Ampel-Koalition: Viel Fantasie und etliche Gemeinplätze

Kommt die Ampel-Koalition, wird auch die Landwirtschaftspolitik aufgegriffen. Mit was die Landwirtschaft rechnen sollte, und was hinter den Formulierungen im Sondierungspapier steckt, wurde bislang wenig konkret.

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Entschlossen und dynamisch möchten die Parteien offenbar erscheinen, die eine Regierungskoalition im Bund anstreben. Dem einen oder anderen Beteiligten fehlte vor ein paar Wochen noch die Fantasie, sich eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP vorstellen zu können – nun wird jede Menge davon gebraucht, um einen gemeinsamen Schlachtplan für die nächsten vier Jahre aufzustellen. Aufbauen wird dieser Plan – auch Koalitionsvertrag genannt – auf dem Gerüst namens Sondierungspapier. Es liegt seit Ende voriger Woche vor.

Es kommentiert Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung. (c) Sabine Rübensaat

AMpel-Koalition: Landwirtschaft zweimal Thema Bei SOndierungen

Ob die Landwirtschaft in diesem Papier überhaupt vorkommt, wäre vor nicht allzu langer Zeit keine Frage gewesen. Anders als im Wahlkampf taucht sie in dem zwölfseitigen Dokument aber tatsächlich auf. Exakt zweimal. Einmal wird daran erinnert, dass alle Sektoren zum Klimaschutz ihren Beitrag leisten müssen. Ausdrücklich genannt werden Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft. Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist es keineswegs. Denn im Satz zuvor betonen die potenziellen Regierungsparteien ihre gemeinsame Absicht, das Klimaschutzgesetz noch im Jahr 2022 „konsequent weiterentwickeln“ und ein „Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen auf den Weg bringen“ zu wollen. Ob die Ziele erreicht werden, soll anhand einer mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden.

Das zweite Mal wird die Landwirtschaft im Zusammenhang mit „Artensterben“ und „Verlust an Biodiversität“ erwähnt. Man wolle „wirksame Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt und der Natur ergreifen“, heißt es. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder meinen die Sondiererinnen und Sondierer, die in der vorangegangenen Wahlperiode beschlossenen Maßnahmen machen Land- und Forstwirten zwar schwer zu schaffen, gehen aber am eigentlichen Ziel vorbei – oder aber man sieht sich auf dem richtigen Weg und muss nur noch bestehende Auflagen vermehren oder verschärfen. Die Frage ist, was konkret in einem Koalitionsvertrag stehen wird.

Ampel-Regierung: Umbau der Tierhaltung und weiter reduzierter Pflanzenschutz

Klar und unmissverständlich dürfte hingegen sein, dass die drei Parteien die Landwirtschaft darin unterstützen wollen, „einen nachhaltigen, umwelt- und naturverträglichen Pfad einzuschlagen“. Gleichzeitiges Ziel soll es sein, „ein langfristig auskömmliches Einkommen für die Landwirtinnen und Landwirte zu sichern“. Die Botschaft vernehmen wir wohl, allein – keineswegs zum ersten Mal. Deshalb wird man es Bäuerinnen und Bauern nicht übelnehmen, wenn sie daran erst glauben, wenn zwischen Daumen und Zeigefinger etwas spürbar wird.

Mit dem Umbau der Tierhaltung und dem auf ein „notwendiges Maß“ (auf welches sonst?) reduzierten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind zwei weitere strategische Felder erwähnt, die einer Ampelregierung wichtig wären. Obwohl in dieser Passage nicht erwähnt, dürften auch zwei Aussagen zur Energiewende für die Branche von Belang sein: Zwei Prozent der Landesflächen sollen Windkraftanlagen vorbehalten sein, und neue Gaskraftwerke müssen auf „grünen“ Wasserstoff umgestellt werden können. Ersteres muss für den Bodenmarkt nichts Gutes bedeuten, Letzteres wäre eine energetische Revolution. Aber warten wir den Koalitionsvertrag ab – sofern den Akteuren die Fantasie bis dahin nicht doch noch ausgeht.

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Neue Auszubildende und 5G-Mobilfunk auf dem LVG Köllitsch

Wie kommt eine junge Frau aus Mecklenburg in die nordsächsische Elbaue? Ein wenig – so viel sei schon verraten – hat auch die Bauernzeitung damit zu tun. Das gibt es Neues bei unserem Praxispartner in Sachsen, dem LVG Köllitsch.

Seit 1. September erlernt Emma Rotermann im Lehr- und Versuchsgut (LVG) Köllitsch den Beruf der Tierwirtin. Die 18-Jährige stammt aus der Nähe von Wismar, ging in Neukloster zur Schule und machte dort Abitur. Dass es danach in die Landwirtschaft gehen sollte, stand schon lange fest. „Mit sechs habe ich meine ersten Gänse gehalten“, erzählt Emma. Später kamen auch noch Hühner hinzu. In mehreren Praktika und in der Ferienarbeit lernte sie die Landwirtschaft hautnah kennen.

„Tiere waren schon immer mein Ding“, sagt die junge Frau. Vor allem eine Art hat es ihr angetan: In den vergangenen Sommern nahm sie ein paar Schafe, darunter teils auch Flaschenlämmer, aus einem ihrer Praktikumsbetriebe in ihre Obhut und betreute sie während der Weidesaison auf dem elterlichen Grundstück. Das führte zum Wunsch, Schäferin zu werden – und (fast) geradewegs nach Köllitsch.

Auszubildende Schaeferin und Tierwirtin beobachten ein Schaf auf dem LVG-Koellitsch
Das Interesse an Schafen teilt Emma Rotermann mit Jessica Unger (l.), die seit 2020 auf dem LVG Köllitsch lernt. (c) Karsten Bär

In der Bauernzeitung, die ihr Vater als Landwirt bezieht, las sie davon, dass im Vorjahr im LVG Köllitsch eine neue Schäferauszubildende, Jessica Unger, ihre Lehre begonnen hat. Sie bewarb sich im LVG, bekam aber statt der erhofften Schäferlehrstelle, die der Betrieb in diesem Jahr nicht vorgesehen hatte, ein anderes Angebot. Ein Ausbildungsplatz als Tierwirtin der Fachrichtung Rinderhaltung stehe bereit, hieß es. „Ich hatte zwar durch ein Praktikum bei der Rinderallianz auch schon mit Rindern zu tun, war aber eigentlich auf Schafe orientiert“, schildert Emma den Zwiespalt, in dem sie sich befand. Sie entschied sich nach gründlichem Abwägen dann doch für die Ausbildung zur Rinderwirtin in Köllitsch. „Und ich habe es nicht bereut“, sagt sie. Denn im LVG lernt sie neben der Arbeit mit den Rindern auch die mit Schweinen und Schafen kennen. „Dass man hier im Betrieb so vielseitig ist und mehrere Tierarten hält, hat mir gut gefallen“, gibt Emma zu verstehen. Derzeit ist sie im Schweinestall im Einsatz. Im Dezember dann, wenn die Ablammsaison beginnt, ist der Schafstall dran.

Mit dem Abitur in der Tasche hatte die junge Mecklenburgerin die Chance, gleich ins zweite Lehrjahr einzusteigen. In der Berufsschule in Wurzen fühlt sie sich gut in die Klasse aufgenommen. Und auch in Köllitsch, wo sie, wie auch fünf andere Auszubildende des Betriebes, im Lehrlingswohnheim ihre Unterkunft hat, hat sie sich gut eingelebt. „Es war anfangs schon eine Umstellung, aber ich fühle mich wohl“, sagt sie.

Drohne fliegt bei Inbetriebnahme des 5G-Campusnetzes auf dem LVG-Koellitsch
Der neue Mobilfunkstandard macht die Kommunikation zwischen Drohne und Landmaschinen möglich. Vorgeführt wurde dies bei der Inbetriebnahme des 5G-Campusnetzes. (c) Karsten Bär

Neues gibt es aus Köllitsch auch als Erprobungsstandort für die digitale Landwirtschaft zu berichten. Im Rahmen eines Fachtages ist am Montag voriger Woche das erste landwirtschaftliche 5G-Campusnetz Deutschlands offiziell in Betrieb genommen worden. 5G ist der neue Mobilfunkstandard, der Grundlage für das sogenannte „Internet der Dinge“ ist. Er ermöglicht die Kommunikation zwischen Maschinen, Sensoren und Datenclouds. Und dies mit Datenübertragungsraten von bis zu 10 Gbit/s und in Echtzeit. Als Campusnetz wird ein exklusives Mobilfunknetz bezeichnet, das in einem definierten lokalen Bereich einem bestimmten Anwenderkreis zur Verfügung steht. Eine solche Lösung ermöglicht es, 5G zu nutzen, bevor die großen Telekommunikationsanbieter ihr Netz flächendeckend ausgebaut haben. Grundlage für das Köllitscher Campusnetz sind eine stationäre und eine mobile Funkanlage sowie die Zuteilung des Frequenzbereiches durch die Bundesnetzagentur. Das 5G-Campusnetz ist Teil einer Kooperation des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) mit der Technischen Universität Dresden und dem Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) und gliedert sich in das vom Bund geförderte Experimentierfeld „Landnetz“ ein.

Bewegliche Mobilfunkstation des 5G-Campusnetzes auf dem LVG Koellitsch
Eine bewegliche Mobilfunkstation ist ein Bestandteil des Köllitscher 5G-Campusnetzes. (c) Karsten Bär

Eine Anwendungsmöglichkeit für das 5G-Campusnetz, die in Köllitsch getestet werden soll, wird die zielgerichtete Düngung von Pflanzenbeständen sein. Dabei ermittelt eine Drohne, die dem Traktor und Düngerstreuer vorausfliegt, mittels Multispektralkamera kleinflächig den Düngebedarf und teilt diese Information mit dem Düngerstreuer, der den Dünger dann bedarfsgerecht appliziert.

Parallel zur Erprobung der Anwendungen wird die Mobilfunkstrahlung des Campusnetzes kontinuierlich per Messung überwacht. In einem Fachvortrag während der Inbetriebnahme verdeutlichte Peter Gamer, Experte für Immissionsschutz beim LfULG, dass von 5G-Mobilfunkstrahlung keine gesundheitlichen Belastungen zu erwarten seien. Die Strahlung erreiche dauerhaft lediglich Bruchteile der anhand wissenschaftlich belegbarer Nachweise festgelegten Grenzwerte. Ersten Messungen zufolge gilt dies auch für das 5G-Campusnetz in Köllitsch.


