Die Agrargesellschaft Herpf, im Süden Thüringens, stieg von der Milchproduktion auf ein „japanisches Rind“ um. Man produziert nun Premium-Rindfleisch nach klar definierten Haltungsbedingungen.
Die Agrargesellschaft liegt im fränkisch geprägten Landkreis Schmalkalden-Meiningen/Thüringen. Mit einer Gesamtfläche von circa 4.000 ha zählt sie zu den größten Agrarbetrieben des Freistaates. Knapp 800 ha ihrer rund 2.000 ha Grünland bewirtschaften die Herpfer Landwirte extensiv. Bereits 2021 entschieden sie sich, die Milchproduktion in den nächsten Jahren Stück für Stück einzustellen.
Immer auf Innovation und auf Sicherheit setzend, hat sich Johannes Schmidt als Teilstandbein der Gesellschaft für die Rasse Wagyu und das System der Marblelution GmbH, Haina, entschieden. „Das Gefühl etwas Werthaltiges zu produzieren“, das war eine der Aussagen, die Johannes Schmidt, Geschäftsführer der Agrargesellschaft Herpf mbH, als Resümee im Interview berichtet.
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Herr Schmidt bis vor Kurzem waren die Milchpreise sehr gut. Wie war Ihre Situation 2021?
Ja, da haben Sie recht. Jedoch war die Situation in den Vorjahren sehr schlecht und immer wieder extrem angespannt. Das Problem ist, dass sich mit den stetig marktabhängigen Preisen keine Planungssicherheit ergibt. Mit Blick in die Zukunft, haben wir uns jedoch bereits vor der Krise entschieden, aus der Milchproduktion auszusteigen. Das haben wir dann 2021 begonnen und die ersten melkenden Kühe verließen uns.
Warum haben Sie sich für das „Raus aus der Milch“ entschieden?
Wie schon erwähnt, war die fehlende Planbarkeit einer der größten Faktoren. Besonders in Bezug auf die weiteren neuen Investitionen, welche hätten durchgeführt werden müssen. Hierzu gehörte ein Neubau des Jungviehbereiches, zukünftig auch der Melktechnik usw.
Wie kam die Entscheidung zur Rasse Wagyu und wie war der Beginn?
Die Marblelution und ihr Team waren mir bereits bekannt. Auch die Rasse Wagyu kannte ich gut. Wir haben mit der Aufzucht von F1-Kälbern begonnen. Dies hat unsere Kälberfrau weiter übernommen. Zunächst war sie natürlich ängstlich, als sie vom Wert der Kälber hörte. Aber nach einer kurzen Anlaufzeit war das Resümee positiv.
Als Nächstes haben wir dann für die Marblelution Pensionstiere gehalten und letztendlich waren wir so überzeugt, dass wir in das Zuchtpartner-Programm eingestiegen sind. Aktuell haben wir circa 57 Kühe, welche uns über die nächsten zehn Jahre eine sichere Einnahmequelle, und Planbarkeit garantieren. Mit vertraglich abgesicherten Rückkaufspreisen für jedes Kalb, einem nachhaltigen Fütterungs- und Haltungskonzept und persönlicher Betreuung.
Was können Sie zur Rasse Wagyu und dem Übergang von der Milchproduktion berichten?
Allgemein ist die Rasse einfach zu managen. Zunächst einmal haben alle Milchviehbetriebe optimale Voraussetzungen für die Rasse Wagyu, da sich diese von der Haltung und Fütterung nicht viel von der Milchrinderhaltung unterscheidet. Weiterhin hatten wir Ställe und Ausstattungen sowie das Personal vor Ort.
Als wir nach einer Alternative gesucht haben, war das auch ein großer Pluspunkt bei der Entscheidung und es war ein einfacher Weg. Es hat sich alles ineinander gefügt. Der Schritt weg von der Produktion eines Massenproduktes, das gefühlt keiner will, hin zu einem exklusiven Produkt, fühlt sich schon gut an. Das Gefühl etwas Werthaltiges zu machen, das auch noch profitabel ist, das hat schon was.
Ich muss jedoch zugeben, dass das Wegschaffen der Milchrinder schon schwer ist, aber die Wagyus machen viel Freude und auch unseren Mitarbeitern geht es so. Gemeinsam wollen wir nun zeigen, dass man Fleisch wertschätzender, achtsamer und verantwortungsvoller herstellen kann.
Leiden Kühe unter großer Hitze, sinken Fruchtbarkeit und Milchleistung. Sich jetzt Möglichkeiten zur Wärmereduzierung zu überlegen, ist daher mehr als angebracht, denn der nächste Sommer steht vor der Tür.
Von Patricia Lössner (Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern)
Wir alle haben die letzten Sommer noch in Erinnerung: Ein Hitzerekord jagte den nächsten, Regen ließ lange auf sich warten. Was folgte, war eine Futterknappheit, wie sie viele Betriebe in diesem Ausmaß noch nicht kannten. Die politische Situation verschärfte den Kostendruck zusätzlich.
Und die Tiere litten wie wir Menschen unter der Hitze – genau genommen sogar noch stärker. Die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV) lud daher im Rahmen des Netzwerkes Fokus Tierwohl zu einem Seminar mit der Thematik „Hitzestress bei Milchkühen reduzieren“ ein, aus dem wir hier berichten.
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Zunächst zeigte Olaf Tober, wissenschaftlicher Mitarbeiter der LFA MV, welche Auswirkungen die Wärmebelastung auf Milchkühe hat. Um den Anstieg der Körpertemperatur auszugleichen, kommt es zu einer höheren Wasseraufnahme. Es ist also besonders in den Sommermonaten darauf zu achten, dass den Tieren Wasser in angemessener Menge und Qualität zur Verfügung steht und mehrere Tiere gleichzeitig Zugang zur Tränke haben.
Parallel dazu sinkt die Futteraufnahme und infolge auch die Milchleistung. Durch die geringere Energieversorgung werden die Tiere anfälliger gegenüber Krankheiten. Ein zu hohes Energiedefizit sollte daher dringend vermieden werden. Zu beachten ist, dass die obere kritische Temperatur leistungsabhängig ist. Kühe, die sehr viel Milch geben, haben eine geringere Toleranz gegenüber hohen Temperaturen als Tiere mit einer geringeren Milchleistung. Die Milchleistung ist aber in den letzten 20 Jahren insgesamt so stark angestiegen, dass fast alle Betriebe von dieser Problematik betroffen sind.
Daher sollte bereits beim Stallbau darauf geachtet werden, ausreichend Möglichkeiten zur Abschattung zu schaffen, beispielsweise mittels einer geeigneten Positionierung der Fenster oder Lichtplatten. Am häufigsten vorzufinden sind in den hiesigen Milchviehbetrieben Ventilatoren, die durch eine Erhöhung der Luftgeschwindigkeit für ein angenehmeres Klima sorgen.
Aber auch die Wärmeabgabe durch Verdunstung mithilfe einer Kuhdusche oder Hochdruckvernebelung findet immer mehr Einzug in deutsche Milchviehställe. Welche Lösung vom jeweiligen Betrieb angestrebt wird, sollte eine betrieblich individuelle Entscheidung bleiben. Wichtig aber ist, sich bewusst zu machen, dass eine Minderung der Wärmebelastung für die Tiere notwendig ist.
Auch hinsichtlich der Fütterung können Maßnahmen erfolgen, die die Tiere dabei unterstützen, mit der Wärmebelastung besser umzugehen. Diese beschrieb Dr. Bernd Losand, Fütterungsexperte der LFA MV, folgendermaßen:
Abschließend berichtete Detlef May, Leiter der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung (LVAT) Groß Kreutz, wie dem Thema in der Praxis begegnet werden kann. Im Jahr 2014 wurden in der LVAT Groß Kreutz zusätzliche Lüfter im Milchviehbereich installiert und eine Schlauchlüftung mit drei Luftschläuchen eingebaut.
Letztere wird inzwischen automatisch gesteuert. Sie setzt bei circa 15 °C ein und fährt ab 21 °C auf volle Leistung. Die Schlauchlüftung schafft eine gleichmäßige Belüftung aller Liegeboxen und Fressplätze mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 2 m/s im Liegebereich und verhindert somit Tieransammlungen an einzelnen Lüftern. Zudem ist die Lärmbelästigung geringer als die der vorherigen Lüfter.
Insgesamt sieht May diese Anschaffung als einen Fortschritt und würde sich bei den in Groß Kreutz vorherrschenden Gegebenheiten auch wieder für dieses System entscheiden. Für verbesserungswürdig hält er hingegen die Haltbarkeit der Schlauchlüftung. Da die Kühe die Luftschläuche erreichen können, würde dies zu Beschädigungen führen. Auch müssen die Lüftungsgitter vor der Zuluft regelmäßig von Staub, Stroh und Blättern befreit werden, um eine geringere Leistung durch Schmutzpartikel zu vermeiden.
Corporate Identity Direktvermarktung: Unverwechselbar seinDie Deutsche Lufthansa hat den Kranich als Logo. Die Firma Apple den angebissenen Apfel. Logos sind Bildmarken, die an ein bestimmtes Unternehmen erinnern. Auch Direktvermarkter sollten eins haben.
Von Rolf Leicher
Es muss nicht eine Bildmarke, z. B. eine Feldfrucht (Getreidehalm) oder ein Tier sein. Aus Sicht des Marketings sollen sich Kunden Gedanken machen über den Zusammenhang zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem bildhaften Logo. Auch ein besonderer Firmen-Schriftzug in einer bestimmten Farbe bringt Corporate Identity.
