Die Zuckerfabrik Anklam bittet Zuckerrüben-Anbauer in Mecklenburg-Vorpommern für die gestiegenen Energiekosten zur Kasse. Der Preis für die Kostenbeteiligung wurde vom Verband ausgehandelt. Was müssen Landwirte bezahlen?
Von Astrid Wiebe
Zahlreiche Zuckerrüben-Anbauer in Mecklenburg-Vorpommern haben sich laut Medienberichten zu Wort gemeldet und die Zuckerfabrik Anklam kritisiert. Der Grund: Die Landwirte sollen sich an den gestiegenen Energiekosten der Zuckerfabrik beteiligen. Und das nachträglich, denn es gehe um Nachzahlungen aus der Ernte 2023/2024, die bereits abgeschlossen ist und nun auch abgerechnet werden soll.
Dass die Anbauer erst jetzt die Rechnung präsentiert bekommen, stößt auch bei Marco Gemballa, Vizepräsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern und Zuckerrübenanbauer auf Unverständnis: „Die Saison 2023/2024 begann Anfang September des letzten Jahres, und ich gehe davon aus, dass die Fabrik ihre Energieversorgung vorher preislich abgesichert hat. Im Jahr 2023 sind die Energiepreise insbesondere bei Gas an den Börsen und Märkten wieder erheblich gesunken. Wie das im zeitlichen Zusammenhang steht, der Preisrückgang und der Einkauf der Energie seitens der Fabrik für diese Kampagne, das kann ich nicht sagen. Wenn aber schon vor dem Beginn der Kampagne 2023/24 klar war, dass es erhebliche Faktoren gab, die eine Minderung des Rübenpreises rechtfertigen, dann stellt sich die Frage, warum erst seit Sommer 2024 darüber diskutiert wurde.“
Jedenfalls sei es so, dass die Kostensteigerung bei Gas als ein Argument herangezogen werde, um die Landwirte nachträglich zur Kasse zu bitten. Und das Ganze ein Jahr später, nachdem die Kampagne 2024/2025 schon längst gestartet sei, so der Vizepräsident.
4,35 € pro gelieferter Tonne Rüben der aktuellen Rübenkampagne 2024/2025 seien bereits abgezogen worden, heißt es laut Anklamer Anbauverband für Zuckerrüben (AVZ). Der AVZ ist die Interessenvertretung der ca. 340 Zuckerrübenanbauer und Ansprechpartner der Zuckerfabrik in allen Vertragsfragen. „Es gibt eine allgemeine Klausel in dem Vertrag, der 2021 abgeschlossen wurde und noch bis 2026 besteht. Die Vertragsparteien sind zu einem Nachverhandeln verpflichtet, wenn es zu außergewöhnlichen wirtschaftlichen Umständen kommt“, erklärt Christian Ehlers, Geschäftsführer des AVZ.
Die Höhe der Kostenanpassung stehe nicht in dem Vertrag, sondern müsse ausgehandelt werden. Daher habe es intensive Nachverhandlungen zwischen der Fabrik und dem AVZ-Vorstand gegeben.
Nachdem das Ergebnis von 4,35 Euro feststand, habe der Verband die Mitglieder am 7. Oktober 2024 sofort schriftlich in Kenntnis gesetzt. Vereinbart wurde außerdem, diese Mehrkosten in Höhe von 4,35 €/t bei Auszahlung der dritten Rate aus der aktuellen Kampagne zu berechnen. Laut AVZ erfolgte dies am 9. Oktober 2024. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht und uns intensiv mit der Sachlage auseinandergesetzt. Auch haben wir uns Rat bei Juristen und Experten geholt“, so Christian Ehlers.
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Ruven Hener hat lange die ökologische Mutterkuhhaltung auf Gut Temmen (Brandenburg) geleitet. Mit dem Kugelschuss auf der Weide möchte er seinen Rindern ein würdevolles Ende bereiten. Mit Geduld und guten Partnern gelingt ihm das.
Nach dem dritten Schuss geht alles sehr schnell. Jeder im Team von Ruven Hener weiß, was seine Aufgabe ist. Die Handgriffe sitzen und fügen sich zu einer eigentümlichen Inszenierung, die nur wenige Minuten dauert und mit zwei entbluteten Rindern auf einem Spezialanhänger endet. Fast jeden Mittwoch werden in Temmen zwei Rinder der Rasse Uckermärker hofnah getötet, nach Kerkow gefahren und in der dortigen Hofschlachterei zerlegt und verarbeitet.
Fast Routine, und doch ist es an diesem Morgen anders: Etwa 20 meist junge Frauen und Männer stehen auf einer kleinen Anhöhe und verfolgen von dort jeden Handgriff. Einige der Beobachter praktizieren ihn bereits, andere denken über eine Umsetzung im eigenen Betrieb nach, wieder andere werden ihn vielleicht einmal als Veterinär überwachen: den Kugelschuss im Rahmen einer „Schlachtung im Herkunftsbetrieb“.
In Flieth-Stegelitz, wo das Gut Temmen seine 500 Uckermärker betreut, beginnt am 12. Juli um sieben Uhr morgens der Praxisteil des Seminars „Von der Weide auf den Teller: Kugelschuss auf der Weide, Verarbeitung & Wertschöpfung“. Veranstalter sind der Bioanbauverband Demeter, Ruven Hener als freier Berater für ganzheitliche Rinderhaltung, das Gut Kerkow und Karoline Funk und Nadine Feuerbach von agrathaer, die die Ankommenden begrüßen und bitten, sich ruhig zu verhalten.
Man blickt hinunter auf ein halbrundes Holzgatter mit zwei Toren, daneben ein Hochsitz und eine Betonfläche, auf der auf Folien mehrere Plastikwannen stehen, daneben parkt ein Frontlader. Die Gruppe steht, schaut und schweigt. Spatzen tschilpen, eine Hummel summt vorbei, Wind raschelt durchs Gras. Gegenüber auf der Weide ist eine Gruppe Uckermärker unterwegs. Zwei der Tiere werden in einer halben Stunde tot sein. Sie wissen das nicht und tun, was sie sonst machen.
Auch das Team vom Gut Temmen steht beieinander. Dann machen sich Standortleiterin Antonia Beck und ihre Kollegin auf den Weg zur Weide. Mit großer Gelassenheit treiben sie eine fünfköpfige Gruppe zum Gang, der zum Gatter führt. Die Tiere kennen das Terrain, gehen den Weg mehrmals im Jahr, wenn selektiert wird oder der Tierarzt einen Blick auf sie wirft. Zehn vor Acht stehen die Tiere im Gatter, automatisch und leise schließt sich das Tor. Unaufgeregtes Muhen. Die Treiberinnen gehen durch ein anderes Tor hinaus. Henry Strathmann, amtlicher Tierarzt im Landkreis Uckermark, begutachtet die Tiere vom Zaun aus. Auch Ruven Hener, die Repetierbüchse vom Kaliber .22 WinMag über der Schulter, geht nochmal ans Gatter, bevor er auf die Kanzel steigt.
Nach einer Weile fällt der erste Schuss. Kein Tier scheint irritiert, keines fällt um, nur leichter Pulvergeruch liegt in der Luft. Wie Hener später erklärt, gibt er immer zuerst einen Probeschuss auf eine Zielscheibe ab. Damit dokumentiert er seine Zielsicherheit und prüft die Justierung der Waffe. Dann fallen im Abstand von wenigen Sekunden zwei weitere Schüsse. Zwei Tiere sinken in sich zusammen, die anderen schauen nur kurz zu ihnen hinüber, bevor sie unaufgeregt durch das Tor, durch das sie gekommen sind, zurück zur Weide gehen.
Ruven Hener, ein Halfter mit zwei Messern am Gürtel, geht durch das andere Tor ins Gatter, der Frontlader folgt. Neben eines der beiden toten Rinder wirft er eine flache Schale. Hener setzt den Entblutungsschnitt. Das Blut läuft in die Schale. Inzwischen haben zwei Mitarbeiter an den Hinterläufen des anderen Tieres Schlaufen angebracht. Es wird an den Gabeln des Frontladers kopfüber in die Senkrechte gebracht und zur benachbarten, betonierten Fläche gefahren. Als es über einer Wanne auf einer Folie hängt, setzt Hener auch hier den Entblutungsschnitt.
Der Tierarzt hat sich indessen von den korrekten Schnitten überzeugt, die Ohrmarken der Tiere per Handy fotografiert und sich zum Ausfüllen diverser Dokumente in die Scheune begeben. Die liegen schon auf einem eigens gezimmerten Stehpult für ihn bereit. Alles soll zügig, aber nicht hektisch vonstatten gehen. Das hängend entblutete Tier wird per Frontlader auf den bereitstehenden Spezialanhänger geladen. Der ist vom IFN Schönow geliehen, Teil eines Projektes zur hofnahen Schlachtung und kann auch von anderen Brandenburgern ausgeliehen werden.
