Ende Oktober in Unterwellenborn nach. Eingeladen hatte die Thüringer Arbeitsgemeinschaft Imkerei und Landwirtschaft (ThAGIL). Längst hat sich auf beiden Seiten, also sowohl bei den Landwirten als auch bei Naturschützern oder auch Imkern die Erkenntnis durchgesetzt, dass es nur ein Miteinander geben kann. Gleich der erste Redner, Umweltstaatssekretär Burkhard Vogel (Grüne), Thüringen, sagte: „Es gibt kein Entweder-Oder, sondern nur ein Miteinander zwischen Umweltschutz, Naturschutz und Landwirtschaft.“ Vera Kaunath, Doktorandin der Tierökologie an der Universität Potsdam, wies auf die Bedeutung der Landwirtschaft hin: „Bis 2050 müssen voraussichtlich zehn Milliarden Menschen ernährt werden. Das Problem besteht darin, dass Naturschutz und Landwirtschaft gegeneinander ausgespielt werden.“
Und Björn Rohloff von der Stiftung Kulturlandpflege Niedersachsen meinte: „Wir wollen Naturschutz mit und nicht gegen die Landwirte machen.“ Dieses Miteinander sei notwendig, weil sich die inzwischen auch wissenschaftlich belegte Erkenntnis durchgesetzt habe, dass die Höhe der landwirtschaftlichen Erträge auf lange Sicht untrennbar mit der Biodiversität der landwirtschaftlichen Flächen zusammenhängt. Zahlen dazu stellte Vera Kaunath vor: „Erträge lassen sich um 39 bis 54 % durch Insektenbestäubung steigern. 90 % aller Blütenpflanzen werden durch Tiere bestäubt. Durch Insekten bestäubte Früchte weisen auch eine bessere Qualität auf.“ Dem gegenüber stehe die Tatsache, dass 40 % der Wildbienenarten gefährdet seien.
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Insektenfreundliche Landwirtschaft ist auch kein Thema, dem sich nur Biobetriebe erfolgreich widmen. Das zeigten die beiden Praxisbeispiele: der Hof Hartmann aus Rettmer in Niedersachsen in der Lüneburger Heide und die Agrargenossenschaft Lößnitz-Stollberg e.G. aus Sachsen. Die norddeutschen Landwirte präsentierten sich als Familienbetrieb mit Kartoffelanbau, Tierhaltung und Direktvermarkung.
Familie Hartmann beteiligt sich als einer von zehn Betrieben an dem Projekt F.R.A.N.Z. (Für Ressourcen, Agrarwirtschaft und Naturschutz mit Zukunft). Die Agrargenossenschaft aus Sachsen, ein typischer großer, ostdeutscher Betrieb, mit Feldbau, Tierhaltung und Direktvermarktung, betreibt eine eigene Imkerei als Betriebszweig.
Das Projekt F.R.A.N.Z. unter der Obhut der Stiftung Kulturlandpflege Niedersachsen mit mehreren weiteren Mitwirkenden, so der Deutsche Bauernverband oder das Thünen-Institut als wissenschaftlicher Begleiter, läuft seit sechs Jahren. Zehn konventionelle Betriebe aus verschiedenen Bundesländern mit Flächengrößen zwischen 70 und 1.700 ha, die sowohl Ackerbau als auch Grünland bewirtschaften, wählte die Stiftung aus.
Der Betrieb Hartmann hat bereits vor der Teilnahme am F.R.A.N.Z.-Projekt Pappelacker, Agroforstsysteme und einen Hühnerwald auf seinem Hof etabliert. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Biodiversität kamen hinzu, so unter anderem blühende Untersaaten im Getreide, Feldlercheninseln, die Anlage mehrjähriger extensiver Rand- und Blühstreifen am Ackerrand und Insektenwälle. Teils handele es sich dabei um nicht oder nur wenig erprobte Maßnahmen.
Betriebschef Jochen Hartmann nennt einige Ergebnisse: „Obwohl wir seit vier Jahren auf Glyphosat verzichten, gehen wir im Unkraut nicht unter.“ Bei mehrjährigen Blühstreifen verschwinde das Gänsefußproblem im zweiten Jahr von selbst. Mulchen sei kontraproduktiv, weil das zum Ausbreiten von Disteln und unerwünschten Gräsern führe. Queckenflächen eignen sich als Blühfläche nicht. Vorgewende seien die bevorzugten Flächen, weil dort sowieso nur 50 % des durchschnittlichen Ertrages zu erwarten seien. Blühende Untersaaten unterdrücken Unkräuter.
Die Herausforderung bestehe darin, dem Kunden die sich aus solchen Schutzmaßnahmen ergebenden höheren Preise zu vermitteln. Generell müsse man dahin kommen, dass Landwirte gerne mitmachen. „Naturschutz darf nicht die Arbeit lahmlegen“, so das Fazit des Praktikers. Dass sich Landwirte zuletzt aus Umweltschutzmaßnahmen verabschiedeten, hänge laut einer Einschätzung von Björn Rohloff damit zusammen, dass die GAP-Regelungen die Landwirte verunsichern und wegen der schlechten Rahmenbedingungen zu Unmut führen.
