Im Video-Interview mit Farm & Food 4.0 spricht Michael Horsch über den fundamentalen Wandel in der Landwirtschaft. Der Gründer der Horsch Maschinen GmbH sieht dabei vier große Herausforderungen – aber jede Menge Chancen.
Wie kaum ein Zweiter hat Michael Horsch der Landwirtschaft in den letzten 40 Jahren begleitet. Er beratend für Betriebe tätig und hat die Herausforderungen der digitalen Transformation in der gesamten Wertschöpfungskette frühzeitig erkannt. Selbstverständlich wird auch er dabei sein, wenn am 20. Januar in Berlin Landwirte sowie Vertreter aus Industrie, Politik, Wissenschaft und Unternehmen auf dem Kongress Food & Farm über die Zukunft der Branche sprechen.
Der amerikanischen Denkfabrik RethinkX zufolge sind künstlich hergestellte Lebensmittel schon bald so günstig und gut, dass sie Erzeugnisse aus tierischer Produktion schon bald weitgehend ersetzen werden. Die Folgen sind gravierend.
Laut einer Studie der kalifonischen Denkfabrik RethinkX steht die amerikanische Agrar- und Lebensmittelbranche (und damit auch irgendwann unsere) an der Schwelle zur größten Umwälzung seit der ersten Domestizierung von Pflanzen und Tieren vor zehntausend Jahren. In erster Linie führen ökonomische Gründe zu einer neuen Form der Eiweißproduktion. Mehrere parallele, sich gegenseitig überlappende und beschleunigende Faktoren führen zu dieser Entwicklung. Am wichtigsten sind dabei laut RethinkX zwei technologische Innovationen:
Die Präzisionsfermentation (PF) ist ein Prozess, der es programmierten Mikroorganismen ermöglicht, fast jedes komplexe organische Molekül in großem Maßstab herzustellen. Die Kosten sinken exponentiell, da sich die zugrunde liegenden Bio- und Informationstechnologien schnell verbessern. Die Kosten für die Herstellung eines einzelnen Moleküls mit PF sind von 1 Mio. US-$/kg im Jahr 2000 auf heute etwa 100 US-$ gesunken. Unter der Annahme bestehender Technologien und unter Verwendung etablierter Kostenkurven geht der Bericht davon aus, dass diese Kosten bis 2025 unter 10 US-$/kg sinken werden und dass diese Proteine bis 2030 fünfmal billiger sein werden als herkömmliche tierische Proteine und bis 2035 zehn Mal billiger.
Anschließend wählen die Lebensmittelhersteller mithilfe eines innovativen Produktionsmodells namens Food as Software aus einer „Datenbank“ genau die Moleküle aus, die sie für ihre Produkte brauchen. Dies wird zu einem weitaus dezentraleren, lokalisierten Nahrungsmittelproduktionssystem führen, das stabiler und widerstandsfähiger ist als das, das es ersetzt.
Die Studie von RethinkX sagt voraus, dass bis 2030 moderne Lebensmittel eine höhere Qualität aufweisen und weniger als die Hälfte kosten werden: Die fermentierten Eiweißprodukte werden in jedem Schlüsselmerkmal dem tierischen Pendant überlegen sein: nahrhafter, gesünder, geschmackvoller und für die Industrie bequemer, mit einer fast unvorstellbaren Vielfalt.
Die Auswirkungen auf die konventionelle Lebensmittelbranche in den USA sind schwerwiegend. Bis 2030 wird die Nachfrage nach Kuhprodukten um 70 % zurückgegangen sein. Vorher wird die US-Rinderindustrie praktisch bankrott sein. Bis 2035 wird die Nachfrage nach Kuhprodukten sogar um 80 bis 90 % zurückgegangen sein. Andere Fleischmärkte (Huhn, Schwein und Fisch) werden einen ähnlichen Weg einschlagen. Die Milchindustrie steht vor den gleichen Problemen.
„3,3 % der Milch (funktioneller Proteinanteil) reichen aus, um den Zusammenbruch der gesamten Kuhmilchindustrie herbeizuführen. Dies ist keine einfache Eins-zu-Eins-Substitution von Endprodukten und hängt auch nicht von der Veränderung des menschlichen Verhaltens ab“, sagt Tony Seba, Mitbegründer und Mitautor von RethinkX. „Die industrielle Viehzucht wird zusammenbrechen, lange bevor wir sehen, dass moderne Technologien das perfekte Zellsteak zu einem wettbewerbsfähigen Preis produzieren.“ In den an der Tierhaltung und -verarbeitung beteiligten Branchen sowie für alle Industrien, die den Sektor unterstützen und beliefern (Düngemittel, Maschinen, Veterinärbranche et cetera), wird es eine enorme Wertvernichtung geben. Die Autoren gehen von mehr als 100 Mrd. US-$ aus.
Die Produktionsmengen der US-amerikanischen Rindfleisch- und Milchindustrie sowie ihrer Zulieferer werden bis 2030 um mehr als 50 % und bis 2035 um fast 90 % zurückgehen. Der Bedarf an Soja, Mais und Luzerne wird um mehr als 50 % sinken. Bis 2035 werden etwa 60 % der derzeit für die Vieh- und Futtermittelproduktion genutzten Flächen für andere Nutzungen zur Verfügung stehen.