Entwickelt wurde der Trailer von Lea Trampenau, die in Lüneburg in der gleichnamigen Firma „Innovative Schlachtsysteme“ – ISS – entwickelt und herstellt. Die Temmener sind Projektpartner des IFN und haben gute Erfahrungen mit dem Trailer gemacht. Zwei Tiere passen nebeneinander auf den Trailer und liegen auf zwei ausfahrbaren Schragen, die mittels Seilwinde bewegt werden.
Nach wenigen Minuten liegt auch das zweite Tier, das im Gatter entblutet wurde, auf dem Trailer. Auch das Blut in den Auffangwannen kommt auf den Hänger. Kurz sieht Hener nach seinem heutigen „Publikum“, dann setzen sich alle in ihre Autos und fahren – den Rindern hinterher – 20 Kilometer südöstlich nach Kerkow.
Auf dem Gut, das einmal Sarah Wiener mitgehörte, warten schon die Männer um Maik Ulrich, der die Hofschlachtung leitet. Die Tiere verschwinden im roten Backsteinbau des Gutes im Hygienebereich der Metzgerei, die Seminarteilnehmer wenden sich drei Etagen darüber der Theorie des Kugelschusses auf der Weide zu.
Anna Dal Grande, die beim Verband Demeter im Osten das Projekt „Von der hofnahen Schlachtung auf den Teller“ leitet, analysiert den Biofleischmarkt, stellt Kundenerwartungen vor und hat mit Hener Checklisten und Diagramme entwickelt, die hilfreich sind für alle, die den Kugelschuss ins Auge fassen. Dass der riesige Aufwand nicht nur aus Tierwohlgründen sinnvoll ist, sondern sich möglicherweise auch rechnet, bestätigt Manuel Pundt, Geschäftsführer von Gut Kerkow.
Zwar sei es zu früh für ein Resümee, aber die Kunden seien bereit, „für gutes Fleisch mehr Geld“ auszugeben. Ein Kilo Rindergulasch kostet im Hofladen oder in den Berliner Biometzgereien des Gutes knapp 35 Euro. Mit dem Weideschuss werden nicht alle Rinder getötet, explizit geworben wird damit auch noch nicht. Aber es wird informiert, mit Antworten auf potenzielle Kundenfragen und mit einem Imagevideo.
Ruven Hener hat den Weideschuss auf Gut Temmen etablieren können. Er ist kein Jäger, hat also keinen Jagdschein. Aber er hat Sachkundelehrgänge belegt und damit den Sachkundenachweis erhalten, seine Anträge auf „Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis“ und auf die „Erlaubnis zum Schießen mit einer Schusswaffe außerhalb einer Schießstätte (Kugelschuss)“ wurden von der Waffenbehörde der Polizei genehmigt, das Veterinäramt genehmigte ihm die „Betäubungsart im Rahmen der Schlachtung im Herkunftsbetrieb“ und die Lebensmittelüberwachung erlaubte die „Schlachtung im Herkunftsbetrieb“.
Es gilt also, viele Hürden zu nehmen. Hilfreich ist es, wenn der amtliche Tierarzt im Landkreis den Kugelschuss als sinnvoll erachtet. Henry Strathmann, der die hoheitliche Aufgabe des Landkreises im Beritt des Hofes wahrnimmt, hat das Projekt Weideschuss in Temmen von Anfang an begleitet. Auch für ihn gehört der Mittwochvormittag fast schon zur Routine. Damit niemand dabei „betriebsblind“ wird, lässt Ruven Hener jedesmal eine Kamera laufen. Würden solche Aufzeichnungen, ergänzt um Stichproben-Kontrollen vom Veterinäramt die Anwesenheitspflicht des Tierarztes ersetzen, würde der Kugelschuss etwas weniger aufwendig und öfter praktiziert.
Ruven Hener, Betriebsleiter, und Henry Strathmann, Amtstierarzt aus der Uckermark, stellen in ihrem gemeinsamen Vortrag in Halle 13 auf der DLG Studio Stage am Mittwoch, den 13. November um 11:00 Uhr vor, wie eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Behörde gelingen und wie der Weideschuss beim Rind erfolgreich und sicher umgesetzt werden kann.
Checklisten und Anträge zum Weideschuss:
Nicht nur für Demeter-Betriebe ist der Leitfaden hilfreich, den der Verband Demeter im Osten erarbeitet hat. Auf demeter-im-osten.de/ findet sich unter Aktuelles und Projekte alles, was man zum Thema Weideschuss im Vorfeld bedenken sollte. Außerdem sind Musteranträge und Mustervereinbarungen abrufbar. Erste Frage, wenn man sich mit dem Thema beschäftigt: Gibt es einen Schlachtbetrieb, der tote Tiere annimmt und in einer Stunde erreichbar ist? Schon daran dürfte es vielerorts leider hapern.
Veranstaltungen
Veranstaltungen zum Thema gibt es hingegen reichlich, und das Interesse am Thema ist groß. So fand am 4. Juni bereits zum dritten Mal eine Veranstaltung zum Thema „Mobile Schlachtung in Brandenburg“ statt. In diesem Jahr war das Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere e. V. in Schönow/ Bernau (IFN) nicht nur Veranstaltungsort, sondern stellte eigene Projekte vor. Die Veranstaltung wurde auch online übertragen. Rund 208 Teilnehmer kamen oder loggten sich ein. Zu der Veranstaltung hatte der Tierschutzberatungsdienst in Brandenburg gemeinsam mit dem IFN, der Landestierschutzbeauftragten des Landes Brandenburg sowie dem Netzwerk Fokus Tierwohl eingeladen.
Alle sind sich einig, dass hofnahe Schlachtung sinnvoll ist und dem Trend schließender Schlachthöfe entgegenwirken könnte.
In der Veranstaltung ging es vor allem um rechtliche und formelle Aspekte der Beantragung und der Qualifizierung, aber auch um aktuelle Entwicklungen und Projekte zur mobilen Schlachtung in Brandenburg. Mobile Einheiten zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb konnten besichtigt werden.
Ausleihe teilmobile Einheit
Die teilmobile Einheit, die in Temmen zum Einsatz kam, kann über das IFN ausgeliehen werden. Anfragen an Dr. Claudia Zernick, wissenschaftliche Mitarbeiterin am IFN, unter c.zernick@ifn-schoenow.de.
„Leitfaden zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb“
Ein „Leitfaden zur Schlachtung im Herkunftsbetrieb“, der auf Grundlage eines entsprechenden Papiers aus Niedersachsen von eine Arbeitsgruppe in Brandenburg (MSGIV und Amtsveterinäre) erarbeitet wurde, ist hier abzurufen.
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Der Landeskontrollverband Sachsen-Anhalt (LKV) wird künftig im Auftrag des Landes bei der Kennzeichnung der Haltungsform von Nutztieren tätig. Die erste Gruppe von Viehhaltern ist jetzt gefordert.
Das Land Sachsen-Anhalt hat den Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung (LKV) mit einer weiteren hoheitlichen Aufgabe beliehen. Es geht um die Durchführung der Kennzeichnung der Haltungsform der Tiere, von denen Lebensmittel gewonnen werden. Bekanntgegeben wurde die Übertragung der Befugnis an den LKV, diese Aufgabe wahrzunehmen, am 30. September 2024 im Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt.
Rechtsgrundlage ist das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (TierHaltKennzG). Es regelt die Anwendung der Kennzeichnung und gibt die Kriterien für die einzelnen Haltungsformen vor. Es werden fünf Haltungsformen unterschieden: Stall (STA), Stall+Platz (STP), Frischluftstall (FRI), Auslauf/Weide (AFW) und Bio (BIO).
Wie der Landeskontrollverband dazu mitteilte, sind zunächst die Mastschweinehalter in Sachsen-Anhalt (Ort der Stallanlage) gefordert. Sie müssen mittels eines zweiseitigen Formulars dem LKV die Haltungsform ihrer Tiere mitteilen. Das Formular ist auf der Homepage des LKV (www.lkv-st.de) abrufbar.
Die Betriebe erhalten vom LKV zeitnah eine 23-stellige Registriernummer, die sich aus Tierart, Haltungsform, Herkunftsland, Bundesland, Behörde, Registriernummer des Standortes nach Viehverkehrsverordnung (ViehVerkV) und zwei zusätzlichen Nummern zusammensetzt. Beispiel: SW STP DE 15 15 222 222 2222 11 (Schwein, Stall+Platz, Deutschland, Sachsen-Anhalt, LKV, ViehVerkV-Reg., +2 Ziffern). Diese Registriernummer ist dem Abnehmer der Mastschweine mitzuteilen, um die Lieferkette zu schließen und die Kennzeichnung des Frischfleisches in der Kühltheke sicherzustellen. Die Registriernummernvergabe ist für den Tierhalter in Sachsen-Anhalt laut dem LKV kostenfrei.
