Solar: So viel Pflanzenschutzmittel können Sie durch Agri-PV einsparen

Im Rahmen des Forschungsprojekts forscht eine Institution aus 13 Projektpartnern unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE an unterschiedlichen Agri-Photovoltaik (PV) Pilotanlagen. Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass nicht nur die unter den Anlagen gebauten Kulturen von der teilweisen Verschattung profitieren, sondern auch die PV-Module dank der Kühlung durch die Pflanzen mehr Strom produzieren als vorab angenommen.

Von Amelie Siekmann

Im Fokus des Forschungsteams des ISE steht die Kombination von Kern- und Beerenobst mit unterschiedlich nachgeführten PV-Modulen. Diese Vorteile bietet die doppelte Nutzung einer Agrarfläche in Bezug auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

Rekordzahlen beim Ausbau von Photovoltaik

„Zuletzt konnten wir Rekordzahlen beim Ausbau von Photovoltaik in Baden-Württemberg verzeichnen. Um die Energiewende erfolgreich zu meistern, müssen die Zahlen für Freiflächen-PV allerdings noch weiter an Fahrt aufnehmen. Die Flächen sind begrenzt. Der große Vorteil von Agri-PV ist, dass wir Raum doppelt nutzen können. Das bringt den Solar-Ausbau und somit die Energiewende weiter voran. Daher ist die Einweihung der Anlage in Nußbach als größte Agri-PV-Anlage im Obstbau in Deutschland ein wichtiges Zeichen.

Die ‚Modellregion Agri-Photovoltaik Baden-Württemberg‘ zeigt, dass PV-Einsatz und Landwirtschaft eine fruchtbare Symbiose eingehen können, ohne in einen Nutzungskonflikt um die Fläche zu treten“, sagte Staatssekretär Dr. Andre Baumann bei der Eröffnungsrede auf dem Obsthof Vollmer.

Durch Agri-PV-Anlage über Apfelbäumen wird Bewässerung reduziert

Bei der ersten Agri-PV-Anlage des Projekts über Apfelbäumen in Kressbronn am Bodensee wurden im Rahmen des Projekts bereits zwei Jahre lang Messungen durchgeführt. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass sich auf der Fläche unter der Agri-PV-Anlage 70 Prozent der Pflanzenschutzmittel einsparen lassen. Auch der Bewässerungsbedarf konnte um 50 Prozent reduziert werden.

PV-Anlage produziert 20 Prozent mehr Strom, als erwartet wurde

Die Agri-PV-Anlage produziert über 20 Prozent mehr Strom, als die Forscher auf Basis der Simulationen erwartet hatte. Die genauen Gründe hierfür sind noch Gegenstand weiterer Untersuchungen. Das Forschungsteam vermutet, dass eine Kombination aus Verdunstungskühlung und Hinterlüftung den wichtigsten Beitrag für die erhöhten Stromerträge leistet. „Es profitieren nicht nur die Pflanzen von der PV-Anlage, sondern auch die PV-Anlage von den Pflanzen, wenn man die Agri-PV Anlage passend plant“, sagt Oliver Hörnle, Projektleiter am Fraunhofer ISE.

Kernstück des Projekts ist nachgeführtes PV-System

Die Agri-PV-Anlage in Oberkirch-Nussbach umfasst vier Teile. Neben dem Stromertrag aus fest montierten PV-Modulen über Kiwi, Birnen, Äpfeln und Zwetschgen mit vollverschattenden Modulen und einem an Folientunnel angelehnten System im Beerenbau mit semitransparenten Modulen, ist das Kernstück des Projekts ein nachgeführtes System mit vollverschattenden Modulen.

„Das Besondere an der nachgeführten PV-Anlage ist die Halbierung der 140 Meter langen Reihen“, stellte Landwirt und Unternehmer Dr. Hansjörg Vollmer das Projekt auf seinem Hof vor. „Die eine Hälfte der Reihen wird unter Einbezug von pflanzenphysiologischen Gesichtspunkten nachgeführt, die andere Hälfte rein nach sonnenoptimierten Parametern gesteuert.“

Ab Mitte 2024 werden Nachführ-Algorithmen erforscht

Die am Fraunhofer ISE entwickelten Nachführ-Algorithmen werden ab Mitte 2024 im Anlagensystem des Projektpartners Intech Clean Energy erprobt. Die agrarwissenschaftliche Begleitforschung übernimmt das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg. Gefördert wird das bis Ende 2024 laufende Forschungsvorhaben von den Landesministerien für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz.

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Eine Kuh liegt unter eine PV-(Photovoltaik)-Anlage
Bevor endlich Ruhe für alle Beteiligten einkehrt, werden die steuerrechtlichen Regeln für Freiflächen-Solaranlagen noch mehrfach gründlich durchgekaut… © Sabine Rübensaat

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Mehr als nur Brot: Das große Backen in Jahmo

In dem kleinen Dorf Jahmo in Sachsen-Anhalt schlägt das Herz der Tradition. Hier wird Brot noch wie früher im Holzofen gebacken und das Dorfleben von einem engagierten Verein gestaltet. Am Wochenende wird das Backofenfest gefeiert.

Von Bärbel Arlt

Das Land Sachsen-Anhalt wirbt aktuell mit der Kampagne „moderndenken“. Was nicht ausschließt, dass Traditionen und Bräuche aus alten Zeiten hoch- und wachgehalten werden – wie im kleinen Dorf Jahmo im Landkreis Wittenberg. Der gerade mal knapp 150 Einwohner zählende Ort ist umgeben von viel Wald und Feld und gefühlt weit entfernt von der Hektik des modernen Alltags. Die Uhren scheinen hier, so jedenfalls der erste Eindruck, langsamer zu ticken.

Trubel im Dorfgemeinschaftshaus

Doch wie so oft trügt der Schein, denn im Dorfgemeinschaftshaus namens Erna herrscht schon früh am Morgen Trubel. Es wird gebacken – mit Kindern des Evangelischen Kinderzentrums Sankt Marien aus dem etwa acht Kilometer entfernten Städtchen Zahna. „Wir feiern heute Zuckertütenfest, und da sollen die Kinder etwas ganz Besonders erleben“, sagt Erzieherin Jana Schläppi.

Und so wird Brot gebacken, das in Jahmo eine wichtige Rolle spielte – und wieder spielt. Denn der Verein zur Förderung des Dorfgemeinschaftslebens hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, das traditionsreiche Handwerk des Brotbackens im Ort wachzuhalten. Doch dazu später mehr.

Selbst gebackenes Brot mit nach Hause nehmen

Nun könnte man meinen, dass sich die Sechs- und Siebenjährigen für ihr Zuckertütenfest etwas anderes gewünscht hätten. Großer Irrtum! Die Kinder sind mit Eifer bei der Sache, kneten fleißig und kräftig den Roggenteig, den Vereinsmitglied Christa Kettner schon vorbereitet hatte, und erfahren dabei auch so einiges über den Bäckerberuf und dass Brot früher bei keiner Mahlzeit fehlte.

Dann wird der Laib noch geformt und mit einem Namensbuchstaben versehen, schließlich will jeder sein eigenes und selbst gebackenes Brot mit nach Hause nehmen. Doch bevor die kleinen Runden in den Backofen kommen, müssen sie ruhen und gehen.

Das_große_Backen
Mit Kraft und Energie kneten die Kitakinder den Teig. (c) Bärbel Arlt

Diese Zeit nutzt Doreen Berger, die Vorsitzende des Fördervereins, um den Kindern vom Biber zu erzählen, der im nahe fließenden Zahnabach seine Burg hat und Staudämme baut. Die Kinder staunen über die riesigen, scharfen Zähne, das weiche Fell und sind begeistert von Plüsch-Biber Bruno, der unbedingt mit auf die Waldwanderung muss, denn vielleicht trifft er ja seinen Artgenossen. Doch der zeigt sich als nachtaktiver Nager natürlich nicht.

Dafür entdecken die Kinder gemeinsam mit Doreen Berger und ihrer Erzieherin die Biberburg, das Zuhause der Biberfamilie, sowie Biberfraßspuren an den Bäumen, aber auch Käfer, Pilze, Schnecken und sogar eine Wolflosung und ­einen Fuchsbau.

Zurück im Dorfgemeinschaftshaus werden die Brote nun endlich in den Backofen geschoben – gemeinsam mit Vizevereinschef Thomas Thiele, der zwar kein Bäcker ist, sich aber der Backkunst angenommen hat und auch beim jährlichen Backofenfest alle Hände voll zu tun haben wird, schließlich kommen dann an die 250 Brote und Kuchen in den Ofen, der dafür schon Tage zuvor mit Reisig angeheizt wird und eng mit der Geschichte des Fördervereins verbunden ist.

Kein Konsum, Gasthaus und Waldbad mehr

Und diese Geschichte beginnt vor über 20 Jahren. „Der einzige soziale Treffpunkt war damals der Friedhof beim Blumengießen“, blickt Doreen Berger zurück. Denn in den 1990er-Jahren schlossen der Konsum, das Gasthaus und auch das Waldbad, das über die Dorfgrenzen hinaus bekannt und beliebt war und Jahmo sowie die Umgebung zu einem Naherholungsgebiet gemacht hatte.

Dieser Verlust nagte am einst aktiven Dorfleben, und für die Dorfgemeinschaft gab es keinen sozialen Treffpunkt mehr. Was tun? Das Dorfleben einschlafen lassen?

Verein zur Förderung des Lebens im Dorf

Das wollten engagierte Einwohner nicht zulassen, haben sich zusammengetan und 2004 den Verein zur Förderung des Dorfgemeinschaftslebens gegründet. „Wir wollten damit etwas für den Ort bewegen, das Miteinander wachhalten und etwas schaffen für alle Generationen“, so Doreen Berger.

Und weil es kein Gemeindeeigentum gab, wurde von Privat ein altes Stallgebäude, in dem früher Tiere und ein Waschhaus untergebracht waren, zur Verfügung gestellt, und von den ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern und Helfern saniert.

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Das ehemalige Stall­gebäude, heute Vereinshaus, trägt den Namen seiner einstigen Besitzerin – Erna. (c) Bärbel Arlt

Entstanden ist ein liebevoll eingerichtetes Haus mit einem ebenso liebevoll gestalteten Hof, der durchaus in alte Zeiten versetzt, und dessen Herzstück der Backofen ist, der nach historischem Vorbild gebaut wurde. Denn das Backen gehört seit Jahrhunderten zu Jahmo – und das sollte auch so bleiben. „An diese Tradition anknüpfend, wollten wir als Verein nicht nur ein Dorffest mit Bier und Bratwurst feiern. Das kann jeder. Wir wollten uns abheben, wollten inhaltlich etwas vermitteln und weitergeben“, erklärt Doreen Berger.

Backofenfest wird am 10. August gefeiert

Und weil das Backen im Holzbackofen im Dorf Tradition hatte, entstand die Idee vom Backofenfest, das inzwischen Besucher aus nah und fern anzieht. In diesem Jahr wird es am 10. August gefeiert, verbunden mit dem 20-jährigen Bestehen des Vereins.

