Merinozucht im Salzatal

Die Schafhaltung hat bei Familie Papendieck Tradition. Mit ihrer Merinozucht im Salzatal trägt sie wesentlich zum Erhalt der vom Aussterben bedrohten Rasse bei und sorgt zugleich für den Fortbestand der Kulturlandschaft.

Von Fritz Fleege

Die Schafhaltung in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten stark geschrumpft. Gab es vor über hundert Jahren noch etwa zehn Millionen Tiere, sind es derzeit nur noch 1,5 Millionen. Und auch die Zahl der Schäfer hat sich enorm reduziert. Heute gibt es kaum noch tausend hauptberufliche Halter. Hauptgrund ist der Ersatz der Schafwolle in der Textilindustrie durch Baumwolle und Chemiefasern. Außerdem wird in Deutschland nur wenig Schaffleisch verzehrt, pro Einwohner und Jahr sind es kaum 600 g. Und der Wolf tut natürlich auch sein Übriges …

Doch Schafe sind wichtig für die Erhaltung der Kulturlandschaft, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Ohne die Beweidung käme es auf vielen Standorten schnell zur Verbuschung und später zur Bewaldung der heutigen Heiden und Halbtrockenrasen. Das betrifft auch das einzigartige Relief des Saaletales mit seinen Hügeln, Porphyrkuppen und steilen Felshängen.

Schäfer über mehrere Generationen

Die pflegliche Nutzung der Flächen mit Schafen gewährleistet, dass diese attraktive Landschaft erhalten bleibt. Einen erheblichen Anteil daran hat Schäfermeister Dirk Papendieck in Salzatal in Sachsen-Anhalt.

Dirk Papendieck

Dirk Papendieck entstammt einer alten Schäferfamilie aus dem Saalekreis entlang der Salza und der Schlucht Brehnau bei Halle.
Seit über 120 Jahren werden dort Merinofleischschafe gehalten und gezüchtet, die sich durch besondere Wolle und hochwertiges Fleisch auszeichnen.

Der Schäfermeister hält derzeit 350 Mutterschafe, sechs Böcke und 50 Zutreter dieser Rasse und trägt damit dazu bei, dass die vom Aussterben bedrohte Rasse und die Kulturlandschaft erhalten bleiben.

Die Großgemeinde liegt im nordwestlichen Teil des Saalekreises und grenzt an die Großstadt Halle. Die Schafhaltung hat in seiner Familie Tradition, vor allem die Zucht von Merinofleischschafen. Sowohl sein Großvater Gerhard Papendieck als auch seine Großmutter stammen aus Schäferfamilien und auch die drei Brüder des Großvaters sind Schäfer gewesen.

Großmutter Christa Papendieck war eine geborene Oswald, deren Vater schon Schäfermeister auf dem Rittergut in Beesenstedt war. Dort erlernte Gerhard Papendieck den Schäferberuf und baute im Laufe der Jahre eine Mutterschafherde mit etwa 2.000 Tieren auf. Er errang Erfolge beim Leistungshüten und war ein anerkannter Preisrichter bei solchen Wettbewerben. Außerdem bildete er viele Lehrlinge als Schäfer aus. So hatte er auch Einfluss auf die Berufswahl seines Enkels Dirk.

Selbstständig mit 200 schafen

Dieser lernte von 1985 bis 1987 in der LPG Höhnstedt, heute Agrargenossenschaft, und qualifizierte sich zum Schäfermeister. Nach der politischen Wende und der Einheit Deutschlands wurde so mancher Agrarbetrieb umgestaltet oder aufgelöst, aber es wurden auch neue gegründet.

Dirk Papendieck machte sich selbstständig und übernahm zunächst in Beesenstedt 500 Mutterschafe. Weil er dort aber die Stallanlage nicht übernehmen konnte, zog er 1992 mit 200 Schafen nach Zörnitz, wo er heute die Schäferei betreibt. Dort ging es zunächst auf und ab mit der nutzbaren Weidefläche und damit auch mit der Herdengröße. Auch die Betriebsform änderte sich mehrmals. 2015 gründete er dann die Brehnau Schäferei KG. Seitdem werden mit der Merinozucht im Salzatal etwa 53 Hektar Grünland bewirtschaftet. Darunter sind Streuobstwiesen, Trockenrasen in Hanglagen und Auenweiden in Tälern entlang der Saale sowie Brehnau, einer schönen Schlucht zur Saale hin, die für den Namen der Schäferei steht.

An der bewährten Rasse festgehalten

Dirk Papendieck hat an den Merinofleischschafen festgehalten, die seit mehr als 120 Jahren in der Region gezüchtet werden, und auch seine Familie hat daran über Generationen großen Anteil. Die Rasse verbreitete sich dann bald über Mittel- und Norddeutschland. In den letzten beiden Jahrzehnten ging aber der Bestand vor allem wegen der Wollkrise und des Aufbaus noch fleischbetonterer Rassen stark zurück. In Sachsen-Anhalt wird das inzwischen sogar im Bestand gefährdete Merinofleischschaf entsprechend der Richtlinie „Tiergenetische Ressourcen“ in der Zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik gefördert.

Derzeit gibt es in Deutschland nur noch wenige Tausend Tiere dieser Schafrasse im Herdbuch. Zu verhindern, dass diese ausstirbt, ist auch Anliegen der Brehnau Schäferei. Denn das Merinofleischschaf hat besondere Vorzüge – eine feine Wolle und eine sehr gute Qualität des Lammfleisches. Zudem ist es ein ausgezeichneter Landschaftspfleger besonders in den trockenen Regionen des Vorharzes.

Früh übt sich der Umgang mit den  Hunden. Mareike Neist mit dem  Altdeutschen Hütehund Lotte, Matti  Papendieck mit Benno, einem  jungen Herdenschutzhund der Rasse  Maremmano-Abruzzese
Früh übt sich der Umgang mit den Hunden. Mareike Neist mit dem Altdeutschen Hütehund Lotte, Matti Papendieck mit Benno, einem jungen Herdenschutzhund der Rasse Maremmano-Abruzzese. (c) Fritz Fleege

In der Schäferei werden derzeit etwa 350 Merinomutterschafe, 50 Jungschafe, sechs Zuchtböcke und eine 50-köpfige Ziegenherde samt Ziegenbock gehalten. Hinzu kommen jedes Jahr etwa 450 Lämmer, die in den Wintermonaten geboren werden. Die Ziegen sind Tiere der Rasse Burenziege, die ursprünglich aus Südafrika stammen. Es sind in Richtung Fleisch gezüchtete Tiere, die besonders in der Landschaftspflege eingesetzt werden.

Wolfsschutz auf vier Pfoten

Außerdem gehören zur Merinozucht im Salzatal noch vier Altdeutsche Hütehunde. Sie sind unentbehrlich bei der Hütehaltung der Schafe auf kleinen zersplitterten Flächen, an Bachläufen und auf Streuobstwiesen, die maschinell nicht zu bewirtschaften sind und wo auch keine Koppeln eingerichtet werden können.

Seit nicht allzu langer Zeit leben in der Schäferei auch zwei Herdenschutzhunde der Rasse Maremanno-Abruzzese, darunter ein Welpe. Diese hat man angeschafft, um den Herdenschutz in Zukunft auch gegen Wolfsangriffe zu gewährleisten.

Zum Ablammen geht es in den Stall

Die größere Herde der Merinozucht im Salzatal weidet meistens auf Flächen von ein bis drei Hektar. Als Umzäunung dient dort ein Elektronetz, das alle drei Tage weiter gerückt wird. Dort haben die Schafe auch Zutritt zu einer Tränke. Überschüssiger Aufwuchs wird zu Heu verarbeitet. Weil es in den letzten beiden Jahren aber sehr trocken war und wenig Grünes aufwuchs, durften auch Stilllegungsflächen beweidet werden und als Winterfutter diente mehr Weizenstroh von benachbarten Agrarbetrieben.

Es gibt zwei Lammzeiten im Jahr. Die erste ist jetzt im November und die zweite Mitte Januar bis Februar. Nach der ersten Deckzeit im Juni wird per Ultraschall ermittelt, wie viele Tiere tragend sind. In die Gruppe der nichttragenden Schafe kommen im Juli und August wieder Böcke rein.

Alle Ablammungen erfolgen im Stall. Die Jungtiere werden mit einem Sensor am Ohr elektronisch gekennzeichnet. Dadurch ist eine regelmäßige Kontrolle jedes Einzeltieres möglich. So lässt sich ihr Gewicht ermitteln, wenn sie über den Klauenpflegestand gehen, in den auch eine Waage integriert ist.

Die Lämmer werden im Stall gemästet

Die Mutterschafe der Merinozucht im Salzatal bringen jährlich im Durchschnitt 1,5 Lämmer zur Welt. Gut 20 % der weiblichen Tiere dienen der Reproduktion des Bestandes oder werden an interessierte Schäfer verkauft. Bei den männlichen Tieren rücken jährlich nur zwei oder drei Böcke nach oder werden zur Zucht verkauft. In diesem Jahr brachte ein Bock 650 €. Alle anderen Lämmer werden im Stall intensiv gemästet. Sie erhalten neben Heu Kraftfutter zur beliebigen Aufnahme.

Die Zunahmen betragen je Tier und Tag zwischen 300 bis 400 g. Nach 120 bis 150 Masttagen wiegen sie im Durchschnitt 43 kg mit einem Ausschlachtgewicht von etwa 20 kg. In diesem Jahr gab es für die Mastlämmer 3,50 €/kg Lebendmasse, ein guter Preis. Aktuell geht der Preis schon wieder leicht zurück.

Einkommen: Wolle spielt keine Rolle mehr

Je nach Nachfrage aus der Region lässt Papendieck auch einen Teil der Lämmer bei einem in der Nähe wirtschaftenden Schäfer mit einem EU-zertifizierten Schlachthaus verarbeiten und holt von dort viertel oder halbe Schlachtkörper zurück. Das kommt den Verbraucherwünschen entgegen. Der Anteil an der Direktvermarktung beträgt aber nur zehn Prozent am Gesamtaufkommen.

Wolle spielt beim Einkommen keine Rolle mehr. Je Mutterschaf und Jahr werden 4 bis 5 kg Wolle geschoren. Das Scheren kostet mehr als die Wolle einbringt. Das schlägt sich auch in der Zucht und in der Fütterung nieder. So wird auf Menge und Qualität der Wolle weniger Wert gelegt.

Die Mutterschafe sind bei der Merinozucht im Salzatal mindestens sieben Monate draußen und nur von November bis Mitte April im Stall. Draußen werden die Tiere extensiv gehalten und müssen vom dortigen Aufwuchs satt werden. Im Winter erhalten sie neben Heu und Stroh bei Bedarf noch etwas Kraftfutter, Kleinkörner aus der Getreidereinigung und spezielle Pellets mit 16 % Eiweiß sowie Nassschnitzelsilage aus der Zuckerfabrik Könnern.

Familie bleibt den Schafen verbunden

Dirk Papendieck ist im Vorstand des Landesschafzuchtverbandes Sachsen-Anhalt und Vorsitzender im überregionalen Prüfungsausschuss der Bundesrepublik, in dem außer aus Baden-Württemberg und Bayern Vertreter aus allen Bundesländern mitwirken. Die zentrale Ausbildungsstätte für Schäfer ist in Halle. Jedes Jahr kommen dort zur Berufsbildenden Schule „Carl Wentzel“ zehn bis 20 Prüflinge der Fachrichtung Tierwirt/Schäferei. Die praktische Prüfung ist oft mit einem Hütewettbewerb verknüpft, bei dem der Schäfermeister als Prüfer fungiert.

Der Bock hält die zu befruchtenden  Zibben zusammen.
Der Bock hält die zu befruchtenden Zibben zusammen. (c) Fritz Fleege

Dirk Papendiecks Tochter Anne ist aber keine Schäferin geworden, sondern Hebamme – wobei die Schafhaltung bei ihrer Berufswahl durchaus eine Rolle gespielt haben dürfte. Denn sie war oft bei der Geburt der Lämmer mit dabei. Ihr Ehemann Marcus ist Garten- und Landschaftsbauer, möchte aber in die Schafhaltung einsteigen. Und auch die Töchter Ida und Alma sind sehr tierlieb und haben schon viel Freude an den Schafen gefunden.

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Mit Schafen verschiedenster Land rassen und 100 Ziegen wandert Marthe Lohse durch das Schweriner Umland. (c) Birgitt Hamm

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Uckermärker in Brandenburg: Eine Rasse mit Potenzial

In schwierigen Zeiten spricht vieles für den Einsatz von Uckermärkern. Davon überzeugten sich Züchter im brandenburgischen Betrieb Teickner. Zur Jahresversammlung zog die Interessengemeinschaft eine Bilanz.

Von Wolfgang Herklotz

Uckermärker gelten als sehr bodenständig. Dies betrifft nicht nur auf die Bewohner des Brandenburger Landkreises, sondern auch auf die gleichnamige Fleischrindrasse. In Kombinationskreuzung von Tieren der Rasse Fleckvieh, als Genotyp 06 bezeichnet, und der Rasse Charolais (Genotyp 07) in DDR-Zuchtbetrieben ging vor mehr als drei Jahrzehnten der Genotyp 67 hervor.

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• Zuhause auf dem Land
• Trockenstellen ohne Antibiotika
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Ückermärker Genotyp 67

Allerdings dauerte es drei Rindergenerationen bis zur vollständigen Entwicklung. Es erwies sich seinerzeit als sehr aufwendig, passende Fleckviehzuchttiere aufzutreiben. Nach der Wende bestand die Gefahr, dass der Genotyp 67 in Vergessenheit geriet, weil man ihn als Gebrauchskreuzung betrachtete und damit als nicht mehr herdbuchfähig. Es brauchte viel Engagement von Züchtern und Wissenschaftlern, bis die Rasse Uckermärker offiziell Anerkennung fand. Das war 1993 und die Benennung kein Zufall: Ihr Grundstein war im uckermärkischen Tierzuchtgut Criewen-Flemsdorf gelegt worden.


Ein weibliches Uckermärker-Rind auf einer Weide, dahinter Bäume und ein grauer Himmel.
(c) Reiner Schumann

Uckermärker Rinder: Ein Produkt der Kreuzungszucht

Die Rinderrasse Uckermärker stammt aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Als Produkt der Kreuzungszucht entstanden mit ihnen Rinder, die sich durch hohe Tageszunahmen und gute Milchleistungen auszeichneten. mehr


Uckermärker vielfach bewährt und geschätzt

Längst hat sich die Rasse in vielen Betrieben Nordostdeutschlands und darüber hinaus bewährt. Mutterkuhhalter schätzen an den zumeist hellen bis leicht bräunlichen Tieren, dass sie in der Regel sehr gutmütig und frohwüchsig sind.

Zudem gibt es kaum Probleme beim Abkalben. Auch die Fleischqualität der Uckermärker wird von Kunden namhafter Steakhäuser und Burger-Läden geschätzt. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie derzeit spricht vieles für einen gezielten Einsatz der Rasse.

Jahresversammlung: Besuch auf dem Familienbetrieb Teickner

Davon konnten sich die Teilnehmer der jüngsten Jahresversammlung überzeugen, zu der die Interessengemeinschaft der Uckermärker Ende September nach Gumtow im brandenburgischen Landkreis Prignitz eingeladen hatte. Die Resonanz war für den Veranstalter außerordentlich bemerkenswert.

