Satellitengestütztes Flächenmonitoring: Überwachung aus dem Orbit

Sachsen-Anhalt nutzt 2021 ein satellitengestütztes Flächenmonitoring bei der EU-Agrarförderung. Das neue Verfahren soll Vor-Ort-Kontrollen ersetzen und die digitale Kommunikation verbessern.

Die Einhaltung der Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstigen Auflagen im Rahmen der EU-Agrarförderung für landwirtschaftliche Flächen wird regelmäßig vor Ort überprüft. Stimmen die Flächenangaben, sind die im Antrag angegebenen Feldfrüchte korrekt oder findet die Mahd zum richtigen Zeitpunkt statt, um beispielsweise Bodenbrüter noch besser zu schützen?

Um die Überprüfung sowohl für die Verwaltung als auch für die landwirtschaftlichen Betriebe zu vereinfachen, setzt das Land Sachsen-Anhalt seit diesem Jahr auf ein satellitengestütztes Monitoring der Flächen und eine verbesserte digitale Kommunikation.

Weniger Bürokratie durch Digitalisierung?

Das Kabinett in Magdeburg stimmte am 10. August ferner zu, dass das Land den Aufbau und Betrieb eines länderübergreifenden Zentralen Kompetenzzentrums Flächenmonitoring (ZKF) im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) fachlich und finanziell unterstützt.

Landesagrarministerin Claudia Dalbert betonte in einer Pressemitteilung: „Sachsen-Anhalt ist bei der Digitalisierung der Landwirtschaftsverwaltung ganz vorn mit dabei.“ Das Bundesland nutze als eines der ersten in Deutschland die automatisierte Auswertung von Satellitendaten. Damit entfielen viele Vor-Ort-Kontrollen und es könnten rechtzeitig Korrekturen vorgenommen werden. Das entlaste die Landwirtinnen und Landwirte ebenso wie die Agrarverwaltung. Nach Ansicht der amtierenden Grünen-Politikerin sei durch die Digitalisierung ein Weniger an Bürokratie zu erwarten.

Satellitenbilder statt Vor-Ort-Kontrollen

Das Flächenmonitoringsystem beinhaltet demnach die Beobachtung der landwirtschaftlichen Flächen, die im Rahmen der Agrarförderung beantragt werden. Die Basis bilden Sentinel-Satellitenbilder. Dabei werden 100 % der Flächen über Zeitreihen von Satellitenbildern (etwa alle fünf Tage) automatisiert auf die Einhaltung bestimmter Fördervoraussetzungen, Auflagen und Verpflichtungen geprüft. Die Kontrollen vor Ort können damit teilweise ersetzt werden.

Diese digitale Überprüfung wird bereits bei allen flächenbezogenen Maßnahmen in Sachsen-Anhalt angewendet. Zunächst wird mit der Überprüfung der im Geografischen Flächenantrag angegebenen Kulturen und der Durchführung der landwirtschaftlichen Tätigkeit auf Dauergrünlandflächen bzw. der Mindesttätigkeit im Falle von Bracheflächen begonnen.

Vorläufige Ergebnisse im Antragsportal sichtbar

Ab 2022 werden weitere Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstige Auflagen, zum Beispiel die Erhaltung von Dauergrünland, hinzukommen. Dazu ist für das Jahr 2021 vorgesehen, den landwirtschaftlichen Betrieben in Sachsen-Anhalt über das Antragsportal „PROFILINETST“ vorläufige Ergebnisse in Form eines Ergebnis-Layers in der GIS-Ansicht (GIS: geografisches Informationssystem) zur Verfügung zu stellen.

Durch eine viel engere Zusammenarbeit und transparente Kommunikation soll gewährleistet werden, dass zum einen die Vorgaben besser eingehalten werden und zum anderen die ausgezahlten Fördergelder zielgerichtet ihrem Zweck zugeführt werden.

Rechtliche und finanzielle Grundlagen

Die EU-Mitgliedstaaten können gemäß Artikel 40a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 seit dem Jahr 2018 ein Flächenmonitoringsystem einführen. Sachsen-Anhalt beginnt als einziges ostdeutsches Bundesland – neben Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg – damit in diesem Jahr. Für die neue Förderperiode 2023 bis 2027 sehen die Verordnungsvorschläge eine verbindliche Anwendung eines solchen Flächenmonitoringsystems im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKos) vor.