Eine Alleinstellung entsteht durch eine besonderes Firmenschrift, oft ist es nur ein einzelner Buchstabe, der fett oder größer ist oder an der Kante abgeschrägt. Mit einem unverwechselbaren Logo betreibt man erfolgreiches Marketing.
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Das Logo ist Imageträger und schafft Wirkung in der Öffentlichkeit. Die Einführung eines Logos ist eine einmalige Investition, auch ein landwirtschaftlicher Betrieb braucht es, wenn Marketing ein Thema ist.
Typische Einwände dagegen: „Ein Logo brauchen wir nicht.“, „Das bringt überhaupt nichts, man kennt uns doch.“, „Das Logo interessiert unsere Kunden nicht“. Wer sagt denn, dass Marketing unseriös auf Kunden wirken könnte? Auch bei langjährigen, traditionsreichen Betrieben sind Logo und Slogan inzwischen ein aktuelles Thema.
Für das Publikum ist zunächst der Aufmerksamkeitswert wichtig, einen Sympathiewert erreicht man erst später. Für das Logo gibt es zahlreiche Einsatzgebiete: Fuhrpark, Homepage, Rechnung, Stellenangebote, Flyer, Verpackung, Inserate, sogar die Berufsbekleidung. Je häufiger es erscheint, desto schneller vollzieht sich das Einprägen bei Kunden und in der Öffentlichkeit. Die Einführung des Logos muss auf einen Schlag erfolgen, muss alle Bereiche gleichzeitig erfassen.
Auch die Platzierung des Logos hat Bedeutung. Soll es frei im Raum stehen? Oder in einem Kasten? Idealerweise kommt es auch in unterschiedlichen Größen zur Geltung. In der Landwirtschaft eignen sich die Farben braun, beige oder grün, die mit der Natur zu tun haben. Die Farbe Rot wird oft im Landmaschinenhandel benutzt. Auf jeden Fall kommt nur eine Farbe zum Einsatz, das Logo ist kein Bilderbuch. Unter „Logomarket“ findet man im Internet viele gute Beispiele für ein unverwechselbares Erkennungszeichen.
Ein Slogan ist ein kurzes, einprägsames Statement, das den Betrieb erinnerungsfähig macht. Und ein Logo ergänzen kann. Logo und Slogan gehören zusammen, wie Düngemittel und Pflanzen. Bei der Wortwahl haben sich Steigerungen, z. B. „gut-besser-Paulaner“ (Brauerei) bewährt. Mit den ersten beiden Steigerungsschritten wird Spannung aufgebaut. Bei dem dritten Schritt geht es um das Besondere, um den Firmennamen.
Die Zahl drei hat eine besondere Bedeutung. Menschen konstruieren ihre Wirklichkeit gerne in einem Dreierschritt: gut, sehr gut, spitze. Parallelismus nennt man die Methode, wenn man für eine Aussage eine Parallele findet. Beispiel „Essen gut. Alles gut“ (Knorr). Der Leser verweilt nur eine Sekunde im Text, er sucht auch nicht gleich nach der Logik einer Aussage.
Muss ein Slogan logisch sein? Die Schrift darf keine Rätsel aufgeben. Ob Groß- oder Kleinbuchstaben, Hauptsache schnell leserlich, keine Spielereien mit unterschiedlicher Größe der Buchstaben oder Farben. Schräg gestellte Texte brauchen viel Platz und bewähren sich nicht immer, obwohl sie auffallen.
Ein Werbeslogan, einmal erfunden, besteht langfristig und ist völlig unabhängig von den Jahreszeiten oder den Saisonangeboten im Hofladen. Ein Slogan muss sympathisch sein, durch wenige Worte wirken, die schnell ins Gedächtnis des Lesers kommen.
Kurze und emotionale Aussagen, am besten nur einsilbige Worte, kommen gut an: „Trau dich zart zu sein“ (Milka). Sehr originell auch: „Genuss auf ganzer Strecke“ (Bordrestaurant der Deutschen Bahn). Bei der Anzahl der Worte gilt die Obergrenze von sechs Wörtern. Gedächtnisfreundlich zu texten, heißt Worte zu verwenden, die emotional besetzt sind und im allgemeinen Sprachgebrauch üblich.
„Einen guten Slogan muss man nicht verstehen, er hat etwas mit der DNA des Unternehmens zu tun“, meint Walter Gunz, Gründer des Media Marktes. Auch wenn Erstklässler nicht zur Zielgruppe der Kunden gehören, sie sind das beste Testpublikum für die Brauchbarkeit und Wirkung eines Slogans. Beim eigenen Entwurf eines Slogans wird die Datenbank www.slogans.de empfohlen.
Tests haben bewiesen, dass man einen Betrieb auf Dauer am Logo und dem Slogan erkennt. Denn bei einer Befragung konnten sich fast 80 % der Befragten am Slogan erinnern, um welche Firma es sich handelt. Dann heißt es nicht mehr „Ich kaufe bei der Firma XY“, sondern „ich kaufe bei meinem Landwirt“. „Mein Landwirt“ ist ein Kompliment, Ausdruck von Sympathie.
Ein gelungener Slogan verbreitet sich sehr schnell, z. B. auch ein Text wie „Von hier – von Herzen“. Oder: „Wir ernähren Sie“ Oder: „Von Natur aus gut.“ Oder: „Das Beste so nah“ Oder: „Regional ist ideal“. Der Leser nimmt sich beim ersten Lesen nur zwei Sekunden Zeit zur Wahrnehmung, bei wiederholter Wahrnehmung kommen Emotionen hinzu, und der Slogan wird auch mal hinterfragt (Wie soll ich den Text verstehen? Was ist damit gemeint? Was ist das Besondere daran?).
Gerade das ist Ziel des Marketings, der Leser soll sich mit dem Slogan beschäftigen. Auch, wenn er Rätsel aufgibt, weil die Logik fehlt. Das Ziel ist erreicht, wenn Kunden über einen Slogan nachdenken, sprechen, ihn bewerten. Der Slogan muss auf Anhieb sitzen, eine Nachbesserung ist kaum möglich. Der Firmenname kann vor oder nach dem Slogan erscheinen. Von modischen Trends darf er nicht abhängig sein. Der gute Slogan ist ein Erinnerungshelfer, löst beim Kunden ein Bild aus, macht ihn nachdenklich.
Im Internet gibt es viele gute Beispiele, aber man kann auch selbst einen Slogan texten. Mit dem Slogan fordert man nicht direkt zum Kauf auf, er ist ein Zusatz zur Firmenbezeichnung, hat mit dem Leistungspaket nichts zu tun. Was emotionslos ist, prägt sich nicht ein. Warum nicht mal einen Wettbewerb unter den Kunden ausschreiben, mit dem Ziel, eine attraktive Aussage zu finden? Mit einem gelungenen Slogan weckt man die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.
Rinderauktion in Karow: Einblicke in die SpitzenzuchtFallende Milchpreise und Rekordgebote auf Auktionen – wie passt das zusammen? Nur scheinbar ein Widerspruch, argumentiert man bei der RinderAllianz und gewährt Einblicke in die Welt der Spitzenzucht.
Von Ralf Stephan und Detlef Finger
Wie kommt es eigentlich, dass auch in Zeiten niedriger Milcherzeugerpreise bei Auktionen mit Holstein-Spitzengenetik Höchstpreise bezahlt werden? Welches Bild entsteht dadurch außerhalb des überschaubaren Kreises der Top-Züchter? Wäre weniger nicht mehr?
Das fragte sich die Bauernzeitung, als sie die Ergebnisse des 28. Sunrise Sale kommentierte (Bauernzeitung Ausgabe 14/2023, S. 3). Die Auktion in Karow endete mit einem Rekordgebot von 89.000€ für ein zehn Monate altes Jungrind, verschob aber auch beim Durchschnittspreis die Grenze deutlich nach oben.
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Bei der RinderAllianz ist man sich der Problematik durchaus bewusst. „Deshalb haben wir sowohl in unserer Pressemitteilung als auch im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ausdrücklich darauf hingewiesen, warum dies nur scheinbar ein Widerspruch ist“, erklärt Dr. Sabine Krüger, Geschäftsführerin der RinderAllianz, im Redaktionsgespräch mit der Bauernzeitung. Es handele sich eben um zwei verschiedene Geschäftsfelder, die sich zwar gegenseitig bedingen würden, aber nach eigenen Regeln funktionierten. Wahr sei jedoch auch: Noch nie wurde in Europa eine solche Rekordsumme bei einer Verkaufsveranstaltung für Rinder erzielt.
Dass Karow und der Sunrise Sale damit regelrecht an die Spitze der Auktionen katapultiert wurden, sei ein toller Erfolg aller Beteiligten. Angesichts des harten internationalen Geschäfts, welches besonders durch private Unternehmen aus Übersee forciert wird, habe man es als relativ kleine Zuchtorganisation „dringend nötig, dann auch mal richtig auf die „Pauke zu hauen“, sagt Krüger.
Die Geschäftsführerin räumt ein, dass die Spitzenzucht nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der Milchviehhalter ein Geschäft ist. Das sei nicht anders als bei einer Tierschau: Nur drei bis fünf Prozent der Tierhalter zeigen dort ihre Tiere, aber Hunderte interessieren sich dafür, sitzen auf den Rängen und wollen das gemeinschaftliche Event erleben. Die Fortschritte der Zuchtarbeit könnten jedoch alle nutzen. „Die Zahlen aus den Betrieben zeigen doch, dass sich der Aufwand lohnt: die Lebensleistung der Tiere steigt tatsächlich, die Gesundheit wird besser“, so Krüger.
