Rapsanbau: Wie viel Stickstoff pro Hektar?

Neben der Düngelandesverordnung erfordern gestiegene Düngerpreise neue Überlegungen zur Anpassung der Nährstoffgaben.

Von Andrea Ziesemer und Thomas Annen, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei, Institut für Pflanzenproduktion und Betriebswirtschaft, Sachgebiet Agrarökonomie


Im Vergleich zu 2020 haben sich die Preise für Stickstoff-Düngemittel nahezu verdreifacht, für das kommende Frühjahr wird ein weiterer Preisanstieg prognostiziert. Auch die Preise für Mähdruschfrüchte sind gestiegen. Wie viel Stickstoff pro Hektar ist im Anbau von Winterraps unter Bedingungen, wie sie in Mecklenburg-Vorpommern häufig vorliegen, wirtschaftlich sinnvoll?

Abnehmender Ertragszuwachs

Als Grundlage für die Berechnungen dient eine Produktionsfunktion für Winterraps, die aus Düngungsversuchen der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV von 1997 bis 2019 in Gülzow für D4-Standorte (Ackerzahlen 34 bis 44) berechnet wurde. Zugrunde liegt eine Saatzeit Mitte August und mittlere Aussaatstärke.

Um zu verdeutlichen, wie die Preise für Stickstoffdüngemittel und Raps die optimale Stickstoffdüngung bestimmen, wurde mit N-Preisen gerechnet, wie sie noch im Erntejahr 2020 gültig waren, bis zu einer Höhe, die über aktuelle Preise hinausgeht. Für den Rapspreis wurde mit einem Spektrum von 30 bis 55 €/dt gerechnet.

Die erwähnten Düngungsversuche haben gezeigt, dass hier das Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs gilt: Mit zunehmender Düngungshöhe geht der mit zusätzlicher Düngung erreichte Mehrertrag zurück. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die optimale Stickstoffdüngung erreicht, wenn der durch zusätzliche Düngung zu erwartende Mehrerlös (Ertragszuwachs x Rapspreis) die dadurch verursachten Kosten nicht mehr übersteigt.

Wie in der Abbildung zu sehen, ist dieser Punkt für einen Stickstoffpreis von 0,70 €/kg bei etwa 220 kg/ha erreicht. Kostet der Stickstoff 2 €/kg, dann steigen die Kosten steiler an (blaue Pfeile) und die Kostengerade trifft schon bei 180 kg N/ha auf die Leistungskurve (brauner Pfeil).

Bei einem höheren Rapspreis stiege dagegen die Leistungskurve steiler an. Der Punkt, an dem der Anstieg gleich dem der Kosten wäre, läge weiter rechts. Die optimale N-Düngung hängt gleichzeitig vom Stickstoff- und Rapspreis ab.

Optimale N-Versorgung oberhalb der Vorgaben

Die Tabelle enthält als Spaltenkopf eine Auswahl an Rapspreisen, in den Zeilen ein Spektrum von Stickstoffpreisen. In den Schnittpunkten steht die optimale Stickstoffdüngung zur jeweiligen Kombination. Theoretisch sind alle Kombinationen denkbar, unserer Meinung nach hängen die Preise aber zusammen, sodass bei höheren Rapspreisen auch mit höheren Stickstoffpreisen zu rechnen ist; die Kombinationen im Oval sind aus dieser Sicht die wahrscheinlicheren.

Durch die aktuell geltende Düngeverordnung ist die zulässige Düngermenge begrenzt (rote Linie). Die Berechnungen ergaben, dass die optimalen Düngungsintensitäten der wahrscheinlicheren Preiskombinationen oberhalb der Vorgaben der Düngeverordnung liegen.

Grundsätzlich gilt, dass, je höher der Stickstoffpreis ist, sich die Düngung weniger lohnt. Die mögliche Nährstoffgabe ist durch die Düngeverordnung jedoch schon stärker eingeschränkt, als sich das wirtschaftliche Optimum durch steigende Preise verschiebt.


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Gülleansäuerung: Stalltechnik nachrüsten

Die neue TA-Luft fordert den Einsatz von Ammoniakminderungstechniken. Im Forschungsprojekt SAFT wird eine Technik zur Ansäuerung des Flüssigmistes entwickelt, die als Nachrüstlösung integriert werden kann.

Von Veronika Overmeyer und Prof. Dr. Wolfgang Büscher, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Lehrstuhl Verfahrenstechnik in der Tierischen Erzeugung

Diskussionen um Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung geraten immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit und der Politik. Durch rechtliche Vorschriften wie die Neufassung der TA-Luft sollen unter anderem die Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft weiter reduziert werden.

Dazu ist der Einsatz von Emissionsminderungstechniken wie beispielsweise einer Abluftreinigung notwendig. Eine weitere mögliche Technik ist die Ansäuerung des Flüssigmistes. Diese wird EU-weit als „beste verfügbare Technik“ beim Flüssigmistmanagement gelistet.

Die stallinterne Flüssigmistansäuerung wird in Dänemark bereits seit mehreren Jahren in Neubauten integriert. Der größte Teil der Flüssigmistlagerung erfolgt allerdings im Anschluss an den Ansäuerungsprozess in externen Lagerbehältern.

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Ammoniakreduktion

In dem Forschungsprojekt SAFT haben die Firmen Hölscher + Leuschner und SF Soepenberg in den letzten drei Jahren eine nachrüstfähige Flüssigmistansäuerungstechnik entwickelt, die weiterhin eine Nutzung der Flüssigmistkanäle im Stall als Lagerraum ermöglicht. Auf diese Weise ist auch eine Ansäuerung des Flüssigmistes in Bestandsbauten möglich, ohne dass für den Einsatz dieser Technik zusätzliche Lagerbehälter errichtet werden müssen.

Die Förderung des Vorhabens erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgt über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Prof. Dr. Wolfgang Büscher als Projektleiter und Veronika Overmeyer (Projektbearbeiterin) begleiten dieses Forschungsvorhaben mit wissenschaftlichen Untersuchungen.

Dazu wurde auf dem Campus Frankenforst der Universität Bonn eine Ansäuerungstechnik in einem Schweinemastabteil im Frühjahr 2020 nachgerüstet. Bei der Ansäuerung des Flüssigmistes wird durch die Zugabe von Schwefelsäure das pH-abhängige Ammonium-(NH4+) – / Ammoniak (NH3)-Gleichgewicht in Richtung Ammonium verschoben. Auf diese Weise liegt kaum noch freies Ammoniak im Flüssigmist vor, welches gasförmig entweichen könnte.

Dazu wurde ein Teil des Flüssigmistes mindestens zwei Mal wöchentlich in einen Prozessbehälter gepumpt und der pH- Wert mithilfe einer pH-Sonde ermittelt. „In Abhängigkeit des pH-Wertes wurde automatisch die benötigte Säuremenge zur Einstellung des Ziel-pH-Wertes hinzugegeben“, erklärt Veronika Overmeyer und ergänzt: „Dabei wurde durch ein Rührwerk im Prozessbehälter eine unbedingt notwendige homogene Verteilung der Säure im Flüssigmist gewährleistet“. Im Anschluss an den Ansäuerungsprozess wurde der frisch angesäuerte Flüssigmist wieder zurück in den entsprechenden Flüssigmistkanal des Stallabteils gepumpt. Somit konnte ein pH-Wert von 5,5 im Flüssigmist gewährleistet werden. „Aus der Literatur ist bekannt, dass dieser pH-Wert die Ammoniakemissionen aus dem Flüssigmist auch während der weiteren Lagerung und Ausbringung mindert“, so Prof. Wolfgang Büscher.

Frisch anfallende Exkremente fallen in angesäuerten Flüssigmist

Ein zusätzlicher Vorteil dieses Systems ist, dass frisch anfallende Exkremente in den angesäuerten Flüssigmist fallen, wodurch auch von diesen geringere Ammoniakemissionen ausgehen. Der Landwirt muss die Ansäuerungstechnik überwachen, ansonsten läuft sie vollautomatisiert.

Die Säure lagert in doppelwandigen Behältern. Selbst die Bestellung neuer Säure kann durch einen im Forschungsprojekt entwickelten Online-Füllstandssensor völlig autark erfolgen. Der Säurefüllstand wird an die firmeneigene Datenbank über eine SSL-verschlüsselte Datenkommunikation übertragen. „Durch den Online-Füllstandssensor erhält unsere Logistik automatisch eine Nachricht, sobald eine Nachlieferung erforderlich ist“, so Dr. Joachim Clemens (SF Soepenberg).

Die neue Ansäuerungstechnik wurde für über 1,5 Jahre in mehreren Mastdurchgängen untersucht. Ein baugleiches Stallabteil diente neben dem Stallabteil mit angesäuertem Flüssigmist als Kontrollvariante. Die Ammoniakemissionen konnten um bis zu 43 % durch die Ansäuerung des Flüssigmistes reduziert werden.

Methanreduktion

Besonders hervorzuheben ist auch die deutliche Minderung der Methanemissionen (im Mittel um -60 %). Werden auch die reduzierten Emissionen während der Lagerung und Ausbringung berücksichtigt, kann mit einer Einsparung von etwa 140 kg CO2-Äquivalent je Kubikmeter Flüssigmist gerechnet werden. Dr. Richard Hölscher (Hölscher + Leuschner ) stellt fest: „Somit können durch Ansäuerungstechnik nicht nur die rechtlichen Vorgaben bezüglich der geforderten reduzierten Ammoniakemissionen eingehalten, sondern auch das Klima aufgrund der verringerten Methanemissionen geschützt werden.“

Die eingesetzte Säuremenge lag in den Untersuchungen bei etwa 17 kg Schwefelsäure (96 %) je Kubikmeter Flüssigmist. Weiterhin wurde durch die Ansäuerung auch die Stallluftqualität verbessert, was zu besseren Arbeitsbedingungen für den Landwirt sowie einem gesteigerten Tierwohl führte. Die im Rahmen des Forschungsprojektes entwickelte Ansäuerungstechnik wurde im vergangenen Frühjahr als „catch-N“ vom Stalltechnikhersteller Hölscher + Leuschner auf der Euro-Tier online vorgestellt.

Zukünftig Lagerung von angesäuertem Flüssigmist auch im Stall möglich

Die AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) erlaubt derzeit die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist in den Flüssigmistkanälen nur, wenn diese beispielsweise durch den Einbau einer Folie doppelwandig ausgeführt sind. Allerdings sieht der aktuelle Referentenentwurf der AwSV vor, dass in Zukunft auch „technisch reine Stoffe zur Ansäuerung von Gülle zur Verringerung der Ammoniakemissionen“ zum Wirtschaftsdünger hinzugegeben werden dürfen, wodurch die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist sowohl im Stall als auch in externen Lagerbehältern ermöglicht wird.