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Demonstriert wurde beim Feldtag in Raitzen die Kommunikation zwischen einer Drohne und einem Traktor zum zielgenauen Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmittel anhand von in Echtzeit erfassten und übermittelten Bedarfsdaten mithilfe eines 5G-Netzes. (c) Karsten Bär

„5G bis zur letzten Milchkanne“

Robotik, automatisierter Datenaustausch und Mobilfunk-Campusnetze – neue digitale Anwendungen sind dabei, in der landwirtschaftlichen Praxis Fuß zu fassen. Sie versetzen den Landwirt in die Lage, viele Herausforderungen zu meistern. mehr


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Umfrage zur Schweinehaltung: Jeder Zweite hört auf

Eine Umfrage der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) verdeutlicht die Krise der Schweinehaltung in Deutschland. Demnach wollen 40 % der Schweinemäster und 60 % der Sauenhalter innerhalb der nächsten zehn Jahre aufhören.

Etwa die Hälfte der Schweinehalter in Deutschland will innerhalb der nächsten 10 Jahren aus der Schweinehaltung aussteigen. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Befragung der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) von über 1.000 deutschen Sauenhaltern und Schweinemästern. Nach der ISN-Umfrage planen kleinere Betriebe ihren Ausstieg aus der Schweinehaltung sogar kurzfristiger. 

Treibende Gründe für die Betriebsaufgabe seien der ISN-Umfrage nach viele Auflagen, fehlende Planungssicherheit sowie mangelnde Perspektiven für die Schweinehalter. Die ISN fordert die Agrarminister aus Bund und Ländern daher auf, für Planungssicherheit und Perspektive für die Schweinehalter zu sorgen, um dem erwarteten Strukturwandel entgegenzuwirken.

Strukturbruch in der Schweinehaltung erwartet

Die aktuelle ISN-Umfrage unter Schweinehaltern, die zusammen ca. 10 % der Schweine in Deutschland halten, ist alarmierend. Es zeichnet sich ein Strukturbuch unbekannten Ausmaßes ab. Rund 60 % der Sauenhalter und 40 % der Schweinemäster wollen in den nächsten zehn Jahren ihre Schweinehaltung aufgeben, lediglich 6 bzw. 8 % wollen ihre Sauenhaltung bzw. Schweinemast noch ausbauen. Zusammengenommen wird sowohl der Sauen- als auch Schweinebestand in den nächsten Jahren um weitere 25 bis 30 % abgebaut werden. Die Ergebnisse zeigen noch einmal eine deutliche Verschärfung der Lage im Vergleich zu den vorherigen Umfragen der ISN aus 2018, bei denen ebenfalls Name und Betrieb zu jedem ausgefüllten Bogen bekannt war. Die Zahlen von damals haben sich im Nachhinein übrigens sehr genau bestätigt.

Dadurch fehlen den schweinehaltenden Betrieben Perspektive und Planungssicherheit. Obendrein haben sie mit der aktuellen Preiskrise zu kämpfen. Das Risiko einer Fehlinvestition ist extrem hoch, weil zugleich verschiedene Verschärfungen der Haltungsvorgaben für Schweine anstehen. Diese erfordern umfangreiche Anpassungen der Ställe und somit hohe betriebliche Investitionen. So werden viele Bauernfamilien zur Aufgabe ihrer Betriebe getrieben. Genau das spiegelt sich in der aktuellen ISN-Umfrage – bei der ca. 1.000 Schweinehalter offen mit Namen und Adresse geantwortet haben – wider. Immer mehr der in Deutschland insgesamt noch am Markt verbliebenen knapp 20.000 Schweinehalter steigen aus, weil sie sich von der Politik im Stich gelassen fühlen und keine Perspektive für ihren Betrieb sehen. Die Verlagerung der Tierhaltung ins Ausland ist im vollen Gange.

Auflagen, Planungsunsicherheit, Politik sind Gründe für das aufgeben der Schweinehaltung

Bei der Frage nach dem Warum, sind sich Sauenhalter und Schweinemäster einig: Für die Befragten sind besonders die Summe der Auflagen, die fehlende Planungssicherheit und ganz besonders auch der fehlende politische Rückhalt Gründe, die sie zum Ausstieg treiben. Trotz der aktuell sehr schwierigen finanziellen Situation der Betriebe wird die Ökonomie erst danach als Ausstiegsgrund benannt.

Die Umfrageergebnisse zeigen außerdem deutlich: Kleinere Betriebe könnte es in Zukunft kaum noch geben. Je kleiner der Betrieb, desto eher denkt dieser laut ISN-Umfrage ans Aufgeben. Besonders in Süddeutschland zeigt sich die Lage dramatisch – dort wolle fast drei Viertel der Sauenhalter und über die Hälfte der Schweinemäster in den nächsten zehn Jahren ihre Schweinehaltung aufgeben. red

Die ISN-Umfrage zur Schweinehaltung

Im Sommer 2021 haben insgesamt 1.048 Schweinehalter – darunter 350 Sauenhalter und 698 Schweinemäster an der Umfrage der ISN teilgenommen. Im Mittel hielten die Sauenhalter 463 Sauen und die Mäster 2017 Mastschweine. Damit waren die befragten Betriebe – wie auch schon bei den vorherigen ISN-Befragungen – im Durchschnitt deutlich größer als der Durchschnitt aller deutschen Betriebe, der nach den amtlichen Statistiken bei 252 Sauen und 940 Mastplätzen liegt. Die Umfrage erfasste also rund 10 % der Schweinehaltung in Deutschland.

Der Löwenanteil der teilnehmenden Betriebe kommt aus Niedersachsen (162 Sauenhalter und 369 Schweinemäster) gefolgt von Nordrhein-Westfalen (90 bzw. 162 Betriebe). Aus dem Süddeutschland haben 59 bzw. 102 Betriebe an der ISN-Umfrage teilgenommen.

Die wichtigsten Ergebnisse der ISN-Umfrage zur Schweinehaltung:

Mehr zu den Ergebnissen der ISN-Umfrage zur Schweinehalter gibt es hier.


Windenergie: Faire Pacht als Ziel

Sobald auch nur die leiseste Chance besteht, dass ein neues Windenergiegebiet ausgewiesen wird, schwärmen die Projektplaner aus und wollen sich die Flächen sichern. Die Eigentümer bekommen dann Verträge vorgelegt, die verlockende Einnahmen versprechen. Doch Papier ist geduldig und die Materie kompliziert.

Von Christoph Feyer

Volker Zillmann kann das ganze Jahr über ernten. Seine Familie und die der Eickenjägers bilden zusammen das Familienunternehmen Dobberzin Agrar GmbH. Sie profitiert von kontinuierlichen Einnahmen aus Wind und Sonne. Photovoltaikanlagen auf allen Dächern des uckermärkischen Betriebes und Windräder sorgen dafür.

Gerade letztere sind jetzt, in der dunkleren, windstarken Jahreshälfte, recht ertragreiche „Mitarbeiter“. Dass dieser (Pacht-)Ertrag heute in vollem Umfang in dem 1.000-ha-Betrieb ankommt, war kein Selbstläufer. Dafür musste sich Volker Zillmann jemanden mit Spezialkenntnissen zur Unterstützung suchen – einen Fachberater für Windenergie.

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Titelseite Bauernzeitung Ausgabe 35/2024

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• Kugelschuss auf der Weide
• Märkte und Preise

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Verpachtung an Betreiber von Windkraftanlagen wie ein Lottogewinn

„Die ganze Materie ist sehr komplex und nicht wirklich das Kerngeschäft eines Landwirts“, berichtet der Betriebsleiter zurückblickend. Bereits 2008 hatte sein Vater Günter, der damals noch für den Marktfruchtbetrieb bei Angermünde verantwortlich war, angefangen, sich mit Windenergie zu beschäftigen. Ein größerer Windpark war da gerade in der Nähe von Volker Zillmanns Wohnort, dem benachbarten Dorf Crussow, entstanden.

Nicht viel später landeten auch erste Vertragsangebote von Windkraftplanern auf seinem Schreibtisch. Irgendwann hätten sie sich dann für ein Angebot entschieden und den Vertrag unterschrieben, der ihnen am meisten zusagte, ohne aber dessen Inhalt vollkommen zu durchschauen. „Man kommt ja auch an keine Informationen. Niemand gibt seine Zahlen raus“, so der Landwirt.

Die Möglichkeit, Grundstücke an Betreiber von Windkraftanlagen zu verpachten, sei ja schon so etwas wie ein Lottogewinn. Aber der zweite Lottogewinn wäre dann der Kontakt zum Windkraftexperten Max Wendt gewesen. 

Windenergie
Windenergie (c) Sabine Rübensaat

Endlich auf Augenhöhe verhandeln

Der Berater für Windenergie kam dazu, als der unterschriebene Vertrag nach fünf Jahren auslief, weil – zum Glück für die Dobberziner – der Bau der Windräder nicht zustande gekommen war. „Von diesem Zeitpunkt an“, so der Uckermärker, „konnten wir mit den Planern endlich auf Augenhöhe verhandeln.“ 

„Die Konditionen in den Verträgen waren damals tatsächlich unter aller Kanone“, bestätigt Max Wendt. Das Ganze setze sich immer aus einer ökonomischen und einer juristischen Komponente zusammen, was es sehr kompliziert mache. Auch das Projektentwicklungsverfahren sei für die Grundstückseigentümer anfangs kaum zu durchschauen, für die Planer aber sei es das „täglich Brot“. Daraus resultiere ein Wissensvorsprung, den sie natürlich auch ausnutzen würden.

Der 35-jährige Landwirtssohn stammt aus der Umgegend von Prenzlau und arbeitete nach seinem Betriebswirtschaftsstudium zwei Jahre lang im Energieunternehmen Enertrag, bevor er sich 2013 selbstständig machte. Bei befreundeten Landwirten hatte er in dieser Zeit mehrfach mitbekommen, dass die vorgelegten Verträge für diese stets „suboptimal“ ausfielen. „Da war für mich eine rote Linie überschritten“, sagt Max Wendt zurückblickend.

Windenergie und Personen mit Fachwissen

Im Grunde hätten alle Landwirte oder Flächeneigentümer doch immer die gleiche Frage: „Wie hoch muss eine angemessene, faire Pacht sein?“. Und da diese Frage eigentlich nur Personen mit dem spe­ziellen Fachwissen zur Windenergie wirklich beantworten können, war seine Geschäftsidee geboren.