Die Kennzeichnungspflicht gilt demnach zunächst nur für frisches Schweinefleisch, das von in Deutschland gehaltenen, geschlachteten und verarbeiteten Tieren stammt. Die Einführung der verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung soll für Transparenz und Klarheit in Bezug auf die Haltungsform von Tieren sorgen und den Verbrauchern eine bewusste Kaufentscheidung erleichtern.
Die Kennzeichnung des Schweinefleischs ist ab sofort möglich. Es wird jedoch noch eine Weile dauern, bis die ersten gekennzeichneten Schweinefleischprodukte in den Kühltheken liegen. Denn das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz sieht eine zweijährige Übergangsfrist vor. Spätestens ab September 2025 müssen entsprechend der Kennzeichnungspflicht die Schweinefleischprodukte im Handel allerdings gekennzeichnet sein.
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Beim 14. Trecker-Treff in Grüneberg (Oberhavel) ist am 12. Oktober ein 24-jähriger Mann aus dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin (Brandenburg) tödlich verunglückt. Was bisher über den Unfall beim Trecker-Treffen bekannt ist:
Von den Redakteuren der Bauernzeitung
Es war die Abschlussrunde des Trecker-Treffens 2024 in Grüneberg (Oberhavel). Die Siegerehrung stand kurz bevor, als sich das Unglück ereignete. Wie zuerst die Märkische Oderzeitung berichtete, war nach Polizeiangaben ein 24-jähriger Mann mit einem gleichaltrigen Beifahrer auf dem Frontgewicht eines Traktors unterwegs. Gesteuert wurde der Fendt 820 Vario nach Polizeiangaben in Schrittgeschwindigkeit von einem 21-Jährigen.
Gegen 18.35 Uhr ereignete sich der Unfall: Der 24-Jährige stürzte vom Traktor, geriet unter das Fahrzeug und wurde vom rechten Vorderrad überrollt. Der 24-Jährige erlag noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. Die Veranstaltung wurde abgebrochen.
Nach dem tödlichen Unfall beim 14. Grüneberger Trecker Treck hat die Kriminalpolizei die Ermittlungen aufgenommen. Nach Polizeiangaben war der Traktorfahrer, der ebenfalls aus dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin stammen soll, stark alkoholisiert. Ihm wurde eine Blutprobe entnommen. Sein Führerschein wurde sichergestellt. Ein Sachverständiger unterstützt die Beamten mit einem Gutachten bei der Klärung des genauen Unfallhergangs.
Der Verein Grüneberger Trecker Treck, der alljährlich das traditionelle Treckertreffen in Grüneberg organisiert, zeigt sich auf seiner Facebook-Seite „tief erschüttert und voller Trauer“ und spricht den Angehörigen und Freunden des Verunglückten sein Mitgefühl aus. Besonderer Dank gelte den „Einsatzkräften von Feuerwehr, Rettungsdienst, Notfallseelsorge sowie den vielen Helfern für ihre schnelle und professionelle Unterstützung vor Ort. Wir möchten uns auch bei allen Gästen für ihr Verständnis und ihre Rücksichtnahme bedanken.“
Der traditionelle „Trecker Treck“ in Brandenburg zieht jedes Jahr tausende Zuschauer aus der Region an. Auch am 12. Oktober waren nach Angaben des Veranstalters 1.200 Zuschauer vor Ort. Bei dem Zugleistungswettbewerb mit Traktoren und Landmaschinen werden jedes Jahr der stärkste Traktor und der geschickteste Fahrer gekürt.
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Äpfel in fester und flüssiger Form: Am 12. Oktober feiert der Obsthof Müller in Querfurt sein Hof- und Brennfest. Besucher können beim Schaubrennen dabei sein. Neues von unserem Praxispartner aus Sachsen-Anhalt:
An diesem Sonnabend (12.10.) wird es auf dem Obsthof Müller hoch hergehen. Dann werden auf dem Betriebsgelände in der Bauernsiedlung am südwestlichen Rand von Querfurt wieder unzählige Gäste erwartet. Seit der Obsthof Müller Ende der 1990er-Jahre erstmals einlud, ist das alljährliche Hoffest des Familienbetriebes zum regionalen Ereignis geworden und aus dem Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken.
Überschrieben ist das traditionelle Event des Obsthof Müller diesmal mit Hof- und Brennfest. Denn in der 2020 eingerichteten betriebseigenen Brennerei können die Besucher mitverfolgen, wie aus Zwetschgen Obstler gebrannt wird.
Neben dem Schaubrennen gibt es in der Zeit von 10–17 Uhr ein buntes, interessantes und unterhaltsames Programm rund um das Obst, so u. a. Darbietungen von Kita-Kindern, Musikschule und Vereinen, Kutschfahrten durch die Obstplantagen, eine Apfelsortenschau des Quedlinburger Fachbereiches Obstbau der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG), Pflanzenschutzempfehlungen vom zuständigen Fachbereich des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ALFF) Süd sowie das Bestimmen von Apfel- und Birnensorten durch einen erfahrenen Pomologen.
In der vorigen Woche liefen die Vorbereitungen für das Hoffest beim Obsthof Müller auf Hochtouren – parallel zu jenen für den Erntedank- und Bauernmarkt auf dem Marktplatz in Halle (Saale), der am vergangenen Wochenende stattfand und bei dem der Obsthof zu den Stammausstellern gehört.
In der Woche vor dem Erntedanktag wurde in der Apfelplantage in Querfurt ungeachtet dessen weiter fleißig geerntet. „Wir hätten schon Anfang Oktober fertig sein können, doch bedingt durch die zuletzt wechselhafte Witterung hat sich die Pflücke bei uns etwas verzögert“, sagt Betriebsinhaber Alexander Müller. Trotzdem werde die Ernte damit etwa 14 Tage früher beendet sein als üblich. Ursache hierfür seien die spätfrostbedingten Ertragsausfälle, die sich bei dem Kernobst nach Einschätzung Müllers über alle Sorten hinweg auf durchschnittlich 60 % belaufen.
Gepflückt werden die Äpfel in der Reihenfolge des Abreifens der einzelnen Sorten, wobei zunächst immer nur die Früchte von den Bäumen kommen, die den hohen Anforderungen für Tafelobst in puncto Größe, Qualität und Farbe entsprechen. „Pro Sorte kommen wir so auf mehrere Durchgänge, zwei sind es mindestens“, erklärt der Obstfachmann. Am vorigen Freitag waren die Erntehelfer mit drei Erntemaschinen unterwegs, um Früchte von Jonagored, Topaz und Golden Delicious zu bergen.
Äpfel mit kleinen Makeln, die ansonsten aber gesund und knackig sind, werden auf dem Obsthof selbst verarbeitet bzw. veredelt, etwa zu Konfitüren, Spirituosen oder Saft. Das Mostobst kommt beim Pflücken in einen gesonderten Bunker auf den Apfelerntemaschinen. Teilweise wird auch frisches Fallobst aufgesammelt, das eben erst vom Baum geplumpst ist. Ist eine ausreichende Menge zusammengekommen, wird verarbeitet. Die Mostäpfel beispielsweise werden zunächst gewaschen, dann zerkleinert und in einer Bandpresse von hintereinander angeordneten Walzen mehrfach ausgequetscht. Der so gewonnene Saft wird zentrifugiert, bei 78 °C pasteurisiert und anschließend abgefüllt.
Die erste Charge Saft wurde im Jahr 2005 noch durch einen Lohnunternehmer produziert, der mit einer mobilen Mosterei auf den Hof kam. Dann investierte die Familie mit Unterstützung durch Mittel aus dem Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) in eine eigene Kelterei. Dazu wurde die Scheune umgebaut und Technik angeschafft. Seither wird selbst gemostet. „B-Ware fällt immer an“, erzählt Müller. Durch die alternativen Verwertungsschienen für Früchte, für die bei der Vermarktung als Industrieobst nur wenige Cent pro Kilo zu erlösen wären, verbleibt mehr Wertschöpfung auf dem Hof. Und letztlich wird so auch das Sortiment an eigenen Produkten im Hofladen erweitert.
Beim Betriebsbesuch am „Brückentag“ zwischen dem Tag der Deutschen Einheit und dem Erntedankwochenende trafen wir den umtriebigen Betriebsleiter in der Hofbrennerei beim Ginherstellen an. Seit 2021 wird in einer gebraucht erworbenen Edeldestillat-Brennereianlage mit Feinbrandkolonne selbst gebrannt. 2023 gab es für den selbst kreierten Gin No. 2 aus der Müllerschen Manufaktur bereits einen Kulinarischen Stern im sachsen-anhaltischen Landeswettbewerb in der Kategorie Spirituosen.
Die Idee dazu kam von Müllers Gattin Monique, die auch an den betriebseigenen Rezepturen tüftelt, damit am Ende Geschmack und Geruch passen. „Viele im Handel erhältliche Gin-Sorten sind nur mit Tonic genießbar. Wir aber wollen Gin, der auch solo schmeckt“, sagt Alexander Müller und verweist auf die gestiegene Nachfrage. „Gin ist inzwischen der Verkaufsschlager“, so der Betriebsleiter.
