Windkraft und Photovoltaik: Genehmigung wird beschleunigt

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien soll bis 2030 auf 80 % steigen. Bisher sind Windkraft, Photovoltaik und Speicherung aber mit viel Bürokratie für Landwirte verbunden. Jetzt beschleunigt die Regierung das Verfahren zur Genehmigung.

Von Christoph Feyer

Die Bundesregierung hat am 24. Juli einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2023/2413 (RED III) der EU beschlossen. Ziel des Entwurfes ist es, die Genehmigungsverfahren für Windkraftwerke an Land und Solarenergieanlagen auf Freiflächen wesentlich zu beschleunigen.

Der Entwurf wurde gemeinsam vom Verkehrs-, Umwelt- und Wirtschaftsministerium erarbeitet und enthält die planungs- und genehmigungsrechtlichen Bestimmungen für die beiden genannten erneuerbaren Energien.

Flächen für Windenergie: Verfahren vereinfacht

Zentrales Element des Entwurfes ist die Ausweisung von sogenannten Beschleunigungsgebieten für Photovoltaik- und Windkraftanlagen an Land einschließlich der dazugehörigen Energie-Speicher. Beides wird im Baugesetzbuch und Raumordnungsgesetz geregelt.

Damit sollen künftig Vorhaben innerhalb dieser Gebiete in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren nach den neuen Bestimmungen im Windenergieflächenbedarfsgesetz genehmigt werden.

Der Ausbau von Solar- und Windenergie soll in Zukunft vereinfacht und beschleunigt werden.
Der Ausbau von Solar- und Windenergie soll in Zukunft vereinfacht und beschleunigt werden. (c) elxeneize/stock.adobe.com

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) begründet die Maßnahmen mit dem Ziel der Bundesregierung, den Versorgungsanteil durch erneuerbare Energie bis zum Jahr 2030 auf 80  % zu steigern.

Die im letzten Jahr überarbeitete Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien sehe vor, dass der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch der EU bis 2030 auf mindestens 42,5 % gesteigert werden muss.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind laut BMWK in der Richtlinie vor allem Maßnahmen vorgesehen, die die Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich erneuerbarer Energien deutlich beschleunigen.

Darüber hinaus werden von der Richtlinie vorgesehene Beschleunigungsmaßnahmen für alle Vorhaben, auch außerhalb von Beschleunigungsgebieten, durch Änderungen des Bundesimmis­sionsschutzgesetzes umgesetzt.

Wasserstoff-Herstellung ebenfalls erleichtert

In diesem Zusammenhang gab das Bundesumweltministerium (BMUV) zudem bekannt, dass das Kabinett zusätzlich dazu eine Änderung beschlossen hat, welche die Genehmigung von Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff erleichtern und beschleunigen soll.

Diese sei in der Änderungsverordnung zur Anpassung der Vierten Bundes-Immissionsschutzverordnung (4. BImSchV) verankert. Damit setze die Bundesregierung die Vorgaben der ab dem 4. August 2024 geltenden Änderung der europäischen Industrieemissionsrichtlinie (IED) um.

Erneuerbare Energie kann die Herstellung von grünem Wasserstoff ermöglichen.
Energie aus Wind oder Solar kann die Herstellung von grünem Wasserstoff ermöglichen. (c) Michael v Aichberger/stock.adobe.com

„Wir erleichtern mit dem heutigen Beschluss die Genehmigung von Elektrolyseuren zur Wasserstoff-Erzeugung und passen damit bereits vor Inkrafttreten der europäischen Richtlinie unser Regelwerk für die Wasserstoff-Beschleunigung zum frühesten Zeitpunkt an“, erklärte Jan-Niclas Gesen­hues, Parlamentarischer Staats­sekretär im BMUV gegenüber der Presse. „Damit verkürzen wir für Unternehmen die Genehmigungsverfahren und reduzieren den bürokratischen Aufwand erheblich.“

Wasserstoff und Elektrolyseure: Was wird genehmigt?

Künftig müssen Elektrolyseure erst ab einer Produktionskapazität von 50 t Wasserstoff pro Tag ein europarechtliches Genehmigungsverfahren durchlaufen.

Bislang galt das für alle Elektrolyseure im industriellen Maßstab. Um die Erleichterung in Deutschland unmittelbar wirksam werden zu lassen, sei nun die „Dritte Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen“ erlassen worden.

Mit ihr werden europäische Vorgaben in nationales Recht umsetzt, teilte das BMUV mit.

Die Genehmigugnsverfahren für Elektrolyseure sollen zukünftig schneller werden.
Die Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure sollen zukünftig schneller werden. (c) AA+W/stock.adobe.com

Danach sollen Elektrolyseure mit einer elektrischen Nennleistung unter 5  MW von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht befreit werden. Jene mit einer Tageskapazität unter 50 t H2 erhielten dann ihre Genehmigung nach einem vereinfachten Verfahren.

Die Änderungsverordnung steht im Zusammenhang mit dem Entwurf eines Wasserstoff-Beschleunigungsgesetzes und der Nationalen Wasserstoff-Strategie. Die Zustimmung des Bundesrates dazu steht aber noch aus.

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Wird nun das Aus für zwei Drittel der Biogasanlagen eingeläutet? (c) Sabine Rübensaat

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Linsen in Brandenburg: Die Kostbarsten der Welt

Johann Gerdes setzt auf Bio-Linsen: Ein Projekt zur Förderung regionaler Wertschöpfungsketten zeigt erste Erfolge. Trotz Herausforderungen durch das Klima sind die Ergebnisse ermutigend. Kann Brandenburg zur neuen Heimat der Linse werden?

Von Heike Mildner

Feldtag auf dem Hof von Johann Gerdes. Dort gedeihen Brandenburger Bio-Linsen im Rahmen eines gleichnamigen Projekts. Das Ziel: Eine neue Wertschöpfungskette zu etablieren. Das ist dem Land einiges wert.

Linsen-Anbau Als Markt-Nische

Von allein würde wohl kaum ein Landwirt in Brandenburg auf die Idee kommen, Linsen anzubauen. Vermutlich also eine Kopfgeburt. Die gedankliche Kette: Klimawandel, Trockenheit, schwache Böden – was kann darauf wachsen außer Fotovoltaikmodulen? Vielleicht Linsen. Die gehörten in den 50er- und 60er- Jahren noch vielerorts in Deutschland zur Fruchtfolge.

Johann Gerdes zeigt die gefleckten Linsen. Links von ihm Gerald Köhler und Michael Wimmer (FÖL), sowie Dr. Moritz Reckling (l.) vom ZALF. (c) Heike Mildner
Johann Gerdes zeigt die gefleckten Linsen. Links von ihm Gerald Köhler und Michael Wimmer (FÖL), sowie Dr. Moritz Reckling (l.) vom ZALF. (c) Heike Mildner

Heute würden 95 % vor allem in Kanada und Indien für hiesige Konsumenten heranwachsen, heißt es auf der Webseite des Projekts Brandenburger Bio-Linsen, das von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) beantragt wurde und 2023 angetreten ist, um mit acht Landwirtsbetrieben und drei Partnern aus Verarbeitung und Handel eine klimaschonende Wertschöpfungskette für regionale Bio-Linsen zu etablieren.

Diesen einfluss hat das Wetter auf den Ertrag

Mit finanzieller Unterstützung durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) in Höhe von 295.000 € soll nun das Land Brandenburg den Anschluss an die verbliebenen Anbauzentren der Nischenkultur finden: die Schwäbische Alb und Niederbayern, wo sich das Know-how des Linsenanbaus bis heute erhalten hat. Von dort stammt auch der Anbauberater für die Brandenburger. „Das erste Anbaujahr begann vielversprechend“, berichtet Gerald Köhler, einer der beiden Ansprechpartner für das Projekt vonseiten der FÖL.

Je Hülse sind es nur zwei oder drei der grün gefleckten Linsen - egal ob bio oder konventionell. (c) Heike Mildner
Je Hülse sind es nur zwei oder drei der grün gefleckten Linsen – egal ob bio oder konventionell. (c) Heike Mildner

Trotz knapp sieben Wochen Trockenheit nach dem Auflaufen Anfang Mai hätten sich die Pflanzen gut entwickelt. „Das stimmt zuversichtlich, denn in den letzten Jahren wird die zunehmende Frühsommertrockenheit zum ernsten Problem für die Sommerungen, und die Linse kommt damit offenbar gut zurecht.“

Ende Juli hätten die Bestände sehr gut ausgesehen und seien schon recht gut abgereift. Dann begann der Regen, der auch die Erträge der üblicheren Kulturen trübte. „Nur einer der sechs 2023 aktiven Anbaubetriebe hat den optimalen Erntezeitpunkt vor der Regenperiode erwischt. Bei den anderen Betrieben lagen die witterungsbedingten Ausfälle bei 75 bis 80 Prozent“, so Köhler. „Eine Erkenntnis lautet also: Im Zweifelsfall lieber einen etwas früheren Erntezeitpunkt wählen, wenn sich eine sehr unbeständige Wetterperiode abzeichnet, als einen massiven Ausfall zu riskieren.“

Ernte steht noch aus

Und 2024? Zwei Wochen nach dem Bio-Linsen-Feldtag am 9. Juli, der unter anderem auf dem Hof von Johann Gerdes in Beerfelde stattfand, steht die Linsenernte bei ihm noch aus. Auf 2,5 ha mit 40-45 Bodenpunkten hat er die Hülsenfrucht angebaut. Ein guter und daher eher untypischer Standort für Linsen, und auch der üppige Niederschlag ist im Vergleich zu den Vorjahren und den Prognosen für den Klimawandel eher untypisch. Im nächsten Jahr werde er wohl eher keine Linsen anbauen, jedenfalls nicht auf einem so guten Standort, sagt Gerdes den etwa 20 Interessierten, die sich mit ihm den Schlag mit der Linsen-Leindotter-Mischung ansehen.

Hafer eignet sich aufgrund der ähnlichen Lochgröße nicht als Stützfrucht. Leindotter hingegen schon. (c) Heike Mildner
Hafer eignet sich aufgrund der ähnlichen Lochgröße nicht als Stützfrucht, Leindotter hingegen schon. (c) Heike Mildner

Der Hof von Johann Gerdes mit 500 ha und Mutterkuhhaltung ist nach Demeter- und Naturland-Richtlinien biozertifiziert, ein Marktfruchtbetrieb mit Mutterkuhhaltung. Und Gerdes ist experimentierfreudig. Neben Mähdruschkulturen, Speisekartoffeln, Lupinen und anderen Futterpflanzen hat er es auch schon mit Soja und Kichererbse probiert. Von Letzterer fühle er sich fast beleidigt, sagt Gerdes der Gruppe, irgendwas sei eigentlich immer zu ernten, aber die Kichererbse sei ein totaler Reinfall gewesen.

Exkurs Kichererbse

Dr. Moritz Reckling, der seit vielen Jahren am ZALF Müncheberg u. a. zu Leguminosen forscht, hat den Übeltäter enttarnt: Die Larven einer Wurzelfliege. „Kein reines Kichererbsenproblem“, sagt Reckling, der bei der ersten Station des Feldtages die Anbauversuche von Soja, Trockenbohnen, Platterbsen und Lupinen auf den ZALF-Parzellen kommentierte.

Auch Kichererbsen wachsen hier. Deren Wertschöpfungskette aufzubauen, ist das Projekt „KIWERTa“ angetreten, Träger die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg. Für die Etablierung der Kichererbse gibt das MLUK 198.000 € aus. Recklings Erkenntnis sei „ein wichtiger Meilenstein für die Forschung zum Leguminosenanbau in Deutschland“, teilt Projektkoordinatiorin Isabella Krause mit.

Kichererbsen mit Fruchthülsen Symbolbild
Die Kichererbsen sind Johann Gerdes nicht so schön gelungen (Symbolbild). Teilweise hatte er mit Totalausfällen zu kämpfen.
(c) robypangy/stock.adobe.com

Im Gegnsatz zur Kichererbse habe ihn die Linse nicht enttäuscht, resümiert Johann Gerdes. Eigentlich wollte er auf dem Schlag Soja anbauen, jedoch nur mit Beregnung, und damit habe es sich verzögert. Also nach dem Weizen und einer Zwischenfrucht „ähnlich Landsberger Mischung“ die Linse. Eine weitere Erkenntnis aus dem ersten Projektjahr: Hafer eignet sich nicht als Stützfrucht, weil die Reinigung wegen der gleichen Lochgröße bei Hafer und Linse zu aufwendig ist.

Leindotter als Lösung?

Daher sei man auf Leindotter mit seinen stecknadelgroßen Samen umgestiegen, erläutert Projektleiter Köhler. Und der Leindotter fällt auch zuerst ins Auge. „Die Linsen sieht man, wenn man ganz dicht rangeht“, sagt Gerdes. Auf Empfehlung des Anbauberaters von der Schwäbischen Alb ist es die „Dunkelgrün marmorierte Linse“.

Die Linsen haben sich unter dem Leindotter klein gemacht. Wenige Tage vor dem 9. Juli gab es einen Sturm. (c) Jennifer Brandt/FÖL
Die Linsen haben sich unter dem Leindotter klein gemacht. Wenige Tage vor dem 9. Juli gab es einen Sturm. (c) Jennifer Brandt/FÖL

Im vergangenen Jahr seien 400 g für 4,99 € verkauft worden, so Köhler. Für die Reinigung musste das Erntegut nach Baden-Württemberg transportiert werden, in diesem Jahr werde es in Vetschau aufbereitet und sei dann ein durch und durch regionales Produkt.

Als sinnvoller für die Vermarktung als Vertrieb über den Handel sieht Michael Wimmer, Geschäftsführer der FÖL, die Berliner Gemeinschaftsversorgung an. Die Innovationskraft der Kantinenbetreiber sei gefragt, um die Linsen aus Brandenburg besonders zuzubereiten und die Gerichte ihrem Klientel schmackhaft zu machen.

Tempeh ein traditionelles indonesisches Gericht aus fermentierten Bohnen, Erbsen oder Linsen.
Tempeh ein traditionelles indonesisches Gericht aus fermentierten Bohnen, Erbsen oder Linsen.
(c) elisa/stock.adobe.com

Marktoptionen erschließen

Wie das gelingen könnte, wird 40 km südlich vom Linsen-Leindotter-Acker in Beeskow deutlich. Hier produziert das Start-up „Peaceful Delicious“ Tempeh, ein ursprünglich indonesisches Produkt aus fermentierten Bohnen, Erbsen – oder eben Brandenburger Bio-Linsen, so wie eigens für die Messe BioFach produziert.

Fürs Alltagsgeschäft beziehen die Beeskower ihre Bioware vom Großhandel. So auch die Bohnen für das Tempeh, das zum Ende des Feldtages von der „Genusswerkstatt“ am Beeskower Markt mit Kartoffelstampf und Salat serviert wird. Die Säcke im Lager verweisen auf Bioware aus China. Ob sich die Brandenburger Bio-Linsen am Ende aller Projekte gegen die Marktrealität behaupten, darf bezweifelt werden. Aber vielleicht ist das auch nicht so wichtig.

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Zum Feldtag nach Ostthüringen kamen vor allem Studenten der Martin-Luther-Universität. Sophie Frantz führte durch die Versuche zum Linsenanbau, der Thema ihrer Masterarbeit ist. (c) Silvia Kölbel

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Nitrat in Mecklenburg-Vorpommern: Auswirkungen auf das Grundwasser

Der Nitrat-Bericht 2024 zeigt: Die Belastung im Grundwasser sinkt leicht, bleibt dennoch weiterhin zu hoch. Aber wie viel Mecklenburg-Vorpommern steckt im periodischen Nitratbericht der Bundesregierung?

Von Nicole Gottschall

Mit Spannung erwartet wurde der periodische Nitratbericht 2024 der Bundesministerien für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). In dessen Fokus steht der Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen.

ein viertel der Messstellen mit zu hohen Werten

Im Sinne des Verursacherprinzips erhofften sich nicht nur Landwirte, die aufgrund ausgewiesener belasteter Gebiete nur eingeschränkt wirtschaften können, neue fundierte und weitreichende Erkenntnisse. „Der Nitratbericht zeigt: Politik wirkt“, kommentierte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) den ausgewiesenen leichten Rückgang der Nitratbelastung im Grundwasser.

Im aktuellen Berichtszeitraum 2020–2022 wurden an 25,6 % der 621 Messstellen des EU-Nitratmessnetzes Konzentrationen von im Mittel mehr als 50 mg/l – und damit grenzwertüberschreitend – festgestellt. Im vorherigen Zeitraum 2016–2018 betrug dieser Anteil 26,7 %. Damit setze sich zwar der Trend leicht sinkender Nitratkonzentrationen im Grundwasser an überwiegend landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen fort, jedoch sei insgesamt die Belastung weiterhin zu hoch, so das BMEL.

Messstellen und ihre Werte sorgten in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen. (c) Nicole Gottschall
Messstellen und ihre Werte sorgten in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen. (c) Nicole Gottschall

Das bestätige auch das mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Gebietsabgrenzung (AVV) herangezogene Ausweisungsmessnetz, welches mit 8.225 Messstellen deutlich mehr Werte umfasse. Allerdings gibt es für das AVV-Messnetz keine Vergleichszahlen, da es erstmals einbezogen wurde. Aus Mecklenburg-Vorpommern sind 45 EU-Nitrat- und 345 AVV-Messstellen – ausschließlich amtliche Messstellen des Landesmessnetzes – Teil des bundesweiten Berichts.

Bemerkenswert ist, dass die errechneten Stickstoffüberschüsse auf den landwirtschaftlichen im Osten geringer sind, als im Westen. In Ostdeutschland lagen diese in 2021 im Durchschnitt bei 27,2 kg/ha und in Westdeutschland bei 46,38 kg/ha. Thüringen wies hier die geringsten Überschüsse mit 23 kg/ha auf. Darauf folgte mit 26 kg/ha Mecklenburg-Vorpommern. Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt lagen alle bei einem Überschuss von 29 kg/ha.

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Nachgefragt im Ministerium

Wir haben im zuständigen Schweriner Ministerium nachgefragt, welcher Trend zur N-Konzentration im hiesigen Grundwasser auf Grundlage der gemeldeten Daten abgeleitet werden kann. Demnach seien Grundwasser-Messstellen, die überwiegend landwirtschaftlich beeinflusst werden, stärker und häufiger mit Nitrat belastet als Messstellen, die auch andere Nutzungsformen im Zustromgebiet beinhalten.

Die Messstellen des EU-Nitratmessnetzes zeigten überwiegend ein gleichbleibend stabiles Nitratkonzentrationsniveau, wobei an einzelnen Messstellen sowohl fallende als auch steigende Trends erkennbar seien. Insgesamt sei die Nitratbelastung im Grundwasser weiterhin zu hoch. Weiter sei davon auszugehen, dass sich bei einer neuen Ausweisung der Belastungskulisse die Anzahl der Grundwasser-Messstellen mit Nitrat-Schwellenwertüberschreitung erhöhen werde. Das liege an der kontinuierlichen Erhebung von Nitratwerten vor Denitrifikation, für die bei der vergangenen Ausweisung nur wenige Werte vorlagen.

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Neue Ausweisung bis 2026

Das stelle allerdings keinen ansteigenden Trend der Nitratgehalte dar, sondern begründe sich durch methodisch bedingten Erkenntnisgewinn. Eine erneute Abgrenzung der nitratbelasteten Gebiete ist hierzulande gemäß AVV GeA 2022 bis 2026 durchzuführen. Der Ausweisung 2022 liegen 823 Messstellen zugrunde. Sowohl aus dem Landesmessnetz als auch von Dritten wie aktive Brunnen der Wasserversorgungsunternehmen und Vorfeld-Messstellen. Mit dem Ziel, das AVV-Messnetz zu verdichten, homogenisieren und modernisieren, wurden seit der letzten Gebietsausweisung im Januar 2023 34 neue Landesmessstellen gebaut. Potenziell neue Messstellen unterlägen aufwendigen Prüfverfahren auf ihre Eignung, heißt es auf Anfrage.

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Nitrat-Bericht 2024: Gülleausbringung mit Schleppschlauch für eine gezieltere, verlustärmere Düngung.
Ostdeutsche Bundesländer weisen einen niedrigen Stickstoff-Überschuss auf. (c) Sabine Rübensaat

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Raps-Ernte: Powerwochenende in Mecklenburg-Vorpommern

Das wechselhafte Wetter macht vielen Betrieben zu schaffen. Unser Praxispartner die Agrofarm eG Lüssow konnte die Raps-Ernte erfolgreich abschließen und berichtet von gelungenen und schwierigen Kulturen.

Von Nicole Gottschall

Sommerlich warme Temperaturen, ein laues Lüftchen und überwiegend blauer Himmel – endlich wieder ein paar Tage am Stück Erntewetter, atmet das Team unseres Praxispartners, Agrofarm eG Lüssow, am Wochenende (20./21. Juli) auf. Denn das ist in diesem Jahr zur Druschsaison fast schon eine Rarität, wechseln sich doch seit Wochen warme, trockene und kühlere, nasse Phasen nahezu täglich ab. Zwischendrin wartete auch immer mal ein Sommergewitter mit zum Teil heftigen Regenfällen auf.

Gerste schneidet unterdurchschnittlich ab

Doch bevor es am Tag unseres Besuches mit Volldampf in die Raps-Ernte geht, ist noch jede Menge Geduld gefragt. Zu nass ist das „schwarze Gold“ bei mehrmaligen Proben am Vormittag. So nutzen wir die Zeit, um über den bisherigen Ernteverlauf zu resümieren, denn eine Kultur steht zu dem Zeitpunkt bereits auf der Habenseite: Wintergerste.

Während am 27. Juni die erste Probe der etwa 453 ha erfolgte und es am 6. Juli richtig losging, schloss sich das Kapitel am 14. Juli: Mit rund 3.630 t, die zunächst in drei eigenen Lagerhallen untergebracht sind, brachte die Gerste im Schnitt 80,1 dt/ha ein. Damit liegt das Ergebnis hinter den vergangenen zwei Jahren mit 89,3 dt/ha (2023) und 86 dt/ha (2022) zurück und enttäuschte vor allem auf den Lomerit-Schlägen mit unter 70 dt/ha. „Eine Sorte, die wir sonst wegen ihrer Stabilität schätzen“, berichtet Wencke Ladwig, stellvertretende Vorstandsvorsitzende. „Wirklich erklären können wir uns das noch nicht.“

Voller Einsatz auf den abgeernteten Gerstenflächen und nach einigen Tagen Pause beim Rapsdrusch. (c) Nicole Gottschall
Voller Einsatz auf den abgeernteten Gerstenflächen und nach einigen Tagen Pause beim Rapsdrusch. (c) Nicole Gottschall

Ungeachtet dessen steht jedoch schon fest, wie es auf den abgeernteten Gerstenfeldern weitergeht. Die Flächen werden bereits vollständig für die Raps-Aussaat vorbereitet. Dafür wird unter anderem Gülle ausgebracht, die mit Schleppschläuchen unmittelbar eingearbeitet wird, und Kalk gestreut. Denn die Ölfrucht ist anspruchsvoll und benötigt für einen guten Vegetationsstart und Spitzenertrag unter anderem einen nährstoffreichen Boden und
guten Kalkzustand, weiß Ladwig.

Raps-Menge durchschnittlich

Da kommt wie aufs Stichwort der Anruf von Pflanzenbauleiter Tom Harnack: Es kann losgehen mit dem Raps-Drusch – das Feuchtemessgerät zeigt 10 % an. Infolgedessen machen sich die drei betriebseigenen Claas-Mähdrescher mit geballter Kraft auf zu einem nahgelegenen Schlag und siehe da, kurz nach den ersten Abbunkerungen liegt die Kornfeuchte bei optimalen 9 %. Von den ebenfalls eigenen Abfahrgespannen wird das Erntegut dann zur Zwischenlagerung in eine Halle der Agrofarm gebracht.

Der geerntete Rap wird erst einmal in einer Lagerhalle zwischengelagert. (c) Nicole Gottschall
Die Rapsernte startete mit 10 % Feuchtigkeit. Nach kurzer Zeit sank diese auf optimale 9 % ab. (c) Nicole Gottschall

„Das war so nicht geplant und ist etwas ärgerlich“, sagt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Doch wegen Engpässen könne der Handelspartner die Ware erst ab Dienstag abholen. Dann jedoch wird er auch reichlich zu tun haben, denn weil der Wetterbericht ausnahmsweise hielt, was er versprach, schaffte die Agrofarm bis Montagmorgen etwa 310 ha und rund 1.200 t zu ernten. Das entspricht etwa 38,7 dt/ha – und auch dem bisherigen Schnitt von 38,5 dt/ha der bereits abgeernteten rund 100 ha –, womit die Lüssower durchaus zufrieden wären. Ob sich das Ergebnis für den Raps festigt und wie die Qualitätsparameter, vor allem der Ölgehalt, aussehen und ob die wechselhafte Witterung (noch) Einfluss nahm, steht allerdings erst nach Abholung und Abschluss der Rapsernte fest.

Lagergetreide ist eine unschöne Folge der Wetterkapriolen der vergangenen Wochen. (c) Nicole Gottschall
Lagergetreide ist eine unschöne Folge der Wetterkapriolen der vergangenen Wochen. (c) Nicole Gottschall

Winterweizen stark im Lager – Mais steht gut

Bereits negative Folgen hinterließen die bisherigen Wetterkapriolen bei den noch folgenden Getreidekulturen. Während es Triticale nur stellenweise erwischte, ist Winterweizen stark von Lagergetreide betroffen. Auf etwa 200 der rund 650 ha liegen die Pflanzen flach auf dem Boden. Die Sommergewitter und teils starken Regenfälle führten dazu, dass Halme und Ähren immer schwerer wurden und das Gewebe aufweichte. Durch zusätzlich nassen Boden und kräftigen Wind geriet die Statik der Pflanzen endgültig in Schieflage. Das koste Ertrag, Qualität und damit bares Geld, befürchtet Ladwig.

Doppelt ärgerlich dabei: größtenteils betrifft es die frühgedrillten Opal-Schläge und damit Vermehrungsweizen. Ein Grund, warum die später gedrillten Flächen widerstandsfähiger waren, könnte sein, dass diese die Pflanzenschutzmaßnahme mit Wachstumsregler CCC zu einem späteren Zeitpunkt erhielten, mutmaßt die Landwirtin.

Der Mais liebt warmes, feuchtes Wetter und wächst Wencke Ladwig bereits über den Kopf. (c) Nicole Gottschall
Der Mais liebt warmes, feuchtes Wetter und
wächst Wencke Ladwig bereits über den Kopf.
(c) Nicole Gottschall

Das Wechselwetter, vor allem die Kombination aus feucht und warm, hingegen gutgetan hat den Maisbeständen. Auf fast allen Schlägen finden sich dichte, gesunde, hohe Bestände mit kräftigen Einzelpflanzen, die überwiegend zwei Kolbenansätze zeigen.

Von den Verhältnissen auf dem Acker fast unbeeindruckt, zeigten sich vorige Woche junge Betriebsbesucher. Das Team der Agrofarm gewährte mal wieder Jungen und Mädchen des Kindergartens und der Grundschule Lüssow Einblicke in die Landwirtschaft. Dabei besonders beliebt: die Tiere, und nicht fehlen darf die Aktion, auf der Waage das Gewicht einer Kuh zu erreichen.

Auf der Betriebswaage der Agrofarm Lüssow versuchen die Kinder das Gewicht einer Kuh zu erreichen und haben sichtlich Spaß dabei. (c) Wencke Ladwig
Auf der Betriebswaage der Agrofarm Lüssow versuchen die Kinder das Gewicht einer Kuh zu erreichen und haben sichtlich Spaß dabei. (c) Wencke Ladwig
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Wer selbst presst, hat einen besseren Überblick über die Mengen und das Feld ist eventuell schneller geräumt. (c) Klaus Meyer

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Erdfloh im Raps bekämpfen: Feldseminar in Sachsen

Wie mit Gemengeanbau und Beisaaten der Raps im Ökolandbau vor Schädlingen geschützt wird, war ein Schwerpunkt beim Feldseminar von Gäa und Ölmühle Moog zum ökologischen Ölsaatenanbau.

Von Karsten Bär

Mit seinem Biohofgut Klappendorf ist die Ölmühle Moog auch als ökologisch wirtschaftender landwirtschaftlicher Erzeuger aktiv. Von einem der Schwerpunkthemen des diesjährigen Feldseminars, zu dem das Unternehmen unlängst in Zusammenarbeit mit dem Öko-Anbauverband Gäa eingeladen hatte, ist es mithin selbst betroffen: Schädlinge in Ölsaaten.

Winterraps und Sonnenblumen habe man im Anbau, berichtete Jens Werner, Betriebsleiter des Biohofgutes. Während die Sonnenblumen die nasskalten Phasen im Frühjahr nicht gut vertragen haben, musste der Raps der Kohlfliege Tribut zollen. Einen Teil der 25 ha Winterraps konnte man nur noch umbrechen.

Wintererbsen zeigen gute Wirkung

Zwar sei der Rapsglanzkäfer kein Thema, so Jens Werner weiter. Doch der Rapserdfloh nehme zu. Daher hat das sächsische Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau auf Flächen des Betriebes einen Versuch zur vorbeugenden Regulierung dieses Schädlings durchgeführt. Einer der Vorträge des Feldseminars widmete sich diesem Versuch.

Zunächst aber stellte Ulrich Ebert vom Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen Versuche seiner Einrichtung vor. Im Gemengeanbau von Raps mit Wintererbsen soll die Erbse als Begleitkultur Schädlinge verwirren und zugleich auch positive Effekte auf die Hauptkultur haben. Die Versuche führte das Kompetenzzentrum mit zwei Wintererbsensorten und einer Ackerbohnensorte durch. Es zeigte sich, dass die Flächen mit Begleitkultur merklich weniger Ertrag beim Raps aufwiesen, die Erbsen jedoch den Flächenertrag und die Marktleistung steigerten.

Den Hauptschaden verursachen die Larven des Rapserdflohs beim Bohren durch den Stängel der Pflanzen.
Die Larven des Rapserdflohs verursachen den Hauptschaden. Sie fressen sich vom Inneren der Blattstiele bis zum Vegetationspunkt im Stängel. (c) Tomasz/stock.adobe.com

Der Gemengeanbau habe sich sowohl unkrautunterdrückend als auch hemmend auf Schadinsekten ausgewirkt. Über Regulierungsstrategien speziell für den Rapserdfloh sprach Stefanie Pencs vom Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau Sachsen. Die Palette der Möglichkeiten reiche von Fang-Pflanzen-Strategien, bei denen „Opferpflanzen“ in Randstreifen oder als Mischsaat im Bestand den Rapserdfloh vom Befall des Rapses abhalten sollen, über Mulchsaat, die die Besiedlung und die Eiablage hemmt, bis hin zur Behandlung der Pflanzen mit Netzschwefel oder mit Gesteinsmehl.

Untersucht hat das Ökokompetenzzentrum die Wirkung von Beisaat, deren Ziel es ist, dem Erdfloh Pflanzen anzubieten, die er entweder gegenüber dem Raps bevorzugt oder die das Auffinden des Rapses verhindern beziehungsweise den Schädling durch Geruch vergrämen. Dazu wurde Raps in Einzelkornsaat in einem Abstand von 50 cm und mit 40 Körner/m2 ausgebracht und eine Saatmischung ausgebracht, die unter anderem Bockshornklee und Alexandrinerklee enthält. Versuchsort war das Biohofgut Klappendorf.

Im ersten Versuchsjahr kein Ergebnis

Wegen trockener Bedingungen nach der Aussaat lief die Beisaat allerdings schlecht und langsam auf, während der Raps sich sehr schnell entwickelte. Dadurch ist eine Bewertung nicht möglich und das Kompetenzzentrum will den Versuch wiederholen. Sie erwarte aber, so Stefanie Pencs, dass die Beisaat ein Baustein zur vorbeugenden Regulierung des Erdflohs sein könne.

Detailreich schilderte Gebhardt Rossmanith vom Dachverband Ökologische Pflanzenzüchtung in Deutschland, welche Folgen er von einer Deregulierung der Gentechnik erwartet. Über kurz oder lang seien lockerere Regeln auf europäischer Ebene zu erwarten, gab er zu verstehen. Gentechnikfreiheit sei jedoch eine Frage der Haltung, nicht der gesetzlichen Vorgaben.

Winterraps- und Sonnenblumenfelder des Biohofguts Klappendorf wurden nach dem Vortragsprogramm besichtigt. (c) ÖLMÜHLE MOOG
Winterraps- und Sonnenblumenfelder des Biohofguts Klappendorf wurden nach dem Vortragsprogramm besichtigt. (c) ÖLMÜHLE MOOG

Für den Ökolandbau würde eine Deregulierung der Gentechnik offene Fragen und Probleme mit sich bringen. Dies bedeute, dass man gemeinsam Handlungsempfehlungen erarbeiten müsse, wie Kontaminationen weitgehend vermieden werden können. Da dies nicht völlig auszuschließen sei, müsse man den Anspruch „Frei von Gentechnik“ in „Arbeiten ohne Gentechnik“ verändern. Nicht zuletzt gelte es, die eigene Züchtung zu stärken, um die Gentechnikfreiheit der Sorten garantieren zu können.

Klassisch gezüchtet ist sogenannter HOLL-Raps, der die Herstellung eines innovativen Bratöls ermöglicht. HOLL (High Oelic Low Linolic) bedeutet, dass der Anteil oxidationsanfälliger ungesättigter Fettsäuren geringer ist, der Rauchpunkt des Öls höher liegt und beim Erhitzen in geringerem Umfang Transfettsäuren gebildet werden, wie Ernährungswissenschaftlerin Sarah Diener von der Ölmühle Moog erklärte. Damit sei High-Oelic-Rapsöl eine attraktive Alternative zu Olivenöl. Bislang allerdings gebe es kaum HOLL-Raps und noch weniger in Bioqualität.

Bei HOLL-Raps Auskreuzung vermeiden

Mehr verbreitet ist HOLL-Raps in der Schweiz. Darüber berichtete Matthias Christen vom Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FibL). HOLL-Rapssorten seien 00-Rapssorten mit verändertem Fettsäuremuster. Das Öl werde hauptsächlich für lebensmittelindustrielle Zwecke eingesetzt, etwa zum Frittieren von Chips oder in Großbäckereien. Einige wenige HOLL-Rapssorten gibt es auch in Deutschland, wobei DSV der einzige Anbieter sei, wie Christen erklärte.

HOLL-Raps habe eine geringere Wüchsigkeit, einen früheren Saattermin und eine höhere empfohlene Saatdichte (60–70 Körner/m2). Bei ungünstigen Bedingungen seien die Ertragserwartungen gegenüber herkömmlichen Sorten geringer. Bei der Anfälligkeit gegenüber Schädlingen gebe es keine Unterschiede. Da HOLL-Raps fremdbestäubend ist, müsse Abstand zu anderen Rapsbeständen gehalten werden, um das mit der Veränderung der Fettsäuremuster verbundene Auskreuzen zu vermeiden. Nach der Ernte müsse man den Ausfallraps bekämpfen und Anbaupausen einhalten, so Christen.

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Kosten für Gewässerpflege bleiben bei Landnutzern liegen

Kosten für die Unterhaltung und Pflege von Gewässern belasten disproportional Nutzer angrenzender Flächen. Die anstehende Novelle des Wassergesetzes bietet in Sachsen-Anhalt eine Gelegenheit, die Kosten-Verteilung fair zu regeln, kommentiert Detlef Finger.

Von Detlef Finger

Klimaveränderungen gehen mit Extremwetterereignissen einher. Das hat sich in diesem Jahr auch in unseren Breiten mehrfach gezeigt. Nach Dürreperioden, etwa von 2018 bis 2020, waren es zuletzt vor allem Starkregenfälle, die für massive Schäden sorgten. Auf die sich verändernde Situation reagieren die Bundesländer mittlerweile in ihrer Gesetzgebung. So steht im Wasserrecht nicht mehr allein ein ordnungsgemäßer Abfluss des Wassers im Vordergrund, sondern ebenso der Wasserrückhalt in der Fläche.

Mehr zum Thema: Gewässer-Kosten ungleich verteilt: Landwirte zahlen Zeche

Novelle des Wassergesetzes kommt im Herbst

In Sachsen-Anhalt arbeitet das Umweltministerium derzeit an einem Gesetz zur Verbesserung des Wassermanagements. Das sieht zum Erreichen des Ziels, mehr Wasser in der (Kultur-)Landschaft zurückzuhalten, unter anderem vor, die ökologische Durchlässigkeit von Gewässern zweiter Ordnung bei Bedarf einzuschränken. In der praktischen Umsetzung bedeutet das zum Beispiel, in den Vorflutern vorhandene Stauanlagen zu sanieren oder neue zu errichten. Dabei wurden viele dieser Bauwerke erst nach der Wende mit großem monetären und personellen Aufwand abgerissen.

Landwirte und Forstwirte müssen bezahlen

Für die Finanzierung der investiven Vorhaben werden einmal mehr vor allem die Bewirtschafter land- und forstwirtschaftlicher Flächen aufkommen (müssen), die in Sachsen-Anhalt ohnehin schon die Hauptlast der Gewässerunterhaltung tragen. Denn die Beiträge an die Anfang der 1990er-Jahre gegründeten Unterhaltungsverbände (UHV) können von den Mitgliedsgemeinden auf die Grundstückeigentümer umgelegt werden, die diese in der Regel via Pachtvertragsklausel an die Landnutzer weiterreichen.

Die Beitragssummen belaufen sich in Abhängigkeit von der Dichte des Gewässernetzes in den Verbandsgebieten heute bereits auf gut 10  bis über 20  Euro je Hektar. Umweltminister Armin Willingmann (SPD) räumte ein, dass sich die Beiträge der Grundstückseigentümer durch die Maßnahmen für den Wasserrückhalt deutlich erhöhen könnten. Kein Wunder also, dass sich die berufsständischen Interessenvertretungen – gebündelt im neuen Forum Natur Sachsen-Anhalt – engagiert in das Anhörungsverfahren zur Neufassung des Wassergesetzes einbringen.

ApPell zum fairen aufteilen der Kosten

Die Berufsverbände fordern insbesondere einen fairen Lastenausgleich samt höherem Beitragsfaktor für versiegelte Flächen. Denn die Gewässerpflege kommt nicht allein der Land- und Forstwirtschaft zugute, sondern ist auch im Interesse der Allgemeinheit. Zumal, wenn die Maßnahmen an den Wasserläufen nicht nur dem Schutz der anliegenden Siedlungs- und Gewerbegebiete vor Überflutungen und Hochwassern dienen, sondern vielfach auch der Entwicklung der Fließgewässer aus ökologischer Sicht.

Übrigens: Auch in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen werden die Gewässer zweiter Ordnung durch Unterhaltungs- bzw. Wasser- und Bodenverbände in Schuss gehalten. Diese finanzieren sich im Wesentlichen durch Beiträge ihrer Mitglieder (MV), Umlagen (BB) und/oder Landeszuschüsse (TH, MV). In Sachsen ist dies eine kommunale Pflichtaufgabe, zuständig sind die Gemeinden bzw. hiermit beauftragte kommunale Zweck- oder Wasser- und Bodenverbände. Die Finanzierung erfolgt hier in der Regel aus Eigenmitteln der Kommunen als auch durch allgemeine, zweckgebundene Zuweisungen des Freistaates. Von solchen Konstellationen können die Sachsen-Anhalter Land- und Forstwirte nur träumen.

Detlef Finger Bauernzeitung
Detlef Finger, Landesredaktion Sachsen-Anhalt. (c) Sabine Rübensaat

Kommentar aus der Ausgabe 29/2024

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Die Gewässerunterhaltung in Sachsen-Anhalt wird zu großen Teilen aus Flächenbeiträgen der Land- und Forstwirte finanziert.
Die Gewässerunterhaltung in Sachsen-Anhalt wird zu großen Teilen aus Flächenbeiträgen der Land- und Forstwirte finanziert. (c) Detlef Finger

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Blauzungenkrankheit in Ostdeutschland: Was Landwirte jetzt wissen müssen

Das Blauzungenvirus breitet sich rasant aus und steht unmittelbar vor den ostdeutschen Landesgrenzen. Erste Fälle sind weniger als 30 km von Sachsen-Anhalt und Thüringen entfernt. In den Grenzregionen ist die Nachfrage für die Impfung unter Tierhaltern bereits hoch.

Von Jeremy Deane

Die Blauzungenkrankheit breitet sich immer weiter aus. In Niedersachsen und Hessen ruft das Landwirtschaftsministerium zur Impfung gegen das Virus auf. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden seit dem 1. Juli über 700 Fälle bestätigt (Stand: 29.07.24). Der Schwerpunkt der Infektionen liegt derzeit in NRW, doch auch in Niedersachsen traten im selben Zeitraum schon 64 Fälle auf. Die Gefahr breitet sich schnell aus und steht unmittelbar vor Ostdeutschland.

BTV-3 Fälle – Keine 30 km vor Sachsen-Anhalt und Thüringen

Die Tierseuchenkasse Sachsen-Anhalt rechnet mit den ersten Fällen der Blauzungenkrankheit in den nächsten Wochen. Ein erster Fall ist laut Friedrich-Löffler-Institut im niedersächsischen Landkreis Gifhorn am 22.07.2024 gemeldet worden. Der Landkreis liegt in unmittelbarer Grenznähe (<30 km) zu Sachsen-Anhalt. Und auch im hessischen Kassel, welches ebenfalls weniger als 30 km von Thüringen entfernt ist, wurde ein Fall gemeldet (22.07.2024).

Seit dem 07.06.2024 sind drei nicht zugelassene Impfstoffe per Verordnung vom BMEL zur Anwendung erlaubt. Impfungen sollten möglichst zeitnah erfolgen, denn von Mai bis Oktober sind Gnitzen, die Hauptüberträger, besonders aktiv. Die Krankheit kann in den Tieren überwintern und ist dadurch das ganze Jahr über eine Gefahr.

Gnitzen unterm Mikroskop
Gnitzen sind zwischen Mai und Oktober am aktivsten, können aber das gesamte Jahr über das Blauzungenvirus übertragen. (c) Sabine Rübensaat

Nur Impfung schützt – Nachfrage in Grenzregionen hoch

Der derzeit einzige wirksame Schutz vor der Blauzungenkrankheit und ihrer Verbreitung ist die Impfung. Mit den steigenden Fällen, welche bis dicht an die Ländergrenzen heranrücken, ist es wenig verwunderlich, dass die Nachfrage hoch ist. Die Bekämpfung der Gnitzen stellt immer noch eine Herausforderung dar. Zwar können die Bestände mit Repellentien behandelt werden, doch sind diese kein 100 % Schutz. Schon ein Stich reicht um das Virus zu übertragen.

In Thüringen sind dem Landesamt für Verbraucherschutz auf 66 Betrieben schon 5.867 Impfungen bei Schafen und 255 Impfungen bei Ziegen, 7.289 Impfungen bei Rindern amtlich bekannt (Quelle: HI Tier-Datenbank). Für die anderen Bundesländer liegen noch keine offiziellen Zahlen vor.

Auch Sachsen-Anhalt impft fleißig. Insbesondere bei Schafen ist eine hohe Nachfrage zu beobachten. Die Tierseuchenkasse hat angegeben, dass schon 100.000 € an Beihilfen geleistet wurden.

Rinder auf Koppel
In Rindern kann der Virus überdauern und neue Gnitzen nach einem Stich zu Überträgern machen. (Symbolbild) (c) Sabin Rübensaat

Wo wird die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit gefördert?

In Sachsen-Anhalt besteht die Möglichkeit einer Erstattung (8,30 Euro) in fast voller Höhe der Kosten einer Impfung. Für Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist, nach Angaben der Tierseuchenkassen nur eine anteilige Förderung möglich. Sachsen prüft gegenwärtig eine Impfbeihilfe bei Schafen in Höhe von bis zu 1,00 Euro. Eine Entscheidung steht hier derzeit noch aus.

Thüringen fördert bei Schafen und Ziegen je 0,60 Euro und für Rinder je 1,00 Euro pro Impfung. In Mecklenburg-Vorpommern bekommen Betriebe je Bestandsbesuch 20,00 Euro Beihilfen. Dazu kommen je Impfung, einschließlich Impfstoffkosten bei Rindern 0,50 Euro und bei Schafen und Ziegen 1,00 Euro.

In Brandenburg findet ebenfalls eine anteilige Kostenerstattung in Unterscheidung der Impfstoffe statt. Der monovalente Impfstoff wird mit je 3,25 pro Tier bei Rindern und mit 2,55 Euro pro Tier bei Schafen und Ziegen gefördert. Beim bivalenten Impfstoff beträgt dies 4,25 Euro für Rinder und 3,10 Euro bei Schafen und Ziegen. Dazu kommt noch eine Beihilfe zur Bestandsgebühr von 38,16 Euro.

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Weitere Informationen


Eine Voraussetzung für die Bewilligung der Beihilfen ist in allen Bundesländern ein Nachweis für die Impfung gegen das Blauzungenvirus. Entweder durch den Tierarzt, Dokumentationen der Impfung oder durch eine Eintragung in das HIT-System. Nähere Informationen sind auf den jeweiligen Seiten der Tierseuchenkassen der Länder zu finden. Auch wenn nicht überall gleichermaßen verpflichtend, empfiehlt sich die Eintragung im HI-Tier-Datenbank. Das kann Probleme bei zukünftigen Kontrollen vermeiden und Sicherheit bei der späteren Vermarktung schaffen.

Was muss ich bei der Impfung beachten?

Eine Impfung gegen den Serotyp 4 oder 8 des Blauzungenvirus kann sich in Abhängigkeit mit der Tierseuchenlage empfehlen. Hier können die zuständigen Veterinärämter Auskunft geben. Wichtig zu beachten ist, dass Impfungen gegen Typ 4 und 8 oder eine Infektion mit diesen zu keiner Immunität gegen das Blauzungenvirus Serotyp 3 (BTV-3) führt. Die Veterinärämter der Länder empfehlen eine Impfung für Schafe, Ziegen, Rinder und Neukamele.

Impfung eines Schafes gegen das Blauzungenvirus
Die Impfung ist zurzeit der einzige verlässliche Schutz gegen die Blauzungenkrankheit. (c) S. Leitenberger/stock.adobe.com

Verbringung von Tieren aus betroffenen Landkreisen ist bisher nicht verboten. Trotzdem können zusätzliche Auflagen der Veterinärämter in den einzelnen Bundesländern bestehen. Hier empfehlen sich die jeweiligen Webseiten, um informiert zu bleiben. Außerdem empfiehlt die EU-Kommission keine für BTV-3 empfänglichen Tiere ohne vorherige PCR-Untersuchung und Behandlung mit Repellentien zu verbringen. Außerdem empfiehlt sich eine Quarantäne für neue Tiere, bevor diese in den Bestand eingeführt werden.

Für die Ausbildung einer Immunität bedarf es bei den vorhandenen Impfstoffen einer ein- oder zweimaligen Impfung, um die Grundimmunisierung zu erreichen. Ab einem Alter von 1-3 Monaten kann eine Impfung bei Jungtieren erfolgen. Erwachsene Tiere müssen vor der Belegung geimpft sein, um die Geburt virämischer Jungtiere zu verhindern.

Informationen über das aktuelle Infektionsgeschehen veröffentlicht das Friedrich-Löffler-Institut regelmäßig auf Ihrer Website.

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Nicht nur tierschutzrelevant: Auch wirtschaftlich spricht viel für das Impfen von Schafen in Thüringen gegen die Blauzungenkrankheit.
Nicht nur tierschutzrelevant: Auch wirtschaftlich spricht viel für das Impfen von Schafen in Thüringen gegen die Blauzungenkrankheit. © Sabine Rübensaat

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Wolf in Deutschland: 1000. totes Tier gefunden

Der Wolf etabliert sich zunehmend in Deutschland. Das zeigen auch die jährlich ansteigenden Totfunde von Wölfen. Jetzt wurde der 1000. Wolf obduziert. Die meisten sterben bei Verkehrsunfällen. Was genau die Tiere fressen und wo es die meisten Wölfe gibt.

Von Jeremy Deane

Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) hat den 1000. Wolf seit Beginn des Totfund-Monitorings obduziert. Seit 2006 untersucht das IZW alle in Deutschland tot aufgefundenen Wölfe, um genaueres über den Gesundheitszustand und die Todesursache zu erfahren.

Wölfin mit sechs Welpen trächtig

Mittlerweile landet jedes Jahr eine dreistellige Zahl an Wölfen auf dem Seziertisch. Daher können die Forscher nur noch jeden zweiten Wolf der im Straßenverkehr umkommt, untersuchen. Mit der trächtigen Wölfin, die bei einem Verkehrsunfall verstarb, sind des seit Beginn es Programms 1000. Wölfe. Die Untersuchungen der toten Tiere lassen wesentliche Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand und die Ernährungsgewohnheiten der Populationen zu.

„Diese Zahlen allein zeigen, dass die Rückkehr der Wölfe aus ökologischer Perspektive eine Erfolgsgeschichte ist.“ sagt Prof. Dr. Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-IZW. „Die vielen Totfunde aus den verschiedensten Teilen Deutschlands zeugen davon, dass vielerorts Wolfsterritorien bestehen.“ Die zuletzt gefundene Wölfin war mit sechs Welpen trächtig. Das stehe für eine erfolgreiche Reproduktion der Populationen.

Ein Wolf frisst.
Wölfe ernähren sich überwiegend von Wild. Trotzdem kommt es immer wieder zu gerissenen Nutztieren. (c) Sabine Rübensaat

Todesursache Auto

„Tatsächlich finden wir sogar in 13,5 Prozent aller untersuchten Wölfe Hinweise auf eine Straftat wie zum Beispiel den illegalen Beschuss, wobei die Tiere nicht immer daran sterben.“, so Dr. Claudia Szentiks, verantwortliche Pathologin im Wolfsprojekt am Leibniz-IZW. Trotzdem ist etwa jeder zehnte Totfund illegal geschossen.

Aber der Großteil verstirbt, wie die trächtige Wölfin, bei einem Verkehrsunfall auf der Straße. „Dies ist mit Abstand die häufigste Todesursache. Unsere Daten zeigen, dass rund drei Viertel der toten Wölfe an einer Kollision im Verkehr sterben – zumeist mit Autos auf Landstraßen oder Autobahnen“, sagt Dr. Szentiks.

Junge Wölfe kommen öfter in Verkehrsunfällen um. Auf der Suche nach einem eigenen Revier, begeben sie sich in unbekannte Gebiete. (c) Sabine Rübensaat
Junge Wölfe kommen öfter in Verkehrsunfällen um. Auf der Suche nach einem eigenen Revier, begeben sie sich in unbekannte Gebiete. (c) Sabine Rübensaat

Die großen Territorien der Wölfe sind von zahlreichen Straßen und Trassen durchzogen. Diese müssen die Tiere in unserer Kulturlandschaft täglich kreuzen. Besonders häufig sterben junge Wölfe im Straßenverkehr. Diese wandern aus ihrem Elternrudel ab und ziehen auf der Suche nach einem eigenen Revier durch für sie unbekannte Gebiete.

Was frisst der Wolf?

Im Magen der toten Wölfin fand das Team eine trächtige Nutria. Der Fund der invasiven Nagetierart zeigt, dass die Wölfe bei ihrer Nahrung flexibel sind und auch in Bestände von invasive Arten eingreifen. Trotzdem bleibt das heimische Wild die häufigste Mahlzeit. Heimische Rehe, Wildschweine, Rothirsche und Damhirsche, machen über 90 Prozent der Beute aus, wie aus sich Nahrungsanalysen am Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz (SMNG).

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„Unter der Nahrung der Wölfe befinden sich jedoch auch Nutztiere, in erster Linie Schafe oder Ziegen“, so Dr. Hofer. „Auch wenn dies mit 1,6 Prozent der Nahrung Ausnahmefälle sind, lässt sich ein Konflikt mit der Weidetierhaltung nicht wegdiskutieren und es müssen echte Lösungen gefunden werden.“

Meiste Wölfe in Brandenburg und Sachsen

Die Karte der jährlichen Totfunde verdeutlicht eines: gerade in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern werden die meisten toten Wölfe entdeckt. In Westdeutschland ist in Niedersachsen die Fundquote hoch. In diesen Bundesländern gibt es laut dem Statusbericht Wolfsterritorien 2022/2023 auch die meisten Wolfsrudel und -paare.

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Das Landesumweltamt bestätigt für 2024 vorläufig 41 Territorien in Sachsen (Stand 19. Juli 2024). Bestehend aus 34 Rudeln, fünf Paaren und zwei Einzelgängern. In Ostsachsen liegt der Schwerpunkt der Wolfsvorkommen. Hier beobachtet das Landesumweltamt die höchste Dynamik für Etablierung, Verschieben und Verschwinden von Wolfsterritorien. Die Entwicklung und Lage der Reviere kann auf der Seite der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf nachgesehen werden.

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Wolfsangriff: Mehr als 100 Schafe sind bei einem Wolfsangriff ausgebrochen. Die Fachstelle Wolf bestätigt den Vorfall in der Nähe von Hoyerswerda. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat
Mehr als 100 Schafe sind bei einem Wolfsangriff ausgebrochen. Die Fachstelle Wolf bestätigt den Vorfall in der Nähe von Hoyerswerda. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat

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Gewässer-Kosten ungleich verteilt: Landwirte zahlen Zeche

Ein Umdenken und eine gerechte Lastenverteilung fordert das Forum Natur Sachsen-Anhalt bei der Bewirtschaftung und Unterhaltung der Gewässer im Land. Im Herbst soll das novellierte Wassergesetz im Landtag in Magdeburg behandelt werden.

Von Detlef Finger

Das Forum Natur Sachsen-Anhalt hat ein Umdenken in der Gewässer-Bewirtschaftung im Land gefordert und zugleich die einseitige finanzielle Belastung der Land- und Forstwirtschaft im Zuge der Gewässer­-Unterhaltung kritisiert. „Es ist höchste Zeit, dass die in Teilen stark ideologisch geprägte Gewässer-Bewirtschaftung in Sachsen-Anhalt beendet wird, um den Herausforderungen durch Extremwetterereignisse und Klimawandel wirksam begegnen zu können“, sagte Bernhard Daldrup, Vorsitzender der verbändeübergreifenden land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretung.

Umlage auf Flächen

Die Hauptlast in der Gewässer-Unterhaltung trage die Land- und Forstwirtschaft, die auch die größten Anteile an Wasserrückhaltungsflächen bereitstelle, sagte Daldrup: „Vor dem Hintergrund der multiplen Krisen werden die Landnutzer dies nicht weiter allein bewerkstelligen können.“

In Sachsen-Anhalt gibt es rund 300 Fließgewässer mit 26.800 km Gesamtlänge. 97 davon mit zusammen 2.650 km Länge sind wasserwirtschaftlich bedeutend und als Gewässer erster Ordnung eingestuft. Deren Unterhaltung obliegt dem Land, vertreten durch den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Für die übrigen gut 24.000 km Gewässer zweiter Ordnung sind die nach der Wende gegründeten 28 Unterhaltungsverbände (UHV) zuständig.

Finanziert wird die Unterhaltung nachrangiger Gewässer seit jeher durch Beiträge an die UHV, die deren Mitgliedsgemeinden erheben und auf die Grundstückseigentümer umlegen. Erhoben wird ein Flächenbeitrag (für alle Grundstücke) sowie ein einwohnerbezogener Erschwernisbeitrag (nur für Versiegelungsflächen, die nicht der Grundsteuer A unterliegen).

Ersterer macht das Gros aus. Dafür kommen vor allem, weil in den Pachtverträgen meist so festgelegt, die Nutzer der land- und forstwirtschaft­lichen Flächen auf. Seit 2015 erheben die UHV die Beiträge analog auch für Flächen, die in Gewässer erster Ordnung (ausgenommen Bundeswasserstraßen) entwässern, und erstatten diese dem LHW.

Bernhard Daldrup (c) Renke Detering, FJORD Nachhaltige Kommunikation GmbH
Bernhard Daldrup, Vorsitzender des Forums Natur Sachsen-Anhalt.
(c) Renke Detering, FJORD Nachhaltige Kommunikation GmbH

Siedlungsflächen verursachen höhere Kosten

Aus Sicht des Forums Natur werden versiegelte bzw. Siedlungsflächen, die deutliche Mehrkosten bei der Gewässer-Unterhaltung verursachen, nicht ausreichend herangezogen. In seiner Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Wassermanagements im Land, das u.a. Änderungen im Wassergesetz beinhaltet, fordert das Forum Natur deshalb differenzierte Umlagefaktoren: 1,0 für Agrarland, 0,4 für Wald und 4,0 für Versiegelungsflächen.

Die künftig gesetzlich vorgesehene monetäre Entlastung land- und forstwirtschaftlicher Flächen sieht dagegen lediglich vor, den Mindestanteil des Erschwernisbeitrages am Gesamtbeitrag im Verbandsgebiet von 10 % auf 16 % zu erhöhen.

Nach Ansicht des Forums Natur müsste dem grünen Sektor die Rückhaltung von Wasser und das Bereitstellen von Flächen hierfür als Dienst im Sinne der Allgemeinheit angerechnet und vor allem öffentlich unterstützt werden. Auch seien die UHV substanziell zu stärken, damit sie ihre Aufgaben effektiv und nachhaltig erfüllen können.

Zuschüsse nötig für Gewässer-Unterhaltung

Das Forum Natur Sachsen-Anhalt fordert zudem das Wiedereinführen des Landeszuschusses zur Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung, der bis Ende der 2000er-Jahre gewährt wurde (bis zu 50 % der Aufwendungen der UHV im Schnitt der letzten fünf Jahre), um die notwendigen Maßnahmen finanziell abzusichern. „Wir brauchen ein umfassendes Konzept für ein klimaangepasstes Wassermanagement, das alle relevanten Akteure einbindet und integrative Lösungen entwickelt“, so Daldrup. Verbessert werden müsse auch die Zusammenarbeit zwischen Landesbehörden und den UHV. Dies alles im Sinne eines effektiven Schutzes betroffener Gemeinden und Siedlungsgebiete. Doch auch diese müssten ihren Beitrag leisten, betonte der Vorsitzende.

Ein natürliches Gewässer.
Auf Landwirte und Forstwirte könnten zukünftig noch mehr Kosten in der Unterhaltung der Gewässer zukommen.
(c) Heike Mildner

Bei der Gesetzesnovellierung liegt der Fokus laut dem Magdeburger Umweltministerium auf eben jenem klimaangepassten Wassermanagement. Angesichts von Extremwetterereignissen wie Starkregen und Hochwasser, aber auch Hitze- und Trockenperioden gehe es bei der Gewässer-Unterhaltung nicht mehr nur um den Wasserabfluss, sondern auch um einen stärkeren Wasserrückhalt.

Einen „Paradigmenwechsel“ nannte dies Umweltminister Armin Willingmann (SPD) bei der Vorstellung der vom Kabinett beschlossenen Gesetzesnovelle Ende Oktober 2023. Erreicht werden solle der Wasserrückhalt u. a. durch Einschränkungen der ökologischen Durchgängigkeit von Gewässern zweiter Ordnung bei entsprechender Notwendigkeit (ausgenommen sind laut Entwurf 92 sogenannte Vorranggewässer).

Gewässer brauchen neue Stauanlagen

Landesweit müssten die UHV dazu zahlreiche Stauanlagen sanieren oder neu errichten. Den einmaligen Investitionsbedarf hierfür bezifferte Willingmann mit fast 69 Mio. Euro, davon entfielen rund 65 Mio. Euro auf neun UHV. Der jährliche Unterhaltungsaufwand für die Gewässer zweiter Ordnung steige durch die deutlichen Mehrkosten für den Wasserrückhalt zudem von jetzt 26,3 Mio. Euro auf 30,3 Mio. Euro. Betroffen hiervon seien vor allem die Niederungsgebiete. Die mittlere Beitragssteigerung wird im Gesetzentwurf mit 2 €/ha Beitragsfläche und Jahr angegeben (maximal bis 5,9 €/ha/Jahr).

Willingmann kündigte seinerzeit ein Förderprogramm aus Landesmitteln für die Investitionen an, allerdings mit zunächst nur geringen Mittelumfängen. Zugleich räumte er ein, dass auf die umlagepflichtigen Grundstückseigentümer künftig deutliche Beitragssteigerungen zukommen könnten.

Der Minister hat auf der Landtagssitzung am 11. Juni angekündigt, dass der Entwurf des neuen Wassermanage­mentgesetzes, dessen Bearbeitung sich u. a. durch eine längere Anhörungsphase in die Länge gezogen habe, nach der Sommerpause in das Parlament eingebracht werden soll. Bis dahin seien noch entsprechende Abstimmungen nötig, derzeit auch innerhalb der Koalition.

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Welche Gefahr geht von Waschmittel aus der Waschmaschine für die Gewässer aus?
Wäsche waschen muss jeder. Doch welche Gefahr geht von Waschmittel aus der Waschmaschine für die Gewässer aus? (Symbolbild) Eine Studie geht der Frage nach. (c) Steve Buissinne/Pixabay

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Wenn der Hagel zuschlägt: Schaden, Folgen und Versicherung

Sturm und schwerer Hagel kann eine Ernte vernichten. Eine Versicherung soll den finanziellen Verlust ausgleichen. Die Folgen und was zu beachten ist, erklärt Lilian Guzmán Pfeiffer von der Agrargenossenschaft Groß Machnow eG im Interview.

Das Gespräch führte Erik Pilgermann

Der Agrargenossenschaft Groß Machnow eG, südlich von Berlin entstanden durch Hagel erhebliche Schäden. Der Betrieb mit 3.000 Hektar Nutzfläche ist gegen Hagel versichert und die Prüfung der Schäden erfolgte schnell. Insbesondere Raps und Wintergerste erlitten erhebliche Verluste. Trotz Versicherung entstehen dem Betrieb zusätzliche Kosten und Aufwand um die Auswirkungen auszugleichen.

Frau Guzmán Pfeiffer, am 21. Juni wurde Ihr Betrieb südlich von Berlin von einem Unwetter heimgesucht. Was genau ist passiert?

Lilian Guzmán Pfeiffer, ist Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft Groß Machnow eG. (c) Sabine Rübensaat
Lilian Guzmán Pfeiffer, ist Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft Groß Machnow eG. (c) Sabine Rübensaat

Das angekündigte Unwetter zog genau hier bei uns durch Rangsdorf durch wie in einer Schneise Richtung Klein Kienitz und ein Stück weiter nördlich Richtung Königs Wusterhausen ab. Gegen 18 Uhr hatten wir in der Region einen unheimlichen Starkregen, gemischt mit heftigem Hagel. Anwohner berichteten von Hagelkörnern so groß wie Golfbälle. Ich bin gegen 20 Uhr losgefahren und habe mir unsere Flächen angesehen, um zu sehen, ob wir auch geschädigt wurden. Dabei habe ich immer noch Hagelkörner mit einem Durchmesser von zwei bis drei Zentimetern gefunden.

Hagel-Versicherung für den Schadensfall

So kurz vor der Ernte kann man so etwas wohl am wenigsten brauchen. Aber Sie haben Ihre Flächen ja versichert. Wogegen sind sie versichert und ist das Standard in Ihrem Betrieb?

Wir sind ein relativ großer Betrieb mit ungefähr 3.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche und sichern uns standardmäßig gegen Hagel ab. Alle unsere Druschfrüchte, Mais und die Ölfrüchte werden in jedem Fall versichert.

Bereits am 25. Juni waren die Schadensschätzer der Versicherung vor Ort. Geht das immer so schnell?

Es wurden in der Region unheimlich viele Hagelschäden gemeldet. Da unser Raps und die Wintergerste betroffen waren, wurde unser Anliegen sozusagen auf eine Dringlichkeitsstufe gesetzt. Die Kulturen standen ja kurz vor der Ernte. Deshalb musste es mit der Schätzung schnell gehen. Zusammen mit den Schadensschätzern haben wir eine Begehung gemacht, bei der gleich eine Vorschätzung erstellt wurde.

Gemeinsam begutachteten die beiden Schadenschätzer Jörg Krüger (l.) und René Lehmann (r.) mit Lilian Guzmán Pfeiffer die Rapsflächen. (c) Sabine Rübensaat
Gemeinsam begutachteten die beiden Schadenschätzer Jörg Krüger (l.) und René Lehmann (r.) mit Lilian Guzmán Pfeiffer die Rapsflächen. (c) Sabine Rübensaat

Nachdem wir die wichtigsten Flächen abgefahren sind, haben wir uns die Einzelflächen im Detail angeschaut und dabei Messungen vorgenommen. Dabei wurden unterschiedliche Messverfahren angewandt. Es wird gezählt, wie viel Körner ausgefallen oder Ähren abgeknickt sind. Geplatzte Rapsschoten werden gezählt und Ausfall eingeschätzt. Aus den Stichproben mehrerer Teilflächen wird dann das Gesamtbild des Schlages ermittelt. Natürlich muss man sich vor Ort auch darüber verständigen, ob man als Betrieb mit dem Ergebnis einverstanden ist. In unserem Fall verlief das Treffen aber sehr positiv.

Raps: Teilflächen mit Totalschaden

Wie lautete deren erste Einschätzung zum Hagelschaden?

Mit unserem Mais sind wir noch nicht fertig geworden. Den müssen wir uns in der kommenden Woche noch einmal anschauen. Und auch beim Raps und der Gerste haben wir hier und da diskutiert, aber insgesamt kamen wir zu einem guten Ergebnis, bei dem sowohl wir als auch die Versicherung mitgehen können.

Welche Kulturen hat der Hagel getroffen und lässt sich der Schaden schon genauer beziffern?

Wir haben uns zunächst auf die Flächen mit dem Hauptschaden konzentriert. Die Flächen mit einem kleineren Schaden von zehn bis 20 Prozent haben wir noch gar nicht angesehen. Bei der Gerste hatten wir einen Verlust von zwölf Hektar. Eine Fläche hatte über 90 Prozent Schaden erlitten, andere um die 40 Prozent.

Der ausgefallene Raps erfordert mehr Aufwand in der nächsten Saatbettbereitung. (c) Sabine Rübensaat
Der ausgefallene Raps erfordert mehr Aufwand in der nächsten Saatbettbereitung. (c) Sabine Rübensaat

Dann haben wir eine große Rapsfläche von 81 Hektar mit 75 Prozent Schaden über den Gesamtschlag, Teilflächen mit Totalschaden und andere Bereiche mit einem Rest an Schoten, den wir noch ernten können. Weiterer Raps von insgesamt 45 Hektar hat einen Schaden in Höhe von 93 Prozent genommen. Das tut richtig weh.

Eine Maisfläche von 41 ha sieht für mich nach einem Totalausfall aus. Wir haben sie zwar nochmal zurückgehalten, da die Gutachter eine Restchance zum Wiederaustrieb sahen. Wir werden uns die Fläche deshalb nächste Woche noch einmal an­sehen, aber aus meiner Sichtwerden diese Maispflanzen keine gescheiten Kolben mehr ausbilden.

Da ist Hopfen und Malz verloren. Insgesamt sind wir als Betrieb aber breit aufgestellt, und es hat deshalb nicht nur eine Kultur erwischt. Die breite Fruchtfolge hat dazu beigetragen, den Schaden auf mehrere Kulturen zu verteilen. Schlimm wäre, wenn man durch den Totalausfall einer Kultur wie Raps zum Beispiel Vorkontrakte nicht erfüllen könnte. Das ist uns Gott sei Dank erspart geblieben. Kleinere Betriebe können so ein Schadereignis sehr viel schlechter oder gar nicht abpuffern.

Hagel hat direkte Konsequenzen für Betriebsablauf

Wie wirkt sich der Schaden innerbetrieblich aus?

Dadurch, dass wir neben Mutterkühen und Sauen auch eine Biogasanlage im Betrieb haben, tut uns der Verlust von 41 Hektar Mais besonders weh. Das ist eben nicht nur ein finanzieller Verlust sondern wir brauchen ja die Biomasse für den Betrieb der Biogasanlage. Mit dem finanziellen Ausgleich der Versicherung können wir nicht den Biomasseverlust kompensieren.

Mais mit starkem Hagelschaden. (c) Sabine Rübensaat
Der geschädigte Mais macht sich in der Planung der Betriebsabläufe direkt bemerkbar. (c) Sabine Rübensaat

Ausfall auf dem Acker ist das eine und wird im Idealfall auch von der Versicherung kompensiert. Aber haben Sie jetzt noch irgendeine Chance, den Verlust zum Beispiel beim Mais noch abzufangen?

Tatsächlich sehen wir hier keine Möglichkeiten mehr. Anfänglich hatten wir gedacht, wir könnten nach dem Umbruch noch Sudangras säen, aber das passt leider weder mit der Fruchtfolge noch mit der Pflanzenschutzbehandlung, die bereits im Mais erfolgt ist.

Das einzige wäre jetzt noch Mais, aber ehrlicherweise brauchen wir den jetzt auch nicht mehr legen, da die Zeit zur Reife in jedem Fall zu kurz wäre. Wir werden die Fläche also höchstwahrscheinlich umbrechen und eine Zwischenfrucht säen. Davon versprechen wir uns wenigstens noch einen kleinen Teil Biomasse als Gärsubstrat. Ersetzen wird das den Mais aber auf keinen Fall.

Wie sieht es es mit der Witterung aus. Hilft der feuchte Vorsommer, dass soviel wächst, dass Sie Mais eventuell zukaufen könnten?

Wir bauen Mais und Sudangras eigentlich immer mit einem gewissen Puffer an, denn wir wissen ja nie, ob uns ein trockenes Jahr erwartet. Wir kalkulieren unsere Anbauflächen immer mit der schlechtesten Grundannahme. Deshalb haben wir noch Spielraum. Die Biogasanalage wird nicht gleich verhungern, aber unser Puffer ist definitiv aufgebraucht.

Aus der Ähre auf die Erde. Der Hagelschauer hat auch große Teile der Wintergerste zerstört. (c) Sabine Rübensaat
Aus der Ähre auf die Erde. Der Hagelschauer hat auch große Teile der Wintergerste zerstört. (c) Sabine Rübensaat

Wenn der Sommer aber doch sehr trocken wird und der Mais sich nicht so weiter entwickelt wie bis jetzt, müssen wir eventuell doch in das nächste Frühjahr ausweichen und mehr Grünschnittroggen ernten. Das wird dann aber wieder zulasten der Druschfläche gehen.

Wetterdaten bei Sturm nur begrenzt nützlich

Auch wenn man Unwetter und Hagel dieser Art nicht verhindern kann, so kann man es heutzutage kommen sehen. Wie sieht hier Ihre Strategie aus? Haben Sie eine eigene Wetterstation auf Ihrem Betrieb? Oder nutzen Sie Vorhersagen vom Deutschen Wetterdienst oder Herrn Kachelmann?

Wir verfügen über eine betriebseigene Wetterstation und nutzen mehrere Wetter-Apps gleichzeitig, um die Prognosen zu präzisieren. Nichtsdestotrotz kann man das Wetter am Ende nicht beeinflussen. Wir spüren den Wandel weniger an der Jahresniederschlagsmenge als an der Tatsache, dass es vermehrt zu regional begrenzten Spitzenereignissen wie dem Unwetter vom 21. Juni kommt.

Letztendlich können wir nur zugucken, was vom Himmel fällt. Durch unsere breite Fruchtfolge und die räumliche Ausdehnung unserer Flächen über einen Radius von etwa 20 Kilometern können wir das aber recht gut abfangen, wenn eine Gewitterzelle zuschlägt.

Gerste mit Hagelschäden und abgetrennten Ähren.
Der Hagel schlug teilweise die Ähren ab und sorgt für mehr Ausfallgerste. (c) Sabine Rübensaat

Verlust: 200 Hektar betroffen – bis zu 200.000 Euro Schaden

Die letzte Frage drückt noch einmal auf das Schlimme. Können Sie den Schaden, den Ihr Betrieb durch den Hagel erlitten hat, schon ungefähr in Euro ausdrücken?

Das ist auf jeden Fall ein Schaden, der über 100.000 Euro geht. Ich schätze, wir kommen irgendwo zwischen 100.000 und 200.000 Euro raus. Insgesamt sind knapp 200 Hektar unserer Fläche betroffen, davon etwas über 100 Hektar extrem stark.

Auf jeden Fall haben wir direkt, nachdem der Gutachter da war, angefangen, die betroffenen Flächen der Gerste zu dreschen, um einerseits die paar verbliebenen Körner zu ernten. Andererseits werden wir mit dem vielen Ausfallgetreide und -raps auch mehr Aufwand betreiben müssen, um die Flächen für die nächste Aussaat vorzubereiten. Das sind auch alles Kosten, auf denen wir als Betrieb sitzenbleiben.

Trotzdem bin ich sehr froh, dass wir unsere Kulturen gegen Hagel versichert haben und würde auch immer dazu raten, diese Versicherung abzuschließen. Es kostet natürlich Geld. Das letzte Mal hatten wir auf unseren Flächen vor zwölf Jahren ein Hagelereignis und haben in der Zwischenzeit die Versicherungsgesellschaft „subventioniert“. Aber in Momenten wie am 21. Juni bin ich froh, dass wir diesen Schutz haben und weiß, dass sich dieser Schutz gelohnt hat.

Dies ist eine gekürzte Fassung des Interviews, welches in Ausgabe 27 auf den Seiten 27 – 29 erschienen ist.

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Hagelschaden
Welche Auswirkungen die Zunahme von Hagel auf ihre Versicherung hat. Ostdeutschland ist öfter von Wetterextremen betroffen, wie das Jahr 2023 zeigt. © Sabine Rübensaat

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Frost-Schäden in Millionenhöhe: EU-Hilfen nicht für Deutschland

Nach dem verheerenden Frost im April gibt die EU jetzt Hilfen frei, nur nicht für Deutschland. Obst- und Weinbauern in Ostdeutschland sitzen auf Schäden in Millionenhöhe. Minister Cem Özdemir fordert eine Berücksichtigung der hierzulande ansässigen Betriebe.

Von Detlef Finger

Die Frostnächte Ende April haben im Obst- und Weinbau in Sachsen-Anhalt Gesamtschäden von etwa 50 bis 60 Millionen Euro verursacht. Deutschlandweit schätzen die Bundesländer die Frost-Schäden auf mindestens 210 bis 254 Millionen Euro. Jetzt hat die Europäische Kommission Hilfen in Höhe von 62 Millionen Euro für Österreich, Tschechien und Polen in Aussicht gestellt. Deutschland bleibt in diesem Vorschlag außen vor.

Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir (Grüne) kritisiert das vorgestellte Paket stark: „Das Brüsseler Vorgehen ergibt einfach keinen Sinn und zerstört Vertrauen. Ich erwarte, dass die EU-Kommission diese Ungleichbehandlung zügig auflöst und die Frosthilfen auch für unsere deutschen Landwirtinnen und Landwirte öffnet.“ Dementsprechend verweigert das BMEL seine Zustimmung, bis Deutschland mit in die Liste aufgenommen wird.

Bereits in den vergangenen zwei Agrarräten im Mai und Juni hatte Deutschland auf die teilweise massiven Frost-Schäden für deutsche Obst- und Weinbaubetriebe hingewiesen.

Derweil findet die Diskussion um zusätzliche staatliche Hilfen schon in den einzelnen Landtagen statt.

Die Apfelblühte war dieses Jahr witterungsbedingt etwa zwei Wochen voraus. Deshalb richtete der Frost umso mehr Schaden an. (c) Detlef Finger
Die Apfelblüte war dieses Jahr witterungsbedingt etwa zwei Wochen voraus. Deshalb richtete der Frost umso mehr Schaden an. (c) Detlef Finger

Frühzeitige Obstblüte und harter Frost

Geschuldet sind die extrem hohen Frost-Schäden vor allem der in diesem Jahr witterungsbedingt deutlich früheren Blüte bzw. Fruchtanlage bei allen Obstarten. Die Ausfälle sind je nach Standort und Obstart sehr differenziert und reichen vielfach bis hin zum Totalverlust. Beim Wein drohen trotz eines zweiten Austriebs der Rebstöcke Verluste von mindestens 50 %. In der Folge sind nicht wenige Obst- und Weinbaubetriebe im Land in ihrer Existenz gefährdet.

Während in Brüssel die deutschen Produzenten bisher nicht in dem Hilfsvorschlag berücksichtigt werden, waren mögliche staatliche Hilfen für die Erzeuger bereits Mitte Juni Thema einer Debatte im Landtag in Magdeburg. Die Fraktion Die Linke hatte dazu einen Antrag ins Parlament eingebracht mit dem Titel: „Obst- und Weinanbaubetriebe nach Frost-Schäden nicht allein lassen“.

Beim Weinbau werden Schäden zwischen 30 - 100 % erwartet. (c) Vereinigte Hagelversicherung
Beim Weinbau werden Schäden zwischen 30 bis 100 % erwartet.
(c) Vereinigte Hagelversicherung

Mit diesem soll die Landesregierung aufgefordert werden, kurzfristige Hilfen für die von Ernteausfällen bedrohten Obstanbaubetriebe unbürokratisch bereitzustellen und für die Weinanbaubetriebe zu prüfen (hier greifen womöglich Versicherungen nicht, weil die Fröste bereits im April auftraten – Anm. d. Red.).

Betriebe sollen zudem mindestens 60 % der entstandenen finanziellen Schäden geltend machen können. Für Obstbaubetriebe sollen ferner – analog zu den Weinbaubetrieben – 50 % der Prämien für Versicherungen gegen Frostverluste als Zuschuss übernommen und dies im Doppelhaushalt 2025/2026 dargestellt werden. Und schließlich soll das Land auf eine Gesamtverantwortung des Bundes zur Entschädigung hinwirken, um die Existenz der Betriebe nicht zu gefährden.

Nur Ankündigungen – keine Taten

Linken-Agrarsprecherin Kerstin Eisenreich untermauerte für ihre Fraktion die Notwendigkeit kurz- und mittelfristiger Unterstützungsmaßnahmen. Es gehe insgesamt darum, den Obst- und Weinbau in Sachsen-Anhalt zu sichern. Langfristig müsse angesichts des Klimawandels eine Mehrgefahrenversicherung auf den Weg gebracht werden, ferner seien Anpassungen im Obst- und Weinbau, z. B. über Züchtung, Anbautech­niken, Bodenbearbeitung und Wassermanagement, vom Land zu unterstützen und zu fördern.

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Weitere Informationen

Eisenreich kritisierte, dass es hierzulande seitens des Landwirtschaftsministers bisher nur Ankündigungen gegeben habe, dem Landtag einen Vorschlag bezüglich Hilfen zu unterbreiten. In Sachsen und Thüringen hingegen seien mittlerweile bereits konkrete Hilfen beschlossen worden.

Strenge Regelungen für Beihilfemaßnahmen

Finanzminister Michael Richter (CDU) erklärte im Parlament in Vertretung von Agrarminister Sven Schulze (CDU), es brauche konkrete Zahlen zur Betroffenheit, auch weil Beihilfemaßnahmen streng reglementiert seien. Die Landwirtschaftliche Rentenbank habe ihr Liquiditätshilfedarlehen für frostgeschädigte Obst- und Weinbaubetriebe zum Überbrücken akuter Probleme geöffnet. Wie weitere Hilfen aussehen können und welche Mittel zur Verfügung stehen, werde zwischen Finanz- und Agrarressort geklärt.

Die Notwendigkeit für Hilfen und zukünftige Prävention sehen alle Parteien. Doch wie genau insbesondere vorbeugende Maßnahmen aussehen sollen, dazu hat jede Partei ihren eigenen Ansatz. Schnelle Hilfen für die Betriebe befürworteten alle Agrarsprecher. SPD, FDP, AfD und Grüne schlagen Versicherungslösungen mit Zuschüssen vor. Auch die Gewinnglättung für landwirtschaftliche Betriebe ist durch die FDP im Gespräch. Für einen Versicherungszuschuss wie bei den Weinbauern von 50 % seien jährlich insgesamt 1 Mio. Euro erforderlich. Hierfür könnten GAK-Mittel des Bundes genutzt werden.

Bei den Aprikosen vernichtete der Frost im April die bereits vorhandenen Fruchtanlagen.
(c) Obsthof Müller, Querfurt
Bei den Aprikosen vernichtete der Frost im April die bereits vorhandenen Fruchtanlagen. (c) Obsthof Müller, Querfurt
Bei den Süßkirschen zeigt sich der Frostschaden an den oberen Früchten.
(c) Obsthof Müller, Querfurt
Bei diesen Süßkirschen zeigt sich der Frostschaden an den oberen Früchten.
(c) Obsthof Müller, Querfurt

Die Linken-Abgeordnete Eisenreich zeigte sich abschließend erfreut, dass im Parlament Einigkeit darüber besteht, „den Obst- und Weinbauern unter die Arme zu greifen“. Sie bedauerte zugleich die noch abwartende Haltung von Finanz- und Agrarministerium Sachsen-Anhalts.

Der Antrag der Linken wurde schließlich einstimmig federführend in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie mitberatend in den Ausschuss für Finanzen überwiesen.

Zeitplan für Hilfen ungewiss

Das Agrarministerium erklärte Ende Juni auf Nachfrage, dass es mit dem Obstbauverband zur genaueren Untersetzung der Schadenhöhe im Gespräch sei. Es würden derzeit Hilfen geprüft für Betriebe, bei denen die Schäden existenzgefährdende Ausmaße annehmen. Der zeitliche Rahmen könne noch nicht beziffert werden.

Minister Schulze selbst hatte beim Saisonauftakt in die Süßkirschenernte am 20. Juni auf dem Obsthof Müller in Querfurt dem MDR gesagt: „Wir werden was auf den Weg bringen.“ Dies könnte auf zwei Ebenen geschehen: Erstens über direkte Hilfen für Betriebe und zweitens über zinsverbilligte Kredite. Bis zum Tag der Veröffentlichung (15.07.2024) gab es diesbezüglich aber keine neuen Informationen.

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Auf dem Obsthof Müller begann die Ernte so zeitig wie noch nie. Bereits am 27. Mai kamen die ersten Früchte der sehr frühen Sorte Earlise von den Bäumen. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat
Auf dem Obsthof Müller begann die Ernte so zeitig wie noch nie. Bereits am 27. Mai kamen die ersten Früchte der sehr frühen Sorte Earlise von den Bäumen. (Symbolbild) © Sabine Rübensaat

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Bier verbindet: Herausforderungen und Chancen im Anbau von Braugerste

Die diesjährige Thüringer Braugerstenrundfahrt führte Züchter, Anbauer, Mälzer und Brauer in den Saale-Orla-Kreis in Thüringen. Neben passablen Praxisbeständen konnten interessante neue Sorten in Augenschein genommen werden.

Von Frank Hartmann

Die Bedingungen für die 110 Teilnehmer der diesjährigen Thüringer Braugerstenrundfahrt stimmten: nicht zu warm und nicht zu kühl, kein Regen sowie einige Kästen der regional ansässigen Rosen-Brauerei aus Pößneck. Als starker Direktvermarkter tafelte der Gastgeberbetrieb, die Agro-Farm Knau eG, die feste Nahrung auf.

Braugerstenrundfahrt in Thüringen

Der Braugerstenverein hatte eine Bustour gewählt, die zu Praxisschlägen der Agrarprodukte Ludwigshof eG und der Agrargenossenschaft Dreitzsch führte und die an der Sortendemo in Knau endete. Als Sieger (Erzeuger) des vorjährigen Braugerstenwettbewerbs mit einer Partie Barke stellte die Agro-Farm für den Verein eine Demonstration mit zwölf Sorten ins Feld, die die Züchterfirmen stets selbst auswählen. 2011 war die Rundfahrt schon einmal in Knau zu Gast.

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Dreitzsch-Barke: Barke-Schlag der Agrargenossenschaft Dreitzsch am 2. Juli.
Barke-Schlag der Agrargenossenschaft Dreitzsch am 2. Juli. (c) Frank Hartmann

Braugerste erstmals seit 20 Jahren wieder

In Knau selbst, so berichtete Produktionsleiter Jonas Hortig, werden im Jahr rund 350 ha Braugerste angebaut, davon in dieser Saison 210 ha der alten Sorte Barke im Vertragsanbau. Die Sorte Leandra steht auf knapp 100 ha, wobei Auswinterungsschäden der Herbstsaat eine Nachsaat im Frühjahr auf über 30 ha erforderte. Davon lasse man sich aber nicht beeindrucken und wird in diesem Herbst erneut Teile der Braugerste im Herbst drillen.

Während der Rundfahrt passierten die Busse freilich auch andere Druschkulturen, die Herausforderungen darstellen: das betrifft etwa den massiven Durchwuchs von Weidelgras, dem man mit streifenweisem Heraushäckseln begegnet, oder Kornblumen im „blauen Raps“.

Für die Agrarprodukte Ludwigshof berichtete Feldbauleiter Adrian Fischer an einem Lexy-Schlag, dass die Sommergerste als Ersatz für den vom Erdfloh auf 70 ha zerstörten Raps ins Feld kam. Man sei gespannt auf das Ergebnis, da die Genossenschaft seit über 20 Jahren erstmals wieder Braugerste angebaut hat – es fehlen daher Erfahrungen im Führen der Kultur. Gedrillt worden war mit 320 Körnern am 8. März.

Einen Lexy-Bestand präsentiert der Ludwigshofer Feldbauleiter Adrian Fischer. (c) Frank Hartmann
Einen Lexy-Bestand präsentiert der Ludwigshofer Feldbauleiter Adrian Fischer. (c) Frank Hartmann

Späte Aussaat

So früh konnte das Ackerbauteam der Agrargenossenschaft Dreitzsch nicht loslegen, bedauerte Vorstandschef Frank Salzmann an einem Barke-Schlag. Am 20. März erst kam die Gerste mit 320 Körnern in den Boden. Aufgrund dieser Verzögerung und des weiteren Witterungsverlaufes schaffte man es dann nicht mehr, mit Wachstumsreglern zu behandeln. Das konnte auch die Barke nicht verbergen.

Ab dieser Ernte steht eine neue Getreidetrocknung samt Aufbereitung zur Verfügung, die Wärme der Biogasanlage nutzt. Salzmann sieht dadurch gute Chancen, wieder in die Vermehrung auch von Braugetreide einsteigen zu können.

Der Dreitzscher Vorstandschef Frank Salzmann (l.) und Dr. Lars Fliege, Vorsitzender des Thüringer Braugerstenvereins.
Der Dreitzscher Vorstandschef Frank Salzmann (l.) und Dr. Lars Fliege, Vorsitzender des Thüringer Braugerstenvereins. (c) Frank Hartmann
Sortenspezialist Christian Guddat vom Landesamt für Landwirtschaft (TLLLR) ordnet die Sorteneigenschaften in der Demonstration ein. (c) Frank Hartmann
Sortenspezialist Christian Guddat vom Landesamt für Landwirtschaft (TLLLR) ordnet die Sorteneigenschaften in der Demonstration ein. (c) Frank Hartmann

In der Sortendemo, die Christian Guddat vom Landesamt für Landwirtschaft (TLLLR) diskutierte, fanden sich mit RGT Planet eine bekannte Sorte, mit Amidala und Lexy die aktuellen Anbauempfehlungen des Braugerstenvereins sowie mit LG Caruso und Sting jene für den Probeanbau. Bounty, obwohl aus Sicht der Landwirte eine gute Sorte, schaffte es nicht durch die Prüfung des Berliner Programmes, das vor allem die Verarbeitungsqualitäten bewertet.

Ostara steht die Prüfung im Frühjahr 2025 noch bevor. Daneben hatten die Züchter fünf Sorten in der Demo, die in dieser Saison ihr drittes Wertprüfungsjahr durch das Bundessortenamt absolvieren. Guddat attestierte nach den vorliegenden Zwischenergebnissen allen fünf Ertragseigenschaften, die jene der aktuellen Sorten übertreffen.

Braugerste Sortendemo 2024
(c) Thüringer Braugerstenverein

Braugerstenverein lädt zum Wettbewerb

Der Thüringer Braugerstenverein führt 2024 wieder seinen traditionellen Braugerstenwettbewerb in den Kategorien Erzeuger und Händler/Mälzerdurch. Mitgliedsbetriebe sind aufgerufen, maximal zwei Proben (je 1,5 kg) einzusenden. Anzugeben sind die Sorte und ihr Ertrag (dt/ha) und der Handelsumfang der Partie (t).

Die Proben müssen bis zum 7. September an die Geschäftsstelle gesandt werden: Thüringer Braugerstenverein, Alfred-Hess-Straße 8, 99094 Erfurt. Mitglieder der EZG „Qualitätsgetreide und Ölsaaten Thüringen w. V.“ reichen ihre Muster bei der EZG-Geschäftsstelle ein.

Nichtmitglieder des Thüringer Braugerstenwettbewerbs (auch aus Sachsen-Anhalt und Sachsen) können sich bei Übernahme der Unkosten von 30 Euro/Probe für Untersuchung und Transport ebenfalls an dem Wettbewerb beteiligen.
Weitere Details dazu finden Sie hier.

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Bei agrafrisch wird die Gerste geerntet. Florian Bergann hat die Gerste vom Feld ins Lager gefahren und lädt sie ab. (c) Heike Mildner
So sieht die Gerstenernte bei unserem Praxispartner agrafrisch aus. (c) Heike Mildner

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