Aufgrund des recht dynamischen Umfelds in der Windenergiebranche arbeitet er eng mit Juristen und Steuerfachleuten zusammen, deren Expertise er auf seine Kosten in Anspruch nimmt. „Nur mit der Auswahl des attraktivsten Vertrages aus der Vielzahl der vorliegenden Pachtangebote ist man als Grundstückeigentümer leider nicht gut beraten. Das Optimum liegt stets weit über dem, was den Flächenbesitzern als Vertrag vorgelegt wird“, ist sich der Berater sicher. 

Windenergie: Deutlich bessere Konditionen

Volker Zillmann kann das aus eigener Erfahrung nur bestätigen: „Wir konnten die neuen Verträge so gut nachverhandeln, dass sich unsere Erlöse am Ende verdoppelt haben.“ Seine Lehre daraus: Handschlaggeschäfte, wie er sie als Landwirt eigentlich gerne eingeht, sind in dieser Branche nicht möglich.

Bei der Neuverhandlung des Vertrages hätte sich dann gezeigt, dass die technischen und ökonomischen Einflüsse, die während solch langer Zeiträume auf so ein Projekt einwirken, enorm sind und dass man gut beraten ist, dies in einem neuen Pachtvertrag zu berücksichtigen.

Vor allem der Status Quo des nach dem Bau geltenden Vergütungsmodells sowie der geplanten Windmühlen-Generation sind vertraglich zu berücksichtigen. Gerade da „versteckt“ sich laut Berater Wendt oft enormes Pachtsteigerungspotenzial, auf das der Grundstückseigentümer nicht verzichten sollte.

Ein weiteres, sehr wichtiges Kapitel ist der richtige Umgang mit der BVVG. Wer sich da nicht auskennt, könne ganz gewaltig in die Röhre schauen. „Die langen bei Winderlösen kräftig zu, wenn man ihnen die Möglichkeit dazu gibt“, weiß der Berater zu berichten. 

Windenergie: Mutig sein und ernsthaft verhandeln

Sparschwein, Sparstrumpft
(c) Annekatrin Pischelt

„Viele, die so einen Vertrag vorgelegt bekommen, haben Angst, den ‚Lottogewinn‘ zu riskieren, wenn sie zu ernsthaft verhandeln“, beschreibt Volker Zillmann die Situation der betroffenen Grundstückseigentümer und bringt die Sache dann auf den Punkt: „Aber wer das nicht tut, der ist am Ende der Dumme!“ 

Auf die Frage, wie denn die Leute im Dorf reagiert haben, als bekannt wurde, dass Windräder gebaut werden sollen, berichtet der Uckermärker Betriebsleiter zuerst von den Erfahrungen, die er in Crussow gemacht hatte: „Ich kannte das ja schon mit den Windrädern und wusste, dass die Belastung für die Anwohner nicht so schlimm ist, wenn die notwendigen Abstände zu den Wohnhäusern und Höfen eingehalten werden.“

Natürlich gebe es immer Mitmenschen, die gegen Windenergie sind. Aber schon der obligatorische Bürgerentscheid habe gezeigt, dass 90 Prozent der Leute im Dorf nichts gegen so ein Projekt haben bzw. sich dafür schlicht nicht interessieren.

Er bezeichnete diese als „graue Masse“. Dann gäbe es fünf Prozent, die davon profitieren, also die Grundstückseigentümer. Und dann jene fünf Prozent, die dagegen sind und sich in Bürgerinitiativen gegen Windenergie zusammenschließen. „Diese fünf Prozent sind aber, auch dank der neuen Medien, sehr laut“, erklärt der Ackerbauer weiter. „Die fallen dann auf und weil die graue Masse schweigt, kommt es Außenstehenden so vor, als ob das ganze Dorf dagegen wäre.“

Geld aus Windenergie für die Gemeinde

Damit wirklich alle Anwohner von den Erträgen aus Windenergie profitieren, haben die Dobberziner eine jährliche Spende von 4.000 Euro in den Vertrag mit dem Anlagenbetreiber schreiben lassen. Das Geld fließt direkt in die Gemeinde und kommt z. B. dem örtliche Fußball- und dem Dorfverein zugute. 

Auf dem Windfeld bei Dobberzin drehen sich seit drei Jahren nun sechs Windräder. Die Windmühlen des Herstellers Senvion, dessen deutsche Tochter voriges Jahr in Insolvenz gehen musste, haben jeweils 3,2 Megawatt (MW) Leistung und zeichnen sich durch eine Narbenhöhe von 139 m sowie einem Rotordurchmesser von 122 m aus. 

Nur eines von fünf Windrädern

Vom Senvion-Bankrott direkt betroffen sind auch die zehn Fami­lien des Flächeneigentümerpools Blumberg bei Ahrensfelde, östlich und unweit der Berliner Stadtgrenze. Dort dreht sich deswegen erst eines von fünf genehmigten Windrädern. Seine Parameter: 4,2 MW Leistung, eine Nabenhöhe von 130 m und ein Rotordurchmesser von 140 m. Es war das letzte Windrad, das Senvion gebaut hat.

Der Wechsel zu einem anderen Hersteller hat jetzt ein erneutes Genehmigungsverfahren notwendig gemacht und den weiteren Ausbau des Windfeldes vorläufig ausgebremst. Doch die Grundstücksbesitzer sind optimistisch, dass die anderen vier Windmühlen auch noch aufgestellt werden. Vier Eigentümer, Alfred Ebel und sein Sohn Benjamin Zinsler-Ebel sowie Vater und Tochter Gathow, konnte ich treffen und erfuhr dabei, dass es nicht die erste Insolvenz bei ihrem Windenergieprojekt war. „Den ersten Vertrag haben wir 2009 mit der Firma Prokon unterschrieben“, berichtet Alfred Ebel. „Die ging aber 2013 in Planinsolvenz.“

Kurz zuvor hätte die Firma noch versucht, die Verträge zu verlängern, um die Flächen zu halten. Zu diesem Zeitpunkt war das Windgebiet auch noch nicht in der Regionalplanung Uckermark-Barnim verankert. Das erfolgte erst im Frühjahr 2016 und ab dann ging es erst richtig los. Der Landwirt, der gemeinsam mit seinem Sohn auf 300 ha Druschfrüchte anbaut und auf 30 ha Grünland vor allem Heu für umliegende Pferdehöfe erzeugt, war einer der ersten des Flächenpools, der von den Planern angesprochen wurde.

„Die haben mit uns gespielt“

Heute ist er froh darüber, dass ihnen jetzt ein externer Berater für Windenergie zur Seite steht. Die Eigentümersituation in der Gemarkung sei sehr heterogen und es habe ihn viel Zeit und Kraft gekostet, alles zu koordinieren und jeden immer gleich gut am Informationsfluss teilhaben zu lassen. „Basisdemokratisch das Ganze zehn Jahre lang am Laufen zu halten, war schon ein Kraftakt“, blickt der Landwirt zurück. Zudem hätten auch sie gemerkt, dass sie mit den Planern nicht auf Augenhöhe verhandeln können. „Wir hatten nicht das Hintergrundwissen zur Windenergie“, so der 65-Jährige. „Die haben mit uns gespielt.“

Windrad­standorte nach technischen Ansprüchen und nicht nach Flurstücken vergeben

Den Pool hatten die Flächeneigentümer auf Anraten des damaligen Planers Prokon selbst ins Leben gerufen, denn im frühen Projektstadium einzelnen Eigentümern einen Windradstandort zu versprechen, ist unseriös. Ein Windpark lässt sich ertraglich nur optimieren, wenn die Windrad­standorte nach den technischen Ansprüchen und nicht nach Flurstücken „vergeben werden“. Max Wendt kam als fachliche Unterstützung 2016 zu dem Projekt dazu.

Heute haben die Blumberger ein gerechtes Pool-Modell, mit dem jeder einverstanden ist. „Und das, obwohl uns immer wieder alle möglichen Firmen die tollsten Angebote unter die Nase gehalten haben“, gibt Eigentümer Gathow zu bedenken. „Vielen wird mit hohen Pachtangeboten regelrecht der Kopf verdreht.“

Transparenz und juristischer Beistand wichtig

Der 68-jährige Blumberger hat einen Teil seines Grundstücks seiner Tochter vermacht und auf deren Fläche dreht sich jetzt die stattliche Windmühle. Ihr Erlös wird gesplittet: 20 % erhält die Standort­inhaberin und 80 % werden unter den Eigentümern der Flächen des vertraglich gebundenen Regionalplangebietes gerecht aufgeteilt. „So ein Konstrukt ist von Natur aus instabil“, erklärt Max Wendt, „deshalb ist das, was die Blumberger geschafft haben, schon etwas Besonders und kann durchaus als eine Errungenschaft angesehen werden.“

Immer zehn unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden, erfordere vor allem Transparenz. Wenn nötig, könnten sie sich aber auch juristischen Beistand ins Boot holen. Die Kosten dafür trägt – dank des Beraters – der Windenergieplaner. „Das hat uns die Unsicherheit genommen“, bestätigt auch die einzige Frau in unserer Runde. „Je mehr Geld im Spiel ist, umso schwerer fallen einem ja die Entscheidungen.“ 

Aktuell sind jetzt acht neue Windräder in Planung. Für vier davon läuft noch das Verfahren für die Änderungsgenehmigung. Im September dieses Jahres erhoffen sie sich dann ein Zuschlag für sie im nächsten Ausschreibungsverfahren. Für die anderen vier Windmühlen soll ebenfalls auch noch 2020 der Ausschreibungszuschlag erfolgen, so hoffen sie. Im kommenden Jahr sollen dann die nächsten Windräder aufgestellt werden. Dabei achten die Blumberger bereits jetzt auf mindestens 1.000 m Abstand zur Wohnbebauung. 

Ausgleichsmaßnahmen stehen im Grundbuch

Der Protest der Anwohner gegen die Windenergie hätte sich bislang in Grenzen gehalten, berichtet Benjamin Zinsler-Ebel. Auch sie würden eine feste Summe regelmäßig als Spende in die Vereinskasse des Ortes zahlen. „Zudem haben wir schon mehrere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die rund viereinhalb Hektar versiegelte Fläche vorgenommen.“

Der 32-jährige Landwirt, der zusammen mit seinem Vater für deren Umsetzung sorgt, berichtet von neu angelegten Streuobstwiesen und Extensivierungsmaßnahmen im Randbereich von Gewässern. Zudem sind Heckenpflanzungen und die Anlage von artenreichen Waldrandstreifen geplant. „Jede dieser Maßnahmen wird grundbuchamtlich gesichert bei der Unteren Naturschutzbehörde eingereicht.“

Abschließend gibt der Berater Wendt noch zu bedenken: „Bei einer Windenergieanlage handelt es sich immer auch um ein Mehrgenerationen-Projekt. Dieser Aspekt muss ebenfalls in die Ausgestaltung des Vertrages einfließen.“ Das Blumberger Beispiel zeigt, dass auch das gut gelingen kann.



