Was Betriebe zum Schutz ihrer Mitarbeiter vor dem Coronavirus tun, haben uns zwei Brandenburger Landwirte in einem Video erzählt. Zunicken ersetzt den Handschlag am Morgen – soziale Distanz klappt auch in der Landwirtschaft.
Von Sabine Rübensaat und David Benzin
In der aktuellen Lage rund um das Coronavirus geht jeder Betrieb anders vor. Wir haben die Betriebsleiter der Agro-Farm Nauen und des Havellandhofes Ribbeck in Brandenburg besucht und nach ihren Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter und des Betriebsablaufs gefragt. Beide Landwirte nehmen in Zeiten des Coronavirus die Empfehlungen der Bundesregierung zur Vermeidung unnötiger sozialer Kontakte ernst. Sie empfehlen aber auch, nicht in Panik zu geraten.
Das Coronavirus sorgt für einen Ausnahmezustand in Deutschland. Die Auswirkungen bekommt auch die Landwirtschaft zu spüren. In unserem Schwerpunkt geben wir Landwirten Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um die Coronakrise.
Von Frank Hartmann, Klaus Meyer, Ralf Stephan, David Benzin, Fotos: Sabine Rübensaat
In Zeiten des Coronavirus treiben die Bevölkerung mehr Fragen um denn je. Auch in der Landwirtschaft ist vieles ungewiss und besondere Maßnahmen sind erforderlich. Hier erfahren Sie, wie Sie ihren landwirtschaftlichen Betrieb am Laufen halten, was arbeitsrechtlich in einer Quarantänesituation zu beachten ist und was Betriebe mit einem Bedarf an Saisonkräften tun können.
Fragen & Antworten zur Corona-Krise
Wie minimiere ich das Risiko, dass Mitarbeiter ausfallen?
Sind Desinfektionsmaßnahmen notwendig?
Gelten besondere Hinweise für Schweinehalter?
Wie sollen sich die Mitarbeiter außerhalb der Arbeitszeit verhalten?
Können Mitarbeiter mit Kindern trotz Schul- und Kitaschließung weiterarbeiten?
Können Mitarbeiter bei einer Ausgangssperre noch zu ihrem Arbeitsplatz fahren?
Was passiert, wenn ein oder mehrere Mitarbeiter positiv auf Covid-19 getestet wurden?
Hat ein Landwirt im Ernstfall Anspruch auf Betriebshilfe durch die Sozialversicherung?
Wird die Milch weiterhin abgeholt?
Wird weiterhin Schlachtvieh abgeholt?
Bieten der Landhandel oder Futtermittelhersteller weiter ihre Dienste an?
Während Corona: Was sind die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
Dürfen Arbeitnehmer aus Angst von der Arbeit fernbleiben?
Bekommen Mitarbeiter während der Quarantäne weiterhin ihr Gehalt?
Welche Lösungen gibt es für Betriebe, die auf Saisonkräfte angewiesen sind?
Inwiefern gibt es Unterstützung vom Bund bei der Suche von Ersatzarbeitskräften?
Hilfe zur Selbsthilfe beim Coronavirus – welche Angebote gibt es für Landwirte?
Corona-Krise: Die wichtigsten Antworten
Wie minimiere ich das Risiko, dass Mitarbeiter ausfallen?
Die Angestellten sollten in Kohorten eingeteilt werden. Personal- bzw. Schichtpläne sind so zu gestalten, dass ausschließlich immer die gleichen Teams zusammenarbeiten bzw. Kollegen Kontakt haben. Wo es möglich ist, sollten etwa unterschiedliche Eingänge und separate Räume genutzt. Maßnahmen müssen immer mit dem Gesundheitsamt abgestimmt werden. zurück
Sind Desinfektionsmaßnahmen notwendig?
Regelmäßige Desinfektionsmaßnahmen werden empfohlen. Das betrifft sowohl Pausenräume als auch Arbeitsplätze. In sensiblen Bereichen der Tierproduktion wie der Schweineproduktion, sollten Einweghandschuhe und Schutzmasken getragen werden. zurück
Gelten besondere Hinweise für Schweinehalter?
In schweinehaltenden Betrieben sollte ein Notfallplan vorliegen. Dieser beinhaltet Ansprechpartner für den Notfall, die sich mit den Gegebenheiten auf dem Betrieb auskennen (z. B. Familienangehörige und Nachbarn). Wichtige Informationen für Schweinehalter im Umgang mit dem Coronavirus hat auch das Zuchtunternehmen PIC zusammengetragen. zurück
Wie sollen sich die Mitarbeiter außerhalb der Arbeitszeit verhalten?
Bitten Sie die Mitarbeiter eindringlich darum, soziale Kontakte in der Freizeit auf das Notwendigste zu reduzieren. Kollegen sollten sich nicht privat zum Feierabendbier oder im Verein treffen. zurück
Können Mitarbeiter mit Kindern trotz Schul- und Kitaschließung weiterarbeiten?
Es gibt an Schulen und Kitas eine Notbetreuung, wenn Eltern in Betrieben der kritischen Infrastruktur arbeiten. Die Landwirtschaft zählt in allen ostdeutschen Bundesländern dazu (Thüringen nur „Betriebe mit größeren Tierbeständen“). zurück
Können Mitarbeiter bei einer Ausgangssperre noch zu ihrem Arbeitsplatz fahren?
Bislang gibt es noch keine Ausgangssperre. In anderen EU-Ländern dürfen die Menschen trotz einer solchen Sperre zur Arbeit fahren. zurück
Was passiert, wenn ein oder mehrere Mitarbeiter positiv auf Covid-19 getestet wurden?
Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, müssen in Quarantäne. Hatten diese Kontakt zu anderen Mitarbeitern, wird auch für diese eine Quarantäne angeordnet. Daher ist es so wichtig, Kontakte unter den Mitarbeitern so weit wie möglich zu unterbinden (siehe oben). zurück
Hat ein Landwirt im Ernstfall Anspruch auf Betriebshilfe durch die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau?
Anspruch auf Betriebs- und Haushaltshilfe besteht nur, wenn man am Coronavirus erkrankt ist. Wird eine im Familienbetrieb tätige Person auf behördliche Anordnung „nur“ unter Quarantäne gestellt, besteht kein Anspruch auf Betriebshilfe. zurück
Wird die Milch weiterhin abgeholt?
Die Molkereiwirtschaft stellt die Milchabholung sicher, selbst für den Fall einer Quarantäne. Grundsätzlich sollte Kontakt zu den Fahrern der Milchsammelwagen unterlassen werden. Vor der Milchabholung ist die Desinfektion der Kontaktstellen in der Milchkammer angezeigt. zurück
Wird weiterhin Schlachtvieh abgeholt?
Ja, Schlachtvieh wird weiterhin abgeholt. Tönnies etwa teilte mit, dass man schon vor Wochen Vorbereitungen an den Produktionsstandorten getroffen habe. Die Zusammenarbeit mit den Landwirtschaftsbetrieben sei nicht gefährdet. In Weißenfels werde auf gewohnt hohem Niveau produziert. Grundsätzlich seien alle Partner angewiesen, die Hygiene- und Vorbeugemaßnahmen in den Geschäftsabläufen zu erhöhen. zurück
Bieten der Landhandel oder Futtermittelhersteller weiter ihre Dienste an?