Die AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen) erlaubt derzeit die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist in den Flüssigmistkanälen nur, wenn diese beispielsweise durch den Einbau einer Folie doppelwandig ausgeführt sind. Allerdings sieht der aktuelle Referentenentwurf der AwSV vor, dass in Zukunft auch „technisch reine Stoffe zur Ansäuerung von Gülle zur Verringerung der Ammoniakemissionen“ zum Wirtschaftsdünger hinzugegeben werden dürfen, wodurch die Lagerung von angesäuertem Flüssigmist sowohl im Stall als auch in externen Lagerbehältern ermöglicht wird.


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Sommerweidehaltung Rinder: Das Interesse ist da

100 Betriebe haben sich in diesem Jahr am neuen Förderprogramm der Sommerweidehaltung Rinder beteiligt, das für Milchvieh- und Mastbetriebe reserviert ist. Im nächsten Jahr wird es fortgeführt.

Im neuen Tierwohlprogramm „Sommerweidehaltung Rinder“ beantragten knapp 100 Thüringer Landwirtschaftsbetriebe Fördergelder. Wie das Agrarministerium informierte, wurden Anträge für etwa 15.000 Tiere gestellt. Den Angaben zufolge sollten vergangene Woche die ersten Fördermittel in Höhe von rund 500.000 Euro ausgezahlt werden.

erster bestandteil der tierwohlförderung

Erst im Sommer 2021 startete das Agrarministerium die Förderung der „Sommerweidehaltung Rinder“ als ersten Bestandteil der neuen Tierwohlförderung des Freistaates. Hierdurch finanziere man laufende Kosten, um die Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen Nutztieren zu verbessern. „Damit gehen wir einen weiteren Schritt, um die gesellschaftlichen Ansprüche an eine moderne Nutztierhaltung zu erfüllen“, erklärte Agrarministerin Susanna Karawanskij. Damit setze die Landesregierung die Thüringer Tierwohlstrategie weiter um. Im kommenden Jahr werde dann auch die tierwohlgerechte Haltung von Schweinen auf Einstreu honoriert.

Die Förderung der Sommerweidehaltung betrifft Milchkühe, Aufzuchtrinder und Mastrinder, die nicht zu einer Mutterkuhherde gehören. Mutterkühe sind von der Förderung ausgeschlossen. Die Förderung wird als Zuschuss von 53 Euro je Großvieheinheit (GVE) für die Anzahl der Tiere gewährt, die am Weidegang im vorgeschriebenen Umfang teilgenommen haben. Laut der Förderrichtlinie sind Weidegruppen aus bestimmten Rindern zu bilden. Ein Wechsel von Tieren zwischen den Gruppen oder der Ersatz abgehender Tiere ist möglich und muss entsprechend dokumentiert werden.


Thüringen Flagge

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täglichen weidegang ermöglichen

Während der Weideperiode vom 1. Mai bis 30. November ist jeder Gruppe in einem Verpflichtungszeitraum von vier Monaten zusammenhängend ein täglicher Weidegang zu ermöglichen. Kurzzeitige Unterbrechungen ohne Kürzung der Förderung sind für einzelne Tiere oder Gruppen aufgrund Krankheit eines Tieres oder zu erwartender Schäden möglich.

Mit der Tierwohlförderung will das Agrarministerium die Investitionsförderungen erweitern, „um den Agrarbetrieben die Entscheidung zu erleichtern, in neue Haltungssysteme zu investieren“. Für die Weidehaltung der Rinder und die Strohhaltung für Schweine stehen im kommenden Jahr zwei Millionen Euro bereit. Damit folge man den Empfehlungen der Borchert-Kommission, die beim tierwohlfreundlichen Umbau einen Förderanreiz als zentrales Instrument identifiziert hat. red


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Holz-Maxe: Bei Anruf Holz

Die mecklenburgische Firma Holz-Maxe bietet alles an, was man für wohlige Wärme mit Kamin, Ofen oder Feuerschale braucht.

Von Christoph Feyer

Die Firmenphilosophie vom Holz-Maxe ist so simpel wie kompliziert: „Ich will einfach besser sein als andere“, sagt Steffen Rotner. Und es fällt leicht, ihm zu glauben, wenn man sich auf dem Firmengelände in Röbel gemeinsam mit ihm umschaut.

Der gebürtige Mecklenburger stieg erst vor sieben Jahren mit seiner Firma „Holz-Maxe“ in den Brennholzhandel ein und kann seinen hohen Anspruch doch schon mit Fakten untermauern: Zum Stammsitz in Güstrow, den er in einer alte Kartoffellagerhalle aufbaute, kam vor zwei Jahren, unweit der A 19, ein weiteres Firmengelände hinzu. Insgesamt 14 Mitarbeiter stehen jetzt beim Holz-Maxe in Lohn und Brot, darunter auch Ehefrau Gabi. Viele der Mitarbeiter bedienen teure Spezialmaschinen. Die jüngste Anschaffung ist erst seit vier Wochen im Einsatz: eine Abpackmaschine der norwegischen Firma Vepak. Mit ihrer Hilfe können sie jetzt leichter Kaminholz in handlichen Säcken anbieten. Dabei schlagen mittlerweile deutschlandweit gewerbliche wie private Kunden zu. Sein „geschnitten Holz“ verkauft sich augenscheinlich wie das sprichwörtliche Brot, dem Gleiches widerfuhr.

„Für Liebhaber haben wir hier richtig ausgefallene, rustikale Bohlen zum Beispiel schön knorrig und mit Ast- oder Faullöchern.“
„Für Liebhaber haben wir hier richtig ausgefallene, rustikale Bohlen zum Beispiel schön knorrig und mit Ast- oder Faullöchern.“ (c) Sabine Rübensaat

Vom Transporteur zum Händler

Steffen Rotner wuchs in Malchow auf (heute Landkreis Mecklenburgische Seenplatte). Ist also stolzer Mecklenburger. Mitte der 80er-Jahre jedoch zog die Familie nach Köln um. Sein Vater, der wegen des Verdachts auf Republikflucht inhaftiert gewesen war, war von der ehemaligen BRD freigekauft worden. Nach der Wende folgte der gelernte Automechaniker dann seinem Vater wieder zurück in den Osten. „Mein Vater hatte angefangen mit dem Holzfahren“, erklärt Steffen Rotner. „Und weil so viel zu tun war, rief er mich eines Tages an und fragte, ob ich nicht Lust habe, mitzumachen.“ Daraufhin hätte er sich auch einen Holz-Lkw gekauft und zog mit Gabi 2002 zurück nach Mecklenburg. Es folgten etliche schöne Jahre, in denen er Baumstamm um Baumstamm aus Mecklenburger Wäldern transportierte und nebenbei auch schon mit Stämmen zum Selberhacken handelte.

2006 verstarb jedoch sein Vater und trotz der acht Lkw, die mittlerweile für ihn unterwegs waren, wurde das Holz-Transportgeschäft zunehmend schwieriger, nicht zuletzt auch wegen der Einführung der Lkw-Maut. Deshalb entschied er sich, die Lkw zu verkaufen und komplett auf den Holzhandel zu setzen – Holz-Maxe war geboren. Zu den ganzen Stämmen kamen nun Unmengen an Scheiten, Anzündholz, Hackschnitzeln, Rindenmulch …

Der Firmenname – eine Erinnerung an den Großvater

Manch einer oder eine mag sich nun fragen, warum Steffen seine Firma „Holz-Maxe“ nannte. Nun, das ist schnell erklärt: Max hieß sein Großvater. Und da sich beide – nach seiner Aussage – recht ähnlich waren, hätte der Firmenname auf der Hand gelegen. Allerdings liegt hier der Verdacht nahe, dass der sympathische 53-Jährige bestimmt gespürt hat, um wie viel griffiger „Holz-Maxe“ gegenüber „Holz-Steffen“ ist.

Und ein Gespür für Marketing hat er zweifelsohne. Sein ungewöhnliches Firmenlogo fällt auf und Sprüche wie „In wood we trust“ lassen einen schmunzeln, bleiben hängen. „Ich habe gute 50.000 Flyer in der Region verteilt“, berichtet er. In gut 600 Aufstellern, sogenannten Displays, sind sie überall in Hotels, Geschäften oder bei Ausflugszielen und Museen der Touristenregion Mecklenburger Seenplatte zu finden. So ein Einsatz bleibt nicht ohne Folgen: „Wir haben hier sehr viele Ferienhäuser und die meisten von ihnen haben einen Holzofen. Da sind wir natürlich dran und liefern das Kaminholz.“

Die Buchenstämme kommen alle aus den heimischen Wäldern.

Die Buchenstämme kommen alle aus den heimischen Wäldern. (c) Sabine Rübensaat

Mehrere Sägespaltautomaten sorgen für das nötige Kleinholz. Die Scheite werden in ehemaligen Kartoffelstiegen gesammelt und anschließend technisch getrocknet.

Mehrere Sägespaltautomaten sorgen für das nötige Kleinholz. Die Scheite werden in ehemaligen Kartoffelstiegen gesammelt und anschließend technisch getrocknet. (c) Sabine Rübensaat

Getrocknet und gestapelt wartet das Scheitholz auf seinen Abtransport. Ein Etikett gibt genaue Auskunft über die Ware.

Getrocknet und gestapelt wartet das Scheitholz auf seinen Abtransport. Ein Etikett gibt genaue Auskunft über die Ware. (c) Sabine Rübensaat

es allen Kunden möglichst recht zu machen

Apropos „liefern“: Auch wenn Steffen Rotner heute keine Baumstämme mehr aus dem Wald holt, so ganz kann er auf den Platz hinter dem Lenkrad nicht verzichten. Holz ausfahren ist in seiner Firma oftmals Chefsache. Es mache ihm einfach Spaß, mit Kunden auch persönlich in Kontakt zu kommen. Die Leute sollen ihm sagen, was sie wollen. Ein weiterer Grundsatz von ihm sei, es allen Kunden möglichst recht zu machen. Deshalb variiert Holz-Maxe zum Beispiel die Scheitlängen. Die meisten seien 25 und 30 cm lang, aber speziell für die alten DDR-Kachelöfen könne er auch 20 cm lange Scheite liefern.

Das Maximum seien Holzscheite mit 50 cm Länge. Die ordere zum Beispiel ein Pizzabäcker aus der Region, der nur damit seinen Pizzaofen anheizen kann. Aber auch Besitzer von Holzvergaseröfen – eine Technik, die seiner Meinung nach viel häufiger eingebaut werden sollte – wollten am liebsten die großen 50-cm- Stücke.