So entstand bereits ein Summer-Gin, eine Herbst-Variante ist derzeit in Arbeit. Am vorigen Freitag kam eine mit Neutralalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs angesetzte Spezialmischung mit Wacholderbeeren in die Brennblase. Zu den Inhaltsstoffen des sogenannten Mazerats für den preisgekrönten Gin No. 2 mit leichter Zitrusnote gehören neben Kräutern u. a. Schalen einer speziellen Apfelsorte aus betrieblichem Anbau, um dem Anspruch einer eigenen Marke zu genügen. „Die genaue Rezeptur ist Betriebsgeheimnis“, erklärt Müller lachend.
Zu den neuesten Vorhaben des Betriebes gehört ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Landesweingut Kloster Pforta in Bad Kösen. Dass der Querfurter Obsthof auserkoren worden sei, für diesen Partner einen Wein-Gin herzustellen, sei ein Zeichen der Anerkennung und mache ihn schon stolz, betont Müller. Daneben koche man auch Wein-Gelee für das Landesweingut sowie für die Winzergenossenschaft Freyburg-Unstrut.
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Wo einst Karpfen aufgezogen wurden, wächst seit letztem Jahr Reis: In Linum (Brandenburg) wagte ein Unternehmen mit dem Reis-Anbau ein innovatives Experiment. Jetzt wurde mit neuer Technik aus Asien geerntet.
Von Annelie Neumann
Gespannt fieberte man im nördlichsten Reisanbaugebiet der Welt der diesjährigen Reis-Ernte entgegen. Und tatsächlich: Der Ertrag von 2,3 Tonnen, was 1,5 bis 2 Tonnen pro Hektar entspricht, konnte sich markant steigern. „Aber es gibt noch viel Potenzial“, weiß Guido Leutenegger, Chef des Unternehmensverbunds Natur Konkret, zu dem neben der NaturFisch GmbH & Co. KG Teichland Linum noch weitere Betriebe gehören.
Es war die zweite Saison, in der hier in zwei der ehemaligen Karpfenteiche Reis angebaut wurde. Im vergangenen Jahr blieb der Ertrag deutlich hinter den Erwartungen zurück. „Es war nur ein Zehntel dessen, was wir uns erhofft hatten“, so Geschäftsführer Robert Jäkel. Am Ende konnten 153 Kilogramm Reis vom Feld geholt werden. Doch das Ergebnis motivierte trotz dessen, in den unbenutzten Teichen den Nassreis-Anbau in Brandenburg weiterhin zu erproben.
(Zum Vergrößern Bilder anklicken)
Ermutigt durch den Erfolg ihres Experiments verdreifachte das 15-köpfigen Team um Guido Leutenegger und Robert Jäkel die Anbaufläche in diesem Jahr. Auf dreieinhalb Hektar erweitert, wuchsen nun rund 326.000 Setzlinge auf zwei Reisfeldern, den ehemaligen Fischteichen. Nun wurden diese Anfang Oktober geerntet. Während im vergangenen Jahr ein von der Versuchsstation Berge der Humboldt-Uni bereitgestellter Spezial-Mähdrescher mit Kettenlaufwerk erntete, machte sich bei der diesjährigen Reis-Ernte eine Spezialmaschine aus Asien ans Werk. Dabei glich die Beschaffung der passenden Erntetechnik einer wahren Odyssee. Da namhafte Landtechnikanbieter Mindestbestellmengen von mindestens zehn Mähdreschern verlangten, organisierte Landmaschinenmechaniker André Mahnkopf Reisdrescher samt Schäl- und Poliermaschine direkt aus Asien. In Einzelteilen im Überseecontainer angeliefert, aber ohne Beschreibung, schraubte er sie zu dritt mit Hilfe von YouTube-Videos innerhalb von zwei Wochen zusammen.
Nach der zweiten Anbausaison ist der Reis-Anbau in Linum nun nicht mehr im Versuchsstadium. Das Experiment ist geglückt. Auf den kleinen Flächen möchte das Team auch im nächsten Jahr wieder professionell Reis anbauen. Doch Guido Leutenegger ist sich bewusst, dass sich diese Kulturpflanze bei weitem nicht für die allgemeine Landwirtschaft und schon gar nicht für die trockenen märkischen Böden eignet. Vielmehr müsse man sich an den Gegebenheiten orientieren. Und die sind für die kleinen Pflanzen der aus Italien importierten Reissorte Loto hier in Linum mit den alten Fischteichen ideal.
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Update 30.10.: Anja Kolbe-Nelde ist Unternehmerin des Jahres 2024. Die Pilz-Züchterin beschäftigt sich vor allem mit Trüffeln, die in Thüringen Tradition haben und eine weltmeisterliche Zukunft bekommen sollen. Wir haben sie begleitet:
Das Gespräch führte Bärbel Arlt
Alles für den Pilz – ja, so könnte man kurz und knapp das Engagement der Unternehmerin Anja Kolbe-Nelde, geschäftsführende Gesellschafterin der Thüringer Freilandpilze GmbH, zusammenfassen. Doch dahinter steckt ein Mosaik aus vielen Bausteinen: Kindheit, Leidenschaft, Herzblut, Interesse, Motivation, unternehmerisches Engagement – und das ehrgeizige Ziel, Thüringen zum Trüffelanbauweltmeister zu machen.
Doch Trüffel in Thüringen? Da „rümpft“ so mancher wohl erst einmal kurz die Nase. Denn kommen die edlen Pilze nicht aus Frankreich und Italien auf die Spaghetti? Ja, leider, sagt Anja Kolbe-Nelde, die seit nunmehr rund sechs Jahren alle Anstrengungen auf den heimischen und vor allem ertragreichen Anbau von Trüffeln in Thüringen richtet. „Wir wollen Trüffelanbauweltmeister werden – und das im Ertrag auf der Fläche. Das heißt, wir legen nicht nur schlechthin Trüffelplantagen an, sondern produzieren Hochleistungsplantagen“, beschreibt sie ihr hochgestecktes Ziel. Und dafür ist die 46-Jährige in diesem Jahr für den Ceres-Award nominiert worden in der Kategorie „Unternehmerin des Jahres“. Die Bauernzeitung hat sie vor der Langen Nacht der Landwirte am 30. Oktober, in der der Preis in Berlin verliehen wird, auf ihrer Pilzfarm im kleinen Dorf Schönewerda im Kyffhäuserkreis besucht. Und wie so oft muss sie gleich diese Frage beantworten:
Woher kommt Ihre unbändige Pilzleidenschaft?
Meine Oma war Försterin, und ihr Pilz-Gen hat sie wahrscheinlich vererbt. Und so hatte ich schon als Kind einen Sammeltrieb, war sehr oft im Wald unterwegs, auch mit den Eltern. Und das zu jeder Jahreszeit. Denn Pilze sprießen nicht nur im Herbst, sondern das ganze Jahr über.
Doch Ihre Pilzsucht hat Sie beruflich nicht in den Wald, sondern zunächst in ein Geldinstitut geführt.
Ja, ich habe Bankkauffrau gelernt, und die Sehnsucht nach den Pilzen kam nach den pubertären Jahren zurück. Und weil mich Pilzbücher in meinem Wissensdurst nicht mehr weiterbrachten, habe ich Kurse besucht, an Lehrwanderungen teilgenommen, bin geprüfte Pilzsachverständige und Trüffelanbauberaterin.
So wurde Ihr Hobby zur Berufung und letztlich zum Beruf.
Ich konnte nicht anders. Ich wollte nicht nur Pilze im Wald sammeln. So habe ich vor den Trüffeln 2014 mit Pilzen am Holz wie Shiitake und Austernseitlingen auf einer alten Pferdewiese bei uns im Dorf begonnen. Doch die Vermarktung war mitunter sehr schwierig. Ich bin auf Märkte gefahren, habe in Gaststätten Klinken geputzt. Und dauerhaft kontinuierliche Einnahmen konnte ich damit nicht erzielen, weil diese Pilze auch nur zweimal im Jahr geerntet werden. Dennoch nahm die Pilzproduktion viel Zeit in Anspruch. Hinzu kamen das Impfen der Holzstämme und der Umbau des alten Dorfkonsums in Schönewerda zu Büros, Eventraum und Hofladen. Nicht selten war ich bis spät in die Nacht im Betrieb. Es kamen so viele Faktoren zusammen, dass ich den Pilzanbau nebenberuflich nicht mehr stemmen konnte und mich entschloss, ein eigenes Unternehmen – die Thüringer Freiland GmbH – zu gründen, wofür ich in der Familie zunächst nicht gerade großen Beifall bekommen habe.
Dann kam auch noch der Trüffel in Ihr Leben. Wie wurde diese Leidenschaft geweckt?