Nicht nur Dutzende Züchter und Mutterkuhhalter aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern reisten an, sondern auch aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Es gab ausreichend Gelegenheit, um Erfahrungen auszutauschen und Neues aufzunehmen. Dies wurde vor allem am Nachmittag deutlich, als ein Besuch des Familienbetriebes Teickner auf dem Programm stand.

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(c) Wolfgang Herklotz

Auf den 30er-Böden werden hier Roggen, Mais, Weizen, Gerste und Raps angebaut. „Nun haben wir auch die Weiße Lupine als wichtigen Eiweißlieferanten für unsere Rinder in die Fruchtfolge aufgenommen“, informierte Michael Teickner. Denn zum Bestand gehören aktuell 200 Mutterkühe, darunter fast 90 Uckermärker-Herdbuchkühe.

Der väterliche Betrieb hatte sich Ende der 90er-Jahre von der Milchproduktion verabschiedet. „Kaum waren die Milchkühe weg, standen schon die Mutterkühe hier“, berichtet der nun 33-Jährige, der ein Studium an der Kieler Uni absolvierte und 2013 in den Betrieb zurückkam.

Wenig später wurden die ersten Uckermärker-Herdbuchfärsen aus dem Gut Schwaneberg zugekauft. Doch schon zuvor kamen gekörte Deckbullen dieser Rasse in der Gebrauchsherde zum Einsatz. Mittlerweile gehören neben dieser vier weitere zum Unternehmen, nämlich zwei Herden für Herdbuchtiere, eine für Färsen und eine für die ausselektierten Tiere. „Wir nennen es die letzte Runde“, meint Teickner.

Kälberaufzucht: zu 99 % ohne Antibiotika

Den Mutterkühen steht ausreichend Weidefläche auf rund 150 ha, also der Hälfte des Grünlands, zur Verfügung. Die andere Hälfte wird für eine intensive Mahd genutzt. So kommen in der Rindermast neben Pellets, Mineralfutter, Weizenschrot und -stroh auch viel Grassilage zum Einsatz, überdies Maissilage.

Die Pellets werden aktuell durch die selbst angebauten und geschroteten weißen Lupinen ersetzt, sodass nur noch Mineralfutter für die Ration zugekauft werden muss. Beim Rundgang können sich die Fachbesucher von der Vitalität der Uckermärker überzeugen.

Großen Wert legen die Teickners darauf, die Kälber vier Wochen vor dem Absetzen und beim Absetzen selbst mit dem Grippeschutzmittel Bovigrip zu impfen. „Das ist ein immenser Aufwand, aber das Resultat sind gesunde Tiere“, die zu 99 % ohne Antibiotika klarkommen, betont Michael Teickner.


Zwiesprache mit seinen Tieren. Peter Schollbach mit einem Teil der Herde.
(c) Wolfgang Herklotz

Uckermärker-Züchter: Abschied auf Raten

Seine Leidenschaft für Fleischrinder machte den Uckermärker-Züchter Peter Schollbach aus Kemmen weit über Brandenburgs Grenzen hinaus bekannt. Nun trennt er sich von einem Teil seiner Herde. mehr


Betrieb Teickner: Eigene züchterische Handschrift

Konsequentes Wiegen der Absetzer und Jährlinge gehört ebenso zum Betriebskonzept wie die detaillierte Einzeltierauswertung, um die individuellen Mast-Ergebnisse im Blick zu haben. Bei den männlichen Tieren beispielsweise wird ein Schlachtgewicht von 450 kg bei einem Schlachtalter von 18 Monaten angestrebt, eine Lebenstageszunahme ab Kalb bis zum fertigen Endmastbullen von mindestens 1.300 Gramm im Durchschnitt.

Michael  Teickner
Michael Teickner (c) Wolfgang Herklotz

Durch den Um- und Ausbau der Ställe wurden ausreichend Kapazitäten für die Mast geschaffen, um die Tiere dann an ein namhaftes Unternehmen zu liefern, das mit Rindfleischspezialitäten wirbt.

Bei der Visite in Gumtow wird ein breiter genetischer Mix der Herden deutlich. Er resultiert aus dem Zukauf von zwei verschiedenen Abstammungen. Wie Michael Teickner versichert, strebt er eine eigene züchterische Handschrift an. Mit seinen aktuellen Herdenbullen setzt er auf bewährte, alte Genetik, zugleich aber auch auf moderne Hornloslinien mit Blick auf Fleischleistung.

Uckermärker: Zuchtgebiet erweitert

Der Herdbuchbestand an Uckermärkern liegt deutschlandweit derzeit bei exakt 3.670 Kühen und 107 Bullen (Stand: 30. September 2020). Damit ist ihre Zahl leicht rückläufig. Die meisten Tiere stehen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, in geringerer Stückzahl auch in Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen und Sachsen.

„2019 wurde das Zuchtgebiet auf Schleswig-Holstein ausgedehnt, im Vorjahr auf Niedersachsen.“ Darauf verwies Volker Naschke, der am Vormittag den Jahresbericht der Interessengemeinschaft vorstellte. Beim Rückblick auf das Zuchtjahr konstatierte er, dass es in der Leistungsprüfung sowohl bei den Absetzern als auch den Jährlingen höhere Tageszunahmen gab. Diese liegen bei 1.251 g (männlich) und 1.096 g (weiblich) beziehungsweise bei 1.348 g (männlich) und 1.002 g (weiblich).

Zuversichtlich stimmen auch die Fruchtbarkeitskennzahlen. So beträgt das Erstkalbealter im Durchschnitt bei 29,5 Monaten (-0,9 % zum Vorjahr). Die Zwischenkalbezeit blieb konstant bei 371 Tagen, die Geburtsgewichte bei den männlichen Tieren waren mit 41,8 kg leicht rückläufig, bei den weiblichen stiegen sie mit 39,3 kg leicht an.

Vererber wie Norbert Pp*, Hanzo Pp, Henri PS* und Hektor Pp* konnten sich unter den Top Ten der besten Bullen nach RZF behaupten und sind noch aktiv. Die Liste der besten Kühe führen Betha pp#, Juli Pp* und Eila Pp an.

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Ein weibliches Uckermärker-Rind auf einer Weide, dahinter Bäume und ein grauer Himmel.
Ein weibliches Uckermärker-Rind auf einer Weide. (c) Reiner Schumann

Uckermärker-Bullen: Genetische Vielfalt

Die Vermarktung von Zuchtbullen erwies sich unter den Bedingungen der Pandemie als äußerst schwierig. Dennoch konnten durch die RBB Rinderproduktion Berlin-Brandenburg GmbH 56 Bullen zu einem Durchschnittspreis von 2.798 Euro verkauft werden, bei der RinderAllianz waren es 94 Bullen zu 2.448 Euro. Bei den Online-Auktionen 2021 wechselten in Groß Kreutz alle 20 aufgetriebenen Uckermärker-Bullen ihre Besitzer, der Durchschnittspreis beug 3.610 Euro. Bei der RinderAllianz waren es 14 Bullen (3.193 Euro).

Fast 90 % aller Uckermärker sind hornlos. Das teilte Paul Bierstedt, Arbeitsgruppenleiter Fleischrindzucht, mit. Er informierte über genetische Besonderheiten, die im Zuge der SPN-Typisierung festgestellt werden. So treten bei Einzeltieren sogenannte Doppelendermutationen auf.

Zugleich kann es in einzelnen Fällen zur progressiven Ataxie kommen. „Sie ist nicht herdbuchrelevant, erfordert aber eine genaue Betrachtung der Einzeltiere“, betonte Bierstedt. Über den aktuellen Stand der Uckermärker-Vaterlinien informierte Dr. Sabine Schmidt von der RinderAllianz. Wie sie berichtete, konnten insgesamt 26 Vaterlinien erhalten werden, darunter die Linie A, von der es jedoch nur noch einen Bullen gibt. „Wir müssen unbedingt die genetische Vielfalt sichern!“

Im Anschluss wurden Mitglieder der Ständigen Arbeitsgruppe verabschiedet, darunter Peter Schollbach aus Kemmen, und neue Mitglieder gewählt. Dem zwölfköpfigen Gremium steht nun Volker Naschke aus Schenkendöbern vor.

Neben der Herdbuchzucht widmet sich der Familienbetrieb Teickner auch der Bullenmast und Färsenaufzucht.
Neben der Herdbuchzucht widmet sich der Familienbetrieb Teickner auch der Bullenmast und Färsenaufzucht. (c) Wolfgang Herklotz
Engagierte Züchter wurden in Gumtow geehrt: Mike Nagel, Volker Naschke, Peter Schollbach, Enrico Jahre und Heinz Wapenhans (v. l.).
Engagierte Züchter wurden in Gumtow geehrt: Mike Nagel, Volker Naschke, Peter Schollbach, Enrico Jahre und Heinz Wapenhans (v. l.). (c) Wolfgang Herklotz

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Meist Vieh auf dem Hof

Eine Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft in Ostdeutschland, online durchgeführt und ausgewertet von der Hochschule Neubrandenburg, brachte interessante Ergebnisse zur Strukturierung dieses Betriebstyps. Teil 1 der Auswertung.

Von Prof. Dr. Theodor Fock, Christian Brechler, Hochschule Neubrandenburg, Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften, Agrar- und Umweltpolitik


Nebenerwerbslandwirtschaft spielt im öffentlichen Bild von Landwirtschaft meist nur eine untergeordnete Rolle. Dabei werden 49 % aller Betriebe in Deutschland im Nebenerwerb (NE) bewirtschaftet. In den ostdeutschen Bundesländern liegt dieser Anteil bei 42 %. Seit der letzten agrarstatistischen Erhebung im Jahr 2016 ist der Anteil der NE-Betriebe bundesweit von 46 % auf 49 % leicht angestiegen.

Ihre absolute Zahl hat sich zwischen 2016 und 2020 sogar geringfügig von 127.000 auf 129.000 erhöht, während für alle anderen Betriebstypen Rückgänge zu verzeichnen waren. Bundesweit wird knapp ein Fünftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche von NE-Betrieben bewirtschaftet, in den ostdeutschen Ländern sind es allerdings nur sieben Prozent.

„Blackbox“ Nebenerwerbslandwirtschaft in Ostdeutschland

Wie wird gewirtschaftet, wo investiert? Gibt es Hofnachfolger? Wer erledigt die Arbeit? Was sind die wichtigsten Motive für Nebenerwerbslandwirtschaft? Wo liegen künftige Herausforderungen? Viele Fragen, die die amtliche Agrarstatistik nicht immer beantworten kann. Gerade für Ostdeutschland ist die Nebenerwerbslandwirtschaft weiterhin eine „Blackbox“.

Deshalb wurde im Februar dieses Jahres eine Online-Befragung begonnen, die dank des Mitwirkens von 72 Landwirtinnen und Landwirten nun einige Antworten liefern kann. Die Bauernzeitung informierte in ihren Ausgaben 7 und 8/2021 darüber und warb für eine Beteiligung. Eigentlich sollten die Befragungen persönlich auf den Höfen durchgeführt werden, durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen war dies leider nicht möglich.

NE-Betriebe: Größer als im Westen

Die befragten Betriebe stimmen vergleichsweise gut mit denen aus der amtlichen Statistik überein, wie sie sich aus der Landwirtschaftszählung 2020 ergeben. Danach sind NE-Betriebe im Osten mit durchschnittlich 36 ha größer als deutschlandweit mit 25 ha. Die Betriebe in der Befragung haben im Schnitt 27 ha Betriebsfläche, davon 16 ha Acker, zehn Hektar Grünland, 0,8 ha Dauerkultur- und Gartenland, sieben Hektar Wald.

Allerdings ist die Spanne recht groß. Sie reicht von sehr kleinen Höfen mit wenigen Hektaren bis über 200 ha. Auch in der Statistik finden sich entsprechend große NE-Betriebe, denn als Abgrenzung zum Haupterwerb gilt nicht die Betriebsgröße, sondern das Familieneinkommen. Stammt dieses überwiegend aus nicht-landwirtschaftlichen Quellen, wird der Betrieb immer als Nebenerwerb gezählt. NE-Betriebe wirtschaften zu einem hohen Anteil auf Eigentumsflächen. In der Befragung sind dies im Mittel 62 %.

Bezogen auf alle Agrarbetriebe in Ostdeutschland liegt der Eigentumsanteil nur bei 35 %. Der Unterschied dürfte darauf zurückzuführen sein, dass NE-Betriebe entweder mit ihrer Größe zufrieden sind, weil sonst die anfallende Arbeit nicht zu erledigen wäre. Aber auch der schwierige Zugang zu Flächen, vor allem die Konkurrenz größerer Betriebe, erklärt, warum relativ wenige Flächen zugepachtet werden können.

Befragungsergebnisse repräsentativ für alle ostdeutschen NE-Betriebe?

Die Antworten stammen aus allen Regionen der ostdeutschen Länder, wie Abbildung 1 verdeutlicht. Sind die Befragungsergebnisse nun repräsentativ für alle ostdeutschen NE-Betriebe? Dies lässt sich auf Grundlage der Teilnehmenden nicht feststellen, aber typisch im Sinne vieler Merkmale sind sie auf jeden Fall. Die amtliche Statistik zeigt, dass NE-Betriebe überall zu finden sind, besonders viele aber in Sachsen und Brandenburg.

Alle NE-Betriebe wurden nach der Wende neu- oder wiedereingerichtet. Bei der Frage nach der Gründungsgeschichte zeigt sich, dass es – überraschenderweise – nicht nur in den 1990er-Jahren zu vielen Gründungen kam, sondern auch noch in den letzten Jahren (Abb. 2). Jeder fünfte Hof wurde übernommen – hier fand in den letzten Jahren bereits ein Generationswechsel statt. In diesen Fällen wurden die Betriebe von den Eltern übernommen.


Land kaufen_Feld mit Raps und Windrädern im Hintergrund
(c) Sabine Rübensaat

Wer darf noch Land kaufen?

Für Landwirte sind Fragestellungen des Grundstückverkehrsrechtes immer aktuell. In der letzten Zeit gab es besonders im Verfahrensrecht einige wichtige Entwicklungen, wie unser Experte darlegt. mehr


Was wird produziert?

Auf dem Acker werden ganz überwiegend die üblichen Kulturen angebaut: Getreide, Raps, Mais, in einigen Fällen Kartoffeln, vereinzelt andere Ackerfutterpflanzen. In drei NE-Betrieben findet sich zudem Weinbau.

Von den Befragten wirtschaftet ein Drittel ökologisch, mehr als in der amtlichen Statistik. Tierhaltung ist weit verbreitet: Insgesamt 78 % aller NE-Betriebe halten Vieh. Die größte Bedeutung hat die Fleischrindhaltung: Nahezu die Hälfte der befragten Betriebe hält Mutterkühe, im Schnitt 15 Tiere. Immerhin 20 % der Betriebe halten Schafe (Ø 23 Tiere). Mit Mutterkühen oder Schafen lässt sich vorhandenes Grünland verwerten.

Geflügelhaltung findet sich in unterschiedlicher Form – Legehennen, Gänse, Enten, Masthähnchen – ebenfalls auf vielen Höfen. Die mittleren Tierzahlen – 29 Legehennen bzw. 23 Enten und Gänse – deuten darauf hin, dass es hier vielfach vor allem um eine Erzeugung zur Selbstversorgung und darüber hinaus in geringem Maße um Verkauf der Überschüsse geht.

Vorhandene Technik

Die Unterschiede im Technikbestand sind bei Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft groß: Einige NE-Betriebe sind komplett für alle Arbeitsgänge im Ackerbau oder der Grünlandwirtschaft mechanisiert. Sie haben dann ausreichend Schlepper, die Technik für Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz und Düngung sowie Ernte. In vielen Fällen gibt es vor allem Technik fürs Grünland, während Arbeiten wie Mähdrusch oder Häckseln an Dienstleister ausgelagert werden.

Dann gibt es Betriebe, die über sehr wenig Technik verfügen und quasi alle Arbeiten von Dritten erledigen lassen. Im Bestand findet sich sowohl ältere Technik, teils aus DDR-Zeiten, etwa ein Mähdrescher Fortschritt E 516 bzw. 40, 50 oder 60 Jahre alte Schlepper, aber auch Maschinen, deren Anschaffung wenige Jahre zurückliegt.

Insgesamt verfügen 87 % der Befragten über einen oder mehrere eigene Traktoren. Grünlandtechnik ist zu 70 % vorhanden, Technik zur Bodenbearbeitung zu 58 %. Dagegen findet sich nur auf 15 % der Höfe eigene Erntetechnik. Weinbaubetriebe haben natürlich einen anderen Technikbestand.

Geplante Investitionen

Nahezu 70 % der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft planen in den kommenden Jahren weitere Investitionen. Am häufigsten vorgesehen sind solche in Technik (54 %), gefolgt von Gebäuden (40 %) und Bodenkauf (22 %) (mehrere Antworten waren möglich).

Weitere geplante Vorhaben beziehen sich auf die Vermarktung oder den Bau eines Lagers. Neue Traktoren, Kauf einer Rundballenpresse, Bau einer Halle, Umbau einer Scheune, Neubau eines Stalles für Legehennen bzw. eines Kühlraums oder das Anschaffen von Bewässerungstechnik (im Weinbau) wurden z. B. genannt.

Befragte, die keine Investitionen planen, gaben dafür als Gründe u. a. an, dass sie gerade mit dem Bau ihres Wohnhauses ausgelastet sind, abwarten, ob sich ein Hofnachfolger findet, oder wie sich die Vorschriften in Schutzgebieten auswirken werden.

spielen Externe Dienstleister eine rolle?

Letztendlich wird der Großteil der Arbeitsgänge durch die Betriebe selbst durchgeführt. Auf die Frage, ob und in welchem Umfang externen Dienstleister Arbeiten übernehmen, gaben 63 % der Befragten an, dass dies nur ein unwesentlicher Teil sei. Elf Prozent der Befragten lassen in etwa die Hälfte ihrer Arbeitsgänge erledigen, sechs Prozent nutzen gar keine externen Dienstleister.

Hingegen werden laut Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft bei 13 % wesentliche Anteile der Arbeit durch Externe übernommen und acht Prozent der Befragten gaben an, dass der größte Teil der anfallenden Arbeiten durch Dienstleister erledigt wird.

Häufige Tätigkeitsfelder externer Dienstleister sind Ernte (Mähdrusch) (46 %), Ballen pressen (30 %) und Pflanzenschutz (19 %). Düngen, Häckseln und Silieren spielen mit jeweils 17 % ebenfalls noch eine Rolle (mehrere Antworten waren möglich).

Nebenerwerbslandwirtschaft: Oft Direktvermarktung

46 % der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft sind auch in der Direktvermarktung ihrer Produkte aktiv. Das sind deutlich mehr Betriebe als im Durchschnitt der gesamten Landwirtschaft. In knapp der Hälfte der Fälle stellt die Direktvermarktung die wesentliche oder eine wichtige Einkommensquelle dar.

In den anderen Betrieben wird damit nur ein unwesentlicher Verdienst erzielt oder nur bei Bedarf direktvermarktet. Eine Direktvermarktung findet über die gesamte Produktpalette statt. Eine größere Rolle spielen hier insbesondere Fleisch, vor allem Rindfleisch, und Eier. Aber auch Wein, Heu, Stroh und Holz wurden angegeben. Bei der Frage nach dem Eigenverbrauch finden sich dann erwartungsgemäß die gleichen Erzeugnisse.


Das Quartier der Fleckvieh-Mutterkühe am Betriebshof in Eichstedt.

Nebenerwerb

Regelmäßig berichten wir von traditionsreichen kleinen Höfen, erfolgreichen Neugründungen nach der Wiedervereinigung und innovativen Konzepten junger Nebenerwerbsbetriebe. mehr


Wer auf dem Hof hilft

Wird die Landwirtschaft „nebenher“ erledigt, ist eine zentrale Frage, wie die anfallende Arbeit auf dem Hof erledigt werden kann. Außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten und Arbeiten auf dem Betrieb sind zu koordinieren; dies bedeutet meistens eine hohe Arbeitsbelastung. Im Betrieb werden durchschnittlich 20 Stunden pro Woche gearbeitet, außerhalb kommen dann noch 38 Stunden pro Woche dazu. Ohne weitere Hilfe wäre das tägliche Geschäft wohl kaum zu schaffen, sodass in vielen Fällen ein oder mehrere Personen aus der Familie unterstützen. So arbeitet der Partner etwa in der Hälfte der Fälle täglich oder regelmäßig mit, dies trifft ebenso für die Kinder oder Eltern zu. Die anfallende Arbeit wird also auf viele Schultern verteilt und vor allem durch die Familie erledigt.

60 % der Befragten gaben an, dass sie selbst, der Partner oder beide über eine landwirtschaftliche Ausbildung verfügen. Dies kann eine Berufsausbildung oder ein Studium, in einigen Fällen auch der Besuch einer Fachschule sein. Dabei lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Lebensalter und landwirtschaftlicher Ausbildung feststellen. Es gibt sowohl Ältere als auch Jüngere mit oder ohne entsprechende Ausbildung. Die Befragungsteilnehmer waren im Durchschnitt 48 Jahre alt – der Jüngste 22, der Älteste über 70 Jahre.

Informationskanäle

Für Informationen werden vor allem Fachzeitschriften und der Kontakt zu Berufskollegen genutzt. Fachzeitschriften wie die Bauernzeitung oder „top agrar“ werden von 86 % der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft genutzt, das Gespräch unter Landwirten zu 82 %. Auch das Internet spielt als Informationsquelle erwartungsgemäß eine große Rolle (63 %), darüber hinaus Händler (26 %) und Verbände (18 %) (mehrere Antworten waren möglich).

Über agrarpolitische Themen fühlen sich die Befragten überwiegend gut bzw. sehr gut informiert (79 %). Auch der Kontakt zu Behörden wie dem Landwirtschaftsamt wird ganz überwiegend als gut oder sehr gut bewertet (69 %). 23 % bewerten die Kontakte teils als gut, teils als schlecht; nur sieben Prozent sehen diese als schlecht oder sehr schlecht an. Der oft geäußerte Unmut über zu viel Bürokratie und Auflagen beeinträchtigt offenbar die Zusammenarbeit mit den Ämtern kaum.

Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft Tabelle

Teilweise Beratung

Nur ein Teil der Befragten der Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft nimmt Beratung in Anspruch. 56 % antworteten auf diese Frage mit Ja, 44 % mit Nein. Am häufigsten ist dies die klassische Agrarberatung, wie in Mecklenburg-Vorpommern z. B. durch die LMS. Eine Beratung durch Landwirtschaftsämter, Steuerberater, den Bauernverband oder Ökoverbände werden ebenfalls genannt.

Themen sind u. a. die Antragsberatung, Fragen des Pflanzenschutzes oder die Düngebilanzierung. Einige der Befragten haben aber auch ihre prinzipielle Skepsis gegenüber Beratung geäußert („bloß keine Ratschläge von Schlaumeiern“, „nur Steuerberatung, bloß keine Betriebsberater“).


Umfrage Nebenerwerbslandwirtschaft, Mit Schleppern, und seien es ältere oder gebrauchte Maschinen, sind die meisten ostdeutschen Nebenerwerbsbetriebe ausgestattet.
(c) Detlef Finger

Nebenerwerbslandwirtschaft: Ein Drittel will wachsen

Eine Umfrage zur Nebenerwerbslandwirtschaft in Ostdeutschland, online durchgeführt und ausgewertet von der Hochschule Neubrandenburg, zeigt viele interessante Ergebnisse, so zu Perspektiven dieses Betriebstyps. Teil 2 der Umfrage. mehr



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Mastitis: Die Millionäre im Stall

Die Suche nach den Ursachen für hohe Zellzahlen und Mastitis ist sehr zeitaufwendig, denn sie können zahlreich sein. Wir geben Hinweise, wie man die Risikofaktoren für Euterentzündungen minimieren kann.

Von Dr. Ulrike Nebel, Leiterin Mastitislabor

Es ist wichtig, sich immer vor Augen zu führen, dass Mastitis eine multifaktorielle Erkrankung ist. Die Euterentzündungen sind nicht nur abhängig von der Pathogenität des Infektionserregers, sondern auch von beeinflussenden Risikofaktoren, wie der Fütterung, den Haltungsbedingungen, Mängeln in der Melkhygiene sowie von der allgemeinen und lokalen Immunitätslage des Tieres.

In den Sommermonaten spielt vor allem die Wärme eine entscheidende Rolle. Die Wohlfühltemperatur für Milchkühe liegt zwischen 4 – 15 °C, bereits ab 16 °C müssen laktierende Tiere Stoffwechselwärme abgeben. Abhängig von der Luftfeuchtigkeit können die Kühe schon ab 22 °C erste Symptome von Hitzestress zeigen. Zusätzlich begünstigt das warme Wetter die Vermehrung von umweltassoziierten Mastitiserregern in der Einstreu, was vor allem in Tiefstreuställen zum Problem werden kann.

Mastitis: Ursachenforschung mit Zellzahlen und Leitkeim

Die somatischen (körpereigenen) Zellen sind ein Indikator für die Eutergesundheit. Zu den somatischen Zellen gehören Abwehrzellen (Lymphozyten, Makrophagen und Granulozyten) sowie Epithelzellen des Eutergewebes.

Bei einer Mastitis erhöht sich die Zahl der Abwehrzellen, somit können aus der Höhe der Zellzahl Rückschlüsse auf die Eutergesundheit gezogen werden. Als Grenze für eine Störung der Eutergesundheit wird eine Zellzahl von 100.000 Zellen/ml Milch zugrunde gelegt. Der physiologische Normalwertbereich liegt rasseunabhängig bei 20.000 bis maximal 100.000 Zellen/ml Milch.

Mit fortschreitender Laktation und steigender Laktationsnummer steigt zwar die tolerierbare Zellzahl an, sollte jedoch nicht den Wert von 100.000 Zellen/ml Milch überschreiten. Es ist eine bekannte Tatsache, dass die meisten Milchgeldverluste durch den Bereich von 100.000 bis 200.000 Zellen/ml Milch verursacht werden.

Euterkranke Kuh, Euterviertel hinten links  stark geschwollen und leicht gerötet.
Euterkranke Kuh, Euterviertel hinten links stark geschwollen und leicht gerötet. (c) Sabine Rübensaat

Die Ursache von erhöhten Zellzahlen in einem Bestand zu finden, ist oft zeitaufwendig und es müssen immer verschiedene Faktoren mitberücksichtigt werden. Bei der Ursachensuche hilft es, den Erreger zu kennen, daher sollte der Leitkeim bekannt sein.

Der Leitkeim ist der wichtigste, meist auch der häufigste Mastitiserreger im Bestand. Grundsätzlich wird zwischen umweltassoziierten und euterassoziierten Leitkeimen unterschieden. Bei einem sehr häufigen Nachweis von koagulasenegativen Staphylokokken (KNS) ist zu überprüfen, ob sie sekundär bei den Probenahmen in die Milchproben gelangen. Nur sehr selten stellen KNS wie Staphylococcus chromgenes den Leitkeim in einem Bestand.

Leitkeimbestimmung einmal jährlich

Die Leitkeimbestimmung liefert wichtige Informationen zur Mastitisbekämpfung. Im Laufe der Jahre kann sich der Leitkeim in einem Bestand verändern. Eine Leitkeimbestimmung sollte mindestens einmal jährlich durchgeführt werden. Der Goldstandard für die Bestimmung des Leitkeims ist eine Gesamtherdenuntersuchung, da hierbei alle laktierenden Kühe einer Herde erfasst werden. Alternativ können 10 – 20 % der Kühe (mindestens zehn Tiere) ausgewählt werden, dabei ist es wichtig, dass alle Gruppen vom Frischabkalben bis hin zu den Kühen kurz vor dem Trockenstehen vertreten sind.

Der Leitkeim gibt eine wichtige Orientierung sowohl bei Einzeltierbehandlungen als auch bei Bestandssanierungen. Das Wissen um den Leitkeim in der Herde ist – sowohl in der Therapie als auch beim Trockenstellen – die Grundlage für die Auswahl der passenden antibiotischen Präparate. In regelmäßigen Abständen sollten Antibiogramme (circa alle drei Monate) erstellt werden, um zu bestimmen, welche Antibiotika aufgrund der Resistenzlage in der Herde eingesetzt werden sollten.

Werden die Kühe unter antibiotischem Schutz trocken gestellt, sollte auch die Auswahl der Trockenstellpräparate je nach Symptomatik und Leitkeim im Betrieb erfolgen. Es ist zu beachten, dass beim Einsatz von Antibiotika der Gruppe der Cephalosporine der dritten und vierten Generation (z. B. Wirkstoffe Cefquinom oder Cefoperazon) oder Fluorchinolonen (z. B. Marbofloxacin oder Enrofloxacin) gemäß der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken ein Antibiogramm erstellt werden muss.

Klinische und subklinische Mastitis

Das Keimspektrum der akuten klinischen Mastitiden kann sich vom Leitkeim unterscheiden. Die zeitnah durch bakteriologische Untersuchungen gewonnenen Ergebnisse bei klinischen Mastitiden ergänzen die Leitkeimbestimmung.

Bei klinischen Mastitiden treten neben sensorischen Veränderungen der Milch wie Flocken, Eiter, Blutbeimengungen bis hin zum vollständigen Verlust des Milchcharakters, auch allgemeine Krankheitssymptome bei dem betroffenen Tier auf. Das Euter ist geschwollen und schmerzhaft, bei schweren Verläufen kommt es auch zu Fieber und Fressunlust.

Die meisten Euterentzündungen sind subklinische Mastitiden. Diese Form zeigt weder eine sinnfällige Veränderung der Milch noch sichtbare Entzündungssymptome. Diese Tiere fallen in der Milchleistungsprüfung (MLP) durch einen Anstieg des Zellgehalts von unter auf über 100.000 Zellen/ml Milch auf. Auch mikrobiologische Untersuchungen von Viertelanfangsgemelken können mit dem Nachweis von pathogenen Infektionserregern subklinische Euterentzündungen aufdecken.

Staph. aureus, Galt, Strep. dysgalactiae, Strep. canis und Mykoplasmen gehören zu den euterassoziierten Erregern. Diese Erreger verursachen hauptsächlich subklinische Mastitiden, sodass die Tiere erhöhte Zellzahlen, aber wenige klinische Erkrankungen aufweisen. Die Übertragung erfolgt vor allem beim Melken von Tier zu Tier.