Neben sinkenden Lebensmittelkosten für die Verbraucher wird die Umwelt von diesen Entwicklungen profitieren, da die Netto-Treibhausgasemissionen des Sektors bis 2030 um 45 % sinken werden. Andere Themen wie internationale Entwaldung, Artensterben, Wasserknappheit und Wasserverschmutzung durch tierische Abfälle, Hormone und Antibiotika werden ebenfalls verbessert. Bis 2035 könnten die Flächen, die früher für die Herstellung von Tiernahrung in den USA genutzt wurden, zu einer bedeutenden Kohlenstoffsenke werden.
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Laut einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney verdrängen in Zukunft neuartige vegane Fleischalternativen und künstlich hergestelltes Fleisch Produkte aus der Tierproduktion.
Von Dr. Carsten Gerhardt, A.T. Kearney
Fleisch ist ein globaler Milliardenmarkt. Fast die Hälfte der weltweiten Ackerproduktion, ein Wert von etwa 600 Mrd. US-$, wird verfüttert. Daraus entsteht Fleisch im Wert von ungefähr 1.000 Mrd. US-$, das weiterverarbeitet schließlich einen Wert auf Ebene des Verbrauchers von circa 1.900 Mrd. US-$ global darstellt, knapp ein Viertel des gesamten globalen Lebensmittelmarktes (Abb. 1). Für die Landwirtschaft stellen Futtermittel für die Fleischproduktion mithin einen wichtigen Absatzbereich dar.
Das Nachfragewachstum im Agrarbereich in den vergangenen Jahrzehnten wurde neben der Bevölkerungszunahme auch ganz wesentlich durch eine stark wachsende Fleischnachfrage getrieben, hier vor allem natürlich in den Kulturen Mais und Soja. Nur rund ein Drittel der globalen Ackerproduktion wird unmittelbar für die menschliche Ernährung verwendet – der Rest ist Tierfutter, wird zu Biokraftstoff weiterverarbeitet oder dient industriellen Zwecken.
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In Anbetracht der hohen Bedeutung der Fleischproduktion als Absatzmarkt für Futtermittel hätte eine Änderung des Konsumentenverhaltens in Bezug auf Fleisch weitreichende Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Allerorten mehrt sich derzeit das Angebot an Fleischalternativen in den Regalen, der Börsengang von Beyond Meat und die Bewertung des Unternehmens mit teilweise mehr als 13 Mrd. US-$ machten weltweit Schlagzeilen. Der Kurs ist zwar von über 200 US-$ pro Aktie im Sommer mittlerweile auf etwa ein Drittel gefallen, dennoch bleibt die berechtigte Frage, ob es sich bei Fleischalternativen um eine kurzfristige Modeerscheinung oder einen langfristigen Trend handelt.
A.T. Kearney hat sich mit einen globalen Expertenteam mit dieser Frage beschäftigt und in diesem Kontext mit Industrieexperten auf allen Kontinenten gesprochen. Um es vorwegzunehmen, wir sind zu dem Schluss gelangt, dass Fleischalternativen ein langfristig hohes wirtschaftliches Potenzial besitzen und eine wirkliche Disruption für den Fleischmarkt darstellen werden. Von den Auswirkungen her kann sie mit der Elektromobilität im Automobilbereich verglichen werden.
Nun mag man einwenden, dass es pflanzliche Alternativen zu Fleisch ja durchaus schon seit vielen Jahren gibt, sie sich bislang aber nicht aus einer überschaubaren Marktnische herausbewegt haben. Klassische vegetarische oder vegane Angebot wie der Tofu-Burger oder der Grünkernbratling konnten vielleicht in Bezug auf ihre Nährwerte überzeugen, aber nicht in Bezug auf Geschmack. Das ändert sich nun drastisch mit Neueinsteigern wie Beyond Meat, Impossible, Like Meat oder Ojah und ihren Pflanzenburgern, wir nennen sie die „neuen veganen“ Alternativen. Sie alle setzen auf eine maximale Ähnlichkeit zum tierischen Fleisch in Produktmerkmalen wie Geschmack, Geruch, Aussehen, Textur et cetera. Zudem legen diese Hersteller großen Wert darauf, dass ihre Produkte nicht als „vegane Alternative“, sondern „das bessere Fleisch“ präsentiert werden und im Verkaufsregal bei den Fleischprodukten liegen und nicht gesondert.
Die künftigen Hersteller von Kulturfleisch, alternativ auch als In-vitro-Fleisch oder Laborfleisch bezeichnet, gehen noch einen Schritt weiter und kultivieren tierische Zellen in einem Nährmedium. Hier sind noch zahlreiche Herausforderungen in Bezug auf einen hinreichend schnellen, dreidimensionalen Aufbau von Fleischstrukturen zu meistern. Aleph Farms (Israel), mosa meat (Niederlande) oder Memphis Meats (USA) gehen aber davon aus, schon in den kommenden fünf bis zehn Jahren konkurrenzfähige Produkte auf den Markt bringen zu können. Diesen wird langfristig das größte kommerzielle Potenzial zugeschrieben, da sie naturgemäß die größte Nähe zu konventionellem Fleisch aufweisen. Unsere Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass die Ähnlichkeit zu konventionellem Fleisch letztlich das Marktpotenzial bestimmen wird (Abb. 2).
In den vergangenen Jahrzehnten sind hohe Entwicklungsaufwendungen in klassische vegane oder vegetarische Fleischalternativen geflossen. Das Finanzierung verschiebt sich aktuell in Richtung auf das neue vegane und das Kulturfleisch. Bis 2018 flossen rund 900 Mio. US-$ in neue vegane Alternativen und 50 Mio. US-$ in das Kulturfleisch. Es zeichnet sich aber ab, dass insbesondere die Investitionen in Kulturfleisch in den kommenden Jahren stark zunehmen werden.