Es wird aber nicht nur gebacken, sondern auch gefilzt und musiziert. Und die Fläminger Landfrauen reißen Federn. Vorbereitet und durchgeführt wird das Fest vom Verein, der 16 Mitglieder hat, und weiteren ehrenamtlichen Unterstützern, von denen sich viele auch sonst aktiv am Vereinsleben beteiligen.

Das_große_Backen
Stolz können die Kinder auf ihre Brotlaibe sein. (c) Bärbel Arlt

Und das besteht natürlich nicht nur aus Brot- und Kuchenbacken. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde so einiges auf die Beine gestellt, einiges ist in Planung. Doreen Berger berichtet vom Erzählcafé, von Dorfgesprächen, Seniorennachmittagen, Dorfflohmarkt, Frauentagsfeiern, Osterfesten, Herbstfeuer, Halloweenpartys, Stollenbacken, von geplanten Wanderungen mit dem Ortschronisten und der Mitmach-Backstube mit Café, die Ende des Jahres eröffnen soll und wofür Spenden willkommen sind.

Nicht zu vergessen ist das Jahmoer Kindersachbuch mit dem zauberhaften Titel „Die unelektrische Oma“, das im Rahmen eines Schulprojektes erarbeitet wurde. Darin sind alte Rezepte der Dorfbewohner festgehalten wie der typische Fläminger Kartoffelkuchen. Der Backtag, so erfährt man dort, war auf dem Hof einst ein herausragendes Erlebnis. Auch die Kinder wurden zur Wertschätzung des Brotes angehalten.

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Vereinsvorsitzende Doreen Berger (r.) freut sich, dass altes Handwerk den jungen Bäckermeistern sehr viel Spaß macht. (c) Bärbel Arlt

Und in Jahmo, so erzählt Doreen Berger, war das Backen eng auch verbunden mit der Gaebler’schen Mühle am Zahnabach, die einen Backofen besaß, wo die Dorfbewohner ihre Kuchen und Brote zum Abbacken hinbringen konnten – und sich zu einem Schwätzchen trafen. „So haben wir uns entschlossen, das alte Handwerk wiederzubeleben und weiterzugeben – an Alt und Jung.“ Wie zum Beispiel an die Zahnaer Kitakinder, die stolz ihr Brot mit nach Hause nehmen.

Infos zum Verein und Backofenfest: www.foerderverein-jahmo.de

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Lebt die Tradition: Uwe Kuhlmey führt die Geschäfte im Gasthaus „Zum Eichenkranz“ seit 2005. Als Koch haut er Schaschlikspieße in die Pfanne. (c) Thomas Uhlemann

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Landwirte in Deutschland: Zensus zeigt überraschende Ergebnisse

Wie hat sich die Zahl der Landwirte in Deutschland entwickelt? Der Zensus 2022 liefert überraschende Ergebnisse. Vergleichen Sie die Daten aus allen Bundesländern und erfahren Sie mehr über die Unterschiede zur letzten Landwirtschaftszählung.

Von Claudia Duda

Wie viele Menschen leben in Deutschland? Wie wohnen und arbeiten sie? Diese Fragen beantworten die Ergebnisse des Zensus. Eine anschauliche Übersicht der Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie in der Fischerei liefert auch der Zensus 2022.

Zensus: Daten aus den Kommunen

Alle EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, alle zehn Jahre, jeweils am Anfang eines Jahrzehnts, einen Zensus durchzuführen. Anders als bei einer traditionellen Volkszählung, bei der alle Bürgerinnen und Bürger direkt befragt werden, stützte sich der Zensus auch im Jahr 2022 auf bereits bestehende Verwaltungsregister. In erster Linie lieferten die Melderegister der Kommunen die Ausgangsdaten.

Vergleich der Bundesländer

Nach der Datenerhebung von 2022 wird die Zahl der Fachkräfte in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft bundesweit mit 554.250 angegeben. Im Vergleich zwischen den Bundesländern fällt auf, dass der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft in Baden-Württemberg bei nur 1,2  % liegt, während in Mecklenburg-Vorpommern
2,1  % der Erwerbstätigen in dem Bereich arbeiten. Den höchsten Anteil an Landwirtinnen gibt es übrigens in Sachsen mit 25  %, in Mecklenburg-Vorpommern nur mit 19  % (Grafik).

Grafik_Landwirte_Zensus
Beschäftigte in der Landwirtschaft in Deutschland – nach Bundesländern (c) Ivo Partschefeld/geodienstleistungen.de


Unterschiede zum Situationsbericht

Interessant ist, dass die Zensuszahlen von den Ergebnissen der Landwirtschaftszählung 2020 abweichen, die der Deutsche Bauernverband im Situationsbericht 2023 veröffentlicht hat. Demnach waren 2020 insgesamt 937.900 Arbeitskräfte in der Landwirtschaft tätig. Allerdings wurden hier auch saisonbedingte Arbeitskräfte mitgezählt. Die Angaben sind also nicht direkt vergleichbar.

Die zentralen Ergebnisse des Zensus 2022 stehen als Regionaltabellen (im Format Excel inklusive maschinenlesbarer Tabellen) unter www.zensus2022.de zum Download zur Verfügung.

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BayWa & Co in der Krise: Landwirtschaft im Stimmungstief

Alarm-Stimmung in der Landwirtschaft: Die Bereitschaft zu Investitionen sinkt! Der Rückgang im Agrar-Geschäftsklima stellt eine ernsthafte Bedrohung dar. Welche Maßnahmen sind nötig, um die Landtechnik-Branche zu retten? Ein Kommentar von Claudia Duda

Von Claudia Duda

Die Hiobsbotschaften aus der Wirtschaft reißen zurzeit nicht ab: „BayWa vor der Insolvenz?“, „Claas schickt 900 Mitarbeiter in Kurzarbeit“, „Regent versteigert Landtechnik“, „Pöttinger schickt 200 Mitarbeiter temporär in die Arbeitslosigkeit“ – so lauten nur einige Schlagzeilen der vergangenen Tage. Auch SAP, Volkswagen und Conti trennen sich von Tausenden Mitarbeitern, Infineon kündigt Stellenabbau in Hochlohnländern an.

Stimmung: Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt

Die Stimmung in den Chefetagen vieler Firmen ist desolat. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sinkt weiter. Rund 9.000 Unternehmen bewerten die Aussichten auf ihre künftigen Geschäfte als deutlich schlechter. Das betrifft den Handel, Dienstleistungen, den Bau – und eben auch die Landwirtschaft. Angesichts der Entwicklung des wichtigsten deutschen Konjunktur-Barometers erklärt der Ifo-Präsident Clemens Fuest: „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest.“

Agrarbarometer: Weniger Investitionen

An leere Schaufenster und verwaiste Läden haben wir uns längst gewöhnt. 176.000 Betriebe gaben im Jahr 2023 auf. Statistiker haben ausgerechnet: Alle drei Minuten wird in Deutschland eine Pleite registriert. Als Gründe dafür werden zu hohe Arbeits- und Energiekosten sowie gewaltige Bürokratie-Lasten genannt. Das Agrarbarometer der Landwirtschaftlichen Rentenbank, das jedes Quartal erhoben wird und das den Agrar-Geschäftsklima-Index bemisst, dokumentierte kürzlich erneut, dass die Investitionsbereitschaft der deutschen Landwirte noch weiter zurückgegangen ist. Das drückt die pessimistische Zukunftserwartung aus, die viele Bäuerinnen und Bauern umtreibt.

BayWa: Strategische Fehler

Das Ergebnis betrifft besonders die Landtechnik-Branche. Von der Hochstimmung auf der letzten Agritechnica blieb nicht mehr viel übrig. Dazu kommen strategische Fehler, die beispielsweise bei der BayWa über Jahre begangen wurden. Ihr gewaltiger Expansionskurs wurde durch Kredite finanziert, die gestiegenen Zinsen bringen das Unternehmen in Gefahr.

Landtechnik: Konjunktur im Abwärtstrend

Ja – es ist wichtig, die Zahlen nüchtern zu bewerten. In den vergangenen Jahren konnte die Landtechnik-Branche extrem hohe Wachstumswerte verbuchen. Dass die Kurve irgendwann auch wieder abwärts geht, liegt in der Natur einer zyklischen Konjunktur-Entwicklung. Das momentan hohe Zinsniveau, aber eben auch die Verunsicherung durch weltpolitische und -wirtschaftliche Entwicklungen sind für die Flaute mitverantwortlich. Auf landwirtschaftlicher Ebene kommen dazu noch Umwelt-Auflagen, Investitionskosten und die aktuelle Agrarpolitik.

Bundesregierung muss handeln

Was ist zu tun? Wer hier auf die Selbstregula­tion des Marktes hofft, der irrt. Wer eine ökonomisch und ökologisch zukunftsfähige (Land-)Wirtschaft will, muss ein entsprechendes Umfeld schaffen. Hier ist die Bundesregierung gefragt. Es geht in erster Linie um Vertrauen und stabile Rahmenbedingungen, die durch finanzielle Anreize flankiert werden.

Fachkräftemangel: Jobverlust durch Stellenabbau

Daneben gilt es, dem Fachkräftemangel zu begegnen – schnelle und sinnvolle Programme für all jene, die durch Stellenabbau ihren Job verlieren, können nur ein Anfang sein. Auch Vorruhestand sollte nicht mehr subventioniert werden. Es gilt, die Menschen, die noch können, sinnvoll weiter zu beschäftigen. Und die Bundesregierung muss aufhören, ständig um sich selbst zu kreisen, und anfangen, kluge Lösungen für die prekäre Haushaltslage zu finden. Die Lücken im Etat einfach nur mit kreativen Umbuchungen zu verdecken, ist als Krisen-Management eindeutig zu wenig.

Claudia-Duda-Chefredakteurin Bauernzeitung
Chefredakteurin Claudia Duda kommentiert. (c) Sabine Rübensaat
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Blauzungenkrankheit in Ostdeutschland: Jetzt auch Brandenburg betroffen

UPDATE 13.8.: Nach Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die Blauzungenkrankheit jetzt auch in Brandenburg nachgewiesen worden. Betriebe mit Schaf- und Rinderhaltung sind betroffen. Welche Auswirkungen hat das für Tierhalter? Und was wird im September aus der MeLa?

Von Claudia Duda

Aus immer mehr Bundesländern wird gemeldet, dass sich die Blauzungenkrankheit ausbreitet. Am Dienstag, 13.8., informierte das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration in Brandenburg, dass bei zwei Kälbern in einem Rinderbestand im Landkreis Potsdam-Mittelmark am Vortag der Ausbruch des Blauzungenvirus vom Serotyp 3 (BTV-3) amtlich festgestellt wurde.

Bereits in der vergangenen Woche war in mehreren Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt die Blauzungenkrankheit nachgewiesen worden. Aus dem Altmarkkreis Salzwedel wurden am Mittwoch (7.8.) zwei Fälle gemeldet. Wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht, wurden in der Verbandsgemeinde Beetzendorf-Diesdorf sowie in der Einheitsgemeinde Kalbe (Milde) in zwei Schafbeständen Fälle der Blauzungenkrankheit amtlich festgestellt.

