Ob für Naturliebhaber, Geschichtsinteressierte oder einfach nur Erholungssuchende: Im Spreewald gibt es für jeden Geschmack die passende Kahnfahrt. In Schlepzig steht mit Yvonne Huber eine Frau am Rudel in einer traditionsreichen Männerdomäne.
Von Jutta Heise
Über die Flusslaufverzweigungen der Spree zu gondeln, bringt Entschleunigung und Erkenntnisgewinn, hat vielfältigen Unterhaltungswert. Wenn, ja wenn eine wie Fährfrau Yvonne Huber am Steuer, am Rudel, steht.
Gastgeberin auf dem Kahn – so versteht sie sich, eine mit Leib und Seele: So eine muss: mit Esprit unterhalten können und mit Feingefühl zuhören, auch mal schweigen, frischen Input geben, wenn die Dinge in Gefahr sind, in Langweile abzugleiten. Die Gäste, die eine Kahnfahrt im Spreewald bei Yvonne Huber buchen, sollen, so ihr Anspruch, ein Stück weit bereichert von Bord gehen, mit neuen Eindrücken, mit dem Erlebnis von Beobachtungen, sagen wir von Biber, Eisvogel und Co., mit mehr Wissen, etwa über die Geschichte und die Geschichtchen der Wenden und Sorben, die diese Kulturlandschaft prägten, und: mit einem Quentchen Entschleunigung. Yvonne Huber hat vor sieben Jahren das Kahnfahren zum Beruf gemacht.
Gelernt hat sie das Staken des hölzernen (inzwischen oft aus dem leichteren und längerlebigen Aluminium gefertigten) Gleitbootes bereits im Teenie-Alter. Da überkommt ein Mädel (im Spreewald – weder sexistisch noch despektierlich – traditionell „Puppe“ genannt) schon mal der Ehrgeiz, es jenen Jungs zu zeigen, die übermäßiges Imponiergehabe an den Tag legen, meinend, sie allein könnten perfekt mit dem Rudel, dem Stakholz, umgehen.
Herausforderung gemeistert! Heute, ein paar Jährchen später, gebe es, sagt Yvonne Huber, zwar noch einige Fährfrauen, doch als Broterwerb ist das Kahnfahren weiterhin eine Männerdomäne. Naturbedingt. „Es ist eine Frage der Körperlichkeit.“ Einen Kahn der fröhlichen Leute mit um die 20 Personen, dazu dessen Eigengewicht fortzubewegen, ist Muskelarbeit. „Mit Technik allein kriegst du das Ding nicht von der Stelle.“
Yvonne Huber ist gelernte Köchin, hat etliche Zeit in der Gastronomie gearbeitet. Als die Eltern ihren Traditionsgasthof schließen, um in den Ruhestand zu gehen, versucht sie, ihn in einer kleineren Variante weiterzuführen. Können, Fleiß, Ehrgeiz – manchmal reicht das nicht für den Erfolg, wenn ein Stückchen Glück fehlt. Eine Kollegin, die damals schon als Fährfrau arbeitet, schlägt ihr vor, in das neue Metier einzusteigen. Mit ihr und drei Männern bildet Yvonne Huber heute das Team, das Kahnfahrten in Schlepzig im Spreewald anbietet.
Der Hafen in Schlepzig ist wesentlich intimer als die großen Touristenmagnete, es geht entspannter zu als etwa in Lübbenau. Das gemischte Quintett hat sich einvernehmlich-kollegial und freundschaftlich organisiert. Man arbeitet im wöchentlich wechselnden Schichtrhythmus. So will man die schwankende Besucherfrequenz ausgleichen. Wenn ein Kollege selbst an schönsten Tagen mit nur zwei Gästen an Bord losfahren muss, überlassen ihm die anderen die nächste lukrativere Tour. Das harmonisiert.
Mit Beginn der Ferien in einigen Bundesländern kommt der Fährbetrieb als Teil des Spreewald- Tourismus nun mehr und mehr in Gang. „Im Vergleich zu 2019, als wir so viele Besucher hatten wie nie, haben wir zwar einen Rückgang zu verzeichnen. Aber wir sind zufrieden.“ Der Sommer ist ja gerade mal knapp über den Zenit. Dennoch bleibt: „Mancher hat sich offenbar während der Pandemie ein eigenes Boot oder ein SUP-Bord zugelegt. Der Paddel-Tourismus hat definitiv zugenommen, man ist lieber allein oder zu zweit als in einer Gruppe unterwegs. Auch bei uns werden mehr individuelle Fahrten gebucht.“
Yvonne Huber steht trotz schwankender Planken längst sicher im Metier. Voraussetzung für den Beruf war der Erwerb des Fährmannscheins (eine weibliche Entsprechung gibt es nicht), der speziell auf den Spreewald abgestellt ist: Vorschriften zu Personenbeförderung, Paragrafen des Wasserrechts, Sicherheitsbestimmungen, auch technische Details des Bootsantriebs muss jede(r) aus dem Effeff beherrschen. Yvonne Huber erklärt: „Stellenweise sind die Fließe bei starker Strömung so tief, dass sie mit Motor befahren werden dürfen. Wir versuchen aber, zu 90 Prozent zu staken.“
Der Umgang mit dem Kahn ist das eine, es braucht auch eine kleine Fährfrau-Philosophie: Ihren Gästen möchte die Kahnfährfrau vor allem die Wertschätzung für die Natur vermitteln, das sei ihr ein großes Anliegen. „Wir befahren den urig-wilden Teil des Unterspreewalds, der nicht gravierend von Menschenhand verändert worden ist.“
Ein Leichtes förmlich, Störche, Schwarzspecht, Libellen, farbenprächtig wie der Regenbogen, vom Kahn aus zu beobachten. Auch Fischadler und Fischotter sind hier heimisch. Um die zu sichten, braucht es ein größeres Stück vom Glück. Der Eisvogel dagegen sei seit Jahren immer öfter anzutreffen, hat Yvonne Huber registriert. „Nur wenn man seine Heimat kennt, weiß man sie zu schätzen und folglich zu bewahren.“
Sie sei ein Naturfreak. Das passe perfekt mit dem Job zusammen. „In den ersten Jahren als Fährfrau musste ich allerdings dieses oder jenes nacharbeiten. Mancher Gast war beschlagener als ich“, lächelt sie. Zum Grundkonzept einer Kahnfahrt im Spreewald gehören auch Sagen und Mythen aus dem Volk der Sorben und Wenden.
Sie fährt in deren Alltagstracht. Das macht die Kahnfahrt im Spreewald authentisch und stimmig, finden auch die Gäste. Deren Spektrum ist schillernd wie das Leben selbst. Da ist der Naturfreund, der mit detailliertem Wissen brilliert, da ist der Historien-, da der Brauchtumsinteressierte, dort sind jene, die sich einfach träumend etwas „berieseln“ lassen möchten. Wie das eben ist mit einer auf kurze Zeit zusammengewürfelten Mannschaft.
Trotzdem soll jeder, soweit möglich, auf seine Kosten kommen. Denn da sind noch jene, die vor allem eins wollen: Ruhe. Das heißt für Yvonne Huber, auch mal zu schweigen, „die Leute nicht zutexten, sich selbst zurücknehmen, den Gast für sich sein lassen.“ Auf dass man die Stille hören möge oder es zumindest versuche. Eigenartig, dass sich dann meist alle anderen ebenfalls „fallen“ lassen. „Es klappt zu 90 Prozent.“ Bei jeder Fahrt ist Einfühlungsvermögen, ein wenig Menschenkenntnis gefragt. „Ich muss erspüren, welche Sorte von Leuten da gerade auf meinem Kahn sitzt, die Körpersprache deuten können und mich flexibel darauf einstellen, entscheiden, wo ich Akzente setze. Das ist das Reizvolle an diesem Beruf.“
Die thematische Bandbreite der Fahrten, die im gesamten Spreewald mit seinem 1.500 km Wassernetz angeboten werden, ist vielfältig und scheint nie ausgereizt: Kamin-Kahnfahrten (mit einem aktiven Kamin an Bord), Grill- Kahnfahrten, Wellness-Kahnfahrten (die Gäste werden auf Kissen liegend geschippert), spezielle Wintertouren. Yvonne Huber bleibt gelassen: „Man kann sich viel einfallen lassen, aber manchmal ist weniger mehr.“
Das Schlepziger Team bietet ein- bis siebenstündige Wasserausflüge an. Die Naturfahrten gelten als Klassiker – insbesondere in den Abendstunden voller Reiz. „Viele Tiere sind dämmerungsaktiv. Bibersichtung ist nicht selten.“ Es gibt die Lichterfahrt mit beleuchteten Kähnen, die die Mystik des Waldes besonders spooky rüberbringt. Im Herbst legt Yvonne Huber ein Special auf, bei dem die Gäste bei einem Zwischenstopp ihre selbstgekochte Kürbissuppe probieren.
Besonders gefragt ist eine Kombination von Kahnfahrt und Führung samt Verkostung im Schlepziger Brauhaus oder in der ersten Whiskybrennerei Ostdeutschlands, die sich gleich gegenüber dem Hafen befindet. Letztere wird ausschließlich von den beiden Damen des Schlepziger Teams geführt. Zufall oder Absicht, etwa um das Gleichgewicht der Geschlechter im Kahn etwas auszutarieren? Wir überlassen Sie Ihren Mutmaßungen.
Wem bänglich ist um die nächste weibliche Generation am Rudel, dem sei gesagt: Während Yvonne Hubers ältere Tochter sich mit einem Studium der Fachrichtung Landschaftsnutzung und Naturschutz auf eine Arbeit in ihrer Heimat vorbereitet, beherrscht die jüngere mit 14 Jahren das Staken schon ziemlich gut. Was fehlt, wird noch geübt. Die Jungs ein bisschen vorführen wie seinerzeit Mama? Und wenn! Eher aber ist es wohl die Lust am Besonderen, am Bewahren einer schönen alten Tradition. Das nennen wir mal bodenständig.
Unsere Top-Themen
• Familienhof Repente
• Sortenversuche Sommerhafer
• Vergleich Futtermischwagen
• Märkte und Preise
Ab 1.8.2021 werden die Vorgaben der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zum organischen Beschäftigungsmaterial und dem Tier-Fressplatz-Verhältnis von „Übergang“ auf „scharf“ gestellt. Stroh und anderes organisches Material ermöglichen dann Beschäftigung wie Erkunden und Wühlen per Gesetz.
Von Dr. Eckhard Meyer, Lehr- und Versuchsgut Köllitsch, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Organisches Beschäftigungsmaterial wird im nächsten Monat für alle Schweine und Haltungskategorien vorgeschrieben. Neu sind nicht nur strengere Vorgaben zur Qualität, sondern auch zur Quantität der Beschäftigung. Das Verhältnis von maximal zwölf Tieren je Beschäftigungsmaterial oder -platz (nach Schulterbreite) gilt streng genommen vom Saugferkel in der Abferkelbucht bis zum schwersten Mastschwein oder der Altsau. Es kommt auf die Umsetzung im Sinne des Gesetzes, im Hinblick auf die Kontrollen, aber auch auf die Details an.
Die Verordnung sieht „faserreiches organisches Beschäftigungsmaterial“ vor und schlägt dafür (nur) exemplarisch Heu, Stroh oder Sägemehl vor. Auch wenn die eigentliche Neuformulierung im § 26 der Verordnung lediglich „organisch und faserreich“ lautet, ist damit der Holzklotz an einer Spielkette nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Die Ausführungshinweise fordern, dass alle anderen Materialien wie „Jutesäcke oder Naturseile“ dem Verordnungstext entsprechend „untersuchbar“ (hebelbar), „bewegbar“ und „veränderbar“ sind. Das ist eine Frage der Anbringung.
Holz ist zulässig, wenn es in wenigen Tagen zerkaut werden kann, was also eine Frage des Materials (Weichholz) und somit des Aufwandes für die fortlaufende Neubestückung ist. Entscheidend ist, dass ein echter Verbrauch stattfindet und die Materialien nicht nur einmal je Mastdurchgang, sondern regelmäßig gewechselt werden.