Ein Beispiel, wie es besser laufen könne, seien die teils aus dem F.R.A.N.Z.-Projekt heraus entstandenen Biodiversitätsprogramme mit der Region Hannover, für die zuletzt 400.000 € jährlich zur Verfügung standen. Landwirte könnten kurzfristig ein- und austeigen und so auf sich verändernde Gegebenheiten unkompliziert reagieren.
Eine ganz andere Herangehensweise an eine insektenfreundliche Landwirtschaft stellte die Agrargenossenschaft Lößnitz-Stollberg vor. Um Beschwerden des örtlichen Imkervereins zum Spritzmitteleinsatz zu begegnen, trat der Betrieb 2017 dem Verein bei und begann selbst mit der Bienenhaltung. Anfänglich waren es fünf Völker, inzwischen gehören zum Betriebszweig Imkerei zwischen 150 und 200 Völker, betreut von Yves Krone, der als Hobbyimker das nötige Wissen in den Betrieb mitbrachte.
Die hochgerechnet zehn Millionen Bienen bestäuben täglich vier Milliarden Blüten. Die Imkerei der Agrargenossenschaft produziert jährlich 6.000 kg Honig an zehn Standorten. Die Wanderimkerei stellt ihre Bienen zur Bestäubung unter anderem an eine Kirschplantage bei Dresden, in die Lausitz an einen Robinienbestand und in einen Betrieb, der sich der Wildblumen-Saatgutvermehrung widmet. Auf diese Weise gewinne die Imkerei elf Sorten Honig.
Im Jahr 2021 begann die Imkerei „Glück Auf“ dann auch mit der Bienenzucht. Seit diesem Jahr bietet der Betrieb auch Mietbienen an. „Über jedes Volk, das wir vermieten, finanzieren wir fünf Jahre lang eine Blühfläche und wir laden zum Mietbienentag mit Hofführung ein“, beschreibt Yves Krone das Konzept. Die Imkerei im Landwirtschaftsbetrieb bringe mehrere Vorteile, so Yves Krone: So werden die eigene Flächen gut bestäubt, und durch die Wanderimkerei entstehen Kontakte zu anderen Betrieben. Die Imkerei verbessert das Image der Landwirtschaft und dient zugleich als Multiplikator. Pflanzenschutzmaßnahmen erfolgen nachts, sodass die Bienen kaum gefährdet werden. Die komplette Aufzeichnung der Veranstaltung sowie die einzelnen Vorträge werden auf der Internetseite des LFE-Projektes www.bienendialog.de veröffentlicht.
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Die Öffnung von Waldflächen für Windkraftanlagen könnte einen Beitrag zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Land leisten. Umweltminister Willingmann hat vor allem Kalamitätsflächen im Wirtschaftswald im Blick.
Borkenkäfer sowie Hitze- und Dürrephasen haben in den Wäldern Sachsen-Anhalts in den vergangenen Jahren erhebliche Schäden verursacht. Wo einst artenarmer Wirtschaftswald stand, könnten aus Sicht von Energieminister Armin Willingmann künftig auch Windkraftanlagen errichtet werden, wenn Land und Regionale Planungsgemeinschaften die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen. „Es geht nicht darum, wertvolle Mischwälder abzuholzen oder Naturschutzgebiete infrage zu stellen“, betonte der Minister kürzlich.
„Für Windkraftprojekte könnten aber auch ehemalige artenarme Wirtschaftswälder infrage kommen, die in windhöffigen Gebieten liegen und nach Dürren und Käferbefall heute eher an Mondlandschaften erinnern“, sagte er. Im Südharz besichtigte der SPD-Politiker am 25. Oktober gemeinsam mit kommunalen sowie Verbandsvertretern eine 1.200 ha große Kalamitätsfläche nahe der Ortschaft Breitenstein. Mit einer Änderung des Landeswaldgesetzes und einer Anpassung der Landesentwicklungsplanung könne das Land den auf kommunaler Ebene zuständigen Regionalen Planungsgemeinschaften den rechtlichen Handlungsspielraum einräumen, Kalamitätsflächen wie hier im Südharz für Windkraftprojekte auszuweisen, erklärte Willingmann.
Innerhalb der Landesregierung gebe es hierzu bereits einen entsprechenden Austausch mit dem für das Waldgesetz zuständigen Agrar- und Forstressort sowie dem für die Entwicklungsplanung zuständigen Infrastrukturministerium. Nach dem derzeit geltenden Landeswaldgesetz ist eine Errichtung von Windenergieanlagen auf Waldflächen generell nicht zulässig. Dieses umfassende Verbot durch ein Landesgesetz wurde allerdings im vergangenen Jahr anhand des Thüringer Waldgesetzes für verfassungswidrig erklärt.
