In Brandenburg hat ein Wolf einen Jagdhund angegriffen. Unweit eines Dorfes wurde ein Dackel verletzt. Der Landesjagdverband fordert Aufklärung und eine schnelle Entnahme des Wolfes.
Von Claudia Duda und Heike Mildner
Es war zur Mittagszeit, als am Sonntag (14.4.) in der Gemeinde Havelsee (Potsdam-Mittelmark) ein Rauhaardackel bei einem Wolfsangriff verletzt wurde. Das teilte der Landesjagdverband Brandenburg (LJVB) mit. Demnach soll sich der Vorfall in einem Gebiet ereignet haben, in dem häufig Wölfe gesichtet werden. Es liegt laut LJVB nur 250 Meter von dem Dorf in Brandenburg entfernt.
Die Hundehalterin soll sich um ihre Pferde gekümmert haben, als der Rauhaardackel am Rand der Weide von einem Wolf gebissen worden sein soll. „Dank des schnellen und beherzten Eingreifens der Hundeführerin und ebenfalls Jagdscheininhaberin, konnte Schlimmeres verhindert werden“, heißt es in der Mitteilung des LJVB. Der Rauhhaardackel sei tierärztlich versorgt worden. Er habe keine lebensbedrohlichen Verletzungen davongetragen.
Der Hund werde voraussichtlich keine langfristigen Schäden davontragen, hieß es vom LJVB. Die Wunden der Reißzähne des Wolfes seien zwar tief, sie konnten nach Aussage der Notversorgung jedoch gut behandelt werden.
Der LBV fordert jetzt eine schnelle Entnahme des Wolfes und kündigte an, selbst eine DNA-Probe des Angreifers analysieren zu lassen. „In der Vergangenheit kamen vermehrt Zweifel über die Qualität der untersuchten DNA- Proben auf, die durch das Landesamt für Umwelt in Auftrag gegeben wurden. Dies wollen wir umgehen und eine unabhängige Institution miteinbeziehen“, erklärte Dr. Dirk- Henner Wellershoff, Präsident des LJVB.
Das Ergebnis der genetischen Untersuchung machte das Landesamt für Umwelt (LfU) am „Tag des Wolfes“ bekannt, der 30. April stattfand. Demnach war es nach Lage der Dinge ein Wolf. Die DNA-Untersuchung lieferte zwar keinen eindeutigen Beweis, die Spuren wiesen aber eine große Ähnlichkeit mit Wolfs-DNA auf. Auch aufgrund der weiteren Informationen, etwa zum Zahnabstand der Bisswunde, sei die Beteiligung eines Wolfes als „sehr wahrscheinlich“ einzustufen.
Die fehlende Eindeutigkeit führte inzwischen zu Spekulationen, dass es sich um einen Hybriden gehandelt haben könnte. Dass das LfU weitere Untersuchungen ausschließt, nennt der Landesjagdverband Brandenburg „grob fahrlässig“, da unklar sei, ob der Wolf nicht verhaltensauffällig ist und weitere Angriffe ausgeschlossen sind. Wenige Tage nach dem Vorfall hat nach seinen Angaben eine Wildkamera erneut einen Wolf in der Gemeinde Havelsee fotografiert.
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Die Veranstalter für die agra 2024 in Leipzig ziehen eine positive Bilanz. Die Zahl der Besucher stieg, die Landwirtschaftsmesse war ausgebucht. Doch es gab auch einen Kritik-Punkt.
Volle Ausstellungsflächen und große Besucherresonanz prägten die Messe: Am Sonntag ist die agra 2024 nach vier Tagen erfolgreich beendet worden.
Wie der Veranstalter mitteilt, nutzten 792 Aussteller die Landwirtschaftsausstellung, um Produkte und Dienstleistungen vorzustellen oder Fachpublikum und Verbraucher zu informieren. Insgesamt 110.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche seien belegt gewesen, die Messe damit „nahezu ausverkauft“, wie Alexandra Feldmann, Geschäftsführerin der agra Veranstaltungs GmbH während der Eröffnungspressekonferenz sagte.
Man habe das Niveau von 2019 erreichen und überschreiten können. Beim Publikumszuspruch legte die Messe mit insgesamt 51.706 Besuchern ebenfalls zu. Mit einem Rekord schmückt sich die agra bei einer anderen Zahl: Mit 1092 ausgestellten Tieren sei man europaweit die größte Nutztierschau, so Alexandra Feldmann.
Für die Belange der Landwirtschaft warb Sachsen-Anhalts Agararminister Sven Schulze (CDU) als er die Messe am Donnerstag eröffnete. Angesichts der Bedeutung der agra für die ostdeutsche Landwirtschaft vermisse er einen hochrangigen Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Leipzig.
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der als ihr Schirmherr die agra besuchte, hob die Bedeutung der Messe hervor. Zugleich machte er deutlich, dass die Landwirtschaft dringend von den aktuell herrschenden Reglementierungen befreit werden müsse.
Sachsens Agrarminister Wolfram Günther (Grüne) wies auf die Herausforderungen von Landwirtschaft und Umwelt hin, für die auf der Messe Lösungen gesucht würden. Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk sah in der agra auch die Chance zu zeigen, dass man an die Zukunft glaube.
Dafür gaben die acht Themenfelder der agra 2024, die von Landtechnik und Tierzucht bis hin zu Nachhaltigkeit und Frauen in der Landwirtschaft reichten, mit Ausstellungen, Foren und Vorträgen viel Gelegenheit. Beim Agrarpolitischen Forum diskutierten Politiker und Landwirte kontrovers, wer die Zukunft der Landwirtschaft bezahlt.
Zuchtwettbewerbe und Schauen der Rinder-, Schaf- und Pferdezüchter demonstrierten die Leistungsfähigkeit der Tierzucht, unter anderem bei der Bundesschau Simmental-Fleckvieh, die erstmals in Leipzig stattfand.
Seit vielen Jahren prognostiziert Falk Böttcher in der Bauernzeitung, welches agrarmeteorologische Wetter in der kommenden Woche zu erwarten ist. Der Wetter-Experte vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Leipzig war auch auf der agra präsent und antwortete auf Fragen der Bauernzeitung:
Falk Böttcher vom Deutschen Wetterdienst (DWD) Leipzig im Interview. (c) Sandra Marquardt
Am Stand der Bauernzeitung konnten sich Besucher über die Angebote des dbv network informieren und an einer Foto-Box eine Titelseite der Bauernzeitung mit dem eigenen Porträt gestalten und ausdrucken.
Besonderer Höhepunkt war der Besuch von Influencerin Annemarie Paulsen. Bei den Greengirls sprach sie mit jungen Mädchen über ihre Arbeit als Landwirtin in Brandenburg. Die Mutter von vier Kindern beteiligte sich auch am Bäuerinnen-Stammtisch, um anderen Frauen in der Landwirtschaft Mut zu machen. Die Agrar-Influencerin berichtet als Bloggerin von ihrem Bio-Hof in der Uckermark auf Instagram.
In der Bilanz gab es nur einen kleinen Kritikpunkt: Wegen der langfristigen Belegung der Halle 4 durch die UEFA als Übertragungszentrum für die Fußball-Europameisterschaft wurde die Landwirtschaftsausstellung mit dem Tierbereich in die Halle 5 verlegt. Damit wurde die agra 2024 zur Messe der langen Wege.
Und nach der Messe ist vor der Messe: Die agra 2026 ist vom 9. bis 12. April 2026 auf der Neuen Messe Leipzig und dann auch wieder in den Hallen 2 und 4 sowie auf dem gesamten Freigelände geplant.
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Vier Tage ist die agra in Leipzig der Mittelpunkt der Welt für Landwirte aus dem Osten. Trotz aller Sorgen präsentieren sie sich stolz und setzen auf Innovationen und Traditionen.
Welche Zukunft hat Landwirtschaft in Ostdeutschland? Dieser Frage gehen die Besucherinnen und Besucher der agra 2024 in Leipzig nach. Von Donnerstag, 11.4., bis Sonntag, 14.4., trifft sich die Branche auf der wichtigsten Agrar-Messe im Osten.
Und schon bei der Eröffnung wurde deutlich: Hier treffen sich Landwirtinnen und Landwirte, die stolz auf ihre Arbeit sind, die den Austausch suchen und die in ihrer Branche eine Zukunft sehen.
Bei der Eröffnung im Großen Tierschauring betonte Alexandra Feldmann, Geschäftsführerin der agra, dass die Messe ausgebucht ist. Der Branchentreff sei ein Schaufenster in die Öffentlichkeit, um zu zeigen, wie Landwirtschaft funktioniert.
Bei Sabrina Förder, Projektleitern agra, flossen in den vergangenen Wochen der Vorbereitung alle Fäden zusammen. Sie hatte nur einen Wunsch: Tolle Gespräche und gute Geschäfte für alle Aussteller und Besucher der Messe.
Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk sagte: „Ich bin angekommen in meiner heilen Welt.“ Die agra Leipzig gebe der Landwirtschaft aus Mitteldeutschland ein Zuhause.
Die Landesbauernverbände aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt engagieren sich für die Messe. Sven Schulze, Agrarminister aus Sachsen-Anhalt, betonte mit Stolz, dass die Böden in der Börde die besten in Deutschland seien.
„Wir versorgen die Menschen in Deutschland mit Lebensmitteln“, sagte der CDU-Politiker bei der Eröffnung. Und fragte provokant, warum der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) nicht nach Leipzig gekommen ist.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) machte deutlich, dass die Landwirtschaft im Osten hoch innovativ sei – aber ihm sei auch bewusst, dass in der Landwirtschaft hart gearbeitet wird. Er wünschte Ausstellern und Besuchern: „Machen Sie Werbung und machen Sie Umsatz.“
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Auch die Bauernzeitung ist vom 11. bis 14.4.2024 auf der agra in Leipzig vertreten. Dieses Mal haben wir uns etwas Besonderes ausgedacht: Kommen Sie in Halle 2, zum Stand F45, und machen Sie ein Foto von sich im Layout der Titelseite der Bauernzeitung.
Sehen, Staunen, Erinnern – wer die agra 2024 besucht, den erwarten zahlreiche Eindrücke. Neben dem Erleben von Technik und Tieren ist die Messe in Leipzig auch für viele Besucherinnen und Besucher ein Treffpunkt, bei dem sich die Akteure aus der Landwirtschaft austauschen.
Die Bauernzeitung ist natürlich auch in diesem Jahr auf der agra vertreten. In Halle 2, Stand F45 finden Sie den Stand der Bauernzeitung. Dort können Sie sich nicht nur über die vielen Angebote aus unserem Haus – dem dbv-network – informieren, sondern Sie können in unserer Fotobox auch ein Erinnerungsfoto machen. Das Besondere: Ihr Porträt wird dann in eine Titelseiten-Vorlage der Bauernzeitung projiziert und vor Ort im Postkartenformat ausgedruckt.
Sie erhalten also einen ganz persönlichen Bauernzeitungstitel mit Ihrem Foto, mit dem Sie Familie und Freunde auch über Social Media von der agra 2024 grüßen können.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch am Stand der Bauernzeitung. Viele Redakteurinnen und Redakteure werden an den vier Tagen auch selbst in den Messehallen sein – vielleicht treffen wir uns in Halle 2, Stand F45?
Die aktuelle Berichterstattung von der agra 2024 finden Sie auf www.bauernzeitung.de sowie auf unseren Social-Media-Kanälen bei Facebook und Instagram.
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Ausbildung, Berufsschule und Studium an der Hochschule Neubrandenburg: Larissa Langheim absolviert ein duales Studium und hat sich bei ihrem Lehrbetrieb agrafrisch Fürstenwalde in Brandenburg viele Ziele gesetzt.
Larissa Langheim ist gerade 20 geworden und jongliert als Dualstudentin seit Juli vergangenen Jahres mit drei imaginären Bällen: der Ausbildungspraxis im Lehrbetrieb, der Berufsschule in Pritzwalk und ihrer ab und an erforderlichen Präsenz an der Hochschule in Neubrandenburg.
Wenn alles gut geht, und warum sollte es nicht, wird sie im August 2025 ihren Facharbeiter und nach dem Sommer 2028 ihren Bachelor in Agrarwirtschaft in der Tasche haben. Und dann, so der Plan, wolle sie den Master in Agrarmanagement draufsetzen, sagt Larissa.
In der Woche vor Ostern hat sie in Neubrandenburg einen Vortrag über ihren Ausbildungsbetrieb agrafrisch Fürstenwalde gehalten. Ihr Chef Benjamin Meise will wissen, wie es gelaufen ist. Gut ist es gelaufen! Und ein kleiner Umschlag mit Glückwünschen wechselt den Besitzer. Nicht wegen des Vortrags, sondern wegen ihres Geburtstags. Noch ein Grund zur Freude!
Dabei ist sie schon froh, nach den Berufsschulwochen und dem Abstecher nach Neubrandenburg wieder im Betrieb zu sein und nach dem Winter, wo sie vor allem im Stall gearbeitet hat, jetzt mit raus auf den Acker zu kommen.
Nicht, weil ihr die Tiere nicht lieb wären, aber mit ihnen kennt sie sich schon gut aus. Sie habe schon vorher in den Ferien immer in einem Milchviehbetrieb gearbeitet, erzählt Larissa, die nebenbei noch Hühner hält und die Eier vermarktet. Außerdem unterstützt sie ihren Vater, der über Fürstenwalde hinaus als Kürbisolli bekannt ist und schon mal die Europameisterschaft um den schwersten Kürbis gewonnen hat. Und Larissa organisiert mittlerweile auch das alljährliche Kürbis-Hoffest. Eine richtige Macherin. Mit Pflanzenproduktion im großen Stil hat sie noch nicht viel Erfahrung, darüber will sie mehr erfahren.
Auch wir haben mit unserem Praxispartner bisher nicht groß über die Pflanzenproduktion gesprochen und erfahren: Der Pflug kommt bei agrafrisch seit etwa drei Jahren so gut wie gar nicht mehr zum Einsatz. „Wir versuchen, uns mit der vorhandenen Technik der regenerativen Landwirtschaft zu nähern“, so Meise, „bei der Bodenbearbeitung machen wir also so wenig wie möglich, so viel wie nötig.“ Vor unserer Drille lassen wir eine Scheibenegge vorlaufen, liebäugeln aber mit der Anschaffung einer Direktsaatmaschine. Und auch bei der Gülleausbringung müssten wir uns noch in Richtung Strip-Till bewegen. „Ich habe den Eindruck, dass wir Kosten einsparen konnten und keine Ertragseinbußen haben und der Boden schneller Wasser absorbiert – aber das ist bisher nur eine gefühlte Tendenz“, sagt Meise.
Wie überall im Märzen der Bauer, sind auch die Fürstenwalder vor Ostern damit beschäftigt, Gülle für den Mais auszubringen, der nächsten Monat gedrillt werden soll. Außerdem wird Harnstoff im Wintergetreide – Weizen, Gerste, Roggen – ausgebracht. In Sachen Pflanzenschutz laufen Herbizidmaßnahmen im Getreide – Roggen, Dinkel, Weizen –, und im Raps wird, je nach Wetter, eine Insektizidbehandlung gegen den Rapsglanzkäfer und Stängelrüssler notwendig werden.
Pflanzenbauleiter Ronny Kaczmarek hat im Blick, was auf den Äckern ansteht. „Nach Ostern sind dann die ersten Fungizidmaßnahmen in der Gerste fällig, damit die Roste nicht mit den neuen Blättern hochwachsen“, erläutert er, während wir unterwegs zu einer Stelle sind, wo ein Schlag Raps und ein Schlag Weizen aufeinandertreffen.
Zugegeben, der Abstecher mit Pflanzenproduktionsleiter Ronny Kaczmarek auf den Ackerschlag bei Buchholz ist ein bisschen für die Bauernzeitung inszeniert. Wir wollen ein paar Fotos machen und vor Ort etwas über die aktuellen Arbeiten im Acker- und Pflanzenbau erfahren. Ronny macht daraus gleich eine kleine Bonitur mit Lehrunterweisung. Der Raps steht gut. Vielleicht sind die Blätter etwas zu bläulich, was auf einen Phosphormangel hindeutet. Demnächst werden die Pflanzen mit Wuchshemmer etwas eingestaucht, damit sie mehr in die Breite gehen und unten mehr Triebe entwickeln, erläutert Ronny.
Die Bekämpfungsrichtwerte beim Rapsglanzkäfer hat Larissa schon drauf. Weiter gehts zum Weizen. Wie kann man die Weizenpflanze von der vermaledeiten Weichen Trespe unterscheiden, wenn die Pflanzen wie jetzt fast gleich aussehen? An den behaarten Blättern, erfahren wir und haben wieder was dazugelernt. Ronny erinnert Larissa an die großen Nester, die im vergangenen Sommer im Weizen standen. „Das ist ein Riesenproblem auf dem Schlag. Die Trespe unterdrückt den Weizen, der wächst dann einfach nicht mehr.“ Darum wurde vor zwei Tagen ein Herbizid eingesetzt, das hoffentlich bald seine Wirkung tun wird.
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Da mineralischer Dünger so teuer geworden ist, arbeiten die Fürstenwalder seit einem Jahr mit Bodenhilfsstoffen wie Milchsäurebakterien und mit Mikronährstoffen, um die Kosten zu reduzieren. „Die Milchsäurebakterien haben im Getreide eine leicht stauchende Wirkung und sind ein Gegenspieler bei Pilzkrankheiten“, sagt Kaczmarek. Außerdem wird das Bodenleben angeregt.
Ende Mai beginnt für Larissa wieder eine Berufsschul-Phase des dualen Studiums in Pritzwalk. Das Schöne dort: ein strukturierter Alltag mit einem festen Feierabend Viertel nach drei. Aber trotzdem: „Die Praxis macht mehr Spaß!“, sagt sie. Gerade ist sie dabei, ihren T-Schein zu machen. Den L-Schein hat sie schon, und damit geht es nach unserem Foto-Abstecher mit weniger als 40 km/h nach Alt Zeschdorf, um Dünger zu holen. Übrigens wird bei agrafrisch noch ein neuer Spritzenfahrer gesucht. Die Spritze mit 30 m Arbeitsbreite ist zwar schon älter, aber vielleicht motiviert den potenziellen Bewerber ein niegelnagelneuer Schlepper, der nach Ostern geliefert werden soll.
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Die ersten Landratsämter erinnern nunmehr Tierhaltungsbetriebe an die Umsetzung der neuen TA Luft. Dies betrifft neben Gülle- und Gärrestlager auch Festmistlager von genehmigungsbedürftigen Anlagen.
Die ersten Tierhaltungsbetriebe im Land erhielten in den vergangenen Wochen Post von ihrem Landratsamt. Hingewiesen wurde in den Schreiben auf den Vollzug des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) beziehungsweise der Technischen Anleitung Luft (TA Luft). Ende 2021 trat die neue TA Luft in Kraft. Sie fordert unter anderem für neue Schweine- und Geflügelställe, die der BImSchG unterliegen, eine verpflichtende Abluftreinigung. Für Altanlagen gilt, sofern dies wirtschaftlich verhältnismäßig ist, eine Nachrüstung bis Ende 2026 bzw. Anfang 2029. Anlagenbetreiber haben das im Hinterkopf.
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Der eine oder andere Betrieb dürfte von den genannten amtlichen Schreiben einigermaßen überrascht worden sein. Denn die TA Luft regelt darüber hinaus neu das Abdecken von Gärrest- beziehungsweise Güllelagern sowie das Abdecken von Festmistlagern – sofern diese Lagerstätten Teil einer BImSchG-Anlage sind.
Sowohl für Güllelager als auch für Misthaufen endet die vom Gesetzgeber eingeräumte Frist zur Umsetzung im Dezember 2026. Die Zeit drängt also. Und das gilt vor allem für vorhandene Flüssigmistlager (Altlager). Hier verlangt die TA Luft das Minderungsziel von 85 % für Geruchsstoffe und Ammoniak im Vergleich zu einem offenen Behälter ohne Abdeckung. Technisch und finanziell dürfte das eine Herausforderung sein. Über das Agrarinvestitionsprogramm fördert Thüringen das Nachrüsten der Abdeckung von Lagern für flüssige Wirtschaftsdünger mit 50 %.
Erst beim Thüringer Milchtag in Erfurt hatte Silvio Reimann, Geschäftsführer der Milch-Land GmbH Veilsdorf, die Anforderungen als Beispiel für Praxisferne und Bürokratie gegeißelt. Denn es gebe kaum beziehungsweise keine bautechnischen Lösungen, dies umzusetzen.
Während die Minderungsziele bei den Güllelagern auf EU-Vorgaben fußen, ist das Abdecken von Misthaufen ein deutscher Alleingang, den seinerzeit einige Länder im Bundesratsverfahren durchdrückten. So ist nicht nur die dreiseitige Umwandung des Lagerplatzes zu gewährleisten. Darüber hinaus sind Festmistmieten abzudecken oder zu überdachen.
Am 24. April bietet der Thüringer Bauernverband eine Informationsveranstaltung zur TA Luft im Bürgerhaus in Apfelstädt an, um Fragen zur Umsetzung der neuen Anforderungen beantworten zu können. Details zur Veranstaltung finden sich in Kürze unter www.tbv-erfurt.de.
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Das Bundeslandwirtschaftsministerium plant die Übertragung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation in nationales Recht. Erfahren Sie, welche Auswirkungen das auf Milchlieferanten und Molkereien hat.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium will den Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) in nationales Recht übertragen. Die Agrarorganisationen- und Lieferketten-Verordnung soll dafür so geändert werden, dass Milcherzeuger oder ihre Zusammenschlüsse und die abnehmenden Molkereien vorab einen Vertrag abschließen müssen, der Preis und Liefermenge regelt. Ein Referentenentwurf aus dem BMEL kam kurz vor Ostern in die Abstimmungsrunde zwischen den beteiligten Ministerien.
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Vorgesehen ist darin, Molkereien zu verpflichten, ihren Milchlieferanten ein Angebot über einen Preis-Mengen-Bezug zu unterbreiten. Es soll sich auf mindestens 80 % der voraussichtlichen Liefermenge beziehen. Genossenschaftliche Molkereien werden von der Verpflichtung nur dann ausgenommen, wenn ihre Satzungen oder Lieferordnungen Bestimmungen mit ähnlicher Wirkung enthalten. Das entspricht den Vorgaben der EU-Marktordnung, die Genossenschaften nicht automatisch von solchen Lieferverträgen freistellt (siehe unten).
Milchviehbetriebe müssten genauso planen und kalkulieren wie Betriebe in anderen Sektoren, begründet das BMEL den Vorstoß. Vorgängerregierungen hätten versäumt, die Chance zu nutzen, die der „148er“ für die Milcherzeuger biete, schloss das von Cem Özdemir (Grüne) geleitete Ministerium in seiner Mitteilung an.
Sämtliche Bestandteile von Verträgen über Rohmilchlieferungen sollen den Angaben zufolge zwischen den Parteien frei aushandelbar sein. Festpreismodelle (einschließlich Preisdifferenzierungs- und A/B-Modellen) und Preisabsicherungsgeschäfte an Terminmärkten werden genannt.
Dabei wird unterschieden zwischen Geschäften, die eine Molkerei an die Lieferanten vermittelt und die von ihnen dann für eine bestimmte Rohmilchmenge vorgenommen werden, sowie Sicherungsgeschäften, die die Molkerei im eigenen Namen durchführt.
In Ministeriumskreisen wird eingeräumt, dass die Anwendung von Artikel 148 GMO aller Voraussicht nach nicht zu einer Anhebung des Erzeugerpreisniveaus führen werde. Allerdings werde die Regelung dazu beitragen, die Folgen der Preisvolatilität für Erzeuger abzufedern. Dadurch würden strukturelle Verbesserungen erreicht sowie die Konditionen der Rohmilchlieferung und dabei besonders der Preise stärker ins Bewusstsein der Marktbeteiligten kommen. Das berge die Chance für ein faireres Miteinander in der Wertschöpfungskette.
Der mit der Neuregelung verbundene Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wird auf 6,5 Millionen Euro im Jahr veranschlagt. Nach Inkrafttreten der Verordnung ist eine einjährige Übergangsfrist vorgesehen. Nach fünf Jahren soll die Verordnung evaluiert werden.
In Koalitionskreisen zeichnet sich dem Vernehmen nach wenig Widerstand gegen die Initiative des BMEL ab. Weder Grüne noch FDP haben bisher Einwände hervorgebracht. In der SPD-Fraktion wünscht man sich jedoch, die vertraglich zu bindende Liefermenge nicht auf 80 Prozent zu beschränken, sondern – auch, um den Verwaltungsaufwand zu vermeiden – 100 Prozent vorzugeben. Überdies sollte die Wirksamkeit nicht erst nach fünf Jahren, sondern bereits nach zwei oder drei Jahren überprüft werden.
Gleich nach Bekanntwerden des Verordnungsentwurfs erneuerte der Milchindustrie-Verband (MIV) seine Kritik an staatlichen Eingriffen in die Milchlieferbeziehungen. Mit dem Artikel 148 „wird sich die Situation der Erzeuger am Milchmarkt nicht positiv und nicht nachhaltig verändern“, betonte der Verband. Der Preis entstehe unter Weltmarkteinfluss durch Angebot und Nachfrage. Vorgeschriebene Absicherungsangebote könnten zu einem gleichmachenden Milchpreis für alle Erzeuger führen, so der MIV. Es komme aber nicht zu einem höheren Preis, wie es die individuelle Leistung eines Molkereiunternehmens zu verhandeln vermöge.
Der Verband bemängelte außerdem, dass die Regelung zu einem hohen bürokratischen Aufwand führe, obwohl seit Jahrzehnten ein Abbau seitens der Politik versprochen werde. Es müssten zahlreiche Vertragsverhandlungen geführt und dokumentiert werden. Laut MIV werden rund zwei Drittel genossenschaftlich erfasst. In den Genossenschaften gehöre die Vertragsverhandlung in die Hände von Erzeugern und Verarbeitern und bedürfe keiner gesetzlichen Einmischung. Der MIV zitierte das Berliner Milchforum, wo sich im März Erzeugervertreter, „die eine deutliche Mehrheit der Milchbauern vertreten“, gegen die Einführung des 148ers gewandt hätten.
Dem widersprach der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM) energisch. Aktuelle Umfragen und „die Tatsache, dass sich Mitglieder verschiedener landwirtschaftlicher Verbände seit über 20 Jahren leidenschaftlich für die Umsetzung der Vertragspflicht einsetzen, sprächen eine andere Sprache“, sagte der Vorsitzende Karsten Hansen.
In einem gemeinsamen Eckpunktepapier von BDM, LsV Deutschland, MEG Milch Board, Freien Bauern und AbL wird das Vorgehen des BMEL ausdrücklich begrüßt. Die sich daraus ergebende Planungssicherheit biete die Chance, dass die Bäuerinnen und Bauern ihren existenziellen Notmodus verlassen und die Betriebe nach vorne in eine öko- und sozialgerechte Landwirtschaft entwickeln könnten, heißt es darin. Die Verfasser kritisieren jedoch, dass die 80-Prozent-Regel nicht die gewünschte Wirkung erzielen werde. Vielmehr sei die gesamte Milchmenge, die zwischen den Vertragspartnern verhandelt werde, vertraglich vorab zu binden.
Im Deutschen Bauernverband (DBV) gibt es eine klare Mehrheit gegen den 148er. Zwar besteht Einigkeit, dass das Kräfteverhältnis zwischen Erzeugern und Abnehmern ausgeglichener gestaltet werden muss. Für konkretere Mengenplanungen böten vorhandene Satzungen, Milchlieferordnungen und Verträge schon heute Möglichkeiten, schätzt etwa der Bauernverband Sachsen-Anhalt ein. Die Umsetzung des Artikels 148, so fürchtet er, werde „ein Bürokratie-Monster, mit absehbar wenig positiven Effekten, dafür mit mehr politischen Vorgaben“.
Der Landesbauernverband Brandenburg hingegen sprach sich erst auf seinem Bauerntag im März dafür aus, den Artikel 148 „auszuloten“, um endlich zu Lieferbeziehungen zu kommen, die der Mehrheit der Milcherzeuger im Land gerecht werden. „Wir wissen, dass er im DBV kritisch gesehen wird, aber weil es bei uns keine genossenschaftlichen Strukturen gibt, ist er wichtig“, erklärte LBV-Präsident Henrik Wendorff. Bei der Agrarministerkonferenz (AMK) Ende März fand sich unter den Ländern keine Mehrheit für den Artikel 148.
GMO und Genossenschaftsmolkereien
„Abweichend … ist bei der Lieferung von Rohmilch von einem Mitglied einer Genossenschaft an die Genossenschaft, der das Mitglied angehört, kein Vertrag und/oder keine Vertragsangebot erforderlich, wenn die Satzung dieser Genossenschaft oder die sich aus dieser Satzung ergebenden oder darin vorgesehenen Regeln und Beschlüsse Bestimmungen enthalten, mit denen eine ähnliche Wirkung erzielt wird wie mit den … genannten Bestimmungen.“
(Auszug aus dem Artikel 148)
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Spargel-Bauern aus Brandenburg sind am Donnerstag (4.4.) in Klaistow in die Ernte-Saison gestartet. Auch die neue Spargel-Königin Lisa Münn war dabei. Wie hoch ist der Preis für Spargel aus Beelitz?
Er reckt und streckt sich schon wieder – der Beelitzer Spargel. Sogar Ernst-August Winkelmann war überrascht, bereits Mitte März die allerersten Spargel-Stangen in den Dämmen zu sehen, geschweige denn hatte er damit gerechnet, Ostern die ersten edlen Stangen im Hofladen und im Restaurant auf seinem Spargel- und Erlebnishof in Klaistow anbieten zu können. An diesem Donnerstag (4.4.) war dort der offizielle Start in die Spargel-Saison, auf dem sich auch die neue Beelitzer Spargel-Königin Lisa Münn vorstellte.
Die Beelitzer Spargel-Bauern erwarten in diesem Jahr eine normale Ernte. Der milde Winter und die viele Feuchtigkeit haben den Pflanzen gutgetan. „Wir erwarten auf unseren 800 Hektar eine Ernte-Menge von etwa. 4.500 Tonnen“, so Winkelmann. Aktuell würden etwa 100 Tonnen pro Tag geerntet. Für die Ernte werden 800 Saisonkräfte überwiegend aus Rumänien und Polen beschäftigt. Die Preise bewegen sich auf demselben Niveau wie 2023: Das heißt, teurer soll der Spargel nicht werden. Zurzeit zahlt man für ein Kilo zwischen 7 und 15 Euro.
Der Anbau von Spargel hat in Brandenburg eine lange Tradition. Mit 22.200 Tonnen Spargel haben die Spargel-Betriebe im vergangenen Jahr nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die zweithöchste Erntemenge seit 1991 eingebracht. Nur im Jahr 2018 war die Ernte mit 23.200 Tonnen noch höher. In Brandenburg bleibt Spargel den Angaben zufolge die wichtigste Gemüse-Kultur. Die Anbau-Fläche sank jedoch um 200 Hektar auf 3.500 Hektar.
Lesen Sie mehr über den Start in die Spargelsaison in Ausgabe 15 der Bauernzeitung.
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Die neuen Regeln zur Vergabe der BVVG-Flächen sorgen für Ärger. Die Bauernverbände im Osten üben scharfe Kritik an den Ministern Özdemir und Lindner. Was die Bauern so in Wut bringt, kommentiert Claudia Duda.
Die BVVG ist seit jeher ein Reizwort. Die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH wurde 1992 gegründet, um die ehemaligen volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen auf dem Gebiet der ostdeutschen Bundesländer zu verwalten, zu verpachten und zu verkaufen. Während in den ersten Jahren vor allem Kritik aus den Reihen der Alteigentümer laut wurde, die sich benachteiligt sahen, ging es zuletzt vor allem um die Vergabepraxis und die Frage: Warum werden ökologische und „nachhaltige“ Betriebe dabei bevorzugt? Natürlich spielen auch die Preise eine große Rolle.
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Jetzt hat sich die Bundesregierung mit den ostdeutschen Ländern auf die Flächenmanagementgrundsätze 2024 verständigt. Die Landesbauernverbände reagierten umgehend mit einer Stellungnahme an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP), die der Redaktion vorliegt. Demnach fühlen sich viele Betriebe auch durch die neuen Regeln „diskriminiert“. Von Scheinkriterien und Preistreiberei durch die Ministerien ist die Rede.
Hauptkritikpunkt: Durch die Absicht, 17.800 Hektar in das Nationale Naturerbe zu übertragen, werde landwirtschaftliche Nutzfläche aus der Produktion genommen und der ohnehin schon enge Bodenmarkt weiter verknappt. Konventionelle Betriebe würden bei der Vergabe benachteiligt. Die ostdeutschen Landesbauernverbände erklären ausführlich, warum sie die neuen Grundsätze ablehnen.
Die Stellungnahme ist scharf formuliert, und an manchen Stellen schießt sie vielleicht über das Ziel hinaus – schließlich kann die Umwidmung in Nationales Naturerbe dazu beitragen, dass die nationale Strategie zur biologischen Vielfalt umgesetzt wird. Doch was vor allem herauszulesen ist, dass die Bauernverbände bereits im vergangenen Jahr auf die Bundesregierung zugegangen sind und konkrete Anmerkungen gemacht haben, welche Probleme sie bei den Kriterien zur Pachtvergabe und zum Verkauf sehen.
Im Mai 2023 forderten sie, dass die Vergabe von Flächen nicht an die Bewirtschaftungsform anknüpft, sondern vielmehr, dass Verfahren gefunden werden, um die Höchstgebotspraxis zu unterbinden. Nicht die BVVG solle die Definition vorgeben, wann ein Betrieb nachhaltig sein soll. Das sorgt für Ärger: Die Verbände kritisieren, dass ihre Argumente nicht beachtet wurden.
Es geht um den Prozess einer demokratischen Beteiligung, der hier anscheinend nicht berücksichtigt wurde. Dabei macht sich Agrarminister Özdemir selbst gern zum Fürsprecher der bäuerlichen Klientel. Und auch Finanzminister Lindner hat jüngst bei der großen Bauerndemo in Berlin Gesprächsbereitschaft mit den Landwirtinnen und Landwirten suggeriert. Die ostdeutschen Bauernverbände fordern die Politiker jetzt auf, den einseitigen Kurs im Umgang mit den BVVG-Flächen zu ändern und stattdessen in „demokratischer Weise mit dem Berufsstand auszuhandeln“.
Laut der letzten Bilanz verpachtet die BVVG noch fast 90.000 Hektar Flächen im Osten. Fast 2.000 Hektar wurden 2023 verkauft. Noch immer geht es um große Flächen – und letztlich um viel Geld. Doch den Bauernvertretern geht es um mehr: Sie wollen ernst genommen werden. Die Hand zum Gespräch haben sie auch jetzt wieder ausgestreckt – nun ist es an der Politik, das immer wieder erneuerte Versprechen der Zusammenarbeit auch in die Tat umzusetzen.
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Nicht erst seit der Debatte um das Heizungsgesetz ist das Heizen mit Holz in Verruf geraten. Die neue Klima-Holz-Studie aus Weihenstephan kommt zu anderen Ergebnissen. Dabei geht es um eine aktive Nutzung des Waldes. Heißt es jetzt also: Heizen mit Holz für das Klima?
Noch vor gar nicht langer Zeit wurde rund um das neue Heizungsgesetz heftig darüber gestritten, wie klimaschädlich das Heizen mit Holz ist. Mitten in der im vorigen Sommer hochschlagenden Diskussion stellte die Hochschule Weihenstephan eine aktuelle Studie vor, die sich mit dem Beitrag der Wälder zum Klimaschutz befasste. Um es vorwegzunehmen: Die „KlimaHolz-Sudie“ kommt zu dem Ergebnis, dass erstens aktive Waldnutzung – verbunden mit dem Umbau zu Mischwäldern – unverzichtbar für den Erhalt der Wälder ist und zweitens die dabei anfallenden Holzmengen ein großes Potenzial bilden, um CO2-neutrales Baumaterial bereitzustellen oder fossile Brennstoffe zu ersetzen.
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Bei ihrem Herangehen versuchte die Forschungsgruppe um Professor Hubert Röder, der den Lehrstuhl für nachhaltige Betriebswirtschaft an der bayerischen Hochschule leitet, die gesamte Breite der aktuellen Diskussionen über die Entwicklung der Wälder abzubilden. Sie reichen bekanntlich von der Stilllegung weiter Waldflächen – so vorgesehen in der EU-Biodiversitätsstrategie – über ein schlichtes „Weiter so!“ bis hin zum aktiven Waldumbau. Dazu wurden für den Zeitraum bis 2030 vier verschiedene Szenarien angenommen:
Das Fazit der Studie dürfte für Forstleute und Waldbesitzer kaum überraschend ausfallen: Der beste Weg zu mehr Klimaschutz besteht darin, die Wälder gleichzeitig zu verjüngen und nadelholzgeprägte Monokulturen zu Mischbeständen umzubauen. Dass damit auch ein Beitrag zu mehr Artenvielfalt in der Fläche geleistet wird, ist ein willkommener „Nebeneffekt“. Allerdings gilt dies nur für die nächsten circa 30 Jahre.
Die Argumente für den „proaktiven Waldumbau“ mit Holzentnahme sind gut bekannt: Dem Wald entnommenes Holz bindet bei entsprechender Nutzung das der Atmosphäre entzogene CO2 dauerhaft. Deshalb wurden in der Studie auch die vielfältigen Verwendungen von Holz in der Wirtschaft betrachtet, ebenso Einfluss bzw. Abhängigkeiten von Im- und Exporten.
Die bemerkenswerteste Erkenntnis dieser überaus gründlichen Studie besteht in der Begründung, warum mit dem Umbau nicht lange gewartet werden sollte. Denn zwar führen EU-weit betrachtet alle vier Szenarien früher oder später zum Ziel klimagerechter Wälder, wirken also „klimapositiv“. In Deutschland aber gibt es eine Besonderheit. Sie rührt vom vergleichsweise hohen Nadelwaldanteil hierzulande.
„Der Holzvorrat in den meist sehr stark nadelholzgeprägten Wäldern in Deutschland ist zu hoch“, sagt Studienleiter Röder. Die Folge: Der Holzzuwachs wird stark gebremst. Dadurch wiederum sinkt die Aufnahmefähigkeit der Bäume für Kohlenstoffdioxid (CO2). Im „Weiter-so!-Szenario“ verliert der Wald also allmählich seine Funktion als CO2-Senke und büßt damit an Bedeutung für den Klimaschutz ein.
Nadelholz sollte daher vor allem in Deutschland, aber auch EU-weit zunächst intensiver genutzt werden, damit Nadelwälder proaktiv in Mischwälder umgebaut werden können, leiten die Studienverfasser daraus ab.
Beim Laubholz sieht es etwas anders aus. Über die ganze EU gesehen, empfiehlt die Studie als „klimaoptimale Strategie“, Laubwälder praktisch ab sofort möglichst bis zum Jahr 2100 unter intensiven Schutz einschließlich großflächiger Stilllegung zu stellen.
In Deutschland hingegen würde eine bessere Klimawirkung erzielt, wenn auch Laubwälder zunächst bis etwa 2050 proaktiv verjüngend umgebaut werden. Das betrifft besonders ältere Reinbestände. „Die Laubwälder in Deutschland haben aufgrund des hohen Alters bereits den Höhepunkt ihres Zuwachses überschritten und zeigen ein erhöhtes Schadensrisiko. Damit werden sie schon jetzt zur CO2-Quelle“, begründet Prof. Röder. Erst in den folgenden Jahrzehnten könnten die durch intensivere Stilllegung erreichbaren Effekte überwiegen.
Seine Empfehlung: „Wir sollten alte Laubwaldbestände dringend in junge Mischwälder umbauen, die wesentlich stabiler im Klimawandel sind und langfristig einen höheren Zuwachs leisten. Anschließend sollten diese Bestände schonend bewirtschaftet werden, um sowohl hohe Vorräte zu erzielen, als auch hohe Zuwächse bis ins hohe Alter zu erhalten.“ Auf diese Weise könnten „mit dem gesamten System Wald, Holzprodukten und Bioenergie klimaoptimale Effekte erreicht werden“.
Das Jahr 2050 wird auch deshalb als Meilenstein angenommen, weil bis dahin der Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft vollständig erreicht sein soll. Bis dahin stellt der proaktive Waldumbau einschließlich der Holznutzung – auch durch Heizen – einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz dar. Nach den Berechnungen aus Weihenstephan könnten im Idealfall bis dahin zwei Gigatonnen CO2-Äquivalente zusätzlich eingespart werden. Damit wäre der Wald nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimapositiv.
Insgesamt zeigt die KlimaHolz-Studie nach Einschätzung des Clusters „Forst und Holz in Bayern“ vielversprechende Möglichkeiten auf, wie der Wald aktiv zum Klimaschutz beitragen kann. Der Deutsche Energieholz- und Pelletverband (DEPV) hebt hervor, dass das Vorurteil, Holz sei ein knappes Gut, mit der Studie deutlich widerlegt wird. „Das Gegenteil ist jetzt schon der Fall, Deutschland hat die größten Holzvorräte in der EU“, heißt es in seiner Stellungnahme.
Waldnutzung in den nächsten Jahrzehnten*
– Proaktiver Waldumbau mit Holznutzung ist der vorerst beste Weg hin zu klimapositiven Wäldern.
– In den nächsten Jahrzehnten müssen die hohen Holzvorräte abgebaut und Bestände in Mischwälder umgebaut werden. Dafür ist die Holzverwendung bei attraktiven Preisen für Waldbesitzer zu steigern. Restholz kann in dieser Phase verstärkt als Energieholz genutzt werden.
– Bis 2050 wird der Anteil energieeffizienter Gebäude so weit zugenommen haben, dass der Energieholzbedarf sinkt. Bis dahin wird Holz als Industrie-Rohstoff – einschließlich der Nutzung in Bioraffinerien – seinen Platz am Markt gefunden haben.
*Ableitung aus den Studienergebnissen
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Der Bund und die ostdeutschen Länder haben sich auf neue Regeln bei der Vergabe der Flächen durch die BVVG geeinigt. Die Landesbauernverbände aus dem Osten üben jetzt scharfe Kritik an zwei Ministern. Die Landgesellschaften haben einen Vorschlag, wie es mit den Flächen in Ostdeutschland weitergehen sollte.
Einen Kurswechsel beim Umgang mit den BVVG-Flächen fordern die Präsidenten der ostdeutschen Landesbauernverbände in einem gemeinsamen Schreiben an die zuständigen Bundesminister Cem Özdemir (Landwirtschaft – Grüne) und Christian Lindner (Finanzen – FDP). Dass von den bei der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft verbliebenen 89.000 ha landwirtschaftlicher Fläche 17.800 ha an das Nationale Naturerbe übertragen werden sollen, zeige, dass die BVVG-Flächen weiterhin ein politischer Spielball blieben. Weitere Landwirtschaftsflächen würden aus der Produktion genommen und der ohnehin enge Bodenmarkt weiter verknappt, so der Vorwurf.
„Als Repräsentanten des landwirtschaftlichen Berufsstandes in den ostdeutschen Bundesländern stellen wir fest, dass Sie mit diesem Verfahren das letzte Vermögen Ostdeutschlands verschleudern“, schreiben die fünf Präsidenten aus dem Osten. Sie fordern zudem, den 2022 ausgerufenen Verkaufstopp aufzuheben und die Privatisierung für regional verankerte Betriebe fortzusetzen. Dies schulde die Bundesregierung den ostdeutschen Bürgerinnen und Bürgern, deren Willen 1990 so im Treuhandgesetz niedergeschrieben worden sei. „Nicht nur, dass Flächen nicht mehr veräußert werden sollen, vielmehr verschafft sich der Staat selbst einfachere Zugriffsmöglichkeiten auf BVVG-Flächen ohne Rücksicht auf die Agrarstruktur, indem er sich Kaufrechte für Infrastruktur, Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen sowie Energieerzeugung vorbehält“, beklagen die Verfasser des Schreibens.
Eine Kursänderung fordern sie auch bei der Verpachtung. Seit dem 1. April wird sie an novellierte Nachhaltigkeitskriterien geknüpft, die einen Großteil der Betriebe diskriminieren würden. Pachtinteressierte Betriebe müssten Zertifikate einreichen, die weitere Bürokratie mit sich brächten und teuer seien, bemängeln die Bauernverbände. „Wir sehen hier die Gefahr, dass Ihre Häuser den Landerwerb von der BVVG von der finanziellen Wirtschaftskraft abhängig machen. Entweder können Betriebe über umfängliche Gestaltung ihrer Betriebe Zuschläge erhalten, was jedoch erhebliche Beratungskosten erfordert, oder die Betriebe lösen sich von der ökonomischen Nachhaltigkeit, um die Kriterien ausschließlich über Fördermittel zu finanzieren“, heißt es in dem Schreiben.
Nach einem Punktesystem werden Kriterien wie Bereitschaft zur Vernässung, Bewirtschaftungsart oder Zertifizierungen eingestuft. Überproportional hoch bewertet würden Existenzgründer, der bisherige Pächter dagegen mit Bonuspunkten nur bedacht, wenn er weniger als 500 ha bewirtschaftet. „Für die ostdeutschen Betriebe, die aus historischen Gründen größere Flächen im Betrieb haben, ist dieser Katalog ein Affront“, heißt es, der Innovation im Betrieb und die Weiterentwicklung der regionalen Landwirtschaft konterkariere.
Abschließend forderten die fünf Verbände aus dem Osten beide Ministerien auf, intern die Zweckentfremdung ostdeutscher Flächen aufzuarbeiten und die historischen wie kulturellen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte stärker in den Fokus zu rücken. Anlass des Schreibens war die Einladung beider Häuser, noch einmal zu den Plänen Stellung zu nehmen. Dass die bereits im vorigen Jahr eingereichten Anmerkungen der Verbände keinen Eingang in die überarbeiteten Grundsätze fanden, bezeichnen die Verbände als unhaltbar.
Rückendeckung bei ihrer Kritik an den Ministern erhalten die Bauernpräsidenten vom Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaften (BLG). Für BLG-Geschäftsführer Udo Hemmerling ist die Flächenprivatisierung seit dem Einigungsvertrag die Kernaufgabe der BVVG. „Wenn der Bund die Privatisierung der Landwirtschaftsflächen nun einstellt, ist agrarstrukturpolitisch und nach der Ordnung des Grundgesetzes die Übertragung an die Länder geboten“, so Hemmerling in einer Stellungnahme zu den neuen Flächenmanagementgrundsätzen. Die Länder seien nach dem Grundgesetz zuständig für den ländlichen Bodenmarkt und die Agrarstrukturpolitik. Der BLG-Geschäftsführer fordert daher, die BVVG-Flächen an die Länder zu übertragen.
Als Vorbild könne dienen, dass der Bund in den 1960er-Jahren seine Gesellschaftsanteile an den Landgesellschaften an die Länder abgetreten habe. Die Länder müssten dann in eigener Verantwortung vor Ort über die weitere Privatisierung und eine agrarstrukturell förderliche Nutzung dieser Flächen entscheiden. Laut Hemmerling wäre die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten und Existenzgründern in regionaler Verantwortung der Länder sachgerechter als bislang möglich.
Der BLG-Chef wirft der BVVG vor, sie berücksichtige die agrarstrukturellen und regionalpolitischen Belange nicht ausreichend oder gerate in Widerspruch zu Entscheidungen auf Landes- und regionaler Ebene. Beispielsweise gebe es oftmals abweichende Auffassungen zur Bereitstellung von Flächen für übergeordnete Aufgaben. Hemmerling nennt die Gewässerentwicklung bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, die Wiedervernässung, die Entwicklung von Gewerbegebieten und den Ausbau erneuerbarer Energien. Schwierig gestaltet sich nach BLG-Erfahrungen zudem die Abstimmung zwischen der BVVG und anderen öffentlichen Flächeneigentümern. Dadurch blieben Möglichkeiten zur Minderung von Flächennutzungskonflikten ungenutzt, etwa über eine Einbeziehung von BVVG-Flächen in Flächentausche.
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Update 23.8.: Gnitzen – oder auch Bart-Mücken – gelten als Überträger der Blauzungenkrankheit. In allen ostdeutschen Bundesländern sind inzwischen BTV-3–Fälle in Schaf- und Rinderbeständen aufgetreten. Wie Impfung und Insektenschutz helfen und was das für die Tierhaltung bedeutet.
Von Dr. Doreen Werner und Anja Voigt, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung; Dr. Helge Kampen, Dr. Kerstin Wernike und Prof. Dr. Martin Beer, Friedrich-Loeffler-Institut
Die Blauzungenkrankheit hat den Vogtlandkreis und damit nun auch Sachsen erreicht. Im Oberen Vogtland gibt es einen ersten Verdachtsfall in einem Rinderbestand. Die amtliche Bestätigung durch das Friedrich-Löffler-Institut stehe noch aus, teilte das Landratsamt Vogtlandkreis am Freitag (23.08.) mit. Damit sind nun in allen ostdeutschen Bundesländern Fälle der Blauzungenkrankheit in Schaf- und Rinderbeständen aufgetreten. Aufgrund der pandemieartigen Ausbreitung der Blauzungenkrankheit ist Deutschland nun flächendeckend als BTV-Gebiet einzustufen. Tierhalter sind nach den geltenden tierseuchenrechtlichen Vorschriften verpflichtet, entsprechende Biosicherheitsmaßnahmen durchzuführen.
Täglich werden neue Fälle gemeldet. Aktuell (Stand Freitag, 23. August, 12 Uhr) weist das Friedrich-Loeffler-Institut 54 ostdeutsche Fälle in 14 Landkreisen* aus:
*Stand: 23. August, 12 Uhr. Quelle: FLI
Gnitzen (Familie Ceratopogonidae), regional auch Bartmücken oder Gnitten genannt, sind eine von mehreren Mückenfamilien mit blutsaugenden Vertretern. Sie werden nur 0,5–5 mm groß, und adulte Tiere haben eine Lebensdauer von kaum mehr als zwei bis drei Wochen. Ihr Aktionsradius beträgt, von passiver Verdriftung abgesehen, nur kurze Distanzen, dennoch können sie gefährlich werden, denn die Weibchen etlicher Arten benötigen eine Blutmahlzeit, die ihre Eireifung ermöglicht.
Die weite Verbreitung und das massenhafte Auftreten unter bestimmten Umweltbedingungen führen dann vielerorts allein schon wegen ihres penetranten Stechverhaltens zu Einschränkungen in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie im Tourismus. Die Dichte sich entwickelnder Larven kann nämlich in bestimmten Lebensräumen (Moore, Sümpfe, Flussauen) bei über 10.000/m2 Bodenfläche liegen! Daher können zur Hauptflugzeit extreme Belästigungen auftreten, die den Aufenthalt im Freien fast unmöglich macht. Und dann ist da noch die Übertragung von Krankheiten.
Von den über 330 in Deutschland vorkommenden Arten spielen nur einige innerhalb der Gattung Culicoides eine Rolle als Vektoren von Krankheitserregern. Sie übertragen neben dem Blauzungen-Virus auch das Schmallenberg-Virus, gelten aber auch als Überträger der Viren der Afrikanischen Pferdesterbe und der Epizootischen Hämorrhagie der Hirsche, die in Mitteleuropa noch nicht aufgetreten sind.
Neben der Impfung der Tiere empfiehlt das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die begleitende Behandlung mit insektenabwehrenden Mitteln (Repellentien), um für den Zeitraum bis zur Ausbildung der Immunität einen zusätzlichen Schutz zu bieten.
Die Weibchen vieler Arten saugen Blut an Wirbeltieren oder ernähren sich von Körperflüssigkeiten anderer Insekten. Die Blutmahlzeit erfolgt in den Abendstunden und nachts. Gnitzen finden ihre Wirte dabei über den Geruchssinn und die Augen. Die Culicoides-Arten z. B. werden von den Ausdünstungen und Silhouetten großer Weidetiere angelockt. Die Weibchen stechen die Rinder in Bauch und Rücken, Pferde an der Mähne und am Schweifansatz, seltener am Bauch.
Gnitzenstiche können beim Menschen bis zu 2 cm große, blasige Hautschwellungen verursachen, die meist mit starkem Juckreiz verbunden sind. Hautbereiche an den Rändern von Kleidungsstücken werden bevorzugt. Die Übertragung von Krankheitserregern durch Gnitzen auf den Menschen ist nur aus Süd- und Mittelamerika bekannt (Oropouche-Virus).
Anders sieht das für die Tiere aus. Rund 50 Culicoides-Arten gelten weltweit als Überträger veterinärmedizinisch relevanter Krankheitserreger, wie Protozoen, Filarien und Viren. Die durch Gnitzen übertragenen Erreger stellen in der Tierhaltung und -zucht – vor allem bei Schafen, Rindern, Ziegen und Pferden – ein ernstes Problem dar, da sie zum Teil mit hoher Morbidität und/oder Mortalität einhergehen. Die Kenntnisse der Blutwirte und Gnitzen als Reservoirwirte der Erreger sowie deren Pathogenität sind allerdings sehr lückenhaft.
Die aus Afrika und dem Mittelmeerraum seit Langem bekannte Blauzungenkrankheit ist ein prominentes Beispiel für eine Gnitzen-assoziierte Erkrankung, die durch ein Orbivirus verursacht wird und Wiederkäuer schädigt. Erstmals und überraschenderweise im August 2006 auch in Deutschland festgestellt, kam es in den Folgemonaten erstmalig und mit stark steigenden Fallzahlen zu einem epidemischen Auftreten seuchenhafter Erkrankungen bei Tieren. Erst mit sinkenden Temperaturen reduzierten sich die Fallzahlen im Spätherbst. Aber im Folgejahr flammten sie wieder auf.
Der Seuchenzug konnte erst 2009 durch eine ausgedehnte Impfkampagne unter Rindern, Schafen und Ziegen gestoppt werden. Ab 2012 galt Deutschland als BTV-frei, zum 1. Juni 2023 wurde der Status „amtlich seuchenfrei“ anerkannt. Allerdings hat sich die Seuche im Sommer und Herbst im vergangenen Jahr mit einem massiven Ausbruchsgeschehen in den Niederlanden zurückgemeldet. In Belgien und in Westdeutschland nahe der deutsch-niederländischen Grenze wurden ebenfalls BTV-Fälle gemeldet. Daher muss mit einer Weiterverbreitung in der nächsten Vektorsaison, das heißt in diesem Frühsommer, gerechnet werden!
Aufgrund zunehmender Globalisierung mit verstärktem Güter- und Tiertransport sowie sich ändernder klimatischer Bedingungen fördert die Bundesregierung ein deutschlandweites Gnitzenmonitoring. Durchgeführt wird dies vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) auf ausgewählten landwirtschaftlichen Betrieben.
Dazu nutzen die Wissenschaftler spezielle UV-Lichtfallen, die sie zum Nachweis möglicher Vektoren (Gnitzen) für 24 Stunden pro Woche aktivieren und anschließend beproben. Die Fallen vor Ort werden dankenswerter Weise von engagierten Landwirten bzw. Tierhaltern betreut. Die Fallen befinden sich in Rinder-, Schaf- oder Ziegenställen oder in unmittelbarer Nähe von ihnen, beispielsweise auf den Weideflächen. An den Fangstandorten werden parallel dazu auch die Umwelteinflüsse erfasst, um die Verbreitung und die Aktivität der Gnitzen näher zu erforschen.
Die Fangproben kommen zur Sortierung und morphologischen Bestimmung zum ZALF. Aufbereitete Gnitzen der Obsoletus-Gruppe und des Pulicaris-Komplexes, die die wichtigsten virusübertragenden Arten enthalten, werden nachfolgend zur genetischen Identifizierung und Pathogendiagnostik zum Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) geschickt. In Greifswald werden die kleinen Blutsauger und das eventuell in ihnen enthaltene Blauzungenvirus (Bluetongue-Virus oder BTV) mithilfe diverser PCR-Tests analysiert. Dabei werden das Genom aller Serotypen des BTV und alle wichtigen potenziellen Vektorarten der Gattung Culicoides erfasst.
Die Fallenbetreuer erhalten nach der Diagnostik Informationen zu den im Jahresverlauf bei ihnen gefangenen Gnitzen. Sie erfahren daraus die Artengruppen und ob Virus in den Insekten nachgewiesen wurde. Ein positiver Test hat für den Landwirt dabei keinerlei Konsequenzen, da es sich ausschließlich um den Nachweis von Virusmaterial in der Gnitze handelt. Der Tierbestand der Landwirte wird vom ZALF nicht untersucht.
Die Anzahl der gefangenen Gnitzen schwankt zwischen den Standorten im Jahresverlauf. Zudem unterliegt sie diversen biotischen und abiotischen Einflüssen. Beispielsweise beeinflusst die Verfügbarkeit von Bruthabitaten und von Wirtstieren die Populationsdichte von Gnitzen entscheidend. Die saisonale Aktivität beginnt an den meisten Standorten im April, ist in ihrer Ausprägung aber zunächst sehr stark von den vorherrschenden Temperaturen abhängig. Die höchste Biodiversität der Gnitzenfauna wird im Frühsommer von Mai bis Juni/ Juli verzeichnet, wobei die Populationsdichte sich bis in den Spätsommer halten oder sogar ausbauen kann.
Die Arten der Obsoletus-Gruppe wurden bisher am häufigsten gefangen, gefolgt von denen des Pulicaris-Komplexes. Die wissenschaftliche Bearbeitung der restlichen Culicoides-Arten steht noch aus. Das umfangreiche Monitoring lieferte bisher keine Hinweise, dass der global wichtigste Vektor von BTV, Culicoides imicola, im Studiengebiet in Deutschland vorkommt. Gleichzeitig wird damit aber sehr deutlich, dass einheimische Gnitzen als Virusvektoren fungieren. Denn es gab im letzten Jahr einen massiven BTV-3-Ausbruch, der dazu führte, dass für die Bundesländer Nordrhein-Westfalen sowie Niedersachen der freie Status ausgesetzt wurde. Zudem wurde in dieser Zone das Monitoring um 18 zusätzliche Standorte mit täglicher Probennahme erweitert.
Per Eilverordnung hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Juni die sofortige Anwendung von drei vom Paul-Ehrlich-Institut benannten Impfstoffen gegen Infektionen mit dem Virus der Blauzungenkrankheit des Serotyps 3 (Bluetongue virus, BTV-3) gestattet. Damit reagierte das BMEL auf das zuletzt stärkere Infektionsgeschehen bei Schafen und Rindern mit teilweise schweren Symptomen. Mit der Eilverordnung wird die Anwendung dieser nicht zugelassenen Impfstoffe für einen Zeitraum von sechs Monaten gestattet.
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Weitere InformationenUnter den domestizierten Wiederkäuern zeigen Schafe die deutlichsten Krankheitssymptome nach einer BTV-Infektion. Sie können hohes Fieber (bis 42 °C) entwickeln, es tritt Apathie auf, und erkrankte Tiere sondern sich von der Herde ab. Weitere typische klinische Symptome sind gerötete und geschwollene Maulschleimhäute, vermehrter Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul, Kreislaufstörungen, Ödembildungen und Hämorrhagien (Blutungen). An den Klauen rötet sich der Kronsaum und schmerzt, infolgedessen treten Lahmheiten auf.
Die namensgebende Blauverfärbung der Zunge ist sehr selten zu beobachten und nur bei hochempfänglichen Schafrassen zu erwarten. Im aktuellen BTV-3-Ausbruchsgeschehen wurde in den Niederlanden von zahlreichen Todesfällen bei Schafen berichtet. BTV-3, der Serotyp, der sich auch nach Deutschland ausbreitete, wurde bis Sommer 2023 in Mitteleuropa noch nicht nachgewiesen, aber in Süditalien, Tunesien, Israel und Teilen des südlichen Afrikas.
Hat sich eine vektorkompetente Gnitze mit dem BTV infiziert, bleibt sie nach bisherigem Kenntnisstand lebenslang infektiös. Die Lebensdauer ist zwar kurz, aber die weiblichen Gnitzen sind in der Lage, in ihrem Leben mehrfach Blut zu saugen. Mit steigenden Temperaturen im Jahresverlauf und bedingt durch die Klimaerwärmung nimmt die Stechaktivität und -frequenz dieser Tiere zu. Der ebenfalls temperaturabhängige Replikationsprozess des Virus in der Mücke erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Erregerübertragung in der wärmeren Jahreszeit.
Die Blauzungenkrankheit gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Um ihre ungehinderte Ausbreitung zu vermeiden, wird nach strikten Regeln verfahren. Nach geltendem nationalen und europäischen Recht müssen um einen Befallsort ein Gefährdungsgebiet sowie eine Beobachtungszone festgelegt werden. Informationen zu den staatlichen Bekämpfungsmaßnahmen sind bei den zuständigen Ministerien und Landesveterinärämtern abrufbar. Wiederkäuer und deren Produkte dürfen aus diesen Zonen nur unter Auflagen heraustransportiert werden.
Die Kontrolle der potenziellen Vektoren mit Insektiziden bzw. Larviziden ist aufgrund mangelnder Kenntnis zu Larvenhabitaten und Lebensweise der adulten Gnitzen im Umkreis landwirtschaftlicher Betriebe nicht erfolgreich möglich. Weitere Möglichkeiten einer biologischen Kontrolle fehlen. Da sich die Bruthabitate der Gnitzen innerhalb und außerhalb der Stallungen befinden können, ist das Einstallen des Tierbestandes über Nacht unwirksam.
Nebelpräparate auf Basis von Pyrethrum können in Ställen sowie in den Außenbereichen zur Abtötung von Gnitzen eingesetzt werden. Rinder können vorbeugend mit einem Pyrethroid-haltigen Pour-on-Mittel behandelt werden. Es wird jedoch dringend dazu geraten, Insektizide nur nach Rücksprache mit Veterinären und Schädlingsbekämpfern einzusetzen.
Zur Eindämmung der Blauzungenkrankheit (BTV-3) ist eine Impfung von Schafen, Rindern und Ziegen mit einem autogenen Impfstoff möglich. Bei dem autogenen Impfstoff handelt es sich um einen Totimpfstoff, der in Notsituationen aufgrund tierarzneimittelrechtlicher Regelungen in bestimmten Betrieben angewendet werden darf. Die Verwendung ist auf Betriebe mit empfänglichen Tieren in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beschränkt, da diese Länder nicht mehr frei von der Blauzungenkrankheit sind. Nach einer Verschreibung steht dieses spezifische Vakzin binnen weniger Wochen zur Verfügung.
Das Ministerium weist zudem darauf hin, dass der Impfstoff nur durch den jeweils bestandsbetreuenden Tierarzt verschrieben, bestellt und angewendet werden kann. Ein weiteres, allgemein zugelassenes Vakzin gegen die Blauzungenkrankheit ist zurzeit nicht verfügbar. Diese schützt sie jedoch vor schweren Erkrankungen. Eine Impfung BTV-3-empfänglicher Tiere ist nicht vorgeschrieben.
Der Schwerpunkt des Einsatzes der autogenen BTV-3-Impfstoffe ist die Immunisierung von Schafbeständen. Auch Rinder können geimpft werden, wobei der Einsatz des autogenen Vakzins nicht zu Handelsbeschränkungen führt. Im Oktober 2023 wurden erstmals Infektionen mit BTV-3 in Nordrhein-Westfalen festgestellt. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, soll nun der autogene Impfstoff zum Einsatz kommen.
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