Cartoon der Woche: Saisonkräfte

Um den akuten Saisonkräftemangel in diesem Jahr zu kompensieren, braucht es teilweise kreative Lösungen. BauZ-Zeichner Tomson. hat in seinen Cartoons der Woche davon einige parat.

Wenn leicht gereizte Möhren auf dem Feld auf Abstandsregeln pochen, Wildschweine beim Grenzübertritt über einen Gesundheitsausweis sorgen oder erntereife Erdbeeren überlegen, sich aufgrund des akuten Saisonkräftemangels selbst zu pflücken – dann steckt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Cartoon von Tomson dahinter.

Einmal in der Woche greift der preisgekrönte Zeichner für die Bauernzeitung zum Zeichenstift und präsentiert in bunten Cartoons seinen ganz eigenen „Blick auf das Land“. Viel Spaß!

Tomson.

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In der Krise mehr Kunden

Die Befürchtungen der Mitarbeiterinnen im Bernitter Dorfladen erwiesen sich als unbegründet: Zwar versiegten wegen Corona-Sperren einige Einnahmequellen. Dank vieler neuer Kunden stieg aber der Umsatz.

Von Gerd Rinas

„Morgen ist der letzte Tag vor dem Wochenende. Alle Bestellungen sind abholbereit. Jetzt die Brötchen schmieren. Und dann noch die Rechnung schreiben.“ Andrea Boldt, Chefin im Bernitter Dorfladen und Gründungsmitglied der Genossenschaft, die den Laden 2016 ins Leben rief, ist im Stress.

„Wir dachten, wir müssen schließen“

„Corona hat uns überrollt. Die Leute laufen uns die Bude ein. Unser Umsatz ist gestiegen“, freut sich die Verkäuferin. Damit hatte sie vor ein paar Wochen nicht gerechnet. „Als die ersten Coronameldungen kamen, dachten wir, wir müssen schließen.“ Die Sorgen wurden nicht kleiner, als Schulen und Kitas im Ort tatsächlich schlossen: Andrea Boldt und ihre Kolleginnen boten dort Pausenversorgung an. Als dann die Regeln zum Mindestabstand öffentlich wurden, war klar, dass auch der Mittagstisch keine Einnahmen mehr bringen würde. Dabei hatte Köchin Marlene von Villeneuve mit ihrer gediegenen Hausmannskost – von Schweinebraten, Königsberger Klops, Bratkartoffeln mit Kotelett, Brathering oder Matjes – längst Stammgäste angezogen.

Andrea Boldt hat eine Bestellung versandfertig gemacht. Mit seinem Bestell- und Lieferservice spart der
Dorfladen seinen Kunden Zeit und lange Wege, die vor allem älteren Menschen mitunter schwerfallen.

Doch auch ohne Mittagstisch kamen in den vergangenen Wochen immer mehr Leute zum Einkaufen in den Laden, viele sogar aus den Nachbardörfern. „Vor Ostern war es ganz doll. Die Bestellungen per Telefon oder E-Mail rissen nicht ab“, erinnert sich Andrea Boldt. Um möglichst viele Kundenwünsche zu erfüllen, wurden zusätzlich Produkte ins Sortiment aufgenommen und der Lieferservice ausgebaut. „Bestellungen werden vor dem Abholen gepackt. Das spart den Kunden Wartezeit“, so Andrea Boldt. Gerade wurde eine große Kühltruhe angeschafft. „Dort können wir jetzt auch Produkte zwischenlagern, bevor sie an Kunden ausgeliefert werden“, so Boldt.

Postagentur und Tauschbörse

Im Dorfladen kann man mittlerweile 1.000 Artikel kaufen, außer Lebensmitteln auch viele Waren des täglichen Bedarfs. Der Laden ist auch Postagentur. Einmal in der Woche werden Textilien zur Reinigung abgeholt. Vor Coronazeiten gab es eine Tauschbörse für Bücher. Die Verkäuferinnen Petra Bahr, Lina Willmow, Claudia Bartels und Andrea Boldt achten auf die Einhaltung der Abstandsregeln. Durchsichtige Plastikscheiben über dem Verkaufstresen trennen Verkäuferinnen und Kunden. „Anfangs hatten wir Angst, uns anzustecken. Deshalb haben wir uns öfter die Hände gewaschen und desinfiziert. Aber hier ist kein Infizierter. Wo soll das Virus herkommen?“ fragt Andrea Boldt.

Den beliebten Mittagstisch im Dorfladen gibt es in Coronazeiten nicht. Die beiden Männer, die in Bernitt Gasleitungen verlegen, sind mit dem Imbiss – Bierknacker und Kartoffelsalat – zufrieden.

Seit Montag voriger Woche gilt nun auch noch Maskenpflicht. „Das Tragen der Masken ist für die Mitarbeiterinnen anstrengend. Viele Kunden glauben nicht an den Virusschutz durch die Maske, trotzdem halten sich alle dran“, so die Chefin. Sie hofft, dass sich die Verhältnisse im Laden in nicht allzu ferner Zeit normalisieren. „Die Zahl der Infizierten in Mecklenburg-Vorpommern ist relativ gering. Das gibt Hoffnung.“

Ohne Zuversicht wären Andrea Boldt und die Mitglieder der Bernitter Dorfladen eG nicht soweit gekommen. Der zweite Dezember 2016 war der erste Verkaufstag. „Dreieinhalb Jahre später gibts den Dorfladen immer noch. Da sind wir stolz drauf“, so die Mitgründerin. Zusammen mit ihren Mitstreitern hat sie viel Zeit, Kraft und Ideen in das Projekt gesteckt und andere mit ihrem Enthusiasmus für die Einkaufsquelle im Dorf angesteckt. Die Zahl der Genossenschaftsmitglieder ist von 18 auf 34 gestiegen. Die Landesförderung für zwei Personalstellen ist ausgelaufen und kann kompensiert werden.

„Wenn Corona überstanden ist, haben wir viel vor“, sagt Andrea Boldt. Sie denkt über einen regionalen Onlineshop nach, bei dem z. B. Pflegedienste Waren bestellen können. „Wir liefern aus“, so Boldt. Obwohl schon jetzt viele Lebensmittel von kleinen Herstellern aus der Region im Laden erhältlich sind, soll dieses Angebot ausgebaut werden. „Produkte aus der Region werden immer mehr nachgefragt. Sie passen gut in unseren Dorfladen“, sagt Andrea Boldt.


Kastenstand: Glaubenskrieg um die Beine der Sau

Nach dem Beschluss der Düngeverordnung steht mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung die nächste Agrar-Entscheidung ins Haus. Können wir aus der letzten Debatte lernen?

Es kommentiert Ralf Stephan

Eine ungewöhnliche Veranstaltung fand vorige Woche im brandenburgischen Landtag statt. Der Agrarausschuss hatte Landwirte und Wissenschaftler eingeladen, um zu erfahren, welche Folgen die neue Düngeverordnung für die Brandenburger Landwirtschaft haben wird. Die Antworten fielen sehr klar und einhellig aus. Nach drei faktenreichen Stunden waren einige der Abgeordneten sichtlich überrascht vom Fazit der Fachleute. Denn es lautete: Brandenburg hat im Bundesrat einer Verordnung zugestimmt, die an der Realität im Land völlig vorbeigeht. Mehr noch: Wie alle Betriebe in Trockengebieten östlich der Linie Hamburg–Hannover–Göttingen werden Brandenburgs Bauern durch sie massiv benachteiligt. Nein, ein Wissenschaftler sagte wörtlich: bestraft.