Die wurde in einer mobilen Pilzschule geweckt, deren Leiter und Lehrer heute auch mein Kooperationspartner ist. Er erzählte von Trüffeln in Deutschland, von Vorkommen in Thüringen, von verloren gegangenem Wissen und „dass wir was machen müssen“.
Und Sie haben gemacht?
Na klar, mich hat regelrecht das Trüffelfieber gepackt, weil dieser Pilz so geheimnisvoll, spannend, interessant ist. Seinen Fruchtkörper, seine Sporen, sein Myzel kann man nicht sehen. Und er hat eine Geschichte in Thüringen. In historischen Büchern und Gartenzeitungen habe ich von Trüffelmanufakturen gelesen. 1892 gab es sogar eine Trüffelleberwurst. Auch Zeitzeugen haben Trüffelvorkommen, Trüffelsuche und Trüffelvermarktung bestätigt.
Aber Trüffel in Thüringen – das will dennoch nicht so recht in den Kopf bzw. in den Mund …
Trüffel assoziieren viele von uns mit Frankreich und Italien, der Meinung war ich auch. Dabei wachsen diese Edelpilze direkt vor unserer Nase auf kalkhaltigen Böden am Wegesrand, in Ortschaften, in Parks, Wäldern. Bei diesen Trüffeln handelt es sich um Burgunder- und Sommertrüffel, also um Tuber aestivum/uncinatum. Meine ersten habe ich übrigens mit der Nase erschnüffelt und mit den Füßen erfühlt. Jetzt helfen mir bei der Trüffelsuche meine drei ausgebildeten Trüffelhunde Jette, Alba und Elli.
Mit denen suchen Sie Trüffel in Thüringen – und das unter einem wissenschaftlichen Aspekt?
Zunächst muss man wissen, dass Trüffel in Deutschland nur geerntet werden dürfen, wenn sie angebaut werden. Ein Entnehmen aus der Natur ist aus Naturschutzgründen verboten. Wir suchen in einem Forschungsprojekt nach natürlichen Trüffelstellen, kartieren sie und beobachten dort in den Folgejahren die Entwicklung der Fruchtkörper im Boden.
Ziel ist es, von der Natur immer mehr zu lernen, diesen Prozess in den kultivierten Anbau zu übertragen und sogar noch besser zu machen. Das heißt, wir wollen in einem Thüringer Modell auf der Fläche den höchstmöglichen Ertrag mit einer hohen Rendite erzielen und zugleich Biotope schaffen. Und das wohlgemerkt ohne Chemie, Dünger, mit wenig maschinellem Einsatz und Pflegeaufwand. Damit das gelingt, müssen wir das Trüffelwachstum entsprechend steuern. Denn im Gegensatz zur Natur kann im kultivierten Anbau in den Entwicklungszyklus eingegriffen und das Wachstum beeinflusst werden.
Dabei arbeiten wir eng mit der Friedrich-Schiller-Universität in Jena zusammen, mit der wir gemeinsam hochproduktive Fundstellen in der Natur und auf Versuchsanlagen mikrobiell untersuchen. Zum Trüffelanbau gehören mindestens 40 bis 50 Faktoren, die beeinflussen, wie sich der Pilz ausbildet und Jahr für Jahr weiterentwickelt, darunter Bodeneigenschaften, Sex- und Baumpartner.
An welchen Bäumen wachsen denn Trüffel in Thüringen?
Von 32 potenziellen Baumarten sind das vor allem Haselnuss, Rotbuche, Hainbuche, Linde und Stieleiche. In unserer Trüffelbaumschule produzieren wir im Jahr zwischen 60.000 und 100.000 solcher Baumpartner. Denn Trüffel sind sogenannte Mykorrhiza-Pilze, die über die Baumwurzeln eine Symbiose eingehen. Das Pilzgeflecht ist mit dem Baum verbunden und bildet jedes Jahr neue Fruchtkörper aus.
Neben dem eigenen Trüffelanbau gewinnen, beraten und betreuen Sie Trüffelanbauer. Wer sind Ihre Kunden?
Vom Hobbygärtner über den Arzt, Handwerker, Landwirt, Winzer, Spargelanbauer bis hin zu Investoren in ganz Deutschland. Da geht es von der Trüffelhecke im Garten bis zu großen Plantagen, von denen es rund 120 in Thüringen gibt. Wir selbst haben drei Plantagen in Thüringen mit 1.000, 5.000 Quadratmeter und 1,5 Hektar sowie Kunden auch in anderen Bundesländern sowie über die Landesgrenzen hinaus, so auf Mallorca, in Österreich, Italien, Tschechien und Bulgarien.
Inwiefern ist der Trüffelanbau für Landwirte interessant?
Um im Bankjargon zu bleiben, bedeutet eine Trüffelplantage für den Landwirt eine Risikostreuung mit Kapitalanlage und laufenden Erträgen auf dem Feld, zumal durch den Anbau die Flächen ihren landwirtschaftlichen Charakter nicht verlieren. Denn Trüffelanbau ist keine Aufforstung, der Ackerstatus bleibt erhalten. Es geht beim Trüffelanbau nicht um Holz-, sondern um Pilzproduktion, eine Wertsteigerung der Fläche und Einnahmequelle über viele Jahre. Der Baum ist sozusagen Mittel zum Zweck.
Mit welchen Investitionen muss man rechnen, und wann kann überhaupt der erste Trüffel geerntet werden?
Das hängt von vielen Faktoren ab wie Boden, Witterung, Bewässerung. Aber fünf Jahre und mehr sollte man sich schon gedulden. Wir haben in unserer Trüffelplantage in Schönewerda vor wenigen Wochen im fünften Jahr planmäßig die ersten Trüffel geerntet.
15 Fruchtkörper waren allein an einem Haselnussbaum! Das war durchaus eine Sensation, denn mit herkömmlichen Methoden beginnt die Produktion nach dem siebten bis neunten Jahr. Und auf den Hektar muss man mit 20.000 bis 50.000 Euro an Investitionen rechnen. Der Ertrag einer Hochertragsplantage beträgt mehr als 100kg/ha ab dem zehnten Jahr.
Welche Rolle spielt Ihr Unternehmen in diesem Prozess?
Wir beraten und betreuen Interessenten und Kunden in allen Phasen des Trüffelanbaus. Das beginnt mit der Grundstücksbegehung und Bodenanalyse, geht über das Anlegen der Plantage mit einer steuernden Pflege und Beratung bis über den Erntebeginn hinaus. Wir organisieren Kurse und Seminare, bieten unseren Kunden Weiterbildung an, denn Wissensaustausch ist ungemein wichtig. Wir bilden auch Trüffelhunde und Erntehelfer aus und sind natürlich auch Pilzberatungsstelle.
Welche Pläne haben Sie für Ihr Unternehmen?
Wir arbeiten weiter unermüdlich an dem Ziel, Trüffelanbauweltmeister zu werden, legen weitere Plantagen an, darunter auch im Ausland. Wir wollen unseren Hofladen und das Onlineangebot weiter ausbauen. Unser neuer Markenname „Elanti“ steht bereits auf Prospekten und Visitenkarten. Im Gebäude der Neuen Apostolischen Kirche in Schönewerda, die wir gekauft haben, wollen wir eine Ferienwohnung anbieten, den Trüffeltourismus anschubsen und Schönwerda als Wiege des Thüringer Trüffelanbaus zum Trüffeldorf machen. Auch bei den Grünen Tagen Thüringen 2024 waren wir wieder mit dabei.
Die Bauernzeitung bedankt sich für das Gespräch und drückt die Daumen für den Ceres-Award.
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Im Landeswettbewerb „Tiergerechte Haltung“ haben die Bio Rind Wülknitz GmbH und die Bio Schwein Wülknitz GmbH als Dritt- und Zweitplatzierte eine Auszeichnung erhalten.
Eigentlich sei man ja überredet worden, sich zu bewerben, schmunzelt Thomas Keil, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Wülknitz eG. Der 1.440-ha-Marktfruchtbetrieb nördlich von Riesa hält zwar selbst keine Tiere, wohl aber seine Tochterunternehmen Bio Rind Wülknitz GmbH und Bio Schwein Wülknitz GmbH. Beide haben sich am Landeswettbewerb „Tiergerechte und umweltverträgliche Haltung 2023/2024 in Sachsen“ beteiligt – und sind jetzt in der Kategorie Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung mit dem dritten Platz (Bio Rind Wülknitz) und zweiten Platz (Bio Schwein Wülknitz) ausgezeichnet worden.
Betriebe mit einem schlüssigen Gesamtkonzept, das tiergerechte Haltung mit der Erzeugung erneuerbarer Energien verbindet, sind in diesem Jahr Adressaten des Landeswettbewerbs gewesen. Ein solches Konzept haben jeweils auch die beiden Wülknitzer Betriebe. Sie halten ihre Tiere unter besonders guten Bedingungen. Und sie erzeugen Solarstrom.