Weiterhin geöffnet hat der Landhandel. Die BayWa AG etwa informierte, dass ihre Agrar-, Agrartechnik- und Baustoffbetriebe zu den gewohnten Zeiten offenbleiben. Auch die Versorgung mit Tierfutter aus den Mischfutterwerken ist sichergestellt, so der Deutsche Verband Tiernahrung. Auch die Südzucker AG als Futtermittellieferant beliefert die Landwirte. zurück
Was sind die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern?
Der Arbeitgeber ist laut Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter bei der Arbeit gewährleisten und ihm möglich und zumutbar sind. Wiederum sind die Arbeitnehmer verpflichtet, jede erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sofort dem Arbeitgeber zu melden und dessen arbeitsschutzrechtlichen Weisungen nachzukommen. zurück
Was sind die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern?
Wenn Arbeitnehmer in den letzten 14 Tagen mit infizierten und/oder mit Personen, die unter Infektionsverdacht stehen beziehungsweise in gefährdeten Gebieten waren, in Kontakt standen, müssen sie ihren Arbeitgeber darüber informieren. Wegen der extremen Ausbreitungsgefahr des Coronavirus ist eine Infektion meldepflichtig. Arbeitnehmer, die Symptome einer Coronaviruserkrankung aufweisen, sollten schnellstmöglich ihren Hausarzt oder den medizinischen Dienst kontaktieren. Normalerweise erfolgt ein Covid-19-Test. Mittels Befragungen wird festgestellt, mit welchen Kollegen die betroffene Person im unmittelbaren Kontakt stand. Die Meldung an das zuständige Gesundheitsamt übernimmt in der Regel der medizinische Dienst oder der Hausarzt. zurück
Dürfen Arbeitnehmer aus Angst von der Arbeit fernbleiben?
Nein, ein nicht erkrankter Arbeitnehmer hat die Pflicht, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. zurück
Darf der Landwirt als Arbeitgeber die restlichen Mitarbeiter darüber informieren, dass ein Kollege am Coronavirus erkrankt ist?
Ja, sobald der Verdacht einer Ansteckung besteht oder ein Arbeitnehmer an dem Virus erkrankt ist, muss der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht gegenüber den übrigen Beschäftigten nachkommen. Im berechtigten Interesse zum Schutz von Gesundheit und Leben der übrigen Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber über die Viruserkrankung im Unternehmen zu informieren. zurück
Bekommen Mitarbeiter während der Quarantäne weiterhin ihr Gehalt?
Ja. Wenn sie tatsächlich krankgeschrieben sind, gelten die normalen Regeln für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Der erkrankte Mitarbeiter bekommt dann sechs Wochen lang sein Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld. Werden Mitarbeiter jedoch vorsorglich unter Quarantäne gestellt, greift das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (IfSG). Betroffene erhalten gemäß § 56 Abs. 1, 2 dann eine Entschädigung in Höhe des Krankengeldes, das auch die gesetzliche Krankenkasse zahlen würde: Das sind 70 % des Bruttogehalts, aber nicht mehr als 90 % des Nettogehalts. Außerdem ist die Summe auf 109,38 € pro Tag gedeckelt (Stand 2020). Den Betrag zahlt für sechs Wochen der Arbeitgeber. Dieser kann sich das Geld aber später von der Behörde zurückholen, die die Quarantäne angeordnet hat. Den Antrag muss er innerhalb von drei Monaten stellen. zurück
Darf der Landwirt als Arbeitgeber wegen fehlender Mitarbeiter durch das Coronavirus für die restlichen Arbeitnehmer Überstunden anordnen?
Arbeitnehmer sind grundsätzlich nur dann zur Leistung von Überstunden (wenn die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit überschritten wird, spricht man von Überstunden) verpflichtet, wenn sich dies aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Arbeitsvertrag ergibt. Es kann jedoch auch eine Nebenpflicht zur Leistung von Überstunden bestehen, wenn durch die geforderten Überstunden ein sonst dem Arbeitgeber drohender Schaden, der auf andere Weise nicht abgewendet werden kann, vermieden wird. Dies könnte auch dann der Fall sein, wenn es beispielsweise aufgrund von Covid-19-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen kommt. zurück
Bestehen keine vertraglichen Bestimmungen über die Bezahlung der Überstunden, kann der Arbeitnehmer zumindest die Grundvergütung für die Überstunden verlangen. Der Anspruch auf Überstundenvergütung setzt voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden und jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren. zurück
Welche Lösungen gibt es für Betriebe, die auf Saisonkräfte angewiesen sind?
Vor allem Betriebe mit Sonderkulturen sind auf zusätzliche Arbeitskräfte angewiesen. Für das Freilandgemüse müssen jetzt Jungpflanzen ausgebracht werden, bei den Hopfenbauern steht das Drahten an. Den größten Bedarf an Mitarbeitern haben als nächstes jedoch die Spargelanbauer. Wenn überhaupt, ist erst kleiner Teil der erwarteten Erntehelfer aus Rumänien und Polen eingetroffen. Die Anreise mit eigenem Auto oder mit Bussen scheitert inzwischen an zahlreichen Ein- und Ausreisesperren auf der Strecke. zurück
Inwiefern gibt es Unterstützung vom Bund?
Bisher gibt es nur eine Forderung. So soll das Bundesarbeitsministerium möglichst umgehend Ausnahmen zulassen und Vorschriften lockern, um „dringende und für die Lebensmittelversorgung erforderliche Arbeiten erledigen zu können“. So haben es die Spitzenvertreter mehrerer Verbände* in einem Schreiben an Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gefordert.
Die Verbände schlagen im Einzelnen vor:
Die Verbände haben sich außerdem an den Bundesinnenminister, Horst Seehofer, und den Bundesaußenminister, Heiko Maas, gewandt und dringend darum gebeten, die Anreise der ausländischen Saisonarbeitskräfte sicherzustellen. zurück
Welche Hilfen während des Coronavirus können Landwirte vom Bundeslandwirtschaftsministerium erwarten?
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte „Maßnahmen zur Sicherstellung der Saisonarbeit“ ausdrücklich erwähnt, als sie der Land- und Ernährungswirtschaft am Montag vor der Bundespressekonferenz die volle Unterstützung der Bundesregierung zusagte. Sie versprach schnelle Lösungen zur Unterstützung des Warenverkehrs sowie der Sicherstellung der Produktion. zurück
Hilfe zur Selbsthilfe beim Coronavirus – welche Angebote für Landwirte gibt es?
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) will prüfen, ob Arbeitskräfte aus Branchen, die infolge der Corona-Pandemie aktuell keine Aufträge hätten, in Sonderkulturen eingesetzt werden könnten. Die CDU-Politikerin Klöckner schlug auch den Einsatz regionaler Jobbörsen vor. Darüber stehe das BMEL in Kontakt mit osteuropäischen Ländern, um abzuklären, ob Saisonmitarbeiter eventuell per Flugzeug nach Deutschland gebracht werden könnten.
Entscheidungen über konkrete Maßnahmen sind bisher jedoch noch nicht gefallen.
