Kürzung trifft die Schwächsten

Der Deutsche Grünlandverband weist die ab 2026 geplanten Kürzungen der Ausgleichszulage (AGZ) in den benachteiligten Gebieten Thüringens zurück: Die sei nicht zu akzeptieren, heißt es in einer Stellungnahme ans Agrarministerium. So habe die seit 1992 gewährte AGZ „nachweislich zur Aufrechterhaltung der flächendeckenden Landbewirtschaftung in Thüringen beigetragen“.

Der bestehende große Einkommensunterschied zu Regionen außerhalb des benachteiligten Gebietes, „vor allem bei den grünlandbetonten Bewirtschaftungsformen, wurde noch nie komplett ausgeglichen“. Der Grünlandverband verweist darauf, dass die in benachteiligten Gebiet wirtschaftenden Betriebe „das mit Abstand niedrigste verfügbare Betriebseinkommen je Arbeitskraft“ hätten.

Keine Alternativen

Käme die Kürzung des AGZ-Budgets um 40 %, würde Thüringen „bei den wirtschaftlich Schwächsten sparen“, kritisieren die Grünlandvertreter. Diese Betriebe trügen aber am meisten zum Umwelt-, Natur- und Klimaschutz bei, indem sie u. a. die Kulturlandschaften im touristisch attraktivsten ländlichen Raum Thüringens erhielten. Aus jenen vom Landesamt für Landwirtschaft (TLLLR) vorgelegten Zahlen gehe deutlich hervor, dass alle Landwirte zukünftig für weniger Geld wesentlich mehr ökologische Leistung erbringen müssten. Dies betreffe die Landwirtschaftsbetriebe im benachteiligten Gebiet noch stärker, da es kaum Einkommensalternativen gebe und die Ausgangslage bereits schlechter sei.

Beim aktuellen Vorschlag des Agrarministeriums blieben diesen Betrieben ab 2026 nur zwischen 24.000 € (Mutterkuhbetriebe) und 30.000 € (Schäfereien) als jährlich verfügbares Betriebseinkommen pro Arbeitskraft (AK). Der Einkommensunterschied zum nichtbenachteiligten Gebiet betrage dann bei Futterbau- und Verbundbetrieben rund 5.000 €. Gegenüber der aktuellen AGZ-Regelung verlören die spezialisierten Milchviehbetriebe 2.518 €/AK, die Mutterkuhbetriebe 2.404 €/AK und die Schäfereien 3.274 €/AK. Bei dem von der neuen Bundesregierung angekündigten Mindestlohn von 12 € die Stunde entstünden den Betrieben bereits Kosten von rund 31.000 €/AK und Jahr.


Thüringen Flagge

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„Die Verringerung der Finanzmittel wird somit unweigerlich zu einem Strukturwandel im benachteiligten Gebiet führen. Wir befürchten einen massiven Rückgang der tiergebundenen Flächenbewirtschaftung auf dem Grünland, weil auch die gekoppelten Zahlungen für die Mutterkuh- und Mutterschafhalter die weiteren Verluste aus der Ersten und Zweiten Säule nicht annähernd kompensieren können.“ Insbesondere die Milchviehhaltung sei gefährdet, da diese Betriebe keine gekoppelten Zahlungen erhalten werden.

Ausgleichszulage Thüringen: Einmaliges Instrument

Angesichts der für die neue GAP-Förderperiode zu erwartenden einschneidenden Veränderungen sei die Weiterführung der AGZ in voller Höhe über 2025 hinaus daher „als eigenständiges Förderinstrument der Zweiten Säule wichtiger denn je“. Die AGZ sei eine Grundförderung für naturbedingte Nachteile. Kein anderes Förderinstrument der Agrar- und Umweltpolitik der EU, des Bundes und der Länder leiste für standörtliche Benachteiligung einen solchen Einkommensausgleich. red

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Bioweiderind in der Kantine

Das Studentenwerk Frankfurt (Oder) setzt auf Regionalität. Mit dem Projekt GanzTierStark kommt jetzt Biorindfleisch ins Studentenfutter.

Von Heike Mildner

Ein Blick auf den aktuellen Speiseplan des Studentenwerks Frankfurt (Oder) ist ein bisschen wie ein Blick in die Zukunft, eine Zukunft, in der Regionalität in der Gemeinschaftsverpflegung angekommen ist: Schorfheider Wild-Bolognese, Neuzeller Landschweinbraten und Uckermärkischer Gulasch vom Bioweiderind – eine ganz normale Woche.
„Die Studierenden fordern zunehmend Biozutaten und eine regionale Herkunft ein. Sie sind dem Zeitgeist da vielleicht ein bisschen voraus“, sagt Sören Hilschenz, Leiter der Hochschulgastronomie des Studentenwerks Frankfurt (Oder).

Das Studentenwerk betreibt sechs Kantinen, darunter neben der Mensa der Europauniversität Viadrina die der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) und die Mensen der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus und Senftenberg. Wenn nicht gerade Corona ist, werden hier mehrere Tausend Studierende und Lehrende täglich mit Mittagessen versorgt. „Im Vor-Corona-Monat Januar 2020 haben wir noch fast 72.000 Portionen Essen verkauft“, konstatiert Hilschenz.

Bioweiderind in der Kantine: kurze wege und Verfügbarkeit

Seit Herbst 2020 stimmen sich die Küchenchefs aller Mensen ab, gibt es einen gemeinsamen Speiseplan, in den die bisherigen Spezialitäten aller Beteiligten einfließen, so Hilschenz. „Die HNEE legte beispielsweise schon immer Wert auf Wild, und Frankfurt (Oder) hat gute Erfahrungen mit Fleisch aus dem nahen Neuzelle.“
Natürlich sei man als geförderte Einrichtung an Ausschreibungen gebunden, aber neben dem Preis seien vor allem im Frischebereich kurze Wege und Verfügbarkeit wichtige Kriterien, ergänzt Chefeinkäufer Torsten Kleinschmidt gegenüber der Bauernzeitung.

Beteiligte Partner
Landwirte:
■ Gut Hessenhagen
■ Gut Temmen
■ Agrargen. Radensdorf
■ LW-Betrieb Andreas Bangert
■ Fleckviehhof Hansel

Verarbeitungsbetrieb:
■ Bio Manufaktur Havelland

Kooperierende Kantinen:
■ Berliner Stadtreinigung
■ Klinikum Eberswalde
■ Studentenwerk Frankfurt
■ TAZ-Kantine Berlin

Projektpartner:
■ FÖL e.V.
■ Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG
■ Beratungsbüro a’verdis

Wissenschaft:
■ Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin (Projektleitung)
■ HNEE

Laufzeit:
2/2020 –2/2023
Fördersumme:
514.029 Euro
Fördermittelgeber:
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft

Dass seit einem Jahr auch Bioweiderinder aus Brandenburg auf der Speisekarte stehen, ist einem Forschungsprojekt der Technischen Universität Berlin zu danken: „GanzTierStark“ will den Anteil ökologischer Produkte in der Außer-Haus-Verpflegung ausbauen und die Ganztierverwertung in Kantinen vorantreiben.

An dem Projekt, das für drei Jahre vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wird, beteiligen sich bisher fünf Landwirte. Hilschenz und Kleinschmidt sahen sich die Bioweiderinderhaltung auf Gut Hessenhagen in der Nordwestuckermark an: nicht unbedingt branchenüblich, aber genau darauf zielt ja das Projekt. Die hochschulgastronomischen Entscheider jedenfalls motivierte der Ausflug, das aufwendige Projekt in ihrem Wirkungsbereich voranzutreiben. Denn wie der Name schon sagt, geht es um das ganze Weiderind. Und der kulinarische Erfahrungsschatz zu Leber und Zunge etwa ist in den vergangenen Jahrzehnten fast auf null geschrumpft, die Filetstücken – im wahrsten Wortsinn – sind eher finanzstärkeren Zielgruppen vorbehalten.

Bioweiderind in der Kantine: so das es sich jeder leisten kann

Also Überzeugungsarbeit: Beratungen, Kommunikationsmaterialien, Schulungen für die Mitarbeitenden und Befragungen der Kantinengäste. Eine besondere Herausforderung: trotz des Einsatzes hochwertigen Rindfleisches die Preise nicht oder nur geringfügig zu erhöhen. „Wir haben bei Gerichten wie Gulasch die Fleischmenge zugunsten von Gemüse etwas reduziert, aber wir experimentieren auch mit völlig neuen Gerichten. Wir versuchen das wirklich so hinzubekommen, dass es sich jeder leisten kann“, sagt Sören Hilschenz. Der „Uckermärkische Gulasch vom Bioweiderind mit Kirschrotkohl und Spätzle“ wird im Premium-Segment des Studentenwerks angeboten und kostet Studierende 5,50 Euro.


Landesflagge Brandenburg

Brandenburg aktuell

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Zu den am häufigsten von den Küchen eingesetzten Teilstücken gehören Hackfleisch, geschnittener Gulasch, Zungenstück, Geschnetzeltes, Leber, dickes Bugstück, Querrippe, Ochsenwade und geschnittene Rouladen, zählt Peter Schmidt von der FÖL auf (Interview). Daraus entstehen neben den bewährten Spaghetti Bolognese, Gulasch oder Rouladen beispielsweise das Pulled Beef Sand-wich, Burritos oder die Tirsik Bowl, ein kurdischer Eintopf mit Gemüse – Gerichte, die im Zuge des Projekts entwickelt wurden.

bioqualität oder regionalität

Was wichtiger für ihn sei – Bioqualität oder Regionalität –, möchte Sören Hilschenz nicht pauschal entscheiden. „Wenn wir die Produkte aus der Region beziehen können, ist das super, passt es in Bio-Qualität noch in die Kalkulation: umso besser. In Anbetracht unserer normalerweise recht großen Abnahmemengen spielt neben Erzeugung und Preis auch die Verfügbarkeit eine wichtige Rolle.“ Ein Regionalsiegel würde die Entscheidung für Produkte mit kurzen Lieferwegen zudem erheblich vereinfachen, bestätigt Torsten Kleinschmidt. Dass es ein Regionalsiegel auch für konventionell produzierte Lebensmittel geben soll, war den Frankfurtern neu. „Um so besser“, sind sie sich jedoch einig.


Mehr dazu: ganztierstark.de
Kontakt für Landwirte: Marktgesellschaft der Naturland Bauern AG, Moritz Bor, Tel. (030) 34 80 66 66, Mobil: 0160/ 97304675, m.bor@naturland-markt.de;
Kontakt für Kantinen: FÖL, Peter Schmidt, Tel. (030) 28 48 24 44, p.schmidt@foel.de.


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Investitionen im Familienbetrieb: Aus eigener Kraft gewachsen

Vor 30 Jahren ist Familie Mann als Wiedereinrichter mit Schulden gestartet. An Fremdkapital wurde immer nur das nötigste aufgenommen. Mit der Finanzstrategie, Überschüsse wieder in den Familienbetrieb zu reinvestieren, sind sie gut gefahren.

Von Klaus Meyer

Wer als Unternehmer des Jahres ausgezeichnet wird, muss vieles richtig gemacht haben. Beim Familienbetrieb Mann aus Steinbeck bei Boltenhagen an der Ostsee ist das anscheinend der Fall gewesen. Sie haben 2018 vom Landkreis Nordwestmecklenburg die Auszeichnung erhalten, weil es ihnen gelungen ist, transparente Landwirtschaft und regionalen Bezug in einem Betrieb zu vereinen. 2018 konnten sich immerhin 20.000 Besucher, davon sehr viele Touristen, einen Eindruck von dem Hof verschaffen, der etwa 500 ha bewirtschaftet und 250 Kühe melkt, wo die Ställe den Besuchern offenstehen und der regelmäßig Hofführungen anbietet, insbesondere für Schulklassen.

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Wiedereinrichter aus Westdeutschland mit vernachlässigten Hofstelle

Der Familienbetrieb Mann ist über die Jahre organisch gewachsen, aus eigener Kraft sozusagen. 1991 starteten Birgit und Rainer Mann mit den drei Kindern Christian, Mathias und Christine, die damals 17, 15 und 6 Jahre alt waren, als Wiedereinrichter aus Westdeutschland mit einer vernachlässigten Hofstelle, gebrauchter westdeutscher Landtechnik und Schulden in Höhe eines Einfamilienhauses.

Heute ist es ein Familienunternehmen mit den beiden Standbeinen Landwirtschaft und Direktvermarktung, insgesamt sechs Familienarbeitskräften und acht fest angestellten Mitarbeitern sowie weiteren Saisonkräften.

Doch zum Anfang. Nach reiflicher Überlegung entscheidet das Ehepaar 1991, sein Glück in Steinbeck zu versuchen. Rainer ist kein gelernter Landwirt, sondern Landmaschinenmechaniker, aber mit großer Lust und Liebe zur Landwirtschaft. In Steinbeck liegen zwei Hofstellen direkt nebeneinander.

Zu beiden gehören 47 ha Fläche. Auf der einen stehen noch die alten Gebäude in U-Form, zum Teil aus Fachwerk und von 1864. Links und rechts Stall und Scheune und am Ende in der Mitte das Bauernhaus. Es ist der Ursprungshof von Birgits Großmutter, der relativ zügig rückübertragen wurde. Im Wohnhaus lebt eine Arbeiterfamilie der Agrargenossenschaft und in einer separaten Wohnung ein Onkel von Birgit. Auf der anderen Hofstelle stehen zwei Jungvieh-Offenställe mit Siloanlage von 1958. Bewirtschaftet wurden die Hofstellen vom Volkseigenen Gut (VEG) Elmenhorst.

Bildergalerie: Zu Besuch bei Familie Mann

Der neueste Anbau vom Frühjahr. 44 neue Liegeboxen dienen dem Tierwohl. Das Projekt wurde von der Landgesellschaft MecklenburgVorpommern geplant.

