Ackerbau in ASP-Kernzone: „Den Acker weiträumig kaputtgefahren“

Es wird leichter, wenn man darüber spricht: Ein Landwirt berichtet von notwendigen Maßnahmen in der ASP-Kernzone, vermeidbaren Schäden und fehlender Kommunikation im Zuge der ASP-Bekämpfung der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

Von Birgitt Hamm

„Bis zur Ernte habe ich alle Anträge gestellt“, sagt Landwirt Rainer Hromada und hofft, dass ihm nichts mehr passieren kann auf seinen Feldern. Er beteiligt sich am Landesprogramm „Vielfältige Kulturen“ und baut Roggen, Weizen, Gerste, Raps und Mais an sowie auf zehn Prozent der Fläche Erbsen. Sicher sein, dass ihm nichts passiert, kann der Chef der Hromada Agrar KG in Suckow, Landkreis Ludwigslust- Parchim, aber nicht. Und das nicht nur wegen des unberechenbaren Wetters, das jeder Ernte schaden kann. Oder aufgrund der nicht sehr homogenen Böden im Endmoränengebiet an der Grenze zum Land Brandenburg. Die größte Sorge bereitet ihm seit November des vergangenen Jahres die Afrikanische Schweinepest (ASP).

Ein Großteil der von ihm bewirtschafteten 1.500 ha Ackerfläche liegt in der Kernzone um den Seuchenherd. Was die Arbeit des Landwirts nicht gerade erleichtert. Vor allem, weil die Kommunikation des verantwortlichen Veterinäramtes im Landkreis zu den notwendigen Maßnahmen nicht nur zu wünschen übrig ließ, sondern gar nicht vorhanden war.

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Bildergalerie: Schäden auf dem Acker nach Kontrollen am ASP-Zaum

Schäden auf den Feldern: So sah es im Winter 2021 nach dem Bau des Schutzzauns und den Kontrollen aus

Schäden auf den Feldern: So sah es im Winter 2021 nach dem Bau des Schutzzauns und den Kontrollen aus. © Rainer Hromada

Schäden auf den Feldern: So sah es im Winter 2021 nach dem Bau des Schutzzauns und den Kontrollen

Schäden auf den Feldern: Im Sommer 2022 wächst hier wenig. © Rainer Hromada

ASP-Kontrollen: „Den Acker weiträumig kaputtgefahren“

Hromada schildert seine Erfahrungen: „Nachdem am 24. November 2021 bei einer Treibjagd ein infizierter Frischling entdeckt wurde, mussten die Verantwortlichen beim Landkreis natürlich handeln und rasch einen Elektrozaun bauen. Informiert wurden wir“, dabei bezieht er die anderen betroffenen Landwirte ein, „aber nicht. Die einzige Kommunikation war eine Anfrage des Revierförsters, ob und wo sie das Zaunmaterial lagern könnten.“ Das Land Brandenburg, in dem 50 ha des Betriebes liegen, schickte ihm wenigstens die betreffende Allgemeinverfügung zu. In MV konnte der Landwirt nur zuschauen, wie quer über seine Felder ein Schutzzaun gezogen wurde.

Dass diese Maßnahme notwendig war, stellt Hromada, dessen Flächen zu 90 % betroffen sind, gar nicht infrage. „Doch nach dem Bau wurden tägliche Kontrollen durchgeführt. Von Personen, die augenscheinlich nichts mit der Landwirtschaft zu tun haben. Statt in einer Spur zu bleiben, wurde der Acker weiträumig kaputtgefahren.“ Um dem entgegenzuwirken, sperrte er die Zufahrten zu seinen Äckern mit großen Feldsteinen. Am Ende kamen die Kontrolleure mit Mountainbikes.

Abstimmungsproblem bei den Ämtern

Informationen und Erläuterungen vom Amt blieben Fehlanzeige. Der Landwirt vermutet ein Abstimmungsproblem. Sein Betrieb ist nicht im für die ASP-Bekämpfung verantwortlichen Veterinäramt des Landkreises gelistet, da er seit 2016 keine Milchkühe mehr hält und nur noch Ackerbau betreibt. Für ihn ist das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg zuständig, das landkreisübergreifend agiert. „Erst Ende Dezember wurden auf unser Drängen alle betroffenen Bewirtschafter eingeladen“, sagt Landwirt Hromada. „Die einzige Aussage, die wir bekamen, war, dass alles entschädigt wird. In den Formularen dazu wurden aber Flurstücke abgefragt, während wir doch in Feldblöcken arbeiten, die im Geo-Portal des Landes einzusehen sind“, schüttelt er den Kopf.

Fallwildsuche in ASP-Kernzone richtet Schäden an

Inzwischen umschließt ein fester, 100 km langer Zaun die ASP-Kernzone. Die Pläne dafür wurden mit den Betroffenen abgesprochen. Auch alle Maßnahmen, die bei der Bestellung, Düngung oder beim Pflanzenschutz notwendig waren, wurden schnell und unbürokratisch genehmigt. Ärgerlich ist für den Landwirt die regelmäßige Fallwildsuche, bei der Personenketten über seine Felder laufen. „Unser Angebot, selbst zu suchen, wurde abgelehnt“, berichtet er. „Wenn wir zum Beispiel mit dem Traktor Dünger streuen, sehen wir auch alles, richten aber keinen Schaden an, weil wir in der Leitspur bleiben. Da hätte man sich doch abstimmen können.“

Der Landwirt dokumentiert alle Schäden, auch jene, die nicht durch Zaunbau und Kontrollen in der ASP-Kernzone entstanden sind. Er erwartet Restriktionen für das Erntegut, vor allem bei Gerste und Raps. Da die Wildschweine innerhalb der Zäune in Ruhe gelassen wurden, damit sie die ASP nicht verbreiten, sind auch höhere Wildschäden im Getreide vorgezeichnet. Wie genau dann die „Entnahme“ der Tiere erfolgen soll, weiß er nicht. Bei allem Verständnis für die Ämter und für die Probleme der Seuchenbekämpfung findet Rainer Hromada: „Schwere Entscheidungen werden leichter, wenn man mit den Betroffenen darüber spricht.“



Maisernte: Nur gute Bestände ausreifen lassen

Während Maisbestände auf trockenen Standorten dieser Tage schon im Silo liegen, rückt auch die Ernte von besser mit Wasser versorgtem Silomais näher. Was bei der Wahl des richtigen Erntetermins zu beachten ist, und warum nur gut versorgte Bestände voll ausreifen sollten, erläutern Maisexperten aus Berlin-Brandenburg.

Von Dr. Rudolf Schuppenies, Dr. Jürgen Pickert (Paulinenauer Arbeitskreis e.V.), Dagmar Wacker, Jörg Haase (ZALF) und Dr. Michael Baumecker (Humboldt-Universität Berlin)

Die Maisernte läuft bereits seit einigen Tagen. Für viele Beständen warten Praktikerinnen und Praktiker aber noch auf den richtigen Erntetermin. Wenn der Mais nach dem Erreichen einer Wärmesumme von 600 °C im Kolben einen Trockenmasse(TM)-Gehalt von 50 % überschreitet, hat der Maisbestand das Reifestadium BBCH 65 durchlaufen. Auf den sehr frühen und frühen Schlägen hat nach den trockengeschädigten Partien nun in allen Regionen das Maishäckseln auch dieser Bestände begonnen.

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Bei eher durchschnittlichen Wärmesummen in der letzten Augustwoche erreichten die ersten Maisbestände nun TM-Gehalte im Kolben von 55 % und den Reifegrad BBCH 87 (Physiologische Reife: schwarze(r) Punkt/Schicht am Korngrund; ca. 60% TM im Korn). In gut entwickelten Beständen entspricht dann der Kolbenanteil zahlenmäßig dem TM-Gehalt im Kolben. Bei den ungünstigen Bedingungen zur Zeit der Befruchtung ist allerdings in diesem Jahr mit unterbesetzten Kolben zu rechnen, so dass die tatsächlichen Kolbenanteile sehr unterschiedlich ausfallen können.

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Erntemaschinen beim der Silomaisernte
Symbolbild (c) Christian Mühlhausen/Landpixel

Terminschätzung Maisernte 2022

Silomaisernte: Auch gute Bestände im Blick

Im zweiten Teil des West-Ost-Vergleichs werden die Futterbau-Milchviehbetriebe unter die Lupe genommen. Dabei hat der Autor bekannte Statistiken kritisch hinterfragt und teils neu interpretiert. mehr

Je nach Kornbesatz kann aber noch ein Ertragszuwachs an Kolbenmasse bis zu 10 % erreicht werden, wenn die Ernte erst bei BBCH 89 (Vollreife: Körner durchgehärtet und glänzend; ca. 65 % TM im Korn) erfolgt, denn erst bei diesem TM-Gehalt im Korn ist die Stärkeeinlagerung abgeschlossen und kein Ertragszuwachs über den Kolben mehr zu erwarten. Mit den allmählich absinkenden Temperaturen und bei höheren TM-Gehalten im Kolben geht allerdings die tägliche Zunahme des TM-Gehaltes im Kolben auf Werte unter 1 % zurück.

Das Abwarten der Vollreife (BBCH 89) ist aus diesem Grund nur für Maisschläge angeraten, bei denen mindestens die Hälfte der Pflanze noch grün ist und damit Assimilationsfläche vorhanden ist. Andernfalls ist eine so späte Ernte mit dem Risiko eines TM-Gehaltes in der Gesamtpflanze von über 35 % verbunden, was hohe Anforderungen an die Siliertechnik stellt.

Maisernte: Voraussichtliche Termine für das Erreichen von 600 °C Wärmesumme

(Schätzung für 28.8.2022)

OrtLandkreisBlühtermine (BBCH 65)
10. Juli 15. Juli20. Juli 25. Juli 31. Juli
Paulinenaue1Havellanderreichterreicht1.9.8.9.15.9.
Thyrow2
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erreichterreicht30.8.6.9.14.9.
Dedelow1Uckermarkerreichterreicht2.9.9.9.16.9.
1) ZALF e. V., 2) Humboldt-Universität

Schätzwerte für den TM-Gehalt im Kolben (%)

(Schätzung für 28.8.2022)

OrtLandkreisBlühtermine (BBCH 65)
10. Juli 15. Juli20. Juli 25. Juli 31. Juli
Paulinenaue1Havelland58,755,250,744,938,2
Thyrow2
Teltow-Fläming
60,156,752,346,539,5
Dedelow1Uckermark58,054,550,244,638,3
1) ZALF e. V., 2) Humboldt-Universität

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„Hundert Hektar Heimat“: Von Agrarjournalisten gewürdigt

Josephine, Michel, Gesa und Philipp – diese vier jungen Landwirtinnen und Landwirte stehen für das funk-Format „Hundert Hektar Heimat“ vor der Kamera. Realitätsnah und doch mit Augenzwinkern geben sie Einblicke in ihren Alltag. Dieses Engagement haben nun Agrarjournalisten gewürdigt.