Hygiene ist das A und O

Bei der Bekämpfung von euterassoziierten Erregern liegt der Schwerpunkt auf der Melkhygiene. Es sollte immer ein Eutertuch pro Tier verwendet werden, dabei ist es wichtig, dass die Eutertücher sauber im Melkstand gelagert werden, das heißt vor Kot und Schmutzwasser geschützt.

Die Melker sollten saubere Einmalhandschuhe tragen, die bei Verschmutzung gereinigt bzw. gewechselt werden sollten. Insbesondere bei Problemen mit Staph. aureus sollten die Handschuhe nach jedem Tier zwischendesinfiziert werden.

Eine Melkzeugzwischendesinfektion sollte vorhanden sein, wobei immer auf die Einwirkzeit geachtet werden muss, z. B. 1.000 ppm Peressigsäure für 30 Sekunden. Gegebenenfalls muss eine Sanierung von Galt-, S. aureus- und Mykoplasmen-Infektionen eingeleitet werden. Generell sollten Kühe mit einem positiven bakteriologischen Befund gesondert in einer Euterkrankengruppe gehalten und nach allen anderen Tieren gemolken werden.

Die auf Blutagar in einer Petrischale angezüchtete Mastitiserreger Staphylococcus epidermidis, Escherichia coli und Staphylococcus aureus (o. l.).

Die auf Blutagar in einer Petrischale angezüchtete Mastitiserreger Staphylococcus epidermidis, Escherichia coli und Staphylococcus aureus (o. l.). (c) Sabine Rübensaat

Antibiogramm zur Testung von Mastitiserregern, welche Antibiotika in-vitro-sensibel bzw. resistent sind (o. r.)

Antibiogramm zur Testung von Mastitiserregern, welche Antibiotika in-vitro-sensibel bzw. resistent sind (o. r.) (c) Sabine Rübensaat

Mastitis ist eine schmerzhafte Belastung für die Kühe und hinterlässt merkliche Spuren auf dem Betriebskonto. Die Leitkeimbestimmung liefert wichtige Informationen zur Mastitisbekämpfung.

Mastitis ist eine schmerzhafte Belastung für die Kühe und hinterlässt merkliche Spuren auf dem Betriebskonto. Die Leitkeimbestimmung liefert wichtige Informationen zur Mastitisbekämpfung. (c) Sabine Rübensaat

Zu den umweltassoziierten Erregern der Mastitis gehören Strep. uberis, Enterokokken, coliforme Keime und E. coli. Koagulase-negative Staphylokokken werden von einigen Autoren zu den umweltassoziierten Erregern gerechnet und von anderen in der Sondergruppe der Hautbesiedler eingeordnet. Koagulase-negative Staphylokokken haben eine geringe Pathogenität, das heißt sie sind weiniger krankmachend als die anderen Erreger und sollten nur beim Auftreten von klinischen Symptomen antibiotisch behandelt werden.


Kühe im Melkkarussell der Agrargenossenschaft Reichenbach
(c) Sabine Rübensaat, Fritz Fleege

Karussellfahrt für 280 Kühe pro Stunde

Tierwohl in der Milchkuhhaltung spielt in der Agrargenossenschaft Reichenbach im Vogtland eine besondere Rolle. Die Milchviehanlage dort wurde nach neuesten Erkenntnissen errichtet. Davon haben sich auch Milcherzeuger des IVM ein Bild gemacht. mehr


Stallhygiene: Saubere und trockene liegeboxen

Umweltassozierte Erreger, insbesondere E. coli und coliforme Keime, führen zu vielen klinisch kranken Kühen und stark verändertem Milchsekret. Bei der Bekämpfung von umweltassoziierten Erregern liegt der Schwerpunkt auf der Stallhygiene. Hierzu gehören saubere und trockene Liegeboxen. Die Liegeboxen sollten täglich gereinigt werden, das heißt Kot entfernen und Deckschicht auffüllen. Bei dem Einsatz von Kalk ist darauf zu achten, dass der pH > 9 ist.

Überbelegung führt neben Stress für die Tiere auch zu einer größeren Verschmutzung im Stall. Wenn nicht genügend Liegeboxen vorhanden sind, legen sich die Kühe in die verdreckten Laufgänge. Auch die Laufgänge sollten sauber sein, beim Laufen sollte kein Schmutz an das Euter gespritzt werden.

Nach dem Melken sollte ausreichend schmackhaftes Futter angeboten werden, sodass die Kühe nach dem Melken stehen bleiben und fressen. Vor dem Melken ist eine gute Zitzenreinigung notwendig, um eine Verschleppung auf andere Tiere über die Melkbecher zu vermeiden.

Quorum Sensing – Bakterien organisieren sich

Schon lange ist bekannt, dass Bakterien miteinander kommunizieren. Einfach gesagt: Sie senden spezielle Signalmoleküle aus, so können sie sich gruppieren und gemeinsam Prozesse starten, um dem Wirtstier zu schaden. Diese Kommunikation wird als „Quorum Sensing“ (QS) bezeichnet.

Zudem bilden Bakterien gemeinsam einen Biofilm, eine schleimige Schicht, welche sie vor den Immunzellen des Wirtstiers sowie vor Antibiotika schützt. Somit sind Bakterien nur dann bekämpfbar, wenn sie außerhalb des Biofilms sind. Die Natur stellt Moleküle bereit, die – in richtiger Dosierung – mit dem Quorum Sensing der Bakterien wechselwirken und den Biofilm auflösen. Ohne den schützenden Biofilm kann das Immunsystem des Tieres die Bakterien wirksam bekämpfen und beispielsweise das Euter nachhaltig reinigen. Das wirkt sich logischerweise positiv auf die Eutergesundheit sowie die Milchproduktion aus.
Von Dr. Uwe Scheper

FAZIT

Jeder Milchviehhalter sollte versuchen, die Risikofaktoren für Mastitis zu minimieren. Denn eine alleinige antibiotische Therapie kann das Infektionsgeschehen nicht langfristig tilgen. Hilfe kann der Landwirt dabei durch Beratungen und in Zusammenarbeit mit Hoftierarzt, diagnostischem Labor und im Bedarfsfall auch mit dem Eutergesundheitsdienst erhalten. Für Fragen zur Mastitisdiagnostik steht zudem die Autorin gern zur Verfügung.

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Raus aus der Sackgasse, rauf auf die Straße

Der Landesbauernverband Brandenburg ruft in den sozialen Medien dazu auf, morgen (18.11) in Potsdam auf die Straße zu gehen. Durch politische Entscheidungen sei die Landwirtschaft vermehrt in Schieflage geraten.

Der Landesbauernverband (LBV) Brandenburg sieht die heimische Landwirtschaft wegen einer aus seiner Sicht verfehlten Agrarpolitik in der Sackgasse. Mit einer Kampagne in den sozialen Medien rufen der LBV und Land schafft Verbindung Brandenburg e. V. (LsV BB) alle Vertreter des Berufsstandes zur morgigen Demo (18.11.) in Potsdam auf die Straße zu gehen, um auf die prekäre Lage der Bauern aufmerksam zu machen.

„Betriebe geben auf. Willst du der nächste sein?“

Bauernverbandsvertreter aus den Landkreisen begründen den Aufruf mit persönlichen Videobotschaften im Internet. Auch Thomas Essig von LsV BB ist mit einer Botschaft vertreten: „Betriebe geben auf. Willst du der nächste sein?“, fragt Essig in die Kamera, erklärt den Sinn der Ausgleichszulage, erklärt, warum eine Traktorendemo diesmal nicht geht und fordert die 5.431 Betriebsinhaber in Brandenburg auf, mit Bus und Bahn nach Potsdam zu reisen.

Brandenburgs Freie Bauern halten sich mit einer Aufforderung zur Teilnahme zurück. „Wir werden aber niemanden hindern, dort hinzufahren“, so Marco Hintze, Präsident des Bauernbundes Brandenburg, Landesgruppe der Freien Bauern, am Rande einer Veranstaltung gegenüber der Bauernzeitung.


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Brandenburg aktuell

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In schieflage geraten

„Unsere Landwirtschaft ist in den vergangenen Jahren aufgrund politischer Entscheidungen und negativer äußerer Einflüsse in eine Schieflage geraden. Nun stehen weitreichende Veränderungen beim Kulturlandschaftsprogramm mit hohen Risiken für unsere Betriebe an, und das Brandenburger Agrarministerium trifft keine klare Aussage zum Erhalt der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete“, erklärt LBV-Präsident Henrik Wendorff die konkreten Beweggründe für den Protest.

Der LBV Brandenburg sehe den Zeitpunkt gekommen, Politik und Gesellschaft aufzurütteln und auf die Gefährdung der Existenz der regionalen Landwirtschaft hinzuweisen. Der Verband fordert insbesondere den Erhalt der Schweine- und Rinderhaltung für eine regionale Versorgung der Region Berlin/Brandenburg, den Erhalt der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete sowie eine faire Honorierung von Umweltleistungen.

Der LsV beteiligt sich derzeit zudem an der Vorbereitung internationaler Bauernproteste in Brüssel, die für den 13./14. Dezember geplant sind. red

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ASP-Prävention: Neue Regeln für Jäger

In Thüringen gelten neue Regelungen für Jäger bezüglich der ASP-Prävention. Alle Kreise, die östlich der Autobahn A9 liegen, wurden zudem zu Risikogebieten erklärt.

Von Frank Hartmann

In allen Thüringer Landkreisen gelten für Jäger ab dieser Woche neue Regelungen bezüglich der ASP-Prävention. Mit den ASP-Fällen im Kreis Meißen in Sachsen ist die Tierseuche dichter an die Grenzen des Freistaats gerückt. Künftig müssen die Jagdausübungsberechtigten verendet aufgefundene Wildschweine sowie jedes krank erlegte Wildschwein unverzüglich unter konkreter Angabe des Fund- bzw. Erlegungsortes bei den Veterinärämtern anzeigen. Bisher galt dies als Empfehlung, wurde in der Praxis aber schon so gehandhabt. Laut dem zuständigen Sozialministerium werde je nach Maß der aktiven Beteiligung eine Meldung mit bis zu 75 Euro Aufwandsentschädigung belohnt.


Thüringen Flagge

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Wildmarke und blutproben

Weil die Landesgrenze in Ostthüringen nur 100 km von Meißen entfernt liegt, gilt in allen Kreisgebieten östlich der A9 zusätzlich eine Untersuchungspflicht. Laut den Allgemeinverfügungen der Kreise Altenburger Land und Greiz, der Stadt Gera und dem Saale-Orla-Kreis müssen alle gesund erlegten Wildschweine unverzüglich mit einer Wildmarke gekennzeichnet sowie Blutproben für die ASP-Untersuchung entnommen werden. Sämtliche nicht für die Lebensmittelgewinnung verwendete Reste des Tierkörpers sind zu entsorgen. Dafür stellen die Landkreise Tonnen bereit.

Sozialministerin Heike Werner rief „alle Bürgerinnen und Bürger, insbesondere Jägerinnen und Jäger, Landwirtinnen und Landwirte, Tierärztinnen und Tierärzte, aber auch Spaziergängerinnen und Spaziergänger in Thüringen auf, jedes verendet aufgefundene Wildschwein unter möglichst genauer Angabe der Fundstelle unverzüglich beim örtlich zuständigen Veterinäramt zu melden“.

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Thüringer Kulap: Zwei wacklige Säulen

Die GAP-Verordnungen sind in Verzug. TBV-Präsident Klaus Wagner kritisiert, dass es für das Thüringer Kulap noch keinen Entwurf gibt. Dieses muss den Landwirten attraktive Angebote machen, so seine Forderung.

Der Thüringer Bauernverband (TBV) sieht die Verzögerungen bei der Verabschiedung der GAP-Verordnungen mit großer Sorge. Bundesumwelt- und Bundesagrarministerium streiten noch immer über die Ausgestaltung der Konditionalität, also jener Maßnahmen, die für alle Landwirte in der Ersten Säule verpflichtend sein werden. Verschärfungen, wie sie das Bundesumweltministerium einfordert, seien nicht zu akzeptieren, sagte TBV-Präsident Dr. Klaus Wagner dieser Zeitung: „Hier sind Augenmaß und das Anwenden der Optionen und Ausnahmen, die Brüssel vorgegeben hat, dringend geboten.“

Die Landwirte würden mit der GAP ab 2023 rund 100 €/ha verlieren. Die vorgeschlagenen Prämienhöhen für die Ökoregeln (Eco Schemes) blieben hinter den Erwartungen zurück. Geld verdiene damit kein Landwirt. Unterm Strich laufe es darauf hinaus, dass es immer weniger Geld für immer mehr öffentliche Leistungen gibt.

Thüringer kulap: Chaos bei Anträgen?

Daneben liege noch immer kein Entwurf zum Thüringer Eler-Programm und mit ihm zum Kulap vor. „Wir fordern, dass die Programme fristgerecht vorgelegt werden. Ansonsten ist ein Chaos bei der Antragstellung im kommenden Jahr unausweichlich“, warnt der TBV-Präsident.

Auch wenn Thüringen ab 2023 in der Zweiten Säule pro Jahr 12 Mio. Euro weniger zur Verfügung stehen, fordert Wagner ein attraktives Kulap für die Landwirte ein, das sich an dem bisherigen orientiert. „Was nicht passieren darf, ist eine Kannibalisierung der Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen in der Zweiten durch die Ökoregeln der Ersten Säule.“ Wagner ist fest überzeugt davon, dass die Ökoregeln nur umgesetzt werden können, wenn sie durch Kulap-Maßnahmen ergänzt werden.

Klaus Wagner
Klaus Wagner (c) TBV

Als Beispiel nennt er die Ökoregel „Anbau vielfältiger Kulturen mit mindestens fünf Hauptfruchtarten“ samt Leguminosenanteil von mindestens zehn Prozent. Die dafür vorgeschlagenen 30 €/ha seien nicht zu akzeptieren. „Wir fordern, dass wir in Thüringen wie bisher auch eine mehrjährige Fruchtfolgemaßnahme im Kulap haben, die an die Ökoregel andockt.“

Ein anderes Beispiel ist das extensive Dauergrünland mit vier Kennarten: „Zwar soll diese Ökoregel mit einer höheren Prämie als der, die wir in Thüringen kennen, ausgestattet werden. Unabhängig davon brauchen wir aber weitere Kulap-Maßnahmen für die Grünlandbewirtschafter und -nutzer.“ Und das nicht zuletzt deshalb, weil die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten ab 2026 drastisch eingekürzt werden soll: „Hier erwarten wir deutliche Verluste, die die Erste Säule nicht auffangen wird.“ Als weiteres Beispiel, was das Kulap leisten müsse, nennt Wagner eine Honorierung der Thüringer Gewässerrandstreifen. „Warum“, fragt er, „können wir dort keine mehrjährigen Blühstreifen anlegen?“

Vertragsnaturschutz: „zuvor die Landwirte fragen“

Als notwendig erachtet er zudem, dass der Vertragsnaturschutz, gerade der auf dem Ackerland, künftig nicht nur deutlich bessere Konditionen bereithält, sondern auch der Zugang vereinfacht wird. „Wenn die Umweltministerin im Landtag beklagt, dass zu wenige Landwirte mitmachen, sollte man vielleicht mal die Programme überprüfen. Und zuvor die Landwirte fragen“, schlägt Wagner vor.