Der neueste Anbau vom Frühjahr. 44 neue Liegeboxen dienen dem Tierwohl. Das Projekt wurde von der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern geplant. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Für die vielen Besucher des Stallbereichs gibt es klare Verhaltensregeln, damit die Tiere nicht gestört werden.

Für die vielen Besucher des Stallbereichs gibt es klare Verhaltensregeln, damit die Tiere nicht gestört werden. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Viel frische Luft und weiches Stroh für die Frischmelker und Trockensteher im umgebauten alten DDR-Jungviehstall.

Viel frische Luft und weiches Stroh für die Frischmelker und Trockensteher im umgebauten alten DDR-Jungviehstall. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

das Konzept der Berater abgelehnt

Die norddeutsche Bauernsiedlung hat damals ein Betriebskonzept erstellt. Da sie Milchviehhaltung machen wollten, empfahl das Beratungsunternehmen den Bau eines neuen Boxenlaufstalles für 50 Kühe. Da zu der Zeit die Zinsen noch relativ hoch waren, entschieden sich die Manns dagegen. Die Berater konnten das damals nicht verstehen, denn es gebe doch Zinsverbilligungen und Zuschüsse. Rainer dazu: „Ich habe gewaltigen Respekt vor Geld, und bei einem Kredit muss ich mehr Geld zurückbringen, als ich geholt habe. Wir haben spitz gerechnet, was wir fürs Anfangen an Kredit brauchen. Da sind wir auf eine Summe gekommen, die einem neuen Wohnhaus in Niedersachsen entsprach.“

Statt neu zu bauen, wurden die beiden DDR-Offenställe Ställe auf der Nachbarhofstelle von der Agrargenossenschaft gekauft, aber ohne den Grund und Boden darunter. Der und weitere Flächen gehörten einer alten Frau aus Westdeutschland mit Sozialbetreuung und wurden gepachtet.

„Das gegenseitige Vertrauen sollte man nicht verspielen“

Gestartet ist der Familienbetrieb Mann mit gebrauchter Technik. Einer der beiden Ställe wurde für Milchkühe umgerüstet und ein Fischgrätenmelkstand installiert. Am 1. November 1991 kam das erste Milchgeld, 8.500 D-Mark. „Dann haben wir das System entwickelt, dass alles, was an Einnahmen reinkommt und nicht zum Leben gebraucht wird, wieder zurück in den Betrieb geht“, erklärte Rainer. So ist es bis heute geblieben und Fremdkapital wurde nur in Anspruch genommen, wenn es nicht anders ging. Das lies damals aber auch nicht lange auf sich warten. Die Verpächterin der zweiten Hofstelle musste ihre Flächen verkaufen. Der Kauf – 300.000 D-Mark – der Hofstelle und der dazugehörigen Flächen wurden über die alte Hausbank in Nienburg/Weser finanziert, ohne dass der Bankberater das Objekt je in Augenschein genommen hat.

Damit hatte sich die Investitionssumme von einem Tag auf den anderen verdoppelt. Damals hatte das Ehepaar deswegen ziemliche Bauchschmerzen. Jetzt sind sie 30 Jahre da und die Sache ist seit zehn Jahren erledigt. Mit der Bank arbeiten sie heute noch zusammen, sind aber natürlich auch Kunde der Sparkasse Mecklenburg-Nordwest. Rainer betont: „Wir sind so gestrickt. Ob Banken oder Händler, womit wir mal gut zusammengearbeitet haben, auch gemeinsam Höhen und Tiefen erlebt haben, da wechseln wir nicht so schnell. Denn wenn ich ewig wechsle, bin ich immer der Neue. Das gegenseitige Vertrauen sollte man nicht verspielen. Auch wenn der eine mal etwas billiger kann oder mehr gibt, irgendwann später holt er es sich irgendwie wieder zurück.“

Video (c) Sabine Rübensaat

Jüngster Landwirtschaftsmeister

Christian, der älteste Sohn, hat relativ schnell die Schule beendet und eine Berufsausbildung zum Landwirt angefangen. Er war damals der jüngste Landwirtschaftsmeister in Mecklenburg-Vorpommern. Gleichzeitig hat Christian die Liebe zum Vieh gefunden. Der Familienbetrieb Mann wurde organisatorisch geteilt. Rainer ist seitdem hauptsächlich für die Außenwirtschaft zuständig und Christian für die Innenwirtschaft mit den Tieren. So hat jeder seinen Zuständigkeitsbereich.

beachtliche zuchterfolge mit international bekannter Kuh „MPH Bess“

Nachdem seine Tochter Christine Landwirtschaft studiert hat, engagiert sie sich vor allen in der Zuchtarbeit des Betriebes, also bei Anpaarung der Kühe und auch Embryotransfer. Hier kann sie auf einige sehr gute Kuhfamilien aufbauen und der Familienbetrieb Mann schon etliche Erfolge nachweisen.

Dazu gehört die international bekannte Kuh MPH Bess. Die Kuh hat bereits zahlreiche hoch genomische erfolgreiche Nachkommen, unter anderem den Stationsbullen „Sezuan“ bei der RinderAllianz.

Kuhstall viermal umgebaut

Der Kuhstall spiegelt die Entwicklung des Betriebes wider. Der alte Stall in der Mitte für 50 Kühe, der mit Unterstützung der Agrargenossenschaft Klütz umgebaut wurde, steht für den Anfang.

1993 wurde für eine zweite Milchquote eine Vater-Sohn-GbR gegründet. Deswegen wurde an der einen Seite angebaut. Später wurde Milchquote zugekauft. Daraufhin wurde an der anderen Seite angebaut. Nach ein paar Jahren wurde nach vorne erweitert, ebenfalls wegen zusätzlicher Milchquote.

Zum Ende des Quotenzeitalters durfte der Betrieb 2,2 Mio. kg Milch liefern. So wurde der alte Kuhstall insgesamt viermal erweitert. Jeweils finanziert durch Kredit und Eigenmittel.

Bildergalerie: Zu Besuch bei Familie Mann

Rainer Mann mit Enkel Johann an seinem Lieblingsarbeitsplatz (u. r.).

Rainer Mann mit Enkel Johann an seinem Lieblingsarbeitsplatz (u. r.). [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Nicol Nauman und Niklas Förster im neuen Melkstand (mit Hubboden), der aussieht, als wäre er höchstens ein Jahr alt (u. l.).

Nicol Nauman und Niklas Förster im neuen Melkstand (mit Hubboden), der aussieht, als wäre er höchstens ein Jahr alt (u. l.). [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Der in Eigenregie gebaute Kälberstall im Fahrsilo. Rechts die Kälberiglus und links die älteren Kälber in Gruppenhaltung. An der Wand haben die Kälber eine windgeschützte Box. Ansonsten viel Luft und Licht (o. l.).

Der in Eigenregie gebaute Kälberstall im Fahrsilo. Rechts die Kälberiglus und links die älteren Kälber in Gruppenhaltung. An der Wand haben die Kälber eine windgeschützte Box. Ansonsten viel Luft und Licht (o. l.). [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Familie Mann vor dem alten Bauernhaus mit dem Cafe. Alle arbeiten auf dem Hof. (v. l.: Christine, Rainer, Birgit, Enkelkinder Sebastian und Lukas, Cordula, Enkelkind Johann und Christian)

Familie Mann vor dem alten Bauernhaus mit dem Cafe. Alle arbeiten auf dem Hof. (v. l.: Christine, Rainer, Birgit, Enkelkinder Sebastian und Lukas, Cordula, Enkelkind Johann und Christian) [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Einer von fünf David Brown. So viele davon auf einem Hof ist wahrscheinlich einmalig. (o. r.).

Einer von fünf David Brown. So viele davon auf einem Hof ist wahrscheinlich einmalig. (o. r.). [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Zwischendurch folgte 2014 mit einem neuen Melkstand inklusive Gebäude nochmal eine große Investition (400.000 Euro), die anfangs ebenfalls zu leichten Bauchschmerzen bei Rainer führte. Trotzdem ging er mit der Entscheidung seiner Kinder mit. Christian erklärt: „Damals haben wir in dem Fischgräten-Melkstand (2 x 8) gemolken, wie das früher war, unten in einer Grube und oben eine flache Decke, ziemlich dunkel und im Sommer heiß und stickig. Nicht die optimalsten Bedingungen für einen selbst und erst recht nicht für einen Mitarbeiter. So wäre es schwierig geworden, einen neuen Melker zu finden.“

Mit neuem Melkstand weiter gewachsen

Da die Melkzeiten aufgrund der wachsenden Herde immer länger wurden (zweimal vier Stunden pro Tag), musste melktechnisch etwas gemacht werden. Außerdem war Christians Ehefrau Cordula damals gesundheitlich angeschlagen. Deshalb stand die grundsätzliche Überlegung im Raum, ob sie überhaupt weitermachen sollten mit der Milchviehhaltung.

Der Familienbetrieb Mann hat sich fürs Weitermelken entschieden. Mit dem Doppelzwölfer-Side-by-Side-Melkstand dauert ein Melkdurchgang heute nur drei Stunden, und das mit mehr Kühen. „Der neue Melkstand ermöglicht ein Arbeiten in einer freundlichen hellen Umgebung und er war auch der Grundstein, um noch weiter wachsen zu können in der Kuhzahl“, erklärt Christian, und Christine fügt hinzu: „Mit dem aufkommenden Mitarbeitermangel haben wir im Nachhinein schon überlegt, ob das die richtige Entscheidung war mit dem Melkstand, oder ob Melkroboter nicht besser gewesen wären. Doch wir lieben das Melken und wollen die Kühe auch jeden Tag sehen und anfassen.“ Zehn Tage hintereinander erledigt heute ein fest angestellter Mitarbeiter das Melken. Danach hat er vier Tage frei. Dann ist Cordula Chefin im Ring.

Über die Jahre wurde der zweite DDR-Jungviehstall umgebaut für die Trockensteher und die frischmelkenden Kühe. Dafür musste das Jungvieh umziehen in eine Fertigbauhalle, die in zwei Bauabschnitten erstellt wurde. Es kam eine Maschinenhalle zu dem Hofkomplex hinzu und im Nachbardorf wurde eine Halle zur Getreidelagerung (25 x 70 m) gekauft. 2003 wurde eine Fahrsiloanlage für das Futter gebaut.

Angebot zu hoch, also selbst bauen

Nachdem klar war, dass es mit der Milchviehhaltung weiter vorangehen sollte, musste auch in der Kälberhaltung etwas passieren. Früher waren die Kälber im Familienbetrieb Mann vorne in der Scheune. Die Kälberiglus standen über den Hof verteilt. Der Gesundheitsstatus der Kälber in der Scheune war laut Christian nicht der beste. Die erste Überlegung war ein kompletter Neubau für die Kälber. Es wurden Angebote eingeholt mit Kostenschätzung usw. Da waren dann Summen um 150.000 Euro im Gespräch. Das war den Manns viel zu teuer. Sie entschieden, den Kälberstall selbst zu bauen. Die alte Siloplatte neben dem Trockensteherstall bot sich als zukünftiger Kälberstall an. Der Kälberstall wurde von Christian als Offenstall geplant und mit einfachen Mitteln in Eigenregie von der Familie gebaut.

2008 konnte eine Hofstelle mit Ackerland im Dorf erworben werden. Das Wohnhaus wurde saniert und renoviert und bietet nun Platz für Tochter Christine und eine Ferienwohnung. Den Stalltrakt dahinter haben sich Birgit und Rainer als Wohnhaus und Ruhesitz umgebaut. So lebt jetzt auf dem großen Hof Christian mit seiner Familie.

Bildergalerie: Zu Besuch bei Familie Mann

Die Torten und Kuchen backt Birgit Mann jeden Tag frisch.

Die Torten und Kuchen backt Birgit Mann jeden Tag frisch. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Im Hofladen gibt es Zukauf- und hofeigene Produkte.

Im Hofladen gibt es Zukauf- und hofeigene Produkte. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Das Backhaus kann für Familienfeiern und andere Veranstaltungen gemietet werden. Es war eine Ruine, deren Dach fast bis auf die Erde ging. Die Außenmauern wurden deshalb höher gesetzt und Fenster eingebaut. Der alte Backofen blieb drin.

Das Backhaus kann für Familienfeiern und andere Veranstaltungen gemietet werden. Es war eine Ruine, deren Dach fast bis auf die Erde ging. Die Außenmauern wurden deshalb höher gesetzt und Fenster eingebaut. Der alte Backofen blieb drin. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Sabine Rübensaat

Zusätzliche Liegeboxen für mehr Tierwohl

Die letzte große Investition des Familienbetriebes Mann gilt nicht dem Wachstum des Betriebes, sondern dem Tierwohl und der Modernisierung der Stallinneneinrichtung. Da der Stall zuletzt leicht überbelegt war, haben sich die Manns dazu entschieden, ihn zu erweitern. An dem alten Boxenlaufviehstall wurde im Frühjahr eine Boxenreihe angebaut. Es entstand ein Anbau für 44 Milchkühe.

Im Zuge der Investitionsmaßnahme sollen im alten Stall außerdem zwei Reihen Liegeboxen umgebaut und saniert werden. Dabei werden die Boxen von 115 cm auf 124 cm verbreitert. Insgesamt 250.000 Euro werden investiert. Die Manns nehmen dafür die AFP-Förderung vom Land Mecklenburg-Vorpommern in Anspruch. Geflossen ist das Geld noch nicht. Leider verfügt der Betrieb nicht über genügend hofnahes Grünland. Mit täglichem Weidegang für die Kühe hätte ein Zuschuss von 40 % (Premiumförderung) gewährt werden können.