Entscheidung über Tierschutz-Nutztierhaltungs-VO steht am

Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung.

Um zu klären, wie es dazu kommen konnte, bleibt nicht viel Zeit.
Denn die Bundesländer sind bereits dabei, bei der nächsten Entscheidung wieder dieselben Fehler zu begehen. Dieses Mal steht
die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung an. Doch es läuft genau wie beim Düngedesaster. Wieder wird auf Zeit gespielt, denn der Auslöser – das Magdeburger Urteil zum Kastenstand in der Sauenhaltung – liegt inzwischen fast viereinhalb Jahre zurück.

Wieder sind parteipolitische Ziele offenbar wichtiger als pragmatisches Herangehen, denn Dutzende Änderungsanträge mit teils unerfüllbaren Wünschen verstricken den Verordnungsentwurf des Bundes in einen unauflösbaren Knäuel. Und wieder wird auf alle möglichen Stimmen gehört, nicht aber auf die Praktiker und vor allem nicht auf die Wissenschaft.

Sachsen-Anhalt ist für Ende des Kastenstands

So möchte Sachsen-Anhalt den Kastenstand am liebsten ganz abschaffen, weil man die Zukunft in der Gruppenhaltung sieht. Dabei ficht die schwarz-rot-grüne Landesregierung nicht an, dass die Praxisforschung dem sehr kritisch gegenübersteht. Im Bundesvergleich am intensivsten untersucht seit Längerem das Lehr- und Versuchsgut Köllitsch, welche Haltungsformen am ehesten dem Tierschutz gerecht werden.

„Eine zeitliche Begrenzung der Kastenstandhaltung ist tiergerechter als ein völliger Verzicht auf den Kastenstand“, lautet die klare Aussage. Ausgiebig untersucht wurde in Ställen Mitteldeutschlands auch, wie wichtig es den Sauen ist, mit ungehindert ausgestreckten Beinen liegen zu können. Dafür wird politisch ja derzeit bis aufs Messer gestritten. Die Wissenschaft hat festgestellt: „Rückzugsmöglichkeiten bewerten die Sauen höher als die Möglichkeiten zum Körperkontakt in der Gruppe und diesen wiederum höher als die Beinfreiheit.“

Glaubensfrage: Wie soll die Sau liegen – und wie will sie?

Die Forschungsresultate liegen vor, sie wurden auf Fachtagungen diskutiert und in Fachzeitschriften wie der Bauernzeitung veröffentlicht. Doch aus der Frage, wie die Sau liegen soll, wurde längst ein parteipolitischer Glaubenskrieg. Wissenschaftliche Erkenntnisse dazu, wie sie liegen will, spielen keine Rolle mehr. Kompromisslos verhindert Sachsen-Anhalt pragmatische Lösungen, die den verbliebenen ostdeutschen Sauenhaltern Zeit für Umbauten verschaffen würden. Thüringen könnte durch das erwartete Veto seiner Grünen im Bundesrat nicht mit Ja stimmen, selbst wenn sein Agrarminister es wollte. Auf Sachsen und Brandenburg mit ihren grünen Ministern können die Sauenhalter auch nicht zählen. Der Zug rollt also ungebremst auf die Wand zu, bis es knallt.

Denn scheitert die neue Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, muss das Magdeburger Urteil zeitnah und eins zu eins umgesetzt werden. Mindestens ein Drittel der Sauenhalter wird das nicht schaffen. Gut möglich, dass hinterher wieder viele verdutzt fragen: Wie nur konnte etwas politisch zugelassen werden, das so an der Realität im Land vorbeigeht?


Ein begehbares Geschichtsbuch

Das Ende des Zweiten Weltkrieges jährt sich am heutigen 8. Mai 2020 zum 75. Mal. Ein wichtiger Schauplatz der Geschichte ist die heutige Bücher- und Bunkerstadt Wünsdorf.

Von Bärbel Arlt
(Fotos: Thomas Uhlemann)

75 Jahre Kriegsende – doch der große Rummel wird in der brandenburgischen Bücher- und Bunkerstadt Wünsdorf ausbleiben. Denn seit Mitte März hat Corona auch hier für Stille gesorgt. Die Antiquariate mussten schließen, im Bücherstall fanden keine Veranstaltungen statt und auch Museen und Bunkeranlage konnten nicht besichtigt werden. Seit dem 1. Mai ist das nun wieder möglich. „Jetzt wagen wir den Neustart – aber sehr schaumgebremst“, sagt Werner Borchert von der Bücherstadt-Tourismus GmbH. So finden Führungen durch die Bunkeranlage nur oberirdisch statt und unter Einhaltung alle Corona-Eindämmungsregelungen.

Werner Borchert führt eines der drei Antiquariate
Werner Borchert führt eines der drei Antiquariate.

Ist mit dem Neustart die Durststrecke vorbei? „Keineswegs“, sagt Borchert und verweist darauf, dass die letzten Wochen für die kleine Firma mit vier angestellten Mitarbeitern ein herber Schlag waren. „Wir hatten keinerlei Einnahmen, haben relativ geringe Rücklagen und sämtliche Buchungen nationaler wie internationaler Gäste wurden abgesagt.“ Ein finanzieller Verlust von rund 20.000 €. Hinzu kommen abgesagte Vorträge, Veranstaltungen wie der „unterirdische Sonntag“ oder das Militärfahrzeugtreffen, die auch Geld in die Kassen gespült hätten. „Aber wir sind optimistisch und legen Schritt für Schritt wieder los“, so der Geschäftsführer, auch wissend, dass das Interesse vor allem an der Bunkeranlage Maybach I. groß ist.

„Ab 1937 wurde sie als Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres errichtet und besteht aus zwölf Bunkergebäuden, die als Landhäuser getarnt und über einen Tunnel miteinander verbunden waren“, erzählt Historiker Hans-Albert Hoffmann. Herz der Anlage war in 20 m Tiefe der Nachrichtenbunker Zeppelin. Von dort aus wurden die Truppen der Wehrmacht geführt. Rund 8.000 Generäle, Offiziere, darunter auch Widerständler des 20. Juni 1944, sowie viele Zivilisten, darunter allein 1.000 Frauen, haben hier gearbeitet, weiß Hoffmann, der sich seit 1994 intensiv mit der Wünsdorfer Militärgeschichte beschäftigt und aktuell am Buch „Wünsdorf – Hauptstadt der GSSD“ arbeitet, das im Juli erscheinen soll.

Hans-Albert Hoffmann erklärt die Geschichte der als Wohnhäuser getarnten Bunkeranlage.
Hans-Albert Hoffmann erklärt die Geschichte der als Wohnhäuser getarnten Bunkeranlage.

„Von Wünsdorf aus wurde der Krieg gegen die Sowjetunion geführt, als Siegermacht hat sie sich dann auf dem sechs Quadratkilometer großen Gelände über Jahrzehnte etabliert“, so der 71-Jährige. Denn ab 1952 wurde der Militärstandort, dessen Geschichte bis in die Kaiserzeit reicht, zum Sitz des Oberkommandos der sowjetischen/russischen Streitkräfte in Deutschland. Die Maybachbunker mussten, wie im Potsdamer Abkommen beschlossen, als militärische Anlage zerstört werden und wurden 1947 gesprengt. Wünsdorf selbst wuchs zu einer Garnisonsstadt heran, in der an die 35.000 Militärangehörige, teils mit Familie, lebten. So gab es neben den militärischen Anlagen auch Schulen, Theater, Geschäfte.