„Hundert Hektar Heimat“ – so heißt das Gewinnerformat des diesjährigen Kommunikationspreises des Verbandes der Deutschen Agrarjournalisten (VDAJ). In Würzburg wurde er beim Bundeskongress 2022 in feierlichem Rahmen verliehen. „Ein gelungenes Format – ein würdiger Preisträger!“ So beschreiben die VDAJ-Vorsitzenden Katrin Fischer und Dr. Michael Lohse das Video-Clip-Format mit vier Landwirtinnen und Landwirten, welches das Content-Netzwerk von ARD und ZDF „funk“ für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) produziert.

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Das Internet und die sozialen Medien haben den Journalismus und die Kommunikation revolutioniert, auch die Agrar-Kommunikation. Jedermann könne jederzeit „Nachrichten“ oder Meinungen veröffentlichen, unabhängig von Expertise oder journalistischen Grundwerten. Nicht immer würden die Werte eines kritischen, sachlichen und unabhängigen Journalismus eingehalten, betonen Fischer und Lohse. Doch dies gelang den vier jungen Landwirtinnen und Landwirten Gesa Langenberg, Josephine Moog, Michel Allmrodt und Philipp Pelzer im Videoclip „Hundert Hektar Heimat“. Die Bauernhöfe der Vier liegen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Deutungshoheit über die heutige Landwirtschaft und das Landleben mitten in die Gesellschaft wollen Gesa, Josephine, Michel und Philipp nicht anderen mit Wunschvorstellungen oder Fake News überlassen.

Video: Hundert Hektar Heimat – Die ultimative Traktor-Challenge

Hundert Hektar Heimat: Informativ, reflektierend und amüsant

Die professionellen Videos der jungen Agrarblogger sind informativ und einfallsreich, unterhaltsam-amüsant, reflektierend-analytisch – ganz nach Thema und Temperament der jeweiligen Protagonisten, heißt es beim VDAJ. Sie seien vor allem Kommunikatoren ihres Berufsstandes, weniger im klassischen journalistischen Sinne, vielmehr als Botschafter und Brückenbauer von der Landwirtschaft zur Gesellschaft. „So geht smarte Kommunikation, die Sympathie für das Land weckt und zugleich viel über die heutige Landwirtschaft aufklärt“, sagten Fischer und Lohse bei der Preisverleihung.

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Der Methan-Traktor im Praxisein-satz beim Grubbern der Stoppel.
Der Methan-Traktor im Praxiseinsatz beim Grubbern der Stoppel © Detlef Finger

Ackern mit Biomethan

Landjugend gibt Gas

Der Einsatz von Biomethan in der Landwirtschaft war Schwerpunkt der zweiten Entdeckertour des Landjugendverbandes Sachsen-Anhalt. Diese führte erneut in den Salzlandkreis und traf auf eine sehr große Resonanz. mehr

Mit dem diesjährigen Kommunikationspreis werde auch das kommunikative Engagement vieler Landwirtinnen und Landwirte in den Social Media-Netzwerken über das Landleben und die heutige Landwirtschaft anerkannt und geehrt, unterstreichen die beiden Vorsitzenden der Agrarjournalisten. Der VDAJ würdigt seit 2005 in der Kategorie des „VDAJ-Kommunikationspreises“ jährlich außerordentliche Kommunikationsleistungen in Print, Fernsehen, Hörfunk oder Social Media, die zu einer fairen und wirklichkeitsgetreuen Darstellung der Landwirtschaft in der Gesellschaft beitragen. red


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Sorghum in Südbrandenburg?

Mais ist eine bedeutende Energiepflanze zur Biogaserzeugung. Um Fruchtfolgen aufzulockern, bietet sich auch Sudangras bzw. Sorghum an. Das bisher schlechtere Ertragspotenzial wird derzeit mit neuen Hybridsorten erforscht. Ein Feldtag in der Lausitz zeigt am 1. September, wie die neuen Sorghum-Hybridsorten wachsen.

Das Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften (FIB) e.V. beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Anbau nachwachsender Rohstoffe, im Speziellen auf Flächen des ehemaligen Braunkohleabbaus. Um die marginalen Standorte in diesen Regionen landwirtschaftlich zu nutzen, ist z.B. der Hirseanbau in der Niederlausitz aus FIB-Sicht eine interessante Alternative und Ergänzung zu Silomais. Ein FIB-Forschungsprojekt namens „Sorghum I – III“ ergab: Sudangras-Hybriden können ein dem Mais vergleichbares, Futterhirsen sogar ein deutlich überlegenes Biomasse-Ertragspotenzial bieten. Ein Einsatz in Biogasanlagen ist also durchaus möglich.

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Um die gegenüber Maissilage etwas geringere Energieausbeute der Sorghum-Silage zu erhöhen, werden an der Justus-Liebig-Universität Gießen in Kooperation mit Zuchtunternehmen verschiedene Züchtungslinien eines Energiesorghumtyps entwickelt. Diese sogenannten Sorghum bicolor Dualtyp-Hybriden weisen einen höheren Kornanteil bei geringeren Stängellängen auf. Zu ihrem Anbau liegen erst wenige Erfahrungen für die marginalen Böden in Brandenburg vor. Das soll sich ändern.

Sorghum-Feldtag am 1. September ab 10 Uhr

Deshalb führt das FIB seit dem Jahr 2021 auf drei Standorten in der Lausitz Anbauversuche mit drei Dualtyp-Sortenkandidaten im Vergleich zu Futterhirse und Mais durch. Mit einem Feldtag am 1. September von 10.00 bis ca. 14.30 Uhr möchten die Projekt-Verantwortlichen nun über die Erkenntnisse der Versuchsjahre 2021 und 2022 informieren und den Erfahrungsaustausch mit Praxis- und Forschungspartnern pflegen. Um eine vorherige Anmeldung wird gebeten. Weitere Infos zum Veranstaltungsort (mit Anfahrtsskizze) und Kontaktdaten zum FIB gibt es hier. red

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Anbau von Körnerhirse

Zwischenspiel mit Rispen

Im brandenburgischen Wölsickendorf wurde im vergangenen Jahr extensive Körnerhirse angebaut. Der Praxisversuch zeigt das Potenzial der Kultur, aber auch die Schwierigkeiten. mehr


Silomaisernte: Auch gute Bestände im Blick

In den ersten beiden Dekaden im August war die Wärmesumme überdurchschnittlich hoch. Mit dem Häckseln der ersten trockenheitsgeschädigten Schläge und einiger sehr früher Bestände wurde die Silomaisernte 2022 in der vergangenen Woche deutlich zeitiger als erwartet eingeleitet.

Von Dr. Rudolf Schuppenies, Dr. Jürgen Pickert (Paulinenauer Arbeitskreis e.V.), Dagmar Wacker, Jörg Haase (ZALF) und Dr. Michael Baumecker (Humboldt-Universität Berlin)

Aktuelle Untersuchungen zum TM-Gehalt im Kolben in noch assimilationsfähigen Beständen auf bislang hinreichend mit Wasser versorten Standorten bestätigten die weit fortgeschrittene Kolbenentwicklung. Sie zeigen, dass die frühesten Bestände einen TM-Gehalt im Kolben von deutlich über 50% und damit BBCH 85 „Teigreife (=Siloreife) Körner gelblich bis gelb, teigige Konsistenz; ca. 55 TS im Korn bzw. 50 % im Kolben“ erreicht haben. Sie weisen aber darauf hin, dass die Vollblüte (BBCH 65) offenkundig auf vielen Standorten auch deutlich früher als zu den bisher in den Schätztabellen für 2022 angesetzten Terminen erreicht wurde. Dem Rechnung tragend ist zusätzlich ein früherer Blühtermin, der 10. Juli, in die 3. Schätzung aufgenommen worden.

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Am 15. August kam es zunächst nur in bestimmten Regionen und erst ab dem 20. August landesweit zu nennenswerten Niederschlägen. Sie kommen den noch assimilierenden Maisbeständen zugute. Diese Bestände haben ihr Ertragspotential meist noch nicht ausgeschöpft und sollten trotz des fortgeschrittenen TM-Gehaltes im Kolben nur geerntet werden, wenn von den vegetativen Pflanzenteilen keine Assimilation mehr zu erwarten ist. Bis zu einer Ausreife des Kolbens auf einen TM-Gehalt von 60 % kann noch ein deutlicher Zuwachs an Kolbentrockenmasse erwartet werden.

Angesichts der wieder angestiegenen Temperaturen dürfte diese Entwicklung weiterhin sehr zügig verlaufen, so dass nun auch diese guten Maisschläge unbedingt im Auge behalten werden müssen, um die Zeitspanne der Silomaisernte mit optimalen Silierbedingungen nicht zu verpassen.

Silomaisernte: Voraussichtliche Termine für das Erreichen einer Wärmesumme von 600 °C

(Schätzung für 21.8.2022)

OrtLandkreisBlühtermine (BBCH 65)
10. Juli 15. Juli20. Juli 25. Juli 31. Juli
Paulinenaue1Havelland25.8.31.8.7.9.14.9.23.9.
Thyrow2
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23.8.29.8.5.9.11.9.20.9.
Dedelow1Uckermark27.8.2.9.8.9.14.9.22.9.
1) ZALF e. V., 2) Humboldt-Universität

Schätzwerte für den TM-Gehalt im Kolben (%)

OrtLandkreisBlühtermine (BBCH 65)
10. Juli 15. Juli20. Juli 25. Juli 31. Juli
Paulinenaue1Havelland50,946,240,433,325,1
Thyrow2
Teltow-Fläming
52,648,042,334,926,4
Dedelow1Uckermark49,544,839,332,324,5
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Agrargenossenschaft Teichel: Wieder auf stabilen Beinen

Knapp ein Jahr lief das Insolvenzverfahren der Agrargenossenschaft Teichel. Nun steht es kurz vor seinem Abschluss und der Thüringer Betrieb wieder auf festem Grund. Aktuell fordert die Dürre das Futtermanagement heraus.