Am Sonnabend, 10.8., meldete dann auch das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, dass die Landratsämter der Landkreise Eichsfeld und Nordhausen jeweils in einem Schafbestand den Ausbruch der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 festgestellt haben. Die Proben zur Untersuchung seien aufgrund von Krankheitserscheinungen entnommen worden. Es handele sich bisher in beiden Beständen jeweils um Erkrankungen eines Einzeltieres. Sowohl die Behandlung der betroffenen Tiere als auch der Einsatz insektenabwehrender Mittel seien eingeleitet worden.

Mutterkuhbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern betroffen

Zuvor hatte sich bereits der Verdacht auf eine Infektion mit dem Blauzungenvirus in einem Mutterkuhbetrieb mit 23 Tieren im Landkreis Ludwigslust-Parchim bestätigt. Das teilte das Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt in Mecklenburg-Vorpommern am Dienstag (7.8.) mit. Es handelt sich um den ersten bestätigten Nachweis des Blauzungenvirus seit dem Jahr 2009. Damit verliert das Land Mecklenburg-Vorpommern den Status „frei von Blauzungenkrankheit“. Nur noch unter Auflagen ist das Verbringen empfänglicher Tierarten und von Zuchtmaterial jetzt möglich.

Kuh zeigte Symptome

Nachdem bei einer Kuh Symptome der Blauzungenkrankheit festgestellt wurden, wurde eine Blutprobe des erkrankten Tieres zur Untersuchung eingeschickt. Im Ergebnis der Untersuchung durch das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LALLF) wurde eine Infektion mit dem Blauzungenvirus nachgewiesen. Eine Bestätigung und Serotypisierung wird durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) durchgeführt.

Rinderhaltung im Harz betroffen

Auch in einer Rinderhaltung im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt ist die Blauzungenkrankheit ausgebrochen. „Das nationale Referenzlabor für Blauzungenkrankheit (BT) des Friedrich-Loeffler-Instituts bestätigt die erste Infektion mit Serotyp 3 (BT-Virus-3) bei einem Rind im Landkreis Harz“, erklärte Amtstierarzt Dr. Rainer Miethig in einer Pressemitteilung am Mittwoch (7.8.). Es sei gleichzeitig der erste Nachweis der Tierseuche in Sachsen-Anhalt.

Betroffen sei eine Rinderhaltung im Altlandkreis Wernigerode. „Mit weiteren Ausbrüchen ist zu rechnen“, hieß es. Vor allem Schafe, Ziegen und Rinder mit BT-Virus-typischen Symptomen sollten auf eine mögliche Infektion untersucht werden, rät der Amtsveterinär. Mit diesem Nachweis verliert, wie schon Mecklenburg-Vorpommern, das gesamte Bundesland Sachsen-Anhalt den Status „seuchenfrei“ nach Durchführungsverordnung (EU) 2021/620 der Kommission, was zu Handelsbeschränkungen führt. Der Altmarkkreis Salzwedel hat am 9.8. über einen weiteren Ausbruch der Blauzungenkrankheit in einer Mutterkuhhaltung in der Einheitsgemeinde Hansestadt Salzwedel informiert.

Blauzungenkrankheit: Schon 1.500 Fälle bundesweit

Die Ausbrüche kamen nicht unerwartet: Das BT-Virus-3 wurde bereits seit Herbst 2023 massiv in den Niederlanden, schließlich ab diesem Frühjahr auch in Deutschland festgestellt und hat sich seitdem rasant ausgebreitet. Bis jetzt sind fast 1.500 Ausbrüche von BT-Virus-3 mit Schwerpunkt Nordrhein-Westfalen, aber auch in Niedersachsen, Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz festgestellt worden, überwiegend in Schafhaltungen. Allein seit dem 1. August wurden bundesweit über 1426 neue Fälle (Stand 13.8.) gemeldet.

Was wird aus der MeLa?

Nach dem Ausbruch der Blauzungenkrankheit in Mecklenburg-Vorpommern fragen sich viele, ob das Auswirkungen auf die MeLa – die Fachausstellung für Landwirtschaft, Ernährung und ländliche Perspektiven in Mühlengeez haben wird. „Ja – die aktuelle Tierseuchensituation wird Auswirkungen auf die MeLa im September haben“, erklärt die Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern, Eva Klaußner-Ziebarth, auf Nachfrage.

Bei der Blauzungenkrankheit handele es sich um eine handelsrelevante Tierseuche, bei der Maßnahmen für das Verbringungen zwischen den Mitgliedstaaten zu beachten sind, um eine Ausbreitung zu verhindern. Allerdings: „Für Verbringung von Tieren innerhalb infizierter Zonen, das heißt auch innerhalb von M-V, gelten keine besonderen Bedingungen in Bezug auf den derzeit auftretenden BTV-Serotyp“, so die Sprecherin.

Inwieweit und unter welchen konkreten Bedingungen die Teilnahme von Tieren aus MV auf der MeLa erfolgt, obliege dem Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Landkreises Rostock. Für Tiere aus seuchenfreien Gebieten in Bezug auf die Blauzungenkrankheit müsse der Tierhalter im Vorfeld mit der jeweilig örtlich zuständigen Veterinärbehörde klären, welche Bedingungen für die Rückführung der Tiere in den Herkunftsbestand gelten.

Symptome und Diagnostik

Die Blauzungenkrankheit kann bei Wiederkäuern zu Fieber, Maulgeschwüren, Speicheldrüsenschwellungen, Lahmheit und in schweren Fällen zu Todesfällen führen. Die Diagnose erfolgt durch die Untersuchung von Blutproben.

Maßnahmen zur Eindämmung und Bekämpfung

Unterstützung für Tierhalter

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Weitere Informationen

Wichtige Hinweise für Tierhalter

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Kampf gegen Jakobskreuzkraut: Blutbär hilft nachweislich

Blutbär gegen Jakobskreuzkraut: Ein Biolandwirt in der Rostocker Heide setzt auf natürliche Schädlingsbekämpfung, um die giftige Pflanze einzudämmen und seine Weideflächen zu retten. Was es dabei zu beachten gilt.

Von Nicole Gottschall*

Dem Biolandwirt Karl-Detlef Matthes und seinem Betriebsleiter Daniel Homeyer reicht‘s: Weil sich auf ihren ­Flächen in der Rostocker Heide die für Tiere gefährliche Gift­pflanze Jakobskreuzkraut ungehindert ausbreitet, greifen sie zu neuen Mitteln. Statt mit herkömmlichen Methoden wie Mähen, Herausziehen oder Abbrennen, die dem unerwünschten Aufwuchs fast nichts anhaben oder nur kurzzeitig Abhilfe schaffen können, sagen sie dem Jakobskreuzkraut nun mithilfe des Blutbären den Kampf an.

Jakobskreuzkraut: Landwirte haben Sorgen

Während die unscheinbar wirkende und in den Sommermo­naten prächtig gelb blühende Pflanze bei dem ein oder anderen Naturliebhaber für optische Naturhighlights sorgen mag, treibt sie Landwirten und vor allem Weidetierhaltern Sorgenfalten auf die Stirn. Denn die scheinbar grenzenlose Ausbreitung gefährdet ­ihre Tiere. Fressen Pferde, Rinder, Schafe oder Ziegen davon, kann das zu Leberschäden oder sogar zum Tod führen (Tabelle).

Futter für den Winter ist oft unbrauchbar

Meiden die Weidetiere noch meistens die frischen Pflanzen auf der Fläche, ist eine Aufnahme der Giftstoffe, sogenannte Pyrroli­zidin-Alkaloide (PA), in Heu, Heulage oder Mähgut unumgänglich, weiß auch der Betriebsleiter. Denn das Jakobskreuzkraut ver­liere im getrockneten Zustand seine Giftigkeit nicht, dafür jedoch – besonders tückisch – den für Pflanzenfresser alarmierenden bitteren Geschmack.

Nutzung der Weide ist für die Kühe unmöglich

Einzelne ­Flächen des ökologisch wirtschaftenden Betriebes seien so stark von der Giftpflanze befallen, dass eine Nutzung als Weide für die ­etwa 450 Mutter­kühe und Nachzucht oder zur Heubergung nahezu unmöglich sei, beschreibt Homeyer die Si­tuation. „Das Futter für die Wintermonate ist dann meistens unbrauchbar, und wir müssen es entsorgen.“ Das ist für Land- und Tierwirte nicht nur ­ärgerlich, sondern macht auch die eigene ­Arbeit zunichte und kostet Geld.

Um diesen Zustand nicht einfach hinzunehmen, suchte der Betrieb unermüdlich nach Lösungen und stieß nach eigenen Recherchen auf einen natürlichen Feind des Jakobskreuzkrautes: den Blutbären. Dabei handelt es sich um einen Schmetterling, dessen auffallend gelb-schwarz gestreifte Raupen sich auf die Giftpflanze spezialisiert haben. Der Falter legt seine Eier auf die Pflanzen, bevor die Raupen diese langsam ab­fressen und so die Verbreitung der Samen eindämmen. Gut zu wissen: Für Menschen sind die Raupen ungefährlich. Das Gift des Kreuzkrautes macht sie allerdings unappetitlich für Fraßfeinde wie Mäuse oder Vögel.

Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) mit Insekten
Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) mit Insekten (c) Scorsby/stock.adobe.com

Raupe Nimmersatt: Blutbär eignet sich zur Bekämpfung

Mit diesem Wissensgewinn war für Betriebsleiter Homeyer klar, das probieren sie aus. Zumal er eigenen Angaben zufolge den Nützling bereits zuvor vereinzelt auf seinen Flächen entdeckt hatte: „Die schwarz geringelten Raupen waren schon da, nur hatten wir nicht das Know-how, sie richtig einzusetzen.“ Doch das änderte sich durch die Unterstützung von Landwirt Andreas Frahm, einen Experten aus Schleswig-Holstein, der ihn bei der Besiedlung des Blutbären auf seinen Flächen berät. Frahm gehe nach bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass sich das Jakobskreuzkraut so ­binnen vier Jahren zurückdrängen lasse.