*(Deutsche Raiffeisenverband, Gesamtverband der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände, Zentralverband Gartenbau, Bundesausschuss Obst und Gemüse, Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse, Deutscher Bauernverband)
Nach Angaben der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) können sich Betriebe auch an sie wenden, auch wenn in einem größeren Agrarbetrieb nahezu alle Leute ausfallen und Gefahr in Verzug ist. Die SVLFG versucht im Einzelfall, Hilfe zu organisieren. zurück
Fotos: Sabine Rübensaat (Erntehelfer, Melkstand), imago images / countrypixel (Milchtankwagen), Imago images / Christian Ohde (Mundschutz)
Was Rüben wollenDie geringe Ausstattung mit Beizen und Pflanzenschutzmitteln hat dazu beigetragen, dass die Rübe unter Druck steht. Doch bei richtiger Aussaat und Bestandesführung ist die Hackfrucht sehr rentabel. (€)
Von Heiko Ludwig, Landesarbeitskreis Düngung
Die Zuckerrübenanbaufläche in Deutschland hat sich in den letzten zwei Jahren bei knapp 400.000 ha stabilisiert. Dennoch wird immer wieder über die Wertigkeit des Rübenanbaues diskutiert. Vor allem die Wirtschaftlichkeit der Zuckerrüben steht für Anbauer oft an erster Stelle. Doch die Fruchtfolgevorteile und der geringe relative Wasserverbrauch werden immer noch zu selten bedacht.
Hinzu kommt, dass gerade im Hinblick auf die aktuelle Verschärfung der Düngeverordnung die Rüben durch ihr gutes Nährstoffaneignungsvermögen eine hohe Effizienz der eingesetzten Nährstoffe besitzen. Das bringt für den Anbauer mehr Spielraum in die betrieblichen Nährstoffbilanzen. Durch die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaftsbetriebe verbunden mit einem hohen Know-how im Anbau wurden 2019 im Vergleich zu 2018 gute Erträge erzielt. Dennoch ergaben sich 2019 – auch bedingt durch die geringere Beizausstattung – viele Probleme im Anbau.
Die Aussaat 2019 erfolgte in aller Regel unter günstigen Bedingungen. Die darauffolgende, teilweise sehr kalte und nasse Witterung verzögerte den Auflauf. Diese Stresssituation begünstigte verschiedene Schaderreger. In einigen Fällen kam es teilweise zu Ausdünnungen bis hin zu Umbrüchen und erneuter Aussaat.
Für Landwirte stehen für 2020 insbesondere Fragen der Anbausicherheit im Vordergrund. Dazu zählen zum Beispiel:
Diese und andere Fragen haben schlussendlich einen maßgeblichen Einfluss auf das wirtschaftliche Ergebnis im Rübenanbau. Dennoch gilt auch hier die alte Volksweisheit: „Wenn eine Tür sich verschließt, öffnen sich möglicherweise auch wieder viele Neue.“ So ist es auch im Rübenanbau. Hier sollte über die Grundlagen im Anbau wieder neu nachgedacht werden.
Alle Maßnahmen der Bodenbearbeitung müssen dafür sorgen, dass die Rübe mit ihrer Pfahlwurzel tatsächlich auch den Boden erschließen kann. Alle Bearbeitungen, die zu Strukturproblemen führen, sind Gift für die Rübe. Auch im Hinblick auf den relativen Wasserverbrauch. Das heißt, dass in strukturgeschädigten Böden der relative Wasserverbrauch pro Tonne Trockensubstanz-Zuwachs deutlich ansteigt (bis zur Verdoppelung des relativen Wasserverbrauchs).
Das Rübensaatgut muss in einem lockeren, aber trotzdem rückverfestigten Boden abgelegt werden. Verdichtungen durch die Aussaat müssen vermieden werden. Der Zeitpunkt der Rübenbestellung sollte so gewählt werden, dass die Rübe zügig auflaufen kann. Im Auflauf gestresste Rüben sind später anfälliger für Schaderreger. Deshalb kann hier eine etwas spätere Aussaat helfen. Bereits wärmere Böden sind weniger druckempfindlich, als kalte.
Den Artikel in voller Länge lesen Sie in der Bauernzeitung 11/2020 ab S. 32 im Heft oder direkt hier als E-Paper.
Passend zum Thema:
Das Bund-Länder-Treffen am Freitag hat keine Lösung zum Mindestabstand von Windparks zu Wohngebieten ergeben. Das Thema Energie wurde in eine neue Arbeitsgruppe verwiesen.
Das Bund-Länder-Treffen vom 12. März hat nichts gebracht. Weder wird der Photovoltaik-Deckel aus dem EEG gestrichen, noch werden die Abstandsregeln für Windparks angepasst. Die Reaktion der Erneuerbaren-Branche fiel daher dementsprechend aus: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Thema Energie in eine neue Arbeitsgruppe vertagt wurde.
Es gab bislang genügend Arbeitsgruppen, in denen der Versuch des Bundes, einheitliche Abstandsvorgaben bei der Windenergie an Land durchzusetzen, ungelöst blieb. Dass die Nichtbeantwortung dieser Frage seit über 18 Monaten die dringend erforderliche Aufhebung des Zubaudeckels bei der Photovoltaik, den Sonderbeitrag und neue Zielvorgaben für die Windenergie blockieren, ist unverantwortlich“, kommentierte beispielsweise Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) die Entscheidung der Ministerrunde.
Peter mahnte in diesem Zusammenhang an, dass es längst nicht mehr um Formelkompromisse auf Papier gehe, sondern um konkrete Arbeitsplätze, echte Investitionen und reale Wertschöpfung. Dass zum wiederholten Male Entscheidungen nicht getroffen und weitergeschoben werden, sei ein klimapolitisches Armutszeugnis, das die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung beschädigt. Gerade jetzt müsse es darum gehen, Investitionsblockaden aufzuheben und Entscheidungsfähigkeit nachzuweisen. cfe
Windkraft und BVVG: Ein Sturm kommt aufEin Landgericht hat die bundeseigene BVVG zur Rückzahlung der Vergütung für einen Windkraftstandort verurteilt. Rechtskräftig ist das Urteil allerdings noch nicht.
Von Franz-Christoph Michel, Rechtsanwalt
Eine 2008 geflossene Zahlung muss dem Landwirt erstattet werden. Zur Erinnerung: Mit Urteil vom 14. September 2018 hat der Bundesgerichtshof die Unwirksamkeit der sogenannten Windkraftklausel festgestellt. Die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) hatte zuvor 75 % und mehr der Standortvergütung für Windkraftanlagen auf Flächen, die vergünstigt erworben wurden, für sich beansprucht und in sehr vielen Fällen auch bekommen.
Nach dem Urteil des BGH haben sich viele betroffene Grundstückseigentümer an die BVVG gewandt und eine Rückzahlung gefordert. Soweit die Zahlung an die BVVG nicht mehr als drei Jahre zurücklag, hat die BVVG in der Regel auch den damals erhaltenen Betrag den Grundstückseigentümern erstattet. Das waren nach deren Angaben bislang circa 20 Mio. €.
In allen Fällen, in denen die sogenannte regelmäßige Verjährung von drei Jahren nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verstrichen war, verweigert die BVVG eine Rückzahlung. Das sind sehr viele Fälle. Die BVVG weigert sich zu Unrecht, stellte das Landgericht Berlin jetzt in einem bemerkenswerten Urteil fest. Der Anspruch verjährt demnach erst in zehn Jahren nach der Zahlung und nicht schon nach drei Jahren.
In einer in einem Rechtsstaat nur schwer erklärlichen Weise hat sich die BVVG trotz ihrer Funktion als staatliche Privatisierungsstelle darauf berufen, dass der Rechtsgrund für die Zahlung nicht die unwirksame Windkraftklausel sei. Vielmehr hätten der Grundstückseigentümer und der Windkraftbetreiber angeblich aus freien Stücken die dreiseitigen Gestattungsverträge mit der BVVG geschlossen und dafür der BVVG auch den Großteil der Standortvergütung gezahlt. Das waren regelmäßig mehrere 100.000 bis hin zu Millionen Euro.
Dem hat das Landgericht nunmehr eine klare Absage erteilt. Die Gestattungsverträge mit der BVVG sind nur im Zusammenhang mit der Windkraftklausel in den Grundstückskaufverträgen zu verstehen und bilden eine Einheit. Die Unwirksamkeit der Windkraftklausel führt damit zur Unwirksamkeit des Gestattungsvertrags und damit zur Pflicht der BVVG, die hierauf erhaltene Zahlung zurückzuzahlen.
Dieser Anspruch verjährt aufgrund des direkten Zusammenhangs mit dem Grundstückskaufvertrag erst nach zehn Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die BVVG wird voraussichtlich gegen dieses Urteil wie üblich Berufung einlegen, um zumindest Zeit zu gewinnen. Denn auch die zehn Jahre Verjährungsfrist verstreicht in vielen Fällen in Kürze.
Alle Grundstückseigentümer, die selbst oder durch den Windkraftanlagenbetreiber in den letzten zehn Jahren Zahlungen aus Gestattungsverträgen an die BVVG geleistet haben, sollten unbedingt diesen Anspruch jetzt geltend machen. Die Verjährung wird aber nicht durch die Forderung gegen die BVVG verhindert, sondern nur durch eine gerichtliche Geltendmachung. Viele Landwirte haben es versäumt, innerhalb von zehn Jahren den überbezahlten Kaufpreis von der BVVG zurückzufordern.
Es ist zu befürchten, dass viele betroffene Grundstückseigentümer die Rückforderung der Zahlungen für die Windkraftnutzung auf die lange Bank schieben und am Ende verjähren lassen. Wer erst auf die Rechtskraft dieses Urteils wartet, wird möglicherweise dann feststellen, dass sein Anspruch nun doch verjährt ist. Der schon mehrfach erteilte Rat, unverzüglich die BVVG in Anspruch zu nehmen – allein schon damit auf den Anspruch Zinsen gezahlt werden – wird deshalb dringend nach diesem Urteil des Landgerichts Berlin wiederholt.
Auch interessant:
Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt gehört zur kritischen Infrastruktur – und daher haben Landwirte Anspruch auf Notbetreuung ihrer Kinder. Das hat die Staatskanzlei in Magdeburg heute klargestellt.
Die sachsen-anhaltische Landesregierung hat heute Nachmittag in einer Presseinformation der Staatskanzlei klargestellt, dass auch die Landwirtschaft zur kritischen Infrastruktur gehört. Eltern, die in der Landwirtschaft arbeiteten, könnten ihre Kinder somit in die Notbetreuung geben, sofern sie keine andere Möglichkeit der Betreuung haben. „Es ist für unsere landwirtschaftlichen Betriebe extrem wichtig, dass sie arbeitsfähig bleiben. Die Milchkühe müssen versorgt und die Äcker bestellt werden. Deshalb sollen Eltern, die in der Landwirtschaft tätig sind, unbedingt weiter zur Arbeit gehen können“, bekräftigte Landeslandwirtschaftsministerin Claudia Dalbert die Entscheidung.
In Sachsen-Anhalt sind Kindertagesstätten und Schulen seit gestern bis einschließlich Ostermontag (13. April) geschlossen. Eine Notbetreuung ist gesichert. Das Gesundheitsministerium hatte in einer mit dem Bildungsressort abgestimmten Weisung an Landräte und Oberbürgermeister dazu am Wochenende konkrete Vorgaben festgelegt. Danach kann ab Mittwoch (18. März) eine Notbetreuung nur noch für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr in Anspruch genommen werden, „wenn beide Erziehungsberechtigten oder der Alleinerziehende zur Gruppe der unentbehrlichen Schlüsselpersonen gehören und sich eine Betreuung anders nicht organisieren lässt“.
Zu den dazu aufgeführten Bereichen mit zentraler Funktion für die Daseinsvorsorge und das öffentliche Leben gehörten laut dem Erlass des Gesundheitsministeriums vom Montag u. a. Einrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, nicht aber die landwirtschaftliche Urproduktion. Dies hat die Landesregierung heute mit ihrer Erklärung geändert.
Corona-Krise: Kinderbetreuung – aber nicht für alle
Polizisten, Ärzte, Krankenschwestern – sie haben in Notsituationen wie aktuell mit dem Coronavirus Anspruch auf Betreuung ihrer Kinder. Auch für Landwirte gilt das – jedoch nicht in allen Bundesländern. mehr
Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist auch in der jetzigen Corona-Krise gesichert. „Es sind genügend Lebensmittel da“, versicherte die Landwirtschaftsministerin. Die Versorgungslage werde ständig und sehr aufmerksam beobachtet, um gegebenenfalls im richtigen Moment und mit den adäquaten Mitteln zu reagieren. Der Lebensmittelhandel reagiere auf die gestiegene Nachfrage und habe sein Lieferregime dementsprechend angepasst. „Das Anlegen von Lebensmittelvorräten über die empfohlenen Mengen hinaus ist nicht notwendig und belastet die Lebensmittelbranche unnötig. Es sollen auch keine Lebensmittel verschwendet werden“, appellierte Agrarministerin Dalbert an die Bevölkerung.
Aktuelle Informationen und Hinweise zum Thema „Corona“ finden Sie im Landesportal unter https://lsaurl.de/CoronaVirus
Kartoffelanbau: Dreschen Sie noch oder roden Sie schon?Das Stärkewerk der Emsland Group in Hagenow hat im März 2020 eine Betriebserweiterung eröffnet. Der Bedarf an Rohware ist groß und Kartoffelanbauer werden noch gesucht.
Die Emsland Group ist für ihr Werk der Tochter Mecklenburger Kartoffelveredlung GmbH in Hagenow auf der Suche nach weiteren Kartoffelanbauern. Derzeit wird im Hagenower Werk eine jährliche Menge von ca. 135.000 t Kartoffeln verarbeitet. Die Produktion läuft von Anfang August bis Ende Juni des Folgejahres.
Die Hälfte des Endproduktes Stärke wird am Standort Hagenow in die sogenannten Kleinabpackungen abgefüllt – das reicht von der 50-g-Tütensuppe bis hin zu 25-kg-Gebinden für Großküchen. Die andere Hälfte der Produktion wird an Industriekunden geliefert. Hier gehen die Gebindegrößen von 25 kg bis zu Silozügen mit 25 t Ladung. Die Kunden aus der (Lebensmittel-) Industrie verarbeiten die Emsland-Produkte weiter zu Kartoffelprodukten wie beispielweise Kroketten, Chips etc.