Und warum lohnt es sich für einen Betrieb, einen Rekordpreis für ein zehn Monate altes Jungrind auszugeben? Zuchtexperte Alexander Braune verweist im Redaktionsgespräch darauf, dass Zuchtorganisationen den Käufern solcher Tiere einen umfangreichen Service mitliefern. Zum einen wisse jeder Bieter heute dank der genomischen Selektion anders als früher schon sehr zeitig und mit relativer Sicherheit (60–65 %), welche genetischen Eigenschaften das Tier mitbringt.
DED Rosy, die den Rekordpreis erzielte, ist z.B. homozygot hornlos und bringt damit eine sehr gefragte Voraussetzung mit. „Wir unterstützen den Betrieb dabei, dieses Potenzial auch zu vermarkten“, sagt Braune. Dies geschehe „in Form von Biotechnologie“. Die RinderAllianz unterhält dafür mit ihren fünf deutschen Partnern in der PhönixGroup sogenannte Donorenhotels. Das sind mustergültig eingerichtete Stationen, in denen seit März 2021 Spenderrinder ab dem sechsten Lebensmonat für ungefähr ein Jahr eingestallt werden.
Die „Top-Donoren“ sollen mit mindestens 30 Embryonen ihren Beitrag für die Bullenselektion von morgen liefern. Der Phönix-Partner RBB (Rinderproduktion Berlin-Brandenburg) unterhält eine solche Station in Dabergotz. „Dank dieser ausgereiften Technologie kann der Erwerber eines genetisch hochveranlagten Tieres mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass er relativ schnell mehrere Nachkommen erhält, die einen vergleichbaren Zuchtwert haben wie die Mutter – oder bestenfalls noch höher“, berichtet Braune.
Sind die Tiere also deshalb so teuer, weil aufwändige Biotechniklabore und Donorenhotels unterhalten werden? Das würde Braune im Vergleich zu den traditionellen Zuchtmethoden, deren Ergebnisse erst nach drei bis vier Jahren vorliegen, nicht unterschreiben. „Bullen auf Stationen zu prüfen, kostet nicht nur viel mehr Zeit, sondern erfordert ebenfalls einen hohen Aufwand an Ausstattung, Futter und Personal“, wendet er ein. Zudem schaffe es im Schnitt nur einer von 20 sogenannten Wartebullen zum Spitzenvererber.
Braune zufolge hat die Rinder-Allianz im Vorjahr 31 genetisch hochveranlagte weibliche Tiere auf Donorenstationen und weitere 95 Rinder auf den Betrieben zusammen gut 300 Mal genutzt und dabei knapp 1.200 Embryonen gewinnen können. Weitere 85 seien im Ausland zugekauft worden. Die besten weiblichen und männlichen Nachkommen der Spitzentiere sollen nach Möglichkeit in das Zuchtprogramm einfließen.
Somit wird auch der Zuchtfortschritt in den Ställen der Mitgliedsbetriebe vorangetrieben. „Den Preis bestimmen der Wert des Angebotes und die Nachfrage“, ergänzt Sabine Krüger. Käufer wüssten heute genau, was sie bekämen. „Von einem ein Jahr alten Bullen zu wissen, ob er gesunde Nachkommen haben wird, das ist sensationell und wird vom Markt entsprechend gewürdigt.“
Üblich sei es daher auch, Auktionstiere mit zuvor mit Zuchtorganisationen abgeschlossenen Verträgen für den Ankauf von Embryonen und daraus entstehenden Bullen auf die Bühne zu schicken. Die Geschäftsführerin bestätigt, dass es auf Auktionen Bietergemeinschaften von mehreren Züchtern, aber auch von Züchtern und Zuchtorganisationen gibt, die dann erlösseitig an den Ergebnissen anteilig partizipieren.
Auch die RinderAllianz lege im Einzelfall etwas dazu, wenn es darum geht, ein Spitzentier im eigenen Zuchtgebiet zu halten. „Das ist uns wichtig, und wenn es gelingt, freuen wir uns“, sagt Krüger. Denn moderne Zuchtprogramme bräuchten den stetigen Zufluss immer neuer Genetik. Dieser sei essenziell, um den rasanten Zuchtfortschritt durch die genomische Selektion zu sichern. Die Kosten für Letztere betrügen pro Tier etwa ca. 35 € und würden von der Zuchtorganisation getragen. Relativ sichere Informationen zum genomischen Wert der Tiere machen Auktionen für interessierte Züchter noch interessanter, ergänzt Krüger. Damit ließen sich zudem mehrere Segmente bedienen, etwa Betriebe, die Wert auf Schaukühe legen, andere, die Sonderrassen züchten, oder dritte, die Elitezucht betreiben.
Für jede Kategorie ihrer Mitglieder – auch den „normalen“ Milchviehhalter – halten die Zuchtorganisationen passende Angebote vor. Mancher wünsche sich auch in der Zucht, an traditionellen Verfahren festzuhalten, weiß Sabine Krüger. Einige Landwirte lehnten das genomische Verfahren sogar ab, ihre Zahl werde allerdings zunehmend geringer. Die Frage, warum es große Auktionen braucht, wenn sich manches Geschäft genauso gut oder vielleicht sogar besser „im Stallgang“ abschließen ließe, hält man bei der RinderAllianz für durchaus berechtigt. Denn ein größeres Publikum ist nicht automatisch Garantie für einen höheren Preis. Auf der anderen Seite bleiben bei „Stallgang-Geschäften“ viele Interessenten außen vor. „Auktionen sind als Event wichtig für die Außendarstellung und letztlich für die Züchter, die sich dort präsentieren“, sagt Krüger. Zudem gebe es dort durchgängige Transparenz.
Das gelte ausdrücklich auch für die im Vorfeld getroffenen Absprachen oder bereits abgeschlossene Embryonenverträge: „Jeder Interessent hat dieselben Informationen.“ Nicht zuletzt geht es bei Tierschauen und Auktionen immer auch darum, angesichts der vielen Herausforderungen, vor denen Milchviehhalter täglich stehen, positive Stimmung zu transportieren, fasst Alexander Braune abschließend zusammen. Solche Veranstaltungen haben neben dem geschäftlichen Teil auch einen emotionalen Aspekt. Dazu gehöre ein gewisser Berufsstolz, der hier an den Tag gelegt werde. Nur so lasse sich auch der Berufsnachwuchs motivieren, der sich meist besonders für das Gelingen dieser Veranstaltungen engagiere.
„Futter aktuell“ MV 2023: Faseranstieg schneller als MassezuwachsFür die Produktion hochwertiger Grassilagen kommt es auf den richtigen Schnittzeitpunkt an. Futter aktuell MV 2023 läuft – nachdem einige schon den ersten Schnitt gewagt haben, sollten nun die Niedermoorstandorte im Blick behalten werden.
Von Stephan Milhareck, Marion Dunker, LUFA Rostock der LMS Agrarberatung
Dr. Heidi Jänicke, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern
Die Witterung seit der letzten Probenahme sorgte für gute Wachstumsbedingungen. Das führte beim Ackergras zu einem recht guten Ertragsniveau, im Grünland kam es allerdings nur zu moderaten Zuwächsen. Die Einschätzung, dass bei Erscheinen dieser 3. Mitteilung weitere Flächen die Schnittreife erreicht und teilweise überschritten haben würden, hat sich ebenso bestätigt wie der Unterschied zwischen Ackergras und Mineralbodengrünland, der auf einigen Grünlandflächen noch etwas größeren Handlungsspielraum bieten könnte.
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Auffällig war der überdurchschnittliche Anstieg der Fasergehalte innerhalb der letzten sieben Tage, der in dieser Höhe nicht zu erwarten war. Das gilt für alle drei Standortgruppen. Damit bestätigt sich wiederum, dass die Analysen aktuell geschnittener Futterproben nicht durch Faustzahlen zu ersetzen sind. Gleichzeitig sank erwartungsgemäß die Verdaulichkeit, teilweise unter den Orientierungswert für den ersten Schnitt von 50 ml/200 mg TM.
Hinzu kommen in diesem Frühjahr insgesamt niedrige Rohproteinwerte. Resultierend aus der Gesamtheit der Parameter ergaben sich letztendlich Energiegehalte, die nun mehrfach unterhalb des Zielbereichs liegen. Das Mineralbodengrünland hat im Wesentlichen (hier bis auf einen Standort) die Erntereife erreicht.
Uneinheitlich zeigt sich die Situation auf dem Niedermoorgrünland. Die Schnittreife erscheint zwar auf drei Testflächen bereits überschritten, dieses Ergebnis könnte aber auch durch die Bestandeszusammensetzung überlagert worden sein. Beobachtungen auf weiteren Niedermoorflächen sprechen dafür, dass je nach Ort und Zusammensetzung der Narbe in den letzten Tagen die Massebildung noch im Vordergrund stand.
Somit können bei einem Mahdbeginn zum Ende der 20. Kalenderwoche die angestrebten hohen Futterqualitäten durchaus noch realisierbar sein. Ein Blick in die eigenen Bestände, konkret auf die nahende Blütenstandsentwicklung, ist nach wie vor anzuraten. Insgesamt aber sprechen speziell die Entwicklung in der Woche vor dem Probeschnitt, die aktuellen Analysewerte (siehe Tabelle) und die prognostizierte Witterung für die kommende Woche dafür, auch auf dem Niedermoor in den nächsten Tagen mit dem Schnitt zu beginnen.
Ob sich noch Veränderungen, beispielsweise Massezuwachs ohne weitere Qualitätseinbußen oder Zunahmen im Rohproteingehalt auf den Niedermoorflächen erkennen lassen oder in wieweit die Reife direkt weiter voranschreitet, werden uns die Ergebnisse der nächsten Beprobung zeigen.
Im Projekt AgriSens Demmin 4.0 wollen sich Wissenschaftler mit smarten Wetterstationen und Drohnen auf den Weg machen, mit einer teilflächenspezifischen Beregnung die Erträge abzusichern.