Der gesetzliche „Goldstandard“ soll aber Heu oder Stroh sein. In den Ausführungshinweisen sind zum ausdrücklich erwähnten Mindeststandard auch die Voraussetzungen für Naturseile und Jutesäcke definiert. In diesem rechtlich zulässigen Feld sollten wir uns bewegen – immer unter der Maßgabe der Frage, was gut für die Schweine und technisch umsetzbar ist. Dafür ist zunächst die richtige Einordnung in die Funktionsbereiche wichtig. Beschäftigungsmaterialien gehören in den Aktivitätsbereich, nicht in den Kotbereich (Hygiene) und vor allem nicht in den Ruhebereich (Stress).
Fakt ist zunächst, dass Langstroh von irgendwoher nicht zum Gesundheitsstatus hochleistender Betriebe und meist generell nicht zum vorhandenen Entmistungssystem passt. Letzteres ist jedoch auch eine Frage der Art des Angebotes (Strohraufen, Wühlturm, Stroheimer) und der Strohlänge (Langstroh oder Häckselstroh).
Je kürzer das Stroh ist, desto eher wird die Entmistung mit den Restmengen fertig, und umso höher sind aber die Anforderungen für die Art eines attraktiven Angebotes. Um die Flüssigentmistung zu entlasten, sollte das Angebot möglichst über einem Trog oder einer Festfläche erfolgen, sodass herausfallende Halme noch aufgenommen werden können. Die Schweine lieben es, im Langstroh zu wühlen, das passt aber in den meisten Betrieben in Ostdeutschland nicht zum Haltungssystem. Dazu kommt, dass Schweine mit Ausnahme der Sauen keine „Strohfresser“ sind.
Die für eine Dosierung erhältlichen Raufen, Strohautomaten, Pelletomaten oder Strohtonnen stellen jedoch, wenn sie in Größenordnung angeschafft werden sollen, einen erheblichen Kostenfaktor dar – zumals sie zurzeit bundesweit weitgehend ausverkauft sind. Ob das Prinzip zum Stall passt, sollte man ausprobieren, um keine Investruinen zu riskieren.
Mehr als für andere Materialien gilt für die Arbeit mit Stroh: Die Betriebe sollten genau wissen, wo es herkommt. Es sollten kein Weizenstroh (Mykotoxine, Afrikanische Schweinepest/ASP), sondern möglichst aufgearbeitete und entstaubte Qualitäten verwendet werden. Für neu gebaute Abferkelställe wird perspektivisch erwartet, dass die Entmistung mit nennenswerten Strohmengen fertig wird. Bis dahin konnte das auch mit viel gutem Willen vorgesehene Häckselstroh oder Minimaleinstreu wenig überzeugend wirken. Verteilt und vernässt, sehen weder Sauen noch Ferkel glücklich damit aus.
Naturseile oder Jutesäcke werden gut akzeptiert und in den Ausführungshinweisen ausdrücklich erwähnt. Die Seile kommen von der Rolle und sind zunächst unproblematisch, sofern sie unbehandelt sind. Ob die Säcke ein Alibi oder eine nachhaltige Beschäftigung darstellen, hängt von ihrer Qualität und der Anbringung ab. Billigqualitäten als Nestbaumaterial werden von den Sauen auch gerne zerrissen, gefressen oder landen voll Wasser gesogen im Trog. Sie können vor allem in Abferkelbuchten punkten und als gemeinsames Beschäftigungsmaterial für Sauen und Ferkel gelten. Dazu muss es gelingen, es vor und nach der Geburt unterschiedlich zu präsentieren, dass beide etwas davon haben. Die Empfehlung aus dem holländischen Schweine-Innovations- Zentrum in Sterksel, dass die als Nestbaumaterial genutzten und später in das Ferkelnest gelegten Jutesäcke die Akzeptanz erhöhen, konnten wir nicht nachvollziehen. Die Jutesäcke bieten von der Größe her aber mehrere Beschäftigungsplätze und wenig Raum für Diskussionen über die erforderliche Anzahl an Beschäftigungsplätzen für diesen Spezialfall.
Auch der verordnungskonforme Einsatz und eine möglichst intelligente Anbringung von Naturseilen ist eine Herausforderung, denn „bodennah“ und „hebelbar“ darf nicht „im Dreck“ bedeuten. Seile und Jutesäcke sind „hebelbar“ und „bodenah“, wenn sie nicht höher angeordnet werden, als der Bodenabstand der Rüsselscheibe eines durchschnittlichen Schweines einer Haltungsgruppe bei gerader Kopfhaltung ist (Tabelle 1). Die Anbringung zu niedrig oder am falschen Platz schafft zwar kein rechtliches Problem, führt aber zu Hygieneproblemen und erhöht die Gefahr, dass die Schweine Stücke über dem Boden abbeißen, mit denen die Güllepumpen nicht fertigwerden. Um das zu verhindern bietet es sich an, die Beschäftigungsseile durch ein fest installiertes 50-mm-KGKunststoffrohr zu ziehen, sodass eine Zugänglichkeit nur für das letzte Stück Seil möglich ist. Eine kostengünstige Möglichkeit, das Abbeißen der Seile zu verhindern, sind zwei oder drei Knoten an der richtigen Stelle. Die Tabelle 1 stellt die durch Messung an Köllitscher Schweinen abgeleiteten, maximal zulässigen Bodenabstände zusammen. Sie gelten damit quasi für jedes Alternativangebot zu Heu oder Stroh. Der Einsatz von Sägemehl macht keinen Sinn, auch wenn er per Verordnung ausdrücklich vorgesehen ist.
Beschäftigung ist für Schweine kein Selbstzweck. Ein Defizit entsteht, weil der Aufwand für das Futtersuchen bei Stallhaltung entfällt. Beschäftigungsfutter gleicht das am weitesten aus. So werden nicht nur die Vorschriften erfüllt, sondern auch die Schwächen der Hauptfütterung und der Fütterungstechnik ausgeglichen. Das bringt immer dann gesundheitliche Vorteile, wenn das Futteraufnahmevermögen nicht zum Verdauungsvermögen passt. Das gilt uneingeschränkt für die Ferkelaufzucht und Vormast. Es ist deshalb dort gesetzt. In der eigentlichen Schweinemast konnten diese möglichen Effekte nicht nachgewiesen werden. Deshalb gibt es dort sicherlich weniger aufwendige Lösungen. Das „Beschäftigungsfutter“ sollte faserreich sein (> 20 % Rohfaser) und einen reduzierten, möglichst auf das Hauptfutter abgestimmten Nährstoffgehalt haben. Durch die Pelletierung wird die Akzeptanz erhöht und die hygienischen Voraussetzungen verbessert. Keimfrei ist es jedoch nicht. Die Höhe des Verbrauchs kann durch die Häufigkeit der Vorlage gesteuert werden, denn gerade Ferkel sind darauf trainiert, (von ihren Müttern) zum Fressen aufgefordert zu werden. Werden kleine Mengen immer frisch und häufig vorgelegt, dann können Beschäftigungszeiten von 55 Minuten/Ferkel/Tag und mehr erreicht werden. Das ist ein Mehrfaches dessen, was man mit allem anderen (technische Beschäftigungsobjekte, Holz, Material ohne Futterqualität) bewirken kann, und wird auch von der Initiative Tierwohl (ITW) anerkannt. Die häufige Vorlage spricht auch für eine Mechanisierung.
Wie bei anderen Faktoren, die Tierverhalten positiv beeinflussen, ist es wichtig, dass die Schweine „die Wahl haben“. Deshalb muss das Beschäftigungsfutter räumlich getrennt vom Hauptfutter angeboten werden. Dazu ist zurzeit jedenfalls noch ein zweiter Trog erforderlich. Schweinehalter und Technikhersteller entwickeln aktuell ganz unterschiedliche Konzepte für Beschäftigungsfutter. So werden z. B. Erbsen ins Ferkelmüsli gemischt oder Silomais getrocknet. Offensichtlich schätzen Schweine auch eine Alternative in der Konsistenz des Futters und den „festen Biss“. Außerdem hat sich gezeigt, dass man Silomais pelletieren kann, was das Seuchenrisiko (ASP) senkt. Während die ITW allerdings nicht alles anerkennt, sind der Kreativität zur Erfüllung gesetzlicher Vorgaben weniger Grenzen gesetzt (Tabelle 2). Es gilt zwar, das geeignete Beschäftigungsmaterial zu finden, trotzdem können auch Kombinationen sinnvoll sein. Werden mit einem bestimmten Produkt die Vorgaben nicht ganz erfüllt, kann ein zweites dazugenommen werden. Zu viel Beschäftigungsmaterial kann nachweislich allerdings auch schädlich sein.
Nach einem halben Jahr Übergangsfrist sind nur noch zwei Fütterungsverfahren zulässig: die rationierte Fütterung mit einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1:1 oder die Ad-libitum-Fütterung, bei der sich maximal vier Tiere einen Fressplatz teilen. Ausnahmen gelten für Abrufstationen (64:1) und Breiautomaten (8:1). Die sogenannte tagesrationierte Fütterung, bei der sich maximal zwei Schweine einen Fressplatz (TFPV = 2:1) teilen, ist mit der Folge abgeschafft, dass Fütterungsverfahren „problematisiert“ werden können, bei denen Leerstände im Trog zum Arbeitsprinzip der Fütterung gehören. Die sogenannte Sensorfütterung ist technisch eine Ad-libitum- Flüssigfütterung und wurde mit dem Ziel eingeführt, höhere Futteraufnahmen vor allem bei Jungtieren zu realisieren. Um auch schwache Tiere bei jeder Fütterung „mitzunehmen“, haben wir jahrelang eine sogenannte Blockfütterung (häufige Sensorabfragen und Ausdosierungen über zwei Stunden, danach Pausen von drei Stunden) erprobt und empfohlen. Sensorfütterung funktioniert aber nur in Intervallen an Kurztrögen mit einem gesetzlich zulässigen Tier-Fressplatz-Verhältnis von maximal 4:1. Bei hohen Zunahmen empfehlen wir auch, etwas mehr Fressplätze (bis 3:1, optimal oft 3,5:1) vorzusehen.
Mit der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung können „Definitionsprobleme“ entstehen und es muss diskutiert werden, wie lang diese Ausdosierpausen sein dürfen. Es macht keinen Sinn, diese an der Länge von Tierschutzkontrollen festzumachen. Viel wichtiger ist einzuschätzen, ob die Tiere (auch die untergeordneten) satt sind, was kein Hexenwerk ist. Die Sensorfütterung ist in der praxisüblichen Form weiterhin zulässig, wenn die Fütterungszeiten und die Futtermengen (Nährstoffbedarf und -sättigung) dem Tieralter und -gewicht entsprechend angepasst und alle Tiere innerhalb der Fütterungsphasen (z. B. am Tag im Abstand von zwei Stunden) satt gefüttert werden. Intermediäre Leerstände im Trog sind zu akzeptieren, wenn sie der Troghygiene und dem natürlichen Fressverhalten (z. B. während der Nachtruhe der Tiere) dienen.
Gleichwohl kann eine restriktive Fütterung am Anfang (zweite bis dritte Woche) der Ferkelaufzucht vorteilhaft sein, während später eine Ad-libitum-Fütterung optimal ist. Das wurde mit einem Tier-Fressplatz-Verhältnis mit etwa 2:1 gelöst. Die dafür erforderlichen Fressplatzbreiten sind, genauso wie in der Schweinemast auf das Mastende hin orientiert. Die in den Ausführungshinwiesen genannten Werte sind realistisch (Abbildung). Die erforderliche Fressplatzbreite ändert sich jedoch mit dem Wachstum der Tiere quasi täglich, und die gennannten Werte sind Orientierungswerte, die sich auf das Ende der Aufzucht (21 cm bei 30 kg Lebendmasse) oder der Schweinemast (33 cm) beziehen. So lange, wie aber jedes Schwein auf der Basis der tatsächlichen Schulterbreiten einen Fressplatz hat, darf restriktiv gefüttert werden. Sobald das nicht mehr der Fall ist, heißt es: Sensor hoch und füttern. Das allerdings bedeutet, etwas höhere Restmengen auf Kosten der Hygiene zu akzeptieren. Gleichzeitig gilt es, unterschiedliche Tröge und Futterautomaten realistisch unter der Maßgabe zu bewerten, wie viele Tiere hier tatsächlich und gleichzeitig fressen können. Im Stall gibt es keine halben Schweine – 2,6 Fressplätze sind nur zwei. Einen Anhaltspunkt können die in der Abbildung zusammengefassten Messungen an Köllitscher Ferkeln und Mastschweinen mit eher typbetonten und „Schulter breiten“ Pietrain-Vätern sein. Einzelbetrieblich können die Tiere (z. B. bei Duroc-Anpaarung) leicht 1–2 cm schmaler sein.