„Zusammenhalt innerhalb der Familie ist besser, als jede Kreditzusage einer Bank“

Auf die Frage, ob er eine Zukunft in der Milchproduktion sehe, da ja ständig investiert werde, antwortete Christian: „Generell ja. Es gibt immer Schwierigkeiten. Jeder Wirtschaftszweig hat seine Höhen und Tiefen. Sicherlich wird viel gesiebt durch die Rahmenbedingungen, die die Politik und der Markt vorgeben. Man muss das als Herausforderung sehen, ständig an sich, an dem Umfeld der Tiere, an der Organisation, an dem Einkauf arbeiten und nicht auf Stand X stehen bleiben. Wer überholen will, muss auch mal die Spur wechseln und auch andere über die eigene Schulter gucken lassen, damit man nicht betriebsblind wird.“

Reiner sieht die Zukunft der Milchproduktion vor allem in Familienbetrieben bei 300 bis 500 Kühen. Über 1.000 Kühe mit Fremdarbeitskräften oder Melkroboter hält er langfristig wirtschaftlich nicht für machbar. Wenn zwei Melker pro Schicht melken, muss man insgesamt drei Melker einstellen. Das sind Kosten, die nicht weniger werden, sondern eher mehr, da der Mindestlohn steigt. Für ihn ist Familie etwas ganz Wertvolles und ganz Großes und er betont: „Ein Zusammenhalt innerhalb der Familie ist besser, als jede Kreditzusage von einer Bank.“

Birgit hat ihr eigenes Standbein

Nach 14 Jahren Betriebsaufbau musste Birgit nicht mehr so oft in den Stall. Der Landwirtschaftsbetrieb lief relativ gut rund und die Kinder waren groß. Da entschied sie sich 2005, einen kleinen Hofladen aufzumachen. Das war wahrscheinlich nach dem Entschluss, nach Steinbeck zu gehen, ihre zweitbeste wirtschaftliche Entscheidung.

Die Direktvermarktung mit hofeigenen, aber auch Zukaufprodukten lief gut an. Steinbeck liegt sehr günstig dicht an der Ostsee und am Ostseebad Boltenhagen. Viele Touristen besuchen den Hof. So mancher wollte aber nicht nur einkaufen, sondern auch gerne einen Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen. Also wurde die Direktvermarktung 2008 um ein Hofcafé erweitert. Es wurde sehr gut angenommen. „Das ging ab, wie Schmidts Katze. Mittlerweile hat meine Frau bis zu fünf fest angestellte Mitarbeiter, und je nach Bedarf drei bis vier Aushilfen. Es geht in der Saison montags los und hört sonntags auf mit dem Verkehr auf dem Hof. Schon 2008 lagen die Einnahmen vom Hofladen über denen vom Stall“, berichtet Rainer stolz und fügt hinzu: „Ob Hofladen, Café oder das alte Backhaus (Foto), für die Baumaßnahmen ist kein Kredit aufgenommen worden.“

Die Besucher des Hofes können nicht nur ausgewählte Lebensmittel und leckeres Essen kaufen, sondern auch zu den Kühen und Kälbern gehen. Außerdem gibt es regelmäßig Hofführungen. Dabei erfahren sie, wie Tierzucht und Ackerbau wirklich funktionieren. Laut Rainer am besten im Kreislauf mit wirtschaftseigenem Dünger. Für ihn gehört beides zusammen.

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Weitere Nachrichten aus den Bundesländern

Weihnachten brummt das Geschäft

Ostern ist ein gewichtiges Geschäft, aber Weihnachten übertrifft alles in der Agrargenossenschaft Teichel. Das Geschäft zum Jahreswechsel trägt knapp 15 Prozent zum Jahresumsatz in der Direktvermarktung bei. In der Fleischerei sind daher alle neun Mitarbeiter in Höchstform.

Von Frank Hartmann

Die knapp 800 Gänse und Enten schlachtet die Gönnertaler Puten GmbH, ein über die Thüringer Landesgrenzen hinaus bekannter Aufzucht- und Schlachtbetrieb. Einmal wöchentlich werden jetzt rund 135 schlachtreife Tiere in Transportkisten verladen und ins 30 Kilometer entfernte Altengönna gefahren. „Am nächsten Tag holen wir die Schlachtkörper ab“, berichtet Vorstand Dr. Stefan Blöttner. Die Veterinärin, die dort die Tierbeschau verantwortet, attestiere dem Teichrödaer Weihnachtsgeflügel seit Jahren höchste Qualität.

Besonders gefragt: Wildknackwurst und „Convenience“

Daneben wird jetzt einmal in der Woche Wild aus dem Gatter entnommen. 110 Wildtieren steht ein 16 ha großes Areal zur Verfügung. Das Rot- und Damwild wird nach dem Qualitätsstandard „wie freilebendes Wild“ gehalten. Übers Jahr hinweg sind die Wildsalami und die Wildknackwurst die Renner im Hofladen. Zu Weihnachten sind vor allem Braten aus Rücken und Keule der Agrargenossenschaft Teichel gefragt. Beim Rotwild wandern jetzt die Edelstücke direkt über die Ladentheke. Der übrige Schlachtkörper wird wie immer bis aufs letzte Gramm verarbeitet, unter anderem zu Salami, Knackwurst und fertig gekochtem Wildgulasch.

Das Schweinefleisch bezieht die Agrargenossenschaft von jeher aus den Nachbarbetrieben in Saalfeld. Gut acht Schweinehälften verarbeitet der Chef der Fleischerei, Jürgen Birte, wöchentlich mit seinem Team zu traditioneller Hausschlachtewurst nach Thüringer Rezepten, Schinken sowie Koch- und Brühwurst. Der Räucherofen läuft in diesen Tagen nahezu ununterbrochen. Ein bei den Kunden sehr beliebtes Produkt ist u. a. der Kochschinken, dieser wird noch wie „früher“ zubereitet, und zwar aus einem ganzen Stück Fleisch aus der Keule.

Ein besonderer Geheimtipp sind die „Convenience“ oder auf Deutsch „Fertiggerichte“. Hier bietet die Genossenschaft Gulasch, Rouladen, Königsberger Klopse oder Entenbraten aus dem Glas an. Diese werden nach traditionellen Rezepten zubereitet.

Transport zum Schlachthof: Hochprofessionell und wenig stress für die tiere

Während die Charolais-Rinder jetzt kalben, ist der Rindfleischabsatz ein weiteres bedeutendes Standbein im Weihnachtsgeschäft. Einmal die Woche wird ein Bulle oder eine Färse ausgewählt, die im nordfränkischen Kronach geschlachtet werden. Seit der Schließung des regionalen Schlachthofes in Jena sind die bayerischen Schlachtstätten an der Landesgrenze die vielgenutzte Alternative für Thüringer Direktvermarkter.

erdenmanager Jens Schmidt schert jetzt die Rinder.
Herdenmanager Jens Schmidt schert jetzt die Rinder. (c) Frank Hartmann

Der Transport zum Schlachthof wird durch die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsschlachttiere Südthüringen Kamsdorf für die Genossenschaft durchgeführt. Hoch professionell und mit so wenig wie möglichem Stress für die Tiere läuft der Transport zum Schlachthof ab.

Winterfurche: Vielleicht ist es schon die letzte  gewesen.
Winterfurche: Vielleicht ist es schon die letzte gewesen. (c) Frank Hartmann

weniger geld für großen aufwand

Damit die Qualitätsrinder kontinuierlich heranwachsen, nimmt Herdenmanager Jens Schmidt in diesen Tagen die Schere in die Hand. Er schert das Fell der Charolais auf ihrem Rücken. Nach der Weidesaison schwitzen die Tiere – gerade am Rücken – im Mutterkuhstall. Die Schur verhindert, dass das Fell verklebt. Schmidt nutzt die Gunst der Stunde und behandelt die Tiere gleich noch gegen Ekto- und Endoparasiten.

Neben dem lausigen Milchpreis, der nach wie vor die gestiegenen Betriebskosten in der Produktion nicht deckt, überschlägt man in Teichröda schon mal die Konditionen der neuen GAP-Förderperiode. Blöttner gibt sich nicht überrascht, dass weniger Geld für den großen Aufwand ankommen wird. Sein Co-Vorstand, Eric Engelmann, merkt sarkastisch an, dass man in diesem Dezember womöglich das letzte Mal eine Winterfurche auf 250 ha mit zwei Kuhn-Beetpflügen (2,80 m Arbeitsbreite) gezogen hat. Wie man mit der Sommerbraugerste oder den Erbsen nach dem Pflugverbot im Zuge der GAP-Konditionalität umgehen wird, bleibe offen. Eine uralte und zu Recht sinnvolle ackerbauliche Technik werde nunmehr bald zu Grabe getragen.

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Weihnachtsbaum: Fällen mit Vorfreude und Distanz

Auf dem Krämerwaldhof im brandenburgischen Neu-Vehlefanz kann man den Weihnachtsbaum seiner Wahl fällen. Und im Zwei-Stunden-Slot etwas über ungeschriebene Gesetze und die Meinungsvielfalt von Förstern erfahren.

Von Wolfgang Herklotz*

Weihnachtsbäume ohne Ende! Auf rund sieben Hektar erstreckt sich die Plantage am Rande von NeuVehlefanz im brandenburgischen Landkreis Oberhavel. Serbische Fichten sowie Rot- und Blaufichten unterschiedlicher Wuchshöhe stehen hier, zudem Nordmanntannen, Kiefern und Douglasien. Wer es mag, sich zur Vorweihnachtszeit den Baum seiner Wahl selbst zu schlagen, wird auf dem Krämerwaldhof fündig. Und erfährt, dass dieser schon seit mehreren Generationen bewirtschaftet wird. „Dies geht bereits auf meinen Urgroßvater zurück“, berichtet Günter Köhler. Der heute 85-Jährige hatte zu DDR-Zeiten in der hiesigen LPG und danach in der Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft gearbeitet. Er kümmerte sich um den Transport von Milch, Gemüse und Kartoffeln, später um Langholzfuhren. Mit Weihnachtsbäumen hatte er damals allerdings nicht zu tun. Deshalb habe er erst mehrere Förster konsultiert, ehe er sich vor zwei Dutzend Jahren an das Anlegen einer Plantage wagte, vorerst auf zwei Hektar. „Aber ich musste dann feststellen: Fünf Förster, fünf Meinungen!“

Tannenzweig

Ganz offensichtlich gibt es eben verschiedene Wege, die zum Ziel führen. Zumal sich die zwei- bis vierjährigen Setzlinge, von mehreren Baumschulen bezogen, je nach Sortenspezifik unterschiedlich entwickeln. Überdies spielt die Beschaffenheit des Bodens eine wichtige Rolle. Gerade die Kiefern, aber auch die Tannen und Fichten bevorzugen leichtere, durchlässige Böden. „Im Prinzip richtig, aber es gibt immer wieder Überraschungen“, erklärt Günter Köhler. Denn auch das Wetter nimmt großen Einfluss darauf, wie die Bäumchen gedeihen. Wenn einem milden Winter ein warmes Frühjahr folgt und dann plötzlich Bodenfröste auftreten, sterben schnell die Triebe ab oder verkümmern. Das hat zur Folge, dass sich die Zweige des Baumes nicht gleichmäßig ausbilden. „Es gab aber auch Fälle, wo sich so mancher Patient wieder berappelte“, so Köhler. Mitunter hilft sich die Natur selber, aber zumeist sind zusätzliche Gaben von mineralischem Dünger und Wasser unverzichtbar. Da in den letzten Jahren die Trockenperioden immer länger und extremer wurden, muss kräftig bewässert werden. Ein verregneter Sommer wie vor Jahren dürfte da ein Glücksfall gewesen sein. „Nein, das war zu viel des Guten“, erinnert sich Günter Köhler. „Staunässe im Boden macht die Wurzeln krank!“ Extreme Bedingungen führen somit zu extremen Erfahrungen und daher zu unterschiedlichen Meinungen. Die Förster lassen grüßen!

Ein anderes Metier

Es ist ebenso unterhaltsam wie lehrreich, an diesem kalten Dezembertag mit dem 85-Jährigen durch die Anlage zu gehen. Zuvor hatte uns sein Enkelsohn Vincent begrüßt. Dieser führt jetzt die Geschäfte auf dem Krämerwaldhof, obwohl eigentlich in einem ganz anderen Metier unterwegs. Nach dem Studium an der Technischen Universität Berlin und zwei Auslandssemestern in Istanbul schreibt er nun an seiner Masterarbeit über die Entwicklung von Wasserstoffzellen. Spätestens im Mai nächsten Jahres soll diese vorliegen. Im Moment liegt sie quasi auf Eis, denn das Weihnachtsbaumgeschäft hat Vorrang. „Es ist ein ungeschriebenes Gesetz in unserer Familie, dass wir in dieser Zeit alle mit anpacken!“ Wozu neben Schwester Sophie auch Bruder Jasper, Mutter Annelie sowie Vater Steffen gehören, ebenso Vincents Freundin Lou Pelosoff. Und Opa Günter muss ebenfalls immer nach dem Rechten sehen, versteht sich!