Von Thomas Piernicke (Helmholtz-Zentrum Potsdam), Jan Lukas Wenzel, Julia Pöhlitz (MLU Halle-Wittenburg)
Mit dem fortschreitenden Klimawandel befindet sich auch die Landwirtschaft bereits in einem Umfeld vielfältiger Herausforderungen. Einen Teil dieser Herausforderungen stellen die im Vergleich zu langjährigen Messungen geringer ausfallenden Niederschläge im Frühjahr dar. Diese werden eigentlich genau dann gebraucht, um den Bodenwasserspeicher für die Vegetationsperiode aufzufüllen.
Hier kann nur durch eine gezielte und möglichst effiziente Bewässerung gegengesteuert werden. 2020 wurde mit AgriSens Demmin 4.0 ein Projekt ins Leben gerufen, in dem wir nach Möglichkeiten suchen, mit digitalen und fernerkundlichen Mitteln die Landwirtschaft praxisnah und anwendungsorientiert bei diesen Herausforderungen zu unterstützen. Unter der Federführung des GeoForschungsZentrums Potsdam und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg erarbeiten wir zusammen mit lokalen Partnern wie der Bentziner Ackerbau GmbH Lösungen, wie neben der Vereinfachung der Steinlese oder der möglichst frühzeitigen Abschätzung von Erträgen auch die Gabe von Zusatzwasser auf Kulturen möglichst effizient erfolgen kann.
Für diesen Ansatz wurde das Teilprojekt „Anwendungsfall 4 – Bewässerung“ gegründet, aus dem ein teilschlagspezifisches Wasserbilanzmodell (Abb. Mitte) hervorgegangen ist, mit dem Wasser, Energie und Personenstunden eingespart werden sollen, ohne qualitative oder quantitative Ertragseinbußen hinnehmen zu müssen.
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Da Modelle nur mit langfristigen Beobachtungen zuverlässig „trainiert“ werden können, starten wir mit unserem Experiment in diesem Jahr in die dritte Vegetationsperiode, in der wir unsere Modellkultur, die Stärkekartoffel Waxy cv. Henriette, unter verschiedenen Bewässerungshöhen einer Trommelberegnung erproben und die Effekte beobachten. Um das Prinzip des Modells einfach zu beschreiben, kann man sagen: Mit der tatsächlichen Evapotranspiration als Wasser-Output-Faktor können wir den täglichen Wasserbedarf insgesamt bestimmen und kumulieren.
Durch die Verrechnung mit Niederschlägen und Beregnung als Wasser-Input-Faktoren können wir abgleichen, ob der Bedarf gedeckt wird oder ein Teil ungedeckt bleibt. Hier kann es bei allen Faktoren zu deutlichen Varianzen auf dem Feld kommen, wobei sich zusätzlich Heterogenitäten des Bodens auswirken können. Deswegen funktioniert unser Modell mit einer optimalen räumlichen Auflösung von fünf Metern.
Diese Auflösung kann aber auch beliebig, wenn nötig bis in den Zentimeterbereich oder auch über fünf Meter hinaus, variiert werden. Das kann bei der Anpassung an z. B. andere Ackerkulturen oder Satellitendaten als Ersatz für Drohnendaten günstig sein. Die zeitliche Auflösung liegt bei einem Tag, sodass jeden Tag aktuelle Werte für das Feld vorliegen und Beregnungsvorgänge teilschlagspezifisch geplant werden können.
Um die notwendigen Parameter zu bestimmen und die Wasserbilanz zu berechnen, benötigen wir für unseren Experimentaufbau (Abb. links) aktuell fünf verschiedene Messeinrichtungen:
Um im Experiment die Erträge zu beobachten, fanden in den vergangenen zwei Jahren Erntekampagnen statt, bei denen stichprobenartig Pflanztransekte mit einer Länge von jeweils 15 m manuell geerntet und der Ertrag sowie Stärkegehalt nach der Ernte bemessen wurde. Solche Kampagnen sind aber zukünftig nur noch ein einziges Mal notwendig, wenn das Modell auf eine neue Kultur kalibriert werden muss.
2023 werden wir diesen Versuch um ein Eddy-Kovarianz-System ergänzen. Hiermit ist es möglich, direkt den Wasseraustausch zwischen Boden/Pflanze und der bodennahen Luftschicht zu bestimmen. Diese Ergebnisse können wir nutzen, um das Wasserbilanzmodell zu validieren und zu kalibrieren. Als Teil der Helmholtz-Gemeinschaft werden wir das Modell sowie sämtliche Prozesse, auf die es sich stützt, der Öffentlichkeit zur freien Verfügung stellen, sobald es im Rahmen der Dissertation des Autors veröffentlicht wurde.
Somit können potenziell alle interessierten Landwirte das Modell selbstständig anwenden. Aktuell sind die technischen Herausforderungen für den Endanwender allerdings noch sehr hoch und praktisch kaum umsetzbar. Wir arbeiten aber daran, die Bedienbarkeit und damit die Anwendbarkeit deutlich zu vereinfachen. So planen wir, die regelmäßige Befliegung mit Drohnen durch kostengünstige oder sogar freie Satellitendaten zu ersetzen.
Eine zweite Hürde stellt die aktuell noch große Anzahl an Messstationen im Feld dar. Auch diese wollen wir möglichst auf eine Messstation pro Schlag reduzieren, indem wir ab diesem Jahr einen Cosmic-Ray-Sensor zur Bestimmung der flächenhaften Bodenfeuchte einsetzen. Eine dritte Hürde ist die große Rechenkapazität, die benötigt wird. Hier erarbeiten wir innerhalb eines weiteren Teilprojektes eine cloudbasierte Lösung, unseren Open-Data-Cube.
Ein erster Entwurf zur Benutzeroberfläche kann über den unten stehenden QR-Code angesehen werden. Die aktuellen Entwicklungen teilen wir auf dem Portal www.farmwissen.de mit. Außerdem sind wir mit unserem Projektpartner, der GREENSPIN GmbH, im Austausch über eine kommerzielle Anwendung. So soll letztlich jeder Interessierte selbst entscheiden können, welcher Teil selbst übernommen werden kann oder extern übernommen werden soll.
Die Tierverluste aufgrund von Stallbränden sind viel zu hoch. Auf dem Kongress „Effektiver Brandschutz in der Nutztierhaltung“ Ende März in Seddiner See wurden Ursachen und vorbeugende Maßnahmen vorgestellt.
Von Wolfgang Herklotz
Es war der blanke Wahnsinn!“ So beschreibt Sören Diecke, Stadtbrandmeister von Falkenberg/Elster, den verheerenden Waldbrand vom 25. Juli 2022, der deutschlandweit für Schlagzeilen und großes Entsetzen gesorgt hatte. Als gegen 13.28 Uhr der Alarm ausgelöst wurde, loderten die Flammen auf rund zwei Hektar Forstfläche. Trotz des raschen Einsatzes der Kameraden konnte das Feuer nicht aufgehalten werden, zumal es sich durch wechselnde Winde in verschiedene Richtungen ausdehnte.
Gegen 19 Uhr brannte es bereits auf 170 Hektar, erinnert sich Sören Diecke. „Durch Funkenflug entzündeten sich mehrere Spotfeuer in den gut einen halben Kilometer vom Brandherd entfernten Getreidefeldern.“ Als dann eine sehnlichst erwartete Gewitterfront eintraf, kam damit verbunden ein Sturm mit einer Geschwindigkeit von bis zu 110 km/h), der sich zum Tornado entwickelte. Der angekündigte Starkregen blieb aus. Die starken Böen sorgten für eine heftige Rauchentwicklung und eine Feuerwalze, die sich durch Felder und Wälder fraß.
Plötzlich waren die Einsatzkräfte eingeschlossen und konnten sich in den dichten Qualmschwaden nicht mehr orientieren. „Meine Kameraden sind um ihr Leben gerannt. Zum Glück konnten sich alle vor dem Feuersturm retten“, so Diecke. Mehrere Feuerwehrleute wurden aber verletzt, vier davon so schwer, dass sie in ein Krankenhaus mussten.
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Obwohl mittlerweile mehrere Wehren, so auch aus dem benachbarten Sachsen, mit insgesamt 700 Kräften im Einsatz waren, eskalierte die Lage weiter. Die Brandfläche vergrößerte sich in der Sturmphase, die 20 Minuten andauerte, um 375 ha! Die Feuerwalze zog über Ställe und Scheunen bis in die Ortslage Kölsa-Siedlung. Gegen 20.27 Uhr brannte der erste Stall der östlich gelegenen Sauenzucht-Anlage Kölsa, eine halbe Stunde später der zweite Stall.
Die nur wenige Kilometer entfernten Ortslagen Kölsa und Kölsa-Siedlung mussten evakuiert werden, um nicht noch weitere Menschenleben in Gefahr zu bringen. Gegen Mitternacht schließlich konnte das Feuer eingedämmt werden. Es wütete jetzt auf einer Fläche von rund 800 ha. Die Flammenfront um den brennenden Bereich betrug 15 km. Während 14 Tiere aus dem brennenden Stall gerettet werden konnten, kam für 134 Ferkel und rund 400 Sauen jede Hilfe zu spät. Weitere 5.000 Schweine blieben zum Glück unversehrt.
Vor Ort war in diesen dramatischen Stunden auch der amtliche Tierarzt Burigk, zusammen mit seiner amtstierärztlichen Kollegin Wohlert vom Amt für Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung und Landwirtschaft des Landkreises Elbe-Elster. Beide konnten beim Eintreffen zwar feststellen, dass das schlimmste Szenario nicht eingetreten war.