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Willingmann verwies im Hinblick auf den weiteren Windkraftausbau im Land auf die vom Bund vorgeschriebenen Flächenziele, die in den kommenden Jahren erreicht werden müssen: Bis Ende 2027 müsse Sachsen-Anhalt 1,8 % der Landesfläche als Windvorranggebiete ausweisen, bis 2032 sollen es 2,2 % sein. Aktuell seien nur 1,1 % planungsrechtlich für Windparks gesichert. Eine Abfrage des Ministeriums bei den Regionalen Planungsgemeinschaften habe kürzlich ergeben, dass die Öffnung von Waldflächen für die Windenergienutzung einen Beitrag zu einer Planung mit möglichst hoher Akzeptanz und Realisierungswahrscheinlichkeit leisten könnte, insbesondere in waldreichen Regionen wie dem Harz.
Zudem sei im Rahmen der laufenden Beteiligungsverfahren festzustellen, dass seitens vieler Waldbesitzer ein hohes Interesse an einer wirtschaftlichen Diversifizierung aufgrund von Waldschäden bestehe und dementsprechend in großem Umfang Vorschlagsflächen für eine mögliche Windenergienutzung benannt wurden. „Dort, wo es breite Akzeptanz für Windkraftprojekte gibt und zugleich keine naturschutzrechtlichen Hürden vorliegen, sehe ich entsprechendes Potenzial“, sagte Willingmann. „Windkraft im Wald sollte in Zeiten der Energiekrise ebenso pragmatisch gesehen werden wie beispielsweise Photovoltaik auf Denkmälern.“ Interesse an Windkraftprojekten in Wirtschaftswäldern gibt es auch seitens der Wirtschaft.
Bernd Krede, Projektentwickler der wpd onshore GmbH, erklärte, die Ortsbegehung habe eindrücklich vor Augen geführt, wie sehr der Harz von Waldschäden betroffen sei. Um die geschädigten Flächen wieder aufzuforsten und widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen, bräuchten Waldbesitzer neue wirtschaftliche Perspektiven. Die Windenergie könne dabei nicht nur zusätzliche Einnahmen für die Forstwirtschaft generieren. Vielmehr leiste sie auch einen wesentlichen Beitrag für Investitionen in der Region, ermögliche kostengünstige Strompreise für lokale Industrie und Haushalte und sorge damit für den Erhalt von Arbeitsplätzen.
Beim Vor-Ort-Termin im Südharz betonte der Verband Familienbetriebe Land und Forst Sachsen-Anhalt gemeinsam mit anderen Akteuren gegenüber dem Minister die Notwendigkeit, das Landeswaldgesetz einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Landesvorsitzender Dr. Immo Hamer von Valtier sagte, dieses greife in die Rechte der Eigentümer und Bewirtschafter ein und behindere den Ausbau der Windenergie im Wald.
Die finanzielle Belastung, die Wiederbewaldung und Waldumbau für die Waldbesitzer bedeuteten, sei enorm, „im Falle von Kalamitätsflächen aber verheerend“, so Valtier. Er forderte die schnellstmögliche Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen, die den Wald generell, insbesondere aber kalamitätsbedingte Aufforstungsflächen, für den Bau von Windkraftanlagen nutzbar machen, um die Waldbesitzer bei der klimagerechten Wiederaufforstung zu unterstützen. Die Erlöse aus der Windenergie könnten Wiederbewaldung, Waldumbau und Waldschutz mitfinanzieren.
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Die Verzögerung der Agrarzahlungen bringt Sachsens Landwirte in Existenznot. Vor dem Landtag in Dresden kritisieren sie den Agrarminister heftig und fordern Konsequenzen.
Mit dem Eingeständnis, Direktzahlungen definitiv nicht wie üblich zum Jahresende auf die Betriebskonten überweisen zu können (Bauernzeitung 44/2023, S. 20), steht Sachsens Landwirtschaftsministerium unter den ostdeutschen Ländern bislang noch allein da. Aus den Antworten auf die Anfragen der Redaktion an die Agrarressorts anderer Bundesländer lässt sich jedoch ablesen, dass es trotz enormer Anstrengungen durchaus noch nicht überall völlig gesichert ist, den gewohnten Termin einzuhalten.
Sachsen-Anhalt plant „nach derzeitigem Stand“ die Auszahlung der Direktzahlungen bis Ende Dezember, hat ein Sprecher des Agrarressorts in Magdeburg bekräftigt. Er verwies darauf, dass der Bund aufgrund der gestiegenen Kreditzinsen eine Auszahlung der Direktzahlungen seinerseits frühestens ab dem 28. Dezember in Aussicht stellt.