In der Ferkelaufzucht ist es also noch wichtiger als in der Schweinemast, dass die Tröge zwischendurch leer werden. Bei Problemen mit den Kontrollen müssen durch die Einstellung des Sensors möglicherweise etwas größere Restmengen akzeptiert werden, auch wenn dadurch die hygienischen Voraussetzungen der Fütterungsanlage schlechter werden. Für wenigstens acht Stunden sollte aber Ruhe im Stall sein, weil Schweine auch echte Tiefschlafphasen brauchen. Deshalb sollte eine Ad-libitum- Fütterung am Sensor maximal 16 Stunden Futter anbieten. Die letzte Fütterung wird dann stärker betont, sodass die Nachtfresser auch etwas im Trog vorfinden.
Weiterer Handlungsbedarf entsteht bei der Automatenfütterung in der Gruppenhaltung tragender Sauen. Damit die Sauen bei Einsatz von Standardfutter nicht verfetten, wird meist tagesrationiert gefüttert mit deutlich weniger Fressplätzen als zwei je Sau. Ein Ausweg wäre, sich bei eingeschränktem Tier- Fressplatz-Verhältnis in Richtung Ad-libitum-Fütterung zu bewegen. Dazu muss der Energiegehalt des Futters runter auf höchstens 9 MJ ME, und es braucht nicht melassierte Zuckerrübenschnitzel oder andere quellfähige Futterbestandteile. Für alle „Problemzonen“ gilt aber, dass ein möglicher Ausweg im Beschäftigungs- oder Raufutter gesehen werden kann. Bei Ausfall der Fütterung weichen die Tiere auch in den Versuchen noch eher auf das Beschäftigungsfutter als auf Raufutter aus. Leerstände im Trog wären so kein Problem. Leider entsteht nach den Ausführungshinweisen ein Neues. Sofern das geschieht, können die „Raufutterplätze“ dann nicht mehr als „Beschäftigungsplätze“ angerechnet werden.
FAZIT: Ab August müssen die Vorgaben zum Angebot von organischem Beschäftigungsmaterial und dem Tier-Fressplatz-Verhältnis umgesetzt werden. Der Gesetzgeber empfiehlt dafür Heu oder Stroh, lässt aber auch andere organische Materialien wie Naturseile, Jutesäcke und mit Einschränkungen auch Weichholz zu. Für alle Materialien gelten nach den Ausführungshinweisen Vorgaben, wie diese anzubringen und zu erneuern sind. Das sollte im Rahmen der Routine und des Stalldurchganges regelmäßiger als bisher geschehen. Trotzdem gilt es, nicht nur streng mit Blick auf die gesetzlichen Formulierungen zu handeln, denn jede Form der Beschäftigung kann etwas Gutes bewirken, ein Alibi sein oder sogar nachteilig wirken. Die möglichen Probleme mit den Vorgaben zum Tier- Fressplatz-Verhältnis entstehen hauptsächlich dadurch, dass die gesetzlichen Formulierungen zur Ad-libitum-Fütterung älter als die diskutierte Technik sind. Ziel ist, dass alle Schweine satt gefüttert werden, und die Lösung ist eine Frage der Einstellung von Mensch und Technik.
Der Ökoanbauverband Biopark feiert sein 30. Jubiläum. Der Verband ist still und leise gewachsen – vielleicht etwas zu leise? Denn klare Positionen mit kräftiger Stimme zu artikulieren, könnte in den kommenden Jahren wichtiger sein denn je.
Auf erfreuliche Anlässe treffen wir derzeit nicht sehr häufig. Ein Grund mehr, den 30. Geburtstag eines erfolgreichen Verbandes zu würdigen. Erst recht, wenn es sich mit Biopark um den ersten und einzigen Ökoanbauverband handelt, der nach der Wende im Osten aus der Taufe gehoben worden ist. Ja, dieser Anspruch der Gründer besteht zu Recht, denn der in Dresden beheimate Verein Gäa besteht bereits seit Mai 1989. Doch vom Formalen abgesehen – schließlich leisten beide sehr viel für ihre Mitglieder und für den Ökolandbau im Osten –, wuchs Biopark seit 1991 von Karow in Mecklenburg-Vorpommern aus nahezu still und leise zum drittgrößten Ökoanbauverband Deutschlands heran.
Da liegt der Hase auch schon im Pfeffer. Nahezu still und leise – das ist hier im Osten zwar nicht ganz untypisch und meistens auch irgendwie sympathisch. Aber es ist nicht unbedingt das, was von einer Interessenvertretung erwartet werden muss. Dass man sich damit bislang vielleicht auch ein wenig unter Wert verkauft hat, räumt die Biopark-Spitze im Gespräch mit uns unumwunden ein. Ein solches Jubiläum für einen durchaus selbstkritischen Rückblick zu nutzen, gehört nicht unbedingt zum Standardprogramm bäuerlicher Bündnisse.
Klare Positionen mit kräftiger Stimme zu artikulieren, könnte in den kommenden Jahren wichtiger sein denn je. Zwar proklamiert die Politik derzeit auf fast allen Ebenen mehr Ökolandbau als Ziel. Damit der Zug auch ankommt, müssen jedoch die Weichen richtig gestellt werden. Beispiel gemeinsame EU-Agrarpolitik: Der Plan, den Anteil des Ökolandbaus auf 25 % auszuweiten, verheißt der Branche eine große Zukunft – wie sie dort hingelangen kann, bleibt nebulös. Wirtschaften Ökobetriebe in Bundesländern, die sich ein Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) leisten, gehören sie nach den jetzigen Plänen für die neuen Eco-Schemes zu den klaren Verlierern. Leistungen, die sie jetzt freiwillig liefern und zusätzlich vergütet bekommen, sind fortan verpflichtend. Passende Alternativen sehen die Vorgaben aus Brüssel nicht vor.
Der Ökoanbauverband Biopark begeht in diesen Tagen seinen 30. Geburtstag. Wir sprachen mit dem Vorsitzenden Jens Rasim. mehr
Beispiel Milch: Für konventionelle Milcherzeuger ist es meistens attraktiver, ganz aus der Produktion aus- als auf Bio umzusteigen. Während die Umstellung von Flächen gefördert wird, gibt es für Kühe in dieser kapitalzehrenden Phase keinerlei Zuschuss. In der Folge fehlt es auf den eigentlich besonders auf Kreisläufe setzenden Ökobetrieben im Osten auffallend häufig an Vieh und mancher Biomolkerei an Milch.
Verbände und Interessenvertreter der Ökobranche haben also trotz der verheißungsvollen Signale viel Arbeit vor der Brust. Ein 25-%-Markt wird ein ganz anderer sein als der von heute. Das Preisniveau wird fallen, Betriebswirtschaft eine größere Rolle spielen. Die Zeit, sich auf Kosten konventioneller Berufskollegen zu profilieren, sollte längst vorbei sein. Preisdruck des Handels und Klimafolgen machen keine Unterschiede. Dass Biopark assoziiertes Mitglied von drei ostdeutschen Landesbauernverbänden ist, zeigt den Willen, gemeinsame Interessen, wo es möglich ist, auch gemeinsam zu vertreten. Generell ist zu wünschen, dass die in der Vergangenheit aufgebauten gegenseitigen Animositäten bald wieder verschwinden. Schließlich gab es solche ideologischen Vorbehalte vor 30 Jahren auch nicht. Damals hatte man echt andere Sorgen.
Die Klauenpflege und Behandlung von Erkrankungen am Bewegungsapparat beim Milchvieh waren Schwerpunkt auf einem Klauenseminar der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie. Ein ‚Lahmheitsscore‘ kann bei der Beurteilung einer nötigen Behandlung für bessere Klauengesundheit hilfreich sein.
Von Fritz Fleege
An zwei Tagen trafen sich im Rahmen des Netzwerkes Fokus Tierwohl Mitte Mai Milchviehhalter, Herdenmanager sowie Tierärzte zum Seminar zur Klauengesundheit. Der theoretische Teil fand an der Brandenburgischen Landwirtschaftsakademie (BLAk) am Seddiner See und der Praxistag in der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT) in Groß Kreutz statt.
Eine Einführung zur überregionalen Veranstaltung gab Natalie Wagner, die Tierwohlmultiplikatorin Brandenburgs. Eine wichtige Säule im Netzwerk Fokus Tierwohl sind die Impulsbetriebe Tierwohl, die durch innovative und nachhaltige Konzepte als Vorreiter des Berufsstandes agieren, wozu auch das LVAT in Groß Kreutz zählt. Entstanden ist die Initiative im Rahmen der Nutztierstrategie des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Förderfähig sind Veranstaltungen zu den Tierarten Rind, Schwein und Geflügel. Es gibt 17 Projektpartner, darunter der Verband der Landwirtschaftskammern und -ämter der Bundesländer, das Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL) und die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). Es gibt drei Geschäftsstellen, so die Tierwohlkompetenzzentren Schwein (LWK NRW), Geflügel (LWK NI) und Rind (LLH Hessen).
Bundesweit beteiligen sich am Netzwerk etwa 125 Impulsbetriebe. Bis zu 50 Betriebe je Tierart Rind, Schwein und Geflügel tauschen ihre Erfahrungen und neuen Erkenntnissen aus. Ziele sind die Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe durch Koordination und Erfahrungsaustausch, Vernetzung innerhalb der Branche, Öffentlichkeitsarbeit, Ausbreitung, Bündelung, Vermittlung und Austausch von fachspezifischem Wissen. Die Veranstaltungen sind an Tierhalter und Beschäftigte in der Tierhaltung sowie an niedergelassene Tierärzte und Berater gerichtet.
Leiterin des Tierschutzberatungsdienstes in Brandenburg ist Dr. Claudia Possardt. Sie stellte zunächst den Tierschutzplan vor, der als Antwort des Landtages auf die Volksinitiative gegen Massentierhaltung hervorging. Ziele sind die Verbesserung des Tierschutzes über gesetzliche Standards hinaus. Die Themen will man durch Wissenstransfer, Eigenkontrolle mithilfe von Tierschutzindikatoren und Problemlösung durch Beratung, Analyse und Initiierung von angewandten Forschungsprojekten in den Betrieben diskutieren. Dazu werden Fortbildungen, Netzwerktreffen und Seminare organisiert. Ein aktuelles Projekt ist die Optimierung der Klauengesundheit beim Milchrind. Im Expertenbeirat dieser Initiative ist Prof. Dr. Alexander Starke, Direktor der Klinik für Klauentiere der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig.
Mittelpunkt des Seminars Netzwerk Fokus Tierwohl waren die Vorträge von Prof. Starke. Gleich zu Beginn ging er auf die Klauen- und Gliedmaßengesundheit ein. Dabei machte er auf die Zusammenhänge von Tiergesundheitsmanagement, Leistung, Kosten für Tierarzneimittel und Tierarzt sowie auf den Gewinn aufmerksam. Als besonders wichtig erachtete er dabei prophylaktische Maßnahmen. Natürlich würden sich Tierärzte bei kranken Tieren mit der Diagnose und der Prognose befassen, aber der große Schwerpunkt ist auf Pathogenese und Prophylaxe gerichtet. Es sollte also vor allem darum gehen: Wie halte ich Tiere gesund? Welche Indikatoren zeigen mir das Risiko einer Erkrankung? Woran erkennt man kranke Tiere, und wie lässt sich das Gesundheitsmanagement auf Bestandsebene realisieren?