Während das Mutterunternehmen ein konventioneller Betrieb ist, wirtschaften seine Töchter ökologisch. Die Bio Rind Wülknitz GmbH ist 2009 gegründet worden. Wirtschaftliche Erwägungen spielten eine Rolle bei der Entscheidung umzustellen. Auf knapp 350 ha arrondiertem Grünland hält der Betrieb 210 Mutterkühe auf Basis der Rassen Fleckvieh und Limousin, die auf drei Herden aufgeteilt sind. Hinzu kommen rund 200 ein- und zweijährige weibliche Mastrinder.
Der Stall am Standort Streumen ist 2010 bis 2012 komplett umgebaut und erweitert worden. Auf den Dachflächen ist eine Photovoltaikanlage mit 318 kWp installiert. Die Mastfärsen stehen im Winterstall, an den eine Weide angeschlossen ist. Aus Platzgründen könne man keine Bullenmast durchführen, berichtet Steffen Keil, Geschäftsführer der Bio Rind Wülknitz GmbH. „Wir verkaufen die männlichen Absetzer an andere, leider nur konventionelle Mäster.“
Etwas später als die Rinder ist der Zweig der Wülknitzer Schweineproduktion auf Bio umgestellt worden. 2018 entschied sich die Agrargenossenschaft zu diesem Schritt – erneut aus wirtschaftlichen Gründen. „Wir standen vor der Frage: aufhören, erweitern oder auf ökologische Produktion umstellen?“, schildert Geschäftsführerin Janet Herrmann. „Wir haben uns für den schwierigsten Weg entschieden – aber auch für den besten.“
Schweine hielt die Agrargenossenschaft Wülknitz schon immer. Bis 2004 produzierte der Betrieb Babyferkel mit 750 Sauen. Danach stellte er auf ein geschlossenes System mit 250 Sauen, 720 Ferkelplätzen und 1.500 Mastplätzen um. Ferkel und Mastschweine standen schon damals auf Stroh, was 2018 die rund 2,3 Mio. Euro teure Umstellung auf Öko im laufenden Betrieb erleichterte.
Heute arbeitet das Unternehmen mit 210 Sauen- sowie 720 Ferkelplätzen und hält 1.350 Mastschweine. 3.000 Mastschweine und 80 Mastsauen verlassen jährlich den Betrieb. Aus Wülknitz kommt damit aktuell rund die Hälfte aller sächsischen Bioschweine.
Basis für das Futter sind 650 ha Ackerland, die die Agrargenossenschaft Wülknitz für ihr Tochterunternehmen bewirtschaftet, um ökologisch Getreide, Mais, Lupinen, Erbsen und Luzerne zu erzeugen. Die PV-Anlage auf den Dächern des Schweinestalls hat eine Leistung von 970 kWp.
Bei einem aktuellen Erzeugerpreis von 4,48 €/kg für Bio-Schweinefleisch ist man in Wülknitz mit dem Erlös zufrieden. Dies sei doppelt so viel wie für konventionell erzeugte Ware, sagt Janet Herrmann, schränkt aber ein: „Der Aufwand ist auch deutlich höher.“ Dass der Produktionsstandort in Wülknitz inzwischen nicht mehr in der Pufferzone liegt, die infolge der Afrikanischen Schweinepest eingerichtet worden war, erleichtert nicht nur die Vermarktung.
Geschlachtet werden sowohl die Wülknitzer „Strohschweine“ als auch die Wülknitzer Mastrinder im Schlachthof Belgern. Die Vermarktung erfolgt über den Anbauverband Biopark, den man in Wülknitz als kompetenten Partner schätzt.
Was hat zum guten Abschneiden der beiden Betriebe im Landeswettbewerb geführt? Für die drittplatzierte Bio Rind Wülknitz GmbH hob die aus Fachleuten zusammengesetzte Jury besonders die licht- und luftdurchlässigen Stallungen hervor sowie das großzügige Weideangebot. Auf den Weiden der einjährigen Tiere stehe auch eine Mutterkuh, was Ruhe in die Herde bringe.
Überwiegend würden hornlose Zuchtbullen eingesetzt, das Decken erfolge im Natursprung. Die Futtererzeugung geschehe ausschließlich im eigenen Betrieb beziehungsweise im Unternehmensverbund. Die Stromerzeugung durch die Dach-PV-Anlage trägt zu einer sehr guten rechnerischen Stromüberschussbilanz bei.
Auch bei der zweitplatzierten Bio Schwein Wülknitz GmbH würdigt die Jury das große Platzangebot für die Tiere in den Außenklimaställen mit Ausläufen. Ein innenliegender Auslauf biete den Ferkeln Witterungsschutz. Im Ruhebereich stehen ihnen Wärmeplatten zur Verfügung. Der wöchentliche Produktionsrhythmus ermögliche es, umrauschende Sauen sofort neu einzugliedern. Ein großer Teil des benötigten Stroms wird durch die eigene PV-Anlage gedeckt, die zugleich Überschüsse ins Netz einspeist.
Der Landeswettbewerb „Tiergerechte und umweltverträgliche Haltung in Sachsen“ wird alle zwei Jahre vom Agrarministerium ausgelobt. Der Sächsische Landesbauernverband (SLB) führt ihn in Abstimmung mit dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) durch.
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Nach vier Jahren Marketing für die Milchbranche endet für Lucie Kosemetzky die Zeit als Milchkönigin. Seither hat sich viel für sie getan.
Bei der Eröffnung der Grünen Tage 2024 am 27. September verabschiedete sich Lucie Kosemetzky emotional und überreichte ihre Krone an die neue Milchkönigin Celine Reichelt. Mit der Krönung der neuen Milchhoheit endete nach vierjähriger Amtszeit nun offiziell ihr Marketingjob als Milchkönigin.
Im September 2020, so erinnert sich die 24-Jährige, erfolgte die Krönung in einer Videokonferenz. Die Grünen Tage waren abgesagt, öffentliche Festakte gab es aufgrund der Corona-Pandemie keine. Die Auftritte einer Milchkönigin beschränkten sich arg, sodass die Landesvereinigung Thüringer Milch und Lucie 2022 die Amtszeit um zwei Jahre verlängerten.
Während dieser Zeit passierte viel. Lucie schloss an der Hochschule Anhalt ihr landwirtschaftliches Bachelorstudium mit einer Arbeit über Luzerne ab. Sie stieß zur Jungen DLG (Team Bernburg) und übernahm im Frühjahr 2023 den Co-Vorsitz des äußerst aktiven Landjugendverbandes Sachsen-Anhalt. Mittlerweile arbeitet Lucie als Mitglied im DLG-Fachausschuss Öffentlichkeitsarbeit mit. Und in diesem Sommersemester nahm sie in Bernburg das Masterstudium auf.
Zuvor war sie eine von 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des 49. Kurses für die „Team-Orientierte-Persönlichkeitsentwicklung“ (TOP-Kurs) der Andreas Hermes Akademie. Das bedeutete neun Wochen strammes Programm und nur einen freien Tag. Anfang März ging der TOP-Kurs zu Ende, „und man realisiert erst hinterher, was da alles passiert ist – eine sehr intensive, spannende Zeit“, sagt die Riethnordhäuserin. Mitunter vier bis sechs Termine am Tag, und das in Berlin, Rom, Brüssel oder Paris. „Dass das keine Ferien werden, wusste ich.“
Höhepunkt des TOP-Kurses sei für sie Marokko gewesen, wo die Teilnehmer einen Einblick in die nordafrikanische Landwirtschaft erhielten und „wo ich die besten Mandarinen meines Lebens gegessen habe“.
Während der neun Wochen gab es unter anderem Treffen mit Spitzenbeamten und Politikern oder mit Landwirten, die im Ehrenamt auf höchster Ebene die Interessen des Berufsstandes vertreten: „Dabei konnte ich erfahren, wie viele Gespräche im Hintergrund und im Vertrauen stattfinden, was, wenn es Ergebnisse gibt, gar nicht gesehen wird und gesehen werden kann.“ Als Erkenntnis nimmt Lucie für sich mit, dass (Agrar-)Politik immer in Kompromissen mündet. Ohne gehe es nicht. „Bestätigt hat sich meine Einstellung, dass man stets optimistisch bleiben muss. Dass ist, was junge Landwirte wollen und brauchen: einen positiven Blick in die Zukunft.“ Im Oktober sieht sich die TOP-Kurs-Mannschaft nach einem halben Jahr erstmals wieder: auf dem Hof des Mecklenburger Kollegen.
Eines der letzten großen persönlichen Highlights als Thüringer Milchkönigin war Ende März das DBV-Milchforum in Berlin. Dort traf Lucie auch Bundesminister Cem Özdemir, mit dem sie sowohl über Milchpolitik als auch ehrenamtliches Engagement junger Landwirtinnen diskutierte.
Anlässlich der kürzlich stattgefunden DLG-Unternehmertage in Oldenburg konnte Lucie als Juniorpreis-Trägerin den renommierten „DLG Young Talents Award“ entgegennehmen. Die vormals als „Internationaler DLG-Preis“ vergebene Auszeichnung will Nachwuchskräfte aus der Agrar- und Ernährungswirtschaft in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung fördern.