Sowohl „neues veganes“ wie auch „Kulturfleisch“ hat ein hohes disruptives Potenzial für dieFleischindustrie. Bewertet man sie entlang der in Abbildung 3 dargestellten acht wesentlichen Kriterien, so fällt auf, dass insbesondere Kulturfleisch langfristig konventionellem Fleisch durchweg überlegen sein wird.
Die Umwandlungsrate von Pflanzenkalorien in Fleischkalorien ist bei beiden deutlich höher als bei konventionellem Fleisch. Hat konventionelles Fleisch im Schnitt Umwandlungsverluste von Pflanzenkalorien in Fleischkalorien von etwa 85 %, sinken diese bei den neuen Alternativen auf weniger als 25 %.
Von den Produkteigenschaften sind sie konventionellem Fleisch überlegen, da wesentliche Eigenschaften besser an die Konsumentenbedürfnisse angepasst werden können, so zum Beispiel das Muskel-Fett-Verhältnis oder die Zugabe von Omega3-Fettsäuren, längere Haltbarkeiten, Verzicht auf Medikamente.
Neues veganes Fleisch hat seine Skalierbarkeit (Fähigkeit des Systems zum Wachstum) bereits erfolgreich unter Beweis gestellt. Seine Hersteller produzieren in größeren Mengen schon jetzt für Supermärkte und Fast-Food-Ketten. Kulturfleisch muss den Nachweis der Massenproduktion zu für den Konsumenten vertretbaren Preisen erst noch erbringen. Aber sowohl Expertenaussagen im Markt wie auch unsere eigenen Berechnungen lassen uns davon ausgehen, dass dies bis etwa 2030 gelingen wird.
Die Akzeptanz von Fleischalternativen nimmt bei jeder neuen Konsumentengeneration zu. Es sind mannigfache, häufig sehr individuelle Erwägungen, wie etwa Tierwohl, Klimaschutz, Wasserverbrauch der Tierhaltung, aber auch traditionelle Kaufkriterien wie Geschmack. Umfragen unter westlichen Konsumenten belegen schon heute die grundsätzliche Bereitschaft, auch Kulturfleisch zu probieren und zu kaufen. Regulatorische Hürden für neues veganes Fleisch existieren kaum, und für Kulturfleisch haben das Landwirtschaftsministerium der USA (US-$A) und die Lebensmittelüberwachung (FDA) schon 2018 den Freigabeprozess gestartet.
Insofern stehen für neues veganes und Kulturfleisch alle Ampeln auf Grün, und ihr zukünftiges Veränderungspotenzial ist gewaltig, hier vor allem die Auswirkung auf die konventionelle Tierhaltung, die ohnehin von einer wachsenden Zahl an Konsumenten kritisch hinterfragt wird. Und die Verbraucher, die sie nicht kritisch hinterfragen, werden zu einem wesentlichen Anteil den Umstieg auf Fleischalternativen auch nicht hinterfragen, da es ihnen ohnehin primär auf das Geschmackserlebnis und nicht den Weg dahin ankommt. Wenn es den Herstellern gelingt, Fleischalternativen herzustellen, die durch ihre Formulierung von konventionellem Fleisch nicht unterscheidbar sind, werden sie ihren Markt finden und konventionelle Produktion verdrängen.
Wir gehen davon aus, dass nach den jetzigen Anfangserfolgen beim Markteintritt neues veganes Fleisch bis etwa 2025 einen substanziellen Marktanteil in Nordamerika, Europa und Asien haben wird (Abb. 4). Hersteller von Kulturfleisch werden sich in dieser Zeit auf den Markteintritt vorbereiten und Produktionsverfahren optimieren. Ab 2030 werden sich das Tempo der Marktanteilsgewinnung und die Industrialisierung der Erzeugung von Fleischalternativen noch beschleunigen. Preislich wird neues veganes Fleisch unter konventionellem Fleisch liegen, und Kulturfleisch wird sich von oben langsam preislich annähern. Ab 2035 wird das Wachstum von Kulturfleisch das von neuem veganen klar übersteigen, weil es hochwertiges konventionelles Fleisch zu günstigeren Preisen nachzubilden vermag.
Unsere Analysen legen nahe, dass der globale Fleischmarkt mit einem jährlichen Wachstum von etwa 3 % weiterwachsen wird. Als Grund hierfür ist insbesondere das Nachfragewachstum in Indien und Asien zu nennen, wo der Fleischkonsum mit steigendem Wohlstand zunimmt. Trotz dieser positiven Wachstumsaussichten für Fleisch insgesamt ist davon auszugehen, dass davon 2030 nur noch weniger als die Hälfte aus konventioneller tierischer Produktion stammen wird. Wie in Abbildung 5 dargestellt, wird insgesamt die Nachfrage nach konventionell produziertem Fleisch von 2025 bis 2040 um rund 3 % pro Jahr zurückgehen, was ausgehend von einem Anfangswert in Höhe von knapp 1.100 Mrd. US-$ einen absoluten Rückgang von etwa 400 Mrd. US-$ bedeutet.