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Sojabohnenernte: So klappt der Mähdrusch

Die Nachfrage nach inländischem Soja steigt stetig. Die gehaltvolle Bohne erobert nun auch Regionen, die man früher nicht in Betracht gezogen hätte. Bei der Sojabohnenernte gibt es einiges zu beachten.

Von Dr. Andrea Feiffer, Franz Klüssendorf, feiffer consult

Die Abreife der Sojapflanze beginnt mit der Färbung der Blätter von grün zu rot-braun. Wenn diese dann größtenteils abgefallen sind, haben sich die Bohnen abgenabelt und rascheln in den Hülsen. Warten Sie nicht auf die letzte grüne Bohne – besonders, wenn die Wetteraussichten schlecht sind. Die Lagerfähigkeit der Sojabohnen ist zwar erst bei Kornfeuchten um 11 % erreicht, aber Saatgut und Konsumware drischt man nicht unter 13 %. Denn dann steigt die Gefahr von Samenverletzungen steil an. Moderne Sorten sind mittlerweile zwar recht platzfest, aber prüfen Sie dennoch regelmäßig die Vorernteverluste durch aufgeplatzte Hülsen.

Messerbalken auf dem Boden schleifen lassen

Die größte Herausforderung bei Soja ist es, die Stängel tief genug abzuschneiden. Sojapflanzen haben einen sehr niedrigen Hülsenansatz. Manchmal muss man bei sehr tiefem Ansatz den unteren Quirl verloren geben, weil man einfach mit dem Messerbalken nicht darunter kommt. Das kann durchaus Verluste von 10 bis 20 % bedeuten. Verbleibt nur eine einzelne Hülse an jedem Stängel, beträgt der Verlust schon etwa 8 %. Der Messerbalken muss also auf dem Boden schleifen, damit die unteren Hülsen gut erfasst werden. Bei unebenem Saatbett und aufliegenden Steinen hat man Probleme mit Erde, den Steinen oder mit hohen Verlusten durch Schnitthülsen.

Am besten funktioniert es mit einem flexiblen Messerbalken. Die Segmente folgen der Bodenkontur und können nach oben und unten gut ausweichen. Die Segmente schwimmen quasi über dem Boden. Mit einem Flex-Schneidwerk sind Schnitthöhen ab 2,5 cm möglich. Das senkt die Schnitthülsenverluste schätzungsweise um etwa die Hälfte gegenüber konventionellen Schneidwerken.

Noch komfortabler für die Sojaernte sind Flex-Draper-Schneidwerke mit flexiblen Messerbalken und Bändern, die das Erntegut in der Mitte zusammenführen. Man kann schneller fahren und sich größere Arbeitsbreiten erlauben. In Amerika sind diese Schneidwerke Standard. Angeboten werden sie von Cressoni, Biso/Schrattenecker, John Deere, Claas, Case IH, New Holland und MacDon u.a..


Video (c) feiffer consult
Video (c) feiffer consult

Schneidwerkverluste beachten

Wenn man Sojabohnen mit einem starren Messerbalken erntet, ist ein schmales Schneidwerk angebracht, um den Bodenunebenheiten bei dem notwendigen tiefen Schnitt besser folgen zu können. Bei Kulturen mit wenig Erntemasse wären höhere Fahrgeschwindigkeiten von Vorteil. Dadurch schiebt die nachfolgende Pflanzenwand die zuvor geschnittenen Pflanzen flott der Förderschnecke zu, ohne dass man die Haspel groß einsetzen muss. Aber die schnell ansteigenden Schnitthülsenverluste lassen eine schnelle Fahrweise nicht zu. Mit 5 km/h ist man also gut dabei.

Ein intaktes Messerwerk mit scharfen Klingen ist selbstverständlich. Man fährt besser ohne Ährenheber. Reife Hülsen neigen schnell zum Aufplatzen, jegliches Anstoßen der Hülsen und Rütteln an der Pflanze ist zu vermeiden.

Die automatische Schneidwerkshöhenführung wird deaktiviert, die Tastkufen werden de-montiert, sodass der Tisch auf den flacher gestellten Gleitkufen aufliegt und das Schneidwerk tief geführt werden kann. Der Tisch bleibt kurz, auch wenn er verstellbar ist.

Die Haspeldrehzahl eilt der Fahrgeschwindigkeit mit 5 bis 10 % voraus, um die Bohnen zügig auf den Tisch zu ziehen. Die Zinken stehen senkrecht zum Schneidtisch, damit sich die Hülsen nicht einhaken können. Der Abstand der Einzugsschnecke zum Bodenblech kann vom Weizen mit etwa 20 mm übernommen werden.

Die Verluste am Schneidwerk sind der größte Posten und es lohnt sich, hier zu korrigieren. Dazu hält man an, hebt das Schneidwerk hoch, wartet einen Moment und setzt dann zurück. Die zusätzlichen Körner auf dem Boden sind dem Schneidwerk zuzuordnen. Zuvor schauen Sie, wie viel Ausfall bereits auf dem Boden liegt. Als Faustzahl gilt: 15 hinzugekommene Bohnen je Quadratmeter sind ein Verlust von etwa 1 %. Sind die unteren Hülsen vom Schneidwerk nicht erfasst oder sind sie durchtrennt: 30 nicht geerntete Hülsen pro Quadratmeter sind etwa 5 % Verlust bzw. 150 kg/ha bei 3 t/ha Ertrag – weniger ist mit starren Schneidwerken bei tiefem Hülsenansatz kaum möglich (Tab. 1).

Einstellen des Dreschwerks

Die Samenschale der Bohne ist sehr empfindlich. Der Embryo liegt direkt hinter dem Nabel. Nicht nur der offensichtliche Bruch der Körner, auch Haarrisse in der Samenschale reichen, dass Pilze oder Luft ins Sameninnere eintreten können. Dabei oxidiert das Öl in den Bohnen, das kann zum Fettverderb und zum Verlust der Keimfähigkeit führen. Axialdreschwerke haben insbesondere bei trockenen Sojabohnen klare Vorteile. Sie reiben die Körner aus den Hülsen, während sie von den Tangentialdreschwerken eher ausgeschlagen werden.

Im Rotor werden schon im vorderen Dreschbereich die Körner relativ frühzeitig abgeschieden. Tangentialdreschwerke mit zusätzlichen Abscheidetrommeln intensivieren zwar den Druschprozess, aber: Mehr Trommeln und Schlagleisten ergeben auch mehr Schlagpunkte, die den Bohnen zusetzen.

Die Dreschtrommeldrehzahl hat einen dreimal größeren Einfluss auf das Bruchverhalten der Körner im Vergleich zum Korb. Das gilt umso mehr bei großkörnigen Samen. Letztlich ist die Kombination von Trommel/Rotor und Dreschspalt wichtig, und diese richtet sich hauptsächlich nach der Korngröße und Kornfeuchte. Ein grober Richtwert für die Trommel-/Rotordrehzahl sind 450 bis 550 U/min, das ist so ähnlich wie bei Erbsen (Tab. 2). Prinzipiell läuft die Trommel so langsam wie möglich.

Das Problem beim Drusch von Sojabohnen ist die geringe Erntemasse der Pflanze an sich, mit nur etwa 50 Pflanzen je Quadratmeter, die am Ende nur noch aus Stängeln und Hülsenquirlen bestehen. Hinzu kommen die langsame Fahrweise und die bevorzugt schmalen Schneidwerke. Da fehlt das Strohpolster im Dreschwerk und auf den Sieben.

Grüne Hülsen sindkeine Richtschnur

Der Korb wird parallel gestellt und er soll sich nach hinten nicht verjüngen. Meist beträgt der Korbabstand, je nach Hülsengröße und Feuchte, 20 bis 30 mm. Manche nehmen als Maß den doppelten Bohnendurchmesser. Einige unausgedroschene, meist grüne Hülsen im Korntank kann man sich erlauben – sie zeigen, dass der Drusch, speziell bei Saatware, nicht zu scharf ist. Die Hülsen lassen sich später leicht ausreinigen. Bei Ausdruschproblemen sollte man immer zuerst den Korb verengen und erst dann die Trommel/Rotordrehzahl erhöhen. Problematischer wird es, wenn man mit dem Erntetermin zu weit nach hinten hinaus kommt und die Hülsen über den Tag nicht mehr abtrocknen. Dann sind sie lederartig zäh und öffnen sich schlechter. Hier muss man schärfer dreschen und beginnt wieder zuerst mit dem Korb.

Ein Maiskorb ist von Vorteil, weil durch die großen Öffnungen die Körner rascher abgeschieden werden und nicht so lange im Dresch werk verbleiben. Der Maiskorb lohnt sich besonders auch bei spät verunkrauteten Beständen. Bei Axial- und Hybridmähdreschern werden die Rotorklappen geöffnet, damit die Körner flotter durchfallen. Bei Axialmähdreschern sollte man auch die Drehzahl der Zuführtrommel reduzieren, um nochmals die Bruchkorngefahr zu verringern.

Tabelle 1

Große Körner –einfache Reinigung

Die Reinigung hat mit Soja wenig Probleme. Fehlte allerdings Wasser in der entscheidenden Vegetationsphase, dann sind die Körner kleiner. Bei geringerem TKG muss der Wind zurückgenommen werden, damit keine Ausblasverluste entstehen. Das Obersieb wird, je nach Korngröße, auf 13 bis 18 mm gestellt. Man macht die Siebe relativ weit auf, damit die Bohnen auf kurzem Wege durchfallen und nicht ewig auf den Sieben herumtanzen. In der Überkehr soll nichts ankommen, schon gar nicht Körner. Bei Saatgutdrusch kann man die Siebverlängerung schließen, damit die Überkehr nicht beschickt wird, und öffnet dafür die Obersiebe etwas weiter. Bei unausgedroschenen Bohnen in der Überkehr wird der Dreschkorb etwas enger gestellt. Sind Körner in der Überkehr, ist das Untersieb etwas zu öffnen und mehr Wind zu geben.

Den Bunker macht man besser nicht ganz voll und auch nicht ganz leer. Es entsteht unnötig Bruch in der Zufuhrschnecke, wenn der Tank bis über den Einlauf befüllt wird; ebenso, wenn die Schnecke leer und nicht mehr unter Volllast läuft.