Holz-Maxe
(c) Sabine Rübensaat

Container mit Trennwand

Um die losen Holzscheite künftig noch effektiver ausliefern zu können, hat sich Steffen Rotner einen Container mit flexibler Trennwand angeschafft. Damit kann er bei einer Tour zwei Kunden beliefern. Und wenn er auch noch einen Anhänger nutzt, werden es sogar gleich drei. Wenn er seinen Kunden die Lieferung auf den Hof oder vor das Haus kippt, dann rollt da auch immer eine kleine Baumscheibe raus, auf der steht: „Holz-Maxe sagt Danke!“. „Ja, das ist so eine Idee von mir. Viele Kunden warten regelrecht darauf, dass das Ding rausrollt. Manche haben schon eine ganze Galerie davon an ihre Schuppenwand genagelt“, erzählt der Mecklenburger und lacht dabei. Seine Kunden hätten übrigens die Wahl, die Ware bar oder mit EC-Karte zu bezahlen. Ein Kartenlesegerät habe er dafür mit an Bord.

Dass seine Firma in jedem Jahr ihres Bestehens stets mehr Holz als im Vorjahr verkaufen konnte, hat aber auch mit der hohen Qualität seiner Ware zu tun. Nicht umsonst bezeichnet er es selbst als „Premium-Kaminholz“. „Wir verwenden in erster Linie Buche und Esche“, berichtet er. In letzter Zeit sei aber auch die Birke sehr gefragt. Eichenholz komme ebenfalls zum Einsatz. „Unsere Lieferungen sind stets zu 100 Prozent sortenrein, anders als Billigware aus Osteuropa.“

die Ballerina unter den Holzsorten

Nadelholz wäre wegen des hohen Harzgehaltes leider kaum gefragt, obwohl jetzt so viel davon anfällt. Das Buchenholz, sei das Arbeitstier unter den Holzarten. Gemeinsam mit Esche und Eiche bringe es die größte Hitze. Die Birke hingegen bezeichnet der Unternehmer liebevoll als die Ballerina unter den Holzsorten. „Durch die ätherischen Öle im Birkenholz entsteht eine sehr lebhafte, fröhlich tänzelnde Flamme“, weiß der Fachmann. „Ich empfehle Birkenholz immer gern für die Feuerschale, auch wegen des würzigen Dufts.“

Dank Holztrockner: trockene, sofort einsatzfähige Scheite

Die richtigen Baumarten sind aber nicht der Hauptgrund für seinen Erfolg. Noch wichtiger sei, dass er trockene, sofort einsatzfähige Scheite liefern kann. „Seit wir das Holz trocknen, fahren die Leute so richtig darauf ab“, freut sich der Holz-Maxe. In Güstrow nutzt er zum Holztrocknen kostenlos die Abwärme eines Blockheizkraftwerkes an einer Biogasanlage. Dafür packt er das gespaltene Holz in große, mit einer Plane geschlossene Container und innerhalb von drei Wochen sinkt der Wassergehalt im Holz unter die geforderte 20-%-Marke. Diese ist für eine schadstoffarme Verbrennung nötig und wird auch von den Schornsteinfegern gewünscht, die froh sind, dass bei seinen Kunden dann weniger Arbeit auf sie wartet. Bei der sonst üblichen Lagerung im Freien schafft man diesen Feuchtegehalt frühestens nach eineinhalb Jahren. Vor der Auslieferung an die Kunden achtet er zudem darauf, dass Siebe allen Staub und Abrieb aus dem Brennholz holen und er nur die Scheite abgeben kann.

Holz-Maxe mit Holz
(c) Sabine Rübensaat

„Unsere Hauptmonate sind September bis Dezember“, erklärt Steffen Rotner weiter. „Im Januar kommt es dann darauf an, wie kalt der Winter ist.“ Aber in den letzten Jahren seien sie auch trotz der verhältnismäßig milden Temperaturen mit der Auslieferung nicht hinterhergekommen. Gut 2.000 Raummeter (RM) seien es im letzten Jahr gewesen. Deshalb wollte er in Güstrow sein Gelände deutlich erweitern und kräftig investieren. Aber die Stadt Güstrow hätte irgendwie kein Interesse daran gehabt und deshalb habe er sich schließlich für Röbel als zweiten Standort entschieden.

kundenwunsch nach mehr nachhaltigkeit

Auf dem neuen Gelände war zuvor schon ein Holzhandel ansässig, der aber weniger erfolgreich agierte. Von ihm konnte Steffen Rotner eine computergesteuerte Holztrocknung übernehmen, die über vier voneinander unabhängige Trockenkammern verfügt. In jeder Kammer überwachen fünf Sensoren den Trockenvorgang. Beheizt wird die Anlage mit Hackschnitzeln, die er zurzeit noch größtenteils zukauft. Sein Ziel sei es aber, auf dem Hof anfallendes Restholz dafür zu nutzen. Noch aber fehle der dafür notwendige Heizkessel. Allerdings zeichne sich Besserung ab: Ein Maschinenbauer habe bereits signalisiert, dass er die gewünschte Technik liefern kann. „Dann kommen wir dem Kreislaufgedanken wieder ein Stück näher“, ist sich der Holzhändler sicher. Mit der neuen Trockenanlage sehe er sich auch auf der sicheren Seite, falls die Biogasanlage einmal keine Wärme mehr liefern kann. Die aktuelle Lage sei ja auch da schwierig.

Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit sei es, was viele seiner Kunden zum Heizen mit Holz bewegt. Aber nicht nur. Oft sei es auch einfach nur die Behaglichkeit, die so ein Holzfeuer verströmt. „Es wird immer mehr zum Trend, zusätzlich einen Kaminofen zu betreiben“, freut sich Holzprofi Rotner. Die aktuellen Preise für Heizöl und Gas hingegen seien leider kein Antrieb für sein Geschäft. Was ihm aber helfe, sei, dass er sowohl gewerbliche wie private Kunden beliefert. Die Palette reiche vom Anmachholz im Karton, über Buchen-, Eschen-, Eichen- und Birkenscheite in Säcken, die man auch im Baumarkt erwerben kann, bis hin zu ganzen Lkw-Ladungen, die als Rücktour mit dem Hackschnitzellieferanten durch Deutschland reisen.

Viel aus Holz für Hof und Garten

Ein weiteres „Erfolgsgeheimnis“ vom Holz-Maxe ist, dass er sich nicht nur auf sofort einsatzbereite Ofenfutter konzentriert. Er verkauft auch günstig waldfrisches Kaminholz (das man sich selbst im Stapel trocknen kann), ganze Stämme zum Selberhacken, aber auch in Kartons abgepacktes Anzündholz. Und er hat die „Anzünd-Mäxchen“ im Programm. Das sind Holzwolleanzünder, die geruchs- und rußfrei verbrennen und jedes Feuer in Gang setzen können, egal ob Ofen, Grill oder Lagerfeuer. Zudem bietet er Holzhackschnitzel und Rindenmulch für den Einsatz im Garten oder der Landwirtschaft an.

Besitzern von Räucheröfen und Smokern sowie für echte Grillprofis hält er Räucherspäne, Räucherchips und Räucherchunks aus verschiedenen Holzsorten wie Buche, Apfel, Kirsche oder Whisky parat. Letzteres gewinnt er aus noch feuchten Whiskyfässern, die er sich direkt in Schottland besorgt. Allerdings sind seine Vorräte an „Whiskyholz“ fasst aufgebraucht, denn die vorgeschriebene Corona-Quarantäne hat die Lieferung der Holzfässer fast zum Erliegen gebracht.

Holz-Maxe im Ladengeschäft
(c) Sabine Rübensaat

richtig ausgefallene, rustikale Bohlen für Liebhaber

Eine weitere Spezialität auf dem Röbeler Holzhof sind raue Bohlen und Bretter aus Buchen-, Eichen-, Eschen- und Lärchenholz – je breiter, umso gefragter. Sie werden für Tischplatten, Waschtische, Tresen, Bänke und Vertäfelungen genutzt. „Für Liebhaber haben wir hier richtig ausgefallene, rustikale Bohlen zum Beispiel schön knorrig und mit Ast- oder Faullöchern“, erklärt Steffen Rotner, bevor wir in seine Halle voller Gartenbänke und Tische kommen. Die Auswahl ist auch hier groß. Abgerundet wird sein „Möbelangebot“ von diversen Dekorationsartikeln. Da finden sich Holzscheiben, Holzwürmer, Holztulpen und Holzherzen. Auch Feuerschalen und -körben sowie deren Zubehör suchen ein neues Zuhause. „Wenn wir trübes Wetter haben, kommen sehr viele Urlauber in diese Verkaufsräume“, weiß der umtriebige Geschäftsmann zu berichten.

Dass sich der Holz-Maxe zu einer festen Größe in der Region entwickelt hat, läge aber auch an seinen tollen Mitarbeitern. So bekäme er manche Reparaturen an der Technik gar nicht mit, weil die Jungs die einfach gleich selbst erledigten. Auch deshalb versuche er, die mitunter körperlich anstrengende Arbeit zu erleichtern. So gibt es variable Hubtische, die das Auffüllen der Paletten ohne Bücken ermöglichen. Und dass im Büro stets ein warmes Holzfeuerchen knistert, freut dann auch die anwesenden Journalisten.

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Nicht jährlich von jeder Kuh ein Kalb

Spitzenleistungen bei hervorragender Gesundheit: Der Landwirtschaftsbetrieb Schröter in Tilleda vertritt seine eigene und erfolgreiche Philosophie.

Auf dem Landwirtschaftsbetrieb Schröter fallen einem sofort viele hervorragende Kühe ins Auge. Eine aber überragt alle anderen noch, obwohl sie körperlich nicht zu den größten in der Herde zählt: Carlotta. Sie besticht nicht nur mit ihrer Ausstrahlung, sondern auch durch Leistung. Die Mogul-Tochter gewann 2017, 2018 und 2019 für den Südharzer Zuchtbetrieb auf der „HolsteinVision“ jeweils ihre Klasse. Bei ihrem dritten Auftritt auf der Verbandsschau der RinderAllianz wurde sie obendrein Reservesiegerin der alten Kühe.

Tierindividuelle Entscheidungen

Trotz ihres relativ hohen Alters von gut achteinhalb Jahren hat die auf eine erfolgreiche internationale Kuhfamilie zurückgehende Carlotta noch einen hohen Gesamtzuchtwert (RZG) von 136. „Nebenbei“ melkte sie mittlerweile rund 87.000 l Milch. In der laufenden Laktation steht die mittelrahmige und hell gezeichnete Schwarzbunte seit 100 Tagen in Milch – bei einem mittleren Tagesgemelk von derzeit 50 l.

Dass diese Kuh angesichts solcher Leistungsdaten aktuell ihre erst fünfte Melkperiode erlebt, hat einen trivialen Grund: Jörg Schröter lässt etliche seiner rund 120 Kühe „einfach melken“. Wann eine Kuh wieder besamt wird, entscheidet sich hier nicht allein durch den zeitlichen Abstand zur letzten Kalbung.