Im Museum "Roter Stern" in Wünsdorf
Im Museum „Roter Stern“. 
Jürgen Dronsz, Mitarbeiter der Bücher- und Bunkerstadt, im Museum Roter Stern.
Jürgen Dronsz, Mitarbeiter der Bücher- und Bunkerstadt, im Museum „Roter Stern“. 

Einen Einblick in das Leben der „verbotenen Stadt“ bietet das Museum Roter Stern, das in einem ehemaligen kaiserlichen Pferdestall sein Domizil hat. Von der Eheurkunde über Fotoalben, Suppenkellen, Kindertretauto bis hin zu Zahnarztstuhl, Uniformen und Gewehren ist dort vieles von dem zu sehen, was nach dem Abzug der russischen Truppen 1994 auf dem Gelände geblieben war. Hans-Albert Hoffmann hat damals das Gelände mit beräumt und berichtet von rund 50.000 t Sperrmüll, der zusammengetragen wurde und von den Plänen, Wünsdorf zu einer blühenden Waldstadt zu machen. Viele der Ideen, wie die einer Beamtenstadt, scheiterten.

Das Gutenberghaus mit Museum, Antiquariat, Bunker-Shop.

Doch Fuß gefasst hat seit 1998 die Bücherstadt, die in den Anfangsjahren vom Land Brandenburg gefördert wurde. Doch als die Zuschüsse nicht mehr flossen, stand sie Ende 2002 vor dem Aus.

Schon damals haben Werner Borchert und seine Mitstreiter einen Neustart gewagt – ohne finanzielle Hilfen und mit einem engen Zusammenspiel von Antiquariaten, Kultur, Museen, Gastronomie und Militärgeschichte und damit sozusagen ein begehbares militärhistorisches und kulturelles Geschichtsbuch geschaffen. Ein Konzept, das mittlerweile jährlich rund 20.000 Besucher aus allen Ländern nach Wünsdorf zieht. Und Werner Borchert hofft, dass auch der jetzige Neustart gelingt und die Bücher- und Bunkerstart wieder auf die Beine kommt.

„Am 8. Mai“, so Borchert, „wird es eine Kranzniederlegung am Museum Roter Stern geben und im Laufe des Jahres werden wir noch einige Veranstaltungen nachlegen und nachholen – auch verbunden mit der Hoffnung, dass die Bücher- und Bunkerstadt Erinnerungen wachhält und ein Mosaikstein deutsch-russischer Freundschaft bleibt.“


Vollautomatische Milcherzeugung

Die Wipperdorfer Landwirte investierten in neue Technologien, aber auch in ihre Zuchtstrategie. Neue Ställe, vollautomatisches Melken, gesextes Sperma und Embryotransfer gehören zum Programm.

Von Bettina Karl (Fotos: Sabine Rübensaat)

Zuerst wollten wir etwas mehr für das Wohlbefinden unserer Kühe tun“, argumentiert Uwe Merx. Darum baute die Wipperdorfer Agrargesellschaft 2016 einen neuen Stall nach modernen Erkenntnissen – mit Gummimatten, Tiefliegeboxen und Stroh-Kalk-Gemisch als Einstreu.

Mit seinen schmucken Holzelementen ist das Gebäude auch etwas fürs Auge. 669 Holstein-Friesian haben darin Platz. Die Tiere sind durch die Einstreu so sauber, dass es richtig auffällt. „Für den vollautomatischen Melkprozess ist das nicht unerheblich“, erklärt der Geschäftsführer des Thüringer Agrarbetriebes und meint, dass somit nicht so viel Dreck an die Kameras und Sensoren spritzt.

Außerdem seien reine Kühe gut für die Öffentlichkeitsarbeit. In den Zeiten vor der Coronapandemie besuchten bis zu 1.000 Menschen am jährlichen Tag der offenen Tür das Unternehmen im Landkreis Nordhausen. Besonders im letzten Jahr, als das Melkkarussel schon lief, staunten nicht wenige Gäste über den mit so viel moderner Technik ausgestatteten Betrieb. Ein weiterer Effekt, der mit der neuen Stallausrüstung einhergehe, seien die relativ wenigen Klauen- und Gliedmaßenerkran- kungen.

Von der ersten Woche an mit Melkrobotern

Uwe Merx ist seit über 30 Jahren Geschäftsführer in dem Thüringer Agrarbetrieb und gleichzeitig Bürgermeister von Kehmstedt, einem Nachbardorf. Sein Steckenpferd ist die Zucht – von Rindern und privat von Italienern, einer Geflügelrassse.

„Das Besondere hier in Wipperdorf ist, dass auch die frisch abgekalbten und die behandelten Kühe mit Sperrmilch in einer separaten vollautomatischen Melkbox, einem VMS V300, gemolken werden. Dieser Roboter steht im Stall“, erklärt Martin Wiedemann, Solution Manager bei der Firma DeLaval. „Warum soll ich die Kühe in der ersten Woche, in der sie am sensibelsten sind, mit einer alten Melktechnik melken?“, fragt Uwe Merx retorisch. Gerade diese Tiere brauchten vom ersten Tag an die beste Melktechnik. Besser gesagt, vom zweiten: Nach der Geburt bleibt das Kalb die ersten 24 Lebensstunden bei seiner Mutter – eine weitere Besonderheit in diesem Unternehmen.

Tiere sind hier nicht nur Nummern

Der rote Knopf dient im Notfall dem sofortigen Stopp des Karussells. Auf dem Display kann der Melkprozess kontrolliert werden.

„In die Melkroboterbox können die Kühe so oft hineingehen wie sie wollen. Sind sie noch nicht wieder dran, werden sie ohnehin vom Roboter hinausgeschickt“, erklärt Friederike Schulz, Auszubildende zur Landwirtin im dritten Lehrjahr. Als Lockfutter bekommt jede Kuh 500 g Kraftfutter am Tag.

„Andersherum gibt es eine Alarmmeldung auf den Computer oder das Handy, sollte eine Kuh zwölf Stunden nicht zum Melken erschienen sein“, ergänzt die Abiturientin. Aber im Allgemeinen funktioniert der Ablauf problemlos. Positiv findet sie, dass in diesem Agrarbetrieb die Kühe nicht nur Nummern seien. Hier werde auf jedes einzelne Tier geachtet.


Die ganze Reportage lesen Sie im ePaper der Bauernzeitung 18/2020 (€)


Maisaussaat: Universal statt Einzelkorn

Ein Brandenburger Lohnunternehmer legt Mais mit einer Universaldrillmaschine. Trotz des Verzichts auf die Einzelkornaussaat ist die Ablage des Saatgutes relativ genau – dank der Technik.

Von Jörg Möbius (Fotos: Sabine Rübensaat)

Ende April treffen wir Niklas Probst auf einem Acker westlich von Herzberg/Elster im Süden von Brandenburg. Der junge Landwirt arbeitet für den Lohnunternehmer und Landwirt Ronny Birnbaum aus dem Herzberger Gemeindeteil Friedrichsluga. Mit einer Pöttinger Terrasem C6 legt er auf einem 9 ha großen Schlag von Ronny Birnbaum Mais.