Tabelle 2

Bei Verlustkörnern am Boden kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Verluste vor dem Mähdrescher entstehen – am Schneidwerk. Die Prüfschale müsste daher so gut wie leer sein. Sollten dennoch Siebkastenverluste auftreten, sollten eher die Siebe weiter geöffnet werden, als den Wind zu reduzieren. Vier Körner in der Prüfschale bedeuten etwa ein Prozent Verlust.

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Landessortenversuche mit Winterroggen

Stress während der Kornfüllung: Ob zur Nahrungsproduktion, als Futter oder als Energiesubstrat, die Ergebnisse der Landessortenversuche mit Winterroggen 2019 bis 2021 helfen dabei, die richtigen Sorten auszuwählen.

Von

Dr. Gert Barthelmes (LELF), Dr. Gunter Ebel (LELF), Gabriele Pienz (LFA), Heiko Thomaschewski (LLG), Stephan Knorre (TLLLR) und Maik Panicke (LfULG)

In den ostdeutschen Bundesländern wird mehr als die Hälfte des deutschen Roggens angebaut (2021: 336.000 ha). Besonders auf den nordostdeutschen Standorten mit leichten Diluvialböden ist Roggen pflanzenbaulich unverzichtbar. Im Hinblick auf Klimaveränderungen und zunehmende Restriktionen in Düngung und chemischem Pflanzenschutz bietet Roggen mit relativer Trockentoleranz, hoher Stickstoffeffizienz und guten Möglichkeiten für aufwandsreduzierten Anbau Vorteile. Wechselnde Marktbedingungen erfordern jedoch Flexibilität in der Nutzung als Backroggen, zur Verfütterung oder als Biogassubstrat.

Bei der Sortenwahl hat ein hoher und stabiler Kornertrag Priorität. Aber auch ertragssichernde Eigenschaften wie gute Standfestigkeit und Blattgesundheit, insbesondere die Anfälligkeit gegenüber Braunrost, sind zu berücksichtigen. Darüber hinaus tragen eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Mutterkorn sowie eine ausreichende Auswuchsfestigkeit zur Vermarktungssicherheit bei. Neue Sorten dokumentieren Züchtungserfolge in allen genannten Merkmalen. Dabei stehen Hybridsorten im Vordergrund. Die Entscheidung, ob Hybrid- oder Populationssorten angebaut werden, ist unter Berücksichtigung des langjährigen Ertragsniveaus am Standort, der Erzeugerpreise und der Saatgutkosten zu treffen. Maßgeblich ist die Ertragsrelation beider Sortentypen zueinander. Der langjährige Vergleich zwischen den jeweils besten Sorten zeigt eine 15 bis 20%ige Ertragsüberlegenheit der Hybridsorten gegenüber den Populationssorten.

Moorschutz in M-V: Bund fördert Pilotvorhaben auf 750 Hektar mit 12,6 Millionen Euro

Bundes-Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth hat gestern den Förderbescheid für Moorschutz-Vorhaben bei Anklam und Friedland übergeben. Der Bund fördert das Pilotprojekt auf 750 ha entwässertem Moor mit 12,6 Mio. Euro.

Von Elke Ehlers (Text und Fotos)

Für das bisher größte Vorhaben zur Landwirtschaft auf nassen Mooren in Mecklenburg-Vorpommern übergab Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, am Freitag auf einem Feldtag bei Neukalen, Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, die Förderbescheide. Auf insgesamt 750 Hektar sollen in einem Moorschutz-Pilotvorhaben Paludikulturen angebaut werden.

Konkret geht es um 500 ha entwässerte Moorflächen des Polders Bargischow-Süd bei Anklam sowie 250 ha des Polders Sandhagen bei Friedland. In Bargischow liegt der Fokus auf Röhrichtanbau und torferhaltender Grünlandnutzung. Bei Sandhagen geht es um die Nutzung von Nasswiesen und den Anbau verschiedener Sumpfpflanzen wie Rohrkolben und Schilf. Das Verbundprojekt ist auf zehn Jahre ausgelegt. Der Bund stellt dafür 12,6 Millionen Euro zur Verfügung. Zuwendungsempfänger sind die Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern und die Universität Greifswald.

An dem vom Greifswald Moor Centrum organisierten Feldtag „Paludikultur in der Praxis“ nahm der Botschafter der Republik Indonesien, Arif Havas Oegroseno, teil. Ihn interessierten vor allem die Erfahrungen Mecklenburg-Vorpommerns bei der Wiedervernässung von Moorstandorten. Der Inselstaat in Südostasien kämpft in seinen riesigen Moorgebieten mit Problemen wie Bränden, Bodensackung und Landverlust.


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880 ha auf einen Streich: Mehr Ökolandbau in Sachsen

Das Vogtland nähert sich beim Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche inzwischen der 25-Prozent-Marke: Mit dem Milchgut Triebtal kommen zum Ökolandbau in Sachsen nun auf einen Schlag weitere 880 ha hinzu.

Von Silvia Kölbel

Das Vogtland baut in den nächsten Monaten seinen Vorsprung als Landkreis mit dem höchsten Anteil ökologisch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Flächen am Ökolandbau in Sachsen aus. Zu den in diesem Jahr in der Informations- und Servicestelle registrierten 12.689 ha bewirtschafteter Fläche kommen ab dem nächsten Jahr die 880 ha Acker- und Grünland des Milchgutes Triebtal in Trieb bei Falkenstein hinzu, anfänglich allerdings noch als Umstellungsfläche. 2024 erwartet der Betrieb dann seine erste Bioernte.

Damit steigt der Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche allein durch diesen zurzeit in der Umstellung befindlichen Betrieb auf 13.569 ha. Das entspricht 23,5 % der landwirtschaftlichen Fläche im Vogtland. In ganz Sachsen lag der Anteil an Ökoflächen voriges Jahr laut Landwirtschaftsministerium bei acht Prozent.

Ökolandbau in Sachsen: Hoher Grünlandanteil

Die Triebtaler Geschäftsführer Steffen Luderer und Nicole Andermann haben sich voriges Jahr für die Umstellung entschieden. „Unser Stall ist veraltet, die Melkroboter sind abgeschrieben. Wir mussten also etwas tun“, beschreibt Nicole Andermann die Situation, die sich schon seit Längerem abzeichnete. Viele Varianten haben die Geschäftsführer durchgespielt, sogar der Umbau zu einem Pensionspferdestall stand zur Diskussion. Doch dann blieben die beiden doch ihrem Metier treu und entschieden sich, an der Milchviehhaltung festzuhalten – was auch dem hohen Grünlandanteil im Betrieb von 43 % geschuldet ist.

Umbau in einem Milchviehstall auf Ökolandbau
Michael Schmidts Baugeschäft aus Langenbernsdorf erhielt u. a. den Auftrag, die Betonsteine für den künftigen Melkstand zu setzen. © Silvia Kölbel

Beide wollten zudem raus aus der Dauerschleife von immer höheren Milchleistungen, um die Produktion rentabel zu gestalten. Der nun gewählte Weg sieht eine Mitgliedschaft im Anbauverband Gäa vor. Der Milchkuhbestand soll auf 250 Tiere reduziert werden und ein Side-by-Side-Melkstand die Melkroboter ersetzen. Die Umstellung auf den ökologischen Landbau erfolgt in drei Schritten. Der Futteranbau geht am schnellsten. Seit diesem Frühjahr wird das Grünland nach Biorichtlinien bewirtschaftet. Die Umstellung ist im kommenden Frühjahr abgeschlossen. Im Oktober 2022 möchte das Milchgut seine erste Bio-Milch nach Thüringen liefern. Die erste Bioernte erwartet der Landwirtschaftsbetrieb nach 24 Monaten Umstellungszeit im Sommer 2024.

Nutzbar für die Beweidung sind die 50 ha Grünland im Umfeld des Stalles, welche für die Tiere über einen Triebweg erreichbar sind. Die in unmittelbarer Nähe zur Verfügung stehenden Weiden sind der die Tierzahl begrenzende Faktor. Die schwierigste Hürde beim neuen Weidesystem ist die zu überquerende Kreisstraße. „Die Kreuzungsstelle liegt direkt hinter einer Kurve. Ein Schild allein reicht nicht“, ist sich Steffen Luderer sicher. Das dreieckige, rot umrahmte Warnschild „Vorsicht, Viehtrieb“ sei zudem fast aus dem Straßenbild verschwunden und daher vielen Fahrzeugführern unbekannt. Mit dem Verkehrsamt des Landratsamtes sei man deshalb übereingekommen, zusätzlich eine Ampel aufzustellen. Jede der maximal vier Straßenüberquerungen dürfte laut Schätzungen etwa fünf bis acht Minuten dauern. Der Versuch mit einer LED-Blinkleuchte, Fahrzeugführer auf die Gefahrenstelle aufmerksam zu machen, scheiterte umgehend. „Nach zehn Minuten hatte man uns die Blinkleuchte geklaut“, so Nicole Andermann.


Sachsen aktuell

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Luderer und Andermann haben sich für Vollweide unter Nutzung des Kurzrasenweide-Systems entschieden. Vollweide bedeutet für die Milchkühe, vom Frühjahr bis zum Herbst rund um die Uhr draußen zu bleiben und zweimal täglich zum Melken in den Stall zu kommen. Alle anderen Tiere, von Kälbern bis Trockensteher, verbringen die gesamte Vegetationsperiode im Freien. Im Frühjahr begann die Testphase. Auf einer kleinen, eingezäunten Fläche sollten sich die Tiere an den dauerhaften Aufenthalt im Freien gewöhnen. Während die jüngeren Tiere mit dem Rupfen des Grases schnell zurechtkamen, taten sich die älteren Kühe schwerer. Doch inzwischen sind Nicole Andermann und Steffen Luderer mit der Entwicklung zufrieden. „Die Kühe sind ruhig und ausgeglichen. Man sieht ihnen an, dass sie sich draußen wohlfühlen“, so Nicole Andermann.

Abläufe ändern sich

Der Betrieb wechselt außerdem zur saisonalen Abkalbung, die dann von September bis Januar geplant ist. Die Abkalbezeit in den Winter zu verlegen, bringt aus Sicht der Betriebsleiterin Vorteile: „Die Arbeiten, die mit dem Abkalben verbunden sind, konzentrieren sich auf eine überschaubare Zeit, in der es keine Fliegen gibt.“ Sechs Mitarbeiter kümmern sich künftig um die Kühe. Für sie ändern sich die Arbeitsabläufe: Weidebau, Kontrollgänge und Viehtrieb im Sommer, Stallarbeiten im Winter.