Das neue Gebäude im Werk in Hagenow wird gerade fertiggestellt und geht Ende März in Betrieb, wie Sebastian Riekert, Leiter im Rohstoffeinkauf bei der Emsland-Stärke GmbH und der Emsland Food GmbH berichtet. Dort sollen ab März jährlich zusätzlich 140.000 t Kartoffeln verarbeitet werden. Diese Produktion diene laut Riekert zur Produktion von Ware für die weiterverarbeitende Industrie.
Die Kunden von Emsland sind viele Produzenten von Kartoffelsnacks. Sie bedienen die steigende Nachfrage hauptsächlich in Fernost. Denn in Asien werden durch den steigenden Wohlstand immer mehr Konsumgüter dieser Art nachgefragt.
Für die Erweiterung der Produktion von Kartoffelflocken im Werk Hagenow sucht Emsland noch Kartoffelanbauer. Idealerweise kämen diese aus einem Umkreis von 100 km um Hagenow (also in etwa bis in die Regionen Rostock, Waren (Müritz), Neuruppin, Stendal und bis nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein). Doch auch weiter entfernte Lieferbetriebe sind laut Rohstoffeinkäufer Riekert herzlich willkommen.
Die Auszahlungspreise richten sich dabei nach verschiedenen Kriterien wie Entfernung, Liefertermin, Stärkegehalt und Sorte. In der Tabelle sind die Preise nach Transportentfernung und Zeitpunkt der Lieferung übersichtsweise dargestellt.
Die genaue Preisgestaltung würde dann im Einzelfall von Emsland vorgenommen werden. Die Tabelle könne jedoch als Anhaltspunkt für interessierte Landwirte dienen. db
Weitere Informationen gibt Sebastian Riekert (Leiter Rohstoffeinkauf der Emsland Stärke GmbH und Emsland Food GmbH ) per E-Mail: sriekert@emsland-group.de oder Tel. (0) 59 43 81 22 7.
In einem Projekt werden Sensoren und Software für den automatisierten, bedarfsgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entwickelt. Erstes Ziel ist ein Prototyp für die Erkennung von Pilzkrankheiten bei Zuckerrüben.
Es sind vor allem die Rübenblätter, die von der Pilzkrankheit Cercospora befallen werden. Damit beschädigt der Pilz die Energiequelle der Zuckerrübe: Sie kann weniger Sonnenlicht umwandeln und weniger Zucker einlagern. Je nach Region und Wetter brechen dadurch bis zu 30 oder gar 50 % des Ernteertrages weg. Welche Rüben wie stark befallen sind, lässt sich allerdings auch an der Farbe der Blätter ablesen. Denn diese verfärben sich mit fortschreitender Krankheit zunehmend gelb.
Hier setzt das Projekt „Smart Spraying“ (MartA) der Universität Hohenheim in Kooperation mit Bosch und Cubert an. Sensoren der Firmen Cubert und Bosch erfassen die Zuckerrüben. Die Bildverarbeitung von Bosch erkennt kritische Blattflecken besser, als es das menschliche Auge kann. Die Software der Universität Hohenheim bewertet dann den Einfluss der Befallsstärke auf die Ernte.
„Auf diese Weise können wir klären: Gibt es Krankheitsfälle? Wie entwickelt sich die Krankheit? Mit wie viel Ertragsausfall muss der Landwirt rechnen, wenn er keine Spritzmittel einsetzt und wie viel müsste er ausgeben, wenn er das Feld behandeln will“, erklärt Prof. Dr. Simone Graeff-Hönninger von der Arbeitsgruppe Anbausysteme und Modellierung der Universität Hohenheim.
Neben der Entscheidungshilfe liefert das Programm auch eine Applikationskarte, an welchen Stellen das Feld gegebenenfalls gespritzt werden sollte und an welchen keine Behandlung notwendig ist. Die Informationen lassen sich an die Steuerung der Spritzfahrzeuge übermitteln, sodass die Krankheit räumlich differenziert und zum idealen Zeitpunkt behandelt werden kann.
Ein weiterer Forschungsschritt sieht vor, die Krankheitserkennung und Behandlung zu kombinieren. Entsprechend ausgerüstete landwirtschaftliche Maschinen könnten dann künftig in einem Arbeitsgang kranke Pflanzen identifizieren und gleich mit dem passenden Pflanzenschutzmittel besprühen. Durch den schnellen und lokal stark begrenzten Einsatz ließe sich die Menge der Spritzmittel auf ein Minimum beschränken und so die Umwelt schonen. „Im Rahmen des Forschungsprojektes haben wir uns auf einen Prototyp speziell für Zuckerrüben bzw. Winterweizen beschränkt“, berichtet die Agrarwissenschaftlerin. „Aber das Modell kann auch auf weitere Kulturpflanzen ausgedehnt werden.“
Größte Herausforderung bei der Entwicklung der Sensoren von Cubert und der Algorithmen von Bosch ist, die Befallsmuster auf den Blättern treffsicher zu interpretieren. „Zum einen sind nicht alle krank aussehenden Blätter tatsächlich befallen – manchmal fehlt einfach nur Wasser oder Dünger“, erläutert Dr. Helmut Schomburg, Projektleiter bei Bosch. Zum anderen sei auch die präzise Diagnose einer Krankheit nicht einfach. Hier hilft die Erkenntnis, dass Blätter je nach Gesundheitszustand das Licht unterschiedlich stark reflektieren. „Vereinfacht gesprochen, leuchtet jede Blattkrankheit unterschiedlich hell“, veranschaulicht Dr. Schomburg. „Diese Unterschiede haben wir mithilfe von Blattaufnahmen aus sogenannten Spektralkameras analysiert – wobei die Spektralkameras selbst winzige Unterschiede erfassen.“
Durch das milde Wetter ist der Infektionsdruck auf den Feldern hoch – eine echte Herausforderung für Landwirte. In unserem Ratgeber Pflanzenschutz haben wir zu Beginn der Frühjahrssaison aufbereitet, was Sie zu Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden wissen müssen. mehr
Bei der Entwicklung tasten sich die Forscherinnen und Forscher schrittweise an die Praxisbedingungen heran: Erste Versuche liefen im Labor. Dann folgten weitere Versuche im Gewächshaus mit Krankheiten unter kontrollierten Bedingungen. Die Praxisversuche folgten dann auf dem Ihinger Hof als Teil der Versuchsstation der Universität Hohenheim.
Für die Software nutzt Prof. Dr. Graeff-Hönninger ein sogenanntes Pflanzenwachstumsmodell. „Hier gibt es bereits Open-Source-Programme. Diese berechnen in Abhängigkeit von Boden, Temperatur und Niederschlag, wie die Pflanzen wachsen. Wir haben diese Programme erst auf Zuckerrüben ausgeweitet und dann ein Modul entwickelt, das die Pilzkrankheit Cercospora simuliert.“ Außerdem wird die Software um Pilzbefall von Weizen ergänzt. Hier sind es gleich drei Krankheiten – Septoria, Gelbrost und DTR. Weitere könnten folgen: Das Forschungsteam ist überzeugt davon, dass sich der Forschungsansatz künftig auf weitere landwirtschaftliche Kulturpflanzen anwenden lässt.