Bewirtschaftung für Blutbären angepasst

Und so wurde in Teilen die Bewirtschaftung in der Rostocker Heide geändert, beispielsweise der Schnittzeitpunkt angepasst und in die Abendstunden verlegt, erklärt der Betriebsleiter. Dadurch habe der Blutbär bessere Chancen, sich zu entwickeln. Wobei er vom Grundsatz her bereits optimale Bedingungen vorfinde, sich zu vermehren. „Viele unserer Flächen liegen in Naturschutzgebieten, sind Schon- oder Ausgleichsflächen und extensives Grünland“, sagt Homeyer zufrieden.
Was dem Biolandwirt hingegen böse aufstößt: „Auf einem Streifen von 100 Metern wurden offenbar Blütenköpfe abgeschnitten. Jemand hat ohne Genehmigung wahrscheinlich Raupen entwendet.“ Das sei nicht nur für sie sehr ­ärgerlich, sondern auch für den Täter strafbar. Denn was viele nicht wissen: Die Entnahme von streng geschützten Arten, wie dem Blutbären, aus ihrem an­gestammten Lebensraum ist nach Bundesnaturschutzgesetz § 44 verboten. * mit pm biopark

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Blühende Wiese mit Frühling-Kreuzkraut
Frühlingskreuzkraut: Ein schöner, aber für Weidetiere wenig bekömmlicher Anblick. (c) Dr. Jens Radtke

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Agrarwirtschaft, Lebensmitteltechnologie, Diätetik: Im Master FCE verschmelzen die Disziplinen

Nachhaltige Lebensmittelproduktion: Der Masterstudiengang Food Chain Environments (FCE) an der Hochschule Neubrandenburg qualifiziert Studierende für die Agrar- und Ernährungswirtschaft. Eine Absolventin berichtet.

Von Nicole Gottschall

Mit den Fragen leistungs­fähiger sowie ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger Agrar- und Ernährungssysteme befassten sich die ersten Studenten des neuen interdisziplinären Master-Studiengangs Food Chain Environments (FCE) der Hochschule Neubrandenburg.

Im Sommersemester 2023 mit Bachelor-Absolventen aus der Agrarwirtschaft, Lebensmitteltechno­logie und Diätetik gestartet, wollte die Hochschule mit dem fächerübergreifenden Ausbildungskonzept dem wachsenden Bedarf an Fachkräften für Führungsauf­gaben entlang der gesamten ­Lebensmittelwertschöpfungskette begegnen. Nun zeigen erste Erfahrungen: Das Konzept geht auf.

FCE-Master: Bachelor-Absolventen können Fachwissen ausbauen

In seinen im Juli veröffentlichten „Perspektiven der Agrar-, ­Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften“ in Deutschland sagt der Wissenschaftsrat, dass die Zukunft der wissenschaft­lichen Ausbildung in der Branche so aussehen sollte, wie sie in Neubrandenburg mit dem FCE-Master entwickelt wurde.

Bachelor-­Absolventen, die sich nach dreieinhalb Jahren Fachstudium der Agrarwirtschaft, Lebensmitteltechnologie oder Diätetik weiter qualifizieren wollen, können ihr Fachwissen ausbauen und sich gleichzeitig Zugänge zu benachbarten Disziplinen des Agrar- und Ernährungssystems erschließen.

Studium an der Hochschule Neubrandenburg

Die Absolventin Yvonne Thomas berichtet im Interview mit Nicole Gottschall von ihren Erfahrungen im Masterstudiengang Food Chain Environments:

Warum haben Sie den Master-Studiengang Food Chain Environments (FCE) gewählt?
Während meines Bachelorstudiums Diätetik wurde an der Hochschule Neubrandenburg der neue interdisziplinäre Masterstudiengang Food Chain Environments entwickelt. Er kam für mich genau zur richtigen Zeit, denn ich wollte zwar einen Masterstudiengang belegen, allerdings keinen der „üblichen“ Studiengänge im Bereich Ernährungswissenschaften.

Was ist das Besondere am FCE-Studiengang?
Das Besondere am FCE ist, dass Studierende und Themen aus drei unterschiedlichen Bereichen der Lebensmittelkette zusammenkommen: der Agrarwirtschaft, Lebensmitteltechnologie und Ernährungs­wissenschaften. Gerade durch die vielen neuen Module außerhalb meines gewohnten Gebietes sowie den praktischen Bezug der Vorlesungs­inhalte erhalte ich tolle neue berufliche Möglich­keiten. Ich denke, der Master ist vor allem für Personen geeignet, die Lust haben, etwas Neues auszuprobieren, und um neue zukunftsorientierte Wege zu gehen.

Yvonne Thomas
Yvonne Thomas hat den Masterstudiengang Food Chain Environments absolviert. (c) Thomas privat

Auch der Standort Neubrandenburg hat es mir bereits während des Bachelors sehr angetan. Ich komme ursprünglich aus der Metropole Hamburg. In Neubrandenburg gefallen mir besonders gut die kurzen Wege, die Nähe zur Natur und der große See direkt vor der Haustür. Alles ist fuß­läufig oder gut mit dem Fahrrad zu erreichen. Trotzdem kommt das Studentenleben nicht zu kurz und es gibt viel zu erleben.

Welche Erfahrungen haben Sie in diesem ­Studium ­gemacht?
Ich habe viele neue und interessante Einblicke in wichtige zukunftsorientierte Themenfelder entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette erhalten. In den Pflichtmodulen stehen vor ­allem die Themen Nachhaltigkeit, Bioökonomie und Planetary Health im Fokus. Das Zusammen­arbeiten mit Studierenden aus drei unterschiedlichen Fachrichtungen regt zum Austausch und Nachdenken an und auch dazu, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Diesen Ansatz empfand ich als sehr erfrischend und be­reichernd.

Dazu sind die Dozenten und Dozentinnen fachlich top und sie nehmen sich immer Zeit, Wissen und Erfahrungen mit den Studierenden zu teilen. Sie sind sehr nahbar und man kann sie jederzeit bei Fragen und Unsicherheiten kontaktieren. Zudem sind die Dozierenden sehr gut vernetzt, wovon auch die Studierenden sehr profitieren.

Denn sie werden während des Studiums und bei Bedarf auch noch darüber hinaus von den Dozierenden unterstützt und gefördert. Das Studium brachte mir enormen Wissenszuwachs, tiefe Einblicke in speziellere Themenbereiche, zahlreiche neue ­Fähigkeiten sowie vielfältige Karrierechancen.

Wie sieht Ihre berufliche Zukunft nach dem Master aus?
Meine berufliche Zukunft ist dank der vielen möglichen Wege, die der Studiengang mitbringt, noch offen. Insgesamt gefällt mir das wissenschaftliche Arbeiten und Forschen sehr. Ich kann mir also gut vorstellen, in diesem Bereich auch nach meinem Studium weiter tätig zu sein. Aus diesem Grund bin ich gerade auch noch am überlegen, nach meinem Masterabschluss eine Promotion anzuschließen.

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Larissa Langheim mit Traktor
Larissa Langheim ist mit unter 40 km/h mit dem L-Führerschein schon gut unterwegs. Den T-Führerschein macht sie gerade – der vierte Jonglageball sozusagen. (c) Heike Mildner

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Süßkirschen-Ernte gerettet: Obsthof Müller trotzt Frost und steigert Effizienz

Erfolgreiche Kirschen-Ernte in Sachsen-Anhalt: Der Obsthof Müller in Querfurt zieht eine positive Bilanz der diesjährigen Kirschensaison. Erfahren Sie, wie der Betrieb die Herausforderungen des Jahres gemeistert hat.

Von Detlef Finger

Die 2024er-Süßkirschenernte auf dem Obsthof Müller ist seit Kurzem Geschichte. Am Montag voriger Woche kamen in Querfurt die letzten Früchte der sehr spät reifenden Sorte Regina von den Bäumen. Am 27. Mai war der Familienbetrieb mit der frühen Sorte Earlise in die Saison gestartet. Auf etwa 60 % einer normalen Jahresmenge taxierte Alexander Müller am vergangenen Mittwoch den diesjährigen Ertrag. Nach dem verheerenden Spätfrost in der Nacht zum 23. April, der vielerorts zu Totalausfall in den Obstanlagen führte, steht der Obsthof noch vergleichsweise gut da.

„Wir sind eines der wenigen Unternehmen in Mitteldeutschland mit nennenswerter Kirschernte“, sagt der Betriebsinhaber. Dank der von ihm ergriffenen Frostschutzmaßnahmen war auf den rund 6 ha Anbaufläche doch einiges an Süßkirschen gewachsen. Müller konnte damit etliche seiner Berufskollegen in Sachsen-Anhalt, aber auch in Sachsen und Thüringen mit Qualitätsware für deren Direktvermarktung versorgen.

Obsthof: Maßnahmen zum Frostschutz

„Ein theoretisch möglicher, sehr guter Ertrag wären 8–10 t/ha Süßkirschen im Durchschnitt“, erklärt Müller auf Nachfrage. Dieser sei abhängig von der Sorte, aber auch von weiteren Faktoren, wie etwa dem Witterungsverlauf, dem Standort oder der Bestandsdichte in den Baumobstplantagen. In der Kirsch­anlage des Obsthofes variiert Letztere zwischen 900–2.850 Bäumen je Hektar. „Wir haben da auch etwas experimentiert, um die Varianten vergleichen zu können“, sagt der Obsterzeuger.

Süßkirschenernte auf dem Obsthof Müller
Die Folien werden eingerollt. (c) Detlef Finger

Der Trend geht ihm zufolge zu höheren Baumdichten auf der Fläche – mit schmaleren Fahrgassen zwischen den Einzelreihen und engeren Abständen in der Reihe. Bei dieser Dichtpflanzung stehe alle Meter ein Baum. „Wir streben eine sogenannte Fruchtwand an, die wie eine Hecke ist: hoch und schmal“, erläutert Müller. Ziel sei es, in den 3,5–4 m breiten Gassen mithilfe von mobilen Hebe- bzw. Arbeitsbühnen zu ernten, die Bäume zu schneiden und auch die Regenschutzfolien bzw. Hagelnetze (bei Äpfeln) aus- und wieder einzurollen.

Kirschen-Ernte: Selbstfahrende Geräte

Tatsächlich kamen bei der Kirschenernte auf dem Querfurter Familienbetrieb in diesem Jahr zwei dieser selbstfahrenden Geräte zum Einsatz. Eine Arbeitsbühne hatte Müller vor fünf Jahren angeschafft, die zweite in diesem Jahr gebraucht in Südtirol erworben. Die Plattformen der Bühnen sind in Höhe und Breite verstellbar, sodass die Erntehelfer gut an die Früchte in den Baumkronen herankommen.

Arbeitsbühnen erleichtern die Arbeit

„Mit den Bühnen lässt sich effektiver arbeiten“, weiß Müller. Die Ernte mit Leitern sei körperlich schwerer, auch wegen des ständigen Hinauf- und Hinabsteigens, und gefährlicher, vor allem aber zeitaufwendiger: „Mit den Bühnen erreichen wir eine höhere Pflückleistung und brauchen letztlich weniger Arbeitskräfte.“ Dies sei angesichts steigender Personalkosten und schwer verfügbarer Saisonkräfte ein wichtiger Aspekt im (hand-)arbeitsintensiven Obstbau, betont der Betriebsleiter. Er könne sich deshalb vorstellen, auch seine drei Apfelernte­maschinen, die sich in der jetzigen Ausführung nur für das Kernobst eignen, so umzubauen, dass sie auch für die Kirschenernte einsetzbar sind.