Von Frank Hartmann

Nach knapp über einem Jahr unter der Verwaltung des erfahrenen Erfurter Insolvenzanwaltes Rolf Rombach ist es geschafft: Die Agrargenossenschaft Teichel eG steht wieder auf stabilen Beinen. „Wir sind jetzt schuldenfrei“, sagt Vorstandschef Dr. Stefan Blöttner. Wie Rombach gegenüber der Bauernzeitung erläuterte, müssten jetzt lediglich noch einige formalrechtliche Schritte absolviert werden. Die gut 90 Gläubiger inklusive Banken haben ihr Geld bereits erhalten. Ihre Forderungen konnten zu 100 % bedient werden, was eher selten der Fall sei. Blöttner ist froh und auch stolz darauf, dass alle Verpächter, trotz der Schieflage, dem Betrieb die Treue gehalten haben. Abgesehen von einer Ausnahme stehen zudem alle Lieferanten und Kunden weiter an der Seite der Genossenschaft.

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Rombach und seine Büroleiterin, Lilly Stöckel, betonen, dass das frühzeitige Beantragen der Insolvenz eine wesentliche Voraussetzung für das nunmehr erfolgreiche Verfahren gewesen sei. Denn somit blieb die Grundsubstanz des Unternehmens erhalten, statt sie zu verbrennen. Vielmehr konnte im Insolvenzverfahren der Wert der Genossenschaft sogar noch gesteigert werden. Denn mithilfe der DKB, die im Gläubigerausschuss saß, erwarb man während dieser Zeit neue Flächen – was Rombach einen außergewöhnlichen Vorgang nennt. Somit erreichte Teichel einen Anteil von Eigentumsflächen, der dem Durchschnitt der Juristischen Personen in Thüringen entspricht.

Bildergalerie: Neues von der Agrargenossenschaft Teichel

Insolvenzverwaltung der Agrargenossenschaft Teichel

Insolvenzverwalter Rolf Rombach (l.) und Vorstandschef Stefan Blöttner vorige Woche in der Erfurter Anwaltskanzlei. (c) Frank Hartmann

Dürre auf Grünland der Agrargenossenschaft Teichel

Dürre auf Grünland der Agrargenossenschaft Teichel (c) Agrar eG Teichel

Heulager der Agrargenossenschaft Teichel

Im Mutterkuhstall lüftet das Heu. Es musste jetzt schon raus, denn die Mutterkühe kommen wegen der Dürre in diesen Tagen zum Absetzen in den Stall. (c) Agrar eG Teichel

Zentrales Ziel sei es gewesen, die eG als Ganzes zu erhalten. Dass man dafür einen finanzstarken Partner brauchte, stand außer Frage. Potenzielle Investoren, sowohl landwirtschaftliche und außerlandwirtschaftliche als auch regionale und überregionale, meldeten ihr Interesse an – und das nicht zu knapp. Die frühzeitige und offene Kommunikation mit den Verpächtern und Genossenschaftsmitgliedern darüber schuf Vertrauen. Viele Flächeneigentümer gaben das klare Signal, ihre Flächen in Zukunft nur dann weiter verpachten zu wollen, wenn die Genossenschaft eigenständig weiterwirtschaftet. Für Blöttner und Rombach ist das Beleg dafür, dass die Menschen in der Region „ihre“ Genossenschaft wirklich schätzen.

Genossenschaft hilft Genossenschaft

Mit der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG fand sich ein Partner, der aus Thüringen stammt, das Agrargeschäft kennt und die Genossenschaft unbedingt erhalten wollte. Viele Gespräche waren notwendig, bis das Geschäft unter Dach und Fach war, so Rombach rückblickend. Die VR-Bank, die über die Energie- und Agrargenossenschaft Haseltal/Thüringen eG bereits an mehreren Agrarbetrieben beteiligt ist, erwarb die Eigentumsflächen der Agrar eG Teichel. Blöttner erläutert, dass man ein langjähriges Nutzungsrecht für die Flächen vereinbart hat. Überdies sei die Bank jetzt ordentliches Genossenschaftsmitglied und werde ihr Engagement sukzessive verstärken.

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Die Ernte nimmt jetzt Schwung auf

Praxispartner in Thüringen

Agrar eG Teichel: Ernte startet, Betrieb läuft weiter

Die Agrargenossenschaft Teichel zog Ende Juni die Reißleine und beantragte die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Der Geschäftsbetrieb ist gesichert und die Ernte verspricht gute Erträge. mehr

Die Dürrejahre 2018, 2019 und 2020 samt der miserablen Preissituation führten Blöttner zufolge ursächlich in die Insolvenz. In der diesjährigen extremen Hitze- und Trockenperiode stiegen zwar die Betriebsmittelpreise aufgrund des Krieges in der Ukraine um ein Vielfaches an. „Zum Glück bekommen wir derzeit 55 Cent je Kilogramm von unserer Molkerei. Das hilft momentan beim Wirtschaften.“ Und Wirtschaften in der Milch- und Rinderproduktion bedeutet in dieser Saison, mit der mageren Futterernte den Anschluss ans kommende Frühjahr herzustellen. Das alles sei nur mit reduzierter Fütterung zu erreichen. Bislang musste noch kein Silo aus der aktuellen Ernte geöffnet werden. „Als absehbar war, dass der Silomais kaum Ertrag bringen wird, sicherten wir uns Zukäufe.“ Auch konnte man fehlendes Stroh bei viehlosen Nachbarbetrieben einwerben. Vor vier Wochen strich der Betrieb zudem den Mais für die Biogasanlage, was freilich die Leistung drosselt und die Einnahmen aus dem Energiegeschäft schmälert.

Trockenheit sorgt für Futterknappheit

Weil die Weiden kaum noch Futter hergeben, sind die ersten Mutterkühe zum Absetzen im Stall. Hiernach werden die Mutterkühe nochmals auf einige Weiden und die Maisstoppel getrieben. Letzteres praktiziert die Genossenschaft in jedem Jahr. „Saubere Maisflächen reduzieren den Wildschweindruck“, so die Erfahrung. Viele Fleischrinder, die schlachtfähig sind, plane man zügig zu schlachten beziehungsweise Absetzer früher zu verkaufen, um Futter zu sparen. Und weil das Mutterkuhteam mit dem ständigen Bauen von Weidezäunen, den Tränken, Ab- und Auftrieb extrem gefordert ist, gibt es keine Reserven, um Tiere für die Fleischrinderschau auf den Grünen Tagen in vier Wochen in Erfurt vorzubereiten. „Wir waren bei jeder Tierschau dabei. Jetzt müssen wir pausieren.“ Die Erträge der Druschfrüchte bewegen sich ungefähr auf dem mageren Niveau des Jahres 2018. Und das heißt: Beim Winterweizen wurden vier Tonnen je Hektar knapp verfehlt; die Wintergerste schaffte es geradeso über 50 Doppelzentner; der Raps liegt bei rund 25 dt/ha.

Für das Weihnachtsgeschäft mästet die Agrargenossenschaft Teichel wieder Enten und Gänse. Die Enten kamen aus Frankreich, weshalb die Schnäbel noch kupiert sind. Mit 550 Tieren konnte die Nachbargenossenschaft aus Kamsdorf nicht die gewünschten 750 Stück liefern – die Geflügelpest hat in Frankreich Spuren hinterlassen. Sowohl die 200 Gänse als auch die Enten haben kürzlich neue Tränken bekommen. Die Rohrtränken mit Schwimmventil hat man aus Kostengründen selbst gebaut. Sie versprechen dem Geflügel mehr Tierwohl.

Gänsehaltung der Agrargenossenschaft Teichel

Gute Erfahrung: Sowohl die Gänse als auch die Enten nehmen die neuen, selbst gebauten Rohrtränken gut an. (c) Agrar eG Teichel

Selbstgebaute Tränke für Gänse und Enten der Agrargenossenschaft Teichel

Für die 200 Gänse und 550 Enten gab es im Sommer neue Tränken. Die Rohrtränken mit Schwimmventil baute man aus Kostengründen selbst. Sie werden gut von den Tieren angenommen. (c) Frank Hartmann

EInladung zum Hoffest der Agrargenossenschaft Teichel

Lohnkosten fordern Agrargenossenschaft Teichel heraus

Während die angekündigte Gasumlage von 2,419 Cent je Kilowattstunde die Agrar eG Teichel kaum berührt, ist die Anhebung des Mindestlohnes fest eingepreist. Weil man den Abstand der Lohngruppen aufrechthält, kommen rund 300.000 € zusätzliche Lohnkosten im Jahr zusammen. Stefan Blöttner: „Wir müssen was tun, sonst haben wir irgendwann keine Mitarbeiter mehr.“

Die sind im Übrigen alle auf dem Betriebsgelände in Teichröda, wenn am 17. September von 10 bis 16 Uhr das Hoffest steigt. Stallführungen, Technikpräsentation, Rostbratwurst mit Bier oder Tierschauen der Kleintierzuchtvereine: „Nach dem Insolvenzverfahren wollen und können wir mit dem Fest zeigen, dass es uns noch gibt.“


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Bauerndemo in Schwerin: Für sauberes Wasser und faire Düngeverordnung

Mehr als 500 Landwirte gingen heute bei einer Bauerndemo in Schwerin für genaue Ursachenforschung bei nitratbelastetem Grundwasser sowie Transparenz bei Grundwassermessstellen auf die Straße. Redner machten auch auf die desaströse Situation der Tierhalter aufmerksam.

Von Gerd Rinas

Mehr als 500 Landwirte haben heute mit einem Traktorenkorso und einer Kundgebung vor der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt Schwerin demonstriert. Sie fordern eine genaue Ursachenforschung bei nitratbelastetem Grundwasser und Transparenz bei den Grundwassermessstellen. „Wir sind nicht gegen eine Düngeverordnung, aber sie muss fair sein. Sauberes Grundwasser ist für uns Landwirte selbstverständlich“, erklärte Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern, vor etwa 250 Landwirten auf einer Kundgebung vor der Schweriner Staatskanzlei.