Die Feuerwehr hatte den Brand unter Kontrolle, ein Übergreifen auf die anderen Ställe konnte verhindert werden. Aber sollte man die Lüftung im Stall ausschalten, damit keine Rauchgase ins Stallinnere gezogen würden? Diese und viele weitere Fragen beschäftigten die Tierärzte, die in engem Kontakt zum Betriebsleiter und zum Krisenstab des Landkreises standen. „Es war besonders wichtig, strukturiert und klar zu handeln und das Gedankenkarussell zu beherrschen, das sich permanent drehte“, so Burigk.
Nach Rücksprache mit der Feuerwehr und dem Betriebsleiter wurde beschlossen, auf eine Evakuierung des restlichen Tierbestands zu verzichten, da die Versorgung sichergestellt werden konnte. Die Belüftung blieb aktiv und sorgte für Frischluft und die Verdrängung von Schadgasen. Klar war jedoch, dass in solch einer Krisensituation die Seuchen-Prophylaxe vernachlässigt werden musste. Burigk: „Die Verhinderung von weiteren Schäden und toten Tieren stand an erster Stelle!“
Diese sehr emotionalen Erinnerungen kamen während des dreitägigen Kongresses zum effektiven Brandschutz in der Nutztierhaltung Ende März zur Sprache, über den wir bereits in der 17. Woche berichteten. Gerade der Stallbrand in Kölsa hatte viele Fragen aufgeworfen. Nach Abschluss der Löscharbeiten gab es einen riesigen Trümmerhaufen von gefährlichen Abfällen. Ehe diese entsorgt werden konnten, war ein bürokratischer, 28 Tage währender Hürdenlauf zu absolvieren.
Als großes Problem stellt sich zudem das Fehlen einer offiziellen Statistik der Brandschäden in der Landwirtschaft heraus. Das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung gibt zwar auf Grundlage gemeldeter Versicherungsschäden als Hauptursachen Brandstiftung, menschliches Fehlverhalten und feuergefährliche Arbeiten an. Doch über die Zahl der Brände in Deutschland gibt es keine genauen Angaben, denn sie werden hier, anders als beispielsweise in Österreich, statistisch nicht erfasst.
Seit 2019 ist allerdings Stefan Stein mit seinem Team „Stallbrände“ dabei, entsprechende Daten aufgrund von Veröffentlichungen zu sammeln. Demnach kam es 2020 zu 2.366 Bränden, im Folgejahr zu 2.343 und 2022 zu 3.099 Bränden. Nahezu zwei Drittel davon entfielen auf Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, berichtete Stein auf dem Kongress am Seddiner See. „Brandenburg bewegt sich da im Mittelfeld. Doch schon die Zahl der im vergangenen Jahr durch Brände getöteten Tiere gibt mehr als zu denken.“
Diese lag im Vorjahr bei mehr als 8.660 Tieren, deutschlandweit waren es 89.421. Registriert wurde ein Sachschaden von 249 Mio. Euro beziehungsweise 241 Mio. Euro in den vergangenen zwei Jahren. „Doch nur in 30 bis 40 Prozent der Berichte wird ein Sachschaden benannt, die Dunkelziffer dürfte also deutlich höher liegen“, so Stein. Er bilanzierte deutschlandweit für 2021 einen durchschnittlichen Sachschaden von rund 428.000 € bei Bränden in der Tierhaltung, über die berichtet wurde. „Der Trend geht nach oben, der Handlungsbedarf ist offensichtlich!“
Als Hauptursachen für Brände in der Landwirtschaft gelten Brandstiftung, menschliches Fehlverhalten wie der nachlässige Umgang mit Kerzen und Zigaretten sowie feuergefährliche Arbeiten wie Schweißen und Trennschleifen. Darauf verwies Dr. Matthias Klaper vom Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V. „Kurzschlüsse und überlastete Elektroleitungen stellen ebenfalls Brandursachen dar, spielen in der Anzahl jedoch nicht solch eine gravierende Rolle wie bei Bränden außerhalb der Landwirtschaft.“
Losgelöst davon kämen jedoch bei elektro-technischen Defekten statistisch die meisten Tiere zu Schaden. Eine mögliche Begründung sah Dr. Klaper in der späten Entdeckung und einer längeren initialen Schwelphase. Daher sei eine regelmäßige Überprüfung der elektrischen Komponenten zu veranlassen. Welche Fehler an der Elektrik sowie Photovoltaikanlage führen hauptsächlich zu Stallbränden?
Lutz Erbe, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger bei der Ingenieurkammer Niedersachsen, führte mehrere Beispiele an, darunter mangelhafte Klemmverbindungen an PV-Anlagen. „Dies kann zu Lichtbögen führen, die dann brennbare Dämmstoffe unter dem Dach entzünden.“ Häufig würden Fehlerstrom-Schutzschalter mangelhaft eingebaut, überbrückt oder gar nicht angeschlossen.
Weitere Ursachen:
Erbe wies nachdringlich auf die Pflicht des Landwirts hin, dafür zu sorgen, dass elektrische Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand überprüft werden. Zugleich müssen die Arbeiten von Fachkräften oder unter deren Aufsicht erfolgen. „Aus Kostengründen auf den Einsatz von Elektrikern zu verzichten, kann sehr, sehr teuer werden!“ Hier Sorgfalt walten zu lassen, ist eine Möglichkeit, um Stallbränden vorzubeugen, aber bei Weitem nicht die einzige.
Das machte Jürgen Kunkelmann, ehemals Forschungsstelle für Brandschutztechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), deutlich. Neben dem baulichen und technischen müsse auch ein organisatorischer Brandschutz gewährleistet werden. „Die Planung von Flucht- und Rettungswegen gehört ebenso dazu wie die Konzeption einer Brandschutzordnung mit objektbezogenen Regeln, was im Ernstfall zu tun ist.“ Zudem sei es erforderlich, einen Brandschutzbeauftragten zu benennen und die Arbeitnehmer regelmäßig zu schulen.
Wie Kunkelmann einräumte, bereiten viele Brandmeldesysteme in landwirtschaftlich genutzten Gebäuden Schwierigkeiten, da die Detektoren durch Staub, Feuchtigkeit oder Dämpfe leicht verschmutzen. Deshalb sollten spezielle Rauchansaugsysteme zum Einsatz kommen. Er gab viele Hinweise zu Ordnung, Sauberkeit und dem Umgang mit offenem Feuer, aber auch zum Vermeiden von Brandstiftung. „Der wirksamste Schutz besteht darin, den Betrieb vor unbefugtem Betreten zu schützen, durch eine solide Einfriedung des Geländes, stabile Sicherung der Gebäude und Beleuchtung.“
Airseeding mit Quadrocopter: Aussaat ohne BodenkontaktGerade, wenn die Arbeit drückt und Flächen nicht befahrbar sind, ist es Zeit für neue Impulse. Ein Thüringer Lohndienstleister will aus der Luft neue ökonomische und ökologische Ansätze bieten.
Der Frühling hat es in sich. Sonst knapper Regen fiel reichlich und ließ die Frühjahrsarbeiten stocken. Dünger wurde in den wenigen trockenen Momenten gestreut, doch die Bestellung der Sommerkulturen musste vielerorts warten, da die Flächen zu nass waren, um befahren zu werden. Keine guten Bedingungen also, jedoch keineswegs alternativlos. In immer mehr Bereichen der Landwirtschaft werden inzwischen sogenannte Unmanned Airial Systems (UAS) eingesetzt.
Ein Pionier auf diesem Gebiet ist Robert Baum. Er hat seine Firma Tree Copter Smart Farming in Riethnordhausen nahe Erfurt angesiedelt und ist seit 2015 als Lohndienstleister im Einsatz. Zentrales Thema ist dabei das sogenannte Smart-Farming, was gerade von jüngeren Landwirten sehr gut angenommen wird und neue ökonomische und ökologische Ansätze eröffnet.
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Das Portfolio des jungen Thüringer Unternehmens umfasst vor allem die Arbeiten, die besonders effektiv aus der Luft erledigt werden können. Wichtigstes Werkzeug ist dabei ein Copter. Dieser hat jedoch im Vergleich zu vielen Geräten, die auf Landwirtschaftsbetrieben eingesetzt werden, beileibe kein Handtaschenformat. Das maximale Abfluggewicht beträgt immerhin 91,5 kg. Mit dem Copter können ein Flächenmonitoring und Feldanalysen mit optischen Sensoren durchgeführt werden, um die Vitalität von Pflanzenbeständen zu überprüfen und daraus ein Zonenmanagement zu entwickeln.
Auch die biologische Maiszünslerbekämpfung und die Fallwild- beziehungsweise die Kitzrettung sind möglich. Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Freiflächenanlagen hat auch die thermografische Inspektion der PV-Anlagen an Bedeutung gewonnen. Bis hier hin alles Bereiche, die von vielen UAS-Modellen geleistet werden können.
Nahezu einzigartig ist laut Robert Baum jedoch die Fähigkeit seiner Drohne, über das sogenannte Airseeding, also die Aussaat aus der Luft, Zwischenfrüchte in stehende Bestände auszusäen. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in der signifikanten Reduzierung der Bodenerosion. Langzeitmessungen auf Dauerbeobachtungsflächen in Deutschland zeigen nämlich, dass jedes Jahr im Schnitt 1,4 bis 3,2 t Boden pro Hektar verloren gehen.
Durch den „Wegfall“ des Bodenkontakts und der nötigen Befahrbarkeit ergeben sich weitere Vorteile. Die Ausbringungszeitpunkte für die Zwischenfrüchte und Untersaaten werden deutlich flexibler. Auf Grund der Reduzierung der Bearbeitungsgänge und Überfahrten kommt es zu weniger Bodenverdichtungen, und das Saatgut kann auch bei Nässe und schlechten Bodenverhältnissen ausgebracht werden. Aus der Luft ergibt außerdem eine gleichmäßige Verteilung der Aussaat durch das homogene Streubild.