Kühe der Landgut Weimar Bio GmbH werden auf die Nachtweide getrieben

Ökolandbau: Molkerei ohne Biomilch

Die diesjährige Ökoflurfahrt in Thüringen führte Landwirtschaftsminister Hoff zu den Mühen während der Umstellung auf Ökolandbau. Branchenvertreter befürchten, der Ökolandbau könnte zum Verlierer der GAP werden. mehr


Legehennen in einem begrünten Freilandauslauf

Ökolandbau: Hoher Anteil Grünland

Sachsens Ökolandbau wächst: Seit 2015 hat sich der ökologisch bewirtschaftete Flächenanteil verdoppelt. Schwerpunkte sind die Mutterkuhhaltung, die Geflügelhaltung und ein starker Feldgemüseanbau. mehr


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Strip-Till-Drille aus Polen: Stroh ist kein Problem für die Czajkowski

Die Kombination aus Bodenbearbeitung und Aussaat im Strip-Till-Verfahren wird im Ackerbau immer beliebter. Mit Czajkowski ist eine Maschine aus Polen am Markt, die bei einigen Landwirten auf Begeisterung stößt. Auch auf der MeLa wird die Czajkowski Strip-Till Drillmaschine zu sehen sein. Wir haben sie uns schon einmal angesehen.

Von Jörg Möbius

Ackerbau mit weniger Aufwand steht hoch im Kurs. Vorbereitung des Bodens und Saat sind dabei wichtige Teilbereiche. Hier setzen Landwirte zunehmend auf die Streifenbodenbearbeitung. Zu den bekannten Anbietern von Strip-Till-Geräten in Deutschland könnte bald ein weiterer kommen. Seit mehreren Jahren hat in Golub-Dobrzy, 150 km nordwestlich von Warschau, Landwirt Maciej Czajkowski selbstständig ein solches Gerät entwickelt. Ziel war angepasste Technik für den eigenen 1.000-ha-Betrieb zu bauen. Inzwischen laufen in unserem Nachbarland über 150 solcher Geräte. In Mecklenburg-Vorpommern ist seit Frühjahr 2020 der polnische Lohnunternehmer Fabryka Plonu Bartosz Kowalski mit einem 6-m- Gerät auf Vorführtour.

Landwirt als Tüftler

Wie kam es dazu? Christian Hinz, Geschäftsführer vom Gut Klein Bünzow, erzählt: „Im Herbst 2019 habe ich im Internet nach Strip- Till-Technik gesucht. Dabei ist mir die polnische Firma Czajkowski mit ihrem interessanten Gerät aufgefallen. Daraufhin habe ich Wolfgang Krüger angerufen.“ Der 70-Jährige agile Rentner vertreibt mit seiner Firma Jatznicker Handel und Service vor allem Technik zur Gülleverschlauchung. „Dabei sind wir firmenunabhängig, verkaufen auch nach Polen und lassen dort Teile fertigen“, so Krüger. Er ist deshalb auch öfter im östlichen Nachbarland unterwegs. Der Anstoß von Christian Hinz hat sein Interesse geweckt. „Ich war sofort von der Konzeption und der Arbeitsweise der Czajkowski-Technik begeistert. Während meiner 22-jährigen Tätigkeit als Betriebsleiter in der Ukraine und in Rumänien habe ich verschiedene Geräte zur Minimalbodenbearbeitung ausprobiert. So was wie die Czajkowski habe ich aber noch nicht gesehen“, schwärmt Krüger.

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Landwirt Christian-Hinz (Gut Klein Bünzow) und Wolfgang Krueger (Jatznicker Handel und Service) vor der Czajkowski-Strip-Till Drillmaschine. ©Jörg Möbius

So wurden erste Probeeinsätze des polnischen Lohnunternehmers auf Gut Klein Bünzow vereinbart. Inzwischen hat sich in der Region herumgesprochen, dass man das rote Gerät mit dem Storch als Symbol darauf mal testen sollte, wenn die Bewirtschaftung weniger intensiv sein soll. Für dieses Jahr ist der Kalender des Lohnunternehmers für die Vorführmaschine inzwischen voll.

Auf Gut Klein Bünzow wurden 2020 Mais als Zweitfrucht und Winterraps mit dem Czajkowski-Strip-Till-Gerät ausgebracht. „Dieses Jahr haben wir alle Zuckerrüben und Mais sowie teilweise weiße Lupinen, Bohnen und Erbsen mit der Czajkowski ausgebracht“, berichtet Hinz, der von 2013 an den Pflugeinsatz auf Null heruntergefahren hat. Raps soll im Herbst folgen. „Mit den Beständen bin ich sehr zufrieden. Teilweise haben wir in stehende Zwischenfrüchte gesät und auf Getreideschlägen mit breit verteiltem Stroh auf den Stoppeln gearbeitet.“ Zwei konstruktiven Details ermöglichen die störungsfreie Arbeit bei viel organischem Material auf dem Acker: Die versetzte Anordnung der Arbeitswerkzeuge und die spezielle Anordnung der Ackerwalzen sorgen für viel Durchgang von organischen Resten.


Die Strip-Till Drillmaschine von Czajkowski im Praxiseinsatz

Die Czajkowski Strip-Till Drillmaschine: Alles mit einem Gerät

Die Grundmaschine hat eine Arbeitsbreite von 3 m und kann baukastenartig bis auf 6 m erweitert werden. Ebenso flexibel ist die Möglichkeit, an das Strip-Till- Grundgerät am Dreipunkt hinten verschiedene Säeinheiten anzukoppeln. Für Getreide bietet das polnische Unternehmen selbst eine Lösung, seine Säschine PS. Für die Einzelkornsaat oder für Gemüse kann jede in der Arbeitsbreite passende vorhandene Sätechnik angekoppelt werden. In Klein Bünzow kam die Väderstad Tempo des Lohnunternehmers zum Einsatz.

Ebenso flexibel kann Mineraldünger aus dem für zwei Komponenten teilbaren Behälter mit 3.900 l Volumen oder Gülle bei Einsatz hinter einem Güllefass unterflur ausgebracht werden. Die Arbeitswerkzeuge können ohne großen manuellen Aufwand zwischen 30 und 90 cm Reihenabstand stufenlos verschoben werden. Die Hauptverschleißteile sind mit minimalem Aufwand dreh- und wechselbar. Um ausreichend hydraulische Leistung zur Verfügung zu haben, hat das Gerät eine eigene Hydraulikanlage, die per Zapfwelle angetrieben wird.

Nun will Händler Wolfgang Krüger mit dem Gerät zur MeLa: „denn es passt für hier.“ Außerdem steht die Überlegung an, von reiner Montage von Standardteilen und der von Zulieferern nach Vorgabe gefertigten Teile in Polen auf eine Produktion mit teilweise eigener Metallbearbeitung in Deutschland umzustellen.


So arbeitet die Czajkowski Strip-Till Drillmaschine auf Gut Klein Bünzow


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Kreuterey – die Aromagärtnerei im Havelland

Udo Schäfer aus dem brandenburgischen Wolsier hat sich auf den Anbau verschiedener Heil-, Gewürz- und Aromapflanzen spezialisiert. Doch eine Pflanze steht in der Kreuterey besonders im Rampenlicht – Basilikum.

Von Achim Werner, GartenFlora

Die Kreuterey stand schon seit Jahren auf meiner Liste lohnender Reiseziele. Der Besitzer Udo Schäfer, ursprünglich Chemielaborant, zudem engagierter Hobbygärtner und Orchideenfan, hat dort sein Hobby zum Beruf gemacht. Den Gärtnermeister kannte ich von diversen Besuchen auf dem Berliner Staudenmarkt. Dort bietet er vor allem Jungpflanzen von Paprika über Chili, Auber ginen bis Tomaten feil – erzeugt nach Demeter- Richtlinien. Allerdings gab es in diesem Jahr aufgrund von Corona lediglich einen kleinen Hofverkauf auf der Wiese der Kreuterey. Auch weitere Gärtner, Handwerker und Künstler aus der Region nahmen teil.

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Video: Kreuterey die Aromagärtnerei im Havelland

Video © Sabine Rübensaat

Sortenvielfalt der Kreuterey: AUberginen, Tomaten, Chili und mehr

Angeboten werden in der Kreuterey kräftige Jungpflanzen – gut zehn Sorten Auberginen, ein Dutzend Tomatensorten sowie Chili und Paprika in über sechzig Züchtungen und Auslesen. Da rüber hinaus von Salat, Melone, Kürbis, Gurke sowie gut hundert Arten und Sorten von Küchenkräutern – und Basilikum in unterschiedlichsten Sorten und Arten. Zugegeben, in den ersten Jahren habe ich Letztere völlig zugunsten meiner Lieblingsgemüsearten Tomate und Chili ignoriert, bis ich im Gespräch mit Udo Schäfer erfuhr, was es mit seinen ganz speziellen Basilikumsorten auf sich hat. Viele aus seinem Angebot hat er selbst gezüchtet, dabei unterschiedliche Arten miteinander gekreuzt. Die ausgelesenen Nachkommen sind daher allesamt steril, können also trotz Blüten keine Samen bilden.

Es war ein jahrelanger Weg, bis seine fünfzehn Sorten ausgelesen waren. Als Kreuzungspartner kamen nur wüchsige Sorten oder Arten infrage, die sich gut verzweigten und nach dem Schnitt schnell wieder nachwuchsen. Krankheitstoleranz, Zierwert und nicht zuletzt Aroma waren weitere Auswahlkriterien. Aus Tausenden von Sämlingen hielten häufig nur eine Handvoll dem Urteil des Gärtnermeisters stand, von anderen Kreuzungen auch gar keine. Nur die besten wurden weiter verkreuzt, bis schließlich die Besten der Besten, sogenannte Elitepflanzen, zum Aufbau von Mutterpflanzenbeständen vermehrt wurden.