Video (c) Sabine Rübensaat

„Wir haben eigentlich eine drei Meter breite Terrasem. Mit dieser haben wir rund 350 ha Getreide für diese Saison gedrillt. Da aber momentan kein Maiskit für unsere Maschine verfügbar ist, haben wir von der BayWa, dem regionalen Pöttinger-Händler, diese Vorführmaschine zum Maislegen erhalten.“

Einzelkorndrillmaschine wäre nicht ausgelastet

Insgesamt wurden damit dieses Jahr rund 150 ha Mais gelegt, 100 ha eigene Flächen und 50 ha für Kunden. Das ist noch nicht der Umfang, um eine Einzelkorndrille auszulasten. Und genau für diese Kunden hat Pöttinger die Terrasem-Universalmaschinen im Angebot. Sie sich in jegliches Bearbeitungskonzept einbinden – egal ob Mulchsaat, Mulchdirektsaat oder konventionelle Saat.

Niklas Probst erklärt die Dosiertechnik für die Maisaussaat.

Sie haben parallel geführte Dual-Disc-Doppelscheibenschare mit nachlaufenden Tiefenführungsrollen. Diese sind für Bodenanpassung und Ablagetiefe zuständig. Mit einer Kurzscheibenegge, einem Reifenpacker und einer Säschiene vereint Pöttinger die Schritte Bodenbearbeitung, Rückverfestigung und Saat in einer Maschine, bei Arbeitsbreiten von 3 bis 9 m.

Die pneumatische Drillmaschine arbeitet mit einem sogenannten IDS-Verteilerkopf (IDS: Intelligent Distribution System – jede Reihe kann individuell geschaltet werden). Er steuert die automatische Saatmengen-Reduzierung in der Dosierung bei Fahrgassen- oder Halbseitenschaltung. Das überschüssige Saatgut wird über das Trichtersystem wieder in das Steigrohr zurückgeführt.

Maislegen mit Universaldrilltechnik: auf 37,5 cm Abstand in 6 cm Tiefe

„Den Mais habe ich jetzt mit 37,5 Zentimeter Reihenweite 5,5 bis 6 cm tief gelegt. Dort ist in unserem trockenen Boden noch etwas Restfeuchte. Um auf 80.000 Pflanzen je Hektar zu kommen, habe ich 25 Kilogramm Mais je Hektar ausgebracht“, so Niklas Probst.

Die Ablagegenauigkeit überrascht.

Da die Terrasem nicht mit Lochscheiben vereinzelt, ist eine ungleichmäßigere Ablage in der Reihe zu erwarten. Wir schauen nach und es ist zwar wie erwartet nicht ganz gleichmäßig, aber durchaus vertretbar. „Wir sind auf die Ernteergebnisse im Herbst gespannt“, so der junge Mann. „Wer als Kunde mit der weniger genauen Ablage beim Mais leben kann, kommt kostengünstiger weg als mit einer Einzelkorndrille.“

Weitere Angebote des kleinen Lohnunternehmens sind vor allem Gülleausbringung (mit Fass und Schleppschlauch, Feldrandcontainer möglich), Häcksel-, Hackschnitzel- und Silagetransport sowie Lohndrusch (Lexion 650). Hauptschlepper ist ein MF 8732.


Ein Traktor bei der Maisaussaat im Havelland in Brandenburg.

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Vom Winde verweht


Trockenheit: Dritter Platz für den April 2020

Der April 2020 war der Dritttrockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland. Statt 58 regnete es je Quadratmeter nur 17 Liter – ein Drittel des Durchschnitts.

Der April gilt in Deutschland eigentlich als ein launischer Monat, der sich gerne wechselhaft und kühl zeigt. Das hat sich geändert. So war der April 2020 der sonnigste seit Aufzeichnungsbeginn. Er dürfte als dritttrockenster und siebtwärmster seit Beginn regelmäßiger Messungen in Erinnerung bleiben. Zugleich zeigt die Klimastatistik des Deutschen Wetterdienstes (DWD): Deutschland erlebte nun den zwölften zu trockenen April in Folge. Das meldet der nationale Wetterdienst nach ersten Auswertungen der Ergebnisse seiner rund 2.000 Messstationen. 

Temperaturunterschiede zwischen Nord und Süd

Mit 10,5 Grad Celsius (°C) lag im April 2020 der Temperaturdurchschnitt in Deutschland um 3,1 Grad über dem Wert der internationalen Referenzperiode 1961 bis 1990. Verglichen mit der wärmeren Periode 1981 bis 2010 betrug die Abweichung nach oben 2,2 Grad. Somit dürfte er der siebtwärmste April seit Messbeginn 1881 sein. Dabei gab es oft ein deutliches Süd-Nord-Gefälle.


Messung an der Wetterstation

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Kältester Ort war Deutschneudorf-Brüderwiese im Erzgebirge mit -12,0 °C. Viele wolkenlose Tage und sehr klare Luft sorgten häufig auch für außergewöhnliche Temperaturunterschiede von bis zu 25 Grad zwischen Tag und Nacht. Während in Sohland an der Spree noch 23 Frostnächte auftraten, meldete Waghäusel-Kirrlach bereits acht Sommertage von über 25 °C. 

Trockenheit: Zahlreiche Waldbrände im April

Mit knapp 17 Liter pro Quadratmeter (l/m²) erreichte der April 2020 kaum ein Drittel seines Solls von 58 l/m² und dürfte damit der dritttrockenste seit 1881 sein. Mehr Trockenheit gab es nur im April 1893 mit 3,7 l/m² und 2007 mit 4,0 l/m² gewesen. An zahlreichen Stationen vor allem im Süden und der Mitte Deutschlands fiel vom 1. bis zum 27. kein messbarer Niederschlag. Meiningen in Thüringen meldete sogar seit dem 13. März nur 0,4 l/m². Die Böden, die sich im nassen Februar meist gut mit Feuchtigkeit gefüllt hatten, trockneten in den oberen Bodenschichten wieder aus, wodurch die Waldbrandgefahr gebietsweise auf die höchste Stufe stieg. Häufig brachen auch erste Feuer aus.

Sonnenscheinreichster April seit 1951

2020 trumpfte der April mit außergewöhnlich viel Sonnenschein auf: Mit rund 294 Stunden kam er auf rund 190 Prozent des Solls von 154 Stunden. Das war etwas mehr als im bisherigen Rekordapril im Jahr 2007 mit 289 Stunden. Am längsten zeigte sich die Sonne nördlich von München mit rund 325 Stunden. Dort summierten sich die Sonnenstunden seit dem 13. März sogar auf etwa 500 Stunden. red

(Quelle: Deutscher Wetterdienst)


Lange Lieferzeiten: Wie bestellt und nicht abgeholt?

Die Landtechnikindustrie nimmt die Produktion wieder auf, wo es vorher Unterbrechungen gab. Besonders wichtig: die Versorgung mit Ersatzteilen und Neumaschinen. Dabei gibt es unterschiedliche Erfahrungen.

Je nachdem, wo man fragt, sind die Antworten auf die Lieferfähigkeit von Neumaschinen und Ersatzteilen sehr unterschiedlich. „Ersatzteile kommen – Neumaschinen nicht“ war die Überschrift in der Landmaschinenhändlerzeitschrift eilbote in Woche 17.

Fehlende Neumaschinen bewirken, dass die Kunden die schon bewertete Alttechnik länger nutzen, was zu Problemen mit der Bewertung der in Zahlung zu gebenden Maschine führe. Lücken versuchen die Händler mit Mietmaschien zu füllen, unklar ist die Beteiligung der Lieferanten an diesen Kosten.