Heute verfügen die meisten Betriebe in Ostdeutschland über große Liegeboxenlaufställe mit Gülleentmistung. Dort werden wertvolle Kühe mit hohen Leistungen gehalten. Leider weisen auch dort viele Tiere Erkrankungen an den Klauen auf. Ursache dafür sind überwiegend tierspezifische und haltungsassoziierte Faktoren, zum Beispiel die Bodengestaltung. So ist die Innenklaue kleiner und instabiler als die Außenklaue und die Ballen sind flach. Auf den planbefestigten und Spaltenböden sind die Klauen der Kühe einer höheren Druckbelastung ausgesetzt. Das ist auf der Weide nicht so, wo die Klaue einsinken kann.
Und dann kommt noch etwas anderes hinzu, meint Prof. Starke. Durch die fokussierte Zucht auf hohe Milchleistung in den letzten Jahren ist oftmals unterschätzt worden, dass die Kühe auch laufen müssen. Aber auch die Fütterung hat sich verändert. So ist es bei Kühen mit sehr hoher Leistung schwierig, die Balance zwischen wiederkäuergerecht und bedarfsgerecht einzuhalten. Wichtig dabei ist eine maximale Futteraufnahme. Lahme, schlecht laufende Kühe fressen aber weniger. So kommt es zu reduzierter Futteraufnahme und damit negativer Energiebilanz. Dies ist dann verbunden mit Fettmobilisation, und infolgedessen kommt es zum Leistungsrückgang sowie reduzierter Fruchtbarkeit und Mastitisrisiko. So verlieren schlecht laufende Kühe an Körperkondition. Die Kühe brauchen aber eine fettgepolsterte Sohle.
Abhilfe soll nun auch der neue Zuchtwert „Tiergesundheit“ schaffen. Zur Minimierung von Lahmheiten tragen auch gut gestaltete und saubere Laufflächen und Liegeboxen, Gummiböden im Melkstand, regelmäßige professionelle Klauenpflege, richtige Klauenbäder und eventuell auch Weidegang und Auslauf bei. Deshalb riet der Klauenexperte aus Leipzig, sich auffällige Tiere anzusehen und entsprechende Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Dies ist vor allem Aufgabe des Herdenmanagements. Der Faktor Mensch wird also weiterhin die größte Her ausforderung für unsere Kühe bleiben.
Lahme Kühe findet nur, wer auch lahme Kühe sucht. Mit diesen Worten leitete Prof. Starke seinen abschließenden Vortrag ein. Das Thema lautete: Sanierungsstrategien für Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen – Zusammenarbeit zwischen Tierhalter, Klauenpfleger und Tierarzt. Klauenerkrankungen sind beim Milchvieh stark verbreitet. So sind etwa 45 % der Kühe in Deutschland lahm, was mit Krankheiten, Leistungsabfällen und steigenden Kosten verbunden ist. Solche Tiere sind unbedingt einer Behandlung zuzuführen. Lahmheitskontrollen sind also unentbehrlich.
Aber wer kann sie in großen Beständen machen? Meistens wird da auf den Treiber verwiesen, der die Kühe zum Melken abholt und danach wieder zurück in den Stall bringt. Bei einer Untersuchung stellte sich aber heraus: Der Treiber erkennt die wenigsten lahmen Kühe. Er muss nämlich die Kühe hochscheuchen, die Boxen reinigen und nebenbei die Wassertröge sauber machen und vielleicht noch beim Melken aushelfen. Außerdem sieht er meistens nur die letzten Tiere der Gruppe. In einem Betrieb mit 360 Kühen, wovon die Hälfte der Tiere lahm sind, kann er nur die wenigsten Kühe mit Problemen erkennen. Die Melker erkennen das dagegen schon eher im Melkstand an der Entlastungshaltung kranker Gliedmaßen. Sie können dies aber bei ihrer Arbeit nicht so schnell oder gar nicht notieren. Und der Herdenmanager hat in der Regel auch andere Aufgaben.
Deshalb empfiehlt es sich, eigens für diese Aufgabe eine versierte Person zu betrauen und wöchentlich einen Lahmheitsscore vorzunehmen. Den Leuten muss dafür die Zeit eingeräumt werden, dann können sie das auch. Um den Gesundheitsstatus einer Herde zu verbessern, sollte man strategisch vorgehen, aber wie? Bei Untersuchungen in der Schweiz wurden Kollegen befragt, ob sie eine Lokalanästhesie bei der Sanierung eines Sohlengeschwürs für sinnvoll halten. Etwa 80 % der Tierärzte und 50 % der Tierhalter und Klauenpfleger antworteten mit Ja. Schließlich bringt es Vorteile für das Wohlbefinden des Tieres und auch für die langfristige Abheilung. Und auch während des Eingriffes ist es ein angenehmeres Arbeiten. Allerdings bedeutet die Fixierung im Klauenstand Stress für die Tiere. Deshalb braucht man eine Trennung zwischen Routinepflege und Versorgung unkomplizierter Fälle sowie Kühen mit komplizierten Defekten.
Auch die Arbeit sollte erleichtert werden. So hat die Klinik für Klauentiere der Universität Leipzig für die tierärztliche Versorgung mit der Firma Rosensteiner einen tierärztlichen Behandlungsplatz entwickelt, der mobil zum Betrieb mitgenommen werden kann und woran sich alle Behandlungen vornehmen lassen. Bei einfachen Fällen sind die Tiere schon nach fünf Minuten aus dem Stand, bei komplizierten Eingriffen mit Diagnostik, Anästhesie und Operation vergeht dagegen mitunter eine ganze Stunde. In Betrieben, wo die Hälfte der Kühe lahmen, sind etwa 10 % komplizierte Defekte. Davon kann man je Tag nur acht bis zehn Tiere behandeln. Deshalb sollte man analysieren, wozu man den Stand nutzt, also ob man ihn überwiegend für die Routinepflege oder für die Behandlung komplizierter Defekte braucht. Man sollte aber auch die Qualifikation der Klauenpfleger kennen. Fachliches Können und Umgang mit den Tieren sind ganz entscheidend für eine gute Klauengesundheit der Rinder. Derzeit ist man dabei, einen Stand zu entwickeln, der sich der Größe der Tiere anpasst, damit bei der Behandlung weniger Folgeschäden entstehen.
Eine weitere Frage ist: Wo platziere ich den Behandlungsstand? Er sollte möglichst nicht am Melkstand und am Zentralgang positioniert sein. Wenn die Kühe nämlich dort den Stand sehen, führt das zu Stress. Deshalb hat man den Melkstand in der Milchviehanlage Großzschocher bei Leipzig gesondert in einem Nebenraum des Melkhauses untergebracht, wo alle Arbeiten des Klauenpflegers und Tierarztes ruhig ablaufen können. Ein- und Austrieb erfolgen automatisch gesteuert, sodass andere Tiere nichts davon mitbekommen. Für die Arbeiten in der Tierhaltung braucht man natürlich qualifizierte Arbeitskräfte und eine gute Kommunikation und Wertschätzung zwischen Landwirten, Klauenpflegern und Tierärzten. Das ist ein Hauptkriterium für Spitzenbetriebe. Zu einem erfolgreichen Gliedmaßenmanagement gehören Erkennen und Vorstellen sowie adäquate Pflege und Behandlung. Schließlich möchte man leistungsfähige Tierbestände und am Ende auch gesunde Lebensmittel haben. Daher geht es stets darum, den Wissens- und Erkenntnisstand zu erweitern.
Um Erfahrungen auszutauschen, besuchte der Interessenverband der Milcherzeuger in diesem Jahr in die Agrarprodukte Kitzen eG am Rande der Messestadt Leipzig. Hier entstanden ein Stall und ein neues Melkzentrum mit 17 Robotern. mehr
Zum Tiergesundheitsmanagement arbeitet die Klinik für Klauentiere der Universität Leipzig eng mit der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Iden (Sachsen-Anhalt) zusammen. So hat man zunächst eine Lahmheitsbeurteilung (Lahmheitsscore 1–6) vorgenommen.
Nach der gezielten Behandlung ging die Zahl der lahmen Kühe in Iden von Jahr zu Jahr zurück, auch der Grad der Erkrankungen hat sich reduziert. Es werden jetzt nahezu ausschließlich oberflächliche Klauenlederhautläsionen vorgestellt. Dadurch sind Leistung und Nutzungsdauer in diesem Spitzenbetrieb mit herkömmlichem Kuhstall noch weiter gestiegen. So liegt die 305-Tages-Laktation bei 11.945 kg Milch und die Lebensleistung der abgegangenen Kühe bei 65.705 kg Milch. Die durchschnittliche Nutzungsdauer stieg auf 5,3 Jahre. Die Abgangsgründe wegen Mängel in der Bewegung sind auf 1 % gesunken. Die Investitionen in das Wohlbefinden der Tiere haben sich mehr als ausgezahlt und wesentlich zum Betriebserfolg beigetragen.
Das Fazit von Prof. Starke: Lahme Kühe führen zu Verlusten und kosten Geld. Lahmheit – unabhängig vom Grad – ist Ausdruck von Schmerz. Eine hohe Anzahl lahmer Kühe ist daher ökonomisch unsinnig und aus Gründen des Tierschutzes nicht akzeptabel. Investitionen in das Wohlbefinden der Tiere sind damit auch immer Investitionen in den Betriebserfolg.
Treten Fusarien in Winterweizen auf, bilden sie Mykotoxine. Dass der Mykotoxin-Grenzwert in diesem Jahr unterschritten bleibt, ist nicht sicher, wie das Vorerntemonitoring der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt ergab.
Von Christian Wolff, Dezernat Pflanzenschutz, Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt
Eine Überschreitung des Grenzwertes für das durch Fusarium-Pilze gebildete Mykotoxin Deoxynivalenol (DON) im Winterweizen ist in diesem Jahr in Einzelfällen nicht auszuschließen. Das ist das kurz zusammengefasste Ergebnis des Mykotoxin-Vorerntemonitorings für die Winterweizenernte des Jahres 2021 in Sachsen-Anhalt. Der amtliche Pflanzenschutzdienst und der Bauernverband Sachsen-Anhalt hatten in bewährter Zusammenarbeit hierfür kurz vor dem Erntestart Ährenproben von Winterweizenflächen zur Untersuchung gezogen.
Insgesamt 71 Proben aus allen Regionen des Landes wurden in der vergangenen Woche mittels Elisa-Test im Labor der Phytopathologischen Diagnostik der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) in Bernburg-Strenzfeld untersucht. Einbezogen wurden ausschließlich Proben von praxisüblich mit Fungiziden behandelten Schlägen. Durch die Berücksichtigung sowohl von Risikoschlägen als auch von Gesundlagen ist auf der Grundlage der vorliegenden Ergebnisse eine Einschätzung der DON-Belastung der Weizenernte 2021 tendenziell möglich.
Ergebnisse des Monitorings 2021
Die Ergebnisse im Rahmen des Monitorings 2021 im Winterweizen ergaben an acht der insgesamt 71 untersuchten Proben DON-Gehalte an bzw. oberhalb der Nachweisgrenze des Labortests (>/= 0,222 mg/kg DON). Die nachweisbaren DON-Gehalte lagen dabei zwischen 0,24 bis 2,71 mg/kg. Der aktuelle EU-Grenzwert in unverarbeitetem Getreide (Lebensmittel) von 1,25 mg/kg DON wurde nur bei einer Probe, hier jedoch mit 2,71 mg/kg deutlich überschritten (Sorte Depot, Vorfrucht Mais, pfluglos). Auf allen weiteren untersuchten Schlägen wurde die Nachweisgrenze nicht erreicht bzw. überschritten. Damit liegt die Belastung der untersuchten Proben insgesamt auf einem etwas höheren Niveau als in den vergangenen Jahren. Zumindest in Einzelfällen muss mit einer Überschreitung des aktuellen EU-Grenzwertes gerechnet werden.