Basilikum in der Kreuterey
25 Basilikumsorten wachsen in der Gärtnerei von Udo Schäfer, viele können nur über Stecklinge vermehrt werden. © Sabine Rübensaat
Blühstreifen der Kreuterey
Ein breiter Blühstreifen am Rand der Beete sorgt für eine Vielfalt an Nützlingen, die schnell in die Kulturen einwandern und damit jeglichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln überflüssig machen. © Udo Schäfer

Aber warum diesen Aufwand treiben und die anschließende Vermehrung über Stecklinge in Kauf nehmen, wenn es doch so viel einfacher ist, etwa ‚Genoveser‘ auszusäen und das reichlich angesetzte, zudem über Jahre haltbare Saatgut kühl und trocken aufzubewahren? Gärtnermeister Schäfer pflichtet mir bei, gibt jedoch zu bedenken: „Das ist aber auch ein wesentlicher Nachteil samenvermehrbarer Basilikumsorten. Sobald sie Saatgut an setzen, bilden sie kaum noch Blätter und müssen nachgesät werden.“ Klingt logisch. Ich hake dennoch nach: „Wenn die Pflanzen so üppig blühen, geht dann nicht zu viel Energie in die Blüte anstatt ins begehrte Laub?“ Udo Schäfer beruhigt mich. „Es werden trotzdem ständig neue Blätter gebildet, denn die Pflanzen streben an, Samen zu bilden. Deshalb wachsen ständig neue Triebe. Außerdem: Was haben Sie gegen Blüten? Die sind nicht nur hübsch, sondern auch eine gute Nektarquelle für Wild- und Honigbienen, die über Monate bis in den Herbst hinein sprudelt.“ Da hat er recht. Zudem ließen sich damit Salate optisch und kulinarisch bedeutend aufwerten, was mich restlos überzeugt.

Fehlt nur noch, dass Basilikum den Boden verbessert, auf dem es kultiviert wird. „Das tut es wohl nicht mehr als andere Pflanzenarten. Aber den Inhaltsstoffen des Königskrauts werden zahlreiche medizinische Wirkungen nachgesagt. „Entzündungshemmende sowie antimikrobielle Eigenschaften der enthaltenen ätherischen Öle sind schon seit längerem wissenschaftlich nachgewiesen.“ Mehr braucht Udo Schäfer nicht zu sagen: Ab dieser Saison wird das eine oder andere Basilikum aus seiner Züchtung in meinem Küchengarten wachsen. Am liebsten würde ich sofort einige Setzlinge erbitten, doch im Sommer stehen keine zum Verkauf. Zudem habe ich es auf mindestens eine Jungpflanze der Chilisorte ‚Caja Purple‘ abgesehen, die außer bei der Kreuterey nur schwer zu bekommen ist.

Udo Schäfer von der Kreuterey mit Basilikum
Udo Schäfer mit Basilikum aus seiner Kreurerey. © Sabine Rübensaat

25 Sorten Basilikum Wachsen in der Kreuterey

25 Basilikumsorten nennt Udo Schäfer sein Eigen, darunter ‚Wild Magic‘ und ‚Schneewittchen‘. Die Mutterpflanzen erreichen locker 60 Zentimeter Durchmesser und sind während der gesamten Saison mit Hunderten Blüten übersät. Zu kompakteren Laub- und Blütenkugeln in Medizinballgröße wächst sich zum Beispiel ‚Ajaka‘ aus. Andere wie der zweifarbige ‚Harlekin‘ setzen erst sehr spät Blüten an oder in kurzen Sommern überhaupt nicht. Wenige, etwa ‚Green Ball‘, blühen gar nicht. Die Mutterpflanzen überwintern im Gewächshaus. Das rechtfertigt den etwas höheren Preis für eine Jungpflanze, die übrigens mehrjährig ist und sich nach jedem Winter prächtiger entwickelt. Und prächtig ist das Westhavelland sowieso mit seinen bezaubernden und wasserreichen Landschaften. Und Städter sehen hier im Sternenpark an einem der zehn Beobachtungsplätze bei klarem Nachthimmel vielleicht zum ersten Mal die Milchstraße.



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Rapsanbau: Strategien für aktuelle Herausforderungen

Landwirte entwickeln neue Maschinenkonzepte für den Rapsanbau, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Wir haben bei Betrieben im Nordwesten Deutschlands nachgefragt, auf welche Strategien sie setzen.

Von Wolfgang Rudolph, Bad Lausick

Auf mehr als einer Million Hektar der deutschen Felder wächst gegenwärtig Raps. Damit die schwarze Ölsaat ein wirtschaftlich tragendes Fruchtfolgeglied bleibt, gilt es jedoch, die Maßnahmen bei der Etablierung und Pflege der Kultur den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Das Problem: Einerseits vergrößern Wetterkapriolen die Schwankungsbreite bei Erträgen und Qualität. Andererseits wird ein Gegensteuern mit bislang bewährten leistungssteigernden und stabilisierenden Verfahren durch das Verbot der neonikotinoiden Beizen, eine enger werdende Wirkstoffpalette bei Pflanzenschutzmitteln sowie Einschränkungen beim Düngen erschwert.

Landwirte reagieren auf die veränderten Rahmenbedingungen mit angepassten Anbaustrategien. Doch welche der Maßnahmen von der Saatbettbereitung bis zum Nacherntemanagement ist optimal für den Standort? Wir sprachen mit Rapsanbauern, die Flächen in der niedersächsischen Elbmarsch bewirtschaften.

Landwirt Markus Mushardt im Portrait
© privat

Bodenverbesserung durch Begleitpflanzen

Familie Mushardt baut in Otterndorf auf 270 ha Marktfrüchte an. Auf den fruchtbaren Marschböden wachsen Raps, Weizen, Gerste, Silomais, Hafer, Braugerste, Ackerbohnen und Kleegras. Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen läuft zu dieser Fruchtfolge seit Herbst 2019 auf 5 ha ein Exaktversuch. Zum Hof gehören weiterhin 30 ha Grünland, die eine Mutterkuhherde beweidet. Anteil am Betriebsergebnis haben außerdem landwirtschaftliche Dienstleistungen mit zwei Kettenbaggern und einer Maishacke sowie zehn Ferienwohnungen.

Den Ackerbau betreibt der studierte Landwirt seit gut drei Jahren fast vollständig ohne Pflug. Dabei geht es ihm insbesondere um die bessere Befahrbarkeit der Flächen. „Die relativ jungen Marschböden neigen durch den hohen Schluffanteil zum Verschlämmen. Hat man auf einem gepflügten Acker frisch gesät und es regnet zehn bis 20 Millimeter, sieht das schon mal aus wie im Wattenmeer“, so Markus Mushardt. Überhaupt versuche er so bodenschonend wie möglich zu wirtschaften und orientiere sich Ausbrinin Richtung regenerative Landwirtschaft. Dazu gehörten Experimente mit biologischen Präparaten, Algenextrakten, verschiedenen Zwischenfrüchten und Direktsaatverfahren. „Nicht zuletzt wollen wir unseren Feriengästen vorleben, dass sich die Landwirtschaft um klimafreundliche und umweltgerechte Lösungen bemüht“, sagt der 29-Jährige.

Raps steht je nach Lage der Schläge im Wirtschaftsgebiet jährlich auf 35 bzw. 45 ha. Die Kulturvorbereitung startet mit der flachen Einarbeitung von Gülle in die Getreidestoppeln. Dies erfolgt, ebenso wie die nachfolgende 15 cm tiefe Grundbodenbearbeitung mit dem Grubber. Anschließend wird mit der 4 m breiten Horsch Pronto der Raps gesät. „Im vergangenen Jahr habe ich erstmals eineinhalb Hektar der Rapsfläche mit einer Begleitpflanzenmischung aus Ackerbohnen, Tatarischem Buchweizen, Weißklee, Phacelia, Sommerwicke und Öllein angelegt“, informiert Mushardt. Als Ziel nennt er die Einsparung von Pflanzenschutzmaßnahmen, etwa durch den Verzicht auf den gelegentlich pflanzenstressauslösenden Einsatz des Bodenherbizids Metazachlor, die Fixierung von Nährstoffen im Boden und insgesamt eine Verbesserung der Wachstumsbedingungen für die Hauptkultur.

Traktor bei der Rapsaussaat mit Begleitpflanzenmischung
Über einen Teil der Rapsfläche säte Landwirt Markus Mushardt in dieser Saison bei einer zweiten Überfahrt mit der Horsch Pronto eine Begleitpflanzenmischung aus Ackerbohnen, Tatarischem Buchweizen, Weißklee, Phacelia, Sommerwicke und Öllein. © Carmen Rudolph

Tatsächlich steht der Raps nach Aussage des Otterndorfer Landwirts auf der Versuchsfläche deutlich besser als auf der benachbarten Mulchsaatfläche ohne Begleitkultur. „Die Rapspflanzen haben mehr feinere Wurzeln ausgebildet. Und wenn man schaut, wo das Wurzelgeflecht hinstrebt, profitieren sie offensichtlich nicht nur von der Stickstofffixierung durch die Leguminosen, sondern auch vom Phosporaufschluss durch den Buchweizen sowie der intensiven Ausbildung eines Wurzelnetzwerks aller Begleitpflanzen“, berichtet Markus Mushardt. Er rechnet in dem kerngesunden Bestand mit einer deutlichen Herbizideinsparung von 30 bis 40 %. Außerdem beobachte er auf der Versuchsfläche einen geringeren Schadinsektenbefall. In diesem Winter mit zweistelligen Minusgraden hätten die Begleitpflanzen zudem den Raps vor Kahlfrost geschützt, da der Wind den Schnee nicht so wegwehen konnte.

„In der nächsten Saison werde ich die Begleitsaat wohl auf 50, wenn nicht gar 100 Prozent der Rapsfläche ausweiten“, kündigt Mushardt an. Er habe dafür ein zweites Säaggregat geordert, damit er die Aussaat von Raps und Begleitkulturmischung in einem Zuge erledigen kann und nicht wie im vergangenen Herbst zweimal mit der Pronto über den Acker fahren muss.

Karsten Halter, Madita Halter, Hendrick Poppe und Henning Janßen von der Elbmarschen Agrar KG (v.l.).
Gemeinsam für die beste Anbaustrategie (v. l.): Karsten Halter, Madita Halter, Hendrick Poppe und Henning Janßen von der Elbmarschen Agrar KG. Nicht auf dem Bild: Betriebsleiter Nicolaus von der Decken. © Carmen Rudolph

Rapsanbau: Einzelkornsaat über dem Gülledepot

Karsten Halter, Henning Janßen und Nicolaus von der Decken haben sich zur Elbmarschen Agrar KG zusammengeschlossen und bewirtschaften 1.370 ha. Die Flächen der Betriebsgemeinschaft liegen bei Cuxhaven sowie in Nordkehdingen in den Ortschaften Balje und Oederquart. Der Pflanzenbau erfolgt in einer fünfgliedrigen Fruchtfolge:

  1. Körnermais,
  2. Ackerbohne,
  3. Wintergerste,
  4. Raps und
  5. Winterweizen,
  6. danach eine Zwischenfrucht vor dem Körnermais (1.).

Die jährliche Rapsfläche umfasst circa 275 ha.