Auch die sachsen-anhaltischen Behörden haben damit zu kämpfen, dass durch die verspätete Einreichung des deutschen GAP-Strategieplans bei der EU-Kommission Vorgaben für die notwendige Anpassung der IT-Systeme erst sehr spät verfügbar waren. Dadurch habe sich die „Bereitstellung der technischen Grundlagen für die Antragsbearbeitung“ verzögert, erläuterte der Sprecher. Das Agrarministerium des Landes Brandenburg teilte knapp mit: „Für uns hat die Zahlung bis Jahresende oberste Priorität. Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass wir dies leisten können.“
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Aus Schwerin hieß es, man arbeite „mit Hochdruck daran, die Zahlungen im Dezember für alle fehlerfreien Antragsteller für die flächengebundenen Interventionen der Direktzahlungen zu zahlen“. Die gekoppelten Tierprämien für Mutterkühe sowie Mutterschafe und -ziegen werden in Mecklenburg-Vorpommern Anfang 2024 („Januar/Februar“) ausgezahlt. Offenbar vorsorglich wird auf vielschichtige „Gründe für eine mögliche Verzögerung“ hingewiesen. Die endgültigen Entscheidungen der EU-Kommission seien viel zu spät gekommen, um eine rechtzeitige programmtechnische Umsetzung veranlassen zu können. Außerdem gebe es im ersten Jahr einer neuen Reform viele neue Bestandteile, Das Schweriner Ministerium verweist auf die verschiedenen Zahlungsvoraussetzungen, die „in sehr kurzer Zeit programmtechnisch umzusetzen, zu testen und freizugeben“ waren.
Fehler führten zu finanziellen Berichtigungen durch die Kommission und seien deshalb durch die Landesverwaltung bestmöglich auszuschließen, hieß es abschließend. Das Thüringer Landwirtschaftsministerium plant die Auszahlungen „vorbehaltlich für die 52. Kalenderwoche“. Der Vorbehalt bezieht sich darauf, dass alle IT-Vorarbeiten ebenso zeitgerecht abgeschlossen werden wie die Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen einschließlich der bundesweiten Ermittlung der Einheitsbeträge für die einzelnen Regelungen. Die Auszahlung der Ausgleichzulage für benachteiligte Gebiete (AGZ) sei für die 50./51. Kalenderwoche geplant. Die Kulap-Gelder sollen wie geplant Ende Februar/ Anfang März 2024 fließen.
Wie in Sachsen hat auch die hessische Landesregierung bereits angekündigt, die Auszahlung der Direktzahlungen zum 27. und 28. Dezember nicht zusichern zu können. Möglicherweise werde der Großteil der Betriebe erst im Januar oder Februar 2024 mit den Zahlungen rechnen können, befürchtet der Hessische Bauernverband (HBV). Die vor allem auf Bundesebene verschleppten Entscheidungen zum Start der Förderperiode seien Politikversagen, „die die Betriebe nun existenziell gefährden“, so der HBV.
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Die Landwirtschaft wird beeinflusst von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Da richtige Entscheidungen zu treffen, ist schwierig. Hilfreich sind fundierte Informationsgrundlagen, das Hören auf Kopf und Bauch und ein klares Ziel.
Von Prof. Dr. Rainer Langosch
Was tun? Wie entscheiden? Wohin geht die Reise? Ständige Veränderungen und immer wieder „alles anders“ als gedacht und geplant. Fast könnte man meinen, Landwirtschaft sei zum Glücksspiel geworden. Ist sie aber nicht. Es gibt zwei Unterschiede: In der Spielbank sind die Verlustrisiken bis auf die Nachkommastelle bekannt, in der Landwirtschaft nicht.
Dafür kann man in der Landwirtschaft Risikosituationen beeinflussen, was in der Spielbank streng verboten ist. Kernaufgabe unternehmerischen Handelns ist „Entscheiden“. Dazu braucht es Orientierung. Diese zu finden, scheint immer schwieriger zu werden. Kurzfristige Entscheidungen über Anbaupläne oder Vermarktungswege bereiten Bauchschmerzen, langfristige Entscheidungen zu Wachstumsstrategien oder Investitionen in Maschinen oder Gebäude Kopfschmerzen. VUKA ist das Kürzel, mit dem Strategen diese Unsicherheiten beschreiben.
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verändern sich weltweit. Diese Veränderungen und ihre Folgen wirken sich auf alle Lebensbereiche und damit unmittelbar auf unternehmerische Entscheidungen aus. VUKA steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität bzw. Mehrdeutigkeit. Diese weitreichenden und tiefgreifenden Veränderungen sind auf drei Ebenen zu verstehen: Triebkräfte, die den Wandel vorantreiben, Trends, die Chancen und Risiken mit sich bringen, und die Form, in der die Informationen darüber bei den Entscheidungsträgern ankommen.
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Tradierte Gewissheiten lösen sich auf, bewährte Strategien werden infrage gestellt, gewohnte Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge verlieren in der VUKA-Welt an Gültigkeit. Kein Bereich des öffentlichen Lebens, der nicht von weitreichenden Veränderungen und tiefgreifenden Verunsicherungen betroffen wäre. Dass Teile der Gesellschaft und des Verbraucherverhaltens Althergebrachtes infrage stellen, „es satt haben“, gilt nicht nur für die Landwirtschaft und ihre Produktionsweisen. Der Versandhandel drängt etablierte Geschäfte und Warenhäuser aus dem Markt, die Elektromobilität erfordert epochale Anpassungen in der Antriebstechnik und im Fahrzeugbau, die digitalen Möglichkeiten bedrängen klassische Medienformate bis hin zum TV-Konsum: Transformation und Disruption allerorten.