Die Bundesländer hatten sich im Januar 2021 darauf verständigt, auf nationaler Ebene ein Zentrales Kompetenzzentrum Flächenmonitoring (ZKF) im Rahmen der neuen GAP zu errichten und zu betreiben. Sachsen-Anhalt beteiligt sich daran mit 53.000 Euro jährlich. Das Zentrum hat die Aufgabe, die Länderaktivitäten zu koordinieren, den Austausch zu gewährleisten und Methodenkompetenz bereitzustellen. Die Bund-Länder-Kooperation sollte Mitte August in Kraft treten.


Zusätzliche App für georeferenzierte Fotos

Darüber hinaus sollen im Laufe des Antragsjahres noch weitere Methoden der Kommunikation, etwa eine Foto-App für das Smartphone, entwickelt werden. Damit können die Landwirtschaftsbetriebe dann in Zukunft der Bewilligungsbehörde georeferenzierte Fotos übermitteln, um so die Erfüllung ihrer Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstigen Auflagen nachzuweisen, ohne dass eine Vor-Ort-Kontrolle durch die Verwaltung erforderlich wird.

EXTRAWISSEN

Das Zentrale Kompetenzzentrum Flächenmonitoring (ZKF) ist zum 1. Juli 2021 als neue Abteilung an der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) im bayerischen Landshut eingerichtet worden.

Korrekturen noch rechtzeitig möglich

Zudem besteht mit dem Flächenmonitoring die Möglichkeit, dass die landwirtschaftlichen Betriebe ihren Antrag noch bis 30. September 2021 ändern können, sofern die Anforderungen im Rahmen der Direktzahlungsregelungen oder der betreffenden flächenbezogenen Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums eingehalten werden.

Diese Möglichkeit kann besonders dann genutzt werden, wenn die Betriebe durch die Verwaltung über die Ergebnisse des Flächenmonitorings informiert wurden und sich daraus Änderungen ihrer Antragsangaben ergeben. Änderungen sind hingegen nicht mehr möglich, wenn die Verwaltung bereits im Rahmen der Vor-Ort- oder Verwaltungskontrollen entsprechende Feststellungen gemacht hat bzw. Vor-Ort-Kontrollen angekündigt wurden.

Wann ziehen die anderen Ost-Länder nach?

Thüringen führt die Kontrollen im Rahmen des InVeKos in diesem Jahr weiterhin durch Fernerkundung bzw. Prüfbesuche vor Ort durch. Wie das zuständige Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR) auf Nachfrage mitteilte, befindet sich die Behörde in der Abstimmungsphase für die Einführung des Flächenmonitorings, der Freistaat wird sein Verfahren im Herbst bei der EU-Kommission anmelden. Ab 2022 steigt Thüringen dann ebenfalls ein.

Mecklenburg-Vorpommern wird das Flächenmonitoring im Jahr 2023 einführen und ab dem Jahr auch anwenden, teilte das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt in Schwerin auf Nachfrage mit.

Sachsen wird das Flächenmonitoring ebenfalls 2023 einführen. Die technischen und organisatorischen Vorbereitungen auf diesen Systemwechsel laufen derzeit, wie das Agrarministerium mitteilt. Man stehe dabei in engem Kontakt zu anderen Bundesländern und dem Bundeslandwirtschaftsministerium.

Brandenburg sieht vor, das Flächenmonitoring mit Beginn der neuen Förderperiode 2023 einzuführen, Vorbereitungen laufen. Für 2022 ist parallel zum herkömmlichen Verfahren ein Testbetrieb geplant.

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Landtagswahl: Wer kommt, wer geht?

Bei der Landtagswahl am 26. September entscheiden die Wählerinnen und Wähler nicht nur über die Abgeordneten im Parlament. Sie stimmen auch über den landwirtschaftlichen Sachverstand in der Volksvertretung ab.

Von Gerd Rinas

Am 26. September haben Mecklenburger und Vorpommern mehrfach die Wahl: Zum einen unter den Kandidaten der Parteien zum 20. Deutschen Bundestag. Zum anderen werden in einigen Städten und Gemeinden Bürgermeister gewählt. Schließlich können die Wählerinnen und Wähler auch noch über die Zusammensetzung des Landtags bis 2026 entscheiden.