„Die Entscheidung darüber treffen wir tierindividuell“, betont der erfahrene Züchter, der davon überzeugt ist, dass „eine Kuh zeigt, wenn sie wieder tragend werden will“. Die Zeiten, in denen das Besamungsmanagement alten „Lehrbuchmeinungen“ oder „Beratungszwängen“ folgt, sind nach Ansicht des Betriebsleiters vorbei. Er lehnt auch den Einsatz von Hormonen, um Kühe tragend zu bekommen, ab. Besamt würden die ausgewählten Tiere im Betrieb erst dann wieder, wenn sie einen ordentlichen Brunstzyklus haben und in entsprechender Kondition sind. „Ist die Kuh nach dem Kalben länger in Milch, hat sie sich stabilisiert, auch hinsichtlich ihres Stoffwechsels. Der Besamungserfolg ist dann meist höher.“

Junglandwirt Pascal Schröter mit Kuh Carlotta vor dem Stall.
Junglandwirt Pascal Schröter mit Kuh Carlotta vor dem Stall. (c) Detlef Finger

carolotta – Paradebeispiel für die pHILOSOPHIE DER ZUCHTSTÄTTE

Dass dies nicht nur ein subjektives Gefühl ist, unterstreicht der aktuelle Besamungsindex von 1,6 bei Kühen in der Herde am Kyffhäuser. Zu zeitiges Besamen könne dagegen zu höheren Raten von embryonalem Frühtod führen. „Das bringt den Zyklus der Kühe noch mehr durcheinander. Die machen dann richtig Probleme, bevor sie wieder tragend werden“, so seine Erfahrung. „Es gibt Tiere, die lange auf hohem Niveau melken. Diese wollen wir herausfiltern, um zu sehen, ob es Kuhfamilien gibt, die dieses Talent vererben“, beschreibt der 53-Jährige seine züchterischen Ambitionen.

Die Zwischenkalbezeit (ZKZ) beträgt im Mittel seiner Herde aktuell 458 Tage. „Früher war eine längere Zwischenkalbezeit mit geringeren Gesamtleistungen der Kühe verbunden. Durch bessere Genetik, Fütterung und Melkmanagement ist das heute nicht mehr so“, erklärt er. „Entscheidend ist nicht, wie viele Laktationen eine Kuh melkt, sondern ihre Lebensleistung.“ Carlotta brachte es in ihrer vierten Laktation in 626 (!) Melktagen auf 24.048 l Milch. Und sie ist damit kein Einzelfall im Stall des Südharzer Familienbetriebes, sondern eher ein Paradebeispiel für die Philosophie dieser Zuchtstätte.



Landwirtschaftsbetrieb Schröter: UMSTELLUNG AUF MELKROBOTER

Ein weiteres Tier mit außergewöhnlicher Leistung bei verlängerter ZKZ ist Lucina. Die Doorman-Tochter melkte in ihrer ersten Laktation in 747 Tagen 28.850 l Milch und setzte mit täglich 60 l in der zweiten ein, in der sie nach 238 Tagen schon wieder 12.500 l Milch „auf der Uhr“ hat. Lucinas Mutter, die ebenfalls in der Herde lebt, melkte in drei Laktationen bisher 61.000 l Milch. Eine Färse des Bullen Octoberfest steht nach 552 Melktagen bei 24.480 l Milch und hat aktuell 40 l Tagesgemelk. Weitere Spitzenkühe kommen nach drei Laktationen auf 66.000 l oder in vier Melkzeiten auf 76.000 bzw. 87.000 l Gesamtleistung. „20.000 Liter Milch im Durchschnitt könnten Standard werden – aber eben nicht in 365 Melktagen“, betont Jörg Schröter.

Möglich geworden seien diese Leistungen mit der Umstellung auf Melkroboter vor fünf Jahren. „Der mehrmalige Milchentzug hält die Kühe länger in Milch“, sagt der Landwirt. Der Roboter liefere zudem viele Informationen über jedes Einzeltier – und das tagaktuell. „Das hat uns unsere Kühe auch anders sehen lassen.“ „Kühe mit Exterieur- oder gesundheitlichen Problemen melken wir heute nur noch ab“, erzählt der Betriebsleiter. Erst wenn die Tiere durch jüngere Stallgefährtinnen leistungsmäßig „verdrängt“ würden, werde selektiert.

„Wir wollen unsere Kühe robotertauglich machen und exterieurmäßig weiterentwickeln“, umschreibt Schröter sein Zuchtziel. „Ich bin überzeugt, dass ein gutes Exterieur für ein langes Leben der Kuh von enormer Wichtigkeit ist.“

Eine qualitativ hochstehende Reproduktion der Herde wird durch Einsatz von weiblich gesextem Bullensperma bei ausgewählten Färsen und Kühen gesichert. Die insgesamt geringere Zahl an Kälbern spare Kosten und Zeit. Letztere könne in die verbleibende Nachzucht investiert werden. Neben einem Mehr an Tierwohl für Kühe und Kälber hat die verlängerte Zwischenkalbezeit primär auch einen wirtschaftlichen Effekt: Mit den „Durchmelkern“ stieg die mittlere Herdenleistung des Betriebes im Kontrolljahr 2021 auf 12.700 l Milch.

Die Tilledaer Herde brachte es im Prüfjahr 2021 auf 12.700 l Milch pro Kuh und Jahr. Die  Umstellung auf das Melken mit Robotern (im Hintergrund) trägt dazu maßgeblich mit bei.
Die Tilledaer Herde brachte es im Prüfjahr 2021 auf 12.700 l Milch pro Kuh und Jahr. Die Umstellung auf das Melken mit Robotern (im Hintergrund) trägt dazu maßgeblich mit bei. (c) Detlef Finger

ZUKÜNFTIG SCHLACHTBEFUNDDATEN ?

Jörg Schröter ist allerdings kein Freund von Höchstleistungen um jeden Preis. Vielmehr ist der Züchter sehr auf das Wohl seiner Tiere bedacht. So befürwortet er auch das Erfassen von Schlachtbefunddaten für Rinder, wie es für Tiere im QS-System ab Anfang 2022 verpflichtend wird. Ein solches „Schlachtkuhmonitoring“ ist seines Erachtens ein besserer und ehrlicherer Indikator für Tierwohl als etwa die bloßen Abmaße des Fressganges im Stall. Kommen im Schlachthof ausgemergelte Kühe an den Haken, sei dies Beleg für deren Herkunft aus Problembetrieben. „Ich hoffe, dass die Qualität der Schlachtkühe irgendwann eine größere Rolle spielen wird“, sagt Schröter.

Für Carlotta ist das noch kein Thema, sie möge die 100.000 l „vollmachen“, wünscht sich ihr Züchter. Dass er die Kuh 2020 und 2021 wegen des coronabedingten Ausfalls der „HolsteinVision“ nicht zeigen konnte, bedauert er sehr. Völlig unverständlich sei außerdem, dass diese Ausnahmekuh zu keinem Zeitpunkt durch Zuchtverbände intensiv bearbeitet wurde, obgleich sowohl ihr Zuchtwert als auch ihre Leistungsparameter dies jederzeit ermöglicht hätten. Aber der Landwirtschaftsbetrieb Schröter züchtet in erster Linie natürlich für sich. Und so stehen durch den Einsatz von Embryotransfer (ET) und gesextem Sperma mittlerweile zehn Nachkommen aus der noch jungen Carlotta-Familie auf dem Hof in Tilleda.


Mehr zum Thema „Verlängerte Zwischenkalbezeit“ im kostenlosen Ratgeber „Milchproduktion“, der in der Bauernzeitung 50/2021 beiliegen wird.

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Schafhaltung: Familiäre Leidenschaft

Mit Energie, Herz und Humor widmet sich Ronald Rocher aus dem brandenburgischen Möllendorf der Schafhaltung. Seine Frau und ihre vier Söhne stehen ihm fest zur Seite.

Von Wolfgang Herklotz

Wem geht die Schafschur schneller von der Hand – dem Vater oder dem Sohn? Hannes Rocher muss kurz überlegen. „Kommt ganz drauf an. Also wenn mein Papa einen schlechten Tag hat, habe ich natürlich die Nase vorn“, erklärt der 14-Jährige voller Selbstbewusstsein. Vater Ronald lächelt mit unverkennbarem Stolz. „Na klar doch!“ Immerhin habe sich Hannes schon als Achtjähriger sein erstes Schaf geschnappt und geschoren. „Das war sein eigener Wunsch, ich habe mich da völlig rausgehalten. Und war dann überrascht, wie souverän der Junge schon mit der Schere umgehen konnte.“

Dabei ist das, was bei den Profis so spielend aussieht, richtig harte Arbeit, für einen Jugendlichen obendrein. Die wolligen Vierbeiner müssen beherzt auf den Hintern gesetzt und fest zwischen die Knie geklemmt werden, damit sie die Prozedur über sich ergehen lassen und nicht ausbüxen. Hannes hatte erst eine Weile zugesehen, ehe er sich dann traute. „Ich wollte es einfach wissen, ob ich das auch schaffe. Na ja, ein Meisterstück war das damals wohl noch nicht und hat auch entsprechend gedauert!“ Seine persönliche Bestzeit bei der Schur eines Kreuzungslammes beträgt mittlerweile eine Minute und 15 Sekunden. „Manche Skudden schaffe ich in einer Minute, aber die sind ja auch kleiner!“

Genug zu tun

Wir sind zu Gast bei der Familie Rocher in Möllendorf, das zum brandenburgischen Storkow gehört. Hier am Rande des nur knapp 60 Einwohner zählenden Ortes leben Anke Buley und Ronald Rocher mit ihren Söhnen Max, Hannes, Georg und Willi. Nicht zu vergessen Jannis aus der Nachbarschaft, der mit den Großen eng befreundet ist und jede freie Minute auf dem Hof verbringt. Was freilich auch bedeutet, immer mit zuzupacken, denn zu tun gibt es hier mehr als genug.