Landwirt auf Bauerndemo in Schwerin
Unter den Fahrern im Korso waren viele junge Landwirte. © Volker Bohlmann
Traktoren auf einer Bauerndemo in Schwerin
Etwa 350 Traktoren rollten durch Schwerin. © Volker Bohlmann
Bauernpräsident Detlef Kurreck
Bauernpräsident Detlef Kurreck. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern war Veranstalter der Bauerdemo in Schwerin. © Gerd Rinas

Die Landwirte seien es leid, als alleiniger Verursacher für erhöhte Nitratwerte an den Pranger gestellt und mit immer neuen pauschalen Auflagen überhäuft zu werden. Kurreck wies darauf hin, dass das Oberverwaltungsericht (OVG) Greifswald die Düngelandesverordnung von 2020 für unwirksam erklärt hat. „Das Gericht hat das Gesetz komplett kassiert, weil es schlecht gemacht war. Es hat genau gesagt, wo die Fehler liegen.“ Im Entwurf der neuen Düngelandesverordnung, die bis März vorliegen soll, seien die Fehler aber nicht behoben, sondern potenziert. „Wir wollen eine Verordnung, die das Wasser wirklich schützt und nicht nur Landwirte sanktioniert“, betonte Kurreck.

Bauerndemo in Schwerin: OFFENER BRIEF an Ministerpräsidentin

Der Bauernpräsident stellte sich vor die Landwirte, die gegen die Düngelandesverordnung von 2020 vor dem OVG geklagt hatten. Nach dem Urteil hatte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus von einem „Bumerang“ gesprochen. „Es kann nicht sein, dass diesen Betrieben jetzt der Schwarze Peter zugeschoben wird. Das wäre respektlos gegenüber dem Urteil des Gerichts und anmaßend gegenüber dem Berufsstand“, so Kurreck. 

„Wer in Abrede stellt, dass von den 552 Grundwassermessstellen 15 Prozent nitratbelastet sind, sagt die Unwahrheit“, entgegnete Minister Backhaus. Er zeigte Verständnis für die Proteste der Landwirte, verwahrte sich aber mehrfach gegen den Vorwurf, willkürlich zu handeln. „Die Düngelandesverordnung von 2020 gilt, danach können Sie düngen, Sie haben Rechtssicherheit“, versicherte er den Landwirten.

Agrarminister Till Backhaus
Agrarminister Till Backhaus bezieht Stellung. © Gerd Rinas

Auf der Kundgebung berichteten Berufskollegen, darunter mehrere junge Landwirte, über ihre Sicht auf die Landwirtschaft. Dabei kam auch die wirtschaftlich äußerst angespannte Lage in der Tierhaltung, vor allem in schweinehaltenden Betrieben, zur Sprache.

Bauernverbandspräsident Kurreck übergab Minister Backhaus stellvertretend für Ministerpräsidentin Manuela Schwesig einen offenen Brief des Bauernverbandes MV und der Initiative „Land schafft Verbindung MV“ zur aktuellen Entwicklung bei der Düngelandesverordnung.

Gericht mahnt unvollständige Verordnung an

In dem Entwurf der Verordnung fehle die vom Oberverwaltungsgericht Greifswald angemahnte Plausibilitätsprüfung bei der Regionalisierung nitratbelasteter Gebiete, machen die Verfasser aufmerksam. Stattdessen werde im Entwurf komplett auf die Regionalisierung verzichtet. Das habe zur Folge, dass statt bislang 13 % der LF demnächst fast 50 % als rote Gebiete ausgewiesen würden. Hier darf nur noch 80 % des Pflanzenbedarfs mit Stickstoff gedüngt werden. Dadurch sei mit erheblichen Ertrags- und Qualitätseinbußen zu rechnen. In dem Brief wird außerdem kritisiert, dass sich der Entwurf auf Auflagen für die Landwirte konzentriert und die Möglichkeiten einer genauen Ursachenforschung und -beseitigung nicht ausschöpft.

Schon in den frühen Morgenstunden waren rund 350 Landwirten aus dem ganzen Land mit Traktoren in zwei Konvois nach Schwerin gefahren. Aus einem Gewerbegebiet starteten die Traktoren am Vormittag zu einem mehrstündigen Korso um und durch Schwerin. Der Fahrzeugtros war acht Kilometer lang. Laut Polizei kam es zeitweise zu Verkehrsbehinderungen. 

Junglandwirte auf der Bauerndemo in Schwerin
Junglandwirte auf der Bauerndemo in Schwerin. © Gerd Rinas
Landwirte auf einer Bauerndemo in Schwerin
Bei der Kundgebung waren wegen Corona Mindestabstände und Mundschutz Pflicht.© Gerd Rinas

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Kuh sucht „Bullen“

Netzfund aus Sachsen zum Wochenstart: Die Färse Kiki sucht Kontakt zu „Bullen“. Bei einer Kontrolle auf der Autobahn A4 bei Viereichen kam es zu einer ku(h)riosen Begegnung.

Eine neugierige Fleischrindfärse hat kürzlich Kontakt zu Beamten des Autobahnpolizeireviers Bautzen gesucht und deren Dienst unterbrochen. An der Anschlussstelle Nieder Seifersdorf der Bundesautobahn A 4 bei Viereichen kontrollierten die Polizeibeamten zu nächtlicher Stunde gerade routinemäßig einen Transporter, als sich ihnen das Rind näherte.

Wie die Polizeidirektion Görlitz am Wochenende in einer Medieninformation mit einigem Eigenhumor mitteilt, habe „die Kuhdame (…) offenbar gehört, dass Bullen in der Nähe sein sollen.“ Kiki, so der Name des Tieres, wurde von ihrem Halter wieder abgeholt, nachdem sich beide Seiten ausgiebig bestaunt hatten – und das Rind seinen Irrtum bemerkte. red

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Galloway-Rinder: Keine Nebensache

Im sächsischen Bärwalde stehen die Galloway-Rinder der Familie Schäfer ihr ganzes Leben auf der Weide. Das Tierwohl und die hohe Qualität des selbstvermarkteten Fleisches sind wichtige Kriterien für die Kunden.

Zeit für die Arbeit im Landwirtschaftsbetrieb ist meist nur am Wochenende. „Dann aber intensiv“, sagt Raimund Schäfer. Er ist im Hauptberuf in einem Maschinenbauunternehmen tätig, seine Frau Sandra ist Kartographin. Ihre Gallowayrinder halten Schäfers, die im Radeburger Ortsteil Bärwalde bei Dresden leben, im Nebenerwerb. Was nicht heißt, dass die Herde für sie Nebensache wäre. Mindestens zweimal täglich suchen sie ihre Rinder auf. Und dies nicht nur, um nach dem Rechten zu schauen, sondern auch, um die Tiere zahm und zutraulich zu halten. Denn das erleichtert den Umgang und die Arbeit mit ihnen – vor allem die stressfreie Tötung der Rinder auf der Weide.

Galloway-Rinder: Robust, hornlos und mit guter Fleischqualität

Mit zwei Rindern haben Schäfers im Jahr 2016 angefangen, in Bärwalde Landwirtschaft im Nebenerwerb zu betreiben. Raimund Schäfer ist mit und in der Landwirtschaft groß geworden. Er stammt aus Baden und kam Anfang der Neunzigerjahre nach Sachsen. Seine Frau und er selbst waren lange im Pferdesport aktiv. Im eigenen Landwirtschaftsbetrieb wollten sie statt Pferden jedoch Rinder halten. „Wir hatten Flächen, aber keinen Stall“, erzählt der Nebenerwerbslandwirt. Aus diesem Grund suchten sie nach einer robusten Rasse, die ganzjährig im Freien gehalten werden kann. Zudem sollte es eine hornlose Rasse mit guter Fleischqualität sein. Deshalb fiel die Wahl auf Galloways.

Grundlage für ihre Rinderhaltung liefern 20 ha Grünland. Teils ist es eigenes Land, teils sind es gepachtete Flächen oder solche, für die Nutzungs- oder Weideverträge abgeschlossen wurden. Das Land liegt recht verstreut, was seine Bewirtschaftung nicht eben einfach macht. „Wir streben kürzere Wege an“, gibt Raimund Schäfer zu verstehen. Die Flächen werden sowohl zur Beweidung als auch zur Mahd genutzt und gezielt verbessert. „Die Wiesen brauchen Pflege“, sagt er. Durch Nachsaat sollen Kräuter und Leguminosen im Pflanzenbestand vermehrt, der Ampfer dagegen herausgedrängt werden.

Galloway-Rinder fressen Heu auf der Weide
Die Jungfärsen stehen ebenso wie die Jungbullen auf einer eigenen Weide. Insgesamt umfasst der Bestand rund 30 Tiere. © Karsten Bär

Die Wintermonate verbringen die Tiere, jeweils getrennt nach Mutterkühen, Jungfärsen und Jungbullen, auf drei festen Winterweiden. Dort stehen ihnen Brunnen mit frostsicheren, beheizbaren Selbsttränken zur Verfügung. Um die Futterraufen sind Gummimatten ausgelegt, die das Verschlammen des Bodens verhindern. Nicht nur auf Ställe, auch auf jegliche Gebäude zur Lagerung des Futters verzichtet der Nebenerwerbsbetrieb. Die Heu- und Silageballen lagern unter Heuvlies im Freien.

Ziel ist, vor allem Galloway-Zuchttiere zu verkaufen

Der Bestand des Betriebes umfasst derzeit rund 30 Tiere, davon zehn Mutterkühe. „Für die Zucht nutzen wir ausschließlich Herdbuch- A-Tiere“, erklärt Raimund Schäfer. Der Verkauf von Zuchttieren soll der Schwerpunkt des Betriebes werden. Seit vier Jahren ist ein gekörter Deckbulle im Einsatz. „Die züchterischen Erfolge können sich sehen lassen“, ist der Halter überzeugt. Allerdings schlachtet der Betrieb derzeit noch mehr Tiere, als er verkauft. Zumal die Nachfrage nach dem Rindfleisch groß sei. Acht Rinder haben Schäfers in diesem Jahr geschlachtet, weitere vier als Zuchttiere verkauft.

Frostsichere Tränke für Galloway-Rinder
Brunnen mit frostsicheren Selbsttränken stellen auf den Winterweiden die Versorgung der Rinder mit Wasser sicher. © Karsten Bär

Für die Schlachtung werden die Rinder ausschließlich auf der Weide getötet. Die Tiere werden auf einem speziell dafür vorgesehenen Teil der Weide im Fangstand mit Bolzenschussgerät betäubt, anschließend mit dem Traktor hochgezogen und entblutet. Dass die Rinder in der Regel handzahm sind, zahlt sich hier aus. Die Tötung erfolgt stressfrei und im für die Tiere gewohnten Umfeld.