Thüringen Flagge

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Forschen mit Praktikern

Neben einem starken Kulap erwartet Wagner, dass auch in Zukunft die Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Verarbeitung und Wissenschaft gefördert wird. „In Ermangelung angewandter Forschung bei gleichzeitig riesigen Herausforderungen, die auf die Landwirtschaft zukommen, werden diese Innovationsprojekte immer wichtiger.“

Auch die Förderung von Agrarinvestitionen muss das nächste Eler wieder ermöglichen. Klar sei, dass der Umbau der Tierhaltung nicht vom Land gestemmt werden könne. Hier müssten Bundesmittel fließen. „Wir stehen vor einer Reihe nicht produktiver Investitionen, die etwa Folge der TA Luft oder der Tierschutztransportverordnung sind. Hier fordern wir die Unterstützung des Landes ein.“

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Auszeige im Wald: Wer muss weichen?

Auf die Auszeige im Wald zu verzichten, wird mittlerweile zum Trend. Trotzdem ist sie unverzichtbar, um die Waldentwicklung in die gewünschte Richtung zu steuern – und die beste Möglichkeit, den eigenen Wald kennenzulernen.

Von Bernhard Henning, Gmünd


Die Auszeige ist in den letzten Jahren in vielen Forstbetrieben, aber auch bei bäuerlichen Waldbesitzern zu einer vergessenen Kunst geworden. Zeitmangel, immer größer werdende Reviere und mangelndes Fachwissen führten dazu, dass man auf die Auszeige gänzlich verzichtet oder sie dem Harvesterfahrer überlässt.

Blick in eine Baumkrone
Der Blick nach oben gibt Auskunft über die Konkurrenzsituation im Bestand. © Bernhard Henning

Dabei setzt die Auszeige den waldbaulichen Plan um und ist daher entscheidend, wie sich ein Bestand weiterentwickelt. Oder anders formuliert: einige Stunden für die Auszeige sollte man bereits sein zu opfern, wenn es um die langjährige Zukunft eines Bestandes geht.

Keine Auszeige ohne Plan

Bevor man sich an die Auszeige macht, sollte entschieden werden welche waldbaulichen Ziele mit der Maßnahme umgesetzt werden sollen. Neben Förderung der Verjüngung oder Regulierung der Baumartenmischung gehören zwei Zielsetzungen zu jeder erfolgreichen Maßnahme im Wald:

Gelingen kann das, indem man sorgsam die Bäume auswählt, die im Bestand verbleiben sollen, sowie eine Eingriffstärke wählt, die einerseits stark genug ist, um von den verbleibenden Bäumen Konkurrenzdruck zu nehmen, und gleichzeitig nicht die Stabilität des Bestandes gefährdet.

Waldbauliche Zielsetzungen der Auszeige

Es gibt eine Reihe von Zielen, abhängig vom Bestandeszustand und den Wünschen des Waldbesitzers, die man durch die Auszeige und eine nachfolgende Durchforstung umsetzen kann.

Förderung der Verjüngung: Sie kommt vor allem in älteren Beständen (ab 80 Jahren) zum Einsatz, durch die Schlägerung soll die Naturverjüngung eingeleitet werden bzw. die bestehende Verjüngung gefördert werden. Ein zu starker Eingriff (Kahlschlag) führt jedoch zur Förderung von Konkurrenzvegetation wie Sträucher und Gräser.

Förderung von Mischbaumarten: Vor allem in standortfremden Fichtenbeständen sollen in den Bestand eingesprengte Mischbaum arten gefördert werden, um den Bodenzustand sowie die Bestandesstabilität zu verbessern. Am geeignetsten sind hierfür Bäume mit einer leicht zu zersetzenden Blattstreu wie Birken, Eberesche, Pappel oder Salweide.

Lichtungszuwachs: Durch die Schlägerung von Bäumen verfügen die verbleibenden Bäume über einen besseren Zugang zu Wasser, Nährstoffen und Licht, was sich in einem verstärkten Wachstum wiederspiegelt. Diesen Effekt nennt man Lichtungszuwachs. Sichtbar ist dieser auch an den Jahrringen.

Verbesserung der Bestandesstabilität: Um die Bestandesstabilität zu verbessern, muss die Stabilität des Einzelbaums vergrößert werden. Ein wichtiges Merkmal ist hierfür die Kronenlänge. Eine gesunde Krone kann ein Baum nur entwickeln, wenn er über ausreichend viel Wuchsraum verfügt. Um die Bestandesstabilät zu verbessern, ist es notwendig, schon früh (ab Alter 20) zu durchforsten und Konkurrenzbäume zu entfernen.

Fichtenbestand

Fichtenbestand vor einer Durchforstung. © Bernhard Henning

Fichtenbestand bei Schnee

Fichtenbestand nach einer Durchforstung. Der Eingriff war stark genug, um den verbleibenden Bäumen ausreichen Wuchsraum zu geben und gleichzeitig die Bestandesstabilität nicht zu gefährden. © Bernhard Henning

Zukunftsbäume mit der Auszeige fördern

Die Bäume, die im Bestand verbleiben und die Zuwachsträger sind, werden Z-Bäume oder Zukunftsbäume genannt. Von diesen Baumindividuen wird aufgrund ihres aktuellen Erscheinungsbildes erwartet, dass sie wertvolle Stämme bilden. Die typischen Merkmale eines Z-Baumes sind:

EXTRAWISSEN
Auszeige; Auszeichnen, Hiebsauszeichnung (österr.), Schlagauszeige: Markieren von Einzelbäumen oder Flächen (Schlagauszeige) für die Holzernte oder von Zukunftsbäumen zwecks besonderer Förderung.

Um diese Bäume zu fördern, sollen mögliche Konkurrenten entfernt werden. Allerdings ist nicht jeder Baum, der in der Nähe eines Z-Baums steht, ein tatsächlicher Konkurrent. Bäume, die nicht in die Krone oder nur bis in den unteren Teil der Krone eines Z-Baums drängen, stellen keine Konkurrenz dar und können daher im Bestand verbleiben. Lange Zeit war es üblich, die Z-Bäume im Bestand auszuzeigen. Der Nachteil dieser Methode ist aber der hohe Arbeitsaufwand, da nahezu jeder Baum auf seine Tauglichkeit als Z-Baum überprüft werden muss. Oft ist man bei der Auszeige auch zu zögerlich, einem Baum tatsächlich den Rang eines Z-Baums zu verleihen. Der größte Nachteil der Z-Baummethode ist aber, dass man kommende Ereignisse nicht vorhersehen kann und nicht weiß, ob der auserwählte Z-Baum in den kommenden Jahrzehnten nicht doch Opfer von Wind, Käfer, Schnee oder Blitzschlag wird.

Alter und junger Fichtenbestand
Instabiler Fichtenbestand mit hohen h/d-Werten. Die Kronenlängen einiger Bäume sind ebenfalls bedenklich. In diesem Bestand hätte schon vor längerer Zeit eine Durchforstung durchgeführt werden sollen, der nächste Eingriff muss aber schonend werden, um die Bestandesstabiliät nicht weiter zu verschlechtern. © Bernhard Henning

Die schlechten ins Kröpfchen

Daher erscheint es praktikabler, die Bäume auszuwählen, die aus dem Bestand ausscheiden sollen, da sie über eine schlechte Qualität verfügen. Eine schlechte Qualität äußert sich durch:

Baum mit Verletzungen an der Rinde
Bäume mit sichtbaren Verletzungen an Rinde oder Wurzel müssen aus dem Bestand ausscheiden. © Bernhard Henning

Stabilität und Vitalität

Die Stabilität eines Baumes ist auf seine Vitalität zurückzuführen, und diese ist am leichtesten am Kronenzustand erkennbar. Geringe Kronenlängen (weniger als 20 % der Baumlänge) weisen darauf hin, dass der Baum von anderen Bäumen stark bedrängt wird und sich dieser Konkurrenz nicht erwehren kann. Kronenverlichtungen, Verfärbungen der Blätter oder nicht gleichförmig ausgebildete Kronen sind Zeichen für Erkrankungen und eine geringe Vitalität. Bäume mit schlechten Kronen müssen daher aus dem Bestand ausscheiden.

In Laubwäldern findet daher die Auszeige am besten im Frühjahr statt, um den Kronenzustand richtig beurteilen zu können. Durch Witterungsverhältnisse (trockene Sommer, kalte Herbste mit Frühfrost) kann der Kronenzustand beeinflusst werden und zu einer Fehleinschätzung führen. Ein weiterer Indikator für die Stabilität eines Einzelbaums ist das Höhen-Durchmesser-Verhältnis (h/d-Wert). Je größer dieser Wert ist, desto instabiler ist der Baum einzustufen. In gleichaltrigen Beständen mit geringer Durchmesserverteilung sind die h/d-Werte sehr ähnlich, daher ist es nicht notwendig, für jeden Baum den h/d-Wert zu berechnen. Bestände – bestehend aus Bäumen mit hohen Werten – sind meist ein Resultat von fehlender Pflege. Der h/d Wert wird berechnet, indem man die Höhe in cm durch den Durchmesser in cm dividiert.

Natur bewirtschaften heißt Natur zulassen

Eingriffe, bei denen bis zu 25 % der Stämme entnommen werden, sind als pfleglich und schonend einzustufen. Bei der Auszeige sollte man sich nicht an starren Vorgaben orientieren. Weder ist es förderlich, eine Mindestanzahl von Z-Bäumen zu definieren, noch eine bestimmte Mischungsregulierung verschiedener Baumarten vorzugeben. In stark ungepflegten Beständen kann es durchaus passieren, dass nur noch 50 Z-Bäume pro Hektar verbleiben. Ebenso sind die Mischungsverhältnisse im Naturwald von vielen verschiedenen Faktoren (Kleinklima, Samenverfügbarkeit verschiedener Baumarten, Vorhandensein von Parasiten und Schädlingen, Witterung) abhängig. Eine fixe Vorgabe, dass ein Bestand z. B. zu 50 % aus Fichte, zu 30 % aus Tanne und zu 20 % aus Buche bestehen muss, ist eine gedankliche Vorwegnahme der Realität. In der modernen Waldwirtschaft werden Bestände nicht mehr „erzogen“, vielmehr wird das Potenzial der Natur erkannt, gefördert und genutzt.

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Farm-Management: Durchblick auch bei bunter Flotte

Das Telemetriesystem eines jungen Unternehmens ermöglicht ein herstellerunabhängiges Farm-Management. Frei zugängliche Daten der Landmaschinen werden mit Informationen von eigener Hardware ergänzt.

Von Wolfgang Rudolph

Auf einem sieben Hektar großen Schlag im Gebiet der Einheitsgemeinde Osternienburger Land (Sachsen-Anhalt) bereitet Gunnar Fietz mit einem Challenger MT 865C und angehängtem Horsch Tiger 6 AS den Acker für die Rapsaussaat vor. Eigentlich kein ungewöhnlicher Vorgang im Herbst. Und doch gibt es eine Besonderheit. Diese erkennt man jedoch nur, wenn man weiß, wo sie steckt – in einer am Seitenfenster der Schlepperkabine angehefteten schwarzen Kunststoffbox, von der ein Kabel zum Diagnosestecker führt, und in dem deutlich kleineren Metallkästchen am Grubbergestell. Diese Geräte befinden sich ebenso an dem Gespann aus John Deere 8320R und Kverneland-Drillkombination Accord, das auf dem Nachbarfeld seinen Job abarbeitet.

Farm-management: digitale Plattform exatrek

Es handelt sich um Hardwarekomponenten der EXA Computing GmbH. Das 2017 gegründete Unternehmen mit Sitz in Hamm hat die digitale Plattform exatrek entwickelt. Auf ihr lassen sich nach eigenen Angaben jegliche Landmaschinen vom Traktor über den Drescher, Häcksler und Radlader bis zum Unimog und PistenBully als auch Anbaugeräte aller Art unabhängig von Hersteller, Modell und Baujahr als Flotte managen.

Die Agrargesellschaft Wulfen mbH, zu deren Technik die oben beschriebenen Gespanne gehören, testet gegenwärtig das System.

Steigender Aufwand für Dokumentation

DieAufzeichnung der Fahrspuren zeigt den aktuellen Stand bei der AbarbeitungeinesJobs an, hier das Grubbern für die Saatbettbereitung.
Die Aufzeichnung der Fahrspuren zeigt den aktuellen Stand bei der Abarbeitung eines Jobs an, hier das Grubbern für die Saatbettbereitung. (c) Carmen Rudolph

ie Agrargesellschaft ist mit einer Ackerfläche von rund 3.000 ha und 20 Mitarbeitern der größte Landwirtschaftsbetrieb der Wimex-Gruppe (siehe Kasten). Vom Standort Wulfen aus werden weitere Betriebe in Sachsen-Anhalt verwaltet, die vornehmlich Getreide für die Wimex-Mischfutterwerke produzieren, und Lohnleistungen über das gesamte Spektrum pflanzenbaulicher Verfahren im Gesamtumfang von mehreren Tausend Hektar erbracht.

Entsprechend umfangreich und vielfarbig ist der Technikpark. „Der Aufwand für die Dokumentation und Abrechnung der Aufträge ist enorm und hat in den vergangenen Jahren, unter anderem durch die verschärfte Düngegesetzgebung, deutlich zugenommen“, sagt Prokurist Frank Krüger.

Die unterschiedlichen Telemetriesysteme der Landmaschinenhersteller seien hier wegen der abweichenden Funktionsumfänge aber nur bedingt hilfreich. „Streckenweise muss die Übergabe der Daten zum Einpflegen in die betriebliche Software dann doch analog erfolgen“, berichtet der 38-jährige studierte Landwirt aus der Praxis. Als Beispiel nennt er das Düngen. Demnach fahren die drei Streuer des Betriebes im Frühjahr im Schichtbetrieb. Wer, wo und wie viel Dünger ausgebracht hat, lese der Bereichsleiter bisher am nächsten Morgen in den schriftlichen Protokollen der Mitarbeiter.

Wichtig sei eine zeitnahe Erfassung und Aufbereitung der Daten, etwa zum Kraftstoffverbrauch oder zu den Arbeits- und Wartezeiten, aber nicht nur für die Auftragskontrolle, sondern ebenso für die exakte Verrechnung der Lohnarbeiten. „Gegenwärtig geschieht das noch mit Durchschnittskostensätzen. Die nützen wenig, wenn man Arbeitsabläufe optimieren will. Dafür braucht man die tatsächlichen Kosten, die bei den konkreten Bedingungen entstehen“, so Krüger.

Auch Investitionsentscheidungen ließen sich qualifizierter treffen, würde man beispielsweise auf Knopfdruck erfahren, welche Flächenleistung die unterschiedlichen Maschinen übers Jahr erreicht haben und in welchem Maße sie dafür ihre verfügbare Motorleistung ausschöpften.

Farm-management: Bereitstellung aller Prozessdaten

Zu den Besonderheiten der Pflanzenproduktion in der Wimex-Gruppe gehört eine langjährige Tradition auf dem Gebiet des Precision Farming.