Während in den vergangenen Jahren zur Adventszeit immer Hochbetrieb auf dem Krämerwaldhof herrschte, drückt nun Corona dem Treiben unbarmherzig seinen Stempel auf. Ein Hygienekonzept musste her, um vor der Pandemie zu schützen und dennoch den Baumverkauf aufrechtzuerhalten. Die Käufer müssen sich vorab per Mail, Fax oder Telefon anmelden, die Zahl der Besucher ist begrenzt. „Es gibt sogenannte Zwei-Stunden-Slots, in denen sich maximal 150 Leute auf dem Hof aufhalten dürfen“, erläutert Vincent Köhler. Mundschutz zu tragen und auf den vorgeschriebenen Mindestabstand zu achten, ist Pflicht, Hinweisschilder an den verschiedensten Stellen des Hofes erinnern daran. Jene, die Appetit auf eine Bratwurst vom Grill oder einen Glühwein verspüren, können weiter den Imbissstand nutzen, aber in gehöriger Distanz bitte! Anschließend in gemeinsamer Runde zu sitzen, ist tabu. „Sicherlich schade“, bekennt Vincent Köhler, „denn das war früher immer noch ein Erlebnis obendrauf. Aber im Moment geht das eben leider nicht!“

Sägen strengt an

Dafür haben Petra Ganzel und ihr Sohn Kai durchaus Verständnis. Für die beiden, die aus dem nur wenige Kilometer entfernten Bötzow kommen, ist der Ausflug zum Krämerwaldhof dennoch eine Premiere. Und die Nordmanntanne eigenhändig abzusägen ebenso. „War schwieriger als gedacht“, gesteht Kai Ganzel, Busfahrer von Beruf. Und auch der Abtransport will gemeistert sein. Das Fest wird er gemeinsam mit den Eltern verbringen, am zweiten Weihnachtsfest stößt dann noch seine Schwester mitsamt Ehemann dazu. Als Ersatz für die abgesagte Betriebsweihnachtsfeier hatte der junge Mann einen Gutschein bekommen und löst ihn hier nun ein. „War eine tolle Idee!“

Zu den Stammkunden, die seit vielen Jahren nach Neu-Vehlefanz kommen, gehören Anja und Thomas Matthes aus Stolpe. Sie haben heute ihre fünfjährige Tochter Marie mitgebracht, die bei der Auswahl des Baumes mithelfen durfte. Das klappte offensichtlich reibungslos, denn schon nach zehn Minuten war die passende Tanne gefunden. Und wenig später: Gleich drei prächtige Exemplare haben Jenny Müller, ihr Sohn Pepe und Opa Karl-Heinz Müller heute „geerntet“. Wenn man wie die drei aus einem Mehr-GenerationenHaushalt in Schwante, ebenfalls Oberhavel-Kreis, stammt, darf es für das Fest wohl schon etwas mehr sein. Wie der sechsjährige Pepe versichert, habe er dem Opa beim Sägen mitgeholfen. Der ist zwar Landwirt und im Umgang mit Handwerkzeugen durchaus geübt, aber man weiß ja nie …

Stumpf wertvoll

Damit die Weihnachtsbäume der Wahl, vorzugsweise Nordmanntannen und Fichten, den Transport gut überstehen, werden sie in Netzen verpackt. Auf Wunsch kann auch gleich noch der Stamm angespitzt werden. Dafür sorgt Christian Wohlfahrt, wetterfest gekleidet und immer zu einer freundlichen Bemerkung aufgelegt. „Suchen Sie sich in Ruhe etwas aus, und wenn Sie nichts finden sollten, geben Sie einen Notruf ab“, fordert er eine der Besucherinnen auf. Der studierte Agrarökologe versteht sich als „freischaffender Haus- und Hofgärtner“, wie er schmunzelnd bemerkt. Seinen Bachelorabschluss machte er im Gartenbau, daher stellt er gern auch sein Wissen um eine ausreichende Versorgung mit Magnesium, Kali und Phosphor sowie den integrierten Pflanzenschutz zur Verfügung. Beeindruckt ist er vom immensen Erfahrungsschatz, den Opa Köhler hat. „Dass man die Setzlinge am besten jeweils neben einem Baumstumpf platziert, hat man uns an der Uni nicht vermittelt. Das habe ich hier gelernt.“ Denn bevor der Stumpf verrottet, gibt er noch Nährstoffe an die junge Pflanze ab.

Worauf sich Günter Köhler einschaltet. „Es dürfen aber keine Reste von Zweigen am Stumpf sein, sonst treibt er neu aus. Wenn ich durch die Plantage gehe und so etwas entdecke, schnappe ich mir gleich eine Säge!“ Bewährte Praxis wie so vieles auf dem Hof der Generationen.


Erfahren Sie hier mehr: https://www.kraemerwaldhof.de/

*Beitrag erstmals veröffentlicht am 19. Dezember 2020

Junges Gemüse lernt von alten Hasen

Das Junglandwirteprojekt der FÖL zeigt Wirkung. Echter Wissenstransfer hilft Existenzgründern dabei, ihre Unternehmen auf die richtige Spur zu setzen und unnötige Fehler zu vermeiden.

Die Fragen stellte Friederike Dexters-Grund

Seit letztem Herbst gibt es in Brandenburg für Existenzgründer eine großartige Möglichkeit, vom Wissen erfahrener Berufskollegen zu profitieren. Das im Herbst 2020 angelaufene Eler-Projekt „Netzwerk für Mentoring und Beratung von Junglandwirten und Betriebsgründern in Brandenburg“ bietet Hilfe durch Mentoring, Fachberatung, Weiterbildungsveranstaltungen, Vernetzung und weitere Angebote.

Mit die ersten, die davon profitierten, sind Lena Buss und Philipp Adler, ein Gärtnerei-Gründerpaar aus Altglobsow. Sie errangen einen Platz als Mentees im Programm und arbeiten mit Mentorin Sabine Kabath von der Bio-Gärtnerei Watzkendorf GmbH zusammen.

Lena und Philipp, wie seid Ihr darauf gekommen, Euch mit einer Gärtnerei auf eigene Füße zu stellen? Habt Ihr einen familiären Hintergrund?
Philipp: Wir haben zwar beide in Eberswalde an der HNE studiert. Es war aber nicht unsere Vision oder eine Idee, von jetzt auf gleich Gemüsebauer zu werden. Es war mehr ein Prozess. Wir hatten schon immer großes Interesse an gutem Essen, haben in der Vergangenheit auch viel danach gesucht, aber gemerkt, dass es nicht immer einfach ist, gute Produkte zu bekommen. Der eigene Anspruch an das Konsumverhalten war ein großer Treiber. Irgendwann spürten wir beide das Verlangen, qualitativ hochwertige Lebensmittel regional produzieren zu wollen.

Lena: Ich habe keinen familiären Hintergrund. Philipp dagegen schon eher. Der Lebensgefährte von Philipps Oma war Gärtner.

Philipp: Ich war seit der Kindheit schon immer fasziniert von Gewächshäusern und liebte besonders schon immer den Geruch von vollgepflanzten „Gewächshausbuden“.

Wie lange gibt es Euch schon?
Lena: Seit April 2020 sind wir am Start.

Lena und Phillip

Das sind Lena und Philipp

Lena Buss hat nach einer Ausbildung zur Gärtnerin im Fachbereich Baumschule und einigen Berufsjahren Gartenbau in Erfurt studiert. Danach folgte ein kurzes Intermezzo in der Forschung für Pflanzenschutz und im Qualitätsmanagement für Obst und Gemüse im Biogroßhandel. Der Wille, Nahrungsmittel nachhaltiger und qualitativ hochwertiger zu erzeugen, führte sie nach Eberswalde an die HNE und zum Master in Öko-Agrarmanagement (ÖAM).

Philipp Adler hat in Leipzig physische Geographie studiert und versehentlich mit Diplom abgeschlossen. Einige Jahre am DBFZ (Deutsches Biomasse-Forschungszentrum) und der Forschung an Potenzialen und Fragen zur Nachhaltigkeit der Biomassenutzung weckten den Wunsch, wirklich alternative Landnutzungssysteme zu finden und mitzukreieren. Bei nachfolgenden Projekten und dem ÖAM-Studium in Eberswalde traf Philipp auf Lena.

2020 gründeten die beiden ihren eigenen Biogemüsebaubetrieb „Good Food Syndicate“ (www.gfsyn.de) in Altglobsow. Sie bewirtschaften drei Hektar biointensiv und vermarkten ihre Erzeugnisse ausschließlich direkt an Privatpersonen und Gastronomien. Die Zusammenarbeit mit Sabine als Mentorin ist bei der Weiterentwicklung ihres jungen Betriebes eine wertvolle Unterstützung und räumt ihnen einige Steine aus dem eingeschlagenen Weg.

Habt Ihr erstmal angetestet oder seid Ihr gleich im Haupterwerb gestartet?
Lena: Die Gründung war sofort als Haupterwerbsbetrieb, jedoch haben wir davor diverse Praktika gemacht, um Erfahrungen zu sammeln.

So ein Unternehmen zum Laufen zu bringen, ist bestimmt nicht einfach. Schön, wenn es da die Möglichkeit gibt, von erfahrenen Berufskollegen zu lernen. War das von vornherein Euer Plan, Euch Mentoren zu suchen?
Philipp: Seitdem wir Sabine Kabath kennen und uns getraut haben, mal an ihrem Büro zu klopfen, haben wir immer wertvolle Tipps von ihr bekommen.

Lena: Mentoren haben wir nicht gezielt gesucht, jedoch haben wir schon immer andere Höfe besucht, uns das eine oder andere abgeschaut und Erfahrungsaustausch betrieben. Wir haben uns dann sehr gefreut, dass das Mentorenthema durch die FÖL offiziell gemacht wurde und wir unsere Mentorin, die wir bekommen haben, jetzt einfach ganz unbefangen anrufen können, ohne ein schlechtes Gewissen.

Sabine, was hat Dich dazu bewogen, bei dem Projekt mitzumachen? Hast du selbst zum Beginn deiner Laufbahn von den Erfahrungen der gestandenen Berufskollegen profitiert?
Sabine: Zu der Zeit, als ich angefangen habe, hat sich das schwierig gestaltet, an Erfahrung zu kommen. Ich habe auch keinen gärtnerischen Hintergrund. Ich wollte was mit Pflanzen machen, habe dann Gärtner gelernt, anschließend meinen Meister gemacht, und dann kam die Wende und es bot sich der Gärtnereistandort in Watzkendorf an. Als Grünschnabel – ohne zu wissen wie – habe ich damals begonnen.

Eins war nur klar: Wenn wir was machen, dann Bio. Gute Bücher gab es früher nicht wirklich, zumal es nicht immer einfach ist, das Theoretische auf den Acker zu übertragen. Wir waren damals eine der wenigen in der Region. Daher zog es uns eher nach Berlin, wo dann schon mehr Wissen aus den alten Bundesländern ankam. So hat man dann auch abgeguckt von den Kollegen. Theoretisches Wissen aus dem Buch umzusetzen, dabei macht man viele Fehler. Dies kann man auch verkürzen durch praktischen Wissenstransfer. Ich weiß, wie schwer die erste Zeit war, inklusive der vielen roten Zahlen.

Das ist das Projekt

Der Bedarf an Fach- und Führungskräften in der Brandenburger Landwirtschaft ist hoch. Auch die Zahl der Gründungswilligen steigt. Doch der Einstieg ist nicht leicht und das vorhandene Beratungsangebot kommt zu kurz.

Um Hofübergaben, Existenzgründungen und junge Betriebe zu unterstützen, arbeitet die Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg e. V. (FÖL) mit den Kooperationspartnern Bündnis Junge Landwirtschaft e. V. (BJL) und der Regionalwert AG Berlin-Brandenburg seit 2020 im Eler-geförderten Projekt „Aufbau eines Netzwerkes für Mentoring und Beratung für Junglandwirte in Brandenburg“ zusammen. Im Mittelpunkt stehen dabei der Wissenstransfer und die Vernetzung.

Auf neues Terrain begibt sich das Projekt mit seinem Mentoring-Angebot. Diese uralte Form der Wissensweitergabe ist bis dato nicht offiziell in der Landwirtschaft zu Hause: Junge Betriebsleiter können sich durch die Expertise und Begleitung erfahrener Praktiker weiterentwickeln. Daneben werden im Projekt gezielte Fachberatungen vermittelt. Gründungswilligen wird eine Erstberatung angeboten. Auch eine Reihe von Online-Workshops sowie Exkursionen stehen auf der Tagesordnung.

Wie schätzt Du es ein, ist es heute schwieriger, einen eigenen Betrieb zu gründen als noch vor zwanzig Jahren?
Sabine: Nein, das glaube ich nicht, vielleicht ist es heutzutage sogar einfacher, weil die Gesellschaft drumherum offener geworden ist. Wir waren ja damals die „Spinner“. Das ist heute nicht mehr so. Die Anerkennung im Dorf als Öko ist heute besser. Aber vom Tun her ist es natürlich genauso schwer, da gibt’s keinen Unterschied. Land ist heute schwieriger zu bekommen. Das Land wandert zum Teil immer mehr in großindustrielle Strukturen ab, und die Eigentümer sind oftmals Investoren, die nur auf der Suche nach einer anständigen Rendite sind. Bei den heutigen hohen Preisen ist es eine Hürde, Land zu kaufen. Aber auch langfristige Pachtverträge abzuschließen, die einem ein vernünftiges Planen ermöglichen, ist nicht so einfach.

Wie lange arbeitet Ihr schon zusammen?
Sabine: Wir haben im Frühjahr 2021 angefangen.

Trefft Ihr euch regelmäßig oder nur bei Bedarf?
Sabine: Bei Bedarf wird sich vor Ort getroffen. Wir telefonieren jedoch regelmäßig, übersenden Fotos und Videos von den Kulturen und besprechen in diesem Rahmen vieles.

Wie strukturiert Ihr die Treffen?
Philipp: Wir Gründer haben einen Zettel, wo wir regelmäßig alle Fragen aufschreiben. Diese übersenden wir vorab an die Mentorin. Wir machen dann bei den Vor-Ort Terminen einen Rundgang und klären die Fragen direkt. Viele Dinge sieht Sabine direkt und nimmt dazu Stellung, ohne dass wir vorab Fragen formuliert haben.

Bio Gemüse
© Friederike Dexters-Grund

Geht es eher um handwerkliche Tipps oder doch eher um die Betriebswirtschaft?
Lena: Es geht in der Praxis um handwerkliche Tipps, die sich dann am Ende natürlich betriebswirtschaftlich ausdrücken. Es gibt derzeit noch nicht so viele Zahlen, über die man rüberschauen könnte. Wenn es später zum Beispiel um die Anschaffung von Maschinen geht, müssen auch betriebswirtschaftliche Betrachtungen angestellt werden.

Wie schätzt ihr den Nutzen dieser Zusammenarbeit ein? Lernen nur die Jungen von den Alten oder vielleicht auch die Alten von den Jungen?
Sabine: Jeder Gang auf den Acker eines anderen Betriebs bereichert auch einen selbst. Manchmal sieht man eine Kultur, die hier sehr gut aussieht, dann zieht man Vergleiche und hinterfragt … diese „Ackerrandgespräche“ sind immer fruchtbar.
Lena: Der Erfahrungsaustausch mit Sabine ist für uns unbezahlbar, wir können dadurch viele Fehler vermeiden und uns die eine oder andere rote Zahl ersparen. Durch die Antworten von Sabine bleibt uns zeitaufwendige Recherche erspart und wir bekommen im Hinblick auf unsere Problemstellungen immer einen sehr guten Fahrplan.

Sabine

Das ist Sabine

Sabine Kabath ist Jahrgang 1966, lebt im Süden Mecklenburg-Vorpommerns, liebt den Biogemüseanbau und hat sich in den letzten Jahren mit Managementaufgaben angefreundet. Ihre Leidenschaft hat sie früh entdeckt. Es sollte etwas mit Pflanzen sein.

Nach einer kurzen Stippvisite in einem Finanzstudium, das ihr überhaupt nicht lag, fiel die Entscheidung zur Gärtnerausbildung. 1988 zog es sie aufs Land nach Mecklenburg bei Neustrelitz. Sie absolvierte die Meisterausbildung. In den Wendewirren hat sie die Abwicklung der Abteilung Gemüsebau ihres Betriebes übertragen bekommen. Über mehrere Zwischenstufen mit Projekten und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen konnte der Gärtnereistandort erhalten werden. 1997 gelang mit der Gründung der Bio-Gärtnerei Watzkendorf GmbH der Schritt in die Selbstständigkeit. Bis heute entwickelt sie ihren Betrieb stetig weiter.
Ihre Nachfolge hat sie vorausschauend bereits seit geraumer Zeit gesichert. Sie ist ehrenamtlich sehr aktiv und engagiert sich u. a. für die Entwicklung des ökologischen Landbaus, besonders im Bioland e. V. sowie für die gärtnerische Berufsausbildung. Sabine teilt schon immer gerne ihre Erfahrungen und möchte vermeiden, dass junge Gärtner und Gärtnerinnen beim Aufbau ihrer Gärtnerei die gleichen Fehler machen wie sie. Ihr Netzwerk ist vielfältig. Sie legt großen Wert auf den gemeinsamen Austausch.

Würdet Ihr diese Art der Zusammenarbeit weiterempfehlen?
Sabine: Ich als Mentorin würde sie weiterempfehlen, jedoch bin ich relativ frei in meinem Handeln, da meine Firma recht gut läuft. Wenn ich aber voll aktiv in die Produktionsprozesse eingebunden wäre, würde ich auch nicht rauskommen und hätte keinen freien Kopf, um als guter Mentor zu agieren und noch für ein zweites Unternehmen mitzudenken. Ich gebe mein Wissen sehr gerne weiter, das ist unsere Firmenphilosophie. Es ist auch wertvoll, denn wenn man einem etwas erklärt, kann man sein eigenes Wissen festigen – wie damals in der Schule. Indem man sein eigenes Wissen vermittelt, hinterfragt man dieses ja auch noch. Somit ist diese Art der Zusammenarbeit auch für die Mentoren sehr wertvoll und bereichernd.

Philip: Bekannte von mir belegen zum Beispiel Gärtner-Internetkurse, die ich nicht für so effizient halte. Es ist einfach viel mehr wert, wenn ein erfahrener Praktiker in dein Gewächshaus schaut und dir hautnah an der Kultur erzählt, wo die Probleme liegen und was wir besser machen können. Es ist für uns ein hochqualitativer Wissenstransfer. Wir als junges Gärtnerpaar sind einfach total dankbar für die praktische Unterstützung unserer Mentorin und auch für die Arbeit der FÖL, welche das Mentoring-Programm auf die Beine gestellt hat und begleitet. Wir hoffen, dass dieses Konzept institutionalisiert wird, damit auch zukünftig weitere junge Leute davon profitieren können.


Weitere Infos unter www.junglandwirte-brandenburg.de

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Caromatisches: Ökogemüse und -obst aus dem Havelland

Sie mag alte Sorten wie „Ochsenherz“ oder „Bunte Forelle“, ohne Althergebrachtes einfach hinzunehmen. Mit Carolin Harras sprachen wir über die Mühen und Freuden beim Anbau von Ökogemüse sowie die unbändige Lust auf Nachhaltigkeit.

Von Wolfgang Herklotz


Was macht eine erfolgreiche Jungunternehmerin aus? Ist es vor allem ihr Gespür, zur rechten Zeit das Richtige zu tun, damit es schon bald in der Kasse klingelt?
Carolin Harras, die Hände tief in den Taschen der weiten Latzhose vergraben, muss eine Weile nachdenken. Es ist schon wichtig, dass sich harte Arbeit irgendwann auszahlt, meint sie. „Aber Erfolg nur an Zahlen und Umsätzen zu messen, ist zu kurz gegriffen. Für mich zählt, eine Idee zu haben. An die muss man fest glauben und darf sich davon nicht abhalten lassen.“ Auch wenn es Rückschläge gibt, die wohl unvermeidlich sind, wenn eine junge Frau Ende Zwanzig wie Carolin vor zwei Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit wagt.

„Caromatisch“: Ohne Kredit zum eigenen Betrieb

Ihr Ziel ist überaus ehrgeizig: Aus eigener Kraft will sie einen kleinen Betrieb aufbauen, um Verbraucher aus dem Umland mit Ökogemüse und -obst zu versorgen. Doch dafür einen Kredit aufzunehmen und sich zu verschulden, kommt nicht infrage. Lieber setzt sie ihre Ersparnisse ein.
Das Eigenkapital reicht, um Saatgut zu kaufen, zwei Folientunnel aufzubauen und Pacht zu zahlen. Der lehmige Acker wird mühsam von Hand bearbeitet. Das geht ordentlich über den Rücken, schont aber den Boden.

Die Eltern finden anfangs das Projekt äußerst bedenklich, raten ab. Doch Carolin lässt sich nicht davon abbringen. Sie trotzt den Schädlingen und der Trockenheit, die ihr im ersten Sommer zu schaffen machen, bringt die erste Ernte ein.

Insekt an Blüte
(c) Sabine Rübensaat

„CAROMATISCH“: Namenskürzel und Anspruch in einem

Wir treffen Caro, wie ihre Freunde sie nennen, an diesem sonnigen Maitag auf dem knapp einen Hektar großen Areal am Rande von Paretz. Hier, wenige Kilometer vor den Toren Potsdams, hat ihr Betrieb seinen Sitz. Dessen Name „Caromatisch – ökologischer Gemüsebau“ steht für ein Programm: Das Kürzel des Vornamens verbindet sich mit dem Anspruch, wohlschmeckendes Gemüse und Obst feldfrisch anzubieten.

Unter Folie reifen auf mehr als 400 Quadratmeter Tomaten unterschiedlichster Sorten, ebenso Gurken, Melonen, Auberginen, Paprika, Chilis, Kohl, Salate, Lauch und Radieschen, aber auch Artischocken, Ingwer, Kurkuma oder Physalis.
Weitere Kulturen, darunter Kartoffeln, Zwiebeln, Erdbeeren und Rhabarber, gedeihen auf dem Freiland, umgeben von Streuobstbäumen.

Zwischen den Parzellen finden sich zahlreiche Blühstreifen, um Lebensräume für Insekten zu schaffen. „Mir ist es sehr wichtig, gesunde Lebensmittel zu produzieren und gleichzeitig auch für Artenschutz zu sorgen“, versichert Caro. „Nachhaltigkeit kann nur dann funktionieren, wenn sich Mensch und Umwelt im Einklang befinden.“

pflanzenaufgüsse statt pflanzenschutzmittel

Da Pflanzenschutzmittel und mineralischer Dünger für einen Ökobetrieb tabu sind, kommen Brennnesseljauche sowie weitere selbstangesetzte Pflanzenaufgüsse gegen tierische Schädlinge zum Einsatz.

Gedüngt wird mit Pferdemist und geringen Mengen Urgesteinsmehl. Kompost sowie Mulch tragen dazu bei, den Boden vor Austrocknung zu schützen, die Lebewesen darin zu aktivieren und Humus zu mehren. Am Anfang habe sie sich eine Fuhre Kompost anliefern lassen, berichtet Caro. „Inzwischen bereite ich den selber und gewinne auch jede Menge Mulch, wenn ich die Wiese mähe.“

„CAROMATISCH“: „F1 kommt mir nicht ins Beet!“

Das Saatgut bezieht die Gärtnerin von ausgewählten Anbietern wie dem in der Uckermark ansässigen Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen (Vern). Diesem geht es darum, alte und seltene Kulturpflanzen zu erhalten.

Caro zeigt auf die bunt gesprenkelten Salatköpfe der Sorte „Bunte Forelle“, die von besagtem Verein angeboten wird. „Ich mag solche alten Sorten, weil sie so robust sind und sich auch äußerlich von vielen hochgezüchteten Sorten unterscheiden.“ Völlig inakzeptabel sind für sie die sogenannten Hybridzuchten, um die Vorzüge bestimmter Sorten noch zu steigern. „F1 kommt mir nicht ins Beet“, betont die Paretzerin mit aller Bestimmtheit.

Mit Tomaten fing alles an

Ihr Faible für Pflanzen unterschiedlichster Spezies ist offensichtlich, aber wo kommt es her? Schon als Jugendliche habe sie sich für Tomaten interessiert, berichtet Caro. „Die wuchsen bei uns in Falkensee im Vorgarten. Ich habe sie nicht nur gern gegessen, sondern mich mit meiner Mama auch um die Pflege gekümmert. Ich fand es spannend zu beobachten, wie sich aus den Pflänzchen solch wohlschmeckende Früchte entwickeln.“
Da mittlerweile viele Tomaten im Selbstversorger-Garten heranreiften, wurden die Überschüsse zum Verkauf angeboten. Als Geschäftsmodell kam das aber derzeit nicht infrage.

Caro begann nach dem Abitur an der Berliner Humboldt-Uni zu studieren, erwarb den Bachelor im Bereich Erziehungswissenschaft und Philosophie. „Aber ich habe schnell gemerkt: Das ist es nicht, was ich wirklich will!“

Kurzentschlossen tauscht sie den Hörsaal gegen einen Ausbildungsplatz als Gärtnerin, Fachrichtung Gemüsebau, auf dem Florahof in Potsdam, arbeitet dann als Gartenbauassistentin in der Biokräuterei Oberhavel. Sie sammelt viele Erfahrungen, von denen sie heute noch profitieren kann. „Ich habe gelernt, die Abläufe im Betrieb besser zu verstehen und was es heißt, die Ernte effektiv für den Verkauf aufzubereiten.“
Dabei entwickelt sie eigene Vorstellungen, die aber schnell mit dem Althergebrachten kollidieren. Das weckt den Wunsch, sich auf eigene Füße zu stellen und eigene Ideen zu entwickeln. Caro konsultiert eine in Potsdam ansässige Existenzgründerwerkstatt, lässt sich beraten, knüpft Kontakte.

Camper-Dasein auf dem Hofgelände

Eher zufällig gerät sie an eine Unternehmerin aus Paretz, die langfristig Flächen verpachten möchte. Die Konditionen dafür sind günstig, die beiden Frauen werden sich schnell einig, im Frühjahr/Sommer 2019 meldet Carolin Harras die Neugründung ihres Betriebes gemäß den Öko-Richtlinien der EU an. Eine ebenso aufregende wie arbeitsintensive Zeit begann, die bis heute anhält.

Schmunzelnd erinnert sich Caro an ihr Camper-Dasein in den ersten Monaten. „Ich habe bis spät am Abend gearbeitet, konnte mich einfach nicht losreißen und habe deshalb gleich nebenan ein Zelt aufgestellt.“ Inzwischen bewohnt sie eine kleine Mietwohnung in der Nachbarschaft. Das ist wesentlich komfortabler, doch an einen Feierabend vor 20 oder 21 Uhr im Frühjahr und im Sommer ist weiter nicht zu denken. Kein Problem für die junge Frau: „Ich genieße es, selbst entscheiden zu können, wie lange ich arbeite. Dafür gönne ich mir dann auch schon mal eine längere Mittagspause in der Sommerhitze.“

Abokisten mit klassikern und exoten

Mittlerweile wachsen rund 60 verschiedene Gemüse- und Obstkulturen unter dem Label „Caromatisch“, die Sortenzahl liegt bei 400. „Ich mag einfach die Vielfalt an Farbe, Form und Geschmack.“ Dazu gehören solche Exoten wie weiße Radieschen und Möhren sowie blaue Kartoffeln. Favorit sind natürlich die Tomaten, darunter solche Klassiker wie das „Ochsenherz“, eine rosa-rot gefärbte, herzförmige Fleischtomate. Ursprünglich standen allein 200 verschiedene Tomatensorten auf dem Anbauplan, der praktischerweise jedoch um mehr als zwei Drittel reduziert wurde.