Die Landwirtschaft in Deutschland und Europa kann eine Erfolgsgeschichte erzählen: Einer ackert, 145 werden satt. Die Produktivität hat sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts etwa verzehnfacht. Diese Leistung, diese Effizienz und ihre Erfolgsbedingungen liegen auf der Hand. Weit weniger klar ist das Bild, das sich für die Zukunft der Landwirtschaft zeichnen lässt. Klar ist nur, dass seit Ende 2022 mehr als acht Milliarden Menschen auf der Erde leben, von denen etwa 800 Millionen Hunger leiden. Die Aufgabe, die sich daraus ergibt, klingt einfach: produktive Landbewirtschaftung in den Gunstregionen der Welt, um den Hunger auf der Welt auch angesichts weiter wachsender Bevölkerungszahlen in Zukunft zu reduzieren.
Doch so einfach ist es nicht mehr. Es ist nicht ausgemacht, welche Leistungen von der Landwirtschaft erwartet werden, welche Spielräume sie dafür hat und auf welche Erfolgsbedingungen sie bauen kann. Hinter den Veränderungen, die die Entscheidungsträger in der Landwirtschaft besonders herausfordern, stehen drei globale Entwicklungen: die weiter wachsende Bevölkerung bei natürlich begrenzten Ressourcen, die Folgen der Ressourcennutzung, deren Spuren bis tief in die aktuell kontrovers geführte Klimadebatte hineinreichen, und schließlich die international weit verzweigten Wertschöpfungsnetze mit den daraus resultierenden hohen Abhängigkeiten und Verwundbarkeiten. Aus diesen großen Entwicklungslinien ergeben sich Trends, die sich unmittelbar auch auf die Landwirtschaft auswirken.
2015 stellte der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik der Bundesregierung fest, dass es der Landwirtschaft nicht gelungen sei, die Gesellschaft in Fragen der Tierhaltung mitzunehmen. Konsummuster und die Auswirkungen der landwirtschaftlichen Produktion auf Klima, Böden, Gewässer und Artenvielfalt sind Themen. In der Folge formierte sich unter anderem die Zukunftskommission Landwirtschaft, die 2021 Perspektiven für die Landwirtschaft in Deutschland vorlegte. Darin heißt es zum Beispiel, dass der Fleischkonsum zurückgehen wird – und damit auch die Fleischproduktion.
Damit verändert sich das Umfeld für die tierische Produktion in Deutschland von einem wachsenden zu einem – strategisch sehr schwierigen – schrumpfenden Marktumfeld. Statt in dynamischen Märkten um Wachstumsanteile zu konkurrieren, befinden sich die tierhaltenden Betriebe in einem Verdrängungswettbewerb. Technologietreiber sind seit Jahren die Digitalisierung und Automatisierung. Die automatisierte Maschinensteuerung und Prozessüberwachung entwickelt sich weiter zum Precision Farming – schon heute und bald noch viel stärker unter Nutzung künstlicher Intelligenz.
Das Tempo der technologischen Entwicklung wird durch die Netzverfügbarkeit und Fragen der Datenhoheit gebremst. Das theoretische Potenzial zur Aufwandsreduzierung durch Verringerung von Streuverlusten und zur Ertragssteigerung durch bedarfsgerechte und punktgenaue Versorgung von Pflanzen und Tieren unterstützt die Effizienz der Produktion. Neben den ökonomischen Vorteilen steht die Verringerung des Ressourcenverbrauchs.
Die VUKA-Bedingungen werden in den ökonomischen Trends betriebswirtschaftlich relevant. Denn die hohe Produktivität der Landwirtschaft resultiert aus der arbeitsteiligen Einbindung der landwirtschaftlichen Produktion in komplexe und globale Wertschöpfungsnetzwerke. Damit steigt der Grad der Abhängigkeit von Beschaffungs- und Absatzmärkten. Volatile Preisentwicklungen, Unsicherheiten über Verfügbarkeiten und Marktentwicklungen sowie komplexe Liefer- und Abnahmestrukturen erschweren Prognosen und Planungen.
Wer den „richtigen Zeitpunkt“ verpasst, kann am Markt verlieren, was er durch kluges Produktionsmanagement an Mehrertrag gewonnen hat. Um unternehmerische Handlungsspielräume zu erhalten, muss dem Finanz- und Risikomanagement besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Politische Trends müssen in einem komplexen Geflecht von föderalen, internationalen und globalen Zuständigkeiten, Willensbildungen und Entscheidungen gesehen und verstanden werden. Ein Beispiel dafür sind die 17 Nachhaltigkeitsziele, mit denen sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen 2015 auf einen globalen Zielrahmen geeinigt haben.
Aus diesen umfassenden Vorgaben für eine ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogene Politik ergeben sich Orientierungen bis hinunter auf die regionale und lokale Ebene. Zur Komplexität kommt die begrenzte Haltbarkeit politischer Legitimation und Rahmensetzung. Einzelbetriebliche Investitionen in Gebäude und Technik, in Züchtung und Produktionsverfahren reichen oft weit über diese politischen Zeithorizonte hinaus. Für die Betriebsführung ergibt sich daraus die Notwendigkeit, weit vorausschauende Planungen mit größtmöglicher Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Bedingungen zu verbinden.