„Wir haben keine Probleme, unsere Hauptlieferanten sitzen in Deutschland“, so ein mittelständischer Händler in Brandenburg gegenüber der Bauernzeitung. „Rechtzeitig bestellte Neumaschinen kommen, die Verträge ab April wurden und werden allerdings ohne Lieferdatum abgeschlossen.“ 

Lange Lieferzeiten und Probleme mit Zulieferern

Tendenz überall sind längere Lieferzeiten für Ersatzteile und Probleme mit italienischen Lieferanten. Besonders betrifft das einige Futtermischwagenanbieter von dort. Das stellt auch der Thüringer Bauernverband in seiner regelmäßigen Corona-Umfrage fest, bei der die Antworten von rund 100 Landwirtschaftsbetrieben einfließen. 22 % davon haben Probleme mit der Versorgung mit Ersatzteilen und 19 % mit den Sevicepartnern. Das ist deutlich mehr als zu „normalen“ Zeiten.

(c) Sabine Rübensaat

Teile, die nicht aus Deutschland kommen, ließen öfter auf sich warten. Man merke, dass es jede Woche länger dauert, an Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien zu kommen. Die meisten Händler hätten sich aber gut auf die Situation eingestellt. Da viele heruntergefahrene Werke nun wieder starten, besteht Hoffnung, dass es mit der Ersatzteilversorgung nicht viel schlimmer wird.

Fabriken laufen wieder an

Französische, britische oder italienische Landmaschinenfabriken waren von staatlich verordneten Werksschließungen betroffen. In Deutschland mussten einige Fabriken stoppen, weil Teile, vor allem aus Italien, fehlten

Inzwischen kann vielerorts wieder von einen Anlauf unter entsprechenden Sicherheitsvorschriften berichtet werden. Bei John Deere in Mannheim gab es Ende März eine Unterbrechung von einer Woche. Seit 20. April produzieren die Claas-Standorte Harsewinkel, Le Mans, und Törökszentmiklós. Es folgte Metz. In Bad Saulgau gab es keine Unterbrechung. Bei AGCO/Fendt starteten die Bänder in Markt­oberdorf, Asbach-Bäumenheim, Waldstetten und Hohenmölsen in der Woche vor dem ersten Mai.

Massey Ferguson nahm die Produktion in Beauvais am 27. April wieder auf. Auch bei Same Deutz-Fahr Deutschland in Lauingen begannen am 27. April die Bänder wieder zu laufen. Bei Joskin gab es keine nennenswerten Unterbrechungen. Manitou hat die Produktion in seinen Werken in Frankreich und Italien teilweise wieder aufgenommen. Am 4. Mai meldete die allgemeine Presse, dass in Italien die Fabriken wieder arbeiten dürfen.

Mittelständische Gerätehersteller in Deutschland haben fast alle ohne nennenswerte Unterbrechung weitergearbeitet. Im Vorteil ist momentan, wer mit einer vergleichsweise hohe Fertigungstiefe arbeitet und/oder sich für eine entsprechende Lagerhaltung entschieden hat. moe


Grünlandernte: Regen sorgt für Wachstum

Im zweiten Teil der Serie „Futter aktuell“ aus Brandenburg zeigt sich die positive Wirkung der Regenschauer der letzten Tage. Das Grünland konnte dadurch an Ertrag zulegen und der erste Schnitt dürfte in Kürze beginnen.

Von Prof. Dr. Gerhard Weise und Dr. Jürgen Pickert*

Trotz der wachstumshemmenden Trockenheit führten die warmen Temperaturen bis zur Probenahme auf dem Grünland in Brandenburg am 28. April mit durchschnittlich 2,6 g pro Tag zu einem mittleren Anstieg des Rohfasergehaltes in der Trockenmasse. Außer auf sehr leichten Standorten lagen die Rohfasergehalte zumeist noch deutlich unter 20 %. Allerdings nahm die Differenzierung zwischen den Standorten zu.

Je nach Niederschlagsgeschehen der letzten Tage haben sich die Wachstumsbedingungen auf dem Grünland verbessert und auch einen Ertragsanstieg eingeleitet. In Abhängigkeit vom pflanzenverfügbaren Wasser im Boden, der Bodentemperatur und den Bestandsbildnern sind nun zunehmend größere schlagspezifische Unterschiede im Reifegrad der Grünlandbestände gegeben.

Termin zur Grünlandernte: Warten kann sich lohnen

Ausgehend von der Zielstellung, Rohfasergehalt beim Schnitt zwischen 20 bis 24 % in der Trockenmasse und möglichst hoher Trockenmasse-Ertrag, empfiehlt es sich, die verbesserten Wachstumsbedingungen nach dem 28. April noch optimal für die Ertragsbildung zur Grünlandernte zu nutzen. 


Inhaltsstoffe (in % der Trockenmasse) intensiv bewirtschafteter Grünlandbestände am 28. April 2020 im Vergleich zur Vorwoche

Nr.RegionStandortRohfaserRohfaserADF1)ADF1)
21.04.28.04.21.04.28.04.
1Randow-Welse-BruchNiedermoor13181420
2Randow-Welse-BruchNiedermoor14181517
3OberhavelMineralboden17191921
4OberhavelMineralboden18212023
5RuppinNiedermoor15151717
6RuppinMineralboden14171418
7RuppinMineralboden13141416
8Jägelitz-Dosse-NiederungAnmoor15171719
9Jägelitz-Dosse-NiederungAnmoor15171719
10Jägelitz-Dosse-NiederungAnmoor14161418
11Jägelitz-Dosse-NiederungNiedermoor15171718
12Nuthe-UrstromtalNiedermoor16151917
13Nuthe-UrstromtalAnmoor16191721
14Nuthe-UrstromtalAnmoor15161618
15Niederer FlämingNiedermoor16181619
16Niederer FlämingAnmoor14171518
17Niederer FlämingAnmoor15151616
1) Acid-Detergent-Fiber

Bis auf wenige Ausnahmen dürfte der Beginn des ersten Schnittes vom intensiv bewirtschafteten Grünland voraussichtlich nicht vor dem 5. Mai liegen. Die Ergebnisse im dritten Teil „Futter aktuell“ werden eine sichere Aussage für diese Orientierung bringen.


*Prof. Dr. Gerhard Weise, Dr. Jürgen Pickert,
Paulinenauer Arbeitskreis Grünland und Futterwirtschaft e.V.


Die Probefläche auf diesem Ackergrasschlag in Zarnekow bei Demmin befindet sich repräsentativ mitten im Bestand. Foto: Wieland Niecke

Mehr aus der Serie „Futter aktuell“

1. Reifeschätzung für den ersten Grünlandschnitt 2021


Nur die Besten bleiben im Bestand

Bei unserem Praxispartner in Sachsen standen Lammbonitur und Weideaustrieb an. Die Futtergrundlage auf den Weiden des LVG Köllitsch ist noch gut, doch in diesem Jahr gibt es weniger Weidefläche. Und der wenige Regen macht dem LVG Sorgen.

Kurz nach Ostern ging es raus: Für die meisten Köllitscher Schafe hat mittlerweile wieder die Weidesaison begonnen. Zunächst rund 160 Tiere des Lehr- und Versuchsgutes (LVG) weideten auf den Elbdeichen, ein kleinerer Teil, 65 Schafe, die später abgelammt hatten, stand noch im Stall. Darüber hinaus stehen sechs Muttern für die Testanpaarungen mit zwei zugekauften Böcken auf den Wiesen in Stallnähe.