Genehmigung für Weideschuss erhalten

Dass Schäfers sich für diesen Weg entschieden haben, hat zum einen mit der Fleischqualität zu tun, die bei stressfreier Tötung wesentlich besser ist. Zum anderen aber sei es eine ethisch-moralische Frage, wie Raimund Schäfer betont. „Für unsere Tiere fühlen wir uns auch verantwortlich.“ Diese Haltung spiegelt sich im gesamten Betriebskonzept wider und war ein Grund für das erfolgreiche Abschneiden der Bärwalder Galloway- Zucht beim „Landeswettbewerb tiergerechte und umweltverträgliche Haltung 2019/20 in Sachsen“, bei dem Schäfers in diesem Jahr ausgezeichnet wurden.

Für den seltenen Fall, dass einzelne Rinder scheu bleiben oder Stressreaktionen im Fangstand zeigen, kann Raimund Schäfer auf die Möglichkeit des Weideschusses zurückgreifen, der von einem Hochsitz an der Weide aus vorgenommen wird. Er ist Jäger und verfügt somit über die nötige Sachkunde. 2019 hat er die Genehmigung für diese Methode der Tötung eingeholt, die für ganzjährig  im Freien gehaltene Rinder vom zuständigen Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (LÜVA) erteilt werden kann. Sie gilt für drei Jahre, jedoch muss jeder einzelne Weideschuss bei der Behörde angemeldet werden. Es ist ein Weg, Stress bei der Tötung zu vermeiden. Doch auf der Weide zur Jagdwaffe greifen muss Schäfer selten. „Dieses Jahr ist bei uns kein Rind durch Schuss getötet worden“, sagt er.

Nach dem Betäuben und Entbluten – oder alternativ nach dem Weideschuss – wird das Tier in einen Schlachtbetrieb in Bauda bei Großenhain gebracht. Das muss den Vorschriften gemäß innerhalb von 60 Minuten erfolgen. Die Zerlegung des Schlachtkörpers übernimmt Raimund Schäfer später selbst. Hierzu hat er einen Zerlegeraum eingerichtet und zertifizieren lassen, in dem es die nötigen Kühlmöglichkeiten sowie Reifekammern für das Fleisch gibt.

Ein Rind schlachten die Schäfers immer erst, wenn sein Fleisch bereits über Vorbestellung so gut wie verkauft ist. Über das Internet oder persönliche Anschreiben erfahren die Kunden über anstehende Schlachtungen und können einzelne Stücke bestellen. Übrig bleibt selten etwas. Gerangel um die beste Stücke gibt es ebenfalls nicht. Dass einer immer nur Filet kauft, sei ausgeschlossen, versichern die Schäfers. Die Kundschaft sei fair zueinander.

Kunden schätzen Genuss – und Tierwohl

„Wir haben uns eine kleine Kunden- Community aufgebaut“, so Raimund Schäfer. Die Käufer kommen zum großen Teil aus dem nahen Dresden. Die Themen Qualität und Tierwohl spielten für sie eine große Rolle für den Einkauf; sie honorierten damit, dass die Rinder bei Schäfers ganzjährig auf der Weide leben, stressfrei geschlachtet werden und somit das Fleisch auch eine hohe Qualität aufweist. Als exklusiver Gastronomie- Kunde hat der Bärwalder Gasthof, ein Restaurant mit gehobener Küche, Fleisch von Schäfers Galloways auf der Karte. Doch auch im Ort selbst gibt es Kundschaft, die die Fleischqualität zu schätzen weiß.

Qualität hat ihren Preis. Aber auch das hat Grenzen. „Klar sind wir teurer als im Supermarkt“, räumt der Rinderhalter ein. „Aber längst nicht so teuer wie mancher Gourmetfleisch-Anbieter im Internet.“ Die Preisfindung folge nach wirtschaftlichen Erwägungen. Auch mancher eher preisbewusste Kunde gönne sich ab und an den Genuss. Ökonomisch sei der kleine Betrieb auf einem guten Weg. Und verkaufen könnten die Schäfers durchaus noch mehr. Vorstellbar sei daher auch weiteres Wachstum. Allerdings sind dem auch enge Grenzen gesetzt. „Das geht nur mit mehr Fläche“, sagt Raimund Schäfer. Und die ist schwer zu bekommen.

Passend Dazu: Rinderrassen im Portrait

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Ausbildungspreis für Schäfermeister: Besser Stärken statt Mängel bei Azubis sehen

Der Schäfermeister Frank Hahnel ist Träger des Brandenburgischen Ausbildungspreises für Inklusion 2021. Über die Arbeit mit beeinträchtigten Jugendlichen hat unsere Landesredakteurin Heike Mildner mit dem Schäferei-Ausbilder gesprochen.

Die Fragen stellte Heike Mildner

An dieser Stelle noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Ausbildungspreis, den Sie von der Beauftragten der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen, Janny Armbruster, bekommen haben, weil in Ihrem Betrieb Inklusion zum Betriebsalltag gehört.

Bauernzeitung: Warum setzen Sie sich so für benachteiligte Jugendliche ein?
Frank Hahnel: Das hat vielleicht mit meiner eigenen Lehrzeit zu tun. Von 1983 bis 1985 erlernte ich den Beruf des Schäfers. Auf dem Lehrvertrag stand Zootechniker/Mechanisator Schafproduktion – ein hochtrabender Name für so einen konservativen Beruf. Auf meinem Facharbeiterzeugnis stand dann wieder Schäfer. Aber das nur am Rande. In meinem Lehrbetrieb, der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft Pflanzenproduktion LPG (P) Greven im Kreis Lübz in Mecklenburg wurden eigentlich nur Hilfsschüler ausgebildet. Sie erhielten dort eine Teilfacharbeiterausbildung zum Gärtner, Landwirt, Betriebshandwerker oder Schäfer. Ab 1983 wurden mehr Schäfer gebraucht, und so waren wir fünf Schäferlehrlinge die einzigen Zehn-Klassen-Abgänger in diesem Betrieb.

Ausbildungspreis für Inklusion 2021: Schäfermeister Frank Hahnel im Porträt

Video (c) 414films im Rahmen des Brandenburgischen Ausbildungspreises für Inklusion 2021 für die Beauftragte der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen in Brandenburg

Da waren Sie fünf dann die „Außenseiter“?
Eben nicht! In dem Internat voll mit benachteiligten Jugendlichen waren wir die Inkludierten! Wir waren 17 Jahre alt, unsere Mitbewohner und Lehrkollegen erst 14, denn die Förderschule endete mit der achten Klasse. Wir lebten und arbeiteten zusammen. Beim Büffeln für die Traktorfahrschule halfen wir uns gegenseitig. Wer nicht lesen konnte, dem wurde vorgelesen, und er machte seine Prüfung mündlich. Wer die Traktorfahrerlaubnis bestand, durfte auch Moped fahren: Das spornte an.

Wie ging es später weiter?
Unsere benachteiligten Jugendlichen wurden nach ihren Stärken auf die einzelnen Berufsfelder verteilt – nicht nach ihrem Bildungsstand. Hier erfuhren sie selbst beim Steine sammeln Wertschätzung: Weniger Steine auf dem Feld bedeutete weniger kaputte Technik und weniger Steine auf der Kartoffelkombine. Und wenn man dann auch noch einen versteinerten Seestern oder ein „Dino-Ei“ gefunden hat, machte einen selbst diese Arbeit stolz. Was ich sagen will: Die Steinesammler wurden wertgeschätzt. Und auch die anderen: Die Betriebshandwerker- Lehrlinge waren gefragte Helfer in jedem Haus, und mein des Lesens unkundiger Traktorist war der beste, den man sich wünschen konnte. Um Jugendlichen wie diesen eine Chance zu geben, in ein erfülltes Berufsleben zu starten, braucht es Ausbilder und Betreuer, die ihnen dies ermöglichen – und nicht welche, die nur den Mangel verwalten. Auch diese Jugendlichen haben Träume! Ermöglichen wir es ihnen, ihren Traumberuf zu finden und auch zu erlernen!

Um ausbilden zu können, braucht man einen Meistertitel – und Lehrlinge, die den Beruf ausüben wollen. Erinnern Sie sich an Ihren ersten Lehrling?
Im Februar 1991 beendete ich meinen Lehrgang in Wettin zum Tierwirtschaftsmeister. Wir waren die ersten, die unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen und Anforderungen zum Schäfermeister geprüft wurden. Im August 1991 machte ich mich selbstständig. Mit der Zulassung zum Lehrbetrieb dauerte es noch etwas. Azubis brauchte 1991 keiner. Hinzu kommt: Die Ausbildung zum Schäfer dauert drei Jahre, und als kleiner Familienbetrieb bekomme ich nur einen Azubi genehmigt. Außerdem kostet ein Azubi nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Angefangen hat dann alles mit Robert M. Er arbeitete nach seiner zehnten Klasse ein Jahr lang bei uns. Es gab keine Lehrstellen, und so überbrückte er die Suche nach einem Lehrbetrieb mit der Arbeit bei meinen Schafen. Seine Eltern sagten, er solle was Ordentliches lernen, wo er nicht am Wochenende arbeiten muss. Er lernte dann in Westdeutschland: nicht Schäfer, sondern Koch.

Das ging ja dann eher nach hinten los … Gab es einen zweiten Anlauf?
1997, im Jahr des Oderhochwassers, waren Kinder einer Jugendhilfeeinrichtung aus dem Oderbruch hier auf einer Wiese evakuiert. Die Begegnung mit unseren Schafen und der Umstand, dass es ihr Pferd mitbringen konnte, veranlasste eines der Mädels, 1998 hier bei mir eine Ausbildung zur Schäferin zu machen. Ihr folgten in 23 Jahren neun weitere Auszubildende. Von den insgesamt zehn waren sieben Mädchen und drei Jungs. Hinzu kamen Schülerpraktikanten aus den Schulen von Müncheberg, der Förderschule Seelow und aus Worin.

Schülerpraktikanten machen doch nur Arbeit, oder?
Auch diesen Jugendlichen konnte ich etwas für ihr späteres Berufsleben mit auf den Weg geben. Auch wenn sie nach ihrem Praktikum nicht bei mir eine Ausbildung zum Schäfer angefangen haben, denken sie gerne an ihre Zeit bei uns und den Schafen zurück. Das gilt auch für Praktikanten, die von den Universitäten aus Berlin und von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde zu uns kamen. Prof. Dr. Peters und Prof. Dr. Staufenbiel ermunterten ihre Studenten, ein Praktikum in einer Schäferei zu machen. Das erdete so manch zukünftige Tierärztin oder Agrarwissenschaftler: Wenn man draußen an der Herde im Regen seinen Regenmantel vergessen hat, wird man nass – egal ob Förderschüler oder Doktorand. Und wenn man im Sortiergang auf der falschen Seite steht, wird man auch mal von einem Schaf umgerannt – egal ob man keinen Schulabschluss oder Abitur hat. Schafe machen da keinen Unterschied.