In ihrer Wechselwirkung verstärken diese Trends die Volatilität, Unsicherheit, Ambiguität/Mehrdeutigkeit und Komplexität (VUKA), unter denen unternehmerische Entscheidungen getroffen werden müssen. Hinzu kommt, dass sich im 21. Jahrhundert auch die Verfügbarkeit von Informationen verändert hat: Viele Informationen stehen quasi in Echtzeit zur Verfügung. Die Handycam in Verbindung mit Facebook, YouTube, X und anderen macht es möglich. Filterfunktionen werden nur vereinzelt wahrgenommen.
Social Media funktioniert ohne fachredaktionelle Sichtung, Einordnung und Aufbereitung. Fakten und ihre Bewertung gehen ineinander über. Interessen hinter Informationsangeboten sind oft schwer erkennbar. Die emotionale Aufladung von Nachrichten erhöht deren Aufmerksamkeitswert, die wichtigste Währung im Mediengeschäft. Die Jagd nach Quote, Klicks und Reichweite macht aus einem möglichen Risiko, z. B. steigende Staatsverschuldung oder Klimawandel, eine unmittelbar gefühlte Gefahr: Finanzcrash!! Oder: Klimakollaps!! – Jedenfalls: fünf vor zwölf.
Die Konsequenz daraus: Während die unternehmerische Kategorie des Risikos – und der Chance als deren Pendant – einer rationalen Auseinandersetzung zugänglich ist, fördert die Aufheizung zur Gefahr eher intuitive oder gar reflexhafte Reaktionen. Das Gehirn wird vorübergehend ausgeschaltet. Die verhaltenswissenschaftliche Forschung weiß: Der Klugheit und Weitsicht unternehmerischer Entscheidungen ist damit nicht gedient.
Die Antworten auf diese anhaltenden Veränderungsimpulse und ihre mediale Verbreitung dürften von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich ausfallen. Nicht alle heute aktiven Betriebe in Deutschland werden in der Produktion verbleiben. In der Schweinehaltung schlagen sich die unsicheren Zukunftsaussichten bereits heute in einem spürbaren Rückgang der Betriebe nieder. Insgesamt ist das Investitionsklima in der Landwirtschaft gedämpft. Hinzu kommt, dass Studien, z. B. der DZ Bank, für 2040 einen Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland auf bis zu 100.000 Betriebe prognostizieren.
Dies würde zumindest keine Verlangsamung des fortschreitenden Strukturwandels bedeuten, im Gegenteil. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zahlen in Westdeutschland tendenziell schneller sinken als in Ostdeutschland. Um die betriebsindividuelle Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit zu erhalten, sind unternehmerische Qualitäten gefragt.
Die Antwort auf die Frage, wie auf die Herausforderungen einer sich wandelnden Welt zu reagieren ist, gliedert sich in drei Segmente: die persönlichen unternehmerischen Kompetenzen, die Ausrichtung des Unternehmens und die Positionierung der Branche im öffentlichen Dialog. Auf der persönlichen Ebene heißt die Devise: Kühlen Kopf bewahren. Keine Entscheidungen treffen, bei denen das gute „Bauchgefühl“ fehlt. Achten Sie aber auch darauf, dass sie einer kühlen, rationalen Analyse standhalten. Entscheidungen aus dem Bauch heraus laufen Gefahr, Risiken und Nebenwirkungen zu übersehen. Bauen Sie Ihr Weltbild nicht primär aus Kurznachrichten und Filmschnipseln zweifelhafter Herkunft. Die Freude über den Zeitgewinn übereilter Entscheidungen währt meist kürzer als die Reue über Fehlentscheidungen.
Strukturierte Informationsbeschaffung schafft verlässliche Entscheidungsgrundlagen und hilft, unterkomplexe Problemanalysen und daraus resultierende flachwurzelnde Entscheidungsoptionen zu vermeiden. Entwickeln Sie Ihre persönliche Widerstandskraft gegen gefühlten Entscheidungsdruck. Vertrauen Sie auf Ihr Urteilsvermögen, das in Verbindung mit einer verlässlichen Informationslage und einer realistischen Einschätzung der eigenen Wettbewerbsstärke die wichtigste Kraftquelle in der Unternehmensführung sein sollte.
Diese Kompetenz setzt eine fundierte Ausbildung voraus und kann als unternehmerische Fähigkeit kontinuierlich trainiert werden. Finden Sie ein Koordinatensystem für Ihr Unternehmen. Wofür steht es, wo soll es hin? Auf der strategischen Ebene bedeutet dies, unternehmensspezifische Ziele zu formulieren und zu verfolgen. Dabei hilft ein robustes Controlling, das Planabweichungen frühzeitig erkennt und Kurskorrekturen ermöglicht. Flexibilität ist eine Eigenschaft, die in Zeiten von VUKA wertvoll wird. Denken Sie in Prozessen statt in Zuständen. Muss ich alles selbst machen – und durch Investitionen erst die Voraussetzungen dafür schaffen? Oder kann nach Bedarf Kapazitäten einkaufen, von denen nicht sicher ist, ob sie dauerhaft im Unternehmen vorgehalten werden müssen?