Auszubildende Alicia Keller packt bei der Lammbonitur beherzt mit an. Fotos (c) Karsten Bär

Die Futtergrundlage sei derzeit noch gut, meint Birgit Kurze, Bereichsleiterin Schweine und Schafe im LVG. „Mit dem Aufwuchs sind wir nicht unzufrieden.“ Allerdings werde es Zeit, dass wieder ergiebiger Regen fällt und für Pflanzenwachstum auf den Weiden sorgt. Zumal in diesem Jahr die Weidefläche wegen Deichbauarbeiten zur Verbesserung des Hochwasserschutzes an der Elbe geringer ist als sonst.

Während die Muttern bereits den Elbdeich beweideten, wurden die Köllitscher Lämmer vergangene Woche durch den Sächsischen Schaf- und Ziegenzuchtverband (SSZV) bonitiert. 294 Tiere, davon 161 weibliche, wurden von SSZV-Zuchtleiter Hanno Franke begutachtet und zum Verkauf oder zum Verbleib im Bestand eingeteilt. „Bei den Zibben hat Hanno Franke recht streng selektiert“, so Birgit Kurze. Nur 48 weibliche Lämmer, 23 der Rasse Merinofleischschaf (MFS) und 25 der Rasse Schwarzköpfiges Fleischschaf (SKF) verbleiben im Bestand. „Aber aus Sicht des Zuchtleiters ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Tiere im Herbst auch ins Herdbuch aufgenommen werden“, erklärt die Bereichsleiterin. In dieser Größenordnung würden auch Nachtreter für die Eigenerhaltung des Bestands benötigt.

Im Verglich zu den Zibben fiel die Zahl der jungen Böcke, die vorerst im Bestand verbleiben, recht groß aus: Zehn MFS- und fünfzehn SKF-Jungböcke wählte der Zuchtleiter aus. „Das ist schon viel“, verdeutlicht Birgit Kurze. Im Herbst entscheidet sich dann, wie viele von ihnen tatsächlich zur Körung vorgestellt werden. In die Schlachtung gehen 173 Lämmer. 88 davon haben bereits das nötige Gewicht von 38 kg erreicht und wurden vergangene Woche verkauft. Die restlichen 85 sind Ende Mai, Anfang Juni dran.



„Der Markt ist auf Talfahrt, aber wir haben noch einen relativ guten Preis vereinbaren können“, ist die Bereichsleiterin froh. Ab Hof verkauft wurden inzwischen auch einige der Böcke, die eigentlich auf der im März geplant gewesenen Auktion in Kölsa zur Versteigerung stehen sollten. Von fünf SKF-Vererbern haben vier einen neuen Besitzer, der fünfte ist reserviert. Bei den MFS-Böcken, die für die Elite ausgewählt waren, wurde ein Vererber verkauft, ein weiterer reserviert. kb


„Lauf, Robby, lauf…“

Was trieb den Extremsportler Robby Clemens an, rund 23.000 Kilometer vom Nordpol in Richtung Südpol zu Fuß zurückzulegen? Welche Erlebnisse und Eindrücke waren am nachhaltigsten? Wir haben nachgefragt.

Das Gespräch führte Wolfgang Herklotz
Fotos: Robby Clemens, Sabine Rübensaat (2)

Sie haben bei Ihrem jüngsten Fußmarsch mehr als ein Dut­zend Länder durchquert. Wie oft gab es die Versuchung, das unglaubliche Projekt abzubre­chen?
Aufzuhören kam nie infrage, selbst in den kritischsten Momenten nicht.

Welche waren das vor allem?
Grönland war schon eine enorme Herausforderung. Wenn Du das Zelt verlässt, um noch einmal vor der Nacht einem ganz natürlichen Bedürfnis nachzugehen und dann bei minus 40 Grad in einem Eisloch hockst, ist das schon ziemlich gewöhnungsbedürftig.

Aber sicherlich auch, am nächs­ten Morgen wieder in Gang zu kommen, oder?
Klar, das braucht ein bisschen Zeit. Man bewegt erst das eine Bein, dann das andere, und langsam kommt die Erkenntnis: Du lebst noch! Diese ist für mich ohnehin so eine Art Schlüsselerlebnis. Durch das Laufen habe ich zu meinem Leben zurückgefunden!


Video (c) Sabine Rübensaat

Welche besonders kritische Phase gab es noch?
Auf meiner Tour durch Texas wäre ich um ein Haar von Hunden zerfleischt worden. Die hatten die Größe von Kälbern, und ihr wütendes Gebell habe ich immer noch im Ohr. Die Hunde liefen am Zaun innerhalb einer Farm Richtung Tor, doch das stand dummerweise offen. Mein Glück war, dass gerade Autos vorbeirasten und der erste Vierbeiner durch die Luft flog … Dann kam der Farmer und pfiff die wütende Meute zurück. Glück gehabt, dachte ich mir.

Das haben Sie vermutlich noch zig weitere Male gebrauchen können.
Vor allem auf den Straßen Südamerikas lauerten große Gefahren. Obwohl es sich zumeist nur um miserable Schotterpisten handelt, sind dort die Autos und Laster wie Geschosse unterwegs. Die Wahrscheinlichkeit, umgebrettert zu werden, ist nach meiner Erfahrung viel größer, als von bewaffneten Drogenhändlern und sonstigen Banditen umgelegt zu werden, obwohl die reichlich unterwegs sind. Einmal dachte ich dann aber doch, dass mir das passiert.

Wo war das?
Auf einer Landstraße schon ziemlich im Süden Mexikos. Ein Pick-up fuhr ganz langsam vorbei, darin saßen vermummte, ziemlich grimmig dreinschauende Gesellen. Eindringlich musterten sie mich und meinen Begleiter, der seit Texas in einem gebrauchten Kombi der Marke Dodge vorsorglich ein Stück hinter mir her fuhr. Vorher hatte ich ja nur einen Buggy, also einen Kinderwagen, vor mir hergeschoben, um das Gepäck zu transportieren. Doch das nur nebenbei. Die Situation war mehr als brenzlig, aber schließlich fuhr der Pick-up vorbei und ließ eine riesige Staubwolke hinter sich. Doch irgendwann kam er zurück, und ich dachte: Das wars! Doch dann stieg vorn eine sehr betagte Mexikanerin aus. Sie begrüßte mich freundlich, streckte mir ihre knorrigen Finger entgegen und kniff mir in die Wange.

Wie das?
Ihre Söhne waren auf der Rücktour vom Ernteeinsatz gewesen, als sie mich überholt hatten. Zuhause erzählten sie das ihrer Mutter, und schnell wurde klar, dass ich der verrückte Deutsche zu Fuß durch Mexiko sein musste, über den ein Regionalsender berichtet hatte. Also ging es sofort zurück, um dem seltenen Gast nebst Begleiter dann auf der Ladefläche ein opulentes Mahl mit mexikanischen Köstlichkeiten zu bereiten. Es gab Tortillas, Bohnen und Zwiebeln, Salsa und Hühnchen, auf einer Tischdecke fein angerichtet.



Ein Festmahl nach all den Tüten­suppen …
Absolut. Auf den Touren von Nord nach Süd war meistens Schmalhans der Küchenmeister. Umso mehr konnte ich die Gastfreundschaft vieler Menschen unterwegs genießen. Nicht die Gefahren durch Eisspalten oder mögliche Überfälle sind es, die im Gedächtnis bleiben, sondern die unzähligen tollen Begegnungen mit den Menschen entlang meiner Tour.