Süßkirschenernte auf dem Obsthof Müller
Von der Arbeitsplattform sind die Kirschen gut zu pflücken (c) Detlef Finger

„Das ist allerdings noch Zukunftsmusik“, sagt der 47-Jährige Unternehmer und ergänzt: „Größter Kostenfaktor ist die menschliche Arbeit und das im Obstbau ganz besonders.“ Als studierter Betriebswirtschaftler hat er daher nicht zuvorderst den Ertrag pro Hektar im Blick, sondern die Produktionskosten je Kilo Obst. Die Süßkirschen vermarktet der Betrieb im eigenen Hofladen z. B. für 7,90 €/kg. Mit der Kirschenernte waren in der Querfurter Plan­tage anfangs drei Personen beschäftigt, in der Spitze pflückten rund ein Dutzend eigene Mitarbeiter bzw. ausländische Saisonkräfte.

Pflanzenschutz in der Apfel-Plantage

Mitte vergangener Woche war Alexander Müller mit seiner neuen Pflanzenschutzspritze, einem Anhängesprayer der K-Baureihe vom Hersteller Wanner, in der Apfelplantage zugange. Mit dem Gerät, das u. a. mit einem 2.000-Liter-Tank und einem Axialgebläse ausgestattet ist, versorgte er die Bäume über einen flüssigen Blattdünger mit Kalzium. Der Mineralstoff sei wichtig für die Stabilität der Schale und des Fruchtfleisches und verhindere die typischen Stippeflecken, sprich: braun eingesunkene Stellen unterhalb der Schale, erklärt Müller. Die ausgebrachte Tankmischung enthielt außerdem ein Belagsfungizid gegen Schorfinfek­tionen zur Gesunderhaltung von Blättern und Früchten sowie ein biologisches Insektizid gegen den Apfelwickler.

Süßkirschenernte auf dem Obsthof Müller
Apfelbäume, hier eine Junganlage, werden per Spritze mit Blattdünger versorgt und gegen Schaderreger geschützt. (c) Detlef Finger

Der Apfelschorf gehört zu den gefährlichsten Pilzkrankheiten im Obstbau, der Apfelwickler ist der mit Abstand häufigste Schädling an Apfelbäumen. Der Schaden entsteht durch den Fraß der Raupen des braun-grauen Falters, die sogenannten Obstmaden. Bei den Äpfeln könnten es in diesem Jahr etwa 30–50 % einer durchschnittlichen Ernte werden, schätzt der Betriebsleiter ein; die Qualität der Früchte bleibe allerdings vorerst offen.

Folien schützen vor Regen

In der Kirschplantage, zu der auch 0,2 ha Sauerkirschen gehören, wurden in der vergangenen Woche die Folienüberdachungen, die die Früchte vor Regen schützen sollen, eingerollt. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, denn die aus Bändchengewebe bestehenden Dächer müssen auf lange, dünne Rohre aufgewickelt werden, was mittels elektrischem Antrieb an beiden Rohrenden (über Akkuschrauber) passierte. Aufgewickelt lagern die Regenschutz­folien nun im First bis zur nächsten Saison.

Süßkirschenernte auf dem Obsthof Müller
Alexander Müller auf einer Hebebühne in der Süßkirschenplantage. (c) Obsthof Müller

Bei den Kirschen steht jetzt die erste Nacherntebehandlung an. Auch das Steinobst wird mit Flüssigdünger übers Blatt versorgt, u. a. mit Stickstoff, Bor und Zink, damit die Knospen für die 2025er-Ernte stark und stabil werden. Auch hierfür kommt die neue Spritze zum Einsatz, die eine in die Jahre gekommene Schlüssel­maschine ersetzte. Letztere bleibt aber als Reserve auf dem Hof.

Etwa Mitte August beginnt dann der Baumschnitt bei den Kirschen. Hiernach folgt mit Aprikosen und Pflaumen das andere Steinobst, das in diesem Jahr aufgrund des Frostereignisses null Ertrag bzw. nur etwa 5 % einer Normalernte brachte. Der Schnitt im Spätsommer dient dazu, den in diesem ertragsschwachen Jahr verstärkten Austrieb samt Knospenanzahl einzudämmen. Die verbleibenden Knospen werden dann besser versorgt. Zudem verringert sich der Aufwand beim Ausdünnen im Frühjahr.

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Praxispartner Müller Apfel-Frost-Schäden
Die Äpfel weisen zum Teil frostbedingte Deformationen auf. Alexander Müller zeigt verbliebene Früchte. © Detlef Finger

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Tödlicher Unfall mit Traktor: Radfahrerin aus Sachsen stirbt

Tödlicher Unfall auf Rügen: Eine 74-jährige Radfahrerin wird von einem Traktor erfasst und getötet. Der Traktorfahrer steht unter Schock. Jetzt sucht die Polizei nach Zeugen. Was bisher bekannt ist.

Von den Redakteuren der Bauernzeitung

Ein tragischer Verkehrsunfall hat sich am Donnerstagnachmittag, (1.8.) Neu Mukran in Mecklenburg-Vorpommern ereignet. Eine Urlauberin wurde von einem Traktorgespann erfasst und starb noch an der Unfallstelle.

Traktor war mit Heuballen beladen

Ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge befand sich ein 27-jähriger Fahrer eines Traktors mit Anhänger, der mit 12 Heuballen beladen war, auf der Landstraße 29 und fuhr aus Richtung Prora in Richtung Sassnitz. Eine 74-jährige Radfahrerin wartete am Rand der Fahrbahn auf dem Gehweg, als das Gespann an ihr vorbeifuhr. An dieser Stelle gibt es laut Pressemitteilung der Polizei keinen Fußgängerüberweg.

Radfahrerin wird von Rad des Anhängers erfasst

Aus bislang ungeklärter Ursache geriet die Frau auf die Fahrbahn und wurde vom hinteren rechten Rad des Anhängers erfasst. Bei dem Zusammenstoß erlitt die Urlauberin so schwere Verletzungen, dass sie noch an der Unfallstelle verstarb. Der 27-jährige Fahrer blieb unverletzt, er wurde von Mitarbeitern der psychosozialen Notfallversorgung betreut.

Verstorbene Frau kommt aus Sachsen

Bei der Überprüfung der Fahrtauglichkeit sowie der Lenk- und Ruhezeiten wurden bei dem Fahrer keine Auffälligkeiten festgestellt. Zur Klärung der Unfallursache hat die Polizei auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Stralsund einen Gutachter der DEKRA an der Unfallstelle hinzugezogen. Die verstorbene Frau kam aus Sachsen, während der 27-Jährige im Landkreis Vorpommern-Rügen wohnt.

Tödlicher Unfall: Straße gesperrt

Nach Angaben der Polizei blieb die L29 für etwa drei Stunden voll gesperrt. Die Ermittlungen zur genauen Unfallursache laufen noch. Zeugen, die den Vorfall beobachtet haben, werden gebeten, sich im Polizeirevier Sassnitz unter der Telefonnummer 038392/3070 zu melden.

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Krankenwagen auf Landstraße, Traktor-Unfall in Rüdersdorf
Am Dienstagabend kam es in Rüdersdorf zu einem tragischen Unfall mit einem Traktor, der einem Mann das Leben kostete. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat

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Landtagswahl in Thüringen: Parteien und Programme zur Landwirtschaft

Die Wahlprogramme der Parteien zur Landtagswahl in Thüringen im Agrarcheck: Linke, AfD, CDU, SPD, Grüne, BSW und FDP – erkunden Sie die agrarpolitischen Strategien der Parteien und erfahren Sie, wie sie die Landwirtschaft bis 2029 gestalten wollen.

    Von Frank Hartmann

    Am 1. September bewerben sich 15 Parteien mit ihren Kandidaten um einen Sitz im 8. Thüringer Landtag. Welche agrarpolitischen Ziele verfolgen die Parteien für Thüringen bis zum Jahr 2029? Wir haben die Wahl- bzw. Regierungsprogramme der sechs im Landtag vertretenen Parteien (Linke, AfD, CDU, SPD, Grüne, FDP) sowie der neuen Partei BSW überprüft.

    Linke: Das ist der Plan für Thüringen

    Die Thüringer Links-Partei ordnet die Landwirtschaft in ihrem Regierungsprogramm in das Kapitel Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik ein. Begründet wird ein Agrarstrukturgesetz. Die Linke strebt Vielfalt und eine Kreislaufwirtschaft mit an der Fläche angepasster Tierhaltung an. Stallbau-Maßnahmen werden besonders gefördert, sofern sie den erhöhten Anforderungen an eine tiergerechte Haltung entsprechen.


    Die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) und der Borchert-Kommission fordert die Partei umzusetzen; für eine verlässliche Finanzierung will sie sich einsetzen. Direktvermarktung einschließlich der Gemeinschaftsverpflegung mit regionalen Produkten erfahren Unterstützung.

    Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen sowie den Ökolandbau will die Linke auf einem Drittel der Agrarflächen Thüringens etablieren. Umweltleistungen sollen über GAP-Gemeinwohl-Prämien entlohnt werden; im nationalen Strategieplan soll ein Teil der Zahlung „als Gewinnbeitrag für den Betrieb erfolgen“.

    Die Unterstützung in benachteiligten Gebieten findet sich im Programm ebenso wie jene für dezentrale Schlachtstätten. Neue Techniken in der Pflanzen-Züchtung will die Linke nach „bewährtem Gentechnik-Gesetz“ reguliert wissen.

    Hier finden Sie das Programm der Linken in Thüringen.

    AfD: Das ist der Plan für Thüringen

    Die Thüringer AfD benennt ihre land- und forstwirtschaftlichen Ziele im Kapitel 13 des Wahlprogrammes. Sie verfolgt „einen vernünftigen Ausgleich zwischen dem Wohlergehen unserer heimischen Landwirtschaft, den Interessen des Umweltschutzes, der Pflege unserer Kulturlandschaft und dem Verbraucherschutz“. Betont wird, die Überregulierung in der Landwirtschaft abzubauen.

    Auch fordert die Partei „einen wirksamen Schutz vor dem Ausverkauf unserer Agrarflächen und Landwirtschaftsbetriebe“. Die AfD will die Grünland-Bewirtschaftung stärker fördern und die dafür notwendige Tierhaltung voranbringen. Die Regionalität soll ausgebaut werden, etwa durch Wiederansiedlung von Schlachtstätten und den Ausbau der mobilen Schlachtung.

    Absatz-Hindernisse für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Thüringen müssen beseitigt werden. Der solidarischen Landwirtschaft oder der Agrarforstwirtschaft steht die AfD offen gegenüber. Gentechnik darf in der Landwirtschaft nur eingesetzt werden, „wenn negative Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Natur ausgeschlossen sind“. Den Wolf sieht die AfD im Jagdrecht, seinen Bestand nach schwedischem Vorbild reguliert.

    Hier finden Sie das Programm der AfD in Thüringen.


    CDU: Das ist der Plan für Thüringen

    Im Kapitel „Wirtschaft und Wohlstand“ ihres Regierungsprogrammes findet man die agrarpolitischen Vorstellungen der CDU. Bei den digitalen Antrags- und Monitoring-Instrumenten (Portia; Fan-App) will die CDU „für funktionelle und praxistaugliche Lösungen sorgen“. Auf Bundesebene setzt man sich für die vollständige Rücknahme der Kürzungen bei der Agrardiesel-Steuerrückerstattung sowie „steuerfreie Klimarücklagen“ ein.