Arbeiten Sie an vertrauensvollen und verlässlichen Beziehungen zu Ihren Partnern in den Märkten, in der Finanzierung und auch in der Belegschaft. Gerade in vernetzten Wertschöpfungsstrukturen hilft dies, frühzeitig Informationsvorteile zu gewinnen. Innovationen, Risikovorsorge, Marktchancen und Prozessverbesserungen können verlässlich und nachhaltig funktionieren, wenn sie in entsprechend komplexe Voraussetzungen, Erfolgsbedingungen und Folgenabschätzungen eingebettet sind. Arbeiten Sie am öffentlichen Image Ihres Unternehmens und der Branche insgesamt. Das schafft Vertrauen – ein wichtiger Wert in der öffentlichen Diskussion. Gehen Sie auf die Gesellschaft zu. Gehen Sie Ihren jetzigen und zukünftigen Mitarbeiter entgegen, statt ihnen hinterherzulaufen. Wer Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität/ Mehrdeutigkeit als untrennbare Bestandteile unternehmerischer Aufgaben akzeptiert und versteht, könnte daraus letztlich sogar Wettbewerbsvorteile ziehen.
Unternehmerisch handeln, heißt Entscheidungen treffen. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind im Wandel. Die Abkürzung VUKA steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Aufgrund dieser Unsicherheiten wird es schwieriger, Entscheidungen zu treffen. Betriebsleiter sind daher gefordert, rationale Entscheidungen auf der Basis verlässlicher Informationen zu treffen, unternehmensspezifische Ziele zu formulieren und zu verfolgen sowie am eigenen und am Image der Landwirtschaft zu arbeiten.
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Die Niederlande, führend in der Milcherzeugung, stehen vor gravierenden Umweltproblemen. Um die Belastung durch intensive Landwirtschaft zu reduzieren, setzt das Land auf innovative Lösungen. Nun Entwickeln Unternehmen Lösungen, indem sie maßgeschneiderte Rationen und nachhaltige Ansätze in der Tierhaltung entwickeln.
Von Fritz Fleege
Die Niederlande nehmen weltweit eine Spitzenposition in Sachen Milcherzeugung ein. In rund 16.000 Betrieben wurden dort bis vor Kurzem rund 1,5 Millionen Kühe gehalten und diese erzeugten jährlich 14,5 Mio. t Milch – also fast 10.000 kg/Kuh. Im Vergleich dazu werden in Deutschland mit 3,8 Millionen Kühen „nur“ etwa 33 Mio. t Milch ermolken. Die intensive Landwirtschaft hat unserem westlichen Nachbarn allerdings auch Umweltprobleme beschert.
Die Belastung mit tierischen Ausscheidungen und damit mit Kohlenstoff (C), Phosphor (P) und Stickstoff (N) ist dort deutlich höher als in bei uns. Die Folge war ein 25-Milliarden-Euro-Programm der Niederländische Regierung, mit dem sie den Viehbestand im Land radikal reduzieren will. Gleichzeitig werden landesweit auch die Forschungsarbeiten zur Minderung der Umweltbelastung verstärkt. Wir stellen im Folgenden private Forschungseinrichtungen vor
Unsere Top-Themen
• Weihnachten im Schafstall
• Sortenversuche Sommerbraugerste
• Landmaschinen mit KI
• Märkte und Preise
Das Versuchsgut Provimi hat sich in fast 100 Jahren einen guten Ruf für vielfältige Produkte und Dienstleistungen in der Tierhaltung erarbeitet. Das Unternehmen wurde 1927 in der Nähe von Rotterdam gegründet und ist auf mehr als 16.000 Mitarbeiter weltweit angewachsen. Die Firma ist seit 2011 Teil der Cargill-Unternehmensgruppe. Heute nutzt Provimi das globale Netzwerk von Cargill mit über 40 Ländern für innovative Forschung, technisches Wissen und Software-Know-how, um Futterlösungen für Wiederkäuer, Geflügel und Schweine zu entwickeln.
Provimi verfügt über elf Forschungszentren. Eins davon ist der Cargill-Innovations-Campus in Velddriel wo Fütterungsversuche durchgeführt werden. Dazu sind in speziellen Ställen bzw. Abteilen Rinder, Schafe, Schweine und Geflügel untergebracht. Die gesamte Produktpalette an Futtermitteln des Unternehmens – wie Vormischungen, Zusatzstoffe und Spezialitäten – wird hier vor der Markteinführung ausgiebig getestet. Die Forschungsaktivitäten umfassen auch Tierkomfort, Tiergesundheit und umweltfreundliche Tierproduktion. Sie sollen zur Verbesserung der Qualität und Sicherheit der Lebensmittel beitragen.