Bereits Mitte der 1990er-Jahre beschäftigten sich Mitarbeiter erstmals mit GPS-gestützter Kartierung von Feldgrenzen und Ertragsprognosen auf der Grundlage von Luftbildern. Smarte Anwendungen, wie die Grunddüngung mit Einsatz von N-Sensoren oder die teilflächenspezifische Aussaat, gehören heute zum Standard. Zudem verfügt das Beteiligungsunternehmen iXMAP über Expertise bei der Entwicklung von Farm-Management-Informations-Systemen (FMIS). „Was uns noch fehlte, war eine Plattform, die es ermöglicht, die Prozessdaten wirklich aller Landmaschinen in einheitlicher Form und mit hoher Zuverlässigkeit für die weitere Aufarbeitung in unserem FMIS bereitzustellen. Mit exatrek haben wir hierfür nun einen Partner gefunden“, begründet Frank Wiedenroth von iXMAP die Kooperation.

Dieexatrek-Plattform bietet am Bürorechner oder auf dem Smartphone neben dem Maschinentracking eine umfassende Dokumentation.
Die exatrek-Plattform bietet am Bürorechner oder auf dem Smartphone neben dem Maschinentracking eine umfassende Dokumentation. (c) Carmen Rudolph

Ergänzende Informationen

Frank  Wiedenroth, iXmap, Business  Development  Manager.
Frank Wiedenroth, iXmap, Business Development Manager. (c) Carmen Rudolph

Die Hardware-Grundlage dafür bilden Module in den Kabinen der mobilen Arbeitsmaschinen und an den Anbaugeräten sowie optional als Schlüsselanhänger zur Identifizierung der Fahrer. Die als T2-Telemetriemodul bezeichnete Komponente im Cockpit geht bei Start des Fahrzeuges automatisch in den Betrieb und ist über ein Kabel mit dem Isobus-Port bzw., wenn dieser nicht vorhanden ist, mit der Diagnoseschnittstelle für Werkstätten (CAN-Bus nach J1939-Standard) verbunden.

Die dauerhaft an den Anbaugeräten befestigten sogenannten Beacons wiederum senden beim Ankoppeln an die Maschine per Bluetooth ein Signal mit Informationen über Art, Arbeitsbreite und Werkzeugausstattung des Gerätes an das jeweilige T2-Modul in der Kabine. Die etwa streichholz-schachtelgroßen Beacons arbeiten energiesparend (Bluetooth 4.0 Low Energy), sind mit einer langlebigen Batterie (5 Jahre Betriebszeit) ausgestattet und müssen ebenfalls nicht gesondert eingeschaltet werden.

„Unsere T2-Module haben einen eigenen GPS-Empfänger. Liefert aber der Schlepper vom Isobus-Terminal ein präziseres Signal, wird dieses genutzt und zusammen mit allen verwertbaren Daten der angezapften Schnittstellen als auch der Kennung des mit der Maschine verbundenen Anbaugerätes im zeitlichen Abstand von zwanzig Sekunden mittels Multi-SIM-Karte zum Server übermittelt“, beschreibt exatrek-Produktmanager Frederik Witte die Funktionsweise.

Im Falle eines ISOXML-Transfers betrifft das neben den Parametern der Antriebsmaschine sämtliche Daten der Isobus-Anwendungen bis hin zu den vom NIR-Sensor ermittelten Inhaltsstoffen der Gülle im Fass, deren pH-Wert nach Ansäuerung (SyreN-System von Bio-Cover A.S.) oder der gemessenen Windgeschwindigkeit am Spritzgerät.

Bei Nutzung der CAN-Bus-Schnittstelle am Diagnosestecker enthält der Datenstrom in die Cloud-Infrastruktur von exatrek die Maschinendaten (Geschwindigkeit, Zapfwellendrehzahl, Kraftstoffverbrauch, Motorauslastung etc.) plus der vom T2-Modul selbstständig ermittelten Position (GPS) und der daraus abgeleiteten Fahrgeschwindigkeit sowie der vom Beacon bereitgestellten Daten des Anbaugeräts, was bei Isobus-Fähigkeit des Gerätes auch alle auf diesem Standard erhobenen Informationen, etwa zu Düngermengen oder Ernteerträgen, beinhaltet. Hinzu kommt bei Nutzung eines Schlüsselanhänger-Beacon der Name des Fahrers beispielsweise für die Arbeitszeiterfassung oder für den Nachweis von Berechtigungen beim Pflanzenschutz.

Auch wenn ein Fahrzeug über keinerlei Datenschnittstellen verfügt, wie das beispielsweise bei MB-tracs der Fall ist, liefert die exatrek-Plattform zumindest den aktuellen Standort und Bewegungsablauf der Maschine mit automatischer Straße-Feld-Erkennung sowie die von den Beacon-Modulen eingesammelten Informationen.

Fahrer Gunnar Fietz nutzt die Kommentarfunktion in der exatrek-App, um Mitarbeiter auf Besonderheiten der Fläche, etwa einen Feuchtbereich, aufmerksam zu machen.

Fahrer Gunnar Fietz nutzt die Kommentarfunktion in der exatrek-App, um Mitarbeiter auf Besonderheiten der Fläche, etwa einen Feuchtbereich, aufmerksam zu machen. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Carmen Rudolph

Verschiedene Ausführungen von T2-Telemetriemodulen (links) und Beacons (rechts) zur Datenerfassung für die digitale Plattform von exatrek. Zur Überbrückung von Funklöchern verfügt die T2-Hardware über einen internen Speicher mit einer Kapazität von 4 GB.

Verschiedene Ausführungen von T2-Telemetriemodulen (links) und Beacons (rechts) zur Datenerfassung für die digitale Plattform von exatrek. Zur Überbrückung von Funklöchern verfügt die T2-Hardware über einen internen Speicher mit einer Kapazität von 4 GB. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Carmen Rudolph

Steckbrief Wimex-Gruppe

Das Akronym Wimex steht für Wagner Im- und Export. Der landwirtschaftliche Familienbetrieb wurde 1985 in Regenstauf bei Regensburg gegründet und beschäftigt aktuell etwa 1.300 Mitarbeiter. Kernkompetenz ist die Aufzucht und Vermehrung von Großeltern- und Elterntieren für die Geflügelproduktion.

Die Rohstoffe für die Futtermittel stammen aus dem Anbau in eigenen Agrarbetrieben in Sachsen-Anhalt mit zusammen mehreren Tausend Hektar Ackerfläche. Zum Wimex-Geschäftsbereich Obst und Gemüse gehören der Freilandanbau von Gemüse am Rand der Magdeburger Börde, ein Hightech-Gewächshauskomplex in Osterweddingen (Besonderheit: Produktion von klimapositiven Gurken) sowie Handel und Kommission von Obst und Gemüse aus dem Ausland.

Auf seinen Liegenschaften betreibt das Unternehmen Bio-, Solar- und Windenergieanlagen und ist auf dem Gebiet des Energie- und Ressourcenmanagements tätig. Das auf die Entwicklung digitaler Lösungen für unternehmerische Kunden in der Agrarbranche spezialisierte Unternehmen iXmap mit Sitz in Regenstauf ist ein Tochterunternehmen der zur Wimex-Gruppe gehörenden geokonzept-Gruppe.

Vielfältige Management-Anwendungen

Man muss kein Software-Spezialist sein, um zu ahnen, dass sich beim Farm-Mmanagement herstellerübergreifend ein umfassender Datenpool ansammelt. Da alle erhobenen Werte in einem einheitlichen Modus bereitstehen, bilden sie nicht nur die Grundlage für die auf dem Bürorechner oder als App auf mobilen Geräten nutzbaren exatrek-Programme für das Flottenmanagement und die Feldverwaltung, mit der sich Kosten, Arbeitszeit, Applikations- und Erntemengen schlagbezogen summieren und auf Karten darstellen lassen.

Die Werte stehen auch für die weitere intelligente Verknüpfung in externen FMIS zur Verfügung. Vereinbarungen gibt es hierzu mit 365Farm-Net, agrirouter, MyDataPlant und jetzt auch iXmap.

In die von der Agrargesellschaft Wulfen genutzte Farm-Management-Software der Wimex-Beteiligung iXmap fließen gegenwärtig Daten von zehn Traktoren und Erntemaschinen sowie von 40 Anbaugeräten und einige Mitarbeiterkennungen ein.

Die Tests verlaufen nach Aussage von Digitalexperte Wiedenroth erfolgreich. „Wir konnten damit bereits einige Optimierungen in den Bereichen Mähdrusch und schwere Bodenbearbeitung einleiten“, bestätigt Landwirt Krüger.

Die Anbaugeräte-Beacons senden die Maschinenkennung an das T2-Telemetriemodul in der Fahrerkabine des Schleppers. Die neueren Ausführungen werden mit einem starken Magnet angeheftet.

Die Anbaugeräte-Beacons senden die Maschinenkennung an das T2-Telemetriemodul in der Fahrerkabine des Schleppers. Die neueren Ausführungen werden mit einem starken Magnet angeheftet. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Carmen Rudolph

Das T2-Telemetriemodul wird für einen optimalen Funkkontakt am besten an die Seitenscheibe des Traktors geheftet.

Das T2-Telemetriemodul wird für einen optimalen Funkkontakt am besten an die Seitenscheibe des Traktors geheftet. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Carmen Rudolph

Frank Krüger, Prokurist, Agrargesellschaft Wulfen mbH, erhofft sich von der Einbeziehung der exatrek-Plattform in das Farm-ManagementSystem von iXmap Erleichterungen bei der Dokumentation und bei der Optimierung von Betriebsabläufen.

Frank Krüger, Prokurist, Agrargesellschaft Wulfen mbH, erhofft sich von der Einbeziehung der exatrek-Plattform in das Farm-Management-System von iXmap Erleichterungen bei der Dokumentation und bei der Optimierung von Betriebsabläufen. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Carmen Rudolph

Übersicht zu den Flächen und Kulturen der Agrargesellschaft Wulfen im FMIS von iXmap. Hier fl ießen jetzt auch die Daten der exatrek-Plattform ein.

Übersicht zu den Flächen und Kulturen der Agrargesellschaft Wulfen im FMIS von iXmap. Hier fließen jetzt auch die Daten der exatrek-Plattform ein. [Um alle Bilder der Galerie zu sehen, auf die Pfeile links und rechts klicken.] (c) Carmen Rudolph

Besondere Bedeutung bei der Entwicklung neuer smarter Farming-Anwendungen messen iX-map und exatrek der jüngst vereinbarten Kooperation mit Kleffmann Digital RS bei. „Damit erhalten wir Zugang zu modernster Satellitentechnologie für die Erstellung von Applikationskarten. Und diese Karten für eine präzise feldbereichsgenaue Aussaat und Kulturführung lassen sich ja über das T2-Telemetriemodul in das Isobus-Terminal des Traktors oder der Erntemaschine laden“, freut sich Wiedenroth auf die Zusammenarbeit.

FAZIT

Das hersteller- und markenunabhängige System exatrek liefert vollautomatisch Informationen wie: Maschinenstandorte, Arbeits-, Warte- und Leerlaufzeiten sowie den Kraftstoffverbrauch. Damit ist eine schlagspezifische Dokumentation und Abrechnung möglich. Eine Navigationsapp ergänzt das Farm-Management-System.

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Agrar eG Teichel: Regionale Lösung in Aussicht

Bei der Agrargenossenschaft Teichel eG wird sich aktuell bemüht regionale Lösungen zu finden. Trotz der laufenden Gespräche konnte die Ernte problemlos durchgeführt werden und auch der Zuchtviehverkauf läuft gut. Sorgen machen aktuell nur die laufenden Tiefbauarbeiten.

Von Frank Hartmann

„Wir sind auf einem sehr guten Weg, für die Agrargenossenschaft eine regionale Lösung zu finden.“ Dazu würden zurzeit intensive und zielorientierte Gespräche geführt. Dies erklärte zu Beginn letzter Woche der Erfurter Rechtsanwalt Ralf Rombach, der für die Agrargenossenschaft Teichel als Insolvenzverwalter bestellt worden war. Wie wir an dieser Stelle berichteten, lief und läuft der Geschäftsbetrieb uneingeschränkt weiter.

Rombach informierte weiter, dass im eröffneten Insolvenzverfahren weitere Acker- und Grünflächen hinzugewonnen werden konnten. Möglich sei dies durch die spontane Bereitschaft der Deutschen Kreditbank AG (DKB), den Kaufvertrag im Wege der Gewährung eines Massedarlehens zu finanzieren. Dies sei nicht üblich, sondern eine Geste der Bank zur Erhaltung der Agrargenossenschaft. „Die Ankaufsmöglichkeit weiterer Flächen zeigt, dass die Region hinter der Agrargenossenschaft steht und der Geschäftsbetrieb vollumfänglich fortgeführt wird“, betonte Rombach. Dass die Ernte ohne große Probleme durchgeführt und zufriedenstellende Ergebnisse erzielt wurden „war nur möglich, weil alle zusammengehalten und mitgezogen haben“.

Zuchtviehverkauf läuft gut

Weiter lief in den vergangenen Wochen auch das Geschäft mit den Mutterkühen. Zufrieden kehrte Herdenmanager Jens Schmidt von der Bundesschau der Deutschen Charolais Züchter im hessischen Alsfeld zurück. Für „Dargo“, den Dandy-Sohn, gab es einen 1c-Preis, für „Madel“, eine Jaguar-Tochter, gab es eine 1b-Wertung. Beide Tiere sind eigene Nachzuchten aus französischen Besamungsbullen.

Der Zuchtviehverkauf laufe aktuell ganz gut. Acht Tiere, neben Absetzern auch tragende Färsen, sind bereits verkauft. Sie gehen nach Norddeutschland, Sachsen und Hessen. Für weitere fünf liegen Anfragen vor, darunter aus Österreich.

Für die 13 Mutterkuhherden neigt sich nun die Weidesaison ihrem Ende entgegen. Mitte November beginnt der Abtrieb, allen voran für die Abkalber. Die Futtersituation war sehr gut, was sich an den „entspannten“ Weidewechseln bemerkbar machte. Zum Ende dieser Saison weideten die Herden das üppige Grünland aber nicht mehr zur Gänze ab. Vorstand Stefan Blöttner plant jetzt auf den verbliebenen Flächen doch noch mal einen Schnitt, statt nur zu mulchen. „Die Futterqualität ist für Mitte November immer noch passabel. Die Ballen werden wir in Folie wickeln und sowohl für das Gatterwild, das gut damit zurechtkommt, als auch für die Mutterkühe reservieren.“

Herdenmanager Jens Schmidt (M.) war zur  Charolais-Bundesschau nach Alsfeld gereist.
Herdenmanager Jens Schmidt (M.) war zur Charolais-Bundesschau nach Alsfeld gereist. (c) Agrargenossenschaft Teichel eG

Gut 110 Wildtiere überwintern auf ihrem 16 ha großen Areal. Neben Grünland stehen dem Rot- und Damwild auch Eichen und andere Laubbäume zur Verfügung. Diese Art des Gatterbewuchses aus Bäumen, Sträuchern und Grünland verleiht den Tieren den Qualitätsstaus „wie frei lebendes Wild“, was sich noch einmal von den übrigen Gatterwildhaltungen abhebt.

Das Fleisch kann regional in den Hofläden der Genossenschaft erworben werden. Vor allem die Wildsalami und die Wildknackwurst sind der Renner im Hofladen. Aber auch Wildgulasch und sogar Wildrouladen gibt es für Wildliebhaber.