Die Handgriffe sitzen: Ronald Rocher und Hannes (r.) beim Schafscheren
Die Handgriffe sitzen: Ronald Rocher und Hannes (r.) beim Schafscheren (c) Sabine Rübensaat

Vor 20 Jahren hatte Rocher das Grundstück gekauft, um eine Schafhaltung aufzubauen. Die Idee war nach der Wende geboren, als der gelernte Landwirt seine Arbeit verloren hatte und auf Entdeckungstour nach Irland und später nach Australien und Neuseeland ging. Dort hieß es, Schafe im Akkord zu scheren, und Rocher lernte nicht nur die Handgriffe, sondern erfuhr auch eine Menge über den richtigen Umgang mit den kleinen Wiederkäuern. Die waren wie geschaffen für die Landschaftspflege, da müsste sich doch auch im Osten Deutschlands etwas machen lassen statt auf die blühenden Landschaften zu warten …

Nur ein Zubrot

Der Start erfolgte 2002 mit ein paar zugekauften Lämmern und einem Suffolk-Bock. Die Herde wuchs allmählich, brachte aber lange Jahre kaum mehr als ein Zubrot ein. Um die Familie zu ernähren, arbeitete Rocher als Krankenpfleger in Berlin. „Ich habe zumeist Nachtschichten geschoben, um tagsüber auf dem Hof zu sein.“ Wie kommt man mit solch einer Doppelbelastung klar? Die habe er nie als solche empfunden, bekennt Rocher. „Draußen bei den Tieren zu sein und selber über den Tagesablauf bestimmen zu können, war und ist für mich ein Stück Freiheit! Die gibt man nicht auf!“ Andererseits sei damit auch eine gehörige Portion Verantwortung verbunden. „Irgendwie ist man auch so eine Art Knecht für die Tiere, denn man muss sich ständig um sie kümmern.“

Inzwischen gehören mehrere Herden mit mehr als 800 Mutterschafen, vornehmlich Suffolks und Skudden sowie Gebrauchskreuzungen, zum Betrieb, ebenso ein halbes Dutzend Border Collies. Die Schafe weiden auf Naturschutzflächen, Wintersaaten und stillgelegten Flugplätzen, halten Areale unter Solaranlagen kurz. Vereinbarungen über Landschaftspflege und Vertragsnaturschutz sichern ein gewisses Einkommen, zu dem der Lämmerverkauf an Händler kommt. „Eine goldene Nase lässt sich damit nicht verdienen, aber ich komme damit zurecht“, betont Ronald Rocher, um aber eines gleich klarzustellen: „Ohne die Hilfe meiner Frau Anke und meiner Jungs würde das nicht funktionieren!“

(c) Sabine Rübensaat

Seit fast zwei Jahren verstärkt nun auch der erfahrene Schäfer Matthias Zalenga mit seinen drei Altdeutschen Hütehunden das Team. Schäfers Albtraum sind die sich seit rund zehn Jahren mehrenden Wolfsattacken. Auch Rocher blieb davon nicht verschont. Die erste Attacke erfolgte im November 2013. Ein Dutzend Tiere fiel ihr zum Opfer, Canis lupus hatte unbarmherzig zugeschlagen. Dabei war die Weide vorschriftsmäßig mit einem Elektrozaun gesichert. „Danach habe ich aufgerüstet, stärkere Stromgeräte, höhere Elektronetze und ein Zaunsystem mit fünf Litzen sowie Herdenschutzhunde angeschafft.“

Friedlich wie Lämmer

Mittlerweile sind 16 der stattlichen Pyrenäen-Berghunde im Einsatz. Die hochgewachsenen hellfarbenen Tiere sind innerhalb der Herde friedlich wie die Lämmer, versichert Rocher. „Aber sie sind wachsam und zeigen Zähne, wenn es darauf ankommt.“ Der letzte Übergriff ist drei Jahre her, erklärt der Schäfer, der sich inzwischen zum Meister qualifizierte. Einen Schlüssel zum Erfolg sieht er in der kontinuierlich hohen Zaunspannung, da alle Batterien täglich durch Solarzellen nachgeladen werden. Nein, er sei kein Wolfshasser, auch wenn er den grausamen Anblick der vom grauen Räuber gerissenen Tiere nicht los werde. „Wir müssen lernen, mit dem Wolf zu leben. Das heißt, Vorsorge zu treffen, um unsere Weidetiere wirksam zu schützen. Es darf aber auch keinen absoluten Schutzstatus für den Wolf geben, genau wie bei anderen Wildtieren auch.“ Wenn die Bestände weiter so zunehmen, müssen sie reguliert werden, fordert Rocher. „Viele andere Tiere sind wirklich bedroht, ihre Zahlen nehmen besorgniserregend ab, während der Wolfsbestand kontinuierlich jedes Jahr um 30 Prozent wächst. Wo diese Reise hingehen soll, habe ich noch nicht verstanden!“

Routiniert führt Hannes die Herde.
Routiniert führt Hannes die Herde. (c) Sabine Rübensaat

Nicht jammern …

Sein Credo ohnehin: Nicht jammern, sondern das Beste draus machen! Sich über niedrige Preise für Fleisch und Wolle zu ärgern sei das eine, nach Alternativen für ein sicheres Einkommen zu suchen das andere. Eine Chance sieht Ronald Rocher in der Produktion von Qualitätslammfleisch.

Die Kunst bestehe darin, die geeigneten Rassen zu finden und anzupaaren, die für hohe Fruchtbarkeit, gute Zunahmen stehen und überdies robust sind. Rocher schwärmt von Böcken der englischen Rasse Bluefaced Leicester, die sich aufgrund ihres exzellenten Fleisches, aber auch ihrer hochwertigen Wolle für die Einkreuzung eignen. Dabei werden sogenannte Mules, also Muttertiere, erzeugt, die sehr gute Ergebnisse bei der Lämmermast versprechen. „Was auf den Inseln so klasse funktioniert, müsste doch auch hier klappen.“

Das A und O bleibt jedoch eine ordentliche Futtergrundlage. Rocher plant, noch weitere Flächen zu pachten, um dort Ackergräser anzubauen. Dies müsse aber nach dem Rotationsprinzip geschehen. „Denn sonst werden die Flächen nach fünf Jahren als Grünland eingestuft und dürfen quasi nicht mehr beackert werden. Die Bauernzeitung hat ja rechtzeitig auf diese Falle hingewiesen.“

Verkehrt herum

Für den inzwischen 51-Jährigen ist die Lektüre des Wochenblattes seit vielen Jahren ein Muss. Aber auch die Jungs interessieren sich dafür. „Unser Max hatte die schon in den Händen, als er noch gar nicht lesen konnte. Allerdings hielt er sie verkehrt herum“, erinnert sich der Familienvater schmunzelnd. Seit 2013 melden er und seine Frau sich unter der Rubrik „Schafsmeldungen“ in der Bauernzeitung regelmäßig zu Wort. Sie geben interessante Einblicke, was aktuell auf dem Hof geschieht, berichten anschaulich über den Schäferalltag. Was angesichts der immensen Arbeitsbelastung keine Selbstverständlichkeit ist. Ronald Rocher winkt ab. „Wir geben gern etwas von dem zurück, was uns die Bauernzeitung über all die Zeit an Informationen und Tipps vermittelt hat.“ Präziser lässt sich eine Leser-Blatt-Bindung wohl kaum definieren. Und angesichts des 60. Geburtstages der Bauernzeitung die Gelegenheit, an dieser Stelle den Rochers und all den Lesern herzlich Dank zu sagen.


Schafherde

LVG Köllitsch: Vom Alpakahof zur Schäferlehre

Bei unserem Praxispartner in Sachsen – dem LVG Köllitsch – hat Runde zwei in der Schafzucht begonnen. Das Versuchsgut kann sich außerdem noch über eine neue Auszubildende freuen. mehr

Wachteleierlikör aus Thüringen: Delikatesse für die Nische

Der Züchter Peter Meyer verarbeitet die Wachteleier seiner 150 Tiere ausschließlich zu Likör. Damit stieß der Thüringer in eine Marktlücke und mischt mittlerweile ganz vorn mit.

Von Silvia Kölbel

Aus dem Hobby, der Rassegeflügelzucht, ist bei Peter Meyer und seine Frau Ramona Anfang des Jahres ein Nebenerwerbsbetrieb entstanden: Außer den Amrocks und den Bielefelder Kennhühnern bevölkern nun auch 150 Legewachteln den Stall in Braunichswalde in der Nähe von Gera.

Die aus Japan stammenden Legewachteln sind bei Meyers vor allem Nutztiere, denn die Eier, die diese Tiere innerhalb von sechs Monaten legen, verarbeitet das Paar zu etwa 4.000 Flaschen á 350 ml Eierlikör. Peter Meyer und seine Frau investierten rund 10.000 Euro, um die räumlichen Voraussetzungen für den Nebenerwerb zu schaffen.

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Wachteleierlikör aus Thüringen: Der Einstieg

Auf die Idee, aus Wachteleiern Likör herzustellen, kam Peter Meyer durch seinen Zuchtfreund Andreas Kießling aus dem sächsischen Langenhessen. Dieser stieg vor zwei Jahren zuerst mit 500 Legewachteln und später mit 1.000 Tieren in die Eierproduktion ein und vermarktet unter anderem über den Einzelhändler Rewe. Die Kontakte dafür knüpfte Peter Meyer. „Andreas Kießling ist als Mediziner beruflich sehr stark eingespannt. Ich hatte mehr Zeit“, sagt Meyer, der 40 Jahre in der Automobilindustrie tätig war, aus gesundheitlichen Gründen aber beruflich kürzertreten muss.

Landwirt Peter Meyer mit einer  seiner Legewachteln. Mit ihrer  Sprenkelung sind Wachteleier ein  echter Hingucker.
Landwirt Peter Meyer mit einer seiner Legewachteln. Mit ihrer Sprenkelung sind Wachteleier ein echter Hingucker. (c) Silvia Kölbel

Ursprünglich wollten die beiden Männer die Vermarktung von Wachteleiern und -Likör gemeinsam angehen. Der gemeinsamen Vermarktung über die Landesgrenzen hinweg stellten sich jedoch bürokratische Hürden in den Weg, die zusätzliche Investitionen in Räumlichkeiten zur Folge gehabt hätten. „Deshalb habe ich mich entscheiden, gemeinsam mit meiner Frau Wachteln zu halten und ausschließlich in die Eierlikörproduktion einzusteigen, während Andreas Kießling die Eier vermarktet“, berichtet Peter Meyer.

Wachtelstall und Bodenhaltung

Der Geflügelhalter nutzte vorhandene Stallungen, baute diese zu einem Wachtelstall um und hält die Tiere, so wie Andreas Kießling auch, in Bodenhaltung. „Damit heben wir uns von der Mehrzahl der Wachtelhalter ab, die die Tiere in Käfigen halten. Den 150 Wachteln von Peter Meyer stehen neun Quadratmeter Fläche zur Verfügung. „Das entspricht ökologischen Bedingungen. Wir sind aber kein Öko-Betrieb“, so Meyer. Die Produktion von Eierlikör entstand aus der Überlegung heraus, eine Vermarktungsmöglichkeit für die absatzschwache Zeit im Sommer zu finden. „Wachteleier verkaufen sich am besten im Winterhalbjahr. Kurz nach Ostern sinkt die Nachfrage rapide“, weiß Meyer.

So schaffte er es nach eigenen Auskünften aus dem Stand, sich an die Spitze der Wachteleierlikörproduktion in Deutschland zu setzen. Seinem Zuchtfreund Andreas Kießling überlässt er die Vermarktung der Eier. „Was ursprünglich als gemeinsames Projekt entstand, hat sich in zwei Stränge geteilt, einen verfolge ich, einen Herr Kießling. Wir stehen trotzdem noch in engem Kontakt, tauschen uns fachlich aus und sehen uns auch fast wöchentlich, denn unsere Zuchtgemeinschaft auf dem Gebiet der Rassegeflügelzucht besteht weiterhin.“

Wachteleierlikör nach DDR-Rezeptur

Meyer begann, bevor er die Anmeldung des Nebenerwerbsbetriebes in Angriff nahm, nach einem Likörrezept zu suchen und erinnerte sich an eine alte DDR-Rezeptur mit Puderzucker, Vanillezucker und Kondensmilch. Den Primasprit ersetzte er durch Übersee-Rum. Alle vier Tage werden die gelegten Eier verarbeitet.