Was haben Sie als Schäfermeister davon, wenn sich Studenten hier erden?
Der Bezug zur Praxis fehlt bei manchen Studiengängen. Und so ist es schön, dass ich den Studenten einen Blick auf meine Welt geben darf, auf meine Art, Schafe zu halten. Daher danke ich all meinen Praktikanten und Auszubildenden herzlich: Es war schön, euch kennenlernen zu dürfen!

Erwies sich die Nähe des Zalf für Studenten als verlockend?
Leider nein. Mit dem Zalf und dem Entomologischen Institut würde ich gern zusammenarbeiten, gerade wenn es um Landschaftspflege und Insektenschutz geht – schließlich ist jeder Haufen, den die Schafe hinterlassen, ein Insektenuniversum.

Derzeit ist Ihr Sohn Hans Azubi in Ihrer Schäferei. Ist das nicht schwierig für Sie beide?
Er kaufte ja die Katze nicht im Sack. In einer Schäferei geboren zu werden, beschert einem schon als Kind so manche Arbeit mit Tieren und Technik. Ich hätte ihm jeden seiner Berufswünsche auch außerhalb unserer Schäferei erfüllt, so wie seinen vier älteren Geschwistern. Mein Sohn wurde gefragt, warum er Schäfer lernen will. Er sagte: Schafe haben keine Vorurteile, sie akzeptieren dich so, wie du bist. Dem kann ich mich nur anschließen.

Die Bauernzeitung gratuliert Frank Hahnel zum Erhalt des Brandenburgischen Ausbildungspreises für Inklusion 2021.

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Landmaschinenmechaniker mit Leib und Seele: „Ich bin und bleibe ein Schlosser“

Landtechnik ist immer nur so gut wie der Service dahinter. Gerade während der Ernte ist es für Landwirte wichtig, eine gute Werkstatt als Partner zu haben. André Mahnkopf lebt den Schlosserberuf und für seine Kunden.

Die Fragen stellte Erik Pilgermann

Die Ernte läuft, doch kommt wetterbedingt immer wieder ins Stocken. Schwüle Hitze wechselt sich mit Regen ab. Umso wichtiger, wenn man sich an solchen Tagen auf seinen Werkstattservice verlassen kann. Wir haben einen furchtlosen, keineswegs unerfahrenen jungen Landtechnikschlosser begleitet und von ihm sowie zwei seiner Kunden (Jan-Derk Koning und Familie Jürgens) sehr interessante Einblicke erhalten.

André, seit wann arbeitest du im Landtechnikbereich?
Seit meinem 18. Lebensjahr hab ich beruflich damit zu tun.

Aber du hast nicht mit 18 das erste Mal einen Traktor von Nahem gesehen, oder?
Nein, nein. Das begleitet mich schon mein ganzes Leben, sozusagen von Geburt an. Ursprünglich ist mein Vater ja auch aus dem Bereich und hat da auch seinen Meister gemacht. Wir haben schon immer zu Hause Trecker restauriert und sind zu Treffen gefahren. Aber bis ich mit der Schule fertig war, hat länger gedauert, weil ich einfach stinkendfaul war. Dementsprechend hab ich meine Lehre auch erst sehr spät angefangen. Gelernt hab ich dreieinhalb Jahre bei der BLT bei Claas.

Und wie ging es dann weiter?
Mein Vater fragte mich, ob ich nicht seinen Metallbau übernehmen würde, da er sich langsam aus dem Geschäft zurückziehen wollte. Und seitdem bin ich hier, inzwischen im siebten Jahr selbstständig.

Wie viele Kollegen arbeiten mit dir?
Zusammen mit mir sind wir zu acht und alles Schlosser. Alle können schweißen, alle können ein Loch bohren, und alle können was.

Landmaschinenschlosser André Mahnkopf prüft den Keilriemen am neuen Mähdrescher von Landwirt Uwe Jürgens
Landmaschinenschlosser André Mahnkopf prüft den Keilriemen am neuen Mähdrescher von Landwirt Uwe Jürgens. © Sabine Rübensaat

Welches sind eure Hauptarbeitsbereiche?
Wir haben viel mit Traktoren zu tun, Wartung, Pflege, Durchsichten und schwierige Fälle. Wir haben einen festen Kundenstamm und sind keine fliegende Werkstatt. Das wollte ich von vornherein vermeiden. Ansonsten machen wir viel im Bereich Anhänger. Wir bauen Strohplatten, bauen Hänger auf und um, je nachdem, was benötigt wird. Alles, was zu schweißen oder zu drehen ist, können wir machen.

Landwirt Uwe Jürgens und Landmaschinenschlosser André Mahnkopf überprüfen die Technik unter dem neuen Mähdrescher der Familie
Der Drescher von Uwe Jürgens (l.) ist neu. Deswegen sollte nach den ersten Trommelstunden alles überprüft werden. © Sabine Rübensaat

Aber ihr seid nicht markengebunden?
Nein, wir sind eine freie Werkstatt. Ich vertreibe zwar Ursus-Traktoren, Kelly-Kettenscheibeneggen und Inu-Mulcher. Aber das ist absolut zwanglos. Ich will nicht unter den Druck geraten, im Jahr fünfzig Trecker verkaufen zu müssen.

Landmaschinenschlosser André Mahnkopf und Landwirt Jan-Derk Koning vor einer Kelly Kettenegge
Landmaschinenschlosser André Mahnkopf und Landwirt Jan-Derk Koning (r.) vor einer Kelly Kettenegge. © Sabine Rübensaat

Welches sind denn Deine Spezialitäten, wenn es ums Schrauben geht? Das ist auf jeden Fall alles rund ums Schweißen. Sachen konstruieren und bauen, Fehler erkennen, warum etwas gerissen oder gebrochen ist, und die entsprechenden Gegenmaßnahmen ergreifen. Wir haben quasi den Metallbau in die Landtechnik integriert. Wir bauen auch viel Geländer und Treppen für Biogasanlagen. Wenn es kompliziert wird oder das Teil nicht in irgendeinem Regal zu finden ist, dann kommen wir ins Spiel.

Habt ihr eigentlich etwas von den Problemen mit der Ersatzteilversorgung durch Corona und den blockierten Suezkanal mitbekommen?
Nein, damit hatten wir keine Probleme. Wir haben vielleicht mal zwei, drei Tage auf Teile warten müssen, aber das war es dann eigentlich auch schon. Wir sind auch nicht so unbedingt auf Teile angewiesen, da wir sehr viel selbst machen können. Ich habe auch einen ziemlich großen Lagerbestand. Und dann wird eben so lange gebaut, bis es irgendwie passt.

Es wird also zunehmend wichtiger, dass man Dinge reparieren kann und sich selbst zu helfen weiß?
Das ist ein absoluter Fakt! Als ich hier damals angefangen habe, bin ich herumgefahren auf den Betrieben, die mich schon als Lehrling kannten, und hab mich vorgestellt. Auf den großen Agrarbetrieben wurde ich eher belächelt. Da hieß es so ungefähr: „Was willst du? Wenn der Pflug in der Mitte durchbricht, kaufen wir einen neuen. Schweißen muss hier keiner …“ Seit zwei, drei Jahren rufen mich mittlerweile genau die Leute an und holen mich, damit der Pflug noch mal ein paar Jahre durchhält. Da hat sich auf jeden Fall etwas verändert. Das Geld sitzt nicht mehr so locker.

Landmaschinenschlosser André Mahnkopf telefoniert
Gute Organisation ist wichtig im Alltag als Landmaschinenschlosser. © Sabine Rübensaat

Die Ernte ist in vollem Gange. Da sind die Tage bestimmt lang und die Nächte eher kurz. Wie lässt sich so ein Arbeitspensum mit der Familie vereinbaren?
Das ist hinzukriegen. Man muss einen Partner haben, der dafür Verständnis hat, dass nach einem langen Tag und einem Feierabend frühestens um acht, eher zehn nicht mehr viel geht, außer Duschen, Abendbrot und ab ins Bett. Gottseidank habe ich so eine Partnerin. Da bin ich sehr froh drüber.

Stichwort Ausbildung: Wie schätzt du die Situation in deiner Branche ein?
Das kann ich generell beantworten: absolut schlecht! Das wird allerspätestens in zehn Jahren eine Riesenkatastrophe werden. In zehn Jahren wird die Schlosserstunde mindestens 250 Euro kosten, und wenn du ´ne Durchsicht brauchst, musst du ein Jahr vorher Bescheid sagen.

Landmaschinenschlosser André Mahnkopf mit Traktorreifen in seiner Werkstatt
Nicht mit Reifen, aber ganz sicher mit Terminen muss André oft jonglieren. (Fast) alles wird dabei möglich gemacht. © Sabine Rübensaat

Dafür gibt es viele Ursachen. Der Beruf wird im Verhältnis schlecht bezahlt, ist absolut hart und dreckig. Dazu muss man einen riesengroßen Wissensschatz haben. Die Ausbildung müsste besser organisiert sein. du hast zwar mit der neuesten Technik zu tun, aber wenn es dir keiner zeigt, lernst Du auch nix. In den überbetrieblichen Ausbildungszentren sieht es ähnlich aus. Wenn man nicht willensstark ist, wird es nichts. Teiletauscher wird es immer geben. Aber die, die richtig was draufhaben und auch improvisieren können, die wird es so einfach nicht mehr geben. Das wird im gesamten Handwerk ein Riesenproblem.

Stichwort Zukunft: Wie sehen deine Pläne aus?
Ich werde sicherlich irgendwann erweitern und den Schritt in Richtung A-Händler wagen, aber nie so, dass es riesengroß wird. Mir ist ein gutes Verhältnis zu meinen Kunden total wichtig. Wir sind alle per Du und vertrauen einander. Ich tauge nicht zum Klinkenputzer. Ich bin und bleibe ein Schlosser.