Das Ausgangsinokulum für Fusariuminfektionen auf Mais- und Getreidestoppelresten war auf vielen Schlägen aufgrund engerer Fruchtfolgen wiederum grundsätzlich vorhanden. Die an den Stoppelresten vorhandenen Dauerkörper des Fusarium-Pilzes (Perithecien) konnten sich aufgrund der in weiten Teilen des Landes vorhandenen Feuchtigkeit in den Beständen im Mai meist gut entwickeln. Der Zeitpunkt der Weizenblüte variierte in diesem Jahr wieder stärker als im Vorjahr. Die für die Infektion der Ähren notwendigen Niederschläge während der Blüte traten regional auf, sodass mit einem zumindest hier vorhandenen erhöhten Risiko gerechnet wurde. Bestätigt wurde diese Einschätzung durch Beobachtungen auf Praxisschlägen während der Milchreife, bei denen einzelne mit Fusarium befallene Ähren festgestellt wurden. Die DON-Belastung der diesjährigen Weizenernte in Sachsen-Anhalt dürfte nach diesen Ergebnissen in der überwiegenden Zahl der Fälle kein Problem darstellen.
Ein höherer Anteil von Flächen als in den vergangenen Jahren weist nachweisbare DON-Gehalte auf. Zumindest in Einzelfällen muss mit einer Überschreitung des aktuellen EU-Grenzwertes für DON gerechnet werden. Bedeutsam für die Belastung zum Zeitpunkt der Druschreife ist u. a. der weitere Witterungsverlauf. So kann ein aufgrund feucht-kühler Witterung verspäteter Erntetermin den Mykotoxingehalt erhöhen.
Aufgrund der zu erwartenden Witterung und mit Blick auf die bereits begonnene Winterweizenernte wird damit in diesem Jahr aber nicht mehr gerechnet. Sollten im Einzelfall eigene Beobachtungen schlagspezifisch einen höheren Fusariumbefall erwarten lassen (mit Fusarium befallene Ähren etc.), empfehlen wir, die technischen Möglichkeiten der Mähdreschereinstellung zu nutzen, um die mit Fusariumpilzen befallenen Körner (Kümmerkorn) bereits während der Ernte zu selektieren und so die Erntepartie zu entlasten. In Verdachtsfällen ist eine Beprobung der Erntepartie und die Durchführung einer DON-Analyse sinnvoll.
Die 2021er-Ergebnisse bestätigen erneut einen seit Jahren anhaltenden positiven Trend. Obwohl die Witterungsbedingungen regional günstig für Fusarium-Infektionen waren und einige Proben auch von Hochrisiko-Standorten stammten, kam es bei 71 untersuchten Proben nur in einem Fall zur Überschreitung des EU-Grenzwertes für DON im Getreide. Die Hauptursachen hierfür sind in verbesserter Feldhygiene (Fruchtfolge in Kombination mit geeigneter Stoppel- bzw. Bodenbearbeitung), der Wahl weniger anfälliger Sorten und gezieltem, termingerechtem und risikobasiertem Einsatz wirksamer Fungizide während der Infektionsphase zu suchen. Landwirte sollten auch zukünftig die vorhandenen vorbeugenden Maßnahmen konsequent nutzen.
Für den erneut reibungslosen Ablauf des Monitorings gilt ein besonderer Dank allen am Monitoring aktiv beteiligten Landwirten, Beratern, Landhändlern, Mitarbeitenden des Bauernverbandes, der Sachgebiete Pflanzenschutz der Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten sowie des Dezernats 41 der LLG. Teilnehmende Betriebe werden über die Ergebnisse ihrer Proben durch den Bauernverband bzw. die Sachgebiete Pflanzenschutz der Ämter informiert. Der Pflanzenschutzdienst wird nach Abschluss der Getreideernte Ernteproben auf ihren DON-Gehalt untersuchen und über die Ergebnisse berichten.
Im Projekt »30 Jahre Deutsche Einheit: Deine Geschichte – Unsere Zukunft« erzählen Menschen über das Leben in Ostdeutschland vor und nach der Wiedervereinigung – in Erzählsalons und als Podcast. Eine Folge beschäftigt sich mit Geschichten aus der Landwirtschaft.
Menschen und ihre Erinnerungen zusammenbringen, trotz Corona: das gelang der Reihe »30 Jahre Deutsche Einheit: Deine Geschichte – Unsere Zukunft«, die von Juni 2020 bis Ende April 2021 in zwei Staffeln 40 Digitale Erzählsalons auf die Bildschirme brachte. Rund 250 Frauen und Männer, die entweder aus den neuen Bundesländern stammen, hier seit vielen Jahren leben oder biografische Verbindungen in den Osten haben, waren per Videokonferenz miteinander verbunden. Die von einer Salonniére moderierten Runden wurden live via YouTube ausgestrahlt und sind dort seither abrufbar. Ihre Geschichten handeln von den Umbruchsjahren nach 1990, nicht selten verbunden mit einem vergleichenden Blick zurück in die DDR – aber auch nach vorne.
Den Podcast zum Thema Landwirtschaft gibt es hier
Aus der vom Berliner Unternehmen Rohnstock Biografien konzipierten und organisierten Reihe, gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Länder, entstand bereits ein E-Book, ein zweites folgt im August. Zudem erscheinen nun die 134 Erzählungen der zweiten Staffel als Podcast, der unter dem Titel »So noch nie gehört. Geschichten aus Ostdeutschland« überall erhältlich ist, wo es Podcasts gibt. Die bis Herbst einmal wöchentlich, jeden Donnerstag, ausgestrahlten Folgen, können auch über die Projekt-Seite unter www.deine-geschichte-unsere-zukunft.de/podcasts erreicht werden, wo zudem alle Video-Streams und die Publikationen kostenlos abrufbar sind.
Die Geschichten werden hintereinander erzählt, ohne Unterbrechungen und Kommentierungen. Die Länge der Einzelfolgen variiert, je nach Erzählzeit, zwischen 60 und 120 Minuten. Weitere überregionale Themen sind »Familie«, »Demokratie«, »Wohnen«, »Sport«, »Landwirtschaft«, »Natur/Umweltschutz«, »Reisen« und »Politik«. In zehn Erzählsalons erzählen Menschen aus verschiedenen Regionen Ostdeutschlands, je zwei in jedem neuen Bundesland, wie sie die Einheit und ihre Nachwirkungen in ihrer Heimat erlebten und erleben – von der Kulturlandschaft Eichsfeld bis zum Zittauer Gebirge, vom Landkreis Vorpommern-Greifswald bis zur Naturlandschaft Dübener Heide.
Podcast-Veröffentlichung | Thema |
03.06.2021 | Frauen |
10.06.2021 | Familie |
17.06.2021 | Arbeit |
24.06.2021 | Demokratie |
01.07.2021 | Wohnen |
29.07.2021 | Landwirtschaft |
12.08.2021 | Sport |
09.09.2021 | Reisen |
23.09.2021 | Natur und Umweltschutz |
14.10.2021 | Politik |
Podcast-Veröffentlichung | Thema |
08.07.2021 | Die Dübener Heide |
15.07.2021 | Das Thür. Schiefergebirge |
22.07.2021 | Landkreis Rostock |
05.08.2021 | Das Zittauer Gebirge |
19.08.2021 | Landkreis Anhalt-Bitterfeld |
26.08.2021 | Landkreis Vorpommern-Greifswald |
02.09.2021 | Landkreis Uckermark |
16.09.2021 | Landkreis Teltow-Fläming |
30.09.2021 | Das Eichsfeld |
07.10.2021 | Landkreis Nordsachsen |
»Alle Erzählungen zusammen ergeben eine neue Geschichte Ostdeutschlands, die aufhorchen lässt«, sagt Projekt-Initiatorin Katrin Rohnstock. »Denn in dieser Form wurde diese Geschichte noch nie gehört, weil es in den 30 Jahren nach der Wiedervereinigung keinen öffentlichen Raum dafür gab.« Durch die »sehr heterogenen Erzählungen, die in den aktuellen Erzählsalons hierarchielos nebeneinanderstehen«, begreife der Zuhörer die Ostdeutschen besser – »und diese sich selbst«, erläutert die 60-jährige Herausgeberin und Autobiografikerin. »Aus den Erfahrungsgeschichten
sprechen die massenhaften Anstrengungen, die die Ossis unternahmen, um sich in die neue Gesellschaft einzubringen, um die Einheit mitzugestalten und natürlich: um den Anschluss nicht zu verlieren«, so Rohnstock. Hier hineinzuhören lohne sich – »auch für Westdeutsche«. Die gebürtige Jenenserin, die mit ihrer Firma Rohnstock Biografien seit mehr als 20 Jahren Lebensgeschichten aufschreibt und Erzählsalons in thematisch vielfältigen Zusammenhängen organisiert, hat mit ihrem Team inzwischen ein großes Netzwerk unterschiedlichster Menschen aus diversen Milieus aufgebaut. red
Mit der Lysimeteranlage Buttelstedt wurde der Wasserverbrauch des Bodens bei verschiedenen Varianten der Stoppelbearbeitung und -bedeckung mit Stroh ermittelt.
Von Dr. Steffi Knoblauch, Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum
Nach der Ernte von Winterraps und Getreide ab Mitte Juli und Anfang August herrscht in der Regel ein hoher Verdunstungsanspruch der Atmosphäre vor. Niederschläge, die in dieser Zeit fallen und den Bodenwasserspeicher füllen, können zu einem hohen Anteil durch Verdunstung wieder verloren gehen. Das Keimen und die pflanzliche Entwicklung der Neuansaaten (Winterraps, Wintergetreide, Zwischenfrüchte) kann dadurch empfindlich gestört werden.
Unsere Top-Themen
• Familienhof Repente
• Sortenversuche Sommerhafer
• Vergleich Futtermischwagen
• Märkte und Preise
Die Bewirtschaftung der Lysimeter erfolgt ackerbaulich mit einer für das Thüringer Becken typischen Fruchtfolge (Winterraps, Winterweizen, Silomais, Sommergerste). Im Jahr 2010 wurde ein flacher Stoppelsturz mit Stroh verglichen mit einer Strohdecke auf einem unbearbeiteten Boden.
Im Jahr 2015 erfolgte der Vergleich zwischen einem flachen Stoppelsturz mit Stroh und einem von Stroh beräumten baren Boden. In den Jahren 2016 und 2018 kamen eine flache und eine tiefe Stoppelbearbeitung mit Stroh zur Prüfung. Für die Bearbeitung des Bodens dienten Hacke oder Spaten, bei flacher Bearbeitung bis in 6 cm Tiefe und bei tiefer Bearbeitung bis in 14 cm Tiefe. Die Strohhäcksel wurden zuvor leicht angedrückt, der Boden einmal bearbeitet, das Stroh mit dem Boden vermischt und in etwa eine Boden- Aggregierung wie unter Feldbedingungen hergestellt.
Im Anschluss erfolgte einer nachlaufenden Walze entsprechend ein leichtes Andrücken mit einem Harken. Eine mit Strohhäcksel bedeckte Bodenoberfläche verdunstete im Vergleich zu einem flachen Stoppelsturz eines zuvor mit Strohhäcksel bedeckten Bodens 0,5 mm/d weniger im Mittel der folgenden acht Tage (Tab. 1). Der Unterschied war signifikant.
In einer sich daran anschließenden Periode, in der der mit Strohhäcksel bedeckte Boden ebenfalls einem flachen Stoppelsturz unterzogen wurde, glichen sich die Verdunstungswerte der beiden Varianten an und bestätigten die signifikante Minderung der Verdunstung durch eine Strohdecke im Vergleich zu einem flachen Stoppelsturz. Das Niederschlagsaufkommen während des Untersuchungszeitraumes war mit 4,7 mm/d überdurchschnittlich. Der Normalwert der Monate Juli und August liegt bei 2,1 mm/d.
Der nach der Ernte ohne Strohbedeckung und ohne Bearbeitung zurückgebliebene Boden verbrauchte im Vergleich zu einem mit Strohhäcksel bedeckten und flach bearbeiteten Boden 0,4 mm/d mehr Wasser über einen Zeitraum von sechs Tagen (Tab. 2). Der Unterschied war signifikant. Nachdem der Boden mit Strohhäcksel bedeckt und ebenfalls einem flachen Stoppelsturz unterzogen wurde, glichen sich die Verdunstungswerte wieder an. Während der Periode mit differenzierter Bewirtschaftung regnete es kaum und wurde durch einen flachen Stoppelsturz mit Stroh der Bodenwasservorrat im Vergleich zu einem unbedeckten Boden geschont.