Im August beginnt Marie George, hier mit Vorstand Stefan Blöttner, ihre Ausbildung in Teichröda.

Agrargenossenschaft Teichel eG

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Viele Niederschläge

Gedrillt wurde in der Agrargenossenschaft noch bis Anfang November. Bis auf drei Teilstücke mit knapp 25 ha ist der Weizen nun im Boden. So gut die vielen Niederschläge waren, so häufig unterbrachen sie in diesem Herbst die Bestellarbeiten.

Geordert ist der Dünger für den Raps. „Mit Blick auf die Stickstoffpreise werden wir im Frühjahr stärker als üblich auf organische Düngung setzen. Unbenommen davon beobachten wir die Entwicklung, um gegebenenfalls doch noch einzukaufen.“

Neben den verbliebene 25 ha Herbstaussaat wird auf rund 200 ha eine Herbstfurche gezogen, zuvor Mist gestreut und Feldrandhygiene betrieben. Erstmalig wurde in diesem Jahr nahezu die gesamte Maisstoppel gemulcht. Als Präventivmaßnahme gegen den Maiszünsler war ein Flächenmulcher im Dauereinsatz.

Aufwuchsschäden entschädigen

Zur Baustelle für Blöttner entwickeln sich hoffentlich nicht die Tiefbauarbeiten auf den Flächen der Agrargenossenschaft. Dabei handelt es sich um das Verlegen einer Abwasserleitung, die ein Dorf mit der zentralen Kläranlage in Rudolstadt verbindet. Die ersten Arbeiten sind erledigt, erste Ackerflächen wurden wieder hergestellt. „In einem Fall zeigt sich nun eine Vernässung, die es vorher an dieser Stelle nicht gab.“

Blöttner geht davon aus, dass die Baustraße neben der Leitungstrasse zu einer massiven Versiegelung geführt hat. „Weil Baufolgeschäden nicht durch die Aufwuchsschäden gemäß des Nutzungsvertrages entschädigt werden, müssen wir jetzt verhandeln.“ An einer anderen Stelle geht es um Aufwuchsschäden durch „ungeplante“ Fahrspuren der Baufahrzeuge.

ie Agrargenossenschaft hofft, dass sich bei der Wiederherstellung der Flächen keine neue Baustelle aufmacht.
Die Agrargenossenschaft hofft, dass sich bei der Wiederherstellung der Flächen keine neue Baustelle aufmacht. (c) Frank Hartmann

„Bei den Entschädigungsrichtsätzen halten wir uns an den Thüringer Bauernverband, der diese schon vor Jahren erarbeitet hatte.“ Der Verband half auch mit rechtlicher Beratung. „Wir müssen uns jetzt intensiv mit der Wiederherstellung unserer Flächen beschäftigen. Allein auf Vertrauen zu setzen, das zeigen die Beispiele, reicht nicht.“

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Nährstoffe aus dem Stall

Beim Ausbringen flüssiger Wirtschaftsdünger nutzen die Landwirte hierzulande heute zumeist moderne, emmissionsärmere Verfahren. Mehr als zwei Drittel der Gesamtmenge sind flüssige Gärreste aus Biogasanlagen.

Rund 7,15 Mio. m3 flüssige Wirtschaftsdünger wurden im Zeitraum März 2019 bis Februar 2020 in Sachsen-Anhalt auf landwirtschaftlichen Nutzflächen (Acker- und Dauergrünland) ausgebracht. Den größten Anteil daran stellten flüssige Biogasgärreste mit 4,92 Mio. m3 oder fast 69 %. Dahinter folgt Gülle mit 2,15 Mio. m3 oder 30 %.

Davon kamen 1,59 Mio. m3 aus der Rinderhaltung (74 %) und knapp 554.000 t aus der Schweinehaltung (26 %). Andere Gülle und Jauche spielten mit einem Gesamtanteil von nur einem Prozent an den flüssigen Wirtschaftsdüngern lediglich eine untergeordnete Rolle. Das geht aus den Ergebnissen der Landwirtschaftszählung 2020 hervor, die das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt in Halle kürzlich veröffentlichte.

Größere Gesamtmenge aus mehr Betrieben

Umgerechnet auf die Fläche kamen durchschnittlich 6,2 m3 flüssige Wirtschaftsdünger auf einen Hektar Acker- bzw. Grünland. Damit lag Sachsen-Anhalt deutlich unter dem bundesweiten Mittel von 11,5 m3/ha. Insgesamt wurden in Deutschland 187,8 Mio. m3 flüssige Wirtschaftsdünger in dem genannten Zeitraum ausgebracht.

Gegenüber dem Vergleichszeitraum 2009/2010 sind hierzulande aber sowohl die Gesamtmenge an Flüssigdünger (+21 %) als auch die Anzahl der Betriebe (+29 %), die solche Düngemittel ausbrachten, angestiegen, so das Statistikamt weiter. 2019/2020 setzten landesweit rund 1.450 Betriebe flüssige Wirtschaftsdünger zur Nährstoffversorgung von Feldkulturen und Dauergrünland ein.

Zehn Jahre zuvor waren es etwa 1.100 Betriebe, die zusammen 5,9 Mio. m3 dieser Dünger ausbrachten, davon 2,4 Mio. m3 Rinder- und 1,2 Mio. m3 Schweinegülle, 2,0 Mio.m3 flüssige Gärreste sowie 300.000 m3 Jauche.

Während die Güllegesamtmenge in der betrachteten Dekade um knapp 40 % abnahm, wuchs die Gärrestmenge in gleicher Höhe. Das bedeutet, dass mehr flüssige Wirtschaftsdünger in der Biogasgewinnung verwertet wurden, ehe sie als Gärreste zur Düngung eingesetzt wurden.

Neben flüssigen kamen feste Wirtschaftsdünger in gut 1.500 hiesigen Landwirtschaftsbetrieben zum Einsatz. Die ausgebrachte Gesamtmenge belief sich 2019/2020 auf insgesamt rund 1,17 Mio. t, darunter 777.000 t Festmist (66 %), 297.000 t fester Gärrest (25 %) und 97.000 t Geflügeltrockenkot (8 %). Bundesweit wurden insgesamt 21,4 Mio. t fester Wirtschaftsdünger ausgebracht.


Trägerfahrzeug mit Gülleinjektor in Arbeitsposition
(c) Marvin Kreye

Gülleausbringung: Schleppschlauch oder Injektor?

Die Ablage von Gülle in Schlitzen im Bestand bringt mehr Ertrag beim Winterweizen als die streifenweise oberflächliche Gülleablage. Das ist das Ergebnis der Versuche einer ausgezeichneten Bachelorarbeit. mehr


Breitverteiler-Technik hat ausgedient

Die Techniken zur Ausbringung von Dünger haben sich in den zurückliegenden Jahren ebenfalls verändert. Während 2010 in Sachsen-Anhalt noch 36,6 % des flüssigen Wirtschaftsdüngers mit Breitverteilern auf Feldern und Wiesen verteilt wurden, sank dieser Anteil bis 2019/2020 auf 8,1 %.

Heutzutage kommen Maschinen mit Schleppschuhen und Schleppschläuchen, Schlitzverfahren oder Güllegrubber zum Einsatz, die ein emissionsärmeres Einbringen in die Böden ermöglichen. Fast die Hälfte (47,8 %) des Flüssigdüngers wurde in Sachsen-Anhalt im Vorjahr mittels Schleppschlauch appliziert.

Ebenfalls verringert hat sich die Einarbeitungszeit auf Stoppeln oder unbearbeiteten Flächen. 2010 wurden 60,2 % des flüssigen Wirtschaftsdüngers erst nach einer Stunde oder später eingearbeitet. Dieser Anteil verringerte sich bis 2019/2020 auf 16,4 %.

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Digitales Wassersparen

Das Projekt AgriSens Demmin 4.0 untersucht Fernerkundungstechnologien für die Digitalisierung der Landwirtschaft. Der Anwendungsfall „Bewässerung“ erforscht die ressourcenschonende Zusatzberegnung.

Von Dr. Julia Pöhlitz, Jan Lukas Wenzel, Thomas Piernicke, Hartmut Giermann

Der Wasserbedarf ist definiert als eine bestimmte Menge Wasser, die für jede Pflanze vorhanden sein muss. Dies ist aufgrund der zunehmend ungleich verteilten Niederschläge im Jahresverlauf nicht immer gegeben. Der Bewässerungsbedarf ergibt sich aus dem mengenmäßigen Defizit des pflanzenverfügbaren Wassers im Wurzelraum.

Die Bewässerungszeitpunkte werden sowohl durch die Rate der Wasserverteilung im Boden beeinflusst als auch durch die vorhergesagte Menge an Niederschlag innerhalb der folgenden Tage und durch die Fähigkeit der Pflanze, mit kurzeitigem Wasserstress umgehen zu können.

Vom Bewässerungsbedarf abzugrenzen ist die Bewässerungswürdigkeit. Diese ergibt sich aus den vorhandenen Kulturen und aus dem Wasserspeichervermögen des Bodens. Kennzeichnend ist die Beachtung von wirtschaftlichen Faktoren und natur- und umweltschutzspezifischer Aspekte.

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• Zuhause auf dem Land
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• Kugelschuss auf der Weide
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Das sind die Probleme

In Zeiten zunehmender extremer Witterungsereignisse erfordert das landwirtschaftliche Beregnungsmanagement eine genauere Planung der Beregnungsgänge bei gleichbleibenden Erträgen und konstanter Qualität. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der teilschlagspezifischen Beregnungsplanung. Unterschiedliche Beregnungsmengen sollen je nach den physikalischen und hydraulischen Bodeneigenschaften, dem Entwicklungsstand der Pflanze und den aktuellen meteorologischen Bedingungen innerhalb eines Schlages ausgebracht werden. Dies erfordert die Nutzung von vielfältigen Feldmessdaten und Tools zur effizienten Beregnungssteuerung unter Einbindung der praktischen Erfahrung und Expertise.

Zudem bedingt es für die Umsetzung einer optimal gestalteten Beregnung verlässliche Wetterdaten und einer möglichst genauen Wettervorhersage. Die Wetterdaten der nächstgelegenen Wetterstation können auch bei kleinräumiger Entfernung ungenau sein. Vor allem der Niederschlag kann lokal sehr variabel ausfallen, sodass der an der Wetterstation gemessene Niederschlag für den Schlag nicht repräsentativ ist.

Der „smarte Wettersensor“ der Firma Arable Labs. Neben allgemeinen meteorologischen Parametern (Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte, Strahlung) wird auch die Refl ektion von Licht in sieben Kanäle des spektralen Spektrums aufgezeichnet. Diese Kanäle stimmen mit den Aufnahmekanälen der gängigen Satelliten überein und können somit zur besseren Beurteilung räumlicher Phänomene dienen. Die Sensoren lassen sich mit Messgeräten erweitern.
Der „smarte Wettersensor“ der Firma Arable Labs. Neben allgemeinen meteorologischen Parametern (Temperatur, Niederschlag, Luftfeuchte, Strahlung) wird auch die Reflektion von Licht in sieben Kanäle des spektralen Spektrums aufgezeichnet. Diese Kanäle stimmen mit den Aufnahmekanälen der gängigen Satelliten überein und können somit zur besseren Beurteilung räumlicher Phänomene dienen. Die Sensoren lassen sich mit Messgeräten erweitern. (c) Thomas Piernicke

Bewässerung: Das ist der Ansatz

Das Verbundprojekt AgriSens Demmin 4.0 untersucht die Eignung von Fernerkundungstechnologien für die Digitalisierung in der Landwirtschaft anhand mehrerer, thematisch unterschiedlich gerichteter Anwendungsfällen den Bereichen Ertragsabschätzung, nachhaltige Bewirtschaftung, Steinerfassung und Bewässerung. Wir untersuchen innerhalb des Anwendungsfalls „Bewässerung“ die ressourcenschonende Anwendung von Zusatzberegnung zur Ertrags- und Qualitätssicherung, welche eine der größten landwirtschaftlichen Herausforderungen darstellt.

Damit wird modelliert

Der Anwendungsfall „Bewässerung“ verbindet aus Fernerkundungsdaten abgeleitete Informationen zur räumlichen Verteilung von Bodenparametern, in-situ-Messungen der Bodenfeuchte und kulturspezifischen Faktoren in Modellen, welche eine räumliche Verteilung des Bewässerungsbedarfs zum Ergebnis haben. Diese Modelle sollen die Grundlage für eine Implementierung von digitalen Prozessen in die Landwirtschaft und somit als Entscheidungshilfe dienen.

Das vorhandene Klimamessnetz in Demmin (betrieben durch das Geoforschungszentrum Potsdam, GFZ, und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR) liefert ausreichend Daten, um die benötigten Wassermengen für einen Schlag zu berechnen, hingegen können diese noch nicht teilflächenspezifisch geplant werden.

Genau hier setzt der Anwendungsfall „Bewässerung“ an: Eine teilflächenspezifische Planung der Beregnungsmengen und -Zeitpunkte würde das Wasser bedarfsgerecht ausbringen, sodass eine Übernutzung des Wassers vermieden wird und gleichzeitig die Wasserentnahmeorgane entlastet werden.

In Feldversuchen wird untersucht, wie sich die Ertrags- und Qualitätssicherheit durch unterschiedliche Bewässerungsstrategien, Bodenbedingungen und Kartoffelsorten verändern. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) werden anhand dieser Informationen in Kombination mit aktuellen Wettervorhersagemodellen optimierte teilflächenspezifische Bewässerungsszenarien erarbeitet.

In dieser Drohnenaufnahme sind die unterschiedlichen Temperaturen  zwischen Kartoffeldamm (türkis) und Furche (orange) zu erkennen.  Momentan ist die Hemmschwelle, Drohnendaten zu nutzen, aufgrund  hoher Kosten und Datenaufbereitungsprozessen noch sehr hoch. An  dieser Stelle setzt Anwendungsfall 4 „Bewässerung“ an, und wird im  Verlauf des Projekts niederschwellige und frei verfügbare Lösungen  insbesondere zur Datenprozessierung anbieten.
In dieser Drohnenaufnahme sind die unterschiedlichen Temperaturen zwischen Kartoffeldamm (türkis) und Furche (orange) zu erkennen. Momentan ist die Hemmschwelle, Drohnendaten zu nutzen, aufgrund hoher Kosten und Datenaufbereitungsprozessen noch sehr hoch. An dieser Stelle setzt Anwendungsfall 4 „Bewässerung“ an, und wird im Verlauf des Projekts niederschwellige und frei verfügbare Lösungen insbesondere zur Datenprozessierung anbieten. (c) Thomas Piernicke

Um eine ressourcen- und umweltschonende Ausbringung von Beregnungswasser zu ermöglichen, sollen Informationsprodukte, die von existierender Software aufgegriffen werden nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich differenziert den aktuellen Bewässerungsbedarf aufzeigen.