    Unternehmensnachfolgen zu fördern, will die CDU auch im Bereich der Landwirtschaft ermöglichen. Investitionen, etwa im Stallbau, sollen über den gesamten Abschreibungszeitraum Bestandsschutz haben. Bürokratieabbau findet sich im Programm ebenso wie das Bekenntnis zu Direktzahlungen.

    Agrarumweltmaßnahmen sind „auskömmlich finanziell auszustatten“ und die Ausgleichszulage fortzuführen. Kleine Schlachtbetriebe will die CDU bei den Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung entlasten. Änderungen von bodenrechtlichen Vorgaben will die Partei daran messen, „ob sie dem Ziel einer ausgewogenen Agrarstruktur und zur Abwehr außerlandwirtschaftlicher Investitionen und Spekulationen dienen“.

    Für die ASP-Prävention kündigt die CDU höhere Prämien für die Schwarzwildjagd an. Für die Wolfsbestände will man die rechtlichen Grundlagen zur Regulierung schaffen.

    Hier finden Sie das Programm der CDU in Thüringen.


    SPD: Das ist der Plan für Thüringen

    Auch die SPD formuliert ihre agrarpolitischen Ziele im Wirtschaftskapitel ihres Programmes. Sie kündigt an, die GAP gemeinwohlorientiert ausrichten zu wollen. Beiträge der Landwirte zum Natur- und Klimaschutz „müssen finanziell sehr viel stärker gewürdigt werden“.

    Die SPD will eine schnelle Umsetzung höherer Tierwohlstandards, was sich rechtlich und in der Förderung niederschlagen muss. Beim Ökolandbau peilt die Partei zunächst 10 % an. Die Ausgestaltung des Eler wird sich mit der SPD „daran orientieren, den Anteil des ökologischen Landbaus zu erweitern und extensive Bewirtschaftungsmaßnahmen“ fortzuführen bzw. neu zu etablieren.

    Junglandwirte wird man in der Aus- und Weiterbildung sowie bei der Existenzgründung unterstützen. Smart Farming soll niedrigschwellig gefördert werden. Bodenspekulationen will die SPD aktiv verhindern. Um den Flächenverbrauch zu stoppen, soll eine verbindliche Kompensation im gesamten Freistaat kommen. Lehr- und Versuchsanstalten will die SPD stärken.

    Konsequent stoppen will sie den Verlust von Infrastruktur, etwa Schlachthöfen. Besonders zu honorieren verspricht die SPD die Wanderschäferei, Hüteschafhaltung und Waldweide; artenreiches Grünland soll mit Weidetierprämien gefördert werden. Für die standortnahe Wasserversorgung will die SPD bis 2029 einen konkreten Fahrplan.

    Hier finden Sie das Programm der SPD in Thüringen.

    Grüne: Das ist der Plan für Thüringen

    Sehr detailliert legen die Grünen in ihrem Wahlprogramm ihre agrarpolitischen Ziele dar. Stark machen will sich die Partei für ein Agrarstrukturgesetz. Der Ökoflächenanteil soll bis 2030 auf 25 % ansteigen, was man mit höheren Flächenprämien, einem Ausbau von Öko-Invest und stärkerer Förderung der Vermarktung erreichen will.

    Die Grünen wollen eine Thüringer Totalherbizid-Reduzierungs-Strategie erarbeiten und Betriebe bei der Umsetzung von Reduktionsplänen unterstützen. Angekündigt wird ein Insektenschutz-Sofortprogramm sowie ein „Heckenprogramm“. Der Einsatz von Giftködern wird abgelehnt. Agroforst-Systeme und den Humus-Aufbau wollen die Grünen fördern. P- und N-Überschüsse will die Partei „durch neue Düngeverordnungen und entsprechende Förderprogramme“ reduzieren.

    Die Einfuhr von Gülle aus anderen Regionen gilt es zu vermeiden. Die GAK- und Kulap-Förderung will man „erhalten, ausbauen und stärker auf Grünland ausrichten“. Nachhaltige Bewässerungssysteme sollen ausgebaut werden und die Versuchsstationen erhalten bleiben. Weiterentwickeln wollen die Grünen die „Thüringer Tierwohlstrategie“ samt Stallumbau-Programm, um die „industrielle Massentierhaltung“ zu beenden.

    Das Kupierverbot bei Ferkeln gilt es konsequent umzusetzen. Tiertransporte sollen auf vier Stunden oder 150 km begrenzt, Tierschutzkontrollen ausgebaut, ein Verbandsklagerecht eingeführt und ein Landestierschutzbeauftragter etabliert werden.

    Hier finden Sie das Programm der Grünen in Thüringen.


    FDP: Das ist der Plan für Thüringen

    Im Kapitel „Lebenswert in Thüringen“ finden sich im Wahlprogramm der FDP auch ihre agrarpolitischen Ziele. „Für eine freie, unternehmerische und mittelständisch geprägte Landwirtschaft“ will die FDP Bürokratie abbauen.

    Neben einem „effizienteren Einsatz von Fördermitteln“ fordert die Partei eine 1:1-Umsetzung der Bundes- und EU-Regelungen. Sie will eine Umweltpolitik mit marktwirtschaftlichen Anreizen und weniger Ordnungsrecht. Statt behördlicher Ausweisung neuer Naturschutz-Flächen will die FDP „vermehrt eine ökologische Aufwertung bestehender Gebiete“.

    Sie setzt sich auf Bundesebene für eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage ein: Land- und Forstwirten soll die Bildung dieser Rücklage bis zur Höhe des durchschnittlichen Gewinns der vergangenen vier Wirtschaftsjahre ermöglicht werden. Die Thüringer FDP befürwortet „die verantwortbare Nutzung grüner Gentechnik“ in der Landwirtschaft.

    Hier finden Sie das Programm der FDP in Thüringen.


    Bündnis Sahra Wagenknecht: Das ist der Plan von BSW für Thüringen

    Die Landwirtschaft ordnet die neue Partei BSW im Wahlprogramm dem Wirtschaftskapitel zu. Die Landesprogramme der Zweiten Säule will man u. a. für die Energie-Wende nutzen: Waldrestholz, Treibstoffe vom Acker und aus dem Stall sowie Biogasanlagen zählen zum Mix.

    Die Biogas-Beratung wird wieder aufgenommen. Die Ausgleichszulage will man erhalten. BSW kündigt einen Masterplan zur Stärkung der Tierhaltung an. Genehmigungen für Stallbauten müssen so lange gelten, bis der Stall abgeschrieben ist. Die Partei will eine Agrarmarketing-Gesellschaft für Thüringen oder Mitteldeutschland etablieren.

    Beim Bürokratie-Abbau bilden die Vorschläge des DBV und der AMK die Arbeitsgrundlage des BSW, das die Stoffstrombilanz abschaffen will. Auf Bundesebene setzt man sich für die Abschaffung der Grundsteuer A ein. Die von der EU gewünschte Wiederansiedlung und Bestandsstärkung von Wolf, Biber oder Kormoran erfordern ein Wildtiermanagement samt Schadensausgleich. Für Ausgleichsmaßnahmen soll es keine weitere Inanspruchnahme von landwirtschaftlicher Nutzfläche geben.

    Hier finden Sie das Programm des BSW in Thüringen.

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    Bürokratie-Abbau
    Die Ampel-Fraktionen haben ein Agrarpaket vorgeschlagen. Darin geht es auch um den Abbau von Bürokratie. (C) AdobeStock

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    Streit um Frosthilfen der EU: Warum Obstbauern aus Deutschland leer ausgehen 

    Spätfröste und ihre verheerenden Folgen: Obstbauern in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg kämpfen gegen Ernteverluste. Jetzt gibt es Streit in der Politik. Warum bekommt Deutschland kein Geld aus der Agrarreserve der EU? Das kommentiert Claudia Duda.

    Von Claudia Duda

    Mit minus 8,8 Grad war es in Deutschneudorf-Brüderwiese im Erzgebirge in der Nacht zum 23. April deutschlandweit am kältesten. Der Kälteeinbruch war bundesweit zu beobachten, aber in Ostdeutschland lagen die Temperaturen fast überall bei minus 5,5 Grad. Jetzt zeigt sich, dass die schlimmsten Befürchtungen auch eintreten. Die Ernteausfälle vieler Betriebe liegen zwischen 80 und 100  %. Äpfel, Pflaumen, Kirschen, Sauerkirschen, Himbeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren, Johannisbeeren und Weinreben sind betroffen. Wer sich als Konsument mit regionalem Obst versorgen will, muss suchen oder tief in die Tasche greifen. Während die betroffenen Betriebe versuchen zu retten, was zu retten ist, ist auf politischer Ebene ein Streit darüber entbrannt, ob und wie den Landwirten geholfen werden kann.

    Fachgruppe Obstbau sieht den Bund in der Pflicht

    Joerg Hilbers, Geschäftsführer der Fachgruppe Obstbau, beziffert die Schäden in den deutschen Baumostkulturen auf 250 bis 300  Mio. €. Und nicht nur bei dem Interessenverband, der die deutschen Obstbauern vertritt, ist der Ärger dar­über groß, dass insbesondere der Bund den Betrieben nicht helfen will. „Wir sehen den Bund in der Pflicht, aber der hat auf die Bundesländer verwiesen“, so Hilbers.

    Frosthilfen: Bund verweist auf die Länder

    Die Spätfröste im April, die zu den Schäden geführt haben, erfüllen nicht das Kriterium als „Ereignis mit nationalem Ausmaß“, heißt es. Nur in einem solchen Fall könne es vom Bund Ad-hoc-Hilfen geben. Allerdings hatte das Ministerium von Cem Özdemir (Grüne) in einer Pressemitteilung aufgezählt, dass Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland betroffen seien. Es fehlten nur die Stadtstaaten sowie Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Unklar also, was der Bund unter einem „Ereignis mit nationalem Ausmaß“ versteht

    EU-Agrarreserve: Österreich, Tschechien und Polen bekommen Geld

    Immerhin ist das Bundesministerium aktiv geworden. Bei der EU. Bereits Ende Mai habe man sich beim Rat für Landwirtschaft und Fischerei in Brüssel für EU-Hilfen für die betroffenen deutschen Betriebe starkgemacht, teilte ein Sprecher mit. Und auch beim Agrarrat am 24. Juni hätte das BMEL auf die Schäden in Millionenhöhe hingewiesen und die Kommission abermals zu adäquaten Hilfen aufgefordert. Dann die Überraschung: Die EU hat Krisenhilfen aus der Agrarreserve in Höhe von 62 Mio. € für Österreich, Tschechien und Polen nach Frost- und Hagelschäden für Obst-, Gemüse- und Weinbaubetriebe in Aussicht gestellt, ohne Deutschland in die Hilfsmaßnahme einzubeziehen. Warum? Weil kein schriftlicher Antrag vorlag.

    „Von der Maßnahme wurde das BMEL offenbar überrascht”, interpretiert es Joerg Hilbers von der Fachgruppe Obstbau. „Es ist mir suspekt, dass der größte Beitragszahler der EU nichts von dem Antrag weiß“, sagt er.

    Agrarreserve: 450 Millionen Euro pro Jahr

    Auch wenn der Ministeriumssprecher betont, dass die entsprechende Regelung der Verordnung über die Gemeinsame Marktorganisation „keine Antragserfordernis kennt“, ist es doch verwunderlich, dass Polen, Österreich und Tschechien ihre Ansprüche anscheinend formgerecht eingereicht haben. Die Agrarreserve der EU – 450 Mio. € jährlich – ist ein Sicherheitsnetz für landwirtschaftliche Betriebe, um wirtschaftliche Schocks und deren Auswirkungen zu dämpfen. Sie wurde erstmals 2022 eingesetzt, um nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine Agrarbetriebe zu unterstützen, die von Marktstörungen betroffen waren und die wegen der Energiekrise höhere Produktionskosten hatten.

    Deutschland reicht Antrag nach

    Deutschland hat den Antrag an die EU jetzt nachgereicht. Als größter Beitragszahler muss es ebenfalls berücksichtigt werden – alles andere wäre ungerecht und schwer zu vermitteln. Doch die deutsche Regierung muss noch ganz andere Hausaufgaben machen und ein echtes Risikomanagement vorantreiben. Die im Agrarpaket angekündigte steuerliche Gewinnglättung zum Ausgleich von Gewinnschwankungen aufgrund wechselnder Witterungsbedingungen kann nur ein Anfang sein.

    Claudia-Duda-Chefredakteurin Bauernzeitung
    Chefredakteurin Claudia Duda kommentiert. (c) Sabine Rübensaat

    Kommentar aus der Ausgabe 30/2024

    Ausgabe 24/24
    Bauernzeitung 24/2024

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    Auf dem Obsthof Müller begann die Ernte so zeitig wie noch nie. Bereits am 27. Mai kamen die ersten Früchte der sehr frühen Sorte Earlise von den Bäumen. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat
    Auf dem Obsthof Müller begann die Ernte so zeitig wie noch nie. Bereits am 27. Mai kamen die ersten Früchte der sehr frühen Sorte Earlise von den Bäumen. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat

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    Drohende Insolvenz von BayWa: Wird die Ernte bezahlt?

    Die drohende Zahlungsunfähigkeit des Agrarhändlers BayWa verunsichert viele Landwirte. Es geht um die bestehenden Verträge zur Lieferung der Getreide-Ernte und Möglichkeiten der zukünftigen Absicherung. Das sollten Landwirte jetzt wissen.

    Von Carola Fischer, Rechtsanwältin bei Geiersberger Glas & Partner mbB

    Deutschlands größter Agrarhändler, die BayWa, hat einen Berg von Schulden angehäuft. Dem Unternehmen droht die Insolvenz. Am 12. Juli hatte die BayWa AG bekanntgemacht, ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben zu haben, um die „angespannte Finanzierungslage“ zu verbessern. Der insolvenzgefährdete Agrarriese soll Schulden in Milliardenhöhe haben, die Aktien der BayWa sind seit der Bekanntgabe im permanenten Sinkflug.

    Viele Landwirte haben Getreidekontrakte mit der BayWa AG oder mit deren Tochtergesellschaft, der BayWa Agrarhandel GmbH, geschlossen. Nun ist die Getreideerntesaison im vollen Gange und die Landwirte sind in großer Sorge, „sehenden Auges“ ihre Ernte liefern zu müssen und diese am Ende nicht bezahlt zu bekommen.

    Drohende Zahlungsunfähigkeit: Absicherung von Kontrakten

    Es stellt sich nun die Frage, welche Möglichkeiten die Landwirte bei drohender Zahlungsunfähigkeit ihres Vertragspartners haben und wie sie sich in zukünftigen Kontrakten absichern können.

    Zunächst einmal darf man ein Sanierungsgutachten nicht mit einem Insolvenzantrag gleichsetzen. Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags besteht für Unternehmen dann, wenn diese überschuldet oder zahlungsunfähig sind (vgl. § 15a Abs. 1 InsO).

    Ein Sanierungsgutachten wird indes beauftragt, wenn ein Unternehmen in der Krise ist. Dies geschieht bei einer ordentlichen Geschäftsführung vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Das Sanierungsgutachten soll aufzeigen, ob ein Unternehmen in einer Krisensituation nachhaltig und erfolgreich saniert werden kann. Es liefert (vorwiegend einer Bank oder anderen Finanzierungspartnern) Informationen darüber, ob das Unternehmen langfristig und erfolgreich am Markt bestehen kann. Ziel eines Sanierungsgutachtens ist eine positive Fortführungsprognose, die die Voraussetzung für die Vergabe oder Verlängerung von Krediten ist.

    Im Fall der BayWa AG scheint jedoch die ernste Gefahr der Zahlungsunfähigkeit gegeben zu sein, da der Konzern selbst von einer angespannten Finanzierungslage spricht.

    Auswirkungen einer finanziellen Krise des Vertragspartners auf bestehende Kontrakte:

    Grundsätzlich besteht die Lieferpflicht der Landwirte trotz finanzieller Krise ihres Vertragspartners fort. Pacta sunt servanda (Verträge sind einzuhalten) – das Prinzip der Vertragstreue ist einer der wichtigsten Grundsätze des deutschen Vertragsrechts. Die „bloße“ finanzielle Krise des Vertragspartners hat keinen Einfluss auf mit ihm bestehende Verträge und die daraus resultierenden vertraglichen Pflichten.

    Viele Betriebe sind zurzeit in der Ernte.
    Viele Betriebe sind zurzeit in der Ernte. Bestehen die Getreidekontrakte weiter, auch wenn der Agrarhändler möglicherweise zahlungsunfähig ist?, fragen sich viele Landwirte. (c) Sabine Rübensaat


    Eine Beendigung des Vertrags ist in einer solchen Situation auch nicht ohne Weiteres möglich. Besonders vereinbarte Rücktrittsrechte, die dem Landwirt helfen könnten, gibt es in der Praxis faktisch nicht. Das gesetzliche Rücktrittsrecht greift nur, wenn der andere Vertragspartner eine fällige Pflicht trotz Mahnung nicht erfüllt hat (vgl. § 323 Abs. 1 BGB). Vorkontrakte beinhalten in der Regel eine Vorleistungspflicht des Landwirts.

    Das bedeutet, er muss erst die Ernte abliefern und bekommt diese erst im Anschluss daran bezahlt. Aus diesem Grund wird der Agrarhändler in den meisten Fällen nicht mit der Zahlung des Kaufpreises in Verzug sein. Auch eine sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage (vgl. § 313 BGB), welche ebenfalls zum Rücktritt berechtigen könnte, liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Vertragspartner in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

    Kann der Vertrag gekündigt werden?

    Zuletzt kommt auch eine Kündigung der Kontrakte nicht in Betracht. Die Kündigung ist ein Gestaltungsrecht, welches lediglich im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen – beispielsweise Mietvertrag, Pachtvertrag, Arbeitsvertrag etc. – gesetzlich vorgesehen ist.

    Eine Besonderheit kann sich aus den Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel ergeben. Zunächst kann der Vertragspartner auch hier nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist vom Vertrag zurücktreten (vgl. § 19 Nr. 1 EHB). Dies setzt aber wiederum die nicht rechtzeitige Erfüllung eines Vertrages (hier: die Zahlung des Kaufpreises) voraus, woran es aber aufgrund der grundsätzlichen Vorleistungspflicht des Landwirts scheitern dürfte.

    Ansprüche auf Erfüllung des Vertrages

    Andererseits erlöschen die Ansprüche auf Erfüllung des Vertrags aber auch, wenn eine Vertragspartei ihre Zahlungen einstellt oder Tatsachen vorliegen, die einer Zahlungseinstellung gleich zu erachten sind (vgl. § 41 Nr. 1 EHB). Jedoch dürfte auch diese Voraussetzung bei bestehender Vorleistungspflicht des Landwirts nicht erfüllt sein.

    Etwas anderes gilt dann, wenn vor Ablieferung der Ernte durch den Landwirt das Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Agrarhändlers eröffnet wird. Der sodann bestellte Insolvenzverwalter hat – sofern ein gegenseitiger Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner und vom anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt ist – ein Wahlrecht. Der Insolvenzverwalter kann zum einen vom anderen Teil die Erfüllung des Vertrags verlangen und selbst anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen.

    Verpflichtung zur Lieferung der Ernte

    Bei dieser Alternative bleibt die Verpflichtung des Landwirts zur Lieferung der Ernte bestehen und der Kaufpreisanspruch verwandelt sich in eine Masseforderung, welche (in voller Höhe) vorrangig aus der Insolvenzmasse zu befriedigen ist. Andererseits kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnen. Infolgedessen kann der andere Teil eine Forderung wegen der Nichterfüllung lediglich als Insolvenzgläubiger geltend machen (vgl. § 103 InsO).

    Das bedeutet, der Landwirt wird einerseits von seiner Lieferverpflichtung frei, kann andererseits aber den ihm entstandenen Schaden als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden. Hat der Landwirt seine Ernte bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Agrarhändler geliefert, kann er seinen Zahlungsanspruch dagegen nur als Insolvenzforderung mit Aussicht auf quotenmäßige Befriedigung geltend machen.

    Rechtliche Möglichkeiten der Landwirte

    Das Gesetz sieht für Fälle, in denen aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit des Vorleistungsberechtigten die Gefahr besteht, dass der Anspruch des Vorleistungspflichtigen auf Gegenleistung gefährdet wird, in § 321 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht des Vorleistungspflichtigen vor (sog. Unsicherheitseinrede). Mit anderen Worten: Der Landwirt kann die Getreidelieferung zurückhalten, wenn er berechtigterweise um den Erhalt des Kaufpreises fürchten muss.

    Das Leistungsverweigerungsrecht besteht solange, bis die Gegenleistung bewirkt oder für sie Sicherheit geleistet ist. Die ursprüngliche Vorleistungspflicht des Landwirts wandelt sich mit (berechtigter) Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts mithin in eine sogenannte Zug-um-Zug-Verpflichtung um. Unter bestimmten Voraussetzungen ist sogar ein Rücktritt vom Vertrag möglich.

    Lieferung zuerst, dann kommt die Bezahlung

    Voraussetzung für das Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1 BGB ist zunächst das Bestehen einer Vorleistungspflicht. Wie bereits dargestellt, ist diese der Natur nach in den meisten Getreidekontrakten enthalten. Der Landwirt muss zuerst seine Getreideernte an den Agrarhändler abliefern und bekommt im Anschluss daran erst den Kaufpreis.