In beiden Jahren traten die höchsten Werte der Verdunstung (2 bis 2,4 mm/d) innerhalb von drei bis vier Tagen nach der Ernte auf, in denen der Boden versuchsbedingt (Abfuhr der Ganzpflanze zur Ertragserfassung) keine Strohbedeckung hatte und nicht bearbeitet worden war. Daran zeigt sich, dass die obere Bodenzone kurz vor der Ernte häufig einen gewissen Wasservorrat aufweist. Das liegt daran, dass ein in Abreife befindlicher Getreidebestand ab etwa 14 Tage vor der Ernte nicht mehr viel verdunstet (0,5–2 mm/d) und Niederschläge, die in diesem Zeitraum fallen, beginnen, den Bodenwasservorrat anzufüllen. Eine darauf abgelegte Strohdecke kann dieses Wasserangebot am besten schützen.
Bei einem Stoppelsturz mit einer Bearbeitungstiefe von 14 cm lag die Verdunstung in den folgenden vier Tagen in beiden Versuchsjahren um etwa 0,3 mm/d höher als bei einem 6 cm tiefen Stoppelsturz (Tab. 3).
In beiden Jahren gab es in diesen ersten vier Tagen kaum Niederschlag und wurde der zu Beginn vorhandene Bodenwasservorrat für die Verdunstung in Anspruch genommen. In den darauffolgenden 13 bzw. 9 Tagen regnete es im Jahr 2016 4 mm/d, im Jahr 2018 waren es 2,8 mm/d.
Im Mittel dieses niederschlagsreichen Abschnittes lag die Verdunstung bei tiefer Stoppelbearbeitung in beiden Jahren um 0,5 mm/d höher als bei flacher Bearbeitung. Daran schloss sich in den folgenden zehn Tagen in beiden Jahren eine sehr trockene Periode an. Zwischen flacher und tiefer Bearbeitung war kein Unterschied mehr erkennbar.
Im Untersuchungszeitraum vom 22. Juli bis 17. August 2016 regnete es insgesamt 58 mm. Davon wurden bei flacher Stoppelbearbeitung 39 mm und bei tiefer Stoppelbearbeitung 48 mm für die Verdunstung verbraucht. Somit blieben bei flacher Stoppelbearbeitung 9 mm mehr Wasser im Bodenwasserspeicher zurück. Im Versuchsjahr 2018 unterschied sich die Verdunstung zwischen flacher und tiefer Stoppelbearbeitung bei einem geringeren Niederschlagsangebot um 7 mm.
Auffällig war, dass in beiden Jahren in den ersten vier Tagen nach der tiefen Stoppelbearbeitung die Verdunstung beim tonreicheren Verwitterungsboden deutlich höher ausfiel als beim Löss. Einer Ansprache des Bodengefüges im Jahr 2018 zufolge wies dieser Boden bei tiefer Stoppelbearbeitung ein mittleres bis grobes Bröckelgefüge (60 % der Bröckel 5 bis 30 mm) auf, während beim Lössboden ein feines Bröckelgefüge (70 % der Bröckel <5 mm) zu verzeichnen war. Insgesamt fiel der Unterschied zwischen flacher und tiefer Stoppelbearbeitung beim Lössboden weniger stark aus als beim Verwitterungsboden.
Die Verdunstung des Bodens wird maßgeblich beeinflusst durch die Einstrahlungsenergie und die Albedo der Bodenoberfläche. Die Albedo definiert das Rückstrahlvermögen von diffus reflektierenden, also nicht selbst leuchtenden Oberflächen von 0 bis 1 bzw. 0 bis 100 %. Sie entscheidet darüber, wie viel von der eingestrahlten Energie an die Atmosphäre zurückgestrahlt wird.
Je höher die Albedo, desto weniger steht für die Umsetzung der Energie in Verdunstung zur Verfügung. Bei einer geschlossenen Strohdecke ist die Albedo höher als bei einer durch flachen Stoppelsturz erzeugten Mischschicht aus Boden und Stroh, die im Versuchsjahr 2010 einen Strohbedeckungsgrad von etwa 50 % aufwies. Durch eine vollständig mit Stroh bedeckte Bodenoberfläche wird somit der Anteil der für die Verdampfung des Bodenwassers wirksamen Energieeinstrahlung stärker vermindert als bei einem Gemisch aus Stroh und Boden.
Der Standort und die Lysimeter
Der Versuchsstandort befindet sich am südöstlichen Rand des Thüringer Beckens, einem Teil des mitteldeutschen Trockengebietes. Der vieljährige Jahresniederschlag beträgt 535 mm, das vieljährige Temperaturmittel 9,0 °C (1981 bis 2010).
Bei den Versuchsböden handelt es sich um zwei für das Thüringer Becken typische Böden, eine tiefgründige Braunerde-Schwarzerde aus Löss und eine Pararendzina aus unterem Keuper. Der Lössboden ist im Hinblick auf die Bodenart einem schluffigen Lehm (27 % Ton) zuzuordnen, der Verwitterungsboden aus Keuper einem stark tonigen Lehm (39 % Ton).
Lysimeter sind mit Boden befüllte Behälter mit einer am unteren Ende befindlichen Vorrichtung zur Gewinnung des Sickerwassers. Mittels Wägeeinrichtungen dienen sie der Bestimmung der Verdunstung und des Niederschlages. Die Lysimeteranlage Buttelstedt besteht aus 16 wägbaren Feldlysimetern. Die Lysimeter sind monolithisch befüllt, weisen eine Oberfläche von 2 m2 und eine Tiefe von 2 bzw. 2,5 m auf.
Die Verdunstung des Bodens wird des Weiteren bestimmt vom Sättigungsdefizit der oberflächennahen Luft, dem Potenzialgradienten zum oberflächennahen Bodenwasser, der ungesättigten Wasserleitfähigkeit des Bodens und der Windgeschwindigkeit. Durch eine Strohdecke wird der sich in der bodennahen Luftschicht ansammelnde Wasserdampf vor dem Abtransport durch den Wind länger geschützt, wodurch der den Wasserdampffluss antreibende Gradient zum oberflächennahen Bodenwasser länger geringer gehalten wird.
Die bei einem flachen Stoppelsturz erzeugte dickere und mit Bodenteilchen vermischte Schicht kann mehr Niederschlagswasser speichern als die Strohdecke. Gleichzeitig begünstigen die durch Lockerung hergestellten Hohlräume Luftturbulenzen, die den aus den Bodenaggregaten austretenden Wasserdampf schneller zur Atmosphäre abtransportieren. Das bedeutet, der vergrößerte Bodenwasserspeicher der Stroh-Boden-Schicht wird auch schnell wieder entleert bei entsprechenden Bedingungen der Einstrahlung.
Begünstigt wird dieser Prozess durch eine verminderte Wärmeleitfähigkeit der gelockerten Schicht. Hohe Temperaturen werden weniger in den Unterboden übertragen, verbleiben in der gelockerten Schicht und erhöhen die Verdunstung.
Der höhere Wasserverbrauch eines nach der Ernte baren, unbearbeiteten Bodens im Vergleich zum flachen Stoppelsturz mit Stroh kann einerseits mit der geringeren Albedo und der dadurch höheren Einstrahlungsenergie, andererseits mit dem schnelleren Abtransport des aus dem Boden austretenden Wasserdampfes durch den Wind erklärt werden.
Zwischen flacher und tiefer Stoppelbearbeitung eines mit Stroh bedeckten Bodens zeigte sich in den Versuchsjahren 2016 und 2018 unter dem Einfluss niederschlagsnormaler und trockener Witterung ein signifikanter Unterschied. Tiefere Bearbeitung führte in den folgenden 13 bzw. 17 Tagen zu einer um 0,4 mm/d höheren Verdunstung. Eine Ursache dafür ist der bei tieferer Bearbeitung geringere Bedeckungsgrad mit Stroh und dem daraus folgenden höheren Input an Einstrahlungsenergie.
In den ersten vier Tagen war das Niederschlagsaufkommen sehr gering und resultierte der Wasserverbrauch vor allem aus dem zuvor vorhandenen Bodenwasservorrat. Der Unterschied zwischen flacher und tiefer Bearbeitung war in diesen Tagen beim lehmig-tonigen Verwitterungsboden deutlich stärker ausgeprägt als beim lehmig-schluffigen Lössboden. Der Verwitterungsboden wies nach der Bearbeitung ein mittleres bis grobes Bröckelgefüge auf, während beim Lössboden ein feinbröckeliges Gefüge zu verzeichnen war. Das beim Verwitterungsboden gröbere Gefüge hatte offenbar stärker als beim Lössboden Luftturbulenzen begünstigt, wodurch es zu einer höheren Verdunstung kam.
Ein weiterer Aspekt für die Verdunstungsunterschiede zwischen flacher und tiefer Bearbeitung ist auch hier die geringere Wärmeleitfähigkeit einer gelockerten Schicht, wodurch die Temperatur in dieser Schicht stärker ansteigt. Bei tieferer Bearbeitung wird dadurch ein größerer Bodenwasserspeicher einer höheren Temperatur ausgesetzt und die Verdunstung dadurch begünstigt.
Eine Strohdecke mindert nach der Ernte der Kulturen den Wasserverlust aus dem Boden am stärksten. Eine Stoppelbearbeitung, die aus ackerbaulicher Sicht eine wichtige Maßnahme darstellt (Begünstigung des Aufwuchses von Ausfallgetreide, Ingangsetzen der Strohrotte, Zurückdrängen von Schaderregern durch Begünstigen des mikrobiellen Umsatzes im Boden, mechanische Bekämpfung von auflaufendem Getreide oder Raps), sollte zur Vermeidung hoher Verdunstungsverluste so flach wie möglich ausgeführt werden.
Bei Trockenheit kann es zur Vermeidung hoher Verdunstungsverluste günstig sein, die tiefere Bodenbearbeitung in eine strahlungsärmere Periode hinauszuzögern. Das dabei hergestellte Gefüge sollte nicht zu grob sein, um den Abtransport des Wassers durch Luftturbulenzen nicht zu begünstigen. Die nach oben abschließende Schicht sollte deshalb feinkrümelig ausgeführt werden. Entscheidend ist aber, die Tiefe der Bearbeitung zu begrenzen.
Die Afrikanische Schweinepest wurde bei weiteren Wildschweinen nachgewiesen. Erstmals ist auch der Landkreis Barnim im Nordosten von Brandenburg betroffen. Der Fundort liegt nur wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt. Die ASP-Schutzzone wird deshalb erneut angepasst.
In Brandenburg gibt es weitere bestätigte Fälle der Afrikanischer Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen. Erstmals ist auch der Landkreis Barnim im Nordosten des Bundeslandes – neben weiteren ASP-Nachweisen bei Wildschweinen in den Landkreisen Oder-Spree, Spree-Neiße und Frankfurt/Oder – betroffen. Das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) hat die ASP-Fälle heute bestätigt. Der Fundort des positiv auf ASP beprobten Wildschweins in Brandenburg liegt nur wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt, teilt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit. Das Land Brandenburg wird daher im Fall Barnim die bestehende Schutzzone und Schutzmaßnahmen entsprechend anpassen, um eine Weiterverbreitung der Tierseuche ASP zu verhindern.
Die drei Frischlinge und eine Überläuferbache wurden am Sonntag (25. Juli) südlich der Ortschaft Lüdersdorf im östlichen Teil des Landkreises Barnim erlegt bzw. gefunden, teilt der Landkreis Barnim am heutigen Mittwoch mit. Das Fundgebiet galt aufgrund der Nähe zu positiv bestätigten Fallwild-Funden auf polnischer Seite bereits als potenzielles ASP-Risikogebiet. Die Tiere wurden umgehend beprobt. Am gestrigen Dienstagabend bestätigte das Landeslabor Berlin-Brandenburg den Verdacht. Am Mittwoch folgte schließlich der positive Befund durch das FLI.