Ein T 40-Traktor aus sowjetischer Produktion gehört zu André Mahnkopfs Sammlung alter Landtechnik. © Sabine Rübensaat

Lange gesucht und gefunden: Das ist ein T 40, ein leichter Traktor aus sowjetischer Produktion. Nichts Aufregendes, könnte man meinen. Schließlich wurden in 35 Jahren Bauzeit 1,2 Millionen Stück davon gebaut. Dieser hier ist aber etwas ganz Besonderes. Er wurde nämlich 1961 auf der Messe in Leipzig ausgestellt und ist in dieser Ausführung einzigartig. Die Maschine wurde 1961 nach Frankreich verkauft und ging später in die Niederlande. Dort hat André sie geborgen und will sie restaurieren.

Landmaschinenschlosser André Mahnkopf vor einem alten Mähdrescher

Auch auf dem Hof von André Mahnkopf – zwischen hohem Bewuchs: Ein alter Mähdrescher. © Sabine Rübensaat

Auch Traktoren aus Amerika wie dieser alte Fordson-Traktor mit Stahlrädern haben es in die Sammlung von André Mahnkopf geschafft. © Sabine Rübensaat

Ein Traktor Belarus MTS 80 wartet in der Werkstatt von André Mahnkopf auf seinen nächsten Einsatz. © Sabine Rübensaat

Alte rostige Motorroller

Auch alte Motorroller sammelt André Mahnkopf. © Sabine Rübensaat


Jan-Derk, ihr seid ein ausgesprochener Milchviehbetrieb, richtig?
Jawoll, wir produzieren Milch und erzeugen auf unseren 1.150 Hektar Fläche hauptsächlich das Futter für unsere Kühe. 520 Hektar davon sind natürliches Grünland. Übrigens gehen wir gerade in unsere 25. Ernte hier in Hertefeld.

Sozusagen Silberernte also. Herzlichen Glückwunsch! Wie lange arbeitet ihr denn schon mit André zusammen?
Mit Familie Mahnkopf seit gut zehn Jahren. Alles begann mit einer Ladewagenhavarie. Mit André selbst arbeiten wir seit sieben Jahren zusammen. Egal, ob große oder kleine Havarien oder Wochenende, bei André kannst du immer anrufen. Und dann sorgt er da, wo es geht, mindestens für eine „kreative Notlösung“. Auf jeden Fall kommst du vom Feld oder kannst die Arbeit weiter fortsetzen. Dass das nicht auf eine Marke begrenzt ist, weiß ich sehr zu schätzen.

Landwirt Jan-Derk Koning in seinem - ausgesprochen hohen - Mais
Landwirt Jan-Derk Koning in seinem – ausgesprochen hohen – Mais. © Sabine Rübensaat

Wie ist aus deiner Sicht die momentane Situation auf dem Acker?
Wir sind sehr schwierig in das Jahr gestartet. Im Frühjahr war es zu lange zu kalt. Wir haben den Mais zum Beispiel zehn Tage später als normal gelegt. Dann lag der Mais im Boden, aber ist nur aus lauter Pflichtgefühl aufgelaufen. Vogelfraß und verminderte Keimfähigkeit haben auch noch ihr Teil dazugetan. Wir mussten gut 15 Hektar nachlegen. Als dann die Aussaat endlich geschafft war, bekamen wir im Mai zwischen 50 und 60 Liter Niederschlag, und dann stand in den Senken das Wasser. Danach gab es hier keinen Tropfen mehr. Am 30. Juni, wir waren gerade fertig mit dem zweiten Schnitt und haben abends um zehn die letzte Folie auf dem Silo ausgelegt, fing es in der Nacht an zu regnen und hat 30 Stunden nicht mehr aufgehört. Das waren 87 Liter am Stück. Die Woche darauf kamen noch mal 40 Liter. Danach war auf den Wiesen fast komplett Land unter. Aber der Mais hat das gut vertragen und ist sehr gut gewachsten. Wir haben Bestände von gut drei Metern bis über vier Meter Höhe und sehr gutem Kolbenansatz.

Wie sieht es im Getreide aus?
Für die Gerste kam der Regen im Mai eigentlich zu spät. Da hätten wir gut eine Tonne mehr ernten können. So lagen wir im Schnitt bei fünf Tonnen auf dem Hektar. Das ist aber in Ordnung für uns. Insgesamt waren die Bestände aber gesund. Wir haben eine Fungizidbehandlung im Frühjahr gemacht. Geerntet haben wir etwa 250 Tonnen.

Bleibt die Gerste auf dem Betrieb, oder vermarktet ihr die Erntemenge?
Die Gerste bleibt hier. Wir versuchen nämlich, selbst so viel wie möglich Kraftfutter für das Milchvieh zu erzeugen. Deshalb spielt für mich das Hektolitergewicht der Gerste auch nicht die Rolle.

Wie sieht es mit der Qualität im Roggen aus? Ist Mutterkorn bei euch ein Thema?
Was wir bis jetzt gedroschen haben, haben wir extra beproben lassen. Da war nix drin. Das ist auch wichtig, denn auch den Roggen verfüttern wir an unsere Kühe. Wir lassen unser Getreide schroten, mischen, und dann verfüttern wir am Ende gut 600 Tonnen Getreide im Jahr. Das Kraftfutter auf den eigenen Flächen zu erzeugen, lohnt sich für uns absolut. Letzen Monat mussten wir zum Beispiel etwas Wintergerste zukaufen, da unsere aufgebraucht war. Ich habe 260 Euro für die Tonne bezahlt. Deshalb lagern wir erst mal alles ein und nur, wenn alles voll ist, gehen noch ein paar Züge Roggen an den Handel.


Uwe, Simone, ihr habt vor einer Woche endlich euren neuen Mähdrescher in Betrieb nehmen können. Reichlich spät, oder?
Uwe: Tja, was soll ich sagen? Der Drescher war deutlich eher fertig. Im Februar/März hatten wir die Ausnahmegenehmigung beantragt. Im Juni kam dann die endgültige Antwort aus Hoppegarten. Alles in allem waren wir um den 10. Juli dann endlich so weit. Bloß gut, dass ich in diesem Jahr keine Gerste hatte.

Wie viel Fläche bewirtschaftet ihr?
Simone: Inklusive Grünland sind das um die 300 Hektar. Etwa 40 Hektar sind Grünland.

Wie sieht es inzwischen aus? Passen die Qualitäten einigermaßen?
Simone: Den Weizen hier haben wir am Wochenende angefangen, und bis jetzt ist von E bis Futter alles dabei. Ich komme gerade mit den Proben zurück. Feuchte passt mit 14 Prozent, und der Proteingehalt ist mit 16 auch gut. Das Hektolitergewicht ist das Problem. 78 sollten es sein, bei 76 könnten wir noch verhandeln, und 72 haben wir. Also wird es Futterweizen.

In diesem Jahr habt ihr keine Gerste angebaut. Was waren die Gründe?
Uwe: Im Moment passt die Gerste nicht in die Fruchtfolge. Wir versuchen, auf den besseren Standorten eine Fruchtfolge aus Zuckerrüben, Weizen, Winterraps und Weizen umzusetzen. Hafer und Mais bauen wir hier und da ein.

Seid ihr ganz normal in diese Saison gestartet, oder gab es von vornherein Besonderheiten?
Uwe: Normalerweise setze ich im Frühjahr zweimal AHL ein. Das konnte in diesem Jahr nicht geliefert werden, weshalb ich auf Kalkammonsalpeter ausweichen musste. Mit dem Streubild beziehungsweise mit den Ungenauigkeiten bin ich nicht zufrieden. Das geht mit AHL und der Spritze um Längen besser.

Weizenernte auf dem Familienbetrieb von Uwe und Simone Jürgens
Weizenernte auf dem Familienbetrieb von Uwe und Simone Jürgens in Wustermark. © Sabine Rübensaat

Lasst ihr euer Getreide auch auf Fusariumbefall beziehungsweise auf Mykotoxingehalt untersuchen?
Uwe: Das haben wir in den vergangenen Jahren machen lassen. In diesem Jahr sind noch keine Proben ans Labor gegangen. In den vergangenen Jahren waren die Ergebnisse aber immer negativ. Die Trockenheit zur Blüte verhindert wahrscheinlich in den meisten Fällen die Infektionen.

Die Landwirte Simone Jürgens und ihr Mann Uwe vor ihrem neuen Mähdrescher. © Sabine Rübensaat

Baut ihr bewusst E- und A-Sorten an?
Uwe: Ja, auf jeden Fall. Mir nützt es nichts, wenn eine Futtersorte durch günstige Bedingungen zur E-Qualität wächst, denn der Handel stuft die Sorte ein und bezahlt auch nur Futter, egal wie die Qualität am Ende ist. Bei E-Weizen kann man momentan ja noch 30 Kilo N über Bedarfsermittlung streuen.

Wie sieht es bei euch denn mit den roten Gebieten aus? Seid ihr davon betroffen?
Uwe: Nein, Gott sei Dank nicht. Aber mit einem Schlag „kratzen“ wir sozusagen an der Grenze eines ausgewiesenen Gebietes.

Ihr seid ein reiner Familienbetrieb. Machen eure Kinder mit? Konntet Ihr sie von der Landwirtschaft begeistern?
Simone: Beide machen mit. Und beide wissen auch sehr genau, dass die Arbeit in der Landwirtschaft mehr ist als Treckerfahren. Unser Sohn kann sich mit seinen 17 Jahren inzwischen recht konkret vorstellen, den Betrieb einmal zu übernehmen. Auf jeden Fall möchte er eine landwirtschaftliche Berufsausbildung absolvieren. Unsere Tochter hat mit 15 Jahren noch etwas Zeit, aber weiß schon sehr genau, dass sie später mit Tieren arbeiten möchte.


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Herefordzucht: Zu Hause bei Emil und Paul

Familie Kienow in Grubo (Brandenburg) hat sich im Nebenerwerb auf die Zucht von Herefordrindern spezialisiert. Auch das Schlachten und Vermarkten liegt in ihren Händen.

Von Fritz Fleege
Fotos: Sabine Rübensaat

Wir stehen auf der Wiese zum Fototermin. Paul und Emil flachsen rum, setzen der Kuh Lissy ein Basecap auf. Mutter Antje bringt noch schnell eine Schärpe, während Vater Dirk die Szene mit einem Grinsen auf den Lippen beobachtet. Kein ganz normaler Tag bei Familie Kienow, denn wann kommt schon ein Team von der Bauernzeitung und will Fotos und Recherchen machen. Doch die Züchterfamilie Kienow in Grubo, einem Ortsteil der Gemeinde Wiesenburg/ Mark, im Hohen Fläming gelegen, ist schon außergewöhnlich. Sie haben geregelte Arbeitszeiten außerhalb der Landwirtschaft. Antje Kienow ist zur Zeit beim Bundesverwaltungsamt in der Corona-Erfassung tätig und Dirk Kienow ist Betriebsratsvorsitzender bei der Paul Hartmann AG in Brück. 