Die Auswahlkommission begründete die Vergabe an Lucie mit ihrem herausragenden ehrenamtlichen Engagement und ihrer Leidenschaft für den nachhaltigen Leguminosenanbau. Lucie verrät, dass sie das Preisgeld in Höhe von 4.000 Euro einsetzt, um sich den Leguminosenanbau in anderen Ländern anzuschauen.
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In Crimmitschau (Sachsen) hat Human Mihan Nejad den alten Schlachthof wiederbelebt. Er setzt auf Transparenz und Regionalität. Landwirte und Fleischereien der Umgebung sind seine Geschäftspartner. Wie sein Geschäftsmodell funktioniert:
Human Mihan Nejad reizte die Herausforderung: Mit dem Fleischerhandwerk hatte der heute 37-Jährige zuvor nicht wirklich zu tun gehabt, als er 2019 den alten Schlachthof in Crimmitschau übernahm. Als Erstes nahm er an einem Crashkurs teil, um sich das Schlachten und Zerlegen beibringen zu lassen. „Inzwischen habe ich viel gelernt“, sagt der Geschäftsführer, der anfangs bei vielem selbst mit zupackte, die Schlachtstrecke reinigte oder im Unternehmen putzte.
Sein Schlachtbetrieb, der inzwischen unter dem Namen „Human Manufaktur“ firmiert, ist beachtlich gewachsen und zur festen Größe in der Region um Zwickau geworden. Und dies auch für Landwirte, die ihm Schlachttiere liefern oder als Dienstleistung schlachten lassen.
Mihan Nejad, der sich selbst nur mit seinem Vornamen Human vorstellt und auch so ansprechen lässt, kam im Alter von elf Jahren mit seiner Familie aus dem Iran nach Sachsen. Er ist studierter Betriebswirt und arbeitete in großen Unternehmen, bevor er in Chemnitz einen orientalischen Supermarkt eröffnete. Zum Markt gehörte auch eine sehr gut laufende Fleischtheke. Grund genug für den vormaligen Betreiber des Schlachthofes Crimmitschau, das Agrarunternehmen Lauenhain, ihm die Übernahme des angeschlagenen Betriebes anzubieten. Bedingung für den Verkauf war die Fortführung des Schlachtbetriebes. Der junge Mann, der eigentlich nur das Grundstück erwerben wollte, sagte nach einiger Überlegung zu.
Die Entscheidung für den Schlachthof in Crimmitschau hatte einige Tragweite. Er habe viel investiert, sagt Human Mihan Nejad. Und das nicht nur, um die lange Liste an Mängeln zu beheben, die der Schlachtbetrieb aufwies. Die „Human Manufaktur“ ist kräftig gewachsen und hat inzwischen mehr als 20 Mitarbeiter.
Im Hofladen direkt am Betriebssitz und in vier weiteren Filialen sowie einem Imbiss im Raum Zwickau verkauft das Unternehmen Fleisch- und Wurstwaren. Zudem betreibt es einen Cateringservice. Bemerkenswert daran: Alle Wurstwaren bezieht man von den regionalen Fleischern, die sich ihrerseits mit Schweinehälften von der Human Manufaktur beliefern lassen. „Es steht nirgends, dass ich selbst herstellen muss, was ich verkaufe“, meint der Unternehmer. Und so könne man eine breite Vielfalt der besten Produkte verschiedener Fleischereien anbieten.
Geschlachtet werden kann in Crimmitschau so gut wie alles: Rind und Kalb, Schwein und Ferkel, Schaf und Lamm, Ziege sowie Pferd. Und dies auch bio-zertifiziert. „Viele haben anfangs geglaubt, wir schlachten hier nur halal, also nach muslimischen Grundsätzen, und deshalb keinesfalls Schwein“, sagt Human Mihan Nejad. Dass dies ein Missverständnis ist, hat sich inzwischen rumgesprochen.
In der näheren Umgebung bezieht der Schlachtbetrieb von vielen Landwirten vor allem Schweine, aber auch andere Schlachttiere. „Fast 90 Prozent kommen aus einem Umkreis von nur zehn Kilometern“, sagt der Unternehmer. Ein größerer Lieferant liege knapp 30 km von Crimmitschau entfernt. „Der treibt den Durchschnitt nach oben“, lacht Human Mihan Nejad.
Auch Lohnschlachtung bietet die Human Manufaktur das ganze Jahr über an. Hauptsaison mit einem Anteil von rund 60 % ist allerdings die Zeit zwischen Oktober und Februar. Viele Direktvermarkter nutzen den Service. Mancher kommt regelmäßig jeden Monat.
„Wir machen 100 Prozent Handwerk“, sagt der Geschäftsführer der Manufaktur. Zwar sei man etwas teurer, biete aber besondere Qualität. Damit meint Human Mihan Nejad zum Beispiel die Warmfleischzulassung, die es erlaubt, frisch geschlachtete Stücke an Fleischer zu liefern. „So viel Frische kann kein anderer bieten“, meint er stolz. Hinzu komme die Transparenz bei der Herkunft der Tiere und die Regionalität. „Das sind alles Argumente, die ein Fleischer weitervermarkten kann.“
Gemessen an den wenigen großen Schlachthöfen mit einem Durchsatz von Tausenden Tieren, von denen es in Sachsen keinen mehr gibt, ist die Human Manufaktur ein kleiner Akteur. Sie schlachtet und zerlegt etwa 150 Tiere in der Woche, die Monatskapazität liegt bei 1.200 Tieren. In Sachsen sei er damit allerdings der zweitgrößte, lacht Human Mihan Nejad. Nur Färber in Belgern schlachtet aktuell mehr.
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Mit der Zucht von Thüringer Wald Ziegen und ihren Milchprodukten ist der Familienbetrieb von Katja und Wolfgang Peter im Kyffhäuserkreis längst zu einer Marke geworden. Auch auf den Grünen Tagen Thüringen fehlen sie nicht.
Der mittelalte Schnittkäse ist „Bückware“, der Trink-Joghurt seit mehr als zehn Jahren ein Renner, und das selbst kreierte frische Eis verteilen mittlerweile drei T-3-Bullis auf festen Dorfrouten nicht nur an Kinder: willkommen auf dem Ziegenhof Peter in Greußen im Kyffhäuserkreis.
Unter dem Namen „Ziegen-Peter“ sind der Landwirtschaftsbetrieb und seine Produkte längst zur Marke in Thüringen geworden. Dabei blieben Katja und Wolfgang Peter, beide an der Uni in Halle studierte und promovierte Nutztierwissenschaftler – wo sie auch ein Paar wurden –, bis heute auf dem Boden.
Den bestellen sie seit Mitte der 1990er-Jahre auf dem wieder eingerichteten Betrieb von Wolfgang Peters Großeltern. Zu den rückübertragenen 50 ha ergatterten die damals blutjungen Uni-Absolventen die Steinfahrtsmühle am Rande von Greußen, eine einst mit Wasserkraft angetriebene Getreidemühle.
Der Vierseithof ist Betriebs- und Wohnstätte mit Maschinenhalle, Ziegenställen, Käserei und Hofladen. Drei Kinder haben Katja und Wolfgang Peter hier aufgezogen: Dorothea (25 Jahre) absolvierte an der Uni Halle das Studium der Agrarwissenschaften und arbeitet schon als Bodenkundlerin an der Uni Jena; Elisabeth (22) studiert in Berlin Veterinärmedizin und wird nach dem Abschluss Nutztiere betreuen; Ferdinand (15) büffelt noch an der Gemeinschaftsschule im heimatlichen Greußen.
Neben dem landwirtschaftlichen Geschäft engagiert sich das Paar für das landwirtschaftliche Gemeinwohl: Katja Peter sitzt seit gut 25 Jahren dem Landesverband Thüringer Ziegenzüchter vor. Sie gab stets Acht darauf, dass der kleine Verband eigenständig arbeitet – heute mit Nadine Jolk als hauptamtlicher Zuchtleiterin.
Katja Peter managt den bundesweiten Rassebeirat für die Thüringer Wald Ziege. Sie engagiert sich in der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH), wozu die Thüringer Wald Ziege zählt. Der Betrieb selbst ist ein Arche-Hof, „aber kein Zoo“, betont Katja Peter. Studierende in Halle kennen sie als Lehrbeauftragte für Ziegenhaltung und -zucht.
Neben den 330 ha, die der Betrieb bewirtschaftet, verantwortet Wolfgang Peter als Vorsitzender maßgeblich die Arbeit des Kreisbauernverbandes (KBV) im Kyffhäuserkreis. Als Fachausschussvorsitzender Familienbetriebe ist er zugleich Vorstandsmitglied im Thüringer Bauernverband (TBV). Das verlangt nicht selten nach energischer Interessenvertretung.