Dies kann den Zwischenfrüchten zu einem tüchtigen Wachstumsvorsprung verhelfen. Durch die Ausbringung in den stehenden Bestand der Hauptkultur können sich die Zwischenfrüchte frühzeitig etablieren und effektiv wachsen, da ihr längere Vegetationszeiträume zur Verfügung stehen. Dunkelkeimer wie Phacelia oder Ramtillkraut profitieren außerdem von der Verschattung durch die Hauptkultur.
Aus dem Vorsprung erwachsen weitere Vorteile für die gesamte Fruchtfolge. Direkt nach der Ernte der Hauptkultur besteht eine Schattengare, sodass eine zusätzliche Bearbeitung entfällt. Ausfallgetreide und Unkraut werden frühzeitig sofort nach der Ernte unterdrückt. Stickstoff wird sehr effektiv im System aus Boden, Hauptkultur und Zwischenfrucht gehalten, was zur Senkung der Betriebskosten beitragen kann.
Je nach Zwischenfrucht können Nematoden bereits in der Hauptkultur bekämpft werden, und insgesamt kann sich die Bodenfruchtbarkeit durch die Durchwurzelung und den verstärkten Humusaufbau verbessern. Jede wendende Bodenbearbeitung fördert die Austrocknung des Bodens. Bodenverdichtungen erhöhen das Risiko von Wassererosionen, besonders nach langer Trockenheit mit anschließendem Niederschlag. Verdichtete Böden können kein Wasser aufnehmen. Außerdem zerschlagen Regentropfen, die auf der Erdoberfläche auftreffen, die Bodenteilchen in feine Partikel.
Zwischenfruchtbestände halten Stickstoff im System Boden-Pflanze und binden zusätzlich CO2. Daraus resultiert eine erhöhte Stickstoffverfügbarkeit im Frühjahr bei sonst gleichen Bedingungen. Dies wiederum hilft, zusätzlichen N-Dünger einzusparen und Kosten zu senken. Doch es gibt auch einige wichtige Dinge zu beachten:
So vielfältig die Vorteile des neuen Aussaatverfahrens sein können, so einfach will Robert Baum die Abwicklung der Dienstleistungen gestalten. Pro Hektar Zwischenfruchtaussaat berechnet er bei einer Gesamtfläche von 25 ha beispielsweise 40 € netto pro Hektar. Das Saatgut wird dabei vom Kunden gestellt.
Bestellt werden kann die Dienstleistung einfach online in seinem Firmenportal. Bei allem Smart-Farming erfolgt die Beratung aber weiterhin persönlich. Bereits einen Schritt weiter ist man in Buttelstedt beim Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut der Landesanstalt. Feldbauleiter Andreas Kröckel setzt in diesem Jahr zum ersten Mal bei der Untersaat auf die Drohne von Robert Baum. Wir haben uns den Einsatz angesehen.
Rapsanbau Bestandesführung: Praktiker im InterviewEine Nachwinterbonitur im Raps hilft bei Planung der Frühjahrsmaßnahmen. Doch der Wind wird rauher. Landwirtin Doreen Schäfer und Rapsfachmann Rainer Kahl teilen ihre Erfahrungen mit uns.
Doreen, auf wie viel Prozent Eurer Fläche baut Ihr Raps im Schnitt an und wie viel Hektar sind es in dieser Saison?
Doreen Schäfer: Im Schnitt sind es zwischen zwölf und fünfzehn Prozent. In diesem Jahr steht bei uns Raps auf 235 von unseren 2.000 ha. Hauptkultur ist bei uns aber weiterhin der Weizen mit 30 Prozent Flächenanteil. Insgesamt bauen wir zehn Kulturen an und haben den Raps aufgrund von Kohlhernie und der Ertragsstagnation in den letzten Jahren stark reduziert. Vor 20 Jahren hatte unser Betrieb noch 650 ha Raps im Anbau.
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Wie intensiv führt Ihr den Raps?
Doreen Schäfer: Der Winterraps ist bei uns eine relativ extensive Kultur, worauf ich auch sehr stolz bin. Wir sind auch Referenzteilnehmer an der Betriebszweigauswertung der Landesforschungsanstalt und sorgen dort hin und wieder für Staunen, wenn wir sagen, dass wir auf ansonsten typische Maßnahmen der Bestandesführung im Raps verzichten.
Was genau bedeutet extensiv?
Doreen Schäfer: Bei Stickstoff, Grunddünger und Mikros machen wir all das, was wir nach Analyse müssen und gesetzlich auch dürfen. Im Pflanzenschutz sind wir aufgrund unserer Lage in einem Urlaubsgebiet schon seit ein paar Jahren vollständig von Clomazone weg und machen alles im Nachauflauf beziehungsweise mit der Hacke.
Allerdings muss ich sagen, dass vor allem in den letzten zwei, drei Jahren das Hacken aufgrund von Starkregenereignissen oft zwingend notwendig gewesen wäre, aber wir im Herbst mit der Hacke nicht auf den Acker gekommen sind. Mal war es zu nass, dann wieder zu trocken mit zu viel Kluten und Stroh. Und in diesem Frühjahr wiederum ist es bis jetzt noch zu nass zum Hacken, obwohl es für den Bestand längst höchste Eisenbahn wäre.
Weil die Bestände jetzt in die Höhe gehen und die Reihen schließen?
Doreen Schäfer: Genau. Die Hacke wird eigentlich per Kamera durch den Bestand geführt. Das funktioniert aber nur solange, wie es erkennbare Reihenzwischenräume gibt. Auch Fehlstellen im Bestand führen dazu, dass unser Fahrer die Hacke per Hand steuern muss. Das setzt dem System mechanische Unkrautbekämpfung eindeutig Grenzen.
Rainer Kahl: Man sollte keine zu hohen Erwartungen an das Hacken haben. Wenn man zum Einstieg ein Drittel seiner Fläche anstrebt, kann man gut Erfahrungen sammeln. Anfangen sollte man auf bekannten Durchwuchsstandorten. Gerade bei ungünstiger Witterung können die Arbeitszeitspannen sehr kurz sein.
Wer dann auf Lohnunternehmer angewiesen ist, muss evtl. einen (schlechten) Kompromiss eingehen. Hacken ist längst nicht auf allen Böden möglich und erhöht in hängigen Lagen das Erosionsrisiko. Auch erfordert es weite Reihenabstände. Raps auf Sandböden schafft bei Trockenheit und Hitze aber nicht die nötige Verzweigung, um die weiten Reihen dicht zu ziehen. Die Unkrautunterdrückungskraft ist auch eingeschränkt. In der Reihe stehen die Pflanzen zu eng. 25 cm Reihenabstand werden selten verwendet. Aber 25er Reihe mit 25–30 Pflanzen/m2 ergibt eine gute Bestandesdichte mit optimaler Standraumverteilung.
Doreen Schäfer: Wir haben es 2019, 2020 und 2021 geschafft, unsere komplette Rapsfläche zu hacken. Es herrschten optimale Bedingungen im Herbst und alles lief perfekt. Das ging sogar soweit, dass ich dachte, wir können komplett auf Herbizide im Raps verzichten. Aber die letzten zwei Jahre haben uns das Gegenteil bewiesen. Auch unsere Bodenbearbeitung zu Raps haben wir mehrmals angepasst.
In unseren anfänglichen Großparzellenversuchen zum Hackeinsatz haben wir gesehen, dass pfluglose Bestellung nicht dazu passt, vor allem, wenn Quecken und Stroh zusammen auftreten. Also haben wir ab 2018 wieder komplett zu Raps gepflügt. Dann aber kamen die Starkregenereignisse und ließen den Raps im Herbst total untergehen.
Im letzten Jahr hatten wir die Nase voll, und wir sind wieder auf pfluglos zurückgeschwenkt, denn vor allem das Problem der Verschlämmung ist so minimiert. Nun konnten wir aber letzten Herbst nicht hacken und auch jetzt sieht es so aus, als ob der Raps schneller wächst als der Acker trocknet …
Also ein Argument für den Einsatz von Herbiziden?
Doreen Schäfer: Ja, Chemie geht immer. Wir halten uns durch die Nachauflaufbehandlung zwar immer die Option offen, zu hacken. Aber wenn die Bedingungen es nicht zulassen, müssen wir Herbizide einsetzen. Toll, dass wir diese Möglichkeit noch haben. Aber wir müssen uns auf 2030 vorbereiten, wenn der Pflanzenschutzmitteleinsatz halbiert wird. Wer weiß, was wir dann alles nicht mehr haben werden.
Rainer Kahl: Der Referenzzeitraum für die Halbierung wird noch diskutiert. Das Jahr mit dem geringsten Einsatz als Bezug für die Halbierung wäre der schlechteste Fall. Aber noch weiß keiner, was am Ende beschlossen wird.
Was bedeutet diese Reduktion für Euch als Betrieb konkret?
Doreen Schäfer: Ich versuche es am stark vereinfachten Beispiel unserer Pflanzenschutzmittelausgaben zu erklären: In der Region Greifswald gibt es auf Bestreben unserer öffentlichen Verpächter (Stadt, Universität, Stiftungen) bereits seit geraumer Zeit ein Pflanzenschutzmittelreduktionsprogramm.