Die Legeperiode einer Wachtelhenne dauert etwa fünf bis sechs Monate. In dieser Zeit legt jedes Tier 120 bis 125 Eier mit einem Gewicht von etwa 13 g. Die Eier öffnet der Tierhalter mit einer Wachteleierschere und trennt dann händisch das Eiweiß vom Eigelb. Die Haltbarkeit eines Wachteleis wird für den Verbraucher ab Legedatum meist mit vier Wochen angegeben. Meyer hat aber festgestellt, dass sich die Eier wesentlich länger halten. Im Gegensatz zu Hühnereiern ist die Schale auch deutlich härter, sodass man die Eier sogar vorsichtig schütten kann.

Um die idealen Haltungsbedingungen zu finden, hat der Landwirt verschiedene Einstreumaterialien ausprobiert. „Vogelsand gefällt den Wachteln sehr gut. Dort nehmen sie ihr Sandbad und legen auch einen Teil der Eier hinein.“ Ein anderer Behälter mit kleingehäckseltem Hanfeinstreu findet ebenfalls die Zustimmung der kleinen Vögel.

Meyer füttert seine Wachteln mit handelsüblichem Hühnerfutter. Zusätzlich bekommen die Tiere Rührei, um die Eiweißversorgung anzukurbeln. Das bei der Likörproduktion anfallende Eiweiß wiederum verfüttert er an sein Rassegeflügel.

Delikatesse auch in supermärkten

Wachteleier gelten in Deutschland als Delikatesse und werden vom Verbraucher entsprechend hochpreisig akzeptiert. Die Eier punkten mit einer ansprechenden Optik: einer wildvogelartigen Sprenkelung der Schale und einem gesundheitlichen Wert, der den von Hühnereiern übertrifft. „Wachteleier enthalten weniger Cholesterin als Hühnereier. Außerdem enthalten sie Eisen sowie die Vitamine B 1 und B 12. Vorkommnisse mit Salmonellen hat es in Deutschland, soweit ich das weiß, bei Wachteln auch noch nicht gegeben“, nennt Peter Meyer weitere Vorteile.

Hauptabnehmer des Wachteleierlikörs á la Peter Meyer sind die Getränkefachmärkte Sagasser, einige Thüringer Feinkostgeschäfte sowie verschiedene Rewe-Märkte. In den Sagasser Getränkefachmärkten, bei den Feinkosthändlern, aber auch bei Rewe hat Meyer verständnisvolle Partner gefunden, die wissen, dass ein Naturprodukt nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. „Ich muss keine Mindestmengen liefern. Bestellungen und Lieferungen laufen komplikationslos.“

Wachtelzucht und Bielefelder Kennhühner

Meyer denkt schon über Erweiterung nach. „Ich könnte etwa doppelt so viel Eierlikör produzieren.“ Immer im August holt sich Peter Meyer bei einem Züchter in Kitzingen legereifen Wachteln. Beim ebenfalls in Kitzingen ansässigen Versuchs- und Bildungszentrum Geflügelhaltung, das zur bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft gehört, erhält er zudem fachliche Unterstützung.

Nach dem Einstallen dauere es noch etwa drei bis vier Wochen, bis die volle Legeleistung erreicht sei. Nach der ersten Legeperiode verkauft Meyer die Tiere häufig an Hobbyhalter, die sie weiter nutzen. Durch die züchterische Bearbeitung sei den Legewachteln der Bruttrieb komplett abhandengekommen. „Es gibt aber Bestrebungen, wieder auf Tiere mit Bruttrieb zu selektieren. Das interessiert mich sehr“, sagt Meyer, dessen zweites Herz für die Zucht schlägt.

Als Rassegeflügelzüchter hat er sich mit den Bielefelder Kennhühnen einer schwer zu züchtenden Rasse verschrieben. „Da die Befruchtungsrate normalerweise oft bei nur 30 Prozent liegt, bin ich zur künstlichen Besamung übergegangen und erreiche so eine Befruchtung von 90 Prozent“, nennt er Erfolge seiner Zucht.


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haehnlein-Konzept: Vier Cent für ein Hahnenleben

In Brütereien für Legehennen schlüpfen etwa gleich viel weibliche wie männliche Küken. Letztere werden sofort getötet. Beim haehnlein-Konzept aber zieht man sie erfolgreich auf und vermarktet sie.

Von Ute Heimann, Hofdirekt und Anja Rüweling, f3

Das mit dem Kükentöten muss auch anders gehen – mit diesem Ziel ist Annalina Behrens in den Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof ihres Vaters in Finkenthal im Landkreis Rostock eingestiegen. Das Unternehmen erzeugt in Mecklenburg-Vorpommern nach den Richtlinien der EU-Öko-Verordnung an 23 Standorten Bioeier zur Vermarktung an den Lebensmitteleinzel-, Naturkostfach- und Biohandel. Die Bioeier liegen unter verschiedenen Markennamen beispielsweise bei Edeka, Rewe oder tegut im Regal. 2012 startete das haehnlein-Konzept. Annalina kümmert sich um die Produktion, ihre Schwester Leonie um Vertrieb und Vermarktung.

haehnlein-Konzept: Fleisch hochwertig vermarkten

Bruderhähne aufzuziehen, ist teuer und aufwendig. Die männlichen Tiere der Legelinie brauchen 3 kg Futter zur Erzeugung von 1 kg Schlachtgewicht, Masthähnchen nur 1,7 kg. 17 bis 18 Wochen dauert die Aufzucht der Bruderhähne und damit gut dreimal so lange wie in der Hähnchenmast üblich. Dann bringen sie etwa 2 kg Lebendgewicht auf die Waage. Die Bruderhähne sind keine „Norm-Hähnchen“. Die Schlachtung ist aufwendig und sie müssen von Hand zerlegt werden. Die Behrens-Schwestern haben lange nach einem passenden Schlachtbetrieb gesucht. Fündig geworden sind sie in Niedersachsen.

„haehnlein“: Brust, Keule und Flügel vakuumiert im Tiefkühlregal

„Ein verkaufsfertiger Bruderhahn mit 1,1 kg Gewicht müsste zwischen 32 und 35 Euro kosten“, rechnete Annalina Behrens vor. Das bezahlt aber keiner. Allerdings ist das Vermarktungskonzept ohnehin nicht auf das ganze Hähnchen ausgelegt. Für den Erfolg sind attraktive Erzeugnisse in einem ansprechenden Design wichtig.

Unter dem Markennamen „haehnlein“ gibt es Brust, Keule und Flügel vakuumiert im Tiefkühlregal. Außerdem wurden gemeinsam mit dem Schlachtunternehmen acht küchenfertige Tiefkühlprodukte für die schnelle Zubereitung entwickelt: Klassiker wie Hühnersuppe und -frikassee oder exotischere wie Kokos-Curry oder Keulenfleisch mit Couscous. Eine Snack-Salami à la Bifi aus 100 % haehnlein-Fleisch rundet das Angebot ab. Zwei Powermampfer-Salami kosten 1,98 Euro. Zum Vergleich: Fünf Bifi sind regulär für 2,49 Euro zu haben. Die Fertiggerichte gehen ab 5 Euro los.

Vermarktet werden die Produkte genauso wie die Eier. In Finkenthal gibt es einen kleinen SB-Hofladen, in dem die Kunden Eier, Fertiggerichte und Co zum Selbstkostenpreis erwerben können. „Zu Beginn haben wir einen klassischen Hofladen mit Service betrieben, doch in dieser ländlichen Region war die Kundenfrequenz einfach zu gering“, erklärt Annalina.

Unterwegs mit Annalina und Leonie Behrens vom haehnlein-Konzept (c) Sabine Rübensaat

haehnlein-Konzept: Quersubventionierte Mast

Die Küken dürfen  zu Hähnen  heranwachsen.
(c) Sabine Rübensaat

Die Preise der Bruderhahn-Produkte sind für sich nicht kostendeckend. Der Ansatz der Schwestern: Die Hähnchen-Aufzucht und -Vermarktung wird über den Verkauf der Eier querfinanziert. 4 ct/Stück sind die haehnlein-Eier teurer. Dabei bleibt ein Problem:

Wie den Kunden erklären, dass die Eier nochmals teurer sind als „normale“ Bioeier? Sechs Eier kosten ab 2,79 Euro, also knapp 47 ct/Ei, je nach Anbieter geht es auch bis auf 3,49 Euro, das heißt 70 ct/Ei. Im Supermarkt ist das kaum zu vermitteln, weil die Eier an einem anderen Standort stehen als die Snack-Salamis und die wiederum woanders als die TK-Produkte. Mal abgesehen davon, dass es schwer ist, die haehnlein-Produkte in der Angebotsvielfalt besonders hervorzuheben. „Sie stehen halt neben allen anderen Eierkartons im Regal“, nennt Leonie die Regeln des Handels.

Ihre Lösung: ein spezielles Verkaufsmodul. Es besteht aus einer TK-Truhe, so groß wie eine Eis-am-Stiel-Truhe. Darüber befindet sich ein Display für die Eier und die Snack-Salami samt Erklärung, was hinter „haehnlein“ steckt. So kriegen die Kunden den Zusammenhang zwischen Ei und Bruderhahn-Fleisch hin. Die Behrens-Schwestern stellen dem Lebensmitteleinzelhandel die Verkaufsmodule kostenfrei zur Verfügung. Das zählt als Zweitplatzierung, die sich der Handel sonst oft sogar bezahlen lässt. Insofern ist kostenlos schon gut.

Die Kunden zahlen den Preis

Die öffentliche Diskussion um das Thema Küken töten und das BGH-Urteil dazu im Juni 2019 brachte eine enorme Öffentlichkeit und damit Sensibilisierung für das Thema. Solche ethischen Fragen spielen auch für den Handel eine immer größere Rolle. Freilandeier, regionale Milchprodukte oder eben Fleisch vom Bruderhahn listen sie gerne in ihre Sortimente. Die Kunden sind bereit, den Preis zu zahlen. Das hat dem „haehnlein“-Projekt von Annalina und Leonie Behrens einen enormen Schub gegeben. Zu Beginn konnten sie 30 % der Bruderhähne aufziehen und deren Fleisch vermarkten – jetzt sind es 100 %.

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Zu Gast in der Mast

Bauernhof als Klassenzimmer: Das Projekt „Grünes Erleben – Bauernhof als Klassenzimmer“ bietet Schülern die Möglichkeit, Einblicke in die praktische Landwirtschaft zu bekommen.

Von Barbara Ilse, Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.