Caro reagiert damit auch auf Verbraucherwünsche. Sie bietet Abokisten an, die wöchentlich von Juni bis Oktober nach Paretz und Potsdam geliefert werden, das Stück für 20 Euro. Darüber hinaus versorgt die Jungunternehmerin einen speziellen Laden in Potsdam mit ihrer frischen Ware, der für maßvolles Einkaufen ohne Verpackung wirbt, zudem einen Feinkosthändler und gelernten Koch, der ihre Tomaten zu delikaten Chutneys verarbeitet.

Mit Existenzgründerpreis und Wirtschaftsförderpreis ausgezeichnet

Die Nachfrage ist groß, allein die Zahl der Abokisten von derzeit 50 könnte gut und gern verdoppelt werden. Doch das hieße, den Anbau zu erweitern und Mitarbeiter einzustellen, was für Caro nicht infrage kommt. „Ich will das alles weiterhin weitgehend allein stemmen!“ Was aber Änderungen nicht ausschließt, um die Arbeit zu erleichtern.

So wurde jetzt ein beheizbarer Anzuchttisch für Jungpflanzen installiert, um sie vor Nachtfrösten zu schützen. Zumindest schon gedanklich ist der Einsatz von Solarzellen in Planung, um eine eigene Stromversorgung zu sichern.
Dass „Caromatisch“ inzwischen mit dem Existenzgründerpreis und obendrein mit dem Wirtschaftsförderpreis des Landkreises Havelland geehrt wurde, sieht die 29-Jährige als Anerkennung, weniger als Aufforderung noch zuzulegen. „Ich tue einfach weiter das, wovon ich überzeugt bin!“

Ausbildungspreis 2021: Ausgezeichnete Starthelfer

Die Landboden Bronkow Agrar GmbH und die Schäferei von Frank Hahnel bekamen den Ausbildungspreis 2021 – aus guten Gründen.

Von Heike Mildner

Zehn märkische Unternehmen wurden am 25. November in der Potsdamer Staatskanzlei mit dem „Brandenburgischen Ausbildungspreis 2021“ für ihr vorbildliches Engagement in der betrieblichen Ausbildung geehrt. Die Auszeichnung, mittlerweile zum 17. Mal vergeben, ist mit je 1.000 Euro dotiert.

Ausbildungsnetzwerk mit merh als 30 agrarbetrieben

Zwei der zehn Preisträger kommen aus dem Agrarbereich. Einer ist die Landboden Bronkow Agrar GmbH im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Hier sei Ausbildung Chefsache, sagt Geschäftsführer Rainer Wendland in die Kamera von Borjana Dinewa-Zelt vom Bauernverband Südbrandenburg. Sie hat das Vorstellungsvideo für Bronkow aufgenommen. Weitere Hauptdarsteller darin sind Max Wagner, demnächst Fleischer, und der künftige Landwirt Florian Kraske: zwei von sieben jungen Leuten, die gerade ihre Ausbildung in der Landboden Bronkow Agrar GmbH absolvieren.

Hartmut Aust, Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium, hielt die Laudatio bei der Preisverleihung: Das Unternehmen bilde seit 1995 aus, habe in den vergangenen zehn Jahren zwölf Azubis erfolgreich zum Abschluss geführt, so Aust. Seit 2015 arbeiten die Bronkower im Ausbildungsnetzwerk mit mehr als 30 Agrarbetrieben zusammen, erweitern und vertiefen gemeinsam das Angebot an überbetrieblichen praxisorientierten Ausbildungsinhalten. Das bedeute nicht nur ein inhaltliches Plus für die Auszubildenden, so Aust. „Für den Betrieb heißt das, Auszubildende für Netzwerktreffen freizustellen und selber Unterweisungsangebote für alle Azubi im Netzwerk zu machen.“

Azubis: richtige berufswahl getroffen

Bronkows Geschäftsführer, Rainer Wendland, sagt scherzhaft, für seine Azubis gelte Fünf-G, nämlich: „gut, gewissenhaft, geduldig, gekonnt und ganz, ganz unvoreingenommen“. Den beiden Azubis im Video sieht man an, dass sie offenbar die richtige Berufswahl getroffen haben. Und langweilig wird es in einem Betrieb, der Pflanzen- und Tierproduktion mit Schlachtung und Direktvermarktung verbindet, sicher nicht. Und andersherum: „Die neue Generation bringt frischen Wind in unser Unternehmen und lässt uns bisherige Denkmuster hinterfragen“, so Wendland.


Landesflagge Brandenburg

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Beim zweiten Ausgezeichneten im landwirtschaftlichen Bereich geht es noch familiärer zu – ganz besonders in der laufenden Ausbildungssaison. Schäfermeister Frank Hahnel bildet gerade seinen Sohn Hans aus. Das allein ist noch nicht preisverdächtig, jedoch ist Hans sein zehnter Lehrling seit 1997 (davon 7 Frauen und 3 Männer) und Hahnels Betrieb, die Schäferei Marienfelde (Landkreis Märkisch-Oderland), mit 270 ha und zwei Schafherden recht überschaubar.

Laudatorin Janny Armbruster, Beauftragte der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen, führt besondere Gründe für die Auszeichnung an: Unter den sieben Auszubildenden waren drei benachteiligte und lernbehinderte Jugendliche. „Es ist leider noch immer nicht selbstverständlich, dass jungen Menschen, die es oft am schwersten haben, ein selbstbestimmtes Leben in unserer Gesellschaft zu leben, gut ausgebildet und gefördert werden“, so Armbruster.

Hahnel habe ihnen eine Chance und damit eine berufliche Zukunft auf dem ersten Arbeitsmarkt gegeben. Zudem sei Hahnel gesellschaftlich sehr aktiv, u. a. im Schafzuchtverband, als Stadtverordneter, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, und er organisiere Veranstaltungen für ein weltoffenes Müncheberg gegen Hass und Ausgrenzung.

Weitere Nachrichten aus den Bundesländern

Ausgleichszulage: Protestnote an Kretschmer

Beim Sächsischen Landesbauernverband (SLB) hat die Verteilung der EU-Mittel für die neue Förderperiode von 2023 bis 2027 in Sachsen für schwere Verstimmung gesorgt und zu einer Protestnote an Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) geführt.

Während der sächsische Fördertopf für Projekte in den Leader-Regionen prall gefüllt ist, soll die Ausgleichszulage für Betriebe im benachteiligten Gebiet künftig entfallen.

viel in die Regionalentwicklung

Der SLB kritisiert, dass Sachsen erneut einen großen Anteil seiner Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (Eler) für die Förderung der Leader-Regionen zur Verfügung stellt. Bereits in der alten Förderperiode habe dieser Anteil 40 Prozent betragen. Aufgrund einer Einigung zwischen Landwirtschaftsminister Günther (Grüne) und Regionalentwicklungsminister Schmidt (CDU) sollen in der neuen Periode 202,7 Mio. Euro bereitgestellt werden. Damit würden, so SLB-Präsident Torsten Krawczyk „nunmehr über 47 Prozent des verfügbaren Mittelplafonds in Sachsen in die Regionalentwicklung gehen“. Sachsen stellt im bundesweiten Vergleich mit Abstand den höchsten Anteil seiner Eler-Mittel für das Leaderprogramm bereit.

Die Mittelausstattung für die Leader-Förderung, die im Zuständigkeitsbereich des Regionalentwicklungsministeriums liegt, geht indes zulasten der Landwirtschaftsbetriebe. Denn für die eigentlich vorgesehene Ausgleichszulage für Betriebe in benachteiligten Gebieten bliebt nun kein Geld mehr übrig. Dies stehe im Widerspruch zu einem noch im Juni zwischen SLB und Landwirtschaftsministerium ausgehandelten Kompromiss, beklagt Präsident Krawczyk. Dabei hatte man sich auf eine moderate Kürzung der Ausgleichszulage verständigt.

Mit der Abschaffung der Ausgleichszulage für landwirtschaftliche Unternehmen in benachteiligten Gebieten werde, so der SLB-Präsident in seiner Protestnote an Kretschmer, „die Grundlage für jede weitere Kompromissfindung ad absurdum geführt“. Der Ministerpräsident möge „unter Zuhilfenahme Ihrer Richtlinienkompetenz dafür Sorge, dass unser im Juni gefundener Kompromiss für die Gewährung der Ausgleichszulage für die Jahre 2023 bis 2027 bestehen bleibt“, fordert Krawczyk.


Sachsen aktuell

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erhalt der kulturlandschaft

Auf die vorige Woche versandte Protestnote hat der Ministerpräsident bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht reagiert. Hingegen trat das Landwirtschaftsministerium mit dem SLB in Kontakt. Beide Seiten stehen zu der Angelegenheit im Gespräch. Das Ministerium begründet die Streichung der Ausgleichszulage damit, dass man nach Abgabe der Mittel für die Regionalentwicklung das verringerte Budget ausgleichen musste, ohne die Investitionsförderung oder die Förderung des Ökolandbaus zu kürzen.

Zum benachteiligten Gebiet gehören unter anderem die Erzgebirgsregion und Teile Nord- und Ostsachsens, die durch natürliche Gegebenheiten wie häufige Trockenheit oder starke Hangneigung Bewirtschaftungsnachteile haben. Die Zulage soll zum Beibehalt der Bewirtschaftung und damit zum Erhalt der Kulturlandschaft beitragen.

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Waldgourmet aus Gardelegen

Waldgourmet aus Gardelegen verkauft Fleisch und Wurst vom Wild und von natürlich gehaltenen Rindern. Geschäftsführer Marian Bohndick nutzt für das Unternehmenswachstum die Finanzierungsform Crowdlending, denn sie bietet gleichzeitig einen Marketingeffekt.

Von Klaus Meyer

Warnhinweis: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“ Über 400 Geldgeber haben diesen Satz mit Sicherheit gelesen. Sie sind das Risiko trotzdem eingegangen und jeder hat mindestens 250 Euro in die Crowdfnding-Kampagne von Waldgourmet gesteckt, insgesamt 500.000 Euro. In kurzer Zeit hat das Unternehmen Waldgourmet eine Metzgerei in Gardelegen (Sachsen-Anhalt) gebaut und beschäftigt heute schon sechs Mitarbeiter. Der 36-jährige Geschäftsführer Marian Bohndick erklärt, warum er eine digitale Wildmanufaktur aufbaut und wieso er das Unternehmenswachstum unter anderem über Rendite-Crowdfunding finanziert.

Herr Bohndick, Sie bauen einen digitalen Wildhandel auf. Wie sind Sie dazu gekommen?
Wir sind eine jagdliche Familie. So war der Bezug zum Wild da und 1996 haben unsere Eltern im Nebenerwerb mit einem Wildhandel begonnen. Ich wollte eigentlich nicht daran anknüpfen. Über Umwege bin ich doch wieder zum Wild gekommen, da ich mich für nachhaltige Themen, für die Umwelt und zukunftsorientierte Geschäftsmodelle interessiere.

Bei dem Versuch, eine Plattform für naturwissenschaftliche Bildung aufzubauen, bin ich auf das Thema Fleisch gestoßen. Mir ist bewusst geworden, dass Ernährung im Prinzip der einfachste und günstigste Weg ist, sich selbst und seiner Umwelt etwas Gutes zu tun und dass ich das nachhaltigste Fleisch vor der Haustür habe. Die Produktion und Vermarktung fand ich spannend durch den familiären Hintergrund als Jäger und Wildhändler. Während und nach meinem Studium bin ich in Kontakt gekommen mit jungen Unternehmen, die sich mit digitalem Vertrieb und digitalen Technologien beschäftigten. So kam beides zusammen. Durch die Mithilfe im Wildhandel wusste ich, dass es in der Branche einen großen Bedarf an Digitalisierung gibt.

Das Führungstrio von Waldgourmet: Marcus Bohndick, Marian Bohndick und Kai Heetjans.
Das Führungstrio von Waldgourmet: Marcus Bohndick, Marian Bohndick und Kai Heetjans. (c) Konrad Drüsedau

Wo denn zum Beispiel?
Die Thematik Wildursprungschein hat einen hohen Digitalisierungsbedarf. Auf dem Formular muss zum Beispiel eingetragen werden, woher das Reh kommt, wer es erlegt hat, ob es auffällige Merkmale aufweist und so weiter. Also eine Fülle von Angaben, die von vielen verschiedenen Akteuren, Jägern, Forstbetrieben, Veterinären und dem Wildhandel erfasst, dokumentiert und kontrolliert werden müssen. Zusammen mit einem befreundeten Softwareentwickler haben wir für den Bereich eine digitale Lösung entwickelt, die das alles vereinfacht. Obwohl wir damals aus diversen Gründen damit nicht in den Markt gekommen sind, haben wir trotzdem gesehen, welches Potenzial dahintersteckt, auch hinsichtlich der späteren Vermarktung.

Haben Sie auch einen Hofladen?
Ja, beziehungsweise nein. Wir haben einen kleinen Laden hier in Jävenitz eröffnet, dürfen ihn aber nicht Hofladen nennen, denn dann müsste er sich direkt an unserer Manufaktur befinden. Den haben wir allerdings nur aufgemacht, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was notwendig ist, um Wild direkt zu vermarkten, welche Genehmigungen eingeholt werden müssen, und so weiter. Unser Fokus ist die Vermarktung übers Internet.

Was kann man bei Ihnen kaufen und wo?
Fast alles, was man bei einem normalen Metzger auch bekommt, nur bekommt man es da, wo es am bequemsten ist, online auf der Couch, am Computer, im Schlafanzug. Wir haben eine vollwertige Fleischerei und machen von vorne bis hinten alles selbst, bei den Weiderindern vom Schlachten bis zur Wurst. Wir überlegen allerdings gerade, wie wir unseren Onlineversand mit einem innovativen Ladenkonzept ergänzen.