    Daneben muss der Anspruch auf Gegenleistung gefährdet sein; die Gefährdung kann auch nur vorübergehend sein, sie darf jedoch erst nach Vertragsschluss erkennbar geworden sein. Die Gefährdung muss auf der mangelnden Leistungsfähigkeit des Vertragspartners beruhen. Eine mangelnde Leistungsfähigkeit resultiert in der Regel aus einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Vorleistungsberechtigten und wird daher vor allem dann angenommen, wenn nach Vertragsschluss eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Vorleistungsberechtigten eintritt oder ernsthaft droht.

    Wer trägt das Risiko?

    Die Gefahr einer mangelnden Leistungsfähigkeit kann sich ferner beispielsweise auch aufgrund von Export- und Importverboten, Kriegsereignissen, Zusammenbrüchen von Zulieferern, Verlust von Produktionsstätten durch Brand oder durch Naturereignisse sowie aus der Krankheit des Vorleistungsberechtigten oder unentbehrlicher Mitarbeiter ergeben. Zu beachten ist jedoch, dass der Vorleistungspflichtige das Risiko trägt, eine Anspruchsgefährdung zu Unrecht anzunehmen und infolgedessen mit (unberechtigter) Leistungsverweigerung seinen eigenen Verzug zu begründen.

    Bezogen auf die Krise der BayWa AG zeigt das in Auftrag gegebene Sanierungsgutachten, dass sich die BayWa AG in nicht unerheblichen finanziellen Schwierigkeiten befindet, die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit ernsthaft besteht. Die Unsicherheitseinrede gibt den Landwirten nunmehr einen Rechtsbehelf an die Hand, aufgrund dessen sie ihre Ernte zunächst einmal zurückhalten können, bis die BayWa AG den Kaufpreis zahlt oder eine Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

    Vorteil nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

    Die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts nach § 321 Abs. 1 BGB böte den Landwirten zudem – im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahren – auch Schutz vor einer Insolvenzanfechtung. Die Grundsätze der Insolvenzanfechtung ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, Handlungen rückgängig zu machen, die die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligt oder die Insolvenzmasse verringert haben. Umfasst sind damit vor allem Zahlungen des Insolvenzschuldners an einzelne Gläubiger. Der Insolvenzverwalter könnte also unter Umständen den erhaltenen Kaufpreis für das Getreide von den Landwirten zurückfordern, während die Ernte im Vermögen des Agrarhändlers verbleibt.

    Eine Ausnahme davon bilden die sogenannten Bargeschäfte, welche nicht anfechtbar sind (vgl. § 142 InsO). Dabei handelt es sich den unmittelbaren Austausch von Leistung und einer gleichwertigen Gegenleistung. Dieser ist dann gegeben, wenn er im engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt.

    Ein solch enger zeitlicher Zusammenhang dürfte bei den üblichen Kontrakten aufgrund der Vorleistungspflicht der Landwirte zweifelhaft sein, da die Agrarhändler oftmals erst Wochen nach der Ernteablieferung den Kaufpreis für das erhaltene Getreide zahlen. Üben die Landwirte dagegen – selbstredend nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind – ihr Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1 BGB aus, besteht diese Vorleistungspflicht nicht mehr. Vielmehr erfolgt der Leistungsaustausch – wenn er denn erfolgt – nur Zug um Zug, auf die Erntelieferung folgt also unmittelbar die Bezahlung oder zumindest das Stellen einer entsprechenden Sicherheit. Die Voraussetzungen eines nicht anfechtbaren Bargeschäfts liegen vor.

    Praktische Probleme bei Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts

    Die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts nach § 321 Abs. 1 BGB und damit das Zurückhalten der Ernte dürfte viele Landwirte indes vor das praktische Problem der fehlenden eigenen Lagerkapazitäten stellen. Die Landwirte wären damit darauf angewiesen, ihre Ernte kostenpflichtig anderweitig zwischenzulagern.
    Der Verkauf der Ernte an einen anderen Landhändler stellt indes keine Option dar, da – wie bereits erläutert – eine finanzielle Krise des Vertragspartners per se keine Auswirkungen auf die mit ihm bestehenden Kontrakte hat.

    Für die Landwirte dürfte daher die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag nach § 321 Abs. 2 BGB von Interesse sein. Danach muss der Vorleistungspflichtige (der Landwirt) zunächst eine angemessene Frist bestimmen, in welcher der andere Teil (der Agrarhändler) Zug um Zug gegen die Leistung (Lieferung der Ernte) nach seiner Wahl die Gegenleistung (Kaufpreiszahlung) zu bewirken oder Sicherheit zu leisten hat. Erst nach erfolglosem Ablauf der Frist kann der Vorleistungspflichtige (der Landwirt) vom Vertrag zurücktreten.

    Zu beachten ist an dieser Stelle, dass es keine eindeutige Vorgabe seitens des Gesetzes oder der Rechtsprechung gibt, ab wie vielen Tagen eine Frist angemessen ist. Vielmehr ist das je nach Vertragstyp und -inhalt je nach Einzelfall zu bestimmen. Der Landwirt trägt damit das Risiko, eine zu kurze Frist zu setzen. Zwar setzt das Setzen einer zu kurzen Frist im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich eine angemessene Frist in Lauf. Tritt jedoch der Landwirt unmittelbar nach Ablauf seiner zu kurzen Frist vom Vertrag zurück und verkauft die Ernte anderweitig, macht er sich unter Umständen schadenersatzpflichtig gegenüber dem Agrarhändler.

    Lieferung der Ernte Zug um Zug

    Eine weitere Möglichkeit böte sich – nach einer Berufung auf das Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 321 Abs. 1 BGB – durch das tatsächliche Anbieten der Leistung durch den Landwirt in einer den Gläubigerverzug begründenden Weise (vgl. § 294 BGB). Wie bereits dargestellt, bewirkt das Leistungsverweigerungsrecht nach § 321 Abs. 1 BGB, dass die aus dem gegenseitigen Vertrag resultierenden Pflichten nunmehr Zug um Zug zu erbringen sind, mithin keine Vorleistungspflicht mehr besteht. Im praktischen Fall bedeutet dies, dass der Landwirt dem Agrarhändler die Lieferung seiner Ernte Zug um Zug gegen Bezahlung oder Leistung einer Sicherheit anbieten würde.

    Nimmt der Agrarhändler das Angebot des Landwirts nicht an, kommt er in Verzug (vgl. § 293 BGB). Das hätte nicht nur zur Folge, dass die sogenannte Preisgefahr (Gefahr des Untergangs der Sache, hier der Ernte, bei bestehen bleibender Zahlungspflicht) auf den Agrarhändler übergeht. Der Landwirt könnte auch die Mehraufwendungen, die er für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstands machen musste (hier die Kosten für die Zwischenlagerung) vom Agrarhändler erstattet verlangen.

    Absicherung in künftigen Getreidekontrakten

    Nicht nur bei künftigen Verträgen mit der BayWa AG, sondern vielmehr bei Getreidekontrakten jeder Art sollten Landwirte das Risiko beachten, dass ihr Vertragspartner in finanzielle Schieflage gerät, und sich entsprechend bereits bei Vertragsschluss absichern. Ungesicherte Vorleistungen durch den Landwirt sollten vermieden werden, jedenfalls aber sollten ausreichende Sicherheiten vereinbart werden.

    Die Vereinbarung eines verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts ist theoretisch zwar möglich, in der Praxis aber wohl nicht wirklich geeignet, um den Kaufpreisanspruch des Landwirts zu sichern. Bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt übereignet der Käufer zunächst die Sache unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Da der Verkäufer jedoch daran interessiert ist, dass der Käufer die Ware an seine Kunden weiter veräußert und damit den Erlös erwirtschaftet, den er benötigt, um seine Kaufpreisschuld gegenüber dem Verkäufer zu tilgen.

    Weiterverkauf der Ware

    Der Verkäufer ermächtigt daher den Käufer, die Ware im eignen Namen an Dritte weiter zu veräußern. Im Gegenzug – da spätestens mit dem Weiterverkauf der Ware der Verkäufer das Eigentum daran verliert – lässt sich der Verkäufer die aus der Weiterveräußerung entstehenden Forderungen durch den Käufer im Voraus zur Sicherung seiner eigenen Kaufpreisforderung abtreten. Schließlich ermächtigt der Verkäufer den Käufer, die abgetretene Kaufpreisforderung im eigenen Namen einzuziehen.

    Bezogen auf den praktischen Fall bedeutet dies: Der Landwirt verkauft sein Getreide an den Agrarhändler. Das Eigentum an dem Getreide verbleibt zunächst beim Landwirt, bis der Agrarhändler den Kaufpreis bezahlt hat. Der Agrarhändler darf jedoch das Getreide seinerseits weiterveräußern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt verliert der Landwirt in der Regel sein Eigentum.

    Der Agrarhändler tritt die Kaufpreisforderung gegen seine Kunden an den Landwirt ab, ist jedoch berechtigt, diese in eigenem Namen von den Kunden einzuziehen und den Landwirt sodann daraus zu befriedigen. Problematisch wird dies jedoch dann, wenn der Agrarhändler insolvent ist. Das Eigentum an der Ernte als originären Kaufgegenstand liegt nicht mehr beim Landwirt. Dem Landwirt bleibt lediglich ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der für seine Ernte erhaltenen Gegenleistung.

    Bankbürgschaft zur Sicherheit


    Ratsamer ist dagegen die Vereinbarung von Vorkasse oder einer Sicherheit, im Idealfall einer Bankbürgschaft. Damit muss der Landwirt entweder erst seine Ernte abliefern, wenn er bereits den Kaufpreis hierfür erhalten hat, oder er hat zumindest einen liquiden Bürgen, der im Falle des Zahlungsausfalls des Agrarhändlers haftet.

    Fazit:

    Anhand der aktuellen Krise der BayWa AG zeigt sich, dass die Getreidekontrakte selbst in der Regel nur wenig Schutz für die Landwirte für den Fall bieten, dass ihr Vertragspartner in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Sofern die Agrarhändler nicht bereit sind, die Kontrakte nachträglich anzupassen (etwa durch die Vereinbarung von Vorkasse oder dem Stellen einer Sicherheit), bleibt den Landwirten im Ergebnis nur die Möglichkeit, die Lieferung der Ernte nach § 321 Abs. 1 BGB bis zum Erhalt der Bezahlung oder einer entsprechenden Sicherheit zu verweigern und/oder nach angemessener Fristsetzung den Rücktritt vom Vertrag gemäß § 321 Abs. 2 BGB zu erklären. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Landwirte stets das Risiko tragen, die Leistung zu Unrecht zu verweigern, weil tatsächlich gar keine Gefährdung der Gegenleistung besteht.

    Um einen ausreichenden Schutz für die Landwirte zu gewährleisten, empfiehlt es sich daher, im Rahmen zukünftiger Vertragsverhandlungen auf die Vereinbarung von Vorkasse oder Sicherheitsleistungen für den Zahlungsausfall des Agrarhändlers, im besten Fall eine Bankbürgschaft, zu bestehen.

    Die Autorin ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Geiersberger ■ Glas & Partner mbB in Rostock.


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