Wir als Betrieb haben aufgrund unserer Anbaudiversität in den letzten zehn Jahren unsere Ausgaben für Pflanzenschutz halbieren können. Statt das zu honorieren, werden wir über den Referenzzeitraum im Gegenteil noch bestraft, weil wir ab 2030 dann noch mal um die Hälfte runter müssen. Genauso ist es mit den roten Gebieten.
Wir setzen seit 2004 in den Hauptkulturen den N-Sensor ein. Auf vier Flächen liegen die Referenzflächen unserer Fachbehörde (LFA). Seit 1996 sind wir Referenzfläche für Nmin. Wir haben im Laufe der ganzen Jahre, spätestens seit der Düngeverordnung von 2006 ganz bewusst den Stickstoffeinsatz zurückgefahren. Wir waren immer zielstrebig, das zu schaffen und haben es auch.
Und jetzt?
Doreen Schäfer: Wir bauen auf 40 Prozent der Fläche Sommerkulturen an. Wir sind mit unseren Ertragsniveaus immer unter dem Mittel. Das ist aber in Ordnung, solange die Ökonomie stimmt. In jedem Fall haben wir das Stickstoffniveau unheimlich gesenkt und bekommen jetzt noch 50 Prozent rote Gebiete. Schönen Dank auch!
Diejenigen, die vorangehen, werden bestraft. Wir investieren in Technik und machen uns einen Kopf. Erst danach kommen die Förderprogramme, von denen wir nie profitieren. Initiative wird nicht belohnt, sondern bestraft. Wir machen gerade eine Rolle rückwärts im Raps.
Die Rahmenbedingungen sind also alles andere als günstig. Wie schätzt Ihr die Bestände aktuell ein?
Rainer Kahl: Das Frühjahr ist sehr nass. An vielen Stellen hat die Frühjahrsbestellung immer noch nicht angefangen. Im Hinblick auf den Raps sind diejenigen Bestände die gesündesten, die Ende August, Anfang September in die Erde gekommen sind. Für mich beginnt die Bestandesführung mit der Wahl des Saattermins.
Macht man Einzelkornsaat? Wird eine kleine Startgabe unter Fuß gegeben? Bis zu 30 Kilo N im Herbst sehen meist sehr gut aus. Zwar muss man die zu 100 Prozent im Frühjahr abziehen, aber die Bestände danken es einem. Ich befürchte, dass diejenigen, die sehr früh drillen, immer wieder von den Starkregenereignissen Ende August getroffen werden. Zudem fördern Wärme plus Feuchtigkeit die Infektionsbedingungen für Verticillium.
Die Infektion erfolgt bereits im Herbst, wird aber erst zur Abreife sichtbar. Ich vermute also, dass die Frühsaaten in Mecklenburg Vorpommern dieses Jahr stärker gefährdet sind. Was die Sortenwahl betrifft, kann ich für unser Rapool-Material sagen, dass die Sorten im Herbst brav am Boden bleiben und nicht zu schnell aufstängeln. Wüchsigkeit kann einem Bestand auch zum Verhängnis werden.
Wie sieht es mit den Beständen in Groß Kiesow aus?
Doreen Schäfer: Was ich mich noch nicht traue, obwohl die amtlichen Versuche es so schlussfolgern lassen, ist im Herbst auf Wachstumsregler zu verzichten. Neben der Nachauflaufbehandlung Herbizid fahren wir im Herbst noch ein Fungizid. Da beobachte ich aber noch weiter, was die einzelnen Sorten bringen. Im Frühjahr gucken wir sehr genau und sehr entspannt darauf, was die Insekten machen.
Wir gucken in den Schlag hinein und warten auf die Ankunft der Käfer. Wir behandeln nur, wenn es notwendig ist. Dabei gab es in der Vergangenheit Jahre, in denen wir im Frühjahr nur zur Stickstoffdüngung auf dem Raps waren. Auch die Blütenbehandlung hat für mich nicht mehr den Stellenwert. Die Beachtung der Fruchtfolge ist hier besonders wichtig. Außerdem arbeiten wir sehr intensiv mit Prognosemodellen und beobachten die Wetterlage.
Wie sieht es mit den Nachbarn in der Bevölkerung aus? Steht Ihr unter Beobachtung?
Doreen Schäfer: Wir haben in unserem Betriebsbereich mit einem Durchmesser von gut 15 Kilometern insgesamt zehn Imker, die ich kenne und mit denen wir zum Teil zusammenarbeiten. Aber die Dunkelziffer bei den Hobbyimkern ist so hoch, und von denen meldet sich auch keiner bei uns. Allein deshalb müssen wir sehr aufpassen, wann und was wir tun. Wir stehen unter Beobachtung.
Kohlhernie ist auf Euren Flächen ein Thema. Standfestigkeit und Winterhärte sind wichtig. Was zählt bei der Sortenwahl?
Doreen Schäfer: Wir sind in der Vergangenheit relativ konservativ gewesen. Aber jetzt sind gerade über Rapool viele neue Sorten zugelassen worden, die sehr gut sind. Leider haben wir in diesem Jahr auch viele Kohlhernieflächen im Anbau, sodass wir hier Crocodile angebaut haben. Gerade Crocodile macht bei uns unter fast allen Umständen einen brauchbaren Ertrag.
Rainer Kahl: Die Sorte ist genetisch verwandt mit der Sorte Smaragd.
Doreen Schäfer: Und Smaragd war bis letztes Jahr unsere Hauptsorte, die bei uns immer sehr gut funktioniert hat.
Aber Ihr baut resistente Sorten nur auf Kohlhernieflächen an, richtig?
Doreen Schäfer: Ja, denn ich bin froh, wenn ich möglichst viel von den Sorten anbauen kann, die alles mitbringen, Ertrag, Gesundheit und Öl. Nur befallene Flächen bekommen eine resistente Sorte.
Das Ziel ist ambitioniert: Ein Innovationsprojekt möchte für Thüringen einen fahrbaren Schlachthof entwickeln. Neben rechtlichen und technischen Fragen dreht es sich um den wirtschaftlichen Betrieb.
Nahezu 30 % der an vollmobiler Schlachtung Interessierten sehen in der Wirtschaftlichkeit die größte Herausforderung für das Verfahren. Mit knapp 23 % folgt bereits der behördliche Aufwand und mit rund 16 % die Verfügbarkeit von Fleischern. Diese Ergebnisse lieferte vorige Woche eine Umfrage unter den knapp 120 Teilnehmern des Online-Seminars „Vollmobile Schlachtung in Thüringen“ – und sie ist freilich nicht repräsentativ.
Erstmals präsentierte sich hier das gleichnamige Thüringer Projekt der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP), das Mitte letzten Jahres seine Arbeit aufnahm, in einem öffentlichen Seminar. Gefördert mit Eler-Mitteln, arbeiten hier federführend das Ingenieurbüro Robby Tulke in Weida, der Thüringer Verein Weideschuss, die Tierarztpraxis Irina Rusch, der Thüringer Bauernverband und die Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig zusammen.
Hinzu kommen neun haupt- und nebenerwerblich tätige Landwirtschaftsbetriebe sowie assoziierte Partner, die das Vorhaben fachlich begleiten (u. a. TLLLR, SVLFG, Kassel).
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Ziel dieses EIP-Projekts ist die Konstruktion und EU-rechtlich zulassungsreife Planung einer vollmobilen Schlachteinheit für mehrere Tierarten, um gewerbliche Schlachtungen am Haltungsstandort/am Hof zu ermöglichen. Die Konzeptplanung erfolgt dabei in Abstimmung mit dem Sozialministerium und dem Landesamt für Verbraucherschutz (TLV) in Bad Langensalza.
Wunsch der Partner ist es, in einem Folgeprojekt den Bau und die Erprobung des mobilen Schlachthofes zu realisieren. Wie Projektleiter Robby Tulke im Online-Seminar erläuterte, habe man keine technische Lösung am Markt finden können, die den Ansprüchen genügt. Daher verfolge man die eigene Entwicklung eines fahrbaren Schlachthofes.
Bevor Tulke seine technischen Überlegungen präsentierte, ordneten Dr. Philipp Rolzhäuser vom Institut für Lebensmittelhygiene der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und Dr. Heike Palla vom Sozialministerium die rechtlichen Rahmenbedingungen ein. Mit den neuen Möglichkeiten, die 2021 die EU-Kommission für das „Schlachten im Herkunftsbetrieb“ geschaffen habe, verbindet sich Rolzhäuser zufolge vor allem das teilmobile Schlachten.
Dieses umfasst die Hoftötung mittels Bolzen- oder Kugelschuss sowie das Entbluten auf dem Hof. Hiernach müssen die Tiere innerhalb von zwei Stunden zu einer Schlachtstätte verbracht werden. Pro Schlachtvorgang ist die Zahl der Tiere auf drei Rinder, sechs Schweine oder drei Equiden begrenzt. Die vollmobile Schlachtung gestattet neben dem Töten/Betäuben und Entbluten alle Schlachtarbeiten bis zur Grobzerlegung.
Die Anforderungen an diese mobile Schlachtstätte gleichen denen eines stationären Schlachthauses. Rechtlich ist die Zahl der zu schlachtenden Tiere nicht begrenzt. Dies, so ergänzte Dr. Heike Palla, regelt die Genehmigungsbehörde, in Thüringen also das TLV. Die maximal zulässige Leistung werde etwa bestimmt von der Sicherstellung eines hygienisch einwandfreien Schlachtens oder den Kühlkapazitäten.
Pallas erläuterte zudem, dass in den EU-Regeln Schafe und Ziegen noch nicht erfasst sind, was aber in absehbarer Zeit passieren wird. Sie erinnerte die Teilnehmer an den kürzlich vorgelegten Thüringer Leitfaden zum Mobilschlachten, der auf knapp 20 Seiten alle rechtlichen Voraussetzungen für das mobile Schlachten darstellt. Zudem erörtert er ausführlich die engen Bestimmungen für den Kugelschuss.