Coronavirus: Was machen die Tierhalter?Gerade Tierhaltungsbetriebe sind dabei, Notfallpläne zu erstellen. Dazu gehört, getrennte Arbeitsgruppen aufzubauen. Im Ernstfall müssen Mitarbeiter, die ausfallen, ersetzt werden.
Das Coronavirus wird uns wohl noch eine Weile beschäftigen. Der Chefvirologe der Berliner Charité, Prof. Dr. Christian Drosten, hält es für wahrscheinlich, dass sich 60 bis 70 % der Menschen infizieren können. Die meisten von ihnen würden nur leichte Erkältungssymptome oder gar keine Symptome aufweisen. Diese Situation vor Augen, müssen gerade Tierhaltungsbetriebe mit Lohnarbeitskräften frühzeitig klären, wie sie ihre Tiere weiter versorgen, wenn Mitarbeiter ausfallen. Denn sind Personen infiziert, werden diese sowie alle möglichen Kontaktpersonen (auch wenn diese nicht infiziert sind) 14 Tage unter (häusliche) Quarantäne gestellt.
Der Thüringer Bauernverband hat bei den Gesundheitsämtern im Freistaat nachgefragt, wie speziell landwirtschaftliche Betriebe mit solch einer Situation umgehen sollen. Danach stehe die Isolierung der Menschen an erster Stelle, auch bei Verdachtsfällen und Kontaktpersonen. Die Betriebe würden aufgefordert, selbst entsprechende organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Dies bedeute, entweder Kohorten zu bilden oder aber die Angestellten nicht zusammen arbeiten zu lassen, soweit dies möglich ist.
Was sind Kontaktpersonen? Das Robert Koch Institut (RKI) versteht unter Kontaktpersonen jene Personen, die einen definierten Kontakt zu einer mit COVID-19 infizierten Person hatten und bei denen seit dem zweiten Tag erste Erkrankungs-Symptome auftreten. Ein Ende der infektiösen Phase des Coronavirus ist laut RKI momentan noch nicht absehbar. Weitere Informationen und genauere Definitionen von Kontaktpersonen gibt es hier. |
Erste Betriebe haben entsprechende Notfallpläne aufgestellt. Das beginnt mit den Personal- bzw. Schichtplänen. Dies zielt darauf ab, dass ausschließlich die gleichen Teams zusammenarbeiten bzw. Kollegen Kontakt haben. Wo es möglich ist, werden etwa unterschiedliche Eingänge und separate Räume genutzt.
Alle Mitarbeiter sollten grundsätzlich auch private Kontakte (z. B. nach Feierabend, im Dorf, im Verein) auf das Notwendigste einschränken. Wo dies konsequent durchgeführt wird, muss im Ernstfall unter Umständen nicht die gesamte Belegschaft unter Quarantäne gestellt werden. Derartige Maßnahmen sollten aber in jedem Fall mit dem Gesundheitsamt abgeklärt werden. Denn bislang gibt es weder klare noch einheitliche Regeln.
www.bundesgesundheitsministerium.de
Außerdem finden sich weitere Informationen auf den Webseiten der Landesgesundheitsämter bzw. der Landesministerien für Gesundheit der Länder.
Im Landratsamt des Kreises Schmalkalden-Meiningen hat man die Problematik im Blick. Dabei gehe es immer um Einzelfälle. Unter bestimmten Voraussetzungen seien auch Ausnahmen von der häuslichen Quarantäne möglich – beispielsweise, wenn die Mitarbeiter den gleichen Status hätten und so als geschlossenes Team arbeiten würden. Ohne Kontakt zu anderen Kollegen im Betrieb könnten sie durchaus Schichten gemeinsam absolvieren.
Das Brandenburger Gesundheits- und Verbraucherschutzministerium erklärte auf Anfrage der Bauernzeitung, dass Ersatzarbeitskräfte in einer Tierhaltung eingesetzt werden könnten, in der zuvor positiv getestete Mitarbeiter tätig waren. Der Umgang mit Nutztieren stelle nach derzeitigem Erkenntnisstand keine relevante Ursache für die Übertragung des Virus dar. Bei Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln, so die Brandenburger Behörde, seien gesonderte Desinfektionsmaßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus im Stall nicht erforderlich.
So müsse der Arbeitsbereich (zum Beispiel Melkstand) vor dem Einsatz des Ersatzpersonals nicht desinfiziert werden. Eine Übertragung über unbelebte Oberflächen sei bisher nicht dokumentiert. Das Coronavirus übertrage sich hauptsächlich über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch, insbesondere über die Schleimhäute der Atemwege. Auch eine indirekte Übertragung über die Hände, die mit der Mund- oder Nasenschleimhaut sowie mit der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden, sei möglich. Deshalb sei gründliches Händewaschen am wichtigsten.
Das Bundesagrarministerium verweist hingegen auf die Ruhr-Universität Bochum und die Universität Greifswald. Danach hätten Untersuchungen mit Erregern (Sars-Coronavirus und Mers-Coronavirus) ergeben, dass sich Viren bei Raumtemperatur bis zu neun Tage lang auf Oberflächen halten und infektiös bleiben können. Im Schnitt überlebten sie zwischen vier und fünf Tagen. Kälte und hohe Luftfeuchtigkeit würden ihre Lebensdauer noch steigern.
Die Ergebnisse seien auf das Coronavirus Covid-19 übertragbar, so die Wissenschaftler, die auch verschiedene Desinfektionsmittel testeten. Ergebnis: Mittel auf der Basis von Ethanol, Wasserstoffperoxid oder Natriumhypochlorit wirken in entsprechender Konzentration gut gegen Coronaviren. Wenn Präparate auf anderer Wirkstoffbasis verwendet würden, sollte für das Produkt mindestens eine Wirksamkeit gegenüber behüllten Viren nachgewiesen sein (begrenzt viruzid). In der Regel würde das die Gefahr einer Ansteckung deutlich reduzieren. mey, Birgitt Schunk, fh
Coronavirus: Kinderbetreuung – aber nicht für allePolizisten, Ärzte, Krankenschwestern – sie haben in Notsituationen wie aktuell mit dem Coronavirus Anspruch auf Betreuung ihrer Kinder. Auch für Landwirte gilt das – jedoch nicht in allen Bundesländern.
Spätestens heute haben alle Länder damit begonnen, Kindergärten und Schulen für die nächsten vier Wochen zu schließen. Allein für Eltern bzw. Alleinerziehende, die in Bereichen der „kritischen Infrastruktur“ tätig sind, wird in dieser Zeit eine Notbetreuung der Kinder sichergestellt. Dazu zählen in aller Regel Branchen wie Feuerwehr oder Polizei, das Gesundheitswesen oder die öffentliche Versorgung.
In den Landwirtschaftsbetrieben laufen derzeit die Feldarbeiten auf Hochtouren. In den Milchvieh-, Schweinhaltungs- oder Geflügelbetrieben (Link) rüsten sich die Verantwortlichen für den Ernstfall. Fallen Mitarbeiter aus, steht die Versorgung der Tiere auf dem Spiel.