Ein Leben ohne Rinder konnten sich beide nicht vorstellen. Er lernte schon früh den Umgang mit Rindern auf dem elterlichen Hof. Nach der Ausbildung arbeitete er einige Jahre im Rinderstall der Agrargenossenschaft. 1995 war er dabei, als der Brandenburger Jungzüchterverein gegründet wurde. Mit dem Verein erlangte er auf Ausstellungen und Schauen diverse Auszeichnungen – damals noch mit schwarzbunten Milchkühen. Bald machte er sich selbstständig und war als Klauenpfleger auf diversen Betrieben im Umkreis von 200 km unterwegs. Antje Kienow – ebenfalls aus einer Bauernfamilie stammend, wurde Köchin und Hotelfachfrau.

Familie Kienow vor dem Hof auf ihren Zweirädern. Wenn sie in Richtung Weide starten, setzen die Motorisierten noch Helme auf.
Familie Kienow vor dem Hof auf ihren Zweirädern. Wenn sie in Richtung Weide starten, setzen die Motorisierten noch Helme auf. (c) Sabine Rübensaat

Für Rinder der Rasse Hereford entschieden

Schon bald nach der Hochzeit schafften sie sich Rinder an. Entgegen kam ihnen dazu ein Angebot, 15 ha Weideland zu nutzen. Gestartet wurde zwar noch mit Schwarzbunten, doch bald entschieden sie sich für Herefords. Dem Ehepaar gefiel, dass die Tiere sich durch Gutmütigkeit, ruhiges Wesen, Hornlosigkeit und Robustheit auszeichnen. Die Kühe sind leichtkalbig und haben einen ausgeprägten Mütterinstinkt. Der Vorteil dieser Rasse liegt auch darin, dass die Tiere genügsam und zur ganzjährigen Freilandhaltung geeignet sind. Nur von Gras und Heu können die Jungtiere je Tag zwischen 800 bis 1.200 g zunehmen. Diese Eigenschaften machen die Rinder für den Nebenerwerb so wertvoll. Außerdem zeichnen sie sich durch beste Fleischqualität aus.

Die Färsen und Jungbullen fi nden nach dem Absetzen von den Müttern ihr Futter auf separaten Weiden.
Die Färsen und Jungbullen finden nach dem Absetzen von den Müttern ihr Futter auf separaten Weiden. (c) Sabine Rübensaat

Nicht nur die Rinderherde vergrößerte sich. Auch bei Kienows stellte sich Nachwuchs ein. Sohn Paul kam 2001 zur Welt. Er wollte schon mit vier Jahren Bauer werden und macht nun eine Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker. Er hält die Technik am Hof in Ordnung, worunter sich drei alte Traktoren, ein Mähwerk, ein Heuwendegerät, ein Schwader und eine Ballenpresse befinden.

Mit dem guten alten Deutz-Traktor lässt sich noch so manche Arbeit auf dem Grünland erledigen.
Mit dem guten alten Deutz-Traktor lässt sich noch so manche Arbeit auf dem Grünland erledigen. (c) Sabine Rübensaat
Die Jungs basteln mit Leidenschaft am Traktor: Spannung messen, Glühlampen tauschen ...
Die Jungs basteln mit Leidenschaft am Traktor: Spannung messen, Glühlampen tauschen. (c) Sabine Rübensaat

Sohn Emil ist 2006 geboren. Er drückt noch die Schulbank und hilft, wo er kann. Auf Ausstellungen ist er für die Kälber zuständig. Beide Söhne sind engagierte Jungzüchter. Sie bereiten die Tiere auf Schauen vor und führen sie gelassen am Halfter durch den Ring. So wurde Paul 2016 mit einer Färse, ein Jahr später mit einer Kuh und Emil 2017 mit einem Kalb auf der BraLa (Brandenburger Landwirtschaftsausstellung) in Paaren im Glien ausgezeichnet. 2019 präsentierten die beiden auf dem Kreiserntefest in Niemegk ihre besten Kühe. Als Höhepunkt der Herefordzucht Kienow erwies sich die 4. Bundessschau Schwarz-Rot-Gold auf der Internationalen Grünen Woche 2020 in Berlin. Klassensieger wurde dort  ihre Kuh Lissi mit dem Kalb Leon. Zur großen Überraschung wurde sie dann unter allen Kühen mit Kalb von Preisrichter PJ Buddler aus Texas sogar zur Bundesreservesiegerin gekürt.

Zu Hause kümmern sich die Brüder nicht nur um die Tiere auf der Weide, sondern legen auch auf dem kleinen Hof und im Haus Hand an. Die Rinder sind bei Kienows ganzjährig auf der Weide. Die Flächen für die Mutterkühe sind in vier Koppeln unterteilt. Nach außen befindet sich ein vierdrähtiger Elektrozaun mit Flatterband zur Wolfsabwehr. Innen sind die Koppeln nur ein- oder zweidrähtig unterteilt. Vor allem die beiden Söhne Paul und Emil achten darauf, dass alles ordnungsgemäß funktioniert. Sie sind auch beim Umkoppeln dabei und mähen die abgehüteten Flächen nach. Die Absetzer kommen im Alter von sieben bis neun Monaten auf einer Extrakoppel unter, getrennt, nach Färsen und Bullen.

Paul Kienow versorgt die Rinder auf der Weide auch mit Wasser.
Paul Kienow versorgt die Rinder auf der Weide auch mit Wasser. (c) Sabine Rübensaat
Emil Kienow mäht das Gras unter dem Elektrozaun ab, damit keine Spannung verloren geht.
Emil Kienow mäht das Gras unter dem Elektrozaun ab, damit keine Spannung verloren geht. (c) Sabine Rübensaat

Auch im Winter bleiben alle Rinder draußen. Sie erhalten dann Heu, das im Sommer auf einer anderen Wiese gewonnen wird. Auch dabei ist die Hilfe der beiden Söhne gefragt. Da darf auch Emil mit seinen 15 Jahren mit dem Traktor fahren. Konzentrate werden weder im Sommer noch im Winter zugefüttert. Schließlich geht es Kienows nicht um höchste Tageszunahmen, sondern um robuste, langsam wachsende Tiere. Als Windschutz dient die mit einem Vlies zugedeckte Heumiete. Auf der Liegefläche wird im Winter ein dickes Strohpolster ausgebracht.

Großen Wert legen Kienows auf eine gute Zuchtarbeit. Sie verfügen zwar meistens über einen eigenen Deckbullen, doch gut vorangekommen sind sie mit Sperma von zuchtwertgeprüften Bullen. Dabei nutzen sie ihre Verbindungen zur Rinderproduktion Berlin- Brandenburg GmbH (RBB). Favoriten sind für sie mittelrahmige Vatertiere mit starker Hinterbeinbemuskelung, die aber vor allem Leichtkalbigkeit vererben. So haben sie bereits gute Erfahrungen mit Bullensperma aus einem irischen Zuchtbetrieb gemacht. Die Besamung nimmt Dirk Kienow selbst vor. Dazu hat er einen Lehrgang besucht.

Die Mutterkühe bringen in jedem Jahr ein Kalb. Sollte ein Tier nicht tragend werden oder aus anderen Gründen aus der Zucht ausscheiden, wird es vor Ort geschlachtet. Die besten weiblichen Jungtiere dienen zur Reproduktion der Mutterkuhherde bzw. werden zur Zucht verkauft. Die meisten männlichen Rinder werden im Alter von 15 bis 24 Monaten geschlachtet. Dies erfolgt neuerdings sogar auf der Weide, denn Kienows meinen: „Den Tieren soll es gut gehen von der Geburt bis zur Schlachtung ohne lange Transporte.“ Dazu ließ sich Dirk Kienow jüngst für die Weideschlachtung ausbilden und prüfen. Die Tiere bleiben also vom ersten bis zum letzten Tag in ihrer gewohnten Umgebung.

Im Fangstand auf der Weide werden sie dann mit dem Bolzenschussgerät getötet und anschließend schnell entblutet. Dann kommt der Schlachtkörper in eine nahegelegene Fleischerei, in der das Fell abgezogen wird. Der grob zerlegte Schlachtkörper kommt zurück nach Grubo. Dort sind dann die Zerlegungskünste von Dirk Kienow gefragt. Die Fleischteile werden zunächst in der Kühlzelle bei einer Lufttemperatur von 0,5 °C zum Reifen eingelagert. Je nach Alter des Rindes bleibt das Fleisch dort etwa vier bis sechs Wochen hängen, bis es zart ist. Erst dann werden die meisten Teile weiterverarbeitet und später vermarktet. 

Antje Kienow ist stolz auf ihre Rindersalami – eine ausgezeichnete.
Antje Kienow ist stolz auf ihre Rindersalami – eine ausgezeichnete. (c) Sabine Rübensaat

Direktvermarktung über den Hofladen

Die Fleischvermarktung ist vor allem die Aufgabe von Antje Kienow. Das Warenangebot ist überraschend groß. So gut wie alles wird vom Rind verwertet. Es reicht von Rinderbrat- und Grillwurst, Burger Patties bis hin zu Salami und dünnen Cabanossi. Außerdem gibt es Rinderhack, Gulasch, Rouladen und Festtagsbraten. Aber auch Beinscheiben und Knochen sowie Tafelspitz, Leber, Zunge, Sülze und Kraftbrühe sind im Angebot. Alles ist entsprechend mit einer Vielzahl von Gewürzen und Gemüse zubereitet und wird im Darm oder Glas angeboten. Von Spitzenqualität sind Rumpsteak, T-Bone-Steak und Filet.

Basis für dieses Gourmetangebot sind die Herefordrinder, deren Fleisch feinfaserig, gut marmoriert und aromatisch ist. Da allerdings nur etwa alle zwei Monate ein Rind geschlachtet wird, gibt es das volle Angebot nur auf Bestellung. Weitere Informationen findet man unter www.hereford-flaeming.de oder auf Instagram unter hereford_flaeming.

Nur in der Direktvermarktung werden Fleisch und verschiedene Wurstsorten sowie Eingewecktes in Gläsern angeboten.
Nur in der Direktvermarktung werden Fleisch und verschiedene Wurstsorten sowie Eingewecktes in Gläsern angeboten. (c) Sabine Rübensaat

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