„Den Raps bauen wir schon seit zehn Jahren im Strip-Till-Verfahren an“, sagt Hendrick Poppe. Der studierte Landwirt ist der Freund von Madita Halter, der Tochter von Karsten Halter, und bei der Betriebsgemeinschaft angestellt. Bei der Aussaat komme eine Horsch Focus KE zum Einsatz. Von diesem Focus- Modell seien nur vier Stück gebaut worden. Besonderheit ist die Ausstattung mit einer Kreiselegge als zusätzliches Werkzeug. Die Idee für die Maschine ist, eine konzentrierte Lockerung unter der Reihe mit der Ablage von Düngedepots und Sätechnik zu kombinieren. Das Düngerband soll die Pflanzen zu einer tieferen Wurzelausbildung anregen.

Die Vorbereitung der Rapskultur nach Gerste beinhaltet den Stoppelsturz mit der Scheibenegge bei gleichzeitiger Gülleausbringung. Dann erfolgt die Aussaat mit der Focus KE auf die im Abstand von 37,5 cm angelegten Lockerungsstreifen, kombiniert mit einer Unterflurdüngung in 25 cm Tiefe. „Um den Aussaaterfolg weiter zu verbessern, haben wir im vergangenen Herbst auf reichlich 20 ha mit einem absetzigen Strip-Till-Verfahren was Neues probiert“, berichtet Poppe. Anlass dafür war, die bei der Mulchsaat nicht zu vermeidende Einbettung von Ernteresten in die Saatrille. Auf der Teilfläche habe man nun zunächst mit einer Strip-Till-Maschine von Orthman (Vermac) Güllestreifen im Abstand von 50 cm in den Boden gebracht. Einen Tag später erfolgte im gleichen Reihenabstand jeweils über den Gülledepots das Ausbringen der Rapssaat mit der Einzelkornsämaschine Horsch Maestro 12 CV.

Mit dem Ergebnis ist die Betriebsgemeinschaft rundum zufrieden. Im Vergleich zu den im üblichen Verfahren bestellten Schlägen zeigt die Kultur nach Aussage von Poppe eine vitalere Jugendentwicklung mit gut ausgebildeten Pfahlwurzeln. Bei keiner Pflanze habe man Beinigkeit festgestellt. Außerdem seien die Rapspflanzen auf der Testfläche mit einem deutlich stärkeren Wurzelhalsdurchmesser in den Winter gegangen. „Nach etwa vier Wochen konnte man sehen, dass die Wurzeln am Gülledepot angekommen sind. Die Pflanzen bekamen eine dunklere Farbe und gingen in den Massenwuchs“, hat der 28-Jährige beobachtet.

Den Test der Einzelkornsaat auf Strip-Till-Güllestreifen verbanden die Landwirte mit einem Saatstärkenversuch. Außer der Standardausbringmenge von 30 Körnern pro m2 wurden in anderen Parzellen nur 25 bzw. 20 Körner pro m2 gelegt. „Sollte sich zeigen, dass durch die dann bessere Stellung der Rapspflanzen in der Reihe mit einem weiteren Legeabstand die gleichen Erträge wie mit 30 Körnern pro m2 erzielbar sind, ließe sich zukünftig Saatgut einsparen“, blickt Poppe nach vorn. Er rechne damit, dass die Betriebsgemeinschaft in diesem Jahr mindestens die Hälfte der Rapsfläche mit dem neuen Anbauverfahren anlegt.

Strip-Till mit Begleitsaat kombiniert

Landwirt Henning Plate im Portrait
© privat

Henning Plate bewirtschaftet in Otterndorf etwa 150 ha Acker sowie 50 ha Grünland. Bestandteile der Hof Plate GbR sind überdies eine Bullenmast mit 150 Tieren, eine Mutterkuhherde mit 100 Galloway- Rindern, deren Fleisch direktvermarktet wird, eine Pferdepension mit 40 Plätzen und ein Ferienhaus mit acht Betten. Zudem bietet der gelernte Landwirt Lohnarbeiten im Bereich Aussaat, Pflanzenschutz und Futterernte an. Auf den schweren Böden mit 55 bis 85 Bodenpunkten gedeihen bei einer durchschnittlichen Jahresniederschlagsmenge von 970 mm Raps, Wintergerste, Sommerungen (Mais, Hafer oder Gerste) und Winterweizen. Vor den Sommerungen steht eine Zwischenfrucht. „Diese Fruchtfolge ist aber kein Dogma. Wir passen uns da der Witterung an“, sagt der 33-Jährige. Raps wächst derzeit auf 38 ha. Das sind 8 ha mehr als im Vorjahr. Durch die gute Ernte 2020 mit 55 dt liegt der durchschnittliche Rapsertrag jetzt bei 49 dt.

Seit 2017 erledigt der Betrieb die Aussaat aller Marktfrüchte mit der Strip-Till-Direktsaatmaschine von Claydon, die eine Unterfußdüngung über den Lockerungszinken ermöglicht. „Auf gut der halben Rapsfläche habe ich im vergangenen Jahr erstmals mit einer Beisaat aus Alexandriner Klee, Serradella und Ramtillkraut gedrillt“, berichtet Plate. Zuvor hatte er die Weizenstoppel zweimal mit dem Strohstriegel von Claydon bearbeitet und auf der Fläche separierte Gärreste ausgebracht. Anschließend erfolgte die Aussaat von Raps und Beisaat in einer Überfahrt. Dabei lockern die Frontzinken den Boden bis zu einer Tiefe von 20 cm und platzieren die Unterfußdüngung. Das nachfolgende Säaggregat mit Y-Verteiler legt die Rapskörner rechts und links des gelockerten Schlitzes ab. Paddelbalken schieben die Furche wieder zu. Das Streuen der Beisaatmischung geschieht vor dem Exaktstriegel mittels Prallteller. Über einen gesonderten Streuer wird abschließend noch Schneckenkorn ausgebracht.

Claydon Hybrid-Sämaschine
Bei der Direktsaatmaschine Hybrid von Claydon lockern die Frontzinken den Wurzelraum bis zu einer Tiefe von 20 cm. Das nachfolgende Säaggregat legt die Rapskörner rechts und links des gelockerten Schlitzes ab. © Carmen Rudolph

„Die durch die Beisaat angestrebte bessere Durchwurzelung des Bodens ist eingetreten. Die Funktion als Ablenkfrucht für Schädlinge, um Insektizide einzusparen, hat allerdings nicht so recht funktioniert. Wir hatten letzten Herbst starken Erdflohbefall. Da war der Raps aber erst im Zweiblattstadium und die Beifruchtmischung gerade aufgelaufen“, zieht Plate eine erste Zwischenbilanz. Nun müsse sich zeigen, wie sich der höhere Feinwurzelanteil im Boden auf den Ertrag auswirkt.

In diesem Jahr plant der Landwirt die zusätzliche Aussaat von Zwergwüchsigem Weißklee, der im Gegensatz zu den anderen Beifrüchten im Winter nicht abfriert und als Untersaat fungiert. „Meine Überlegung ist, nach der Rapsernte mit dem Sichelmulcher über die Stoppeln zu fahren, damit die Ausfallsamen unter dem Weißklee eingehen oder gar nicht erst keimen. Den nachfolgenden Weizen würde ich dann direkt in die Bodenbedeckung einsäen und dann noch mal mit der Cambridge-Walze drüber gehen“, erläutert Plate. Der Weißklee ließe sich dann mit geringen Mengen Pointer Plus für breitblättrige Unkräuter abtöten. Vielleicht sei die nach der Ernte verbleibende Rapsuntersaat nach dem Walzen aber auch schon derart geschädigt, dass sie der eingesäte Weizen überwächst.

Alle diese Maßnahmen würden darauf abzielen, Glyphosatanwendungen zu vermeiden, ohne im Gegenzug die Bodenbearbeitung zu intensivieren. „Denn meine Erfahrung aus der Minimalbodenbearbeitung ist, dass unsere schweren Böden dadurch deutlich besser werden, besser befahrbar, besser durchwurzelt und insgesamt krümeliger“, sagt Plate.


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Prozess um Glyphosat in Honig

Der Imker Sebastian Seusing klagt am Landgericht Frankfurt (Oder) gegen einen landwirtschaftlichen Betrieb. Er möchte Schadensersatz, da sein Honig im Jahr 2019 um das 150-fache des Höchstwertes mit Glyphosat belastet war.

Von Sebastian Spiewok

Im Jahr 2019 wurde die brandenburgische Imkerei Seusing gleich von mehreren Fällen getroffen, in denen Honig durch Glyphosat-Anwendungen derart hoch belastet wurde, dass er nicht mehr verkehrsfähig war. Insgesamt musste Sebastian Seusing damals 4.660 kg Honig auf Anweisung der Lebensmittel-Überwachungsbehörde entsorgen. Derzeit klagt der Berufsimker am Landgericht Frankfurt (Oder) gegen die Landwirtschaftsgesellschaft Stadtgüter Berlin Nord KG für zumindest 550 kg auf Schadenersatz. Diesen Teilschaden beziffert er auf 14.455 Euro aufgrund verlorener Einnahmen für Honig und Wachs, Entsorgungskosten sowie zusätzlichem Arbeitsaufwand.

Landgericht und Amtsgericht in Frankfurt (Oder) © Sebastian Spiewok

Hohe Glyphosat-Rückstände im Honig

Ein Mitarbeiter der Landwirtschaftsgesellschaft hatte eine Fläche mit Glyphosat behandelt, auf der Löwenzahn blühte. Daneben standen mindestens 89 Völker des Berufsimkers, deren Bienen am Löwenzahn sammelten. In der Folge lagen die Glyphosatrückständen im Honig bis zu 152-fach über dem zulässigen Grenzwert für Honig von 0.05 mg/kg. Seusing forderte die Gesellschaft auf, ihm den entstandenen Schaden zu ersetzen, doch diese wies die Forderung zurück.

Prozess um Glyphosat: zahlen Landwirte für Schäden?

Imker Seusing hofft, dass der Prozess eine grundlegende Entscheidung darüber bringt, wer für Glyphosatfreiheit von Honig zu sorgen hat: der Landwirt oder der Imker? Der Richter deutete gleich zu Beginn der Verhandlung an…

Den Artikel in voller Länge gibt es kostenfrei über diesen Link beim Deutschen Bienenjournal


Mit Glyphosat belasteter Honig in Eimern auf der Treppe des Landwirtschaftsministeriums in Berlin

Glyphosat im Honig

Die Aktion haben viele gesehen: Ein Imker schüttet aus Protest seinen mit Glyphosat belasteten Honig vor die Tür des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Starke Bilder – doch es lohnt sich, die ganze Geschichte zu kennen. mehr


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