Als die Bauernzeitung Ende August den Ziegenhof Peter besucht, sind Silvia, Valentina und Selina auf dem Hof. Die drei Österreicherinnen absolvierten gerade ein 14-wöchiges Pflichtpraktikum im Ausland. Sie sind Schülerinnen an der Höheren Bundeslehranstalt für Landwirtschaft in Elmberg, wo in fünf Jahren ein Berufsabschluss mit Abitur erworben werden kann.
Der Ziegenhof Peter hatte schon etliche Male Praktikanten dieser Schule zu Gast, weshalb er bei den EU-weiten Praktikumsbetrieben der Schule gelistet ist. Mit den drei 16-Jährigen absolviert Lena aus dem Kreis Sömmerda ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) auf dem Betrieb. Sie suchte eine berufliche Orientierung – und fand sie hier. Im Anschluss, so erzählt Lena, studiert sie Ernährungswissenschaften an der Uni Halle.
Dass Katja und Wolfgang Peter einmal Ziegen halten werden, stand zur Betriebsgründung in den 1990er-Jahren auf keinem Papier: „Wir wollten Tierhaltung betreiben und eine Nische ausfüllen“, erinnert sich Wolfgang Peter: „Die Hofstelle bot für rund 60 Milchkühe Platz, was keine wirtschaftliche Grundlage gewesen wäre. Geflügel war nicht unsere Tierart. Und so stießen wir bei unserer Suche auf Ziegen.“
Nach dem Kontakt mit einem Südthüringer Züchter der Thüringer Wald Ziege begann das Abenteuer mit neun Ziegen. 1999 war in einer Ein-Raum-Käserei der erste Käse geboren. Mit dem Leader-Programm ab 2002 gelang es, in eine professionelle Käserei zu investieren. Mit Qualität und Zuverlässigkeit konnte der Hof über die Jahre seine Produkte nicht nur über andere Hofläden, sondern auch über den Lebensmitteleinzelhandel und die Gastronomie vermarkten.
Heute beliefert der Ziegenhof Peter mehrere Dutzend Lebensmittelmärkte in Thüringen direkt. Mit neuen Kreationen, allen voran dem Trink-Joghurt „Zickolo“, eine eingetragene Marke, schuf sich der Ziegenhof Alleinstellungsmerkmale. Die „Heiße Ziege“, ein Ziegengrillkäse, gehört neben dem frischen Ziegeneis zu den jüngsten Produktideen, die rege nachgefragt sind.
Heute basiert das Ziegenmilchgeschäft auf rund 100 melkenden Ziegen. Drei Teilzeit- und eine Vollzeitkraft sind angestellt. Wurde, als die Kinder noch klein waren, die Herde trockengestellt und pausierte so die Milchproduktion für mehrere Monate im Jahr, geben die Ziegen heute als Dauermelker das ganze Jahr Milch. Die jährliche Leistung von 800 kg pro Jahr und Ziege im Mittel sei keine Spitzenleistung.
Es gebe freilich auch Tiere mit über 1.000 kg Jahresleistung. „Bei der Zucht richte ich den Blick vor allem auf den Erhalt aller Mutterlinien für eine genetische Breite. Somit bleiben auch mal leistungsschwächere Tiere in der Herde“, erklärt Katja Peter. Die Zuchtböcke vom Ziegenhof sind international gefragt.
Die Milchleistung der Tiere fußt auf dem Grundfutter. Und das ist zuallererst Rotklee: „Der erste Schnitt ist für die Silage. Mit dem zweiten Schnitt ernte ich Saatgut“, erläutert Wolfgang Peter. Luzerne und Stroh ergänzen die Rationen.
„Die Ziegen sorgen dafür, dass wir eine weite Fruchtfolge haben. Wir können so geschickt Koppelprodukte nutzen und verwerten.“ Neben klassischen Getreidearten stehen Zuckerrüben und Raps im Feld, aber auch Erbsen, Rotklee, Luzerne, Gras und Senf für die Saatguterzeugung.
Wenn die Grünen Tage am 27. September ihre Tore öffnen, ist Katja Peter mit sechs Ziegen präsent – im Übrigen allesamt gegen Blauzungenkrankheit geimpft. Und wie bei allen Grünen Tagen der Vorjahre wird die Landwirtin mit den kleinsten Messebesuchern wieder Ziegenweichkäse herstellen. Dafür stellt der Verband für handwerkliche Milchverarbeitung das Werkzeug bereit. Eine Atempause gönnt sich Katja Peter kaum. Sie bereitet für den 9. und 10. November eine Tagung des Bundesverbandes der deutschen Ziegenhalter in Thüringen vor.
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Update 30.10.: Mit einer besonderen Art der Putenhaltung im Wald macht Daniel Willnat vom Biohof Zieslübbe in Mecklenburg-Vorpommern auf sich aufmerksam. Jetzt wurde der Geflügelhalter mit dem Ceres-Award ausgezeichnet.
Willnats wilde Waldlandputen lautet die Überschrift der Kurzbeschreibung von Daniel Willnat aus Domsühl auf der diesjährigen Shortlist des Ceres-Awards. Der Betriebsleiter vom Biohof Zieslübbe ist einer von drei Finalisten in der Kategorie Geflügelhalter des Jahres und hat somit Chancen auf den wohl prestigeträchtigsten Preis für Landwirte in der EU, dem sogenannten Landwirtschafts-Oscar.
Dabei ist der Name seiner markanten Kopfzeile auch Programm. Denn seine Cartier-Bronze-Puten – eine in Frankreich gezogene langsam wachsende Robust-Rasse – leben sehr agil und mit viel Platz inmitten der Natur eines Waldgeländes. Das Federvieh ist sehr aufgeschlossen und neugierig, begrüßt den Geflügelhalter mit lautem Gurgeln und Schreien, wenn er sich dem großen grünen Tor zum Gehege nähert, und folgt ihm innerhalb des eigenen Revieres auf Schritt und Tritt.
Im Projekt Biowaldlandputen des 43-jährigen Betriebswirts haben die Tiere viel Platz und leben nach einer sechswöchigen Aufzuchtphase komplett im Freien. Auf einer 3 ha großen Fläche mit altgewachsenem Wald leben rund 2.500 Puten, auf einer zweiten 3 ha großen Gehölzfläche am Waldrand kommen weitere 2.500 hinzu. Aufgrund des natürlichen Lebensraums, großen Platzangebots und natürlich vorhandenen Beschäftigungsmaterials sei das in Kombination mit einem ausgereiften und engagierten Herdenmanagement nahezu ohne antibiotische Behandlungen möglich, berichtet der Fachmann.
Dabei sei es hierzulande gar nicht so einfach, diese Art der Putenhaltung durchzuführen. Denn weil es laut Forstrecht eigentlich verboten ist, Nutztiere im Wald zu halten, ist das seit zehn Jahren bestehende Pilotprojekt des Biohofs mit bürokratischem Aufwand verbunden. So musste beispielsweise eine Umnutzung beantragt werden, schildert Willnat das Prozedere. In Zieslübbe können die Tiere also nur ausnahmsweise inmitten von Eichen oder Buchen leben – obwohl der Wald eigentlich der ursprüngliche Lebensraum der Pute und der ganz ursprüngliche sogar eine Steppe sei.
Die Waldlandputen leben übrigens nicht allein, sondern mit ihnen zwei Pyrenäen-Berghunde. Sie schützen den Bestand beispielsweise vor Fressfeinden wie den Fuchs, Marder oder Greifvögel. Als es die Hunde dort noch nicht gab, erzählt der 43-Jährige, war ein Betrieb ohne Elektrozaun quasi unmöglich und es gab sofort Probleme, wenn der Zaun mal kaputt oder ausgefallen war. Mittlerweile jedoch sei der Zaun gar nicht mehr an und es reiche, wenn die Hunde da sind. Denn allein schon der Hundegeruch würde Fressfeinde fernhalten.
Was bisher alles wie aus einem Bilderbuch klingt, hat allerdings auch einen Haken. Denn die Genehmigung des innovativen Geflügelhalters, die Fläche temporär umzunutzen, ist nur noch bis 2027 gültig und wird auch nicht mehr verlängert.
Doch Aufgeben sei keine Option und deshalb haben Willnat und sein Team bereits reagiert und neue Pläne geschmiedet. Sie pflanzten vor drei Jahren auf dem Hofgelände selbst Pappeln an, sodass die Puten nach der Projektzeit dann dort in der eigenen Plantage leben können. Damit werde den Tieren auch weiterhin das Umfeld geboten, das am ehesten ihrer Lebensart entspricht: eine Kombination aus Stall-, Freiland- und einer Art Waldhaltung, so der Landwirt, dem ebenfalls Kreislaufwirtschaft und regionale Vermarktung wichtig sind. So werden beispielsweise die Puten im Nachbarort Severin beim Partnerunternehmen Mecklenburger Landpute geschlachtet, verarbeitet und vermarktet.
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