Die Regelungen im Wortlaut
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Thüringen
In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg hat man das erkannt. Während Schwerin festgelegt hat, dass Menschen in der „Produktion und Versorgung mit Lebensmitteln und Waren des täglichen Lebens“ in einer wichtigen Infrastruktur arbeiten, sind es in Brandenburg ausdrücklich die „Land- und Ernährungswirtschaft, der Lebensmitteleinzelhandel und die Versorgungswirtschaft“. Wer hier tätig ist, kann seinen Nachwuchs also weiterhin betreuen lassen.
In Sachsen-Anhalt war die Landwirtschaft zunächst nicht in der entsprechenden Verfügung genannt worden. Das ergab eine Anfrage der Bauernzeitung. Inzwischen hat die Staatskanzlei reagiert: Die Landiwrtschaft seit Dienstag ebenfalls zur kritischen Infrastruktur, so dass Landwirte nun auch Anspruch auf Notbetreuung ihrer Kinder zusteht.
Ebenso verhält es sich in Thüringen. Der Thüringer Bauernverband bemühte sich, eine Lösung im Sinne der in der Landwirtschaft tätigen Eltern zu erzielen. Das Agrarministerium in Erfurt erklärte auf Anfrage der Bauernzeitung, dass die Landwirtschaft eine relevante Berufsgruppe sei. Am späten Dienstagnachmittag präzisierte dann das Kultusministerium in Erfurt, dass „Betriebe mit größeren Tierbeständen“ zur „kritischen Infrastruktur“ zählten. Für eine Notbetreuung der Kinder müssen beide Elternteile in einer Branche der „kritischen Infrastruktur“ arbeiten und zum „betriebsnotwendigen Personal“ gehören. Vorzulegen ist eine Arbeitgeberbescheinigung.
Sachsen legte am Montagnachmittag seine Regeln für die Kinderbetreuung vor. Danach zählt im Freistaat die „Ernährungswirtschaft“ zu den „Sektoren der Kritischen Infrastruktur“ – wie das Sozialministerium bestätigte, schließt dies die Landwirtschaft ein. Allerdings fordert der Landesbauernverband die explizite Nennung der Landwirtschaft als „Sektor der Kritischen Infrastruktur“, da es in der Praxis offenbar Probleme mit der Anerkennung gibt.
Letzte Aktualisierung: 17.3. 2020, 14:53 Uhr
Coronavirus: Was machen die Tierhalter?
Gerade Tierhaltungsbetriebe sind dabei, Notfallpläne zu erstellen. Dazu gehört, getrennte Arbeitsgruppen aufzubauen. Im Ernstfall müssen Mitarbeiter, die ausfallen, ersetzt werden. mehr
In dem Dreiteiler „Unterleuten“ zerbricht eine Dorfgemeinschaft im Streit um den Bau eines Windparks. Die gelungene ZDF-Verfilmung des Erfolgsbuchs von Juli Zeh zeichnet ein düsteres Bild vom Miteinander auf dem Land – enthält bei aller Überzeichnung aber auch einen wichtigen Appell.
„Sturm auf die besten Flächen“, so lautet die Überschrift auf den Seiten „Unternehmen & Recht“ in Ausgabe 10 der Bauernzeitung. Sie könnte auch für den Dreiteiler „Unterleuten – das zerrissene Dorf“ stehen, der momentan in der ZDF-Mediathek verfügbar ist. Denn als ein Windpark in Dorfnähe entstehen soll, beginnt ein erbittertes Ringen um Flächen, deren Verpachtung hohe Gewinne verspricht, und woran die Dorfgemeinschaft letztlich zerbricht. Aber ist es wirklich nur der geplante Windpark? Er ist es nicht, doch er reißt im Dorf alte, nie verheilte Wunden wieder auf – und schafft neue.
Unterleuten ist ein fiktives Dorf irgendwo im Brandenburgischen – mit Gewinnern und Verlierern der Wende, mit Ewiggestrigen, mit einer süddeutschen Heuschrecke, die das große Geschäft wittert, und mit zugezogenen Städtern, die nach Idylle lechzen, sie aber nicht bekommen. Sie alle prallen pausenlos aufeinander – mal mehr, mal weniger.
Da treffen gleich zu Beginn Rudolf Gombrowski (Thomas Thieme), Chef der ortsansässigen „Ökologica“, und die zugezogene und in Pferde vernarrte Linda Franzen (Miriam Stein) am Weizenfeld aufeinander: „Rufen Sie Ihren Hund zurück, der gehört an die Leine!“, fordert sie auf hohem Ross. „Ist das so?“ entgegnet Gombrowski. Und mit feindseligen Blicken reitet sie in die eine, er läuft mit dem unangeleinten Fidi in die andere Richtung. Eine Anfangsszene, die Spiegelbild für all das ist, was in den drei Teilen noch folgt. Denn in Unterleuten geht es nicht in eine Richtung, und an einem Strang zieht die Dorfgemeinschaft schon gar nicht.
So bleibt es nicht so „sanft“ wie im Aufeinandertreffen von Gombrowski und Franzen, sondern gipfelt in einen blutigen Nachbarschaftsstreit zwischen dem finsteren und mürrischen Autoschrauber Schaller (Charly Hübner) und dem zugezogenen Dr. Fließ (Ulrich Noethen), der mit Frau Jule (Rosalie Thomass) und Baby aufs Land gezogen ist und um den im Naturschutzgebiet lebenden Kampfläufer kämpfen will. Zwei Menschen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Und deshalb eskaliert wohl gerade hier das dörfliche Miteinander. Zuerst vergiften brennende Autoreifen das Nachbarschaftsklima, am Ende ist es viel Blut. „Wir sind im Krieg, da gibt es keine Neutralität“, so das Resümee des zugezogenen Naturschützers.
Doch auch die Alteingesessenen tragen erbittert ihre Kämpfe aus – allen voran Gombrowski, einst Vorsitzender der LPG und noch immer der mächtigste Mann im Dorf, und Kron, einst LPG-Brigadier. „Gombrowski ist die DDR“, sagt Schauspieler Thomas Thieme über seine Rolle. Und Kron, gespielt von Hermann Beyer, ist „ein Unangepasster, für den es kein passendes System gibt, der immer fassungslos vor jedweder Form von Ideologie steht und darauf beharrt, dass Ungerechtigkeit menschengemacht ist.“
In die Herzen der Zuschauer spielt sich die tragische Hilde (Dagmar Manzel), die ihren Mann unter mysteriösen Umständen verloren hat, mit vielen Katzen zusammenlebt, Gombrowski liebt und von dessen Ehefrau Elena gehasst wird, die auch Gombrowski hasst, ihn aber dennoch verteidigt und am Ende verlässt. Oft zwischen den Stühlen steht Bürgermeister Arne Seidel (Jörg Schüttauf), der das Miteinander der Dorfgemeinschaft auf den Punkt bringt: „Ist gar nicht so einfach mit dem einfachen Leben.“
Nur einer scheint im Film von allem unberührt zu sein: Schriftsteller Wolf Hübschke (Bjarne Mädel), der in allen drei Filmteilen am Titel für ein Theaterstück feilt und mit Rasenmähen Bürgermeister Seidel verärgert. Und Schauspieler Alexander Held hat recht, wenn er den von ihm gespielten süddeutschen Investor Konrad Meiler als Träumer vom großen Glück in der Provinz beschreibt, der am Ende doch leer ausgeht. Mag sein, dass das bei dem einen oder anderen Zuschauer ein bisschen Schadenfreude auslöst.