Nach unserer Einschätzung wird dies unmittelbar insbesondere in der konventionellen Tierhaltung und geringeren Fleischqualitäten zu spüren sein und nur in geringerem Maße bei Fleisch aus ökologischer Weidehaltung. Der wesentliche mittelbare Effekt einer reduzierten Nachfrage nach konventionellem Fleisch wird eine zurückgehende Nachfrage nach den wesentlichen Futterkulturen Mais und Soja sein. Beim Mais wird sich zusätzlich noch das Auslaufen von Förderprogrammen für die Herstellung von Biokraftstoffen und Biogas bemerkbar machen, das mit einem generellen Nachfragerückgang nach Biokraftstoffen der ersten Generation einhergeht.
Nachfragen an die landwirtschaftliche Produktion werden sich innerhalb der Kulturen mittel- bis langfristig verschieben. Für die Produktion von neuem veganen Fleisch benötigte Leguminosen werden stärker nachgefragt werden, klassische Futtermittel zurückgehen.
Die Landwirtschaft erwarten neue, hochrelevante Wachstumsfelder. In dem Maße, wie in Übereinstimmung mit den Klimazielen der Vereinten Nationen die Nutzung von fossilem Kohlenstoff aus Kohle, Öl und Erdgas zurückgefahren wird, kann die Landwirtschaft als Kohlenstoffproduzent für alle Industriezweige auftreten, die diesen benötigen. Die generelle Fähigkeit von Pflanzen, in großem Maße atmosphärisches Kohlendioxid und damit Kohlenstoff zu binden, wird perspektivisch immer wichtiger werden. In Kombination mit regenerativ erzeugtem Strom können aus diesem pflanzlich gebundenen Kohlenstoff Vorstufen zahlreicher (petro-)chemischer Produkte hergestellt werden. So wird der Acker langfristig Quelle für Plastik und Flugbenzin sein können.
Laut Studie der internationalen Unternehmensberatung A.T. Kearney verdrängen trotz eines global insgesamt weiterhin wachsenden Fleischmarktes neue Fleischalternativen und kultiviertes Fleisch zunehmend gewöhnliches Fleisch aus der Tierhaltung. Die innovativen Fleischalternativen könnten durch ihre Eigenschaften einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und Ressourcenschutz beitragen. Ihre Konvertierungsrate von Pflanzenkalorien in Fleischkalorien ist rund viermal besser als die bei traditionellem Fleisch. Die Flächen- und Düngeproblematik wird reduziert, und der Einsatz von Antibiotika und anderen Stoffe zu Aufzucht und Schutz von Tieren entfällt.
„Ich wünsche mir eine fachlichere Agrarpolitik“Erntebilanz bei der M&F-Rhinluch Agrargesellschaft: Pflanzenbauleiter Henning Christ ist trotz der Trockenheit des Sommers zufrieden – nur der Silomais macht ihm Sorgen. Von der Politik erwartet er klare und vor allem umsetzbare Entscheidungen.
Von David Benzin
Zur Stoppelbearbeitung und Grunddüngung haben wir der M&F-Rhinluch Agrargesellschaft im Landkreis Ostprignitz Ruppin für den Schwerpunkt Herbstbestellung Wintergetreide in der Ausgabe 33 einen Besuch abgestattet. Hier standen die Mähdrescher aufgrund des Wetters für ein paar Tage still und es ging an die Stoppelbearbeitung. Außerdem begannen Pflanzenbauleiter Henning Christ und seine Mitarbeiter mit der Düngung von Grundnährstoffen.
Die später fortgesetzte Getreideernte war für ihn und sein Team trotz der Trockenheit im Frühjahr und der Hitzewellen im Sommer zufriedenstellend. Im Raps haben sie sogar das beste Ernteergebnis der vergangenen drei Jahre erzielen können.
Die Ernte des Silomaises hatte Henning Christ schon größere Sorgen bereitet. Hier ist es zu starken Ertragsschwankungen gekommen, die er in verschiedenen Ursachen begründet sieht. Unter anderem die Trockenheit, aber auch die Frostschäden in der ersten Maidekade auf 40 ha Fläche und Pickschäden durch Kraniche. Wegen letzterer mussten 70 ha Mais nochmals gelegt werden. Der Futtervorrat an Silomais für die Milchkühe konnte aber noch knapp gesichert werden, wie er aus den vergangenen Monaten berichtet.
Im Herbst lief die Getreideaussaat für Christ gut ab und der Auflauf war in Ordnung. Auch die bisherige Vorwinterentwicklung lässt für ihn wenig zu wünschen übrig.
Das Auflaufen der Rapsbestände hingegen ist bei der M&F-Rhinluch je nach Standort unterschiedlich gut gewesen. Gründe dafür waren, dass 80 ha Raps erst in der zweiten Septemberdekade gedrillt werden konnten. Von den 150 ha Raps, die termin- gerecht in den Boden kamen, mussten aber 15 ha wieder umgebrochen werden. Bei den Zwischenfrüchten, die auf 300 ha der Ackerfläche stehen, sind etwa 30 % schlecht aufgelaufen.
Ansonsten sehen die Bestände der M&F-Rhinluch Christs Einschätzung nach durch die Niederschläge Anfang Oktober sehr gut aus. Die Niederschlagsmenge kam damit wieder in etwa auf den jährlichen Mittelwert, aber die klimatische Wasserbilanz passt für das Jahr 2019 weiterhin ganz und gar nicht für einen erfolgreichen Ackerbau.