Für knapp 50 Sechstklässler des Magdeburger Werner-von-Siemens-Gymnasiums ging es kürzlich zur Exkursion aufs Land. Im Rahmen des Projektes „Grünes Erleben – Bauernhof als Klassenzimmer“ besuchten sie den Liemershof in Ohrsleben, einen Betrieb mit Ackerbau, Schweinemast und Biogaserzeugung im westlichen Teil des Bördekreises an der Landesgrenze zu Niedersachsen.

Mitarbeiterin Anja Richter organisierte gemeinsam mit ihrem Team diesen Unterrichtstag in der Landwirtschaft. Im Mittelpunkt standen die Schweine, die auf dem Betrieb gemästet werden. „Saudumm“ oder „Schweinerei“ waren Wörter, die den Kindern gleich in den Sinn kamen, als sie nach Redewendungen zu diesen Nutztieren gefragt wurden.

Schweinestall: Einblicke von draußen

„In der Realität sind Schweine sehr intelligente, reinliche und soziale Geschöpfe“, klärte Anja Richter auf. Die Tiere teilten sich ihre Buchten ein, haben Bereiche zum Fressen und Saufen, Liegen und Koten. In den Buchten findet sich auch Beschäftigungsmaterial.

Weil für einen Zutritt zum Stall strenge veterinärhygienische Anforderungen gelten und die vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen, etwa das Ein- und Ausduschen mit Kleidungswechsel, bei zwei Klassen ein zu großer Aufwand wären, konnten die Schüler in Ohrsleben von draußen in den Stall schauen und das Borstenvieh so beim Fressen, Schlafen und Spielen beobachten. Die Schweine werden in Ohrsleben als Läufer mit etwa 30 kg Gewicht eingestallt. Der Liemershof nimmt an der Initiative Tierwohl teil. Deshalb steht den Tieren hier mehr Platz zur Verfügung als gesetzlich vorgeschrieben ist.

Kartoffelchips und Brezeln als Schweinefutter

Wie das Futter zubereitet wird und welche Komponenten dabei auf dem Liemershof Verwendung finden, konnten sich die Schüler in der Futterküche anschauen. Neben Getreide werden hier Nebenprodukte aus der Nahrungsmittelerzeugung zu einem Brei verkocht, der den Schweinen gut schmecken soll. Kartoffelchips, die den Qualitätskriterien der Hersteller nicht entsprechen, Brezeln, Kartoffelstücken oder Biertreber sind Bestandteile der Futterration.

Nach etwa dreimonatiger Mast werden die Tiere für ihre Fahrt zum Schlachthof auf betriebseigene Fahrzeuge verladen. Dann haben sie, entsprechend der Nachfrage nach magerem Schweinefleisch ohne große Fettauflage, ein Endgewicht von 120 kg.

Anschließend besichtigten die Schüler noch die Biogasanlage des Betriebes. Anlagenfahrer Michael Globisch erklärte, wie Bakterien aus Gülle und Mais im Inneren der Anlage Biogas produzieren, das im Gasmotor des Blockheizkraftwerkes verbrannt wird. Der Motor treibt einen Generator zur Stromerzeugung an und gibt Prozesswärme in einen Kreislauf zum Heizen der Ställe und der Futterküche ab.

Gefördertes Angebot

Die Gärreste sind wiederum wertvoller Dünger für die umliegenden Felder, auf denen Getreide, Raps oder Rüben wachsen. Obwohl es bei regnerischem Wetter einigen schon „schweinekalt“ war, verließen die Kinder um einige Erfahrungen reicher den Landwirtschaftsbetrieb.


Sachsen-Anhalt aktuell

Nach Regional und praxisnah: Die Bauernzeitung versorgt Sie regelmäßig mit allen wichtigen Informationen rund um die Landwirtschaft und das Landleben in Sachsen-Anhalt. mehr


Im Schnitt besuchen jedes Jahr etwa 50 Schulklassen Landwirtschaftsbetriebe aus dem Bauernverband Börde. In diesem Jahr konnten pandemiebedingt nur zehn Schulklassen diese praktische Ergänzung zum Schulunterricht erleben. Dieses außerschulische Lernangebot wird vom Bildungsministerium über das Landesschulamt aus Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt gefördert.

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Zwei Frauen machen Käse

Seit 13 Jahren leben Amelie und Franziska Wetzlar in Quappendorf im Oderbruch von und mit ihren 60 Milchschafen auf dem Milchschafhof Pimpinelle. Eine runde Sache.

Von Heike Mildner

Beim Brandenburger Milchschaf- und Ziegentag zeigten Amelie und Franziska Wetzlar ihren Berufskollegen Weide und Hof. Ihre 60 Krainer Steinschafe stehen derzeit auf einer Koppel in der Nähe des Dorfes. Die alte Rasse gilt als robust und widerstandsfähig, ist aber dennoch vom Aussterben bedroht. Im platten Oderbruch scheinen sich die ursprünglichen Alpenbewohner durchaus wohlzufühlen. Wetzlars sind erfolgreiche Herdbuchzüchterinnen.

Am Weidezaun des Milchschafhofes Pimpinelle geht es natürlich um den Wolfsschutz. Wetzlars setzen auf 120 cm hohe Elektrozäune. Bisher ist hier glücklicherweise noch nichts passiert. Müssten es nicht besser 1,40 m sein? Aber wie ist es dann mit der Windanfälligkeit der Zäune, die wiederum von Zaunhöhe und Bodenbeschaffenheit abhängt.

Portionsweide und Stall

Mancher Kollege staunt, dass sich die Schafe an die Litze halten, die die Koppel teilt. Die Litze wird täglich umgesteckt, sodass die Schafe die Weide nach und nach gleichmäßig abweiden. Bis auf zwei Böcke, die heute gekört werden, sind alle Tiere noch bis Dezember auf der Weide.

Pünktlich zur Lammzeit im vergangenen Jahr war nach knapp zweimonatiger Bauzeit der neue Offenstall fertig. Lange hatten die beiden Frauen auf die Bewilligung der Fördermittel gewartet. Nun steht er gegenüber dem Wohnhaus, vorweihnachtlich beleuchtet und nach Holz und Heu duftend. Amelie Wetzlar erläutert den Kollegen, was sie sich bei der Konzeption des Stalls gedacht haben, wie und wofür er genutzt wird, wie das Ausmisten einfacher geworden ist.

In der Lammzeit beispielsweise müssen sie nur kurz über den Hof, wenn es Komplikationen gibt. Zudem lassen sich die Schafe im Stall gut in Gruppen zusammenfassen und über verschiedene Luken, die auf einen Gang zum Melkstand führen, grüppchenweise abholen. Der Melkstand ist im Nachbargebäude und naturgemäß zurzeit ungenutzt. Sogar bis Mitte April, denn Wetzlars praktizieren muttergebundene Aufzucht: Bis die Lämmermägen mit Gras zurechtkommen, darf sich der Nachwuchs bei den Müttern bedienen.

Ab April ist Milchsaison

Gemolken wird von April bis Oktober. Die tägliche Routine fällt dann in Amelies Aufgabenbereich. Auch im Melkstand zielt alles darauf, die Arbeit mit den Schafen zu erleichtern, die Abläufe ruhig und die Wege kurz zu halten. „Wir wollen das ja alles in zehn Jahren auch noch machen“, sagt Amelie Wetzlar. Bei der Melktechnik hat sie in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen gesammelt: mit anfälliger Technik und Anbietern, die einen Betrieb mit 60 Tieren nicht so recht ernst nehmen und gegebenenfalls warten lassen. Dann war immer mal wieder Handmelken angesagt.

Seit diesem Jahr nutzt Amelie das Kannenmelksystem eines griechischen Herstellers. „Ich will die Technik gegebenenfalls innerhalb einer Stunde selbst reparieren können und nicht länger von Melktechnikern abhängig sein“, schildert Amelie ihre Gründe für den Wechsel. Für die Hofführung hat sie nochmal eine der drei 30-Liter-Kannen herausgeholt, steht unten in der Melkgrube und erläutert das System.

Hof Milchschafhof Pimpinelle
(c) Heike Mildner
Käsemanufaktur
(c) Heike Mildner

Die Grube war einmal ein Rübenkeller, der Melkstand steht im ehemaligen Kuhstall. Zehn Jahre hatten ihn die Wetzlars als Schafstall umgenutzt, was mit vielen Kompromissen verbunden war. Daher der Stallneubau nebenan und der Einzug des Melkstandes.

Sechs von jeweils zwölf Schafen können hier gleichzeitig gemolken werden. Ist die Kanne voll, hebt Amelie sie per Flaschenzug aus der Grube auf einen Handwagen und fährt sie über den Hof zu ihrer Frau Franziska in die Käserei. Eine Milchleistungsprüfung ihrer Krainer Steinschafe ist für die Herdbuchzüchterinnen selbstverständlich. So haben sie die Qualität der Rohmilch immer genau im Blick.

10 Jahre Käserei

Franziska Wetzlar ist die Veredlerin: In der Milchsaison verarbeitet sie die Rohmilch tagesaktuell oder sammelt und kühlt sie höchstens drei Tage. Im nächsten Jahr wird die Käserei zehn Jahre alt.

In über tausend Runden Käseherstellung hat Franziska jede Menge Spezialwissen und Erfahrungen gesammelt. Sie kennt die Reifeprozesse ihrer Schnitt-, Hart- und Weichkäse, pflegt sie täglich mit Salzwasser und Rotkultur und hat etliche erfolgreiche Produktentwicklungen gemeistert und Urkunden für ausgezeichnete Produkte erhalten. Im Repertoire finden sich Salzlakenkäse, halbfester Schnittkäse, Schnittkäse mit grünem Pfeffer, „Steinschaf“, ein Hartkäse, „Schafblues“, ein Hartkäse mit Blauschimmel. Je nach Reifegrad kosten 100 g zwischen 3,60 Euro und 4,10 Euro.

Milchschafhof Pimpinelle: Käse, Fleisch und WollE

In der Saison kommen Joghurt, Quark, Frisch- und Weichkäse hinzu, hier geht es preislich bei 2,20 €/100 g los. Wenn geschlachtet wurde, bereichern frische Lammbratwurst und Fleisch, später Salami und Schaffelle das Angebot des Hofladens. Und natürlich gibt es nach der Schur im Frühjahr Wolle – weiß, schwarz und meliert – als Rohwolle oder gewaschen und kardiert zum Spinnen und Filzen. Kurz: Alles vom Schaf findet auf kurzen Wegen zum Kunden, und das, was die Schafe brauchen oder Franziska in der Käserei, kommt wie Heu und Kräuter vom eigenen Acker oder ebenso auf kurzem Weg aus der Region.


Landesflagge Brandenburg

Brandenburg aktuell

Regional und praxisnah: Die Bauernzeitung versorgt Sie regelmäßig mit allen wichtigen Nachrichten rund um die Landwirtschaft und das Landleben in Brandenburg. mehr


Über neue Wege zum Kunden denken die beiden Frauen gerade nach. Dass die avisierten Weihnachtsmärkte wegen Corona ausfallen, haben sie mit einem Mailing an die Stammkundschaft kombiniert mit zwei Auslieferungsfahrten nach Berlin kompensiert. Insgesamt habe ihnen die Pandemie eher einen Zulauf an Kundschaft beschert.