2022 hatten gut ein Dutzend Landwirte eine zuvor beantragte Erlaubnis für diese Methode. Robby Tulke erläuterte hiernach die technischen Überlegungen hin zu einem Lkw-Anhängergespann. Die Schlachteinheit soll autark von Strom und Wasser sein, muss die tierartspezifischen Anforderungen der Schlachtpraxis auf engstem Raum gewährleisten, will Kühlzellen mitliefern, soll zeitsparende und unkomplizierte Abläufe garantieren und schwierige Anfahrtswege bewältigen.
Unabhängig von der technischen Raffinesse, das betonte der Ingenieur mehrfach, besitze die Wirtschaftlichkeit höchste Priorität. In einer ersten groben Schätzung bezifferte Tulke die Investitionskosten für den fahrbaren Schlachthof auf fast 900.000 € und die jährliche Betriebskosten, inklusive Personal und Betriebsmittel, auf gut 400.000 €.
Neben Konstruktions- und zulassungskonformen Betriebsplänen sowie belastbaren betriebswirtschaftlichen Kalkulationen wollen die Partner des Projektes bis Ende des Jahres auch Ideen für ein Betreibermodell des fahrbaren Thüringer Schlachthauses vorlegen. Eine Projekt-Homepage informiert fortlaufend über die Entwicklungen.
Noch steht die Aussaat bevor. Doch bald droht den Maisbeständen wieder Gefahr durch den Maiszünsler. Durch die Weiterentwicklung eines Lohnunternehmers wird die biologische Bekämpfung vereinfacht.
Von Barbara Ilse
Die Raupen des Maiszünslers können erhebliche Schäden an den Maispflanzen verursachen. Sie überwintern in den Maisstoppeln und verpuppen sich im Frühjahr. Die Falter schlüpfen im Mai und die nächste Generation, pro Falter etwa 500 Insektenlarven, kann sich im Frühjahr über den nächsten frischen Mais hermachen.
Sie bohren sich durch Stängel, Blüten und Kolben, schwächen den Stängel, der dann oft abbricht. Es wird geschätzt, dass weltweit etwa vier Prozent der jährlichen Maisernte durch diese bis zu zwei Zentimeter langen Schädlingsraupen zerstört werden.
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Der Maiszünsler braucht zur Entwicklung Wärme und so wandert der ursprünglich eher in Süd- und Mitteleuropa, Nordafrika, sowie in Teilen Asiens vorkommende Schädling aufgrund der Klimaerwärmung nun in Richtung Norden voran. Um den teilweise auftretenden Massenvermehrungen Herr zu werden, setzt man in Ungarn zum Beispiel auf Insektizide. Das Land Baden-Württemberg beispielsweise fördert Maßnahmen gegen den Zünsler.
Dabei setzt man auf biologische Bekämpfung: Mit speziellen Drohnen werden Zellstoffkugeln mit Schlupfwespen (Trichogramma) in verschiedenen Entwicklungsstadien auf die betroffenen Felder ausgebracht. Pro Kugel sind das etwa 1.000 Schlupfwespen. Diese mögen die Eigelege des Maiszünslers zum Fressen gern – sie parasitieren diese.
Die niedersächsische Firma Biocare GmbH züchtet Schlupfwespen für den deutschen Markt, stellt die Schlupfwespenkugeln und die Kugelwerfer her und fand in Sachsen-Anhalt die Blunk GmbH in Vahldorf als Vertriebspartner. Das ursprünglich aus Schleswig-Holstein kommende Lohnunternehmen hat mittlerweile fünf Standorte. Am Standort Vahldorf bei Haldensleben in Sachsen-Anhalt beschäftigte sich der Fachmann für Agrartechnik, Helge Witt, seit 2021 mit dem Thema Maiszünslerbekämpfung.
Die Biocare-Drohne schafft es zwar, auf ziemlich großer Fläche die pro Hektar nötigen rund 1.000 Kugeln auszubringen. Aber es dauert relativ lange und kostet somit zu viel. Witt probiert und grübelt: „Das Problem ist, dass der Mais zur günstigen Maiszünslerbekämpfungszeit im Juni/Juli bereits 1,20 bis 1,80 Meter hoch ist. Traktoren machen dann auf jeden Fall Schaden an den Pflanzen.“
Aber der Spezialist kennt sich aus mit Pflanzenschutztechnik und verbaute zwei der Kugelwerfer am Spritzgestänge auf einen höhen- und spurverstellbaren Horsch Leeb VL. Die selbstfahrende Pflanzenspritze gewährleistet, dass rechtzeitig vor dem Höhepunkt des Maiszünslerflugs die Bestände flächendeckend mit Trichogrammakugeln behandelt werden können.
Die bis auf zwei Meter hochfahrbare Spritze kann ihre Arme links und rechts auf jeweils 26 m aufklappen, hat also eine Arbeitsbreite von insgesamt 52 m. Bei Arbeitsgeschwindigkeiten von 15–20 km/h schafft sie das pneumatische Auswerfen der Kugeln auf 20 ha/h. Die Kosten für den Landwirt belaufen sich dabei auf 25 €/ha. Hinzu kommen die Kosten für die Kugeln, welche je nach Befall zwischen 37–55 €/ha liegen.
In Sachsen-Anhalt haben Blunk-Mitarbeiter dieses Verfahren schon auf mehreren hundert Hektar erfolgreich eingesetzt und das Verfahren mit ihren Erfahrungen nun noch einmal verfeinert. Grundlage für die Bekämpfung der Raupen des kleinen Falters ist ein Monitoring im Juni. Dafür werden Lichtfallen eingesetzt, die aus einer Leuchtstoffröhre und einem Fangnetz bestehen. „Wenn weibliche Schmetterlinge im Netz sind, sollte eine Bekämpfung gestartet werden“ empfiehlt Helge Witt. Auch die Ausbringzeit und Kugelmenge werde danach festgelegt.
Am 23. Juni 2022 wurde zum Beispiel in Bernburg der erste Maiszünsler gesichtet, weiß Witt. Dort sei das Problem bereits vordringlich, aber auch auf Feldern um Wanzleben und Oschersleben halte der Maiszünsler Einzug. Witt hat deshalb auch nur noch wenig Hoffnung, dass das Thema Maiszünsler an den Bauern der Region vorbeischramme.
Sie könnten aber selbst einiges tun, um der Vermehrung wenigstens Einhalt zu gebieten. Fachmann Witt nennt es „fehlende Hygiene im Ackerbau“, wenn die Maisstoppeln zu hoch oder nur abgeknickt sind. Sein Tipp: „Die Maisstängel sollten unbedingt unter dem ersten Knoten gehäckselt und anschließend beim Mulchen zerstört werden.“
Und je mehr Landwirte sich daran beteiligten, umso wirksamer seien die Maßnahmen. Witt wünscht sich, dass dem Thema mehr Beachtung geschenkt werde und dass die betroffenen Landwirte Unterstützung bekämen.
Eine Langzeitstudie hat den Bruterfolg Prignitzer Weißstörche in Beziehung zu messbaren Umweltfaktoren gesetzt und zieht Schlüsse.
Entlang der Grenzen von Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt erstreckt sich die mittlere Elbtalaue. Der Weißstorch ist hier so verbreitet wie nirgendwo sonst in Deutschland.
In der Prignitz trägt der Ort Rühstädt seit 1996 den Titel „Europäisches Storchendorf“. Noch. Denn die Prignitzer Störche brüten mit schwindendem Erfolg, und der könnte anhalten.
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Das belegt eine Studie, die Freitag voriger Woche veröffentlicht wurde. Seit 1970 findet im Landkreis Prignitz eine flächendeckende Bestandsaufnahme aller Weißstorchhorste und des Bruterfolgs statt. Koordiniert wird die Bestandsaufnahme durch die Fachgruppe Ornithologie im Kreisverband des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu).
Ein einzigartiger Datenbestand, der nun durch das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) ausgewertet wurde. Der Studie zufolge hat sich in den vergangenen 53 Jahren die Anzahl der Prignitzer Weißstorchbrutpaare auf etwa 200 Paare verdoppelt. Gleichzeitig habe der Bruterfolg leicht abgenommen und sei in den vergangenen sieben Jahren sehr gering ausgefallen.
Steht dieser Rückgang im Zusammenhang mit den sechs Umweltfaktoren Temperatur, Niedeschlagsmenge, Starkregentage, Oberbodenfeuchte, Gesamtbodenfeuchte und Elbwasserstand? Dieser Frage gingen die Autoren mithilfe einer Hauptkomponenten-Regressions-Analyse nach, die Basis für ein wissenschaftlich solides „Ja“ wurde.
Sie ergab, dass zunehmende Starkniederschläge, Niedrigwasser in der Elbe und geringere Bodenfeuchte mit einem niedrigen Bruterfolg der Weißstörche in Beziehung stehen. Gerade diese Umweltfaktoren würden zu den prognostizierten und bereits messbaren Folgen der Klimaveränderungen in der Prignitz gehören.
Um den Bruterfolg zu sichern, schlagen die Autoren Maßnahmen wie den Rückbau von Entwässerungseinrichtungen, die flächige Erhöhung von Grabensohlen oder eine kleinteilige, zeitlich versetzte Mahd vor. Dass sie „eine generelle Intensivierung der Landwirtschaft“ und gar den „Umbruch von Dauergrünland zu Ackerflächen“ pauschal und ohne Beleg als Gründe für eine schlechte Nahrungsgrundlage für die Störche nennen, ist ärgerlich. Denn das war gar nicht untersucht worden.
Studie unter: kurzelinks.de/stoerche