Bei den Milchkühen ist der Fokus der Forschung auf den Pansen gerichtet. Hier gilt es, die Pansenfermentation zu maximieren, schließlich ist er nach der Futteraufnahme der Ort für Futtereffizienz und Energiebereitstellung. So sind flüchtige Fettsäuren für die Kuh die ideale Energieversorgung. Der Pansen ist aber auch der Ort für die Protein-Wertschöpfung, denn mikrobielles Eiweiß ist für die Kuh das ideale Eiweiß. Außerdem lässt sich über den Pansen die C-P-N-Effizienz erhöhen. Diese Elemente sind bei der Verdauung eng miteinander verknüpft, auch mit der Erzeugung von Methan (CH4).
Die angepasste Versorgung mit Mineralien und Vitaminen hat Einfluss auf die Optimierung der Pansenabläufe und somit auf die Faserverdauung und Optimierung der Stärkeausnutzung in Pansen und Darm und somit die Energieversorgung. So lässt sich die Lebensleistung der Kuh verbessern. Schließlich ist der Energiebedarf einer Kuh, die am Tag 40 l Milch gibt, vergleichbar mit dem eines Sportlers, der von Hamburg bis Stuttgart läuft. Diese Energie kommt hauptsächlich aus den Fermentationssäuren des Pansens. Der Pansen ist also der Motor der Kuh.
Er zeichnet sich durch einen niedrigen pH-Wert und eine hohe Konzentration flüchtiger Fettsäuren aus, was aber eine schwierige Situation für Pansenmikroben bedeutet. Es kommt also auf eine ausgewogene Ration und optimale Verdauung an. Um die Pansenfunktion zu erforschen und den Motor der Kuh weiter zu optimieren, haben die Forscher in Velddriel auch Kühe mit Pansenfisteln ausgestattet. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Reduzierung von Methan im Pansen, die Erforschung von Additiven zur besseren Verdauungsleistung und Tiergesundheit.
Die Agriton Group wurde 1991 von Frits Van den Ham gegründet. Der Name Agriton bezieht sich auf die Verwendung von Tonmineralien. Heute gehören europaweit zehn Tochterfirmen zum Unternehmen, die sich alle die Produktionsstätte in Noordwolde teilen. Zuerst wurden die Tonmineralien eingesetzt, um die Fruchtbarkeit der Sandböden zu verbessern. Man hat sich von Anfang an aber auch mit Methoden beschäftigt, die die Milchviehhaltung nachhaltiger machen. Vor allem wird versucht, den Kreislauf Boden-Pflanze-Tier besser in Einklang zu bringen – für höchstmögliche Erträge bzw. Leistungen mit so wenig Umweltbelastung wie möglich.
Man konzentriert sich auf eine nachhaltige Bodenfruchtbarkeit und versucht, mit den Produkten die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Bodens auszugleichen. Die Vision des Unternehmens ist es, nicht nur Pflanzen zu düngen, sondern zuerst den Boden zu nähren. Indem das Bodenleben gefüttert wird, sorgt man für die Mineralisierung von Stickstoff und anderen Nährstoffen. Dann wird durch gezielte Düngung für vitale Pflanzen mit hohem Futterwert gesorgt. Es ist auch wichtig, dass der Futterwert bestmöglich ausgenutzt wird.
Ein Weg dahin ist der Einsatz eines guten Siliermittels wie EM-Silage. Dabei handelt es sich um ein flüssiges Siliermittel, das Milch- und Essigsäurebakterien sowie Hefen enthält, die dafür sorgen, dass das Futter schnell und gut konserviert und sein Futterwert maximiert wird. Wichtig sind die essigsäurebildenden Bakterien und Hefen, die eine doppelte Wirkung gegen Nacherwärmung haben. Der nächste Schritt in diesem Kreislauf ist das Tier. So verwandelt eine Kuh Gras durch die Pansenfermentation in wertvolle Nahrung für den Menschen.
Das Unternehmen aus der Region Friesland stellt Produkte her, die die Pansenfunktion stimulieren und die Pansenübersäuerung verhindern, sodass das Futter optimal verwertet werden kann. Ein Beispiel dafür ist der Ostrea-Muschelkalk. Dies ist ein natürliches Produkt, das den pH-Wert im Pansen puffert und der Pansenübersäuerung entgegenwirken kann.
Die Stickstoffeinträge in den Niederlanden liegen schon lange über den umweltverträglichen Grenzwerten und sind nicht mehr mit der Gesetzgebung vereinbar. Der Landwirtschaft wird dabei ein erheblicher Anteil zugemessen, weshalb mit dem neuen Regierungsprogramm einschneidende Maßnahmen für den Agrarsektor ergriffen werden.
Dazu zählen die Reduzierung der Tierbestände um ein Drittel, Stilllegung von Landwirtschaftsbetrieben durch Herauskauf oder Freiwilligkeit und Extensivierungsprogramme. Aber auch Unternehmen wie Provimi und Agriton können mit ihren Produkten dazu beitragen, dass die Tierhaltung die Umwelt weniger stark belastet.
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