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Wie weit ist Thüringens Agrarstrukturgesetz?

Susanna Karawanskij, Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, im Interview: Wir stellten Fragen zum neuen Agrarstrukturgesetz.

Von Frank Hartmann

Frau Ministerin, Thüringen zählt zu den Ländern, die ein Agrarstrukturgesetz auf den Weg bringen wollen. Wie weit sind Sie damit?
Wir haben noch keinen Referentenentwurf, beginnen aber diese Woche mit den Verbänden, das Eckpunktepapier zu diskutieren.

Sowohl der Agrarstrukturbericht Ihres Ministeriums als auch die Daten der jüngsten Landwirtschaftszählung zeigen eine anhaltend stabile Struktur der Betriebe in Thüringen an. Warum braucht das Land ein Agrarstrukturgesetz?
Wir wollen und müssen zu deutlich mehr Transparenz auf dem Pacht- und Bodenmarkt kommen. Ziel ist es, die Pacht- und Bodenpreise nicht weiter ins Unermessliche steigen zu lassen, denn dadurch werden die Flächen für heimische Landwirte unerschwinglich.

Diese Entwicklung gefährdet unsere Agrarstruktur mit regional verankerten Betrieben, breiter Eigentumsstreuung und regionaler Wertschöpfung. Wir wollen, dass Landwirtschaftsbetriebe vor Ort die Entscheidungen treffen und nicht allein auf Maximalgewinn orientierte Investoren aus der Ferne bestimmen, wie gewirtschaftet wird. Mit Blick auf den Generationswechsel in der Landwirtschaft sehen wir zudem die Gefahr, dass es sich Junglandwirte oder landwirtschaftliche Neu- und Quereinsteiger kaum noch leisten können, Agrarflächen zu kaufen oder zu pachten.

Susanna Karawanskij, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft  in Thüringen (Die  Linke).
Susanna Karawanskij, Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft in Thüringen (Die Linke). (c) TMIL

Wissen Sie denn, wie sich die Eigentümerstruktur in Thüringen verändert hat?
Von einigen Ausnahmen abgesehen, wissen wir das nicht im Detail, da uns wegen bestehender Regelungslücken keine systematisch erfassten Informationen vorliegen. Hier brauchen wir mehr Transparenz über die Geschäfte am Bodenmarkt. Bereits die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Bodenmarkt hat in ihrem Bericht festgestellt, dass der Einstieg von nicht-landwirtschaftlichen Investoren insbesondere in den ostdeutschen Ländern zunimmt.

Wir gehen im Moment davon aus, dass in allen Landesteilen landwirtschaftliche und außerlandwirtschaftliche Investoren sowohl aus Thüringen als auch von außerhalb aktiv sind und Anteile an Betrieben erworben haben. Hier einen besseren Überblick zu bekommen, ist eines der Hauptziele unseres angestrebten Agrarstrukturgesetzes. Das wollen wir erreichen, indem alle Rechtsgeschäfte mit Einfluss auf landwirtschaftliche Grundstücke ab einer gewissen Größe anzeige- und genehmigungspflichtig werden, auch Anteilskäufe und Pacht.

Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten kann privates Kapital im Einzelfall die Rettung eines Betriebes bedeuten: Will dies das Agrarstrukturgesetz verhindern?
Nein, ganz und gar nicht. Weder wollen noch können wir privates Kapital ausschließen. Unser Ansatz verfolgt das Ziel, eine marktbeherrschende oder missbräuchliche wettbewerbsrechtliche Stellung zu verhindern, damit die Agrarstruktur keinen Schaden nimmt. Wir orientieren uns dabei ausdrücklich am Kartellrecht.

Schon mit der Vorlage des Agrarstrukturberichtes vermissten viele einen Hinweis darauf, wo die Grenze der Marktbeherrschung gezogen wird, an der gegebenenfalls eine Genehmigung zum Anteilskauf verwehrt bliebe. Können Sie das heute konkretisieren?
So weit sind wir noch nicht. Klar sind wir uns darüber, dass wir nicht Landkreise oder Gemarkungen im Blick haben werden, sondern ganz Thüringen. Intern diskutieren wir etwa über Referenzwerte oder darüber, welche Betriebe wir womöglich nicht einbeziehen. Mit den Nebenerwerbsbetrieben erreichen wir in Thüringen eine Durchschnittsgröße von knapp 200 Hektar, ohne sie sind es etwa 450 Hektar. Bestehende Betriebe und Betriebsgrößen werden jedoch Bestandsschutz haben.

Neben dem sogenannten vagabundierenden Kapital, das den Weg in den Bodenmarkt sucht, war und ist die Eigentümernachfolge bei juristischen Personen und Personengesellschaften bzw. die Hofnachfolge im Haupterwerb ein entscheidender Grund für Verkäufe an Betriebsfremde. Gibt das geplante Agrarstrukturgesetz darauf Antworten?
Ein Agrarstrukturgesetz kann nicht alle Probleme in Thüringen lösen, wozu auch die Eigentümernachfolge zählt. Mit einer Preisdämpfung am Pacht- und Bodenmarkt kann es aber indirekt helfen, dass sich junge Landwirtinnen und Landwirte zu einer Betriebsübernahme entscheiden, selbst bei den unter Druck stehenden Tierhaltungsbetrieben.

Steigen die Preise am Bodenmarkt weiter, entkoppeln sie sich immer weiter von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Betriebe. Welcher regionale Junglandwirt wird dann noch in die Übernahme eines Betriebes investieren, wenn er diese Kosten nicht aus eigener Leistung wieder erwirtschaften kann? Mit den von uns angestrebten Konzentrations- und Preisschwellen können Landwirtschaftsbetriebe auch Wege finden, die Nachfolge so zu lösen, dass die Agrarstruktur keinen Schaden nimmt. Ich möchte betonen, dass wir keinem Landwirt das ihm zustehende Vermögen oder seine Rente streitig machen.


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Wann rechnen Sie damit, den Entwurf eines Thüringer Agrarstrukturgesetzes vorlegen zu können?
Wir beginnen jetzt die Diskussion mit den Verbänden. Angesichts der Mehrheiten im Landtag brauchen die Regierungsfraktionen die Zustimmung anderer Parteien. Also wird es im Parlament auch eine Fachdiskussion geben. Eine Gesetzesvorlage steht ganz am Ende und kann dann zügig erarbeitet werden.

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Düngungstagung: Erhebliche Auswirkungen

Die Regeln für das Düngen und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verschärfen sich stetig. Antworten suchten Praktiker in Erfurt.

Von Frank Hartmann

„Die Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit, Biodiversität, Tierwohl, Klima- und Umweltschutz seitens der Gesellschaft münden in starkem politischen Druck auf die Landwirtschaft. Und in immer mehr gesetzlichen Auflagen und Verboten.“ Dies stellte der Präsident des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR), Peter Ritschel, der 30. Thüringer Düngungs- und Pflanzenschutztagung voran. Nahezu 300 Interessierte verfolgten die Tagung im Congress Centre der Messe Erfurt und digital.

Druck verteuert die Produktion

Immer neue gesellschaftliche Forderungen verteuerten die Produktion, so Ritschel: „Leider wählt die Gesellschaft aktuell eher einen paternalistischen Weg. Sicher auch deswegen, weil mit Freiwilligkeit und Förderung die Ziele nicht schnell genug und nachhaltig erreicht wurden.“

Düngeverordnung bereitet einigen noch Probleme

Mit der Düngeverordnung stieg Fabian Hildebrandt (TLLLR) mit einem Thema in die Tagung ein, das aus Sicht der Landwirte wenig mit Freiwilligkeit zu tun hat. Die Umsetzung der Bundes- und Landesverordnung bereite einigen Betrieben im Land noch immer erhebliche Probleme, so sein Resümee. Die Evaluierung der Stoffstrombilanzverordnung stehe kurz vor ihrem Ende. Im Ergebnis zeichne sich eine „deutliche Absenkung“ des zulässigen Bilanzwertes auf unter 175 kg N/ha ab. Für kleinere Betriebe könne die Pflicht zur Stoffstrombilanz schon 2022 kommen.

Organische Dünger als günstige Alternative

Düngungsexperte Dr. Wilfried Zorn (Milda) lenkte angesichts massiv steigender Preise und womöglich knapper Verfügbarkeit von Mineralstickstoffdüngern den Blick auf das Potenzial organischer Dünger. Prof. Dr. Jan Petersen (TH Bingen) diskutierte Alternativen zum Glyphosateinsatz im konservierenden Ackerbau. Chemischer Ersatz sei nicht in Sicht. Eine intensivere Bodenbearbeitung erhöhe den Druck auf die Kosten und die Umwelt. Der Zwischenfruchtanbau in Kombinationen mit flacher Bodenbearbeitung könnte eine Antwort auf ein Glyphosatverbot sein. Dies gelte auch für die Samenzerstörung (von Unkräutern) bei der Ernte und Direktsaat oder neue physikalische Verfahren zur Unkrautbekämpfung.

Ist das Ende von Glyphosat schon besiegelt?

Weder Petersen noch Reinhard Götz (TLLLR) halten ein Glyphosatverbot auf EU-Ebene für ausgemachte Sache. Götz ermunterte die Landwirte, nochmals Vorschläge zu unterbreiten, wie man den Glyphosateinsatz wirksam drosseln kann. Ausführlich ordnete der TLLLR-Fachmann die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung mit ihren komplexen Regeln ein. Er riet, zur Klärung von Einzelfällen die zuständigen Behörden in den Bereichen Naturschutz, Wasserwirtschaft oder Pflanzenschutz im Rahmen der Fachberatung zu kontaktieren.


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Wust an Regelungen digital bändigen

Damit Landwirte den Wust an Regelungen, Dokumentationen, Anträgen oder Düngeberechnungen noch überblicken können, wird derzeit das BESyD modernisiert. Spätestens 2023, so berichteten Dr. Christiane Peter (LfULG Sachsen) und Joseph Donauer (TU München), steht die Vollversion des webbasierten BESyD zur Verfügung. Es biete unter anderem Schnittstellen zu vielen, von Landwirten genutzten anderen Anwendungen. Das neue Agrarportal Portia, das das Thüringer Agrarministerium (TMIL) gerade aufbaut, zählt dazu. Zur Kulap-Antragstellung im nächsten Jahr erlebt es seine Premiere, so Dr. Gero Barmeier (TMIL).

Auf großes Interesse der Praktikertagung stießen die Ergebnisse des Projektes „Mechanische Unkrautbekämpfung“ beim Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut (TLPVG) in Buttelstedt und der Versuche des TLLLR zur Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz.

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