Regisseur Matti Geschonneck hat die Rollen mit einem Staraufgebot besetzt, jeder spielt seine Rolle erstklassig und trifft genau die Charaktere im Roman von Jule Zeh.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenDoch so wie das Buch zeichnet auch der Dreiteiler ein durchweg düsteres Stimmungsbild ohne ein Fünkchen Aufbruchstimmung und zieht den Zuschauer mit hinein in einen Strudel voller Intrigen, Verrat, Hass, Wut und Selbstgerechtigkeit. Er muss erleben, wie ein Dorf sich abschafft. Der Film entlässt ihn nachdenklich, ja nahezu gelähmt und mit so mancher Frage: Ist es wirklich so schlimm und hoffnungslos um das dörfliche Miteinander bestellt? Und ob der vom Naturschützer verprügelte Dorf-Rückkehrer, das Verschwinden von Krons Enkeltochter, der Unfalltod von Linda Franzens Lebenspartner oder Gombrowskis Selbstmord – müssen diese Überspitzungen wirklich sein?
Doch genau sie sind es, die wachrütteln und auffordern, ins eigene Dorfleben zu schauen – ist es genauso wie in Unterleuten oder ist es anders? Und wie verändern Windräderpläne heute die Dörfer? Auch die Stadtflucht aufs Land hält unvermindert an und Konflikte bleiben nicht aus. Dennoch – und das erleben wir bei unseren Dorf-und-Familie-Reportagen oft – integrieren sich die „Zugezogenen“ ins dörfliche Leben, wollen dabei sein, mitgestalten und „Alteingesessene“ heißen sie durchaus willkommen.
So schlimm wie in Unterleuten ist es also ums dörfliche Leben doch nicht bestellt. Aufeinander zugehen, sich zusammenraufen, auch wenn die Gräben noch so tief sind, und nicht in verschiedene Richtungen reiten und laufen – das ist die Botschaft von Roman und Dreiteiler, der noch bis 2. September in der ZDF-Mediathek zu sehen ist.
Das System Aldi – mal ganz ehrlichAls Bauern sich vor Aldi-Lagern postierten, korrigierte der Discounter seinen Milchpreis jetzt doch nach oben. Doch im Vorfeld ließ man bei Aldi mehr durchblicken, als gewollt.
Ein klassisches Eigentor fabrizierten die PR-Strategen des Aldi-Konzerns, als sie zu den bäuerlichen Protesten gegen angekündigte Milchpreissenkungen Stellung bezogen. Nord- und Süd-Gruppe des Discounters wollten gemeinsam Stärke demonstrieren. Dummerweise rutschte gleich im zweiten Absatz ihrer Erklärung ein bemerkenswertes Eingeständnis heraus. Für die Landwirte und ihre Molkereien ist es erneute Bestätigung, dass zwischen gesellschaftlichen Diskussionen, politischen Forderungen und den Realitäten am Markt eine tiefe Kluft besteht, die sie auf einem Drahtseil überwinden sollen.
Als gebe es im Land keine endlosen Debatten über nachhaltige Landwirtschaft und über mehr Tierwohl, als streite man nicht fast täglich über die Frage, wie beides zu finanzieren sei, begründet Aldi völlig unbekümmert, warum die Bauern aus Handelssicht weniger Geld für ihre Milch bekommen sollen: „Für die Verhandlung unserer Einkaufspreise orientieren wir uns an Weltmarktpreisen“, heißt es wörtlich. Offen, wenn auch vermutlich ungewollt, gibt der Discounter damit zu, wie viel ihm entgegen den wohlfeilen Aussagen in seinen bunten Werbeprospekten tatsächlich an der regionalen Landwirtschaft liegt: wenig bis nichts. Denn zu Weltmarktpreisen lässt sich in Deutschland keine Qualitätsmilch produzieren.
Drei Seiten gönnt sich der Konzern für seine Stellungnahme. Eingangs wird noch die Bereitschaft zum konstruktiven Dialog beteuert. Am Ende aber steht die Drohung, „Anfeindungen aus der Landwirtschaft“ würden konstruktiven Gesprächen die Basis entziehen. Aldi selbst ist natürlich die Konstruktivität in Person. Schließlich habe man ja am Spitzengespräch mit Bundeskanzlerin Merkel Anfang Februar teilgenommen. Gewiss. Aber auch etwas mitgenommen? Das wohl eher nicht. Denn zu den Themen, die auf dem Lebensmittelgipfel angesprochen wurden, findet sich auf den drei Seiten kein einziges Wort. Dort nämlich erinnerte die Kanzlerin den Handel an seine Mitverantwortung, für faire Bedingungen in der Lebensmittelkette zu sorgen. Offener als von Aldi lässt sich kaum artikulieren, dass einem herzlich egal ist, was die Politik erwartet.
Das Beunruhigende daran: Es ist kein Einzelfall. Erst vor wenigen Wochen zeigte Edeka mit großem Tamtam, dass man den Schuss noch immer nicht gehört hat und ein Firmenjubiläum standesgemäß mit Extra-Niedrigpreisen feiert. Kurz danach kündigte Kaufland an, die Kosten für die Übernahme von 100 Filialen der aufgelösten real-Kette reinzuholen, indem man die Einkaufspreise drückt.
Aldi zahlt jetzt mehr für die Milch
Kehrtwende nach den heftigen Reaktionen auf angekündigte Preissenkungen: Aldi will auf einmal mehr zahlen. Allerdings vorerst nur für die Frischmilch in Eigenmarken-Kartons. mehr
Letzte Erkenntnis: Irgendwo muss auch in den Aldi-Zentralen eine rote Lampe angegangen sein. Sonst hätte es die unfreiwillig ehrliche Stellungnahme nicht gegeben. Nur eins und eins zu addieren braucht man, um dahinter die Sorge vor den Treckern zu vermuten. An etlichen Lagerhäusern fuhren sie Sonntagnacht auch schon auf. Mitunter wurden Lkw-Fahrer daran gehindert, in den Haushalten oft knappe Waren zu den Filialen zu bringen. Die Toleranz der Bevölkerung wird damit schon recht arg strapaziert. Nicht ausgeschlossen sind zudem juristische Folgen.
Die erfolgreiche Schadenersatzklage der Sachsenmilch nach der Blockade von 2008 ist zumindest hier im Osten noch nicht vergessen. Auch deshalb traf man sich nahe Dresden dieses Mal nicht zum Blockieren, sondern um am Grill den Frauentag zu feiern. Die Traktoren standen nur ein klein wenig im Weg. Aber es waren viele. Ganz legal, kühl überlegt und nach Plan aufgestellt. Und deshalb besonders ernst zu nehmen. Dieses Signal dürfte in den Konzernzentralen mehr Eindruck hinterlassen haben als jede Sperre.