Zusätzlich bietet die Verbindung von Fernerkundungsdaten und Daten der lokalen Messstationen die Chance einer Optimierung von Betriebsabläufen zur effizienteren Beregnungsplanung und -steuerung. Zielführend ist daher eine Verringerung der unproduktiven Wasserverluste durch die Anpassung der Diagnose- und Prognosemodelle für das Beregnungsmanagement, d. h. eine schnellere Anpassung an den aktuellen Witterungsverlauf. Zusätzlich findet kein Verlust über eine Tiefenversickerung statt und die Pflanze wird in einem guten Wasserversorgungsstadium gehalten. Optional kann das eingesparte Wasser für eine Zusatzversorgung parallel wachsender Bestände genutzt werden.

Ressourcenschonende Zusatzberegnung: Das sind die Gründe

Für das Beregnungsmanagement wie auch für den Wasserhaushalt selbst ist die genaue Kenntnis über den Niederschlag als Eingangsgröße und die Verdunstung als Ausgangsgröße von enormer Wichtigkeit.

Die Wirkung von Niederschlag und Verdunstung auf die Veränderung des Wasservorrates im Boden können über Methoden zur Berechnung des Bodenfeuchteverlaufes (Bodenfeuchtemodelle) bilanziert werden. In der Vielzahl bestehender Berechnungs- und Modellansätze werden die notwendigen Einflussgrößen von Pflanze, Boden, Wetter usw. in unterschiedlichem Ausmaß berücksichtigt und errechnen dem jeweiligen Modell entsprechend geeignete Werte.

Kriterien der Bodenfeuchte und der Verdunstung können die aktuelle und auch prognostische Situation des Bodens und des Pflanzenbestandes sehr einfach und vor allem zuverlässig kennzeichnen. Beispielsweise ist es üblich, die Bodenfeuchte in unterschiedlichen Tiefenmächtigkeiten des Bodens zu charakterisieren (z. B. in Prozent der nutzbaren Feldkapazität). Für die Beurteilung der Bodenfeuchtesituation ist es dann hilfreich, tiefenbezogene Bodenfeuchteunterschiede zu erkennen.

Diese Ausführungen bilden auch die Grundlage der zwei Ansätze, die im Anwendungsfall „Bewässerung“ zuerst separat verfolgt werden. Einerseits wird das Bodenfeuchtedefizit über die Wurzelwasseraufnahme mithilfe von Feldmessungen zu Bodenkenndaten, Phänologie und Wetterdaten ermittelt. Andererseits wird der Verdunstungs- (und somit Beregnungs-)bedarf über den Blattflächenindex, welcher integraler Bestandteil von Verdunstungsmodellen ist, ermittelt.

Dieser Ansatz bietet die Möglichkeit, der Kombination flächenhaft verfügbarer Fernerkundungsinformationen mit Bodenkenndaten, Phänologie und Wetterdaten auf einer rasterbasierten Anwendung. Anschließend sollen beide Ansätze in einem Programmtool kombiniert werden und somit zur landwirtschaftlichen Entscheidungsfindung auf digitaler Basis beitragen.

Wärmebildaufnahmen können aus unterschiedlichen Temperaturbereichen Rückschlüsse auf die Vegetationsdecke liefern. Je loser der Bestand  ist, desto geringer ist die Temperatur. Hintergrund ist einerseits die  geringere Evapotranspiration der Pfl anzen und andererseits der Boden, da  dieser die Wärmeenergie länger speichert als die Pfl anzen. Die Route des  Sprinklers verläuft von West nach Ost. Deutlich zu erkennen sind drei  Bereiche: westlicher Bereich (durch Sprinkler beregnet), östlicher Bereich  (unberegnet), südlicher Bereich (am Vortag beregnet). In blau wird die  aktuelle Position der Beregnungsanlage ersichtlich.
Wärmebildaufnahmen können aus unterschiedlichen Temperaturbereichen Rückschlüsse auf die Vegetationsdecke liefern. Je loser der Bestand ist, desto geringer ist die Temperatur. Hintergrund ist einerseits die geringere Evapotranspiration der Pflanzen und andererseits der Boden, da dieser die Wärmeenergie länger speichert als die Pflanzen. Die Route des Sprinklers verläuft von West nach Ost. Deutlich zu erkennen sind drei Bereiche: westlicher Bereich (durch Sprinkler beregnet), östlicher Bereich (unberegnet), südlicher Bereich (am Vortag beregnet). In blau wird die aktuelle Position der Beregnungsanlage ersichtlich. (c) Thomas Piernicke
Mithilfe des NDVI (normalized difference vegetation index) können Rückschlüsse auf den vitalen Zustand und die Dichte der Pfl anzen gezogen werden. Der Wertebereich liegt immer zwischen -1 und 1, wobei gilt: Pfl anzen erreichen stets positive Werte und je größer der Wert ist, desto vitaler und/oder dichter ist die Vegetation.
Mithilfe des NDVI (normalized difference vegetation index) können Rückschlüsse auf den vitalen Zustand und die Dichte der Pflanzen gezogen werden. Der Wertebereich liegt immer zwischen -1 und 1, wobei gilt: Pflanzen erreichen stets positive Werte und je größer der Wert ist, desto vitaler und/oder dichter ist die Vegetation. (c) Thomas Piernicke

Hier wird untersucht

Der Untersuchungsort Bentzin liegt in Mecklenburg-Vorpommern, unmittelbar südlich der Peene. Das Gebiet hat einen mittleren Jahresniederschlag von etwa 550 mm bei ausgeprägter Vorsommertrockenheit. In den Monaten April bis Juni fallen ca. 70 bis 150 mm Niederschlag. Die Böden der Region besitzen Bodenpunkte im Bereich 18–37.

Aufgrund der zu geringen Niederschläge reagieren vor allem die wasserintensiven Kulturen Zuckerrübe und Kartoffel mit deutlichen Ertragseinbußen. Letztere vertritt ein Drittel in der Fruchtfolge der Bentziner Ackerbau GmbH, die insgesamt 1.700 ha Fläche bewirtschaftet. Im Zuge des Einsatzes der Beregnung zeigte sich immer mehr, dass nicht nur die Stärke- und Verarbeitungskartoffeln, sondern ebenso Pflanzkartoffeln, Zuckerrüben und auch das Getreide unter den gegebenen klimatischen und betrieblichen Bedingungen beregnungswürdig sind. So folgte auch die Ausweitung der Beregnung auf andere Kulturen wie Zuckerrübe, Weizen, Roggen und Gerste.

Elektrisch und Diesel

In den letzten Jahren hat sich in Bentzin gezeigt, dass eine optimal eingesetzte Beregnung den Ertragseinbußen erfolgreich entgegenwirken. Der gegenwärtige Stand der Beregnung wird durch zwei elektrisch und eine mit Dieselaggregat betriebene Pumpstationen mit einer Leistung von insgesamt 1.500 m3/h realisiert. Die Wasserentnahme erfolgt aus der Peene (110 kW, ca. 1.300 m3/h bei 12 bar) und dem Kiessee Zarrenthin (200 m3/h bei 12 bar). Dabei werden 13 mobile Beregnungsmaschinen (Schlauchtrommel), teils mit Regnereinzug oder Maschinenvorschub, verwendet. Damit können 90 % der Fläche beregnet werden. Die Pumpstationen können mittels PC oder Smartphone überwacht und alle Steuerungsaktionen ausgelöst werden.

Das wird untersucht

Für eine teilschlagspezifische Beregnungsplanung sind neben Wetterdaten insbesondere Bodeninformationen und die Besonderheiten bestimmter Kulturen und Sorten erforderlich. Diese lassen sich ganzheitlich üblicherweise nur im Rahmen großflächiger Feldversuche erfassen. Zentrales Element ist die Erfassung der Matrixpotenzialdynamik innerhalb der Vegetationsperiode über Messungen der Bodenfeuchte. Zusammen mit phänologischen Informationen erfolgt eine Modellierung der im Feld getesteten Bedingungen. Voraussetzung dafür ist die Bestimmung bodenphysikalischer und bodenhydrologischer Randbedingungen (Horizontmächtigkeiten, Textur, Trockenrohdichte, Retentionseigenschaften und hydraulische Wasserleitfähigkeit) am Ort der Messsensorik durch horizontspezifische bzw. den Sonden entsprechende Tiefenbeprobungen und anschließende Laboranalysen.

Vordergründig sind die Analyse und die anschließende Modellierung der Bodenfeuchtedynamiken bei unterschiedlichen Bewässerungsmengen unter Beachtung von möglichen Ertrags- und Qualitätsveränderungen der Hochamylopektin-Kartoffelsorte „Henriette“. Dieses Feldexperiment findet in der Vegetationsperiode 2021 auf dem Schlag „Schwämme“ des Bentziner Ackerbaubetriebes am Beispiel der Kartoffelsorte „Henriette“ statt.

In Bentzin wurden 2021 innerhalb eines Beregnungstransektes  vier unterschiedliche Beregnungsmengen ausgebracht und die  Bodenfeuchte, die Meteorologie  und die phänologische Entwicklung mit Feldmessungen überwacht.
In Bentzin wurden 2021 innerhalb eines Beregnungstransektes vier unterschiedliche Beregnungsmengen ausgebracht und die Bodenfeuchte, die Meteorologie und die phänologische Entwicklung mit Feldmessungen überwacht. (c) Jan Lukas Wenzel

In dem diesjährigen Versuch befinden sich auf einer homogenen, sandig-lehmigen Fläche vier Plots innerhalb eines Bewässerungstransektes mit einer Größe von 75x 172 m. In Plot 1 erfolgt eine defizitäre Bewässerung (ca. 80 % der Normalberegnung). Diese umfasste 2021 (je nach Witterungsbedingungen) ca. 90 mm/m² bei fünf Bewässerungsdurchgängen (1 x 15 mm/m², 1 x 16 mm/m², 1 x 17,6 mm/m², 2 x 20 mm/m²). In Plot 2 erfolgt eine weitere defizitäre Bewässerung von 90 % der Normalberegnung (= 1 x 15 mm/m², 1 x 18 m/m², 1 x 19,8 mm/m², 2 x 22,5 mm/m²) und in Plot 3 eine stärkere Bewässerung von 120 % (= 1 x 15 mm/m², 1 x 24 mm/m², 1 x 26,4 mm/m², 2 x 30 mm/m²).

In Plot 4 wird die übliche Wassermenge ausgebracht (1 x 15 mm/m², 1 x 20 mm/m², 1 x 22mm/m², 2 x 25 mm/m²). In jedem Plot befindet sich eine Klimastation der Firma „Arable Labs“ die vor allem Lufttemperatur, Niederschlag und über zugeschaltete Bodenfeuchtesensoren die Bodenfeuchte in 10-cm-Schritten bis 60 cm Tiefe in dreimaliger Feldwiederholung aufnimmt. In separaten Klimastationen werden zusätzlich die Windgeschwindigkeit am Beginn und Ende des Plotstreifens aufgenommen. Es handelt sich um Messsysteme, die die notwendige Infrastruktur zur Datenspeicherung und –übertragung bereits enthalten. Somit wird eine Datenübertragung in Echtzeit ermöglicht. Zusätzlich ist auch ein Kontrollstreifen mit ähnlicher Instrumentierung eingerichtet. Zur modellhaften Nachbildung der Bodenfeuchtedynamik im Versuch sind zusätzlich phänologische Informationen notwendig.

Die Ergebnisse bisher

Zurzeit befindet sich unser diesjähriger Feldversuch in den letzten Stadien. Die bisher erhobenen Feldmesswerte der Meteorologie, der phänologischen Entwicklung und der Bodenfeuchtedynamik werden zusammen mit den Labordaten der bodenphysikalischen und bodenhydraulischen Eigenschaften (Porosität, Wasserhalte- und -leitfähigkeit des Bodens, Korngrößenverteilung) in einen integrativen Zusammenhang zueinander gebracht.

Die Grundlage dafür stellt das „Agrarmeteorologische Modell zur Berechnung der aktuellen Verdunstung“ (AMBAV) des Zentrums für Agrarmeteorologische Forschung (ZAMF) des Deutschen Wetterdienstes in Braunschweig dar. AMBAV ist ein Modell u. a. zur Berechnung und Simulation der standörtlichen Bodenfeuchtedynamik.

Insbesondere in Bezug auf die Überschaubarkeit der Parametrisierung und einer vorhandenen Benutzeroberfläche als EDV-Anwendung stellt AMBAV ein interessantes Tool zur agrarmeteorologischen Modellierung für verschiedene Bereiche der landwirtschaftlichen Praxis dar.

Kreislauf des Wasser auf dem Kartoffelacker
Kreislauf des Wasser auf dem Kartoffelacker

Mithilfe von AMBAV wurden die verschiedenen Beregnungsstrategien sowie deren Auswirkungen auf die standörtliche Bodenfeuchte gegeneinander getestet und mit Messwerten validiert. Die simulierten Bodenfeuchtewerte werden in m3/m3 angeben und die Dynamik des volumetrischen Anteils des pflanzenverfügbaren Wassers in Prozent der jeweiligen Bodenschicht (10-cm-Auflösung). Verglichen werden dort die mengenmäßig defizitäre Beregnung (80 %) sowie die mengenmäßig höhere Beregnungsstrategie (120 %).

Deutlich zu erkennen ist, dass die mengenmäßig höhere Beregnung (120 %) einen wesentlich stärkeren Einfluss auf die Wasserverfügbarkeit im Wurzelraum hat, insbesondere in tieferen Bodenschichten sowie bei Betrachtung der Rückgangszeit des volumetrischen Bodenwassergehaltes. Der Bodenfeuchtespeicher verbleibt länger in einem optimalen Bereich der nutzbaren Feldkapazität.

Zum Ende der Vegetationsperiode wird im Rahmen einer umfassenden Ernte und anschließenden Ertrags- und Qualitätsmessung untersucht, wie stark die untersuchte Stärkekartoffelsorte „Henriette“ auf ein unterschiedliches Wasserdargebot reagiert. Im Optimalfall finden sich weder Ertrags- noch Qualitätsunterschiede, woraus geschlossen werden kann, dass für die Sorte „Henriette“ auf einem anlehmigen Sand eine defizitäre Beregnung ausreichend ist. Nichtsdestotrotz muss bei solchen Rückschlüssen stets die aktuelle meteorologische Situation berücksichtigt werden.

Der Blick in die Zukunft

Die Beregnung ist in der Bentziner Ackerbau GmbH ein wesentlicher Produktionssicherungs- und Risikominimierungsfaktor. Sie ist eine kosten- und arbeitsintensive Maßnahme, welche die Erträge im Pflanzenbau absichert, insbesondere auf leichten Standorten. Besonders im Qualitätskartoffelanbau ist die Beregnung unabdingbarer Bestandteil der Anbautechnologie. In den kommenden Vegetationsperioden werden weitere Bodentypen und Kartoffelsorten beprobt, um eine genauere Vorhersage der Bodenfeuchtigkeit auf Betriebsebene zu ermöglichen. Darüber hinaus steht die Gewinnung weiterer Modellkategorien zur ganzheitlichen Parametrisierung räumlicher Bodenfeuchtemodelle im Vordergrund.

Fazit

In Kürze wird im Rahmen des Projekts Agri-Sens Demmin 4.0 ein Instrument für das Bewässerungsmanagement auf Betriebsebene entwickelt, das von den Bodenbedingungen und der Fruchtfolge abhängig ist. Dadurch wird es möglich sein, wissenschaftlich fundierte Entscheidungen zum Beregnungsmanagement auf Basis verschiedener Datenquellen (Wetter, Boden, Pflanze, Fernerkundung) digital treffen zu können.


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