Sie haben all Ihre Erlebnisse in Ihrem Buch „Bis ans Ende der Welt …“ eindrucksvoll beschrie­ben. Das half, die Reise zu sich selbst zu verarbeiten. Sind Sie inzwischen angekommen?
Nein. Das Buch hat eine Menge dazu beigetragen. Aber in Gedanken bin ich immer noch unterwegs. Und zehre immer wieder davon, was ich an Ermutigung und Beistand gerade in schwierigen Situationen erfahren habe.

Erzählen Sie!
Dazu muss man wissen, dass ich schon vorher zahlreiche Aktionen zu Fuß gestartet habe. Meine persönliche Erkenntnis lautet: Auch wenn man noch so am Boden liegt, ein Aufstehen lohnt allemal! Dies möchte ich anderen vermitteln und engagiere mich deshalb auch als Botschafter des Vereins Haus Leben, der sich um die Betreuung von Krebskranken und ihrer Angehörigen kümmert. Als ich gerade bei der Grönland-Querung via Facebook und Twitter andere wissen ließ, dass es doch gerade ziemlich schwierig für mich wird, überraschte mich die Flut von Rückmeldungen aus meiner „Gemeinde“. Die Botschaft: Wenn Du das schaffst, schaffen wir das auch! Damit hatte ich wahrlich nicht gerechnet und dachte mir: Jetzt hast Du ja einen tonnenschweren Rucksack an Erwartungen! Was mir anfangs wie eine Last erschien, erwies sich dann als zusätzliche Motivation. Ich wusste, dass ich auch in den kritischsten Augenblicken nicht allein bin, sondern viele Menschen hinter mir habe!


Abendstimmung in Südamerika.
Abendstimmung in Südamerika.

Was war eigentlich der Auslöser für Ihre ungewöhnlichen Vorhaben?
Meine Alkoholsucht, die wiederum mit der Pleite meines Unternehmens zusammenhing. Nach der Wende war ich, wie man so sagt, richtig durchgestartet. Der Sanierungsbedarf für Sanitär- und Heiztechnik war damals riesig, meine Firma entwickelte sich prächtig und verzeichnete Millionenumsätze. Ich rauchte dicke Zigarren, fuhr teure Autos, machte teuer Urlaub. Und dann kam der Crash. Das Imperium eines Herrn namens Utz Jürgen Schneider, der Immobiliengeschäfte in Leipzig gemacht und dann Milliardenverluste eingefahren hatte, brach über Nacht zusammen. Für meine Firma bedeutete das ein Minus von mehr als zwei Millionen Mark! Die Leistungen, die wir auf verschiedenen Baustellen erbracht hatten, wurden von einem Tag zum anderen nicht mehr bezahlt. Ich musste Leute entlassen, darunter auch Schwester und Schwager. Das war so unfassbar bitter. Eine Pleite in Deutschland hinzulegen, und sei sie unverschuldet, ist schlimmer als die Pest! Ich suchte Auswege im Glas, doch die fand ich nicht. Es wurde alles nur noch schlimmer!

Wie kamen Sie raus aus dieser Misere?
Ich hatte einen sehr verständnisvollen, aber auch sehr direkten Hausarzt. Der gab mir unmissverständlich zu verstehen, dass es ein böses Ende nimmt, wenn ich mich nicht aufraffe. Der Termin für eine Entziehungskur stand schon fest, als mir einer meiner Saufkumpane von einem Schicksalsgenossen erzählte, der seine Sucht durch das Laufen in den Griff bekommen hatte. Den Gedanken fand ich viel verlockender als in die Klinik zu gehen. Ich kratzte die paar noch verbliebenen Ersparnisse zusammen, um mir vernünftige Laufschuhe zu kaufen. Und dann gings los!



So einfach?
Von wegen! Nach den zweihundert Metern war ich schon am Ende, konnte nicht mehr. Zu dieser Zeit wog ich mehr als 120 Kilo, hatte keine Kondition, doch dafür noch jede Menge Alkohol in mir. Doch ich wollte nicht aufgeben, zumal ich ein paar Zuschauer hatte, die mein Tun aufmerksam verfolgten. Einer feuerte mich sogar an, rief: Lauf, Robby, lauf!

Frei nach dem Film „Forrest Gump“, in dem der Schauspieler Tom Hanks einen Laufbesessenen darstellt?
Genau, obwohl ich den Film damals noch nicht kannte. Mir war nach den ersten Läufen mitunter hundselend zumute, doch irgendwann merkte ich, dass mir die Bewegung doch guttat. Also lief ich weiter, vergrößerte Stück für Stück die Distanzen, entdeckte neue Ziele. Diverse Fußmärsche und gar eine Erdumrundung zumindest auf dem Festland hatte ich bereits hinter mir, als ich dann auf die Idee mit der Nord-Süd-Tour kam.

Inspiriert durch den Schlagersänger Frank Schöbel, der seinerzeit versprach, vom Nordpol zum Südpol zu gehen?
Ja, dieses Lied ging mir bei einem meiner Läufe durch den Kopf, obwohl ich eher die Musik von Rammstein mag. Aber die Idee an sich fand ich schon bemerkenswert. Nur dass ich die Route eben nicht wegen eines banalen Kusses wählen wollte, sondern um zu mir selbst zu finden.



Wie haben Sie den Marsch trotz des gewaltigen Schuldenbergs finanzieren können?
Vor allem durch die großartige Unterstützung meiner Familie und meiner geliebten Frau. Das Verständnis war viel wichtiger als alles Finanzielle. Wir haben verkauft, was wir konnten, und auch Spendengelder über eine Crowdfunding-Plattform eingesammelt. Zudem gab es kleine Sponsoren, die das Projekt unterstützten. Letztendlich wurde dieses aber zum größten Teil aus eigenen Mitteln finanziert.

Hatten Sie Kontakt zu Frank Schöbel?
Ja, er war von meinem Vorhaben sehr begeistert und hat auch mit dafür gesorgt, dass der bereits erwähnte Dodge als treuer Begleiter angeschafft werden konnte. Ich habe ihn dann Franky genannt.

Wie kam es, dass Sie Ihre Wanderung kurz vorm Ziel beendeten, knapp fünfhundert Kilometer vom Südpol entfernt?
Das letzte Stück zu meistern, wäre trotz der relativ geringen Entfernung nur mit großem Aufwand zu schaffen gewesen. In der Antarktis gibt es kaum Infrastruktur, Transport von Gepäck und Begleitung sind extrem teuer und kosten Zehntausende Dollar. Selbst wenn ich diese Mittel aufgetrieben hätte: Die eigentlichen Erlebnisse, die tollen Begegnungen mit Menschen hatte ich vor der Eiswüste ja hinter mir. Und schließlich wollte ich nach 19 Monaten endlich wieder nach Hause, zu meiner Familie! Den Südpol hatte ich ja zumindest gefühlsmäßig schon zig Male erreicht!


Robby Clemens während seines Nordpolmarathons
Robby Clemens während seines Nordpolmarathons

In Ihrem Buch berichten Sie von einem besonderen Geschenk, das Ihnen von einem krebskranken Mädchen überreicht wurde.
Es handelt sich um eine Feder, die die kleine Amanda aus Philadelphia seinerzeit von ihren Eltern als Trostspender bekam. Einem indianischen Brauch zufolge sollte damit Unheil abgewendet werden. Wie immer das auch geschah, das Mädchen wurde wieder gesund und schenkte mir dann bei unserer Begegnung mit strahlenden Augen die Feder und sagte: „Sie hat mir das Leben gerettet, aber jetzt brauche ich sie nicht mehr. Sie soll Dich beschützen, damit Du gut nach Hause kommst!“ Ich habe diesen Talisman gut aufgehoben, er begleitet mich bei meinen Vorträgen und Buchlesungen.