Nach Prüfung der Unterlagen hat der Landeswahlausschuss 24 Parteien und ihre Kandidatenlisten zur Wahl zugelassen. Laut der Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern werden dem 8. Landtag nach der deutschen Wiedervereinigung mindestens 71 Abgeordnete angehören. Zu den Direktkandidatinnen und -kandidaten mit den meisten Wählerstimmen aus 36 Wahlkreisen (WK) kommen wenigstens 35 Kandidaten über die Parteien-Landeslisten.

Welches Parteienbündnis das Land künftig regieren wird, ist derzeit offen. Bei der jüngsten Umfrage in der vorigen Woche (Kasten) hat die SPD in der Wählergunst deutlich zugelegt und hätte sich ihre Regierungspartner aussuchen können, wenn am vergangenen Wochenende die Landtagswahl gewesen wäre.

SPD: Backhaus tritt wieder an

Mit ihrer Stimmabgabe entscheiden die Wählerinnen und Wähler am 26. September auch darüber, wie viel landwirtschaftlicher Sachverstand in den Landtag einzieht. Mehrere aktive Landwirte bzw. mit der Landwirtschaft verbundene Kandidaten können sich Chancen auf ein Direktmandat ausrechnen. Einige von ihnen landeten zudem auf aussichtsreichen Listenplätzen.

Beides gilt für Till Backhaus. Er tritt für die SPD im WK Ludwigslust-Parchim I an. Beobachter räumen dem Kandidaten sehr gute Chancen ein, wie bei den vorangegangenen Landtagswahlen das Direktmandat zu erringen. Die Landesvertreterversammlung der SPD wählte den 62-Jährigen auf Platz vier der Landesliste. Backhaus ist seit 1990 Landtagsabgeordneter. Seit seiner erstmaligen Berufung zum Minister für Landwirtschaft 1998 ist er bundesweit dienstältester Landesminister.

Ebenfalls für die SPD kandidiert im WK Ludwigslust-Parchim II Elisabeth Aßmann. Bei der Landtagswahl 2016 holte die 31-jährige Agrarökonomin das Direktmandat. Danach war sie Agrarsprecherin der SPD-Fraktion und über-nahm den Vorsitz im Agrarausschuss. Aßmann wurde auf Platz 13 der Landesliste gewählt.

Im Agrarausschuss hatte die SPD bisher drei weitere ordentliche Mitglieder: Fraktionsvorsitzender Thomas Krüger (Direktkandidat im WK Mecklenburgische Seenplatte II, Listenplatz 6), vormals selbst Agrarsprecher, Thomas Würdisch (Vorpommern-Rügen III, Stralsund I, Listenplatz 16) und Andreas Butzki (Mecklenburgische Seenplatte IV, Listenplatz 20).

Für die Partei Die Linke tritt der bisherige Agrarsprecher der Linksfraktion, Wolfgang Weiß, als Direktkandidat im WK Vorpommern-Rügen I an. Auf der Landesliste der Linken steht er auf Platz 25. Im WK Neubrandenburg II bewirbt sich für die Linke Toni Jaschinski um das Direktmandat. Seit 2008 ist er Geschäftsführer der Agrargesellschaft Chemnitz. Nicht wieder kandidiert Mignon Schwenke, die seit 2011 Landtagsabgeordnete war. Sie prägte die Umweltpolitik der Linken und war ebenfalls ordentliches Mitglied im Agrarausschuss.

AKTUELLE WAHLUMFRAGE

SPD in der Wählergunst weit vorn
Vier Wochen vor der Landtagswahl in MV liegt die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in der Wählergunst weit vor den anderen Parteien. In einer aktuellen Umfrage im Auftrag von NDR, NNN und OZ, die in der vorigen Woche veröffentlicht wurde, hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap 1.153 Wahlberechtigte befragt.

Wenn am vorigen Wochenende Landtagswahl in MV gewesen wäre, hätten die Parteien folgende Zustimmungswerte erreicht: SPD 36 %, AfD 17 %, CDU 15 %, Linke 11 %, FDP 8 %, