Lichterfahrt samt Spendenaktion: Hoffnung und Herzenswünsche

Heimische Landwirte wollen mit einer Lichterfahrt samt Spendenaktion zugunsten der Kinderkrebsforschung am Neujahrsabend in Magdeburg ein Stück weit Zuversicht für das Jahr 2022 verbreiten.

Im Neujahrsabend werden wieder zahlreiche Traktoren durch Magdeburg rollen. Aufgerufen hat dazu die Interessengemeinschaft (IG) Sachsen-Anhalt von Land schafft Verbindung (LsV), die dabei vom Bauernverband, vom Bauernbund und dem Pächterverband Sachsen-Anhalt unterstützt wird.

Die Aktion des landwirtschaftlichen Berufsstandes in der Landeshauptstadt wird kein Protest sein, etwa gegen unliebsame agrarpolitische Entscheidungen, sondern soll vielmehr ein Zeichen der Verbundenheit setzen zwischen Stadt- und Landbevölkerung in einer vor allem auch pandemiebedingt schwierigen Zeit.


Bereits am Startpunkt der Lichterfahrt wimmelt es von Menschen. Sie sind gekommen, um die lichtergeschmückten Traktoren zu bestaunen und deren Abfahrt zu verfolgen. Auch entlang der Straßen stehen schon Magdeburgerinnen und Magdeburger mit ihren Kindern in freudiger Erwartung des Korso.
(c) Detlef Finger

Bilder der Lichterfahrt 2022: „Ein Funken Hoffnung“ bringt 15.000 Euro

Die Lichterfahrt ist am Domplatz mit einem emotionalen Moment zu Ende gegangen. Die Landwirte überreichten eine Spende von über 15.000 Euro an Vertreter der Stiftung Mitteldeutsche Kinderkrebsforschung. Und das Spendenkonto bleibt noch bis Mitte Januar offen. Hier geht es zur Bildergalerie: mehr


Aufruf zur Beteiligung

Unter dem bekannten Leitspruch „Ein Funken Hoffnung“ wollen die Landwirtinnen und Landwirte und ihre Organisationen mit einer Lichterfahrt der angeschlagenen Gesellschaft ein Gemeinschaftsgefühl geben. Darüber hinaus widmen sich die Akteure speziell den Kindern und rufen deshalb zu einer „Herzenswunsch“-Idee auf.

Unter dem erweiterten Motto „Ein Funken Hoffnung für uns – ein Herzenswunsch für dich!“ sammeln die Landwirte Gelder für die „Mitteldeutsche Kinderkrebsforschung – Stiftung für Forschung und Heilung“ und schlagen damit die Brücke zur Lichterfahrt. Und sie vergeben außerdem Gutscheine an betroffene Kinder und deren Familien, mit denen die Bauern zu Besuchen auf ihre Höfe einladen. Damit die Aktion für möglichst viel Freude bei an Krebs erkrankten Kindern und deren Angehörigen sorgt, rufen die Initiatoren Berufskollegen und die Bevölkerung auf, sich rege an der Spendenaktion zu beteiligen.

Am Startpunkt ihrer Lichterfahrt am diesjährigen Neujahrsabend bildeten teilnehmende Landwirte mit ihren Schleppern die Jahreszahl 2021.
Am Startpunkt ihrer Lichterfahrt am diesjährigen Neujahrsabend bildeten teilnehmende Landwirte mit ihren Schleppern die Jahreszahl 2021. (c) LSV IG Sachsen-Anhalt

Treffpunkt um 17 Uhr

Treffpunkt zur Lichterfahrt ist für teilnehmende Landwirte am Neujahrstag um 17 Uhr auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums BördePark im Südwesten Magdeburgs, im Stadtteil Reform an der Salbker Chaussee. Dort werden sie mit lichtergeschmückten Traktoren vor der Abfahrt ins Zentrum die Jahreszahl 2022 abbilden. Danach geht es in einem zweistündigen Korso durch die Landeshauptstadt mit dem Ziel Domplatz.

An der „Lichterwelt“ auf dem zentralen Platz soll zum Abschluss der Lichterfahrt um 20 Uhr der Spendenscheck an Verantwortliche der Stiftung „Mitteldeutsche Kinderkrebsforschung“ übergeben werden. Neben Vertretern der beteiligten berufsständischen Organisationen wird auch Landwirtschafts- und Agrarminister Sven Schulze (CDU) zugegen sein.

Bereits am Neujahrsabend dieses Jahres hatten Landwirte mit gut 100 lichtergeschmückten Traktoren auf einer Lichterfahrt in Magdeburg unter dem Motto „Ein Funken Hoffnung für 2021“ für mehr Wertschätzung ihrer Branche und auskömmliche Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse geworben. Der Anstoß dazu kam auch damals von der hiesigen IG von Land schafft Verbindung. Unterstützt wurde die Aktion von Bauernverband und Bauernbund.


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Lichterfahrt durch Magdeburg: Botschaften senden

Politische Botschaften werden die Landwirte und ihre Verbände auch dieses Mal aussenden, sagte IG-LsV-Sprecher Martin Dippe, der auch Vizepräsident des Bauernbundes ist, gegenüber der Bauernzeitung. Im Kern werde dazu aufgerufen werden, die Schaffung resilienter Wertschöpfungsketten im Land zu unterstützen.


Spendenkonto für die Aktion zugunsten der Kinderkrebsforschung:
IBAN: DE79 2713 1300 0000 6980 08, Empfänger: Land schafft Verbindung IG Sachsen-Anhalt,
Verwendungszweck: „Ein Funken Hoffnung 2022“.
Ansprechpartner für Rückfragen von Berufskollegen:
Martin Dippe, Tel. (0170) 2 45 58 97;
Boudewijn Tonkens, Tel. (0162) 2 84 33 66;
Katrin Kraft, Tel. (0174) 7 04 23 38.

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Praxisleitfaden Wolf: Extrem hohe Hürden

Mit dem unverbindlichen Praxisleitfaden Wolf geben die Umweltminister der Länder Empfehlungen, wie Problemwölfe getötet werden können, ohne dabei gegen Recht zu verstoßen. Für Weidetierhalter ist das wenig erbaulich.

Von Frank Hartmann

Es ist 21 Jahre her, dass nach Jahrzehnten wieder Nachwuchs bei eingewanderten Wölfen beobachtet wurde. Das bundesweit erste Rudel in Ostsachsen elektrisierte nicht nur Naturschützer. Verantwortliche Politiker lobten ihren umweltpolitischen Erfolg.

Mindestens 157 Wolfsrudel, 14.000 tote Weidetiere und viele Millionen Euro später legten die Umweltminister der Länder kürzlich den „Praxisleitfaden zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach §§ 45 und 45a BNatSchG beim Wolf, insbesondere bei Nutztierrissen“ vor. Der Leitfaden, so ist in dem knapp 60-seitigen Papier zu lesen, will „insbesondere die Verfahrensschritte zur rechtssicheren Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen behandeln und die notwendigen Schritte zur Durchführung einer Entnahme von Wolfsindividuen darstellen“. Er besitzt lediglich empfehlenden Charakter. „Managementpläne, Verordnungen und Leitfäden der Länder zum Umgang mit dem Wolf“ sollen nicht ersetzt, „sondern nur unterstützt“ werden, die Länderzuständigkeit „bleibt unberührt“.



Ganze acht Entnahmen

Das Töten von Problemwölfen beziehungsweise schon das laute Nachdenken darüber führte und führt stets zu heftigen Debatten. Seit 2008 wurden republikweit acht Wölfe amtlich entnommen (zweimal Sachsen, fünfmal Niedersachsen, einmal Mecklenburg-Vorpommern). In etlichen Fällen kassierten Gerichte erteilte Abschussgenehmigungen. Ob mit dem Leitfaden tatsächlich mehr Problemwölfe, die es nach Berichten von Weidetierhaltern zu genüge gibt, getilgt werden können, bleibt abzuwarten.

An die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahr 2020 knüpften Weidetierhalter Hoffnungen. Denn für eine Abschussgenehmigung musste nun „kein Schaden im Sinne einer Existenzgefährdung vorliegen“, sondern „es genügt ein ‚ernster‘ wirtschaftlicher Schaden“. Zudem, so führt es der Leitfaden weiter aus, „ist der Abschuss einzelner Mitglieder eines Rudels auch möglich, wenn Schäden bei Nutztieren keinem bestimmten Wolf eines Rudels zugeordnet worden sind“. Letzteres sei zwar sehr pragmatisch. Allerdings verlange dies „eine umso stringentere und auf Fakten basierende Dokumentation und Bewertung der Geschehnisse für eine rechtssichere Entscheidungsgrundlage“.

Im Leitfaden wird daran erinnert, dass ein Abschuss laut Bundesnaturschutzgesetz trotz allem nur zugelassen werden kann, „wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert“, was die FFH-Regelungen sowohl mit Bezug auf die grundsätzlich und flächendeckend geschützte Tierart im Allgemeinen als auch ihr Vorkommen in einem FFH-Schutzgebiet berührt. Dies wiederum sei nach der Rechtsprechung des EuGH, des Europäischen Gerichtshofes, restriktiv auszulegen. Das heißt: Die Hürden sind extrem hoch, aber nicht unüberwindbar.

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Monitoring nicht gut

Daher braucht es ein Top-Management in den Bundesländern: Angefangen beim Monitoring bis hin zu den Rissgutachten. Der Leitfaden beruft sich dabei auf ein von Wolfsfachleuten für das Bundesamt für Naturschutz erstelltes und noch aktuelles Papier (BfN-Skripten 413), das dem Monitoring in Deutschland im Jahr 2015 kein gutes Zeugnis ausstellte.

Sichergestellt werden muss, dass Risse an Weidetieren eindeutig einem Wolf zuzuordnen sind und dieser die Schutzeinrichtungen überwunden hat. „Wenn ein Wolf mehrfach (mindestens zweimal) in engem zeitlichem Abstand die zumutbaren Schutzmaßnahmen überwindet und Weidetiere reißt, kann nach derzeitigem Kenntnisstand davon ausgegangen werden, dass ein solcher Wolf gelernt hat, dass Weidetiere eine leicht erreichbare Beute sind, und immer wieder einen Weg suchen wird, Schutzmaßnahmen zu überwinden“, stellt der Leitfaden fest. Ein solches Tier könne dann auch präventiv getötet werden, um ernste wirtschaftliche Schäden abzuwenden. „Es ist ausreichend, dass ein ernster wirtschaftlicher Schaden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten kann.“

Ziel müsse es immer sein, den problematischen Wolf zu individualisieren. Falls das nicht zweifelsfrei oder nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist, erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz „eine Entnahme in engem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit bereits eingetretenen Rissereignissen“.

Praxisleitfaden Wolf: Risse in der Region

Gleichwohl sich das Bundesnaturschutzgesetz an professionelle Tierhalter wendet, können Übergriffe auf Tiere von Hobbyhaltern, sofern sie für einen zumutbaren Herdenschutz gesorgt haben, Anlass bieten, einen Abschuss zu prüfen. Denn durch eine solche Attacke „können gleichermaßen Nutztierrisse bei landwirtschaftlichen Tierhaltungen in dem betroffenen Gebiet und damit ernste landwirtschaftliche Schäden drohen“. Die Rissereignisse müssten hierbei nicht denselben Betrieb betreffen, heißt es: „Ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang ist ausreichend.“ Auch müsse die Methode der Überwindung der Schutzeinrichtungen nicht dieselbe sein.

der Teufel im Detail

Der Teufel steckt bekanntlich im Detail, etwa beim Begriff des „ernsten Schadens“, der der FFH-Richtlinie entlehnt worden ist. Es gibt keine Definition, was ein ernster Schaden ist. „Aus dem Wortlaut selbst („ernst“) ergibt sich aber, dass der zu verhütende Schaden über eine bloße Bagatelle hinausgehen muss. Konkretisierend verlangt der EuGH das Vorliegen von „Schäden in einem gewissen Umfang.“ Was ein Schaden im „gewissen Umfang“ ist, bleibt unklar.

Wenn deutsche Gerichte bisher urteilten, dass Betriebe „schwer und unerträglich“ getroffen sein müssten, entspricht dies nicht den Absichten im Bundesnaturschutzgesetz. Denn dort heißt es, dass es „keiner Existenzgefährdung oder eines unerträglichen Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ braucht. Und so kann der Leitfaden „in Bezug auf die Ernsthaftigkeit eines eingetretenen oder drohenden Schadens“ nur empfehlen, folgende Parameter heranzuziehen: Tierverluste durch Rissereignisse, insbesondere, wenn sie zahlreich sind; Höhe des (drohenden) Schadens; wirtschaftlicher Wert der gerissenen Tiere; Umfang der landwirtschaftlichen Weidetierhaltung in dem betroffenen Gebiet/Territorium.

Praxisleitfaden Wolf: Alternativen prüfen

Ebenso schwammig bleibt der Leitfaden, wenn es darum geht, die geforderten „zumutbaren Alternativen“ zum Abschuss zu bewerten. Denn gibt es welche, sind diese zu wählen. Allerdings müssten die Alternativen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen, auch finanziell. Gibt es eine Förderung für Präventionsmaßnahmen, ist deren Inanspruchnahme für den Tierhalter zumutbar. Aktive Vergrämung etwa mit Gummigeschossen „kommt nach derzeitigen Erkenntnissen bei Nutztierübergriffen als zumutbare Alternative zur letalen Entnahme in der Regel nicht in Betracht, ist aber weiterhin Teil der Forschung zu alternativen Lösungen“.

Die Entnahme eines erwachsenen Wolfes aus der Natur und seine dauerhafte Haltung in Gefangenschaft stellt ebenfalls keine Alternative dar. „Welche Schutzmaßnahmen für große Huftiere erforderlich und zumutbar sind, bevor eine Entnahme im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung erfolgen kann, ist von der zuständigen Naturschutzbehörde im Einzelfall zu entscheiden“, heißt es im Leitfaden. Wie bei Schafen und Ziegen sei daher auch bei Rindern und Pferden zu prüfen, ob Herdenschutzmaßnahmen (u. a. stromführende Zäune und/oder Herdenschutzhunde oder Änderungen im Herdenmanagement) eine zumutbare Alternative sind.

Praxisleitfaden Wolf: Mindestschutz zu wenig

Dies gelte auch bei Weidetieren auf Binnen- und Küstendeichen oder im Bergland. In allen Fällen wird klargestellt, dass der meist von den Ländern definierte „sogenannte Mindestschutz in der Regel nicht das Niveau des zumutbaren Herdenschutzes“ beschreibt.

Ein nicht minder schwer abzuwägendes Kriterium ist der Erhaltungszustand der Population einer Art, der sich bekanntlich nicht verschlechtern darf. Hier verweist der Leitfaden auf den EuGH, der klargestellt habe, dass die Frage des Erhaltungszustandes „für das Gebiet des jeweiligen Mitgliedstaats zu ermitteln ist“. Bewegt sich die Tierart über Staatsgrenzen hinweg, sind der Erhaltungszustand bzw. die Auswirkungen eines Abschusses „für die biogeografische Region zu beurteilen“.

Erstaunlich selbstbewusst heißt daher im Praxisleitfaden: „Angesichts der Populationsdynamik in Deutschland ist in der Regel davon auszugehen, dass eine Entnahme von Einzeltieren nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands führt oder die Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands behindert. Zu berücksichtigen sind kumulative Auswirkungen auf lokaler und überregionaler Ebene.“

Denjenigen, die die Entnahme zu vollziehen haben, räumt der Leitfaden auch reichlich Platz ein. Demnach kann ein weitgefasster Personenkreis zum Erlegen eines Problemwolfes herangezogen werden, worunter auch im betreffenden Revier regelmäßig tätige Begehungsscheininhaber zählen. Damit könne gewährleistet werden, dass im Fall einer Entnahme ortskundige Jäger zum Einsatz kommen. Nachtzieltechnik oder das Anlocken und Fangen seien genehmigungsfähige Jagdtechniken. Ein nicht unerhebliches rechtliches Risiko für Jäger bleiben jedoch Fehlabschüsse, wenn gezielt ein individueller Wolf entnommen werden soll.


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Projekt AlgaPork: Probiotika fürs Borstenvieh

Ein Landwirtschaftsbetrieb in Sachsen testet frische Algen in der Schweinemast, die er mit einem neuen Verfahren produziert. Erste Ergebnisse des Projektes AlgaPork zeigen positive Effekte beim Zuwachs und Sozialverhalten.

Von Wolfgang Rudolph

Neben der Schweinemastanlage der Agraset-Agrargenossenschaft eG Naundorf im mittelsächsischen Erlau stehen seit einigen Wochen künstliche „Tannenbäume“. Das hat jedoch nichts mit Weihnachten zu tun. Vielmehr handelt es sich um zwei, auch als Tannenbaum-Lichtkollektor-Module (TLM) bezeichnete Photobioreaktoren zur Kultivierung von Mikroalgen. Dass die etwa zwei Meter hohen Kegelstümpfe tatsächlich einer Tanne ähneln, ist kein Zufall. Das Design ist der Natur entlehnt und gewährleistet, dass die grünen Algen in den transparenten Schläuchen, die das Gestell umlaufen, auf jeder Ebene optimal mit Licht versorgt werden.

AlgaPork: Algenproduktion direkt am Stall

Ingenieure der in Dresden ansässigen Gicon-Gruppe entwickelten den Photoreaktor in Kooperation mit Forschungseinrichtungen und Industriepartnern. „Wichtigster Bestandteil des Reaktors ist der doppelwandige Silikonschlauch.

Die dadurch mögliche Temperierung sorgt für ein gleichmäßiges Wachstum der Algen“, erläutert Dr. Martin Ecke von Gicon. Ansonsten sei das geschlossene System robust und in der Handhabung bewusst einfach ausgelegt. Jeweils zwei Photobioreaktoren nutzen gemeinsam eine Steuerungs- und Pumpeneinheit. Über sie erfolgt das Animpfen des Mediums, das die gesamte Schlauchspirale in drei bis vier Minuten durchströmt, sowie die Zugabe von Nährsalzen und die Ausgasung des Sauerstoffs, der bei der Photosynthese der Algen entsteht. Über die Dosierung des im Austausch eingeleiteten CO2 lässt sich zugleich der pH-Wert einstellen, da dieser mit dem Anwachsen der Algenmasse steigt.

Der Bioreaktor erinnert an einen  Tannenbaum. Die Geometrie der  Lichtkollektoren gewährleistet eine  maximale Lichtausbeute.
Der Bioreaktor erinnert an einen Tannenbaum. Die Geometrie der Lichtkollektoren gewährleistet eine maximale Lichtausbeute. (c) Carmen Rudolph

Algenzugaben bereits im einstelligen Prozentbereich wirkungsvoll

Mikroalgen nutzen das Sonnenlicht besonders effizient und liefern, bezogen auf die Anbaufläche, mehrfach höhere Biomasseerträge als Pflanzen. „Bei der Suche nach Einsatzoptionen stießen wir auf das Potenzial im Bereich der Tierernährung“, sagt Ecke. Die Erkenntnis, dass Algen als Futterzusatz in der Nutztierhaltung ähnliche positive Wirkung entfalten wie probiotische Zusätze in Lebensmittel sei nicht neu. Gicon selbst beteilige sich an Forschungen auf diesem Gebiet.

Dabei zeige sich, dass bereits Algenzugaben im einstelligen Prozentbereich im Verhältnis zur normalen Futtermenge zu erstaunlichen Wirkungen im Leistungs-, Gesundheits- und Sozialverhalten der Tiere führen. So habe sich in einem Versuch die Legeleistung von Hennen in einem Biobetrieb auf ein Niveau gesteigert, das sonst nur in der Intensivhaltung erzielbar ist. Auch das in der Geflügelhaltung gefürchtete Hacken der Tiere untereinander nahm spürbar ab.

Betriebsspiegel
Agraset-Agrargenossenschaft eG Naundorf bei Rochlitz/ Am Lagerhaus 1 09306 Erlau
■ 600 Muttersauenplätze (Kreuzung aus Dänischer Landrasse x Dänischen Yorkshire-Schweinen, Anpaarung mit Ebern der Rasse Duroc)
■ Ferkelaufzucht: Bei derzeit 2,3 Würfen werden 33 Ferkel je Sau und Jahr lebend abgesetzt. Diese verbleiben nach 28 Säugetagen weitere 38 Tage bis zu einem Gewicht von 18 kg in der Anlage.
■ Schweinemastanlage mit 1.920 Ferkelaufzucht- und 3.200 Mastplätzen
■ Mastdauer circa 105 Tage
■ 950 Milchkühe mit 10549 kg Milch pro Tier/Jahr
■ Mutterkuhherde mit 200 Tieren der Rassen Charolais, Fleckvieh und Limousin
■ 80 Gänse
■ Fläche von 5.260 ha, davon 673 ha Grünland
■ 313 Genossenschaftsmitglieder und 138 Beschäftigten

Zur Kontrolle der Futterverwertung  werden regelmäßig die Gewichtszunahmen der Tiere geprüft
Zur Kontrolle der Futterverwertung werden regelmäßig die Gewichtszunahmen der Tiere geprüft. (c) Carmen Rudolph

AlgaPork: bis ende 2022 ergebnisse in größerem Maßstab verifizieren

Bei Tests mit Schweinen konstatierten die Wissenschaftler durch Kotanalysen und Gewichtskontrollen deutliche Verbesserungen bei der Futterverwertung. In dem Ende 2019 gestarteten Projekt AlgaPork, das die EU im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und der Freistaat Sachsen mit knapp 700.000 Euro fördert, konnten die Beteiligten aus Industrie, Landwirtschaft und Forschung solche Experimente bislang nur in kleinen Tiergruppen durchführen.

In der nun gestarteten Projektphase, die bis Ende 2022 läuft, sollen die Ergebnisse in größerem Maßstab verifiziert und durch praktische Erfahrungen bei der Algenzufütterung in einem Schweinemastbetrieb ergänzt werden.

Konservierung und transport entfallen

Dem kommen neben dem robusten Aufbau einige Besonderheiten des Photobioreaktors entgegen. Ecke verweist hierbei insbesondere auf die Möglichkeit der Temperaturanpassung in dem doppelwandigen Schlauchsystem. „Dies gewährleistet auch bei wechselnden Umgebungsbedingungen eine gleichbleibend gute Qualität der Mikroalgen als Futterzusatz“, betont der Gicon-Projektleiter. Außerdem würde das lebensmittelechte Schlauchmaterial nicht zu Anhaftungen, dem sogenannten Biofouling, neigen, was den unterbrechungsfreien Dauerbetrieb begünstigt.

Einen weiteren Vorteil sehen die Projektakteure in der Aufstellung des Reaktors unmittelbar neben dem Stallgebäude. So entfallen die ansonsten unumgängliche Konservierung der leicht verderblichen Biomasse als auch der Transport.

Frisch gezapfte Algensuspension

Insgesamt umfasst der Bestand in der Schweinemastanlage von Agraset am Standort Naundorf 4.600 Tiere. Die Versorgung erfolgt über ein Flüssigfütterungssystem. Ein bedeutender Futterbestandteil sind Kartoffelreibsel aus der Kartoffelschälanlage des Tochterunternehmens Agraset Friweika, die über eine unterirdische Leitung in einen Behälter neben dem Stall gepumpt und dort mit Wärme von der Biogasanlage erhitzt werden.

Seit August dieses Jahres wird dem Futter von 300 Schweinen in der Vormast täglich 200 l frisch gezapfte Algensuspension zugesetzt. Das entspricht etwa einem Fünftel des Reaktorinhalts. Im Gegenzug fließt die gleiche Menge an Wasser mit Nährsalz in den Ausgleichsbehälter des Photobioreaktors. „Das regelmäßige Ausdünnen der Suspension regt zugleich das Algenwachstum an“, erläutert Ecke. Für die Kühlung verwenden die Landwirte Brunnenwasser, das anschließend beim Anmaischen des als weitere Futterkomponente eingesetzten Getreides zum Einsatz kommt. Dadurch wird weniger Energie für die Temperaturanhebung des Wassers benötigt.

AlgaPork: erstaunliche Ergebnisse beim ersten Versuch

„Der erste Versuch mit konservierten Mikroalgen in einer kleinen Tiergruppe über eine Futterperiode von fünf Wochen hatte erstaunliche Ergebnisse gezeigt. Nun bin ich wirklich gespannt, ob sich diese Effekte in der Kohorte mit 300 Tieren ebenso oder, wegen der Verwendung von frischen Algen als Futterzusatz, vielleicht sogar deutlicher nachweisen lassen“, sagt Christoph Oltmanns, der die Schweinehaltung der Genossenschaft leitet. Das betreffe die bessere Futterverwertung, also einen geringeren Futterverbrauch bei gleichem Zuwachs und insbesondere die Ausgeglichenheit innerhalb der Gruppe.

So habe man im Verlauf des Tests deutlich weniger Tiere wegen unzureichender Gewichtszunahme zurückstallen müssen. „Besonders bemerkenswert finde ich, dass sich diese Ausgeglichenheit beim Zuwachs in der Hauptmast fortsetzt, obwohl dort keine Algen mehr im Futter enthalten sind. Die Zufütterung mit Mikroalgen in der Ferkelaufzucht bewirkt offensichtlich eine Prägung bis zur Erreichung des Schlachtgewichtes“, so der 58-jährige Diplom-Agraringenieur.

Diese Beobachtung bestätigt Stephanie Zwintzscher, die den Bereich der Schweinehaltung übernehmen soll und gegenwärtig die Schweinezucht mit 600 Sauenplätzen im nahe gelegenen Wiederau verantwortet. Sie hat im ersten Algen-Fütterungstest zudem wahrgenommen, dass sich die Tiere seltener aggressiv verhalten und in der Gruppe mehr Ruhe herrscht. „Am Anfang waren die Ferkel von der Farb- und Geruchsänderung durch den Algenzusatz irritiert. Aber das hielt nicht lange an“, berichtet die 31-Jährige.

Rückschlüsse auf die Verdauungseffizienz

Zu den Beteiligten am Projekt AlgaPork gehört die fodjan GmbH aus Dresden. Das auf digitales Fütterungsmanagement spezialisierte Unternehmen stellt die Software für die computergestützte Auswertung der Fütterungsversuche zur Verfügung. „Wir haben im Stall Umweltsensoren installiert, und zwar im Bereich mit Algenzusatz im Futter, als auch dort, wo die 300 Schweine der Kontrollgruppe das normale Flüssigfutter erhalten“, informiert fodjan-Geschäftsführer Carsten Gieseler. Die von den Geräten permanent erhobenen Messwerte zum Gehalt von CO2, Ammoniak und Schwefelwasserstoff in der Stallluft ermöglichten in Kombination mit entsprechenden Algorithmen zeitnahe Rückschlüsse auf die Verdauungseffizienz der Schweine.

Jan Gumpert, Vorstandsvorsitzender der Agraset-Agrargenossenschaft, sieht hier als interessanten Nebeneffekt einen Ansatz zur Verbesserung der CO2-Bilanz in der Schweinemast. Wenn durch die Zufütterung von Mikroalgen mehr Biomasse im Schwein verbleibt, emittiere es weniger Klimagase. „Sollte es nun noch gelingen, den Stickstoff aus der Abluft des Stalls als Input für den Photobioreaktor zu verwenden, wäre das die sprichwörtliche Kirsche auf der Sahne“, blickt der Landwirt bereits weiter. Angedacht sei außerdem, die thermische Energie der Biogasanlage zur Temperierung des Algenschlauchsystems zu nutzen, um eine zu starke Abkühlung in Frühjahrs- und Herbstnächten zu vermeiden. Ein Teil der von den Biogas-BHKW erzeugten elektrischen Energie wiederum könnte künftig in der lichtarmen Jahreszeit den Strom für Speziallampen zur Anregung des Algenwachstums bereitstellen.

AlgaPork: Algenzusatz befördert die Darmgesundheit

Die wissenschaftliche Begleitung des Projektes AlgaPork erfolgt durch die Universität Rostock. Hier untersucht ein von Prof. Petra Wolf geleitetes Forscherteam in sogenannten Ankom-Flaschen, in denen die Verdauungsvorgänge bei Schweinen nachgebildet werden, die Veränderungen der Darmflora bei Zugabe unterschiedlicher Algenmengen.

Festgestellt wurde dabei eine verminderte Gasbildung und Senkung des pH-Wertes. „Die Analyse der Gase auf flüchtige Fettsäuren zeigt bei Algenzusatz einen höheren Anteil von Butyrat und Propionat“, informiert Wolf. Beide Substrate spielten eine herausragende Rolle bei der Ernährung der Enterozyten (Darmschleimhautzellen) und seien wichtig für die Bildung der bei den Schweinen angestrebten Mikrobiota.

Zusammen mit der pH-Wert-Absenkung unterstütze dies die Darmgesundheit. „Wenn die Schweine bei einer Algenzufütterung so reagieren wie bei unserem künstlichen Magen-Darm-Trakt im Labor, nehmen Durchfallerkrankungen ab, enthält die Stallluft weniger Ammoniak und die Tiere erreichen früher ihr Endmastgewicht“, vermutet die Professorin für Ernährungsphysiologie und Tierernährung.

Für Christoph Oltmanns sind das Lichtblicke angesichts der desaströsen Marktlage. Aktuell blickt er jedoch mit Sorge in die Zukunft. „Was die Effizienz anbelangt, befinden wir uns sicher im oberen Viertel der Schweinehalter in Deutschland. Dennoch werden wir in diesem Jahr wohl erstmals keine schwarzen Zahlen schreiben“, befürchtet der Leiter der Schweinehaltung bei Agraset. Grund dafür ist der anhaltend starke Preisdruck, der bei Schlachtschweinen nun schon seit Monaten nicht mehr nachlässt.

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Proteinfutter: Leinkuchen für Bioschweine

Im Rahmen eines EIP-Projektes wurde die Eignung von hofeigenem Leinkuchen als Proteinfutter untersucht. Kann er eine Alternative zu Soja sein oder braucht er die Kombination mit anderen Eiweißpflanzen?

Von Claudia Dolsdorf, LVAT

Die wichtigsten eiweißliefernden Futterpflanzen für die Bioschweinehaltung in Deutschland sind Erbsen, Lupinen, Ackerbohnen, Raps, Sonnenblumen und Lein. Auch der Sojaanbau hat in letzter Zeit Aufwind erfahren, steckt aber noch in den Kinderschuhen. Deshalb ist ein Import in großen Mengen noch notwendig. Aber geringe Mengen am internationalen Sojamarkt lassen die Preise steigen.

Der Anbau von Erbsen und Lupinen ist auch in Brandenburg zunehmend eine Herausforderung. Verstärkt auftretende Frühsommertrockenheit führte gebietsweise zu Ernteausfällen. Durch die starken jährlichen Schwankungen im Ertrag und Verfügbarkeiten der gängigen Eiweißfutterpflanzen ist es sinnvoll, über weitere Alternativen nachzudenken und mit versuchsweisem Anbau und Einsatz zu beginnen.

Sonnenblumen- und Leinkuchen

Sonnenblumen- und Leinkuchen, als Produkte aus der Ölgewinnung, sind zunehmend im Biobereich von Bedeutung. In einem EIP-Projekt* wurde daher der Einsatz von Leinkuchen im Bioschweinefutter auf mögliche positive Mast- und Schlachtleistung geprüft und ob eine Reduktion des Sojaeinsatzes möglich ist.

Verglichen wurden drei Konzepte, die Leinkuchen in gleichen Anteilen enthalten (entsprechend der geltenden Restriktionsvorgaben). Erbsen, Lupinen und Raps sind je nach Verfügbarkeiten ergänzend in die Rationen gemischt worden. Angepasst an den sich verändernden Nährstoffbedarf der Tiere je Haltungsabschnitt fand generell eine Fütterung in Phasen statt:



Leinkuchen

Die Prüfung fand über einen längeren Zeitraum statt (die drei Rationen wurden also nicht zur selben Zeit geprüft). Dennoch wurden alle Futtervarianten unter gleichen Bedingungen erprobt: gleiche Haltung nach Ökostandard, Fütterungstechnik, Rassenkreuzung, Alter und Anlieferung. Eine Kontrollgruppe sollte das erreichbare Leistungsniveau der verwendeten Tiergenetik unter praxisüblichen konventionellen Bedingungen erfassen (Tab. 1).

Das Ziel war, in der Endmast auf Soja zu verzichten und über den Leinkuchen den Eiweißgehalt und das notwendige Aminosäuremuster in die Ration zu bekommen. Standortangepasst wurde in der Endmast viel Roggen eingesetzt.

Weizen als hochwertige Getreidekomponente spielte dafür vermehrt im Ferkelfutter eine Rolle. Triticale und Hafer sind als Füllkomponente zu sehen und könnten auch bei ähnlichem Nährstoffgehalt durch andere Getreidekomponenten ausgetauscht werden. Für Variante 2 waren durch Ernteausfall weder Lupinen noch Erbsen verfügbar. Entsprechende Defizite in der Bedarfsdeckung sind über einen erhöhten Sojaanteil in allen drei Phasen ausgeglichen. Gemessen am konventionellen Niveau lagen die Zunahmen der Varianten 1–3 um 200 g niedriger, die Verfettung war um 0,3–0,5 cm höher und der Fleischansatz lag um 0,5–0,9 % niedriger (Tab. 2).

Rationsvarianten und Ergebnisse

Der höhere Sojaeinsatz in der Variante 2 hat sich nur im Wachstum bezahlt gemacht, die Schlachtleistung wurde durch eine höhere Verfettung verringert. Die Aufzuchtergebnisse waren zufriedenstellend. Vergleichend hat Variante 1 einen zur Hälfte reduzierten Sojaanteil im Vormastfutter als im Ferkelfutter und Vormastfutter. Mit den besten Mastleistungen ist sie zu empfehlen. Das Minderniveau in der Aufzucht ist durch die Fütterung nicht erklärbar. Als zweitbeste Variante ist Ration 3 mit vielen einheimischen Leguminosen zu empfehlen.

FAZIT

Mit viel betriebseigenem Futter lassen sich akzeptable Leistungen in der Bioschweinemast erzielen. Leinkuchen kann daher eine gute Alternative zu Soja sein, sorgt aber nur in Kombination mit anderen Eiweißpflanzen für eine ausreichende Nährstoffversorgung. Als alleiniger Eiweißlieferant ist er nicht geeignet. Sein Wert ist mit dem des Sonnenblumenkuchens vergleichbar. Beide Produkte aus der Ölgewinnung liefern gute Eiweißmengen und können zugleich bestimmte Energiedefizite ausgleichen.


* EIP-Projekt „Optimierung der ökologischen Schweine-/Sauenhaltung in Brandenburg durch Innovation im Bereich Haltung und Fütterung“

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Rindergrippe: Atemwegserkrankungen erfolgreich bekämpfen

In vielen landwirtschaftlichen Betrieben ist die Rindergrippe ein wiederkehrendes Problem. Über dieses komplexe Thema berichten wir in einer Artikelreihe zu Prophylaxe, Diagnostik und Therapie.

Von Dr. Hans Peter Heckert, Fachtierarzt für Rinder, Dipl. ECBHM (European College of Bovine Health Management)*

Erfahrungsgemäß kommt es während der Wintermonate in den Zuchtbetrieben gehäuft zu Erkrankungen der Atemwege, während Mastbetriebe häufig kurz nach Tierzukauf betroffen sind. Meist sind die Atemwegserkrankungen infektionsbedingt und neben den Durchfällen bei neugeborenen Kälbern die häufigsten Verlustursachen im Verlauf der Kälberaufzucht.

Spezialwissen ist meist vorraussetzung

Trotz neu entwickelter Medikamente, ausgereifter Labordiagnostik und besserer Impfstrategien verläuft die Bekämpfung der Atemwegserkrankungen in der täglichen Praxis eher unbefriedigend. Zur Verbesserung der Situation im Problembetrieb ist meist Spezialwissen Voraussetzung, das durch tierärztliche Bestandsbetreuung und landwirtschaftliche Fachberatung eingebracht werden kann.

Eine erfolgreiche Bekämpfungsstrategie erfordert generell ein systematisches Vorgehen und ergibt sich insbesondere aus:



Kalb
(c) Dr. Hans Peter Heckert

Wie kommt es zur Rindergrippe?

An der Entstehung der respiratorischen Erkrankungen können verschiedene Virusarten, Bakterien und zahlreiche Faktoren der Haltung und Fütterung beteiligt sein. Die eigentliche Rindergrippe wird daher auch als sogenannte polyfaktorielle Erkrankung bezeichnet.

Die hierbei nachgewiesenen Erregerarten sind meist schon in den betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben vorhanden. Erst durch ungünstige Umweltfaktoren, wie etwa ein Stallklimawechsel oder Futterumstellung und zootechnische Maßnahmen, führen diese Erreger zu akuten Krankheitserscheinungen.

Daraus folgt, dass sowohl eine umfassende Diagnostik, also die Ursachenklärung, als auch die Bekämpfungsmaßnahmen komplexer Natur sind. Zudem ist es selten möglich, die gelungene Bekämpfungsstrategie des einen Betriebes auf einen anderen 1:1 zu übertragen.

Stallumbau kann Medikamentenverbauch deutlich senken

Auch die Vorbeugemaßnahmen beinhalten aufgrund des polyfaktoriellen Geschehens nicht nur den Einsatz eines vorbeugenden Impfprogrammes, sondern auch die Überprüfung und mögliche Verbesserung der Fütterungs- und Haltungsbedingungen sowie des Managements.

Hierbei ist die Überprüfung des Stallklimas von großer Bedeutung. In vielen Fällen hat sich durch einen Stallneubau oder selbst durch gezielte Umbaumaßnahmen des alten Stalles die Situation soweit verbessert, dass Behandlungsaufwand und Medikamentenverbrauch deutlich gesenkt werden konnten.

Gerade die Minimierung der Antibiotikaeinsätze in der Nutztiermedizin hat sich in der letzten Zeit zu einem wesentlichen Thema in der Wissenschaft und auch in der Diskussion seitens der Verbraucher entwickelt, da eine Zunahme von Resistenzen weltweit zu verzeichnen ist. In einem umfangreichen Projekt wurde daher federführend von Vetion, der Akademie für Tierärztliche Fortbildung (ATF) der Bundestierärztekammer, und dem Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen der Freien Universität Berlin ein kostenpflichtiges Online-Fortbildungsprogramm initiiert, das in mehreren Beiträgen unter „Vet-MAB – Antibiotikaminimierung im Stall“ auf Verbesserungen der Haltungsbedingungen und Hygienekonzepte eingeht.

ATEMWEGSERKRANKUNGEN
Warum sind Rinder besonders anfällig?

Das Lungenvolumen eines Rindes von 600 kg ist um zwei Drittel kleiner als das eines Pferdes mit gleichem Gewicht. Daher ist die Atemfrequenz beim Rind um 2,5-mal höher als beim Pferd. Zudem ist die Rinderlunge sehr stark in einzelne Abschnitte gegliedert. Die einzelnen Segmente haben keine Querverbindungen untereinander.

Wenn einer der zuführende Luftweg durch Entzündungsprodukte blockiert wird, fällt der gesamte nachfolgende Lungenabschnitt aus. Die Kombination aus der besonderen Anatomie der Rinderlunge und der hohen Atemfrequenz führt deshalb zu einer gesteigerten Anfälligkeit gegenüber Atemwegserkrankungen und macht die Lunge zur „Achillesferse“ des Rindes.
Dr. Heike Engels


*Kontakt zum Autoren: dr.heckert@berlin.de


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Unternehmensinterner Generationswechsel – kreativ und sicher

Hohe Landpreise, die Aufdeckung stiller Reserven, drohende Steuerzahlungen und Handelsbeschränkungen können den unternehmensinternen Generationswechsel erschweren.

Die Fragen stellte Dr. Martin Schneider, IAK Agrar Consulting GmbH

Einheimische Landwirtschaftsbetriebe in einheimische Hände – diese Formel würde wohl fast jeder Agrarpolitiker aktuell unterschreiben. Doch in der Praxis ist dieser Anspruch gar nicht so leicht zu sichern, wenn der „alte Hase“ in Rente geht und Ersatz gefragt ist. Wie es gelingen kann, den unternehmensinternen Generationswechsel erfolgreich zu gestalten, erklären der Agrarberater Dieter Künstling von der IAK Agrar Consulting GmbH in Leipzig und der Rechtsanwalt Dr. Reinhard Mecklenburg von der BTR Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Berlin.

Dieter Künstling im Portrait
Dieter Künstling (c) privat

Agrarflächen und Agrarunternehmen sind heute extrem teuer. Haben unter diesen Bedingungen Mitgesellschafter und Familienangehörige überhaupt eine Chance zur Hofnachfolge und Betriebsübernahme?
Dieter Künstling: Diese Frage suggeriert eine Situation, die es so eigentlich nicht gibt. Die aktuelle öffentliche Diskussion und der agrarpolitische Aktionismus erwecken den Anschein, dass unser Land in Gefahr sei, wenn Betriebe von neuen Eigentümern übernommen werden.

Die Realität ist aber eine andere. In vielen Unternehmen hat man die Eigentumsfrage zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Dies mag kein Idealzustand sein, aber es geht erstmal in wirtschaftlich gesunden Strukturen weiter. Jedoch ist besonders erfreulich, dass in den letzten Jahren erste interne Lösungen gute Schule machen konnten. Dazu gehört es, die Entscheidungen in den Unternehmen frühzeitig zu kommunizieren und in die Unternehmensphilosophie einzubeziehen.

Das Entscheidende ist jedoch, Managementpersonal zu finden, das nicht nur gut ausgebildet ist, sondern sich auch als Unternehmer sieht und bereit ist, Risiko und Verantwortung zu übernehmen. Solche Unternehmer fallen nicht vom Himmel; und fehlen sie, wird von den Gesellschaftern häufig die Entscheidung zum Verkauf des Unternehmens getroffen.

Was ist bei einer internen Weitergabe von Eigentum und Verantwortung im Generationswechsel zu beachten?
Dieter Künstling: Zunächst muss es hinsichtlich der Findung eines möglichen Kaufpreises für Unternehmensanteile bei einer internen Lösung auch um eine detaillierte Betrachtung der Vermögenslage und des sich daraus ergebenden Kapitalbedarfes für die Erwerber gehen. Teilweise sind nicht unerhebliche Steuerlasten zu beachten, wobei häufig durch unsachgemäße Entscheidungen viel zu viel Steuerlast in Kauf genommen wird. Besser ist es, mit längerem Vorlauf zu planen und legitime Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Letzten Endes geht es aber auch nicht ohne Zusammenarbeit mit den Banken, die Teile von Kaufpreisen finanzieren müssen, da die Eigenkapitalverfügbarkeit häufig eingeschränkt ist.

Darüber hinaus benötigen die Erwerber auch den unternehmerischen Spürsinn dafür, wie im Unternehmen Prozesse optimiert und gewinnbringend gestaltet werden können. Das kann auch Einstellung bedeuten, zum Beispiel bei einer Produktionsrichtung, die schon 20 Jahre keine Gewinne mehr gemacht hat. Aber auch die aktuellen Herausforderungen für Nachhaltigkeit der Landwirtschaft, Biodiversität, Klimaschutz und ausreichende Einkommen für den Unternehmer und dessen Angestellte gilt es zu bedenken.

Letztendlich ist zu beachten, dass Betriebe nach wie vor teuer und gefragt sind. Das macht für einen klassischen Einzelbauernbetrieb gern mal 3 bis 4 Mio. Euro Wert. Mittlere Agrargenossenschaften bringen Verkehrswerte von 10 bis 15 Mio. Euro auf die Waage, und größere durchaus deutlich über 20 Mio. Euro. Derzeit wirken sich jedoch die zunehmenden Umweltauflagen, Auflagen zum Tierwohl und geringe Renditeerwartungen für Milch und Schweineproduktion auf größeren Betrieben mit intensiver Tierproduktion teilweise negativ auf den Verkehrswert aus.


Fast drei Viertel der befragten Landwirte über 50 Jahre ohne aktuellen Hofnachfolger können sich vorstellen, den Betrieb außerfamiliär zu übergeben.
(c) Christian Mühlhausen/LANDPIXEL

Wie steht es um die Hofnachfolge?

Landwirte über 50 von kleineren Höfen und Ackerbaubetrieben wissen relativ häufig noch nicht, wer ihren Hof weiterführt. Das ist eine Erkenntnis einer repräsentativen Umfrage unter Familienbetrieben. mehr


Wie können interne Hofnachfolger solche Summen aufbringen?
Dieter Künstling: In unserer Beratungspraxis hat sich bestätigt, dass Nachfolgeeigentümern aus dem „eigenen Stall“ von den „Alten“ häufig ein gewisser Preisbonus gewährt wird, weil sie ausdrücklich eine interne Nachfolgeregelung wünschen. Dennoch braucht man oft kreative Lösungen in der Finanzierung, gegebenenfalls auch eine Zusammenarbeit mit einem privaten Geldgeber, da die Rentabilität solcher Finanzierungen wegen des hohen Verkehrswerts der Flächen meist gering bleibt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang alle, die bei den Berufsverbänden und in der Agrarpolitik über das Dilemma der internen Eigentumsübertragungen diskutieren, dringend darum bitten, über neue Förderinstrumente nachzudenken: Die Regierung von Helmut Kohl hat es 1990/91 geschafft, durch ein Bürgschaftsprogramm für juristische Personen und Wiedereinrichter einen sehr wesentlichen Impuls für eine erfolgreiche Anpassung der ostdeutschen Landwirtschaft an die Bedingungen der Marktwirtschaft zu geben, obwohl Bankbürgschaften für Agrargenossenschaften nicht unbedingt zum traditionellen Leitbild deutscher Agrarpolitik gehörten.

Ein Bürgschaftsprogramm für Junglandwirte und Junggesellschafter zum Erwerb von Anteilen und Betrieben, verbunden mit Einforderung unternehmerischer Risikobereitschaft (Gestellung banküblicher Sicherheiten) würde die Entstehung einer guten Agrarstruktur sicherlich sehr unterstützen. Damit können die Schwierigkeiten des unternehmensinternen Generationswechsels überwunden werden.

Gibt es Banken, die unternehmensinterne Generationswechsel begleiten?
Dieter Künstling: Die Frage kann eindeutig mit „Ja“ beantwortet werden. Jedoch ist der Entscheidungsspielraum der Banken vom Regelwerk nach „Basel“, der Bankenaufsicht und häufig auch dem allgemeinen Geschäftsklima geprägt. Deswegen könnte ein Bürgschaftsprogramm so manches bisher Festsitzende bewegen.

Doch die entscheidende Frage ist auch für die Bank: Wo ist der Unternehmer mit Risikobereitschaft und Eigenkapital? Ist er nicht vorhanden beziehungsweise fehlt es an Eigenkapital, kann die Bank die Gesetze des Marktes und der ökonomischen Vernunft nicht außer Kraft setzen, und nur ein rechtskonformer Eigentumswechsel auf fremde Dritte ist ein legitimer Weg.

Und das ist keineswegs pauschal nachteilig für das Land: Wie wir immer wieder in den Dörfern zwischen Ostsee und Erzgebirge feststellen, fließen den Veräußerern durch den Verkauf von Geschäftsanteilen erhebliche Geldbeträge zu, die für die Entwicklung der ländlichen Räume und vor allem für unternehmerische Tätigkeit genutzt werden: So manches Junior-Familienmitglied eines Veräußerers hat mit dem Geld aus dem Betriebsverkauf eine eigene Tätigkeit als Landwirt, als Gastwirt, als Techniker oder als IT-Unternehmer aufgebaut.

Dr. Reinhard Mecklenburg im Portrait
Dr. Reinhard Mecklenburg (c) privat

Eine ganze Reihe von Agrarpolitikern versucht zurzeit, den Verkauf von Unternehmensanteilen in der Landwirtschaft gesetzlich zu beschränken. Welche Chancen geben Sie diesen Absichten?
Dr. Reinhard Mecklenburg: Derzeit gibt es verschiedene agrarpolitische Gesetzgebungsabsichten in einigen Bundesländern und zum Teil auch im Bund. Eines der wichtigsten Vorhaben in einigen Bundesländern sind die sogenannten Agrarstrukturgesetze.

Aus unserer Sicht ist derzeitig eine nicht zu begrüßende Tendenz von Staatsgläubigkeit zu verzeichnen. Das Grundgesetz grenzt die Rechte des Staates auf bestimmte Bereiche ein. Das Grundprinzip unserer Rechtsordnung besteht nicht in einem Obrigkeitsstaat, sondern in der Möglichkeit der freien Entfaltung des Menschen in einer freien Gesellschaft. Der Staat ist nur dafür da, das gesellschaftliche Leben zu regeln.

So wie die Entwürfe der unterschiedlichen Agrarstrukturgesetze derzeit vorliegen, verstoßen sie aus unserer Sicht in weiten Teilen gegen das Grundgesetz. Sie sind darüber hinaus nicht nur handwerklich schlecht entworfen, sondern in weiten Teilen überflüssig oder werden keine Wirksamkeit entfalten.

Zum Teil stellen die Regelungen, insbesondere was die Beschränkung des Erwerbs von landwirtschaftlichen Flächen und der Anpachtung von landwirtschaftlichen Flächen durch Landwirte anbelangt, einen verfassungswidrigen Eingriff in die Rechte der Unternehmer dar.

Aus unserer Sicht stellen weite Teile der Entwürfe zu den Agrarstrukturgesetzen mindestens einen Verstoß gegen Artikel 12 und Artikel 14 des Grundgesetzes dar. Die Entwürfe machen den Eindruck, dass diese von Ideologen entworfen wurden, die in Verklärung ihrer Kindheit nach dem Spruch von Pippi Langstrumpf „ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“, verbrämt mit Märchen vom Bauern, seiner Frau, den beiden Kindern, der Magd und dem Knecht eine Landwirtschaft errichten wollen. Diese Vorstellung von moderner Landwirtschaft ist realitätsfern. Wir gehen davon aus, dass, sofern derartige Gesetze tatsächlich beschlossen werden sollten, Normenkontrollverfahren zwingend erforderlich sein werden.

Sofern es in den Betrieben eine interne Lösung für den unternehmensinternen Generationswechsel gibt – worin sehen Sie die besonderen Herausforderungen und Risiken auf rechtlicher und steuerlicher Seite?
Dr. Reinhard Mecklenburg: Bei den sogenannten internen Lösungen zur Übertragung von Beteiligungen an landwirtschaftlichen Unternehmen sehen wir derzeit die größte Herausforderung in der relativ geringen Eigenkapitalausstattung der derzeitigen alteingesessenen Gesellschafter.

Überwiegend sind diese Gesellschafter entweder bereits seit 1990 mit der Umwandlung der LPG Gesellschafter geworden oder im Laufe der Jahre seit 1990 beigetreten. Es handelt sich aus unserer Erfahrung heraus überwiegend um Gesellschafter, die über kein hohes Eigenkapital verfügen.

Es ist unstrittig, dass sich in der Zeit von 1945 bis 1990 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR kein großes Eigenkapital bei den Gesellschaftern herausbilden konnte. Große Vermögen wurden in der Zeit von 1945 bis 1990 entweder enteignet oder haben das Land verlassen.

Auch waren die Jahre von 1990 bis circa 2000 nicht die besten Jahre in der Landwirtschaft. Weder die Unternehmen selber noch die Gesellschafter konnten ein nennenswertes Eigenkapital bilden. Aus den gezahlten Löhnen und Gehältern konnte kein Eigenkapital gebildet werden.

Die heutigen landwirtschaftlichen Unternehmen verfügen über sehr hohe stille Reserven. Stille Reserven liegen insbesondere im Eigentum an Grund und Boden. Will man einen fairen Kaufpreis für Geschäftsanteile zahlen, müssten die stillen Reserven aufgedeckt werden.
Dies führt dazu, dass die finanziellen Belastungen für den Erwerb von Geschäftsanteilen von ausscheidenden Gesellschaftern sehr hoch und zum Teil nicht aus den langfristig zu erwirtschaftenden Erträgen zu refinanzieren sind. Fremdinvestoren übernehmen solche Beteiligungen häufig mit einem hohen Eigenkapital, was bei einer internen Lösung der präsenten Gesellschafter häufig fehlt.

Welche Erfahrungen und Ratschläge haben Sie für den Fall, dass Eigenkapital nur im geringen Umfang zur Verfügung steht? Können anstelle eines Kaufpreises auch Sachwerte den Kaufpreis ersetzen bzw. übertragen werden?
Dr. Reinhard Mecklenburg: Für eine interne Lösung gibt es verschiedene Varianten. Ein probates Mittel ist die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters durch Übertragung von Vermögenswerten. Bevorzugt wird hier die Lösung, dass ausscheidenden Gesellschaftern eine Mischung aus Geld und Land als Abfindung für die Übertragung der Geschäftsanteile übereignet wird.

Hierbei ist zu beachten, dass Grund und Boden zu Verkehrswerten angesetzt werden muss. Dies führt zur Aufdeckung stiller Reserven bei der Gesellschaft. Der veräußernde Gesellschafter muss den Zufluss an Werten (Grund und Boden, etc.) versteuern.

Praktisch gesehen sollte ein ausscheidender Gesellschafter im Verhältnis mindestens 30 % Geld und 70 % Sachwerte erhalten, um in der Lage zu sein, seinen Steuerverpflichtungen nachzukommen.

Sollte es innerhalb der Gesellschafter keine Möglichkeiten geben, die Beteiligungen ausscheidenswilliger Gesellschafter zu übernehmen, gibt es in der GmbH die Möglichkeit, sogenannte eigene Anteile zu bilden. Anstelle der Gesellschafter erwirbt die Gesellschaft die Anteile der ausscheidenswilligen Mitgesellschafter. Zu beachten ist hierbei der § 33 GmbH-Gesetz.

Genossenschaften haben diese Möglichkeit nicht. Sie müssten erst in eine GmbH umgewandelt werden. Auch bei Aktiengesellschaften sind höhere Schranken im Gesetz vorgesehen. Die Aktiengesellschaft darf nach dem Gesetz nur zehn Prozent der Aktien als eigene Anteile halten.

Gibt es Alternativen?
Dr. Reinhard Mecklenburg: Neben der Möglichkeit des Erwerbs von Geschäftsanteilen gegen die Zahlung von Geld und Übertragung von Sachwerten durch die Gesellschaft (eigene Anteile) gibt es die klassischen Regelungen der Verrentung oder der Ratenzahlung. Beide Varianten sind möglich, aber genießen in der Praxis relativ wenig positiven Zuspruch, da die Zahlungen kaum insolvenzfest abzusichern sind.

Steuerliche Risiken gibt es bei diesen Prozessen nur dann, wenn man die Steuerfolgen nicht berücksichtigt. Erhält der Gesellschafter statt Geld Land als Abfindung für seine Geschäftsanteile, hat die Gesellschaft die stillen Reserven zu versteuern. Dies kann besonders in Unternehmen, die schon in den 90er-Jahren zu sehr günstigen Konditionen Land erworben haben, dazu führen, dass die Körperschaft- und Gewerbesteuer in Höhe von circa 30 % auf stille Reserven zu zahlen wäre.

Der ausscheidende Gesellschafter aus Kapitalgesellschaften und Genossenschaften hat nach § 17 Einkommenssteuergesetz seine Steuern zu zahlen. Die Steuern sind grundsätzlich nur auf den Veräußerungsgewinn zu entrichten. 40 % des Veräußerungsgewinnes sind steuerfrei, 60 % sind zu dem persönlichen Steuersatz zu versteuern, sodass hier eine Steuerbelastung entsteht, die deutlich geringer ist als die Steuerbelastung bei Arbeitseinkünften.

Übernimmt ein Gesellschafter Land, sind selbstverständlich Grunderwerbsteuern zu zahlen.
Auf die Besonderheiten von Personengesellschaften können wir an dieser Stelle nicht eingehen, da sie sowohl rechtlich als auch steuerlich ein gesondertes Feld sind.

Zwischen Altgesellschaftern und zugezogenen jungen Managementexperten sollte über einen längeren Zeitraum eine Vertrauensbasis entstehen. Aus dem angestellten Junior-Geschäftsführer sollte ein maßgeblich verantwortlicher Unternehmer der Agrargenossenschaft oder Agrar GmbH werden. Die Fälle des Generationswechsels, bei denen es nicht so wird, sind ja auch schon hinreichend bekannt. Auf welchem juristischen Weg soll Vorsorge betrieben werden, wenn der Geschäftsführernachfolger am Ende doch nicht die Erwartungen erfüllt?
Dr. Reinhard Mecklenburg: Junior-Geschäftsführer sollten motiviert werden, alles zu tun und nichts zu unterlassen, um die Entwicklung des jeweiligen Landwirtschaftsbetriebes voranzubringen. Man kann sich bei der Auswahl von Geschäftsführern vertun oder Glück haben. Dies weiß man erst im Nachhinein. Nichts ist fataler, als wenn man Fremdgeschäftsführer als Gesellschafter einer GmbH, als Aktionär einer Aktiengesellschaft oder als Mitglied einer Genossenschaft aufnimmt und dann feststellt, dass man sich bei der Auswahl vertan hat. Diese Feststellung kann von beiden Seiten erfolgen. In der Genossenschaft ist es noch schwieriger, da Vorstand nur sein kann, wer Mitglied ist.

Aus diesem Grunde sollten Vereinbarungen, mit denen Junior-Geschäftsführer eine Beteiligung an einer GmbH erhalten, mit einer Rückfallklausel verbunden sein. Die Rückfallklausel muss greifen, wenn der Geschäftsführeranstellungsvertrag aus welchem Grunde auch immer, innerhalb einer Frist von mindestens fünf, maximal zehn Jahren wieder aufgelöst wird. Für diesen Fall sollte der Junior-Geschäftsführer verpflichtet sein, seine Geschäftsanteile an die Gesellschaft zurückzuübertragen.

Auch die Rückübertragungskonditionen müssen vertraglich geregelt sein. Damit vermeiden Sie, dass Fremdgeschäftsführer, die zur Motivierung Beteiligungen erhalten haben, diese behalten, obwohl sie für das Unternehmen nicht mehr tätig sind. Freude bringt dies zumindest aufseiten des Unternehmens nicht.

Was gibt es dabei zu beachten?
Dr. Reinhard Mecklenburg: Die Regelungen müssen beurkundet werden. Eine ähnliche Regelung sollte in einer Aktiengesellschaft getroffen werden. In der Genossenschaft stellt sich die Sache etwas schwieriger dar. Die Genossenschaften müssen Satzungsregelungen enthalten, nach denen ein Mitglied, welches nur aufgenommen wurde, damit es Vorstand werden konnte, bei Beendigung des Anstellungsvertrages aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden kann. Fehlt diese Satzungsregelung, werden die Unternehmen, die als Genossenschaft organisiert sind, die Mitgliedschaft gegen den Willen des ausgeschiedenen Vorstandes nicht beenden können. Auch dies bringt viel Frustration auf Generalversammlungen.

Wer es unterlässt, zulässige Regelungen zu treffen, darf sich dann nicht über Urteile von Gerichten beschweren. Sowohl die Möglichkeit, einen Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen beziehungsweise seine Geschäftsanteile einzuziehen, als auch die Möglichkeit, in einer Genossenschaft ein Mitglied auszuschließen, sind an klare gesetzliche Regelungen gebunden, die in der Satzung modifiziert werden können. Fehlt es an einer derartigen Satzungsregelung, sind die Chancen schlecht, den aufgenommenen Gesellschafter/das aufgenommene Mitglied aus der Gesellschaft/Genossenschaft auszuschließen.

FAZIT

Interne Generationswechsel und Vermögensnachfolgen benötigen:



Im Übrigen werden Verkehrswerte für landwirtschaftliche Unternehmen und Flächen weder durch Gutachter noch durch Gesetze geregelt. Der Markt funktioniert – auch beim Generationswechsel.

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Gewässerschutzkooperationen: Salden sind im Keller

Die Gewässerschutzkooperationen, an denen sich knapp 100 Betriebe freiwillig beteiligen, zogen Bilanz. Sowohl beim Erosionsschutz als auch beim Stickstoffmanagement verfehlen die Projekte ihre Wirkung nicht.

Zum Abschlussworkshop 2021 des „Arbeitskreises Gewässerschutz“ fanden sich Thüringer Agrarbetriebe zusammen. Im Fokus stand die Auswertung der Kooperationstätigkeit in den Teilprojekten Erosionsschutz und Stickstoffmanagement im Projektzeitraum von 2009 bis 2021 sowie die Evaluierung der Ergebnisse aus dem aktuellen Jahr. Gefördert werden die Kooperationen vom Umweltministerium. Das Landesamt für Landwirtschaft (TLLLR) begleitet sie fachlich.

Gewässerschutzkooperationen: positive effekte zu verzeichnen

Im Teilprojekt Erosionsschutz umfasste das Kooperationsgebiet eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von rund 90.000 ha. Den 66 beteiligten Betrieben steht ein großes Spektrum an Beratungswerkzeugen zur Verfügung, das seit 2009 stetig gewachsen ist. Im Projektzeitraum 2020/21 fand in Ostthüringen eine Evaluierung der erosionsmindernden und gewässerschonenden Bewirtschaftungsformen statt.

Seit dem Bestehen der Kooperation hat sich dort der Anteil der wendenden zugunsten der pfluglosen Bodenbearbeitung und dem Mulchsaatverfahren deutlich verlagert. Der Anbau von Zwischenfrüchten und die dauerhafte Anlage von Randstreifen haben sich etabliert. In den Ostthüringer Projektbetrieben ist seither eine signifikante Reduktion des potenziellen Bodenabtrags sowie eine Abnahme der Flächen und Flächengrößen in den hohen Erosionsgefährdungsklassen (E4/E5) zu verzeichnen. Diese Ergebnisse, so hieß es, zeigten einen positiven Effekt der Kooperationsarbeit.

Gewässerschutzkooperationen

Im Teilprojekt N-Management waren im abgelaufenen Projektjahr 38 Betriebe mit 50.000 ha Ackerfläche einbezogen. Im gesamten Kooperationsgebiet wurde im Durchschnitt aller Projektbetriebe ein Stickstoff-Saldo von 13 kg N/ha erzielt (Vergleich 2019: 17 kg N/ha; 2020: 16 kg N/ha).

Hierbei muss angemerkt werden, dass eine weitere Absenkung der Salden langfristig zulasten der Bodenfruchtbarkeit geht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass weitere Stickstoffeinsparungen qualitäts- und ertragslimitierend wirken. Dargelegt wurde, wie nach dänischen Erfahrungen die Senkung des Nitratauswaschungspotenzials am wirkvollsten bewerkstelligt werden kann. Daneben wurde diskutiert, ob die Qualitätsweizenproduktion per se ein Risiko für den Gewässerschutz ist.


Thüringen Flagge

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sinkende milchviehbestände als kritisch angesehen

Nicht zuletzt wurden Fruchtarten mit positiver Wirkung auf den Gewässerschutz vorgestellt (Winterbraugerste, Dinkel, Getreide-GPS, Ackerfutter, Silomais). Kritisch bewertet wurden die sinkenden Milchviehbestände, da Futterflächen kleiner werden und somit Fruchtarten mit gutem N-Fixierungspotenzial wegfallen. red

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Nebenerwerbslandwirtschaft: Ein Drittel will wachsen

Eine Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft in Ostdeutschland, online durchgeführt und ausgewertet von der Hochschule Neubrandenburg, zeigt viele interessante Ergebnisse, so zu Perspektiven dieses Betriebstyps. Teil 2 der Umfrage.

Von Prof. Dr. Theodor Fock und Christian Brechler, Hochschule Neubrandenburg, Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften, Agrar- und Umweltpolitik*

Nebenerwerbslandwirtschaft trägt in Ostdeutschland nur bedingt zum Familieneinkommen bei. Auf die Frage, wie das Einkommen wirkt, gaben in der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft lediglich 23 % der Teilnehmenden an, dass sie einen soliden Zuverdienst zu ihren außerlandwirtschaftlichen Einkünften haben, während 55 % kostendeckend arbeiten und es für immerhin 22 % der Betriebe mehr kostet, als es einbringt.

Die wirtschaftliche Situation für ihre Betriebe im Nebenerwerb (NE) wird mehrheitlich als unverändert oder mit dem Trend einer Verbesserung bewertet. Während 23 % eine geringfügige oder deutliche Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation sehen, hat sich für 43 % die Situation verbessert (Abb. 1). Angesichts der schwierigen Gesamtsituation in der Landwirtschaft in den letzten Jahren überrascht diese eher positive Einschätzung durchaus.

Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft: Probleme und Wünsche

Auf die Frage, wie sich ihr NE-Betrieb in den kommenden Jahren entwickeln soll, antworteten 35 % der Befragten, dass sie gern möchten, dass dieser wächst. Die Mehrheit, 59 %, will dessen jetzige Größe beibehalten, und nur in wenigen Fällen soll der Betrieb verkleinert oder eingestellt werden (zusammen sechs Prozent).

Die Betriebsinhaber/innen wurden gefragt, welche Schwierigkeiten sie für ihren NE-Betrieb in den kommenden Jahren sehen. Als wichtigster Punkt wurde die Überregulierung mit 36 % genannt, mit 21 % folgten Flächenknappheit und die Bodenpreise sowie an dritter Stelle mit 17 % allgemeine strukturelle Nachteile gegenüber größeren Betrieben (mehrere Antworten waren möglich).

Als weitere Punkte wurden wachsende Kosten, Umweltbedingungen (Dürre, Wolf etc.), niedrige Verkaufspreise und auch die Sozialversicherungen genannt. So wurden u. a. „die Inakzeptanz in der Politik und Bevölkerung“, „der sehr hohe Verwaltungsaufwand“, „sich widersprechende Verordnungen und steigende Auflagen“ angeführt. Preissteigerungen beim Boden, der teurere Landkauf und „dass man kaum Flächen bekommt, weil die Großbetriebe einem alles wegschnappen und zahlen können“, waren typische Äußerungen zum Problemkreis Boden. Eine ganze Reihe von Befragten ist mit den Regelungen in der Sozialversicherung unzufrieden: „fehlende Hilfe bei Krankheit durch die Berufsgenossenschaft“ oder die „sehr hohen Beitragszahlungen bei mittlerer Betriebsgröße“ wurden genannt.

Die Frage nach verbesserten Bedingungen für die Nebenerwerbslandwirtschaft wurden in der Umfrage daher in ähnlicher Weise wie die vorher angeführten Probleme beantwortet. Mit Abstand am häufigsten wurde der Wunsch nach weniger Bürokratie geäußert (34 %). Mehr Informationen für die Nebenerwerbslandwirtschaft wünschten sich 22 %, einen generellen Abbau der Benachteiligungen für Nebenerwerbler 19 %. Eine Reform der Sozialversicherungsbeiträge wünschten sich immerhin weitere zehn Prozent, eine bessere Interessenvertretung sieben Prozent der Befragten.


Die Geflügelhaltung im Nebenerwerb dient vielfach der Eigenversorgung, in spezialisierten Betrieben aber auch der Direktvermarktung.
(c) Detlef Finger

Meist Vieh auf dem Hof

Eine Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft in Ostdeutschland, online durchgeführt und ausgewertet von der Hochschule Neubrandenburg, brachte interessante Ergebnisse zur Strukturierung dieses Betriebstyps. Teil 1 der Auswertung. mehr


Zu viel Bürokratie

Weitere Punkte waren ein besserer Zugang zu Fördermitteln, weniger Umweltauflagen und Vorteile beim Flächenkauf. Viele Befragte haben hier ihre Unzufriedenheit mit den bestehenden Rahmenbedingungen ausgedrückt und entsprechende Forderungen und Wünsche für eine Veränderung formuliert. Am meisten drückt die Bürokratie. Hier einige beispielhafte Wortmeldungen:



Viele andere Aspekte spielen ebenfalls eine Rolle:


Und familiäre Fragen sind ebenfalls wichtig:

Motivationsfaktoren

Abbildung 2 zeigt die Antworten der Befragten auf einige Aussagen zur Nebenerwerbslandwirtschaft. Alle sehen ihre Tätigkeit in der Landwirtschaft als erfüllend an, für den überwiegenden Teil (93 %) ist die Tätigkeit ihr Lebenstraum. Zudem ist nur für weniger als ein Fünftel die Landwirtschaft nicht Familientradition. Schließlich sind die Befragten auch zum überwiegenden Teil gern in der Selbstständigkeit. So scheint die Nebenerwerbslandwirtschaft durch hoch motivierte Landwirte ausgeübt zu werden, die ihrer Arbeit gern und aus Überzeugung nachgehen.

Trotz der hohen Motivation stimmt allerdings fast die Hälfte der Befragten (44 %) der These zu, dass unter den aktuellen Rahmenbedingungen der Betrieb eine zunehmende Last für sie wird. Die oftmals genannte geringe Akzeptanz der Landwirtschaft spiegelt sich unter den Befragten indes kaum wider. Nur etwas über ein Fünftel gab an, dass die Menschen in ihrer Umgebung wenig Verständnis für die landwirtschaftliche Tätigkeit haben. Fast zwei Drittel stimmen der These „Die Menschen in meiner Umgebung haben Verständnis für meine Tätigkeit“ immerhin „eher zu“.

Umfrage Nebenerwerbslandwirtschaft Teil 2, Tabelle

Vielfältige Betriebe

Mithilfe der Befragungsergebnisse lässt sich ein gutes Bild der aktuellen Situation der ostdeutschen Nebenerwerbslandwirtschaft zeichnen. Die Unternehmen sind überaus vielgestaltig und sehr unterschiedlich aufgestellt – vom „schlanken“ Ackerbaubetrieb bis zum von der Fläche kleinen, aber arbeitsintensiven Ökobetrieb mit breitem Produktionsprogramm und Direktvermarktung.

Die heutigen NE-Betriebe sind alle in den Jahren nach der Wende, manche auch erst in den vergangenen zehn Jahren entstanden. Einige knüpfen als Wiedereinrichter an Betriebe aus der Zeit vor der LPG-Gründung an, andere sind dagegen gänzlich neu entstanden. Aber fast alle Betriebe wollen „im Geschäft bleiben“.

Neue Agrarpolitik

Viele haben in den zurückliegenden Jahren investiert und planen auch weitere Investitionen. Ein gutes Drittel will wachsen, während die meisten Betriebe ihre jetzige Größe beibehalten möchten. Die Betriebe sind zudem bei der Bewertung ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation erstaunlich gelassen. Trotz der zuletzt wirtschaftlich schwierigen Jahre sehen nur relativ wenige der Befragten eine deutliche Verschlechterung ihrer Lage.

Dagegen sind sich viele in einem Punkt einig: der gerade für kleinere Betriebe zu hohe Aufwand für die Bürokratie. Und dies dürfte die eigentlich sehr hohe Motivation für ihre Landwirtschaft bestimmt nicht fördern. Die neuen Regelungen zur Umsetzung der EU-Agrarpolitik sehen grundsätzlich praktikable Lösungen vor. Der „aktive Landwirt“ muss nach den europäischen Vorgaben eingegrenzt und definiert werden. Der Vorschlag des Bundeslandwirtschaftsministeriums sieht hierfür als Kriterium die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung vor. Dies dürften alle NE-Betriebe sein.

Die neuen Regelungen zu den Direktzahlungen bieten für Nebenerwerbslandwirte gute und schlechte Nachrichten zugleich. Für die Förderung der ersten Hektare sind höhere Beträge vorgesehen, wovon NE-Betriebe als kleinere Betriebe profitieren können. Gibt es bislang einen Aufschlag von 50 bzw. 30 €/ha für die ersten 30 ha und die nächsten 16 ha, wird es ab 2023 70 €/ha für die ersten 40 ha und 40 €/ha zusätzlich für die nächsten 20 ha geben. Allerdings wird die Grundprämie deutlich absinken und wie gut die neuen Ökoregelungen passen, bleibt auch noch abzuwarten.

Nebenerwerb: Wichtig für die Dörfer

Die Nebenerwerbslandwirtschaft kann eine wichtige gesellschaftliche Rolle in einer vielfältigen und zukunftsorientierten Agrarstruktur einnehmen. Zunächst gibt es die traditionellen Aspekte, die weiterhin Bedeutung haben. Historische ländliche Bausubstanz wird am besten durch Nutzung gepflegt, somit kann ein attraktives Dorfbild erhalten bleiben.

Das Dorfleben wird durch Landwirtschaftsbetriebe vor Ort befördert. Grünlandflächen, kleinere „Restparzellen“ oder Weinbau am Hang, die für große Betriebe nicht attraktiv sind, werden in Nutzung gehalten und erhöhen die ökologische Vielfalt in der Landschaft. Mutterkühe, Schafe oder kleinere Geflügelbestände können besonders tiergerecht gehalten werden.

Über die Nebenerwerbslandwirtschaft werden bäuerliche Wirtschaftsweisen und Familientraditionen gepflegt. In der Familie vorhandene Kapazitäten – Gebäude, Flächen, Arbeitskraft und Engagement – werden genutzt und sinnvoll verwertet. Im günstigsten Fall erhöht sich das Familieneinkommen. So können selbstbestimmte Teilzeitarbeitsplätze in ländlichen Regionen entstehen.

Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft: Gut fürs agrare Image

Generell wird Landwirtschaft im kleineren Maßstab für die restliche Bevölkerung leichter verstehbar und attraktiv. Dies zeigen ja auch die Befragungsergebnisse, denn aus Sicht der befragten Landwirte zeigt die Umgebung viel Verständnis für ihre Tätigkeiten. Dadurch kann ein wichtiger Beitrag für ein positives Bild der Landwirtschaft in der Gesellschaft geleistet werden. Außerdem können neue, selbstständige Existenzen in ländlichen Regionen entstehen. Die Ergebnisse dieser Befragung unterstreichen dies. Denn es wurden in den vergangenen Jahren relativ vielen neue Betriebe gegründet, manche sicherlich mit dem Ziel, sich zum Haupterwerb weiterzuentwickeln, andere mit der Perspektive, auch auf Dauer im Nebenerwerb zu verbleiben.

Gerade in Ostdeutschland hat Nebenerwerbslandwirtschaft in den letzten Jahren wenig politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit erfahren. Gesetzliche Regelungen, die Förderlandschaft, aber auch Weiterbildung und Beratung sind vielfach auf großbetriebliche Verhältnisse ausgerichtet. Trotzdem gibt es offensichtlich eine lebendige, hoch motivierte und dynamische Nebenerwerbslandwirtschaft, wie viele Details der Befragungsergebnisse zeigen. Es wäre daher sehr wünschenswert, wenn die Politik auf Bundes- und Landesebene, wie auch Interessensverbände die Potenziale zukünftig mehr fördern.

Gutscheine verlost
Als Dankeschön für die Beteiligung an der Befragung wurden unter den Teilnehmenden fünf Gutscheine im Wert von jeweils 100 Euro für den Shop der Bauernzeitung verlost. Die Auslosung fand unter Aufsicht des Justiziars der Hochschule Neubrandenburg statt. Die fünf Gewinner wurden bereits informiert.


*Kontakt zum Autoren: fock@hs-nb.de; Postanschrift: 17033 Neubrandenburg, Brodaer Straße 2k

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Schäfer und Flüchtling: Auf Augenhöhe

Der Schäfer aus Brandenburg und der Flüchtling aus Kamerun sprechen unterschiedliche Sprachen. Aber sie verstehen sich trotzdem. Gemeinsam sorgen sie für das Wohl der Herde.

Von Wolfgang Herklotz

Von Weitem schon hat uns der Herdenschutzhund gesehen. Mit großen Sätzen springt er hin und her, während die Schafherde hinter ihm gelassen weiter weidet. Als wir näherkommen, stellt sich der stattliche Vierbeiner mit dem zotteligen, weißen Fell auf. Attacke? Von wegen! Der wedelnde Schwanz gibt ein anderes Signal. Als Erster steigt Goodwin Koto Sama aus dem Wagen vor uns, lüftet den braunen Filzhut zur Begrüßung. Dann, nachdem er den Strom-Akku außer Betrieb gesetzt hat, überwindet er den Elektrozaun und krault dem wachsamen Pyrenäeberghund das weiche Fell. Braver Hund!

Wir sind unterwegs mit Schäfer Olaf Kolecki aus dem brandenburgischen Falkensee und jetzt auf einer seiner Weideflächen im Landkreis Havelland angelangt, wo Rauhwollige Pommersche Landschafe, Skudden und Bentheimer sowie Merinos auf Futtersuche sind, mittenmang ein paar Ziegen. Die Rassenvielfalt scheint kein Problem zu sein. Einträchtig marschieren die Vierbeiner durch die märkische Landschaft und genießen offenbar so wie wir die milde Frühlingsluft. „Die haben unterschiedliches Temperament, aber kommen letztendlich doch alle miteinander klar“, meint Kolecki. Der Mann schmunzelt vielsagend in seinen grauen Bart und zieht am Zigarillo. „So sollte es ja auch sein!“

Hilfe kam rasch

Rückblick auf einen Sommertag im vergangenen Jahr: Der Schäfer war gerade in Potsdam, als er einen alarmierenden Anruf bekam. Ein Teil seiner Herde war ausgebrochen und rasches Handeln gefordert. Woher aber schnell Hilfe bekommen?

Kurzentschlossen telefonierte Kolecki mit der Leiterin des Flüchtlingsheimes in Schönwalde-Glien, schilderte die Situation. Keine Stunde später stoppte er vor dem Eingang des Heimes, um Goodwin Koto Sama und zwei weitere Helfer an Bord zu nehmen. Gegen Abend war die Herde wieder in Sicherheit und der aus Kamerun Geflüchtete fortan eine wichtige Stütze. „Ich habe sofort gemerkt, dass Goodwin gut mit den Schafen und den Hunden umgehen kann“, erinnert sich Kolecki.

Trotz der Sprachbarriere habe der Afrikaner, der Englisch und Französisch spricht, aber nur wenige Wörter Deutsch beherrscht, schnell die wichtigsten Handgriffe gelernt. Dazu gehört, Weidezäune stabil aufzubauen und umzusetzen. Zugleich gilt es regelmäßig zu kontrollieren, ob ausreichend Tränkwasser für die Tiere vorhanden ist und der Weidezaun die erforderliche Spannung hat. „Auf Goodwin kann ich mich verlassen“, betont der Schäfer.

Der Schäfer und der Flüchtling: ein eingespieltes Team. (c) Sabine Rübensaat

Wie wir von Goodwin Koto Sama erfahren, ist ihm der Umgang mit Schafen nicht fremd. Sein Bruder betreibe daheim in Kamerun eine Farm. „Ich habe dort oft ausgeholfen.“ Doch beruflich hatte er mit ganz anderen Dingen zu tun, war Polizist, 30 Jahre lang. Warum dann die Flucht nach Europa? „Nach der Pensionierung wurde ich bedroht. Man warf mir vor, Rebellen unterstützt zu haben. Doch das stimmt nicht!“ Politische Unruhen bestimmen seit einiger Zeit die Situation in Kamerun, Separatisten destabilisieren die Lage ebenso wie die Terrormilizen von Boko Haram.

Nachdem drei ehemalige Kollegen von Goodwin Koto Sama von ihnen umgebracht worden waren, musste auch er um sein Leben fürchten. Über die katholische Kirche gelang es ihm, ein Visum für Frankreich zu bekommen und auszureisen. Mitte September 2019 traf er in Deutschland ein, zunächst in Eisenhüttenstadt, dann in Doberlug-Kirchhain. Seit Mai vergangenen Jahres ist er nun im Asylbewerberheim in Schönwalde-Glien untergebracht. Dieses wurde in Container-Bauweise 2016 eingerichtet, war zwischenzeitlich geschlossen und ist seit Februar 2019 mit einem Block wieder in Betrieb. Derzeit leben hier rund 100 Menschen, nachdem der Flüchtlingsstrom nachgelassen hatte. Übergangsweise waren hier auch Bewohner aus anderen Heimen untergebracht worden, die sich mit Corona infiziert hatten.

Herdenschutzhund
Und der Pyrenäenberghund hat einen sehr wachsamen Blick auf seine Herde. (c) Sabine Rübensaat

Das Heim auf dem Gelände des Gewerbegebietes Erlenbruch am Rande von Schönwalde ist von einem Metallzaun umgeben und wird bewacht, wie auf dem Schild am Tor zu lesen ist. Nachdem wir uns offiziell über die Pressestelle des Landkreises angemeldet hatten, heißt uns Malaika Hittmeyer, die Leiterin des Heimes, willkommen und gibt Auskunft. Sie ist in Deutschland geboren, verrät sie eingangs, hat aber mehr als vier Jahrzehnte in Afrika gelebt und dort auch in der Flüchtlingshilfe gearbeitet. Die Mutter dreier Kinder und eines Adoptivsohnes spricht mehrere Sprachen, darunter Suaheli. Eine kompetentere Übersetzerin, das merken wir schon bald, kann man sich nicht wünschen. „Der Nationalität nach bin ich Deutsche, aber der Stammeszugehörigkeit nach Kenianerin“, erklärt sie lächelnd. Die ebenso freundliche wie energiegeladene Frau führt uns durch einige Räume der Einrichtung, in der die Bewohner getrennt untergebracht sind: junge Mütter mit ihren Kindern auf einem Flur, Männer wie Goodwin Koto Sama auf einem anderen. Im Eingangsbereich ein Raum mit Wachschutzleuten.

Malaika Hittmeyer
Malaika Hittmeyer: Der Nationalität nach Deutsche, der Stammeszugehörigkeit nach Kenianerin. (c) Sabine Rübensaat

Es gibt Gemeinschaftsräume sowie separate Wasch-, Koch- und Sanitärbereiche. Sie sind zweckmäßig ausgestattet, beheizt und sauber, doch alles andere als luxuriös. Wenn wie hier Angehörige verschiedenster Nationalität unter einem Dach wohnen, lassen sich Spannungen nicht ganz vermeiden. „Aber wir tun alles dafür, das Miteinander so reibungslos wie möglich zu machen“, versichert Malaika Hittmeyer. Im Heim finden Integrations-Deutschkurse statt, wo gemeinsam gelernt wird. Eine weitere wichtige Rolle für ein gutes Zusammenleben spielt die Initiative „Neue Nachbarn in Schönwalde“, in der Einwohner der Gemeinde organisiert sind. Die Initiative betreibt eine Kleiderkammer, kümmert sich um Nachhilfe in Deutsch für die Geflüchteten und sorgt auch für Kinderbetreuung und Beschäftigung, beispielsweise in einer Fahrradwerkstatt. Zum Programm vor Corona gehörten ebenso Ausflüge nach Berlin und Grillfeste. „Dabei gilt es natürlich auf bestimmte Unterschiede bei den Essgewohnheiten zu achten. Aber so ein lockeres Beisammensein wird gut angenommen“, so Malaika Hittmeyer.

Kein frommer Wunsch

Wenn sich Bewohner für gemeinnützige Arbeiten engagieren, gibt es dafür ein bescheidenes Entgelt. 80 Cent pro Stunde werden gezahlt, pro Monat maximal 96 Euro. Für viele der Geflüchteten steht nicht das Geld im Vordergrund, sondern die Tatsache, sich wieder nützlich machen zu können. „Ich kann doch nicht die ganze Zeit rumsitzen“, erklärt Goodwin Koto Sama.

Er gibt zu, dass ihm die Familie sehr fehlt. Seine drei Töchter sind zwar erwachsen, haben sich eine eigene Existenz aufgebaut. Aber wer wisse schon, wie lange das in solch unruhigen Zeiten gutgehe. Jedes Wochenende telefoniert er mit seiner Frau, um sich auszutauschen. So gern würde er sie nach Deutschland holen. Aber daran sei gegenwärtig ebenso wenig zu denken wie an eine Rückkehr nach Kamerun. Deshalb ist es so wichtig, dass sich Goodwin Koto Sama hier ein neues Leben aufbauen kann, meint Malaika Hittmeyer. Und das sei kein frommer Wunsch jenseits der Realität. „Es gibt mittlerweile einige ehemalige Heimbewohner, die in Brandenburg richtig Fuß gefasst haben. Sie haben ein eigenes Einkommen, sind als Sozialarbeiter oder in der IT-Branche tätig, andere im Gartenbau oder in einer Werkstatt.“

Olaf Kolecki jedenfalls möchte seinen Helfer nicht mehr missen. Mit seinen Schafen ist er auf verschiedenen Weideflächen unterwegs, für die er Pflegeverträge abgeschlossen hat, zumeist mit Kommunen. „An manchen Tagen bin ich bis zu 200 Kilometer unterwegs, um regelmäßig nach dem Rechten zu sehen. Ohne Goodwin wäre das nicht zu schaffen!“

Zeichen seiner Dankbarkeit sind nicht nur die Lebensmitteleinkäufe, die der Schäfer aus Falkensee für den Kameruner übernimmt. Er hat ihm auch ein Fahrrad geschenkt. Mit dem ist Goodwin Koto Sama natürlich nicht so schnell unterwegs wie mit dem Dienst-Motorrad seinerzeit in der Heimat. Aber das kann ja alles noch werden …




Milchleistungsprüfung: Viele neue Dauerleister

Sächsische Kühe gaben 2021 laut GERO/MLP-Jahresabschluss des Landeskontrollverbandes im Schnitt wieder mehr Milch. Doch auch die Parameter der Tiergesundheit zeigen eine erfreuliche Tendenz.

In Sachsen ist die Milchleistung erneut gestiegen. Im abgelaufenen Milchwirtschaftsjahr gab eine Kuh im Schnitt 10.149 kg Milch. Das sind 46 kg mehr als im Jahr zuvor. Im bundesweiten Vergleich steht Sachsen damit vor Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern an erster Stelle. Ein Plus gab es auch beim Fett um 4 kg auf 412 kg (4,06 %) und beim Eiweiß um 1 kg auf 350 kg (3,45 %). Mit durchschnittlich 762 Fett-Eiweiß-Kilo belegt Sachsen ebenfalls den Spitzenplatz. Das geht aus der Auswertung der Prüfung der Rinder auf Gesundheit und Robustheit (GERO) und der Milchleistungsprüfung (MLP) in Sachsen hervor, die der Sächsische Landeskontrollverband (LKV) durchführt.

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Weitere Informationen

Nutzungsdauer und Lebensleistung erhöht

Die hohen Leistungen gehen einher mit Verbesserungen auch anderer Parameter. So ist die Nutzungsdauer um 0,6 Monate auf 35,1 Monate beziehungsweise von 2,6 auf 2,7 Laktationen gestiegen. Ein Anteil von 62,8 % der geprüften Kühe weist Zellzahlen unter 100.000 aus. Auch damit steht Sachsen im Bundesvergleich an der Spitze. Die durchschnittliche Lebensleistung stieg um 895 kg auf 29.032 kg. Als Zielwert werden 30.000 kg angesehen, denen man sich somit weiter angenähert hat.

Neu zählen konnte der LKV im vergangenen Milchwirtschaftsjahr 159 neue Dauerleistungskühe, also solche Milchkühe, deren Lebensleistung 100.000 kg über-steigt. Insgesamt weist der sächsische Milchkuhbestand derzeit 357 solcher Dauerleistungskühe aus. Drei Kühe überschritten die Marke von 150.000 kg Lebensleistung. Sie stehen in der Cunnersdorfer Agrar GmbH, im Milchhof Diera und in der Agrargenossenschaft Marienberg. Die Betriebe zeichnet der LKV mit einem Zinnguss aus, der eine Kuh darstellt.

MLP Sachsen

Hohe Leistung schließt Tiergesundheit nicht aus

Die Prüfungsergebnisse legten nahe, dass sich hohe Leistungen und Tiergesundheit nicht ausschließen, betont Sophie Eger, stellvertretende Bereichsleiterin GERO/MLP beim Landeskontrollverband. Ebenso wirke sich die Haltung in größeren Beständen nicht auf das Wohlergehen der Milchkühe aus. „Die These, dass die Euter- sowie Klauen- und Gliedmaßengesundheit auf größeren Betrieben tendenziell schlechter ist, lässt sich anhand der Daten des GERO-Jahresabschlusses absolut nicht bestätigen“, so Sophie Eger. „Beim Abgleich der Abgangsursachen nach Bestandsgrößen auf einzelbetrieblicher Ebene lässt sich eine solche Aussage keinesfalls ableiten.“

Die Bewertung der Betriebe hinsichtlich ihres Abschneidens in der GERO-Prüfung wird vom LKV neu aufgestellt. Man wolle statt eines simplen Rankings ein Wertungsschema einführen, das jenen Kriterien eine höhere Gewichtung gibt, die für die Abbildung der Tiergesundheit besonders relevant sind, erklärt die stellvertretende Bereichsleiterin. Die genaue Ausgestaltung befinde sich derzeit noch in der Abstimmung.


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An der GERO/MLP nahmen 2021 insgesamt 546 Milchkühe mit 164.901 Milchkühen teil. Das waren 21 Betriebe und knapp 2.000 Kühe weniger als im vorhergehenden Jahr. Die durchschnittliche Herdengröße erhöhte sich um annähernd acht Tiere auf 302 pro Betrieb. Damit setzte sich der Strukturwandel weiter fort – auch wenn der Verlust deutlich geringer ausfiel, als im Vergleich zwischen 2019 und 2020. Geprüft wird ein Anteil von 94,3 % aller sächsischen Milchkühe. Die Prüfdichte liegt damit weiterhin auf einem hohen Niveau.

Mehr Betriebe mit AMS in der Prüfung

Gewachsen ist die Zahl der geprüften Betriebe, die mit Automatischen Melksystemen (AMS) melken. Mit einem Zuwachs von elf sind es nunmehr 109 „Roboterbetriebe“. Dies entspricht einem Anteil von 18 % der Betriebe und 14 % der Milchkühe, die in der GERO/MLP sind. Betriebe mit Melkrobotern halten im Schnitt 212 Milchkühe.

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Innovation Award: Goldmedaille 2022 geht nach Niedersachsen

Die DLG gab jetzt die Preisträger des Innovation Awards zur eigentlich für 2022 geplanten Agritechnica bekannt. Die Fachkommission hat eine Gold- und 16 Silbermedaillen vergeben.

Jeder Agritechnica-Aussteller kann seine Innovationen bei der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) einreichen. Nach intensiver Information und Diskussion trifft eine Kommission dann eine Mehrheitsentscheidung, welche Produkte mit einer Gold- oder Silbermedaille ausgezeichnet werden. So ist es auch im Vorfeld für die vom Herbst 2021 auf Februar 2022 verschobene und nun abgesagte Agritechnica geschehen. Für die Auszeichnung wurden in diesem Jahr 164 Neuheiten eingereicht. Anfang Dezember wurden trotzdem die Medaillengewinner bekannt gegeben: eine Gold- und 16 Silbermedaillen.

Goldmedaille des Innovation Awards für NeXaT-Systemtraktor

Die Goldmedaille 2022 erhielt die NeXaT GmbH aus Rieste, Niedersachsen, für den NeXaT-Systemtraktor. Gegründet wurde das Unternehmen 2017 von der Kalverkamp Innovation (Felix und Klemens Kalverkamp, 2011 gegründet). Es widmet sich ausschließlich der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb des neuen Pflanzproduktionsverfahrens.

Gold Medallie

Der NeXaT ist ein Trägerfahrzeug, mit welchem alle Arbeiten in der Pflanzenproduktion von der Bodenbearbeitung über Säen und Pflanzenschutz bis zur Ernte ausgeführt werden können. Die Geräte für Bodenbearbeitung und Bestellung werden getragen statt wie üblich gezogen. Dies erhöht den Wirkungsgrad im Vergleich zu Traktorgespannen. Bei der 12-m-Version werden im angestrebten Beetmodus 95 % der gesamten Ackerfläche systembedingt nie überfahren, wodurch sich hohe Ertragspotenziale bei guter Boden- und Umweltschonung erschließen lassen.

NeXaT: erstmalig Korndurchsätze von 130 bis 200 t/h

Der NeXaT ist als autonome Arbeitsmaschine konzipiert und mit einem Umfeld-Überwachungssystem ausgestattet. Für die Prozessbeobachtung steht eine um 270° drehbare Kabine zur Verfügung. Dies schafft die Basis für den vollautomatischen Maschineneinsatz und ermöglicht die manuelle Fahrzeugführung beim Transport.

Die Einbaugeräte werden zwischen den vier großen, elektrisch angetriebenen Bandlaufwerken aufgenommen, die sich für die Straßenfahrt um 90° drehen lassen. Die Stromversorgung erfolgt derzeit durch zwei unabhängige Dieselmotoren mit je 400 kW/545 PS mit Generatoren. Das Fahrzeug ist für alternative Antriebstechniken wie Brennstoffzellen vorgesehen.

Mit dem eingebauten NexCo-Mähdreschermodul erreicht der NeXaT erstmalig Korndurchsätze von 130 bis 200 t/h. Beim neuartigen Dual-Axial-Flow-Konzept kommt ein 5,8 m langer Axialrotor zum Einsatz, der quer zur Fahrtrichtung angeordnet ist. Der Erntegutstrom wird mittig und energieeffizient tangential in den Rotor eingeleitet. Dieser teilt ihn in zwei Gutströme auf. Damit wird die Voraussetzung für eine gleichmäßige Stroh- und Spreuverteilung mit zwei Häckslern auch bei 14 m Schnittbreite geschaffen.

Für die Kornbergung steht ein 32 m³ großer Kornbunker zur Verfügung. Das Überladen auf das Transportfahrzeug kann am Vorgewende erfolgen, bei einer Entladeleistung von 600 l/s dauert der Vorgang nur rund eine Minute.

… mit den Silbermedaillen-Preisträgern geht es in Teil 2 weiter!

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Weihnachtsbaumplantage: Erntezeit mit Heißgetränken

Heike Knop und ihr Bruder Roland Meyer betreiben im Nebenerwerb eine Weihnachtsbaumplantage. Zum Jahresende herrscht hier Hochbetrieb. Die meisten Kunden wollen ihren Baum eigenhändig schlagen.

Von Birgitt Hamm

Die Erntezeit ist für jeden Landwirt, jede Landwirtin immer eine Zeit besonderer Herausforderung. Was das ganze Jahr über gehegt und gepflegt wurde, muss nun rasch und in bester Qualität vom Acker geholt werden. So ist es auch bei Tannen-Meyer in Lüdershagen. Am Rande des Fleckens östlich von Güstrow bewirtschaften Heike Knop und ihr Bruder Roland Meyer vier Hektar im Nebenerwerb.

Anders als andere Landwirte aber ernten sie erst zum Jahresende. Und dann mit viel Tamtam und Heißgetränken. Denn auf ihrer Plantage sind ab Ende November die Weihnachtsbäume bereit, gefällt zu werden, um in Wohnungen, Kirchen, Unternehmen oder auf Freiflächen für die richtige Stimmung zu sorgen. Dafür nehmen die Geschwister, ihre Partner, Eltern, Kinder und Freunde zwar auch die Säge in die Hand, doch ein Großteil ihrer Kundschaft möchte den eigenen Weihnachtsbaum gern eigenhändig ernten. Frisch vom Feld, selbst ausgewählt und geschnitten.

Gerade gewachsen, wohlproportioniert und frisch geschlagen soll der  perfekte Weihnachtsbaum sein.
Gerade gewachsen, wohlproportioniert und frisch geschlagen soll der perfekte Weihnachtsbaum sein. (c) Birgitt Hamm

Das ganze jahr gute Pflege

„Das heißt natürlich nicht, dass wir uns zurücklehnen und nur zuschauen dürfen“, sagt Heike Knop. „Wir müssen alles vorbereiten, ausreichend Helfer zum Schneiden und Eintüten der Bäume bereithalten und für die richtige Stimmung sorgen – mit Glühwein, Bratwurst oder Suppe und weihnachtlicher Musik.“ Denn auch das gehört zur Weihnachtsbaumernte bei Tannen-Meyer.

Wie man auf die Idee kommt, sich im Nebenerwerb eine Weihnachtsbaumplantage zuzulegen, erklärt die 49-jährige Notarfachangestellte, die als Sachbearbeiterin in der Agentur für Arbeit in Rostock tätig ist, aus ihrer Familiengeschichte heraus. Vater Karl-Heinz, Revierförster mit eigenem Wald, hat schon zu DDR-Zeiten Weihnachtsbäume vom Hof verkauft. Sie habe gern dabei geholfen.

Dann bepflanzten die Eltern 2005 die erste Fläche für den Verkauf, natürlich mit Unterstützung ihrer Kinder. Weitere Pflanzungen folgten. 2014 begannen sie mit dem Verkauf ihrer Bäume. Sieben Jahre braucht beispielsweise eine Nordmanntanne, die 90 % des Bestandes ausmacht, um die Idealgröße von 150 bis 180 cm zu erreichen. Der Rest sind Blaufichten, Schwarzkiefern und als Schmuckgrün auch Nobilistannen. Im Familienwald wächst die japanische Veichstanne. Jeden Winter werden 1.500 bis 2.000 Christbäume direkt von der Plantage bei Tannen-Meyer verkauft. Damit sie alle am Ende auch gesund und kräftig aussehen, gerade und wohlproportioniert gewachsen sind, braucht es das ganze Jahr über gute Pflege.

Heike Knop, die die Plantage seit drei Jahren gemeinsam mit ihrem Bruder führt, zählt auf: „Im Februar, März ernten wir Holz für Feuerkörbe, dann folgt bis April die Pflanzzeit. 5.000 Setzlinge – entweder aus der Güstrower Baumschule oder aus Dänemark – wollen in den vorbereiteten Boden. Und da ist die ganze Familie gefragt, denn wir pflanzen mit der Hand. Einer bohrt, der nächste setzt und tritt den Boden fest.“

tannen-meyer: Frisch direkt vom feld

Zu diesem Arbeitseinsatz kommen viele Helfer. Das liegt wohl auch daran, dass er stets zu einem kleinen Familienfest wird, inklusive Eintopf. Eine eher einsame Arbeit verrichtet Heike Knop im Mai und Juni. „Wenn die Bäumchen treiben, müssen die Terminaltriebe gekappt werden“, berichtet sie. „Sonst wuchern sie zu sehr, werden krumm und schief und sehen gar nicht mehr weihnachtlich aus. Zwei Schnitte für jeden Baum, das klingt mühselig, aber ich genieße diesen Spaziergang in der Sonne.“ Er sei eine tolle Alternative zum Sitzen im Beruf, den sie gerade vor allem im Homeoffice ausübt.

Viel Unterstützung hat sie von Ehemann Oliver, der Garten- und Landschaftsbauer ist. Und vom Vater, der das regelmäßige Mähen der Fläche übernimmt. „Er sieht auch“, freut sich Heike Knop, „wo gedüngt werden muss. Das tun wir sehr gezielt. Insofern könnten wir unsere Tannen sogar als Bio-Bäume verkaufen.“ Doch auch ohne das Siegel kommen die Kunden immer wieder. Denn so frisch gibt es den Weihnachtsbaum nur direkt vom Feld. Und Weihnachtsstimmung noch obendrauf. Inzwischen melden sich viele Betriebe für Weihnachtsfeiern direkt auf der Plantage an – mit Baumschlagen, Essen und Trinken.

heiße getränke gibt es dazu

Als wir vor sieben Jahren mit dem Weihnachtsbaumverkauf begannen“, erinnert sich Heike Knop, „waren wir nicht sicher, ob das Angebot ankommt. Aber die Leute kamen in Strömen und freuten sich nicht nur über die frischen Bäume, sondern auch über die heiße Schokolade, die meine Töchter anboten.“

Aus dieser netten Geste ist inzwischen ein richtiger kleiner Weihnachtsmarkt geworden, den die Kunden nicht mehr missen mögen. Und – bei allem Stress – die Betreiber auch nicht.

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