Warum?
Bei der Onlinevermarktung gibt es durchaus auch Herausforderungen. Zum Beispiel die Logistik. Der Expressversand ist nicht günstig. Gleichzeitig sind manche auch noch skeptisch hinsichtlich des Online-Einkaufes von Fleisch und Wurst. Wir sind am Experimentieren, wie wir online und offline verbinden können.

Wie waren die Entwicklungsschritte der Wildverarbeitung und -Vermarktung?
1996 haben unsere Eltern den Wildhandel gegründet. 2015 hatten wir uns zum ersten Mal mit der Idee der Vermarktung über das Internet auseinandergesetzt. Damals wollten wir eine Plattform entwickeln, die zwischen Jägern und Verbrauchern direkt vermittelt. Wir sind aber wieder davon abgekommen, weil es viele Probleme mit Auflagen und der Logistik in diesem Bereich gibt. Im Juli 2017 sind wir mit dem Webshop gestartet und die ersten Pakete verschickt. 2018 haben wir dann die Banken überzeugt, uns zu unterstützen. Zuerst hatten wir die Idee, eine alte Halle für die Metzgerei zu nutzen, wir kamen dann aber noch rechtzeitig zu der Einsicht, dass wir wahrscheinlich unverhältnismäßig viel Geld in den Umbau investieren müssten. So kam der Plan, neu zu bauen. Im Oktober 2019 begannen die Bauarbeiten und im Juni 2020 war der Neubau fertig. Die Zeit bis September 2020 wurde für Probeläufe genutzt. Seitdem ist die Metzgerei offiziell in Betrieb.

Wo kommt das Wild her?
Ausschließlich aus der Region, aktuell innerhalb eines Radius von etwa 80 Kilometern. Wir erhalten das Wild von staatlichen Betrieben, also Bundes- und Landesforsten, aber auch von vielen privaten Jägern.

Was bieten Sie in der Schonzeit an?
Wurstspezialitäten aus allen Wildarten, Fertiggerichte und alles vom Weiderind. Ein Ziel der Crowdkampagne war die Realisierung eines Kochbereiches. Dieser Bereich ist schon eingerichtet, sodass wir Convenience-Produkte herstellen können, zum Beispiel Bolognese. Zum Ausgleich der saisonalen Schwankungen beim Wild haben wir seit Kurzem zwei Onlineshops – Waldgourmet und Weidegourmet – wobei wir unserem Konzept treu bleiben möchten. Die von uns geschlachteten und vermarkteten Rinder werden als Landschaftspfleger eingesetzt und nicht im Stall gemästet.
Unabhängig von der Rasse sind uns die Haltungsbedingungen der Rinder wichtig. Viele Partnerlandwirte lassen die Rinder im Naturschutzgebiet grasen. Dadurch wird zum Beispiel der Einsatz landwirtschaftlicher Maschinen reduziert und die Artenvielfalt erhöht. Die Haltung der Tiere sollte den Lebensbedingungen von Wildtieren schon sehr nahekommen. Ansonsten entfernen wir uns zu weit von unserer ursprünglichen Unternehmensphilosophie.

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Wir wollen eine ganzjährige Auslastung schaffen mit einem breiten Produktsortiment, darum auch die Ergänzung durch Rinder und die Anschaffung des Kochbereichs. Das erste Ziel ist also, dass wir das ganze Jahr möglichst wirtschaftlich arbeiten, auch zum Wohle unserer Mitarbeiter. Zweitens wollen wir herausfinden, wie wir unsere Onlinevermarktung durch Offlinepräsenzen zuerst einmal in Berlin ergänzen können. Wir wollen keine normalen Läden aufbauen, sondern ein Konzept entwickeln, das die Stärken des Onlinevertriebs mit den Stärken der Offlinevermarktung verbindet. Da müssen wir noch experimentieren. Drittens möchten wir eine Software entwickeln, die den logistischen Mehraufwand der Direktvermarktung über das Internet aufgrund der individuellen Produkteinheiten bändigt. Mit einer guten und hoffentlich intelligenten Lösung wollen wir unsere Prozesse dann zukünftig begleiten.

In was soll jetzt mit dem Geld aus dem Crowdfunding konkret investiert werden?
Investiert wurde schon in den Kochbereich, also Kochkessel, Kippbratpfanne und Herd. Nur eine Lüftungsanlage muss noch ergänzt werden. Das verbleibende Kapital soll für die Entwicklung der Ladenkonzepte und die Entwicklung der Software genutzt werden.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich das Geld über Crowdinvesting zu besorgen?
Das Interesse für junge Unternehmen, für Unternehmertum, für Gründungen ist schon lange da und deshalb bin ich über die Startup-Szene gut informiert. Um Crowdfunding kommt man dabei nicht herum.

Heißt es Crowdinvesting, Crowdlending oder Crowdfunding?
Crowdfunding ist im Prinzip ein Oberbegriff, der auch die anderen Möglichkeiten einschließt, wie zum Beispiel Crowdfunding durch Spenden. In unserem Fall würde ich von Crowdlending sprechen, da die Crowdinvestoren uns ein verzinstes Nachrangdarlehen zur Verfügung stellen. Crowdinvesting meint in der Regel den nächsten Schritt, eine noch direktere Beteiligung am Unternehmen.

Wildfleisch
Seine Leidenschaft hat sich Marcus Bohndick auf seinen Arm tätowieren lassen. (c) Sabine Rübensaat

Warum erfolgt die Finanzierung nicht über einen klassischen Bankkredit?
Weil das Crowdfunding gegenüber dem Bankkredit drei interessante Vorteile hat. Erstens können Banken mit ihren Strukturen nur schwer ganz neue Ansätze finanzieren, die sie ohne die entsprechenden Erfahrungswerte kaum bewerten können, speziell gilt das für Softwareentwickung. Crowdinvestoren haben die Möglichkeit, flexibler zu agieren.
Zweitens gibt es beim Crowdfunding einen Marketingeffekt inklusive. Das Unternehmen wird sichtbarer. Auf unserer Homepage haben wir zwar auf die Aktion hingewiesen und am Anfang auch unsere Stammkunden über den Newsletter darauf aufmerksam gemacht. Zu schnell wollten wir das Ziel aber trotzdem nicht erreichen, denn je länger es dauert, desto größer ist dieser Effekt. Letztendlich ist es ein Mehrwert, der aus unserer Sicht die höheren Kapitalkosten rechtfertigt. Für uns ging der Plan jedenfalls auf, kurz vor Weihnachten haben wir einen großen Ansturm auf unsere Produkte erlebt. Wir mussten sogar unseren Webshop schließen, weil wir die Bestellungen nicht mehr abarbeiten konnten.
Drittens ist Crowdfunding auch eine Art demokratischer Test, wie sehr andere an das glauben, was man macht. Wenn Leute uns ihr schwer verdientes Geld anvertrauen, weil sie davon überzeugt sind, dass wir mit der richtigen Idee zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, ist das eine tolle Bestätigung.

Wären auch andere Finanzierungsformen außer Crowdfunding infrage gekommen?
Nein, für uns ist es für diese Unternehmensphase und die nächsten geplanten Schritte genau das richtige Instrument gewesen. Von anderen Finanzierungsformen haben wir davor trotzdem schon Gebrauch gemacht. Der Neubau wurde mit der Volksbank in Gardelegen finanziert, die uns gemeinsam mit der Investitionsbank Sachsen-Anhalt wirklich toll unterstützt hat. Daneben war ich überrascht, wie viele Förderprogramme es bei uns gibt, die jungen Unternehmen auf die Beine helfen.

Seit wann und wie gut läuft die Aktion auf der Plattform Econeers?
14 Tage vor Weihnachten ging die Kampagne los. Der Zuspruch war von Anfang an hoch. Letzten Sonntag haben wir unser Fundingziel von 500.000 Euro erreicht. 407 Investoren haben uns ihr Vertrauen zugesprochen und uns mit ihrem Investment unterstützt.

Was war das Mindestziel und bei welcher Summe ist Schluss?
Mit dieser Summe wurde unsere Fundingschwelle um 400 Prozent übertroffen. Diese betrug nämlich 100.000 Euro und das Fundingziel lag bei 500.000 Euro. Wird diese Summe erreicht, endet die Kampagne. Wird die Fundingsschwelle nicht erreicht, gilt das Funding als erfolglos und die Investoren bekommen ihr Geld zurück.

Was sind die genauen Konditionen?
Die Investoren erhalten sechs Prozent jährlich und diejenigen, die sich schon in den ersten 14 Tagen entschieden haben, bekommen sieben Prozent. Etwa acht bis zehn Prozent – bezogen auf den eingesammelten Darlehensbetrag – fallen einmalig als Vermittlungskosten an und über die Laufzeit von drei Jahren noch einmal ein Prozent jährlich für laufende Kosten. Ziel ist, 2023 das Geld an die Investoren zurückzuzahlen.

Warum haben Sie die Plattform Econeers gewählt?
Zum einen, weil die Schwester-Plattform Seedmatch die erste Crowdfundingplattform in Deutschland war und wir deshalb mit einer großen Reichweite gerechnet haben. Zum anderen aus Marketinggründen. Econeers ist spezialisiert auf Projekte für Menschen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, genau unsere Zielgruppe also.

Wie aufwendig ist die Antragstellung?
Es gibt zunächst einen Auswahlprozess, bei dem geprüft wird, ob das Projekt grundsätzlich zur Plattform passt und ausreichende Erfolgsaussichten bestehen. Im Anschluss wird ein externer Dienstleister eingebunden, der unabhängig prüft, ob alle Angaben Hand und Fuß haben. Für mich als Betriebswirt war der Aufwand überschaubar. Man muss einen Business- und Finanzplan sowie diverse andere Unterlagen vorlegen, im Prinzip all das, was man für eine Bankenfinanzierung auch braucht. Die Unterlagen wurden kritisch hinterfragt. Ich hatte mit dem Dienstleister sehr lange Telefonate, in denen ich viele Punkte, die Fragen aufgeworfen haben, ausführlich erläutern musste. Es wird also alles auf Herz und Nieren geprüft, was letztendlich aber für beide Seiten sehr wertvoll ist.

Was hätten Sie gemacht, wenn die Fundingschwelle nicht überschritten worden wäre?
Dann hätten wir die Projekte zu einem späteren Zeitpunkt aus eigener Kraft umgesetzt, nur mit der Unsicherheit, nicht zu wissen, wann wir das Geld dafür gehabt hätten. Die Projekte, für die wir Kapital verwenden möchten, sind nicht überlebenswichtig. Sie beschleunigen unsere Entwicklung, es würde aber auch ohne funktionieren. Das ist das Schöne an unserem Betrieb, er läuft an, wir haben im Prinzip alle Hebel selbst in der Hand und können bald auch schwarze Zahlen schreiben. Im Laufe der kommenden Wildsaison sollte es soweit sein.

Gibt es bei dieser Finanzierungsform Nachteile?
Es ist mit einem sehr hohen Kommunikationsaufwand verbunden. Ich persönlich sehe das aber nicht als Nachteil. Jeder Investor, der schon mit 250 € dabei ist, hat auch gute Ideen, möchte gerne auch seinen Beitrag leisten, hat vielleicht noch Rückfragen. Das hilft uns selbst, uns regelmäßig zu hinterfragen. Aber es kostet Zeit und man ist den anderen gegenüber verpflichtet. Wir müssen regelmäßig auf der Plattform an unsere Crowdinvestoren berichten, wie der aktuelle Entwicklungsstand des Unternehmens ist. Allerdings spornt das auch an, beim nächsten Mal gute Nachrichten verkünden zu können.

Schlachtraum
Vom Reh bis zum ausgewachsen Bullen kann im Schlachtraum alles verarbeitet werden. Das Investitionsvolumen von Fleischerei bis Webshop beträgt insgesamt 2 Mio. Euro. (c) Sabine Rübensaat

Auf der Kampagnenseite bei Econeers und auch im Vermögensanlagen-Informationsblatt sticht folgender Satz hervor: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Schreckt das nicht die potenziellen Investoren ab?
Es ist möglich, dass es einige Interessenten abschreckt. Weggelassen werden kann der Satz trotzdem nicht, es ist eine rechtliche Vorgabe. Letztendlich ist es wie bei jedem anderen Investment auch. Man sollte kein Geld in die Hand nehmen, das man für das alltägliche Leben benötigt. Ein gewisses Risiko gibt es bei Investitionen immer. Die ausführliche Prüfung vorab hilft beiden Seiten dabei, mögliche Risiken besser zu verstehen und wo nötig auch nochmal über Strategien zu deren Reduzierung nachzudenken.

Was sollte jemand beachten, der mit dem Gedanken spielt, seine Finanzierung über diese Alternative zu decken?
Im Prinzip die gleichen Dinge wie bei einem Bankdarlehen auch. Man sollte nur in Projekte investieren, die sich refinanzieren, sodass man den Investoren ihr Geld inklusive der Zinsen zurückzahlen kann. Es muss eine durchdachte Investitionsentscheidung sein. Man kann Geld für Projekte bekommen, die Banken nur schwer finanzieren können. Das soll aber nicht heißen, dass es Geld ist, mit dem man spielen kann, sondern man muss das Thema genauso angehen wie bei einem Bankkredit und sich die Frage stellen: Kann ich das Geld rentabel investieren?


Mehr Informationen finden Sie hier:
www.waldgourmet.de
www.econeers.de


Wölfe: 116 Rudel im Osten

Die Zahl der Wölfe in Ostdeutschland wächst ungebrochen. In den ostdeutschen Ländern bestätigt sind weitere zwölf Großfamilien und zehn neue Territorien.