In der Kreisverwaltung Barnim kam am Mittwoch der Tierseuchenkrisenstab des Landkreises Barnim zusammen. Erste Maßnahmen wurden umgehend eingeleitet. In einem ersten Schritt finden ab Donnerstag intensive Fallwildsuchen am Fundort sowie im umliegenden Kerngebiet statt. Im Begegnungszentrum Lunow-Stolzenhagen, unweit des Fundortes, wird zudem ein Bekämpfungszentrum eingerichtet, von wo aus sämtliche Vor-Ort-Maßnahmen koordiniert werden.
Für den Tierseuchenkrisenstab des Landkreises sei der ASP-Fund nicht unerwartet gekommen. Bereits im Mai hatten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung gemeinsam mit ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern im Begegnungszentrum Lunow-Stolzenhagen zusammengefunden, um im Rahmen einer Echtfallsimulation den Aufbau einer Einsatzzentrale vor Ort sowie die Durchführung von Absuchen mit Drohnen und Hundegespannen zu üben.
„Wir hatten das große Glück, uns auf den Ernstfall vorbereiten zu können“, erklärt Holger Lampe, Leiter des Tierseuchenkrisenstabes. „Damit haben wir uns Sicherheit im Vorgehen verschaffen können“, ergänzt Dr. Volker Mielke, Amtstierarzt im Landkreis Barnim und stellvertretender Leiter des Tierseuchenkrisenstabs. „Wir sehen uns gut vorbereitet, insbesondere was das so wichtige Zusammenspiel mit den vielen Helferinnen und Helfern betrifft, die uns in der kommenden Zeit unterstützen werden. Ihnen gilt bereits jetzt unser ausdrücklicher Dank.“ red
In Deutschland wurde die Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen in Brandenburg nachgewiesen. Fortlaufend aktualisierte Infos dazu können Sie in unserem ASP-Newsticker verfolgen. mehr
Die Pilzerkrankung Ramularia collo-cygni setzt der Gerste in Ostthüringen zu. Landwirte fordern nun für die nächste Saison die Notfallzulassung eines Pflanzenschutzmittels.
Bei vielen Landwirten macht sich Ernüchterung breit. Optisch gute Gersten- und Rapsbestände zeigen nach der Mahd ein nur mäßiges Ergebnis. Niederschläge sorgten mit dafür, dass sich die Kulturen in den meisten Thüringer Regionen gut entwickeln konnten. Nunmehr muss die Ernte regelmäßig unterbrochen werden. Mit jeder Verzögerung richtet sich zunehmend der Blick auf die Qualität des Winterweizens.
So war es zu Wochenbeginn bei der Agrar T & P GmbH Mockzig, die vor dem Start der Weizenernte stand. Der Winterraps war gedroschen. Mit knapp über 40 dt/ha kann Pflanzenbauchef Tom Bauch für den Betrieb nur einen unterdurchschnittlichen Ertrag bilanzieren. Mit der Wintergerste gibt sich Bauch ebenso nicht zufrieden, gleichwohl es andere Kollegen im Altenburger Land schwerer getroffen hat. In vielen Regionen des Landes hat sich in dieser Saison Ramularia collo-cygni in der Gerste ausgebreitet. Die Pilzkrankheit ist Bauch zufolge wesentliche Ursache für Ertragseinbußen und Qualitätsverluste.
So berichtet sein Kollege Christian Schellenberg, Leiter der Pflanzenproduktion der Agrargenossenschaft Gerstenberg, dass die Wintergerste im Unternehmen im Durchschnitt ein Hektolitergewicht von 52 kg/hl aufweist. „Das sind 10 kg/hl weniger, als der Handel fordert. Die damit verbundene Preisreduzierung und der Ertragsausfall wirken sich signifikant auf die Rentabilität der Kultur aus.“ Er befürchtet, dass sich das vor allem auf die Braugerstenproduktion auswirken kann, da die Qualitätsanforderungen der Mälzereien noch höher seien.
Unmittelbar nach der Wintergerste holte die Kriebitzscher Agrargenossenschaft bereits die Sommerbraugerste vom Halm. Beide Kulturen, so berichtet Pflanzenbauvorstand Denis Fischer, waren durch Ramularia geschädigt, die späten Wintergerstensorten sogar extrem. Je nach Standort – der Betrieb bewirtschaftet etwa 40 % Kippenflächen – bewegt sich das Hektolitergewicht zwischen 52 und 58 kg. Der Ertrag lag im Mittel knapp über 90 dt/ha. Bei der Sommergerste erreichte man einen Ertrag von rund 70 dt/ha und gute Eiweißwerte. Einen deutlichen Qualitätsverlust bedeuten aber die 60 kg/hl. Zu Wochenbeginn hatten die Kriebitzscher den Raps auf den Kippenböden beerntet. Ein Ertrag leicht über 40 dt/ha sei auf diesen Standorten überdurchschnittlich, so Fischer.
Tom Bauch, der seit Kurzem dem Kreisbauernverband (KBV) Altenburger Land vorsteht, weist darauf hin, dass seit dieser Saison kein wirksames Pflanzenschutzmittel gegen die Pilzkrankheit mehr zur Verfügung steht. Wohlgemerkt in Deutschland nicht. Dies schaffe abermals ein Ungleichgewicht im Wettbewerb auf dem europäischen Markt.
Bauch fordert daher, dass den Thüringer Landwirten im kommenden Jahr Pflanzenschutzmittel über eine Notfallzulassung zur Verfügung stehen. In Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gab es in dieser Saison frühzeitig eine solche Ausnahmeregelung. Derzeit laufen für zwei neue Pflanzenschutzmittel Zulassungsverfahren. Ob und wann die Genehmigung erfolgt, ist offen. fh
Weizen: Start des Fusarien-Monitorings
Jena. Das Landesamt für Landwirtschaft (TLLLR) hat vorige Woche das Fusarien- Monitoring für Winterweizen gestartet. Regional sei ein erhöhter Pilzbefall erkennbar, was darauf schließen lasse, dass in diesem Erntejahr mit einem erhöhten Besatz an Fusarien zu rechnen ist. Das befallene Getreide könne dadurch für die Futter- oder Lebensmittelproduktion unbrauchbar werden.
Die Probenahme erfolge sieben bis zehn Tage vor der Ernte und zusätzlich noch einmal während der Ernte. Landwirte, aus Regionen mit witterungsbedingter, erhöhter Fusariengefährdung können sich telefonisch oder per E-Mail bei den zuständigen Außendienstmitarbeitern des TLLLR oder direkt bei Sabine Wagner melden:
Tel. (03 61) 57 40 41-421 oder per
E-Mail an sabine.wagner@tlllr.thueringen.de.
Die Monitoringergebnisse werden zeitnah auf der Homepage des TLLLR veröffentlicht, um den Landwirten Hilfestellung für die Ernte und die Vermarktung des geernteten Getreides zu geben sowie einen Beitrag zum Verbraucherschutz zu leisten. red
Die Arla-Molkerei möchte die CO2e-Emissionen ihrer verarbeiteten Milch deutlich reduzieren – um 30 % bis 2030. Um zu erfahren, welche Emissionen bei der Milcherzeugung anfallen, hat das Unternehmen mit fast 8.000 seiner Milch liefernden Betriebe einen Klimacheck durchgeführt.
Die Molkereigenossenschaft Arla Foods geht das Thema Klimawandel systematisch an und hat im vergangenen Jahr ein europaweites Klimacheck-Programm für deren Milch liefernde Landwirte gestartet. Im Rahmen eines Webcast Anfang Juli hat Dr. Maike Brask, Expertin des Arla-Nachhaltigkeitsteams, wichtige Ergebnisse des Klimachecks vorgestellt und über aktuelle Entwicklungen des Programms informiert.
Arla Foods hat sich ehrgeizige Umweltziele gesetzt: 30 % weniger CO2e-Emissionen pro Kilogramm Milch bis 2030 und Netto-Null- CO2e-Emissionen bis 2050. Um diese Ziele zu erreichen, führte die Molkereigenossenschaft im Mai 2020 ein europaweit einheitliches Klimacheck-Programm ein, um den individuellen CO2e-Fußabdruck der Milchlieferanten zu ermitteln. Teilnehmende Landwirte haben als Anreiz sieben Monate eine zusätzliche Vergütung von einem Cent pro Kilogramm Milch erhalten. Insgesamt haben 7.986 Betriebe aus sieben europäischen Ländern, 1.267 davon aus Deutschland, den Klimacheck durchgeführt.
Die Landwirte werten Daten aus ihren Betrieben zu etwa 200 Fragen aus und übermitteln sie Arla. Aus den Daten ergibt sich der CO2e-Fußabdruck des Betriebes. Anschließend wird ein Betriebsbesuch vereinbart, in dessen Rahmen Stärken und Verbesserungspotenziale erläutert und Maßnahmen abgeleitet werden. Die im Klimacheck erfassten Daten umfassen die Anzahl der Tiere, die Futterzusammensetzung, die Pflanzenproduktion, den Einsatz von Düngemitteln, den Umgang mit Gülle sowie die Nutzung von Strom, Kraftstoff und erneuerbaren Energien. Beim CO2e-Fußabdruck werden die drei Treibhausgase Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) berücksichtigt und in CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet, um das Ergebnis in einen Gesamtwert zusammenfassen zu können. Dr. Brask erklärte dazu: „Eine Faustregel ist, was in den Betrieb kommt, hat einen CO2-Fußabdruck – und was den Betrieb verlässt, verlässt ihn mit einem CO2-Fußabdruck.“
Im April 2021 wurde die erste Klimacheck-Runde mit folgendem Ergebnis abgeschlossen: Der durchschnittliche Fußabdruck beträgt 1,15 kg CO2e/kg Milch bzw. 1,06 kg CO2e/kg Milch (ohne anmoorige Böden). Im Juni ist die zweite Klimacheck-Runde mit der neuen IT-Plattform Arlagården gestartet. Damit können die teilnehmenden Landwirte ihre eigenen Fortschritte verfolgen und mit den Daten anderer Betriebe vergleichen, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Die Daten zeigen, dass die leistungsstärksten Landwirte in der Lage sind, auf Betriebsebene Milch mit einem Fußabdruck unter 0,9 kg CO2e/kg zu produzieren.
Im Einzelnen liegt der durchschnittliche Fußabdruck pro Kilogramm Milch (ohne anmoorige Böden) in Zentraleuropa bei 1,08 kg CO2e, in Dänemark bei 1,03 kg CO2e, in Großbritannien bei 1,13 kg CO2e und in Schweden bei 1,00 kg CO2e. Die wichtigsten Ergebnisse dabei:
Laut Dr. Brask lassen sich anhand der Daten fünf allgemeingültige Hebel identifizieren, mit deren Hilfe sich der CO2e-Fußabdruck der Milchproduktion auf allen Betrieben verringern lässt:
Um vergleichbar zu sein mit anderen großen internationalen Molkereien und Lebensmittelunternehmen, basieren die Berechnungen des Arla-Klimachecks auf den Standards der ISO-Norm für Ökobilanzen/ Lebenszyklusanalysen (14044) und folgen den Richtlinien der International Dairy Federation (IDF) zur Methodik der Berechnung des Klima-Fußabdrucks. Die Emissionen von Tieren, Dung und Böden werden basierend auf den Vorgaben des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) ausgewertet. Die Berechnungsmethode von Arla unterscheidet sich vom nationalen Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimabilanzen (BEK), der u. a. vom Bundeslandwirtschaftsministerium genutzt wird. Die Werte des Arla-Klimachecks sind deshalb nicht direkt mit Werten nach BEK-Berechnungen vergleichbar.
Zwei weitere innovative Projekte werden von Land und EU künftig im Rahmen des Programms EIP-Agri gefördert. Es geht um Agro-Photovoltaik und mikrobielle Carbonisierung.
Zwei weitere Projekte werden in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Förderinstruments Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) finanziell unterstützt. Diese beschäftigen sich mit Agro-Photovoltaiks bzw. mit der mikrobiellen Carbonisierung. Die Bewilligungsbescheide für beide Vorhaben in Höhe von insgesamt rund 670.000 € übergab Umwelt- und Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) bereits im Mai auf einer Videokonferenz.