Was möchten Sie mit diesen vermitteln?
Vor allem, dass man sich nie aufgeben darf. Und auch nicht von Leuten anstecken lassen sollte, die Neid schüren und Unzufriedenheit verbreiten. Ich habe viele Male erlebt, wie Menschen gerade in Südamerika trotz ihrer bescheidenen Mittel so gern mit uns teilten und mit warmen Worten von Deutschland sprachen. Was sind unsere vermeintlichen Probleme schon im Vergleich zu denen vieler Bewohner Ecuadors, Mexikos oder Guatemalas?

Sagt einer, der weiter einen Schuldenberg abtragen muss. Empfinden Sie noch Wut auf den Spekulanten namens Schneider?
Nein, denn wenn es den nicht gegeben hätte, dann wäre ein anderer gekommen. Es waren und sind die Banken, die solche Geschäfte erst zulassen und dann andere dafür büßen lassen, wenn sie platzen.


Robby Clemens am Titicaca See in Peru
Robby Clemens am Titicaca-See in Peru

Was ist schon der Einbruch in eine Bank im Vergleich zur Gründung einer solchen, hat Brecht mal sinngemäß gesagt.
Genialer Mann.

Sie sind mittlerweile wieder gut im sachsen-anhaltischen Hohenmölsen angekommen und voller Pläne. Was wünschen Sie sich und Ihrer Familie?
Vor allem Gesundheit. Und meinen Enkeln wünsche ich, dass sie sich ihre eigenen Träume erfüllen, vor allem aber lernen, Demut und Dankbarkeit zu zeigen. Dies ist für ein vernünftiges Leben in der Gesellschaft, wie ich erfahren habe, wichtiger als alles andere und gebe es gern weiter.


Das Interview mit Robby Clemens lesen Sie auch in der
Bauernzeitung Ausgabe 18/2020.

Autor Wolfgang Herklotz im Gespräch mit Robby Clemens.
Autor Wolfgang Herklotz im Gespräch mit Robby Clemens.

Weizen boomt – doch die Produktion macht Sorgen

Dem Absatz von Getreide hat die Coronakrise kaum geschadet. Eher im Gegenteil: Weizen machte beim Verkauf zuletzt viel Freude. Trotzdem blicken die Anbauer mit Unbehagen auf die nächste Ernte.

Von Gerd Rinas, Karsten Bär und Frank Hartmann

Der Weizenexport aus dem Rostocker Überseehafen brummt wie lange nicht. „Daran war im vergangenen Herbst nicht zu denken“, sagt Niklas Gluth-Mansfeldt, Getreidehändler bei der Hauptgenossenschaft (HaGe) Nord, Kiel. Noch im September schmähte der Markt die neue Ernte. „Im November, Dezember ging die Sause los. Im Januar wurde in Rostock ein Schiff nach dem anderen voll gemacht“, berichtet Gluth-Mansfeldt.

Dabei hätten die Exporteure vor Ort und die Euroports Getreide Service Rostock GmbH als Dienstleister eng zusammengearbeitet. Neben der HaGe verfügen die Unternehmen GT Rostock (Beiselen), Ceravis, RGL (ATR und ADM Germany) sowie die Getreide AG über eigene Silo- und Umschlagsanlagen im Rostocker Hafen. Hier wird seit Jahren so viel Getreide exportiert wie in keinem anderen deutschen Hafen.

Corona trübte die Laune

Die ersten Meldungen zum Coronavirus im Februar trübten die gute Stimmung bei den Händlern aber schlagartig: Was, wenn Mitarbeiter sich infizieren und die Geschäfte nach Betriebsschließung nicht abgewickelt werden könnten? „Dieser Fall trat bisher nicht ein, auch wegen umfangreicher Vorsorgemaßnahmen im Hafenbetrieb“, so Gluth-Mansfeldt erleichtert. Seit Januar wurden 1,5 Mio. t Getreide verschifft, so viel wie lange nicht. Nach übereinstimmenden Informationen Marktbeteiligter wird Deutschland im laufenden Wirtschaftsjahr (bis 30. Juni) wohl über vier Millionen Tonnen Weizen exportieren. Das gelang in den letzten Jahren nicht ansatzweise. Wie es zu der diesjährigen Export-Rallye kommen konnte, darüber gibt es unter Experten nur Spekulationen.


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Das Restprogramm der Kampagne ist überschaubar. „Wegen der hohen Exportnachfrage wurde gerade im Norden die Ware sehr früh verkauft. Die Läger im Norden sind weitgehend leer. Corona-bedingte Reduzierungen beim Export sind kaum noch zu erwarten“, so Gluth-Mansfeldt. Sein Tipp für Risikofreudige: „Wenn wir wetterbedingt eine verzögerte Ernte sehen, kann alterntiger Weizen nochmal sehr gesucht werden.“

Sachsen klagen nicht

Ebenfalls keinen Grund, über den Markt zu klagen, sieht Wolfgang Grübler, Vorsitzender der Getreide-Erzeugergemeinschaft „Meißner Land und Großenhainer Pflege“. „Der Preis war zwischenzeitlich am Boden, hat sich aber wieder erholt“, sagt er. Jährlich rund

45.000 t Weizen und 15.000 bis 20.000 t Roggen erzeugen die 32 EZG-Mitglieder, die in der Lommatzscher Pflege und in der weniger begünstigten Großenhainer Pflege östlich der Elbe wirtschaften, im Qualitätsgetreideprogramm „Sachsens Ährenwort“ für die Dresdner Mühle. Die Menge, die seine und weitere EZG unter dem Dach der Interessengemeinschaft der Erzeugerzusammenschlüsse (IGE Sachsen) über „Ährenwort“ vermarkten, beläuft sich auf bis zu 200.000 t Weizen und 110.000 t Roggen. Allerdings seien die Märkte volatiler geworden – und dass der Preis, aus welchen Gründen auch immer, wieder ab stürzen könnte, will Grübler nicht ausschließen. Momentan macht dem EZG-Vorsitzenden und Chef des Agrarunternehmens Lommatzscher Pflege eG ein Umstand bedeutend mehr Sorgen als die Marktentwicklung: die anhaltende Trockenheit.

Gerste ohne Höhenflüge

Für die Anbauer von Sommerbraugerste erwartet Dietrich Kaiser, Vorsitzender des Thüringer Braugerstenvereins und Geschäftsführer der Malzwerke Erfurt, keine preislichen Höhenflüge. Die Coronakrise schlägt beim Fassbierabsatz ein, der hierzulande rund 19 % des Marktes ausmacht – in Südeuropa sind es bis zu 40 %. Heimische Mälzer, die Brauereien mit dem Fokus auf die Gastronomie beliefern, bekommen dies zu spüren.

Kaiser erwartet, dass der Bierabsatz in diesem Jahr um 10 bis 20% zurückgehen kann. Weil Deutschland Braugerstenimporteur ist, dürften aber Landwirte davon ausgehen, dass sie ihr Braugetreide vermarktet bekommen, selbst wenn man mit hohen Beständen aus dem Vorjahr in die neue Ernte geht. 2019 wurde rund ein Fünftel der deutschen Sommerbraugerste in Mitteldeutschland erzeugt.