Die Zahl der Wölfe in Ostdeutschland hat auch nach den amtlichen Erhebungen deutlich zugenommen. Laut neuesten Angaben aus dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) und seiner Dokumentations- und Beratungsstelle Wolf (DBBW) gab es im Monitoringjahr 2020/21 bundesweit 157 Wolfsrudel, 27 Wolfspaare sowie 19 sesshafte Einzelwölfe. Im vorhergehenden Berichtszeitraum waren 131 Rudel, 45 Paare und neun Einzelwölfe nachgewiesen worden.

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Davon halten sich in den ostdeutschen Ländern 116 Rudel, 20 Paare und sieben Einzeltiere in jetzt 143 Territorien auf (Berichtsjahr 2019/20: 104/28/1/133). Die Zahl der erfassten Welpen stieg von 364 auf 383. In Mecklenburg-Vorpommern verdoppelte sich die Zahl der Rudel nahezu.

Die meisten Rudel lebten im Berichtszeitraum im Land Brandenburg (49), gefolgt von Niedersachsen (35) und Sachsen (29). In der westlichen Mitte und im Süden Deutschlands wurden einzelne Territorien nachgewiesen.

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Weitere Informationen

Tot aufgefunden wurden bundesweit 138 Tiere. 107 davon kamen durch Verkehrsunfälle ums Leben. Bekannt sind neun illegale Wolfstötungen. Vier Beutegreifer wurden im Rahmen des Managements entnommen. Der Deutsche Jagdverband (DJV) wiederholt seine scharfe Kritik an den amtlichen Bestandsdaten. Die Zahlen bilden nach seiner Einschätzung keinen realitätsgetreuen Bestand ab. Nach wie vor beziffere das BfN keine Gesamtzahl, sondern nenne Rudel, Paare und Einzeltiere. Zudem seien die offiziellen Zahlen „von gestern“, da das Monitoringjahr am 30. April endet. Damit hinke man der Populationsentwicklung hinterher, moniert der Jagdverband.

Der DJV verweist auf belegbare Erfahrungswerte aus der Literatur, wonach ein Rudel aus durchschnittlich acht Tieren besteht. Eine Hochrechnung sei somit möglich. Der Verband selbst geht aktuell von mindestens 1.600 Wölfen in Deutschland aus. Unabhängig von der genauen Zahl ist das Ausmaß der Schäden und Übergriffe auf Weidetiere nach Darstellung von DJV-Vizepräsident Helmut Dammann-Tamke inzwischen so groß, dass in einigen Regionen die Akzeptanz für den Wolf infrage steht. Daran ändere aus seiner Sicht auch der neue „Praxisleitfaden Wolf“ nichts.

Die aktuelle n Daten für den Osten (in Klammern 2019/20): Brandenburg 49 Rudel, acht Paare, null Einzeltiere, 57 Territorien (48/12/0/60); Sachsen: 29/3/2/34 (29/4/0/33); Sachsen-Anhalt: 22/3/0/25 (19/4/0/23); MV: 15/6/3/24 (8/7/1/16); Thüringen: 1/0/2/3 (0/1/0/1). red

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Bauernhof Nelben: Roboterrüben auf Bio

Auf dem Bauernhof Nelben macht sich mit Marie Saudhof die dritte Generation auf, den Familienbetrieb weiterzuführen. Neues Mitglied im Team ist Robbi, (fast) ein Autonomer.

Von Erik Pilgermann

Fast sind sie soweit, die Zuckerrüben. Für Marie Saudhof und ihren Vater Matthias geht damit eine arbeitsreiche Saison dem Ende entgegen. Im unteren Saaletal lebt und arbeitet ihre Familie.

Marie, Du repräsentierst die dritte Generation Saudhof hier in Nelben. Seit wann ist Deine Familie auf dem Hof tätig?
Marie: 1991 sind meine Großeltern aus Niedersachsen nach Nelben gekommen und haben den Betrieb gekauft und nach und nach aufgebaut.

War das auch der erste Kontakt Deiner Familie mit der Landwirtschaft?
Marie: Oh nein, die Tradition reicht schon viel, viel länger zurück. Aber das kann mein Vater genauer beantworten.
Matthias: Bis zur Verbrennung der Kirchenbücher im dreißigjährigen Krieg lässt sich das sicher belegen. Wahrscheinlich hat unsere Familie noch deutlich länger mit der Landwirtschaft zu tun.

Marie Saudhof und  ihr Vater Matthias
Marie Saudhof und Vater Matthias

Wie sieht es mit Dir aus, Marie? Seit wann bist Du aktiv?
Marie: Seit 2013, da hab ich meine Ausbildung zur Landwirtin begonnen. Im Anschluss hab ich noch meinen Agrarbetriebswirt gemacht. Nach acht Jahren Rumtingeln in der Weltgeschichte bin ich im Januar diesen Jahres wieder auf unserem Hof gelandet.

Wo hast du gelernt?
Marie: Meine Ausbildung habe ich ganz konventionell auf zwei Betrieben in Hessen und Niedersachsen gemacht. Den Agrarbetriebswirt hab ich dann in Celle und Münster absolviert.

Wirtschaftet Ihr seit 1991 ökologisch?
Matthias: Nein, die Umstellung erfolgte erst 2001. Da haben wir die ersten 130 Hektar umgestellt. 2017 dann haben wir den restlichen Betrieb nachgezogen.

Welches waren die Gründe, die Euch zur Umstellung bewogen haben?
Marie: Zum einen war und ist es die persönliche Überzeugung. Wenn man schon Bio macht, muss man auch dahinterstehen. Zum anderen zählt für uns aber auch ganz klar der finanzielle Aspekt. Wir müssen mit unserer Arbeit auch Geld verdienen. Wir haben nach der Umstellung der ersten 130 Hektar die Betriebsabschlüsse beider Betriebsteile verglichen. Und wenn man dann sieht, dass sich mit 130 Hektar Ökofläche genauso viel Geld verdienen lässt, wie mit 500 konventionellen, braucht man nicht mehr lange zu überlegen.

Womit genau verdient Ihr heute eure Brötchen?
Marie: Wir sind ein reiner Ackerbaubetrieb und haben jedes Jahr zwischen zehn und fünfzehn Früchte im Anbau. Die Schwerpunkte liegen dabei auf dem Getreide und den Hackfrüchten Zuckerrüben und Mais.

Stichwort Zuckerrüben: Das ist ja im Ökolandbau eine sehr anspruchsvolle Kultur. Ihr setzt einen autonomen Feldroboter für Aussaat und Bestandspflege ein. Wie seit Ihr darauf gekommen?
Marie: Der Roboter läuft bei uns jetzt schon im zweiten Jahr. Drauf gebracht haben uns die Schwierigkeiten, die wir in den Ökorüben mit den Unkräutern haben. Die Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, sind die kamerageführte Hacke oder Striegeltechnik und die Handhacke. Die kamerageführte Hacke in Kombination mit dem Striegel schafft es nicht, die Rüben sauberzuhalten, und die Handhacke grenzt an moderne Sklaverei und ist außerdem viel zu teuer. Als dann die Firma Farmdroids den Roboter auf den Markt gebracht hat, war im Grunde für uns klar: Das Ding wird bestellt.

(c) Matthias Lech

Wenn man etwas bestellt, erfährt man meist auch den Preis. Was kostet denn so ein Feldroboter in der Anschaffung?
Marie: Wir waren einer von den ersten zehn Betrieben in Deutschland, die einen Roboter angeschafft haben. Da das alles im vergangenen Jahr ja noch ziemlich in den Kinderschuhen steckte, haben wir 65.000 € plus Steuer für unsern Robbi bezahlt. Mittlerweile laufen über hundert Stück in Deutschland.

Was genau kann der Roboter an Arbeiten ausführen?
Marie: Er kann die Rüben legen, sie striegeln und im Anschluss auch hacken. Bei uns kommt er ausschließlich in den Zuckerrüben zum Einsatz. Viele nutzen ihn aber auch in Zwiebeln oder Rote Bete. Auch von ersten Einsätzen in Raps hab ich inzwischen erfahren.

Eure Erfahrungen mit der Technik sind nach zwei Jahren also überwiegend positiv?
Marie: Finanziell betrachtet, lohnt es sich auf jeden Fall, da es deutlich günstiger ist als die Handhacke. Vom Arbeitsaufwand für uns ist es aber deutlich mehr geworden. Der Roboter ist praktisch wie ein kleines Kind, das rund um die Uhr betreut werden muss. Wenn das nachts auf dem Acker schreit, muss man eben hinfahren und sich um die Störung kümmern, da der Roboter im Idealfall ja rund um die Uhr laufen soll. Gerade während der Bestellung bedeutet das viele, viele schlaflose Nächte. In diesem Frühjahr haben wir uns deshalb schon einen Schichtplan gemacht und uns nachts abgewechselt.

Wo rühren die Probleme her?
Marie: Das ist eine bunte Mischung. Zum einen Softwareprobleme, wo man nach 20 Uhr Schwierigkeiten hat, einen Techniker zu erreichen. Aus der Not heraus haben wir inzwischen gelernt, viele der technischen Probleme selbst zu beheben. Zum anderen hatten wir aber auch schon Probleme mit Saatgut. Durch mangelhafte Pillierung ist das einfach nicht durchs Säaggregat gelaufen, sodass wir dauernd Verstopfungen an den Saatscheiben hatten. Dann gibt es noch verschmutzte Sensoren und vieles mehr.

Wie genau arbeitet der Roboter eigentlich, wenn er im Bestand unterwegs ist?
Marie: Er kann sowohl in der Reihe als auch zwischen den Pflanzen hacken. Für den Pflanzenzwischenraum verfügt er über einen Hackarm mit einem Messer, das in den Zwischenraum schießt. Die Zwischenräume erkennt er anhand der GPS-Koordinaten der Rübenpillen. Die merkt er sich nämlich bei der Aussaat. Er legt die Pillen auch so ab, dass man im Bestand alle zehn Grad im Winkel eine Reihe erkennen kann. Also, er merkt sich die Koordinaten und hackt um sie herum. Das ganze funktioniert ohne Kamera. Aber auch hier können Fehler passieren. Während der letzten Aussaat war es zum Beispiel zeitweise sehr feucht. Das hatte zur Folge, dass die Rübenpillen nach der Säscheibe von der verklebten Andruckrolle ein Stück mitgenommen wurden und so von den GPS Koordinaten abwichen. Aus den verrollten Pillen wurden dann Verluste beim Hacken. Genaues Arbeiten und möglichst lückenlose Kontrolle sind deshalb total wichtig.

Steht Ihr in direktem Kontakt mit dem Hersteller des Roboters?
Matthias: Wir bekommen so alle vier Wochen etwa einen Sack Möhren für die Versuchskaninchen … Ernsthaft, nachdem ich das mal in einem Gespräch angebracht habe, haben wir tatsächlich am nächsten Tag per UPS einen Sack Möhren von Farmdroids bekommen.

Würdet Ihr Euch mit dem Wissen von heute noch mal für so einen Feldroboter entscheiden?
Marie: Ja, keine Frage. Aus unserer Sicht gibt es dazu keine Alternative.
Matthias: Wir leben hier im Regenschatten vom Harz und ernten im Ökobereich zwischen 180 und 350 Dezitonnen Rüben pro Hektar. Dazu kommt der superfrühe Rodetermin 1. September für Ökorüben. Der ganze Herbstzuwachs geht uns flöten. Bei im Schnitt also 200 Doppelzentnern nützt es dir nichts, wenn du zweieinhalbtausend Euro für Handhacke ausgibst. Das ist Geld, das du nicht hast. Wir müssen maximal Kosten sparen, um weiter wirtschaftlich zu sein.

Seit wann baut Ihr Ökorüben an?
Matthias: Wir haben 2014 für Südzucker angefangen. Damals gab es noch die Zuckerfabrik in Warburg zwischen Göttingen und Kassel. Das waren 200 km von hier und ging transporttechnisch grad noch so. Die Fabrik wurde vor zwei Jahren zugemacht, und die Ökorüben verarbeiten sie jetzt in Rain am Lech, 460 km von hier entfernt und damit für uns unwirtschaftlich. Wir konnten in dem Jahr noch zu Nordzucker wechseln. Jetzt werden unsere Rüben in Schladen zwischen Goslar und Salzgitter verarbeitet. Das ist 90 km entfernt und somit eigentlich ganz gut aufgehoben. Wir nutzen die Transportkette der Zuckerfabrik, lassen unsere Rüben aber wegen der besseren Reinigung zwei mal über die Lademaus laufen.

Wieviel Hektar Rüben baut Ihr insgesamt an?
Marie: Für unseren Roboter theoretisch zu viele. Er soll laut Hersteller 25 bis 30 Hektar bewältigen können. Wir haben mit ihm in diesem Jahr 73 Hektar ausgesät. Durch die geringe Flächenleistung des Roboters von drei bis vier Hektar in 24 Stunden beim Drillen mussten wir sehr zeitig mit der Aussaat beginnen. Zu zeitig, denn die ersten acht Hektar waren zwar gut aufgelaufen, sind uns aber erfroren. Bleiben also noch 65 Hektar. Beim Hacken schafft Robbi übrigens fünf bis sechs Hektar in 24 Stunden.

Marie, eine Frage zum Schluss. Du bist seit Januar diesen Jahres wieder auf dem elterlichen Hof. Steht für Dich, steht für Euch fest, dass Du den Laden einmal weiterführst?
Marie: Das kann man so sagen. Wir finden uns gerade zusammen.
Matthias: Unser Plan sieht so aus, dass wir zwei, drei Jahre parallel laufen werden und auch eine Vater-Tochter-GbR ins Leben rufen und dann werde ich mich rausziehen.


Mehr über Marie und ihre Erlebnisse in der Landwirtschaft findet ihr auf ihrem Instagramkanal und auf www.bauernhof-nelben.de. Schaut unbedingt bei ihr vorbei.



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