Die Projekte sind Teil der vierten EIP-Agri-Auswahlrunde hierzulande. Ende Juni 2020 hatte das Magdeburger Landwirtschaftsressort aufgerufen, innovative Ideen der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft einzureichen, die eine Verknüpfung zum Forschungsbereich haben. Dabei arbeiten die sogenannten Operationellen Gruppen (OG) interdisziplinär als Verbund von Landwirtschaft, Wissenschaft, Beratung und weiteren Akteuren auf Augenhöhe zusammen.
Die OG „Black Wood Agrar Solar“ möchte bestehende Systeme von Agro-Photovoltaik hinsichtlich ihrer agronomischen und ökologischen Vorteilswirkungen weiterentwickeln und evaluieren. Hierfür sollen u. a. anhand sogenannter Tracker-Module produktionsseitige Vorteile, etwa die Ertragssicherung durch Beschattung und Erosionsschutz, untersucht werden. Diese Tracker- Module richten sich nach dem Sonnenstand und speisen gleichzeitig eine Unterflurtröpfchenbewässerung mit der notwendigen Energie. Partner in diesem Projekt sind die Hochschule Anhalt, die Blackwood GbR mit Sitz in Hohenberg-Krusemark im Landkreis Stendal als Praxisbetrieb sowie die FEFA Projekt GmbH, Stendal.
Extra-Wissen:
Im Rahmen der Europäischen
Innovationspartnerschaft
„Landwirtschaftliche Produktivität
und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) werden über das Entwicklungsprogramm
für den ländlichen Raum (EPLR) seit 2016 in Sachsen-Anhalt Projekte gefördert (landwirtschaftliche bis zu 100 %). Die Laufzeit beträgt noch rund drei Jahre. Aktuell in der Förderung befinden sich neun Projekte
________________________
Mehr zu EIP-Agri in Sachsen-Anhalt
Die OG „Mikrobielle Carbonisierung: Umwelt- und Bodenmanagement“ leistet ebenfalls einen Beitrag zur Anpassung der Landwirtschaft an die Folgen des Klimawandels. Im Rahmen des Projektes sollen durch Zusammenwirken innovativer Verfahren Kohlenstoff sowie weitere Nährstoffe aus der landwirtschaftlichen Urproduktion dauerhaft im Boden gebunden werden.
Hierfür macht sich das Projekt u. a. Verfahren der mikrobiellen Karbonisierung und kohlenstoffspeichernden Bodenbewirtschaftung zunutze. Im Ergebnis entstehen stabile Kohlenstoffverbindungen, die zur Anreicherung des Dauerhumus für die landwirtschaftliche Produktion im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wieder nutzbar gemacht werden sollen. Der Vorteil des Verfahrens liegt in der dauerhaften Speicherung von Kohlenstoff im Boden, erhöhter Bodenfruchtbarkeit und Sicherung der Produktivität bei reduzierter Bodenbearbeitung und Düngemitteleinsatz.
Im Kern geht es darum, ein Managementsystem zur Erzeugung von „negativen Emissionen“ durch das Wiederaufbereiten und Kompostieren von Gärresten in Kombination mit einer reduzierten Bodenbearbeitung zu entwickeln. Partner sind Witte Bio Consult in Gernrode und die Agrargenossenschaft Hedersleben, beide Landkreis Harz. Landwirtschaftsministerin Dalbert lobte die beiden innovativen Projekte, „die Klimaschutz, Bodenschutz und erneuerbare Energien zusammen denken“. „Ideen aus dem Labor in die Praxis bringen – so sichern wir die Zukunft unserer Landwirtschaft“, sagte Dalbert weiter.
Beide Projekte verfolgten den Ansatz, Ressourcen und das Klima zu schonen. Energie werde aus der Sonne gewonnen, der Boden werde so bearbeitet, dass die Nährstoffe dauerhaft im Boden gebunden würden und damit die Fruchtbarkeit erhalten bleibe, der Düngemitteleinsatz verringere sich, die CO2-Emissionen würden gesenkt. Das klinge vielversprechend, so die Ministerin, die den Vorhaben abschließend „größtmöglichen Erfolg“ wünschte und sich gespannt zeigte auf die Forschungsergebnisse.
Fünfte Antragsrunde wurde Anfang Juli eröffnet: Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen- Anhalt hat Anfang Juli zur fünften Antragsrunde für das Förderprogramm Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri) aufgerufen. Potenzielle Operationelle Gruppen (OG) haben die Möglichkeit, ihre Projektideen bis zum 29. Oktober 2021 beim Landesverwaltungsamt in Halle/Saale einzureichen. In der Projektfindungsphase sowie im Antragsverfahren steht das Institut für Ländliche Strukturforschung (IfLS), Frankfurt/Main, als vom Ministerium beauftragter Innovationsdienstleister beratend zur Seite. Das Institut unterstützt auch inhaltlich bei der Projektierung und Bildung einer Operationellen Gruppe. red
Weitere Informationen zum Antragsverfahren gibt es hier.
Neue Hecken auf Ackerland könnten viel Kohlenstoff speichern. Das zeigen Berechnungen des Thünen-Instituts für Agrarklimaschutz. Es fehlt jedoch an Absatzmöglichkeiten für den Strauchschnitt.
Dr. Michael Welling, Johann Heinrich von Thünen-Institut, Braunschweig
Eine auf Ackerland neu angepflanzte Hecke von 720 m Länge, die für immer stehen bleibt, kann die gesamten Treibhausgasemissionen, die ein Durchschnittsdeutscher innerhalb von zehn Jahren emittiert, kompensieren. Das zeigen Berechnungen im Rahmen einer Metastudie, die am Thünen-Institut für Agrarklimaschutz in Braunschweig durchgeführt wurden. Durch die Einlagerung von Kohlenstoff in der Biomasse der Hecke und als Humus im Boden können neue Hecken CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und klimaunschädlich machen.
Unsere Top-Themen
• Familienhof Repente
• Sortenversuche Sommerhafer
• Vergleich Futtermischwagen
• Märkte und Preise
„Für die Berechnungen haben wir alle verfügbaren Daten zu Humus und Biomasse in Hecken zusammengetragen – 13 Studien und eigene Daten mit insgesamt fast 150 untersuchten Hecken“, sagt Sophie Drexler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut. Für die Forschenden ergab sich ein überraschendes Bild: Pro Hektar wird in einer Hecke im langjährigen Mittel fast genauso viel Kohlenstoff gebunden wie in Wäldern. Dies kann mit der hohen Dichte an Ästen und Zweigen in Hecken und den guten Wuchsbedingungen in der Agrarlandschaft erklärt werden. Besonders viel Kohlenstoff wird auch in den Wurzelstöcken der Hecken gebunden. In den letzten 70 Jahren wurde aber fast die Hälfte aller Hecken in Deutschland beseitigt, meist durch Flurbereinigungsmaßnahmen.
In der Landwirtschaft und aus landwirtschaftlich genutzten Böden entstehen in Deutschland etwa 12 % der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Die meisten Emissionen kommen als Methan aus dem Verdauungstrakt von Rindern und als Lachgas durch die Düngung von Äckern und Grünland. Viele dieser Emissionen sind schwer oder gar nicht vermeidbar, weil sie aus biologischen Prozessen stammen. Zusätzlich werden große Mengen Kohlendioxid durch die landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden emittiert. Klimaneutralität ist im Landwirtschaftssektor also nur erreichbar, wenn an anderer Stelle Emissionen wieder kompensiert werden. Dazu können Hecken einen Beitrag leisten. Eine Kommune mit 5.000 Einwohnern kann zum Beispiel die mit dem Milchkonsum verbundene Treibhausgasemission von zehn Jahren durch das Pflanzen von sechs Hektar Hecken und Feldgehölzen kompensieren.
Die größte Wirkung für den Klimaschutz entfalten Hecken, wenn sie auf Ackerböden angepflanzt werden. Denn hier wird zusätzlicher Kohlenstoff nicht nur in der Biomasse, sondern auch im Boden als Humus gebunden. Es sind allerdings nur neu angepflanzte Hecken, die klimawirksam sind, denn mit ihrer zunehmenden Biomasse erhöhen sie die Kohlenstoffspeicherung in der Landschaft. Dieser Kohlenstoffspeichereffekt von Hecken auf Ackerland kann deshalb auch nur einmal angerechnet werden, auch wenn es etwa 20 Jahre dauert, bis eine Hecke aufgewachsen ist. Im Boden kann es sogar noch länger dauern, bis die erhöhten Humusvorräte ein neues Gleichgewicht erreicht haben und nicht weiter steigen.
Neben dem Klimaeffekt schützen Hecken auf Ackerland den Boden vor Winderosion und haben eine kühlende Wirkung. Ein Dürresommer richtet in einer heckenreichen Agrarlandschaft weniger Schaden an. Von Hecken profitieren auch viele Tiere und Pflanzen, für die Hecken Lebensraum und Verbindungsglied zwischen Biotopen sind. „Die vielfältigen Leistungen von Hecken machen diese zu attraktiven Strukturelementen in der Agrarlandschaft“, sagt Projektleiter Dr. Axel Don. Trotzdem ist es in den letzten Jahrzehnten kaum zu neuen Heckenanpflanzungen gekommen. Dafür sieht der Thünen- Wissenschaftler verschiedene Gründe. Ein Grund sei der Förderdschungel, der Flächenbesitzer und Landwirte überfordere. In jedem Bundesland gibt es andere Programme mit anderen Anforderungen und Angeboten. Es reiche auch nicht, wenn nur die Anlage von Hecken gefördert würde. Die Pflege von Hecken müsse genauso in die Förderung einbezogen werden. Helfen können Landschaftspflegeverbände, von denen einige schon „schlüsselfertige“ Hecken anbieten. Daneben setzen sich auch die Jagdverbände seit Langem für eine reicher strukturierte Agrarlandschaft ein.
Die neue Thünen-Studie könnte solchen Initiativen Rückenwind geben. Denn nun wird es erstmals möglich, die Klimaschutzleistung von neuen Hecken zu quantifizieren. Don ist überzeugt: „Es gibt kaum eine Klimaschutzmaßnahme im Agrarbereich, mit der auf so wenig Fläche so viel Effekt erzielbar ist.“ Es gäbe schon erste Firmen, die mit Heckenanpflanzungen eine CO2-Neutralität ihrer Produktion erreichen wollen. Doch warum bleiben das meist nur Pläne? Gerade die Langlebigkeit dieser Strukturelemente sieht Don als Pferdefuß. Hecken stünden unter besonderem Schutz und ließen sich, einmal gepflanzt, nicht so schnell wieder entfernen. Zwar hätte dies den Vorteil, dass damit auch die Kohlenstoffbindung und der Klimaschutzeffekt kaum verloren gehen. Die Flächenbesitzer würden dadurch aber an Flexibilität verlieren – und bisher auch im Unklaren gelassen, ob neue Hecken weiterhin als landwirtschaftliche Nutzflächen gelten und damit förderfähig bleiben.
Darüber hinaus fehlt es an Absatzmärken für den entstehenden Strauchschnitt. Hecken müssen alle acht bis zwölf Jahre abschnittsweise auf den Stock gesetzt, also radikal zurückgeschnitten werden, um ihre Funktion zu erhalten. Durch die Nutzung des anfallenden Strauchschnitts als erneuerbare Energiequelle, z. B. als Holzhackschnitzel, könnte der Klimaschutzeffekt von Hecken auf Ackerland sogar noch vergrößert werden, rechnet die Thünen-Studie vor. Im Moment fehlen dazu aber entsprechende regionale Nutzungskonzepte. Stattdessen werden Holzhackschnitzel aus aller Welt importiert. Die Ergebnisse der Thünen-Studie belegen: Um die in den letzten 60 Jahren gerodeten Hecken wieder neu anzupflanzen, würden nur 0,3 % der landwirtschaftlichen Fläche benötigt. Damit ließen sich die ausgeräumten Agrarlandschaften wieder einräumen und gleichzeitig 10 Mio. t CO2 binden und klimaunschädlich machen.