Für 2020 wünscht auch er sich ein „normales“ Jahr mit ausreichend Niederschlägen, damit auch die Situation im Futterbau entspannter wird. Durch die immer stärkeren Restriktionen bei Düngung und Pflanzenschutz geht Christ aber mit angespannten Gefühlen ins neue Jahr. Vor allem, dass auf politischer Ebene Entschlüsse gefasst werden, die auch fachlich sinnvoll und vor allem umsetzbar sind, wünscht er sich. Die Entscheidungen sollten Ökologie und Ökonomie gut aufeinander abstimmen.
„Ansonsten bin ich darauf gespannt, was das neue Jahr persönlich für mich bereit hält“, sagt er.
Lesen Sie hier die ganze Reportage in der Ausgabe 33 mit dem Schwerpunkt Herbstbestellung Wintergetreide
Im Ratgeber Ökolandbau 2019 haben wir den Unternehmensverbund ÖW-Ökozentrum Werratal vorgestellt. Zum Jahreswechsel blickt Geschäftsführer Andreas Baumann auf eine durchwachsene Bilanz – vor allem der Futterbau macht ihm Sorge.
Von Klaus Meyer
Im Ratgeber Ökolandbau 2019 haben wir den Unternehmensverbund ÖW-Ökozentrum Werratal in Thüringen vorgestellt. Der Gemischtbetrieb mit Schwerpunkt Futterbau/Marktfrucht mit 900 ha Acker und 770 ha Grünland hält 235 Milch- und 230 Mutterkühe. Im geschlossenen Produktionssystem werden 100 Muttersau und insgesamt 1.300 Mastschweine gehalten. Eine weitere Einnahmequelle ist eine Biogasanlage mit 190 KWel.
Auf die Frage, wie das Jahr gelaufen sei, berichtete Geschäftsführer Andreas Baumann von einem nicht so guten Jahr. Die Getreideerträge waren immerhin noch durchschnittlich, aber der Futterbau hat dieses Jahr unter der Trockenheit noch mehr gelitten als letztes Jahr. Es konnten nur etwa 40 bis 45 % des normal zu erwartenden durchschnittlichen Aufwuchses geerntet werden.
Deshalb mussten ein paar Anpassungsmaßnahmen durchgeführt werden. Dazu zählten unter anderem Futterzukauf und Bestandsabbau. Zum Beispiel wurden die Absetzer der Mutterkuhherde frühzeitig verkauft und nicht selbst gemästet.
Bei der Biogasanlage wird gerade versucht, diese auf Flexibilisierung umzustellen und damit die entsprechende Prämie zu erhalten. Das ist jedoch nicht so einfach. Die Behörden fordern eine Menge Daten, zum Beispiel zum Abfallrecht, die wiederum Fragen aufwerfen. Für diese bürokratischen Spitzfindigkeiten müssen Lösungen gefunden werden.
Für das neue Jahr wünscht sich Baumann für das ÖW-Ökozentrum Werratal ausreichend Niederschläge, damit er wieder Futtervorräte aufbauen kann. Im Getreidebereich könnten die Preise etwas stabiler sein, denn durch die Umstellungswelle und Ware aus dem baltischen Raum herrscht ein Druck im Markt. Die Situation würde sich entspannen, wenn die regionalen Verarbeitungskapazitäten mit dem Getreideangebot mitwachsen würden.
Leider gibt es immer noch zu wenig Verarbeiter, insbesondere in Ostdeutschland, die sich auf Bio spezialisiert haben. Zwei Drittel des Biogetreides geht in den Futtertrog, des-halb gilt Gleiches für die ökologische Tierhaltung, die auch nicht so wächst bzw. gewachsen ist wie das Getreideangebot. Bei Körnerleguminosen und Ölfrüchten ist die Situation besser.
Wie man einen neuen Kuhstall plant und finanziert erklärten uns in der Ausgabe 46 Jeanne Muller-Godart und Marco Müller vom Milchhof Warlin. Zum Jahreswechsel haben wir sie noch einmal nach ihren Erfahrungen und ihren Wünschen für 2020 befragt.
Von Klaus Meyer
Im Oktober diesen Jahres sind die Kühe des Milchhofs Warlin in Sponholz bei Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) vom alten Milchviehstall in einen neuen Stall umgezogen. Wir stellten in Ausgabe 46/2019 Marie-Jeanne Muller-Godart und Marco Müller sowie zwei Beratern von der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern Fragen zur Finanzierung und zur Bauplanung.
Der Kuhbestand wächst im Zuge dieser Maßnahme von 220 auf 290 Tiere. Statt zweimal am Tag im Melkstand gemolken zu werden, entscheiden jetzt Kuh und Melkroboter, wann und wie oft jedes Tier gemolken wird. Sobald das Gras wieder wächst, haben die Kühe außerdem täglich Zugang zum Grünland.
Wie die Einstallungsphase abgelaufen ist und und was die Wünsche für 2020 sind, erklärt Marie-Jeanne Muller-Godart: „Die Kühe haben sich an den neuen Stall gewöhnt, langsam kommt eine gewisse Routine rein. Nach einem kurzen Leistungsabfall steigt die Milchmenge wieder. Die Kühe kommen mit dem gelenkten Kuhverkehr im Stall klar, die meisten gehen von allein zum Melken, und das mehr als zweimal am Tag.
Es liegt eine arbeitsintensive Zeit hinter uns. Die erste Zeit waren wir auf dem Milchhof Warlin damit beschäftigt, die Kühe an den neuen Stall zu gewöhnen. Das Timing war etwas unglücklich, denn gleichzeitig mit der Umzugsphase hat ein Großteil an Färsen abgekalbt, die ebenfalls integriert werden mussten. Zusätzlich haben wir eines der Hühnermobile ausgestallt, das heißt Hühner schlachten lassen und vermarkten.
Im Milchviehbereich kommt jetzt das Feintuning dran. Wir selbst sind auch gerade dabei, uns arbeitsorganisatorisch neu einzuteilen. Für die Zukunft wünsche ich mir einen höheren Milchpreis und dass das Ansehen der Landwirte wieder besser wird. Außer- dem brauchen wir mehr Beständigkeit in der Politik, damit man besser planen kann.“
Der Agrarbetrieb Everma aus Thüringen setzt bei seinen 1800 Milchkühe auf ein halbautomatisches Melkkarussell. Darüber haben wir in der Ausgabe 40 berichtet. Zum Jahresende zieht Geschäftsführer Wolfram Körber Bilanz – und äußert einen Wunsch für die Zukunft.
Der Agrarbetrieb Everma (Bauernzeitung 40) im Thüringer Landkreis Greiz betreibt Tierhaltung an sieben Standorten. Insgesamt hält der Landwirtschaftsbetrieb 4.500 Rinder, 30 Wasserbüffel und bewirtschaftet über 4.000 ha Nutzfläche.
Everma-Geschäftsführer Wolfram Köber berichtet, dass die Bestandsaufstockung der Milchkühe abgeschlossen sei. Der Weidegang gleich direkt aus dem Stall heraus funktioniere hervorragend. Bei zahlreichen Bewohnern des Dorfes bekommt der Agrarbetrieb dafür viel Zuspruch. Geplant für das Jahr 2020 ist, die alten Güllelagunen wegzureißen und darauf einen neuen Kälberbereich, ein „Igludorf“ zu errichten.
Außerdem soll eine alte Stallanlage zur einem modernen Abkalbestall mit Stroh umgebaut werden. „Wenn das alles fertig ist, dann ist alles rund und wir sind gut aufgestellt“, fasst Wolfram Köber zusammen und wünscht sich für das neue Jahr: „Eine höhere Wertschöpfung unserer Produkte, zum Beispiel für Weidemilch, denn es ist ein erheblicher Mehraufwand in der Produktion, den der Verbraucher bezahlen muss.“ bk
Lesen Sie den Schwerpunkt zum Thema Melktechnik in unserer Ausgabe 40
In diesem Jahr hat die Landboden Bronkow Agrar GmbH einen neuen Abferkelstall gebaut. Geschäftsführer Rainer Wendland erzählt von der Inbetriebnahme – und spricht über seine Erwartungen an Politik und Verbraucher.
Die Landboden Bronkow Agrar GmbH (Bauernzeitung 25) baute 2019 einen modernen Abferkelstall. Mit den 60 Bewegungsbuchten erfüllen die Brandenburger viele Tierwohlansprüche. Der Betrieb hält 200 Zucht- und 40 Jungsauen und hat 1.700 Mastschweineplätze sowie 900 Legehennen und 410 Milchkühe.
Geschäftsführer Rainer Wendland berichtet, dass mit der Inbetriebnahme des neuen Abferkelstalles und dem Einfahren der Produktionsrhythmen sowohl für die Tiere als auch für das Personal gute Bedingungen entstanden sind. Mit den Leistungen seien sie sehr zufrieden. Darüber hinaus haben sie sich neue Technik wie Traktoren und einen Kartoffelroder angeschafft.
Gegenwärtig planen sie vorerst keine weiteren Baumaßnahmen. Es gibt zu große Unsicherheiten in der Agrarpolitik, kommentiert Wendland. Was bringen Kappung und Degression? Wie geht es mit Förderung nach 2020 weiter? Und was wird mit der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV)?, fragt er.
In die Zukunft schaut Wendland auch schon mit Sorge: Es gibt viele Unklarheiten mit Verordnungen und Gesetzen, zu hohe Forderungen an den Berufsstand. Auch der Mindestlohn sei ein Problem für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes. „Aber trotzdem sind wir nicht ohne Hoffnung: Man muss an seinen Schwerpunkten arbeiten“, erklärt er. Dazu gehören Kosten, die man natürlich reduzieren und kontrollieren muss.
Für 2020 wünscht er sich, „dass wir als mittelständischer Betrieb mit regionaler Verwurzelung besser wahrgenommen werden. Das heißt auch, dass wir Gewinne machen müssen, um nachhaltig produzieren zu können. Diese Erkenntnis muss beim Verbraucher und all den anderen Abnehmern unserer Produkte endlich ankommen. Das bedeutet: Weniger Kontrollen und viel mehr Vertrauen in unsere Arbeit!
2020 wollen wir die Planung eines Schweinemaststalls vorbereiten. Damit wäre dann das gesamte Schweinehaltungssystem bei uns auf einem modernen Stand. Außerdem wollen wir das Projekt ,Azubisuche‘ über Schulkooperationen und monatliche Praxistagen ausbauen.“
Lesen Sie die Reportage über den Bau des Abferkelstalls in unserer Ausgabe 25
Die Agrargenossenschaft Niederpöllnitz in Thüringen baute zwei neue Doppel-Dreireiher-Offenställe für knapp 1.200 Milchkühe – und das bei laufendem Betrieb.
Der Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft Niederpöllnitz, Dr. Florian Schmidt, erklärt: „Wir haben den Neubau unseren Milchviehanlage abgeschlossen und unseren Tierbestand schon wieder auf über 1.000 Kühe aufgebaut. Dazu konnte wir eine gute Futtergrundlage schaffen, trotz der erneuten Trockenheit. Außerdem haben wir in diesem Jahr ein Tochterunternehmen gegründet, das in einem nahen Naturschutzgebiet Wasserbüffel hält und damit zum Erhalt dieses Naturschutzgebietes beiträgt. Dieses Unternehmen befindet sich gerade in der Umstellung auf Biolandwirtschaft. Damit haben wir auch den ersten Schritt hinsichtlich eines neuen Betriebszweiges „Biolandwirtschaft“ getan.
Die Zukunft unseres Betriebes, aber vor allem die Zukunft der Landwirtschaft, sehe ich voller Herausforderungen. Leider haben wir aktuell keine Agrarpolitik, die realistisch und praxisnah agiert, sondern vielmehr eine, die sich gefühlten Fakten anpasst. Wir sehen uns immer höheren Auflagen und Forderungen ausgesetzt, ohne dass uns jemand sagt, wie wir die dadurch bedingten Mehrausgaben beziehungsweise dadurch verursachten niedrigen Einnahmen kompensieren sollen. Wir würden gerne mehr für die Umwelt machen, aber dies muss vom Markt oder durch anderen finanziellen Ausgleich honoriert werden.
Lesen Sie die Reportage mit dem Schwerpunkt Stallbau aus in unserer Ausgabe 22
Nachhaltigkeit ist nicht nur die Ökologie, es ist auch Ökonomie und Soziales. Die Ökologisierung von Deutschland darf nicht nur auf uns Landwirte umgewälzt werden. Wir wollen die Wirtschaftlichkeit unseres Unternehmens steigern, vor allem durch Investitionen, die zu einer effektiveren Produktion und damit auch Ressourceneinsparung führen. Nicht zu vergessen, wir müssen unsere Attraktivität als Arbeitgeber im ländlichen Raum weiter steigern.
Für die kommenden Jahre wünsche ich mir eine verlässliche Agrarpolitik und mehr Ehrlichkeit seitens der Politik und der Verbraucher. Nur so schaffen wir es, die gesellschaftlichen Herausforderungen hinsichtlich Klimaschutz, aber auch Artenvielfalt und Umweltverträglichkeit zu bewältigen. Ich wünsche mir weiter- hin, dass die jetzt schon sehr hohen Umwelt-, Tierwohl- und Sozialstandards fair und für uns auskömmlich bezahlt werden und weiterführende Umweltleistungen, die durch uns Landwirte erbracht werden, letztendlich auch am Markt honoriert werden. bk
„ASP soll an Deutschland vorbeigehen!“Caroliene und Wouter Uwland züchten die alte DDR-Schweinerasse Leicoma und haben in diesem Jahr erstmals das Fleisch der Tiere verkauft. Für 2020 haben die Ferkelerzeuger einen nachvollziehbaren Wunsch.
Von Bettina Karl
In der Bauernzeitung 45 berichteten wir über die DDR-Schweinerasse Leicoma. Caroliene und Wouter Uwland von der Raunitzer Agrar UG in Wettin-Löbejün in Sachsen- Anhalt haben sich der Zucht dieser alten Rasse verschrieben. Ende Oktober 2019 starteten sie auf ihrem Hof den Verkauf von Fleischprodukten der Leicomas.
Das werten die beiden Niederländer als guten Erfolg. „Viele Besucher haben sich sehr positiv über unseren Betrieb geäußert. Zur Zeit laufen Gespräche mit zwei Fleischereien“, freut sich Caroliene Uwland.
Jetzt zum Jahresende werden um die 40 Jungsauen tragend sein. Und im Januar 2020 werden wie- der Zuchteber gekört, zum einen für die hiesige Besamungsstation, zum anderen für das Institut für Nutztiergenetik des Friedrich- Loeffler-Institut in Mariensee.
Ab Oktober 2020 wollen sie wöchentlich 15–20 reinrassige Leicomas mit je 150–170 kg verkaufen können. Da der Betrieb seine Kunden über die Arbeit im Unternehmen und auch die schwierige Situation in der Schweinehaltung ins- gesamt aufkläre, erhielten sie viel Verständnis von den Verbrauchern.
Auf einer Exkursion in die Schweiz mit dem Bundesverband Rind und Schwein (BRS) konnten sie sich über den Buchtenumbau für die freie Abferkelung informieren, was 2020 umgesetzt werden soll.
„Wir wünschen uns für 2020, dass die Afrikanische Schweinepest an Deutschland vorbeigeht – obwohl das fast naiv ist – und dass für uns als Ferkelerzeuger Antworten von der Politik kommen, statt immer nur neue Anforderungen, bei denen wir nicht wissen, wie wir sie umsetzen sollen“, sagt Wouter Uwland.
Lesen Sie den Text aus der Ausgabe 45
Kerstin Ackermann arbeitet als Lohnunternehmerin im Familienbetrieb in Brandenburg. Im Ernteeinsatz besticht sie durch ihre Souveränität. Für 2020 hat sie einen besonderen Wunsch.
Von David Benzin
Im Juli war Haupterntesaison für das Lohnunternehmen Ackermann aus Kerzlin in Brandenburg. Kerstin Ackermann ist die jüngste Mitarbeiterin in dem Familienbetrieb. Zur diesjährigen Erntereportage für die Ausgabe 31 haben wir sie auf einem Triticalefeld in der Nähe von Herzberg in ihrem New-Holland-Drescher besucht. Neben der praktischen Arbeit als Lohnunternehmerin, übernimmt Kerstin auch Aufgaben in der Disposition der Aufträge und kümmert sich um Website und Social-Media-Kanäle des Lohnunternehmens Ackermann.
Besonders die Souveränität, mit der die junge Fachkraft Agrarservice ihren Job macht, hat uns beeindruckt. Ein weiblicher Touch durfte in der (noch) eher männerdominierten Lohnarbeit in der Landwirtschaft aber auch nicht fehlen. Das haben zumindest die pinkfarbenen Arbeitsschuhe gezeigt
Kerstin hat uns berichtet, dass eine verlässliche Partnerschaft und Teamarbeit wichtige Bausteine bei der Arbeit in ihrem Familien-Lohnunternehmen sind. Das haben wir ebenso gespürt, denn alles klappte dank guter Kommunikation untereinander wie am Schnürchen.
Wir wollten wissen, wie es nach unserem Besuch mit dem Mähdrusch weiterging. Kerstin berichtet, dass die Ernte ebenso trocken und reibungslos für die Maschinen endete, wie sie angefangen hat. Für die Technik war das sicher gut, für die Landwirte bekanntermaßen weniger erfreulich. Ernteausfall gab es trotzdem wenig. Die Herbstarbeiten waren durch die unkomplizierte Ernte schneller abgeschlossen, sodass bis Weihnachten alles unter Dach und Fach sein wird. „Die Mitarbeiter können dann entspannt in den Feiertagsurlaub gehen“, sagt sie.
Lesen Sie die ganze Reportage aus der Ausgabe 31
In viel neue Technik werden die Ackermanns 2020 wohl nicht investieren, da sie dann notgedrungen die Preise anheben müssten. Auch der Pflegezustand des aktuellen Maschinenparks ist gut, so dass Ersatzinvestitionen nicht unbedingt notwendig sind. Ihre Quaderballenpresse haben sie in diesem Jahr noch getauscht. Nun ist eine Hochdruckpresse verfügbar. Die Ballen sind stabiler und die Kunden hoffentlich zufriedener.
„Auch bei den beiden Demos im Oktober und November in Berlin waren wir dabei, denn ohne die Landwirte, wird auch unsere Arbeit nicht mehr benötigt“, erzählt Kerstin.
Für das neue Jahr würde sie sich über günstigere Wetterbedingungen im Ackerbau freuen. Mal wieder ein besseres Jahr zu erleben, wäre gut, hofft sie. Auch die Lohnunternehmen würden unter den schlechten Jahren im Acker-bau leiden. Eine ihrer großen Hoffnung ist auch, dass sich nach den Bauerndemos etwas in der Politik bewegt. Bis auf ein ruhiges und entspanntes Weihnachtsfest und weiterhin gute Gesundheit hat Kerstin keine größeren Wünsche für 2020. „Lassen wir die Dinge auf uns zukommen“, findet sie.
„Wir brauchen häufigere Niederschläge!“Thomas Meyer ist Forstsachverständiger im Nauener Stadtwald. Für eine Reportage haben wir den freien Förster im Sommer begleitet – und ihn jetzt noch einmal nach seinen Wünschen für das Jahr 2020 befragt.
Von Jörg Möbius
Der freiberufliche Förster Thomas Meyer (Bauernzeitung 34/2019) betreut mit einem Mitarbeiter unter anderem den Nauener Stadtwald und die Forstbetriebsgemeinschaft „Am Butterbach/Prignitz“. Beim Rundgang für die Reportage Anfang August war sein sehnlicher Wunsch, dass „es bis Weihnachten durchregnet“.
Anfang Dezember musste Meyer jedoch feststellen, dass sein Wunsch nur unzureichend erfüllt ist: „Nur der Oberboden ist nass, 30 bis 40 Zentimeter tief sind die wenigen Niederschläge in den Boden eingedrungen. Das ist gut für Bäume bis zwei Meter Höhe. Darunter ist es nach wie vor trocken. Gößere Bäume haben nach wie vor ein Problem. Der Unterboden bekommt weder von oben noch von unten Wasser. Sowohl dieses Jahr als auch 2018 fehlt in Brandenburg mit rund 180 Millimetern nur etwa ein Drittel des durchschnittlichen Jahresniederschlages. Wir brauchen häufigere Niederschläge!“
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Größere Leiden bei den Bäumen beobachtet Meyer auf besseren Standorten, also dort, wo sie bisher mit Wasser gut versorgt waren und nun besonders dursten. Im Nauener Stadtwald sind alle Fichten und viele Lärchen tot. „Im September hat der Prachtkäfer wieder in Kiefernbeständen Schaden angerichtet“, so der betreuende Förster. „Wir haben die befallenen Bäume schnell entnommen.“ Damit ist in zwei Monaten wegen Kalamitätsholz der normale Jahreseinschlag zusammengekommen.
In der Prignitz sieht er die Fichte als Auslaufmodell, wenn es schlecht kommt, steht sie ab 2020 auf der Roten Liste. Die Kiefer, dort an trockeneren, sandigen Boden gewöhnt, kommt überwiegend noch klar. „Jetzt warten wir auf die Richtlinien für die zugesagten Fördermittel zur Wiederaufforstung. Auch die Naturverjüngung und das dafür notwendige Pflügen sollten gefördert werden“, so der Wunsch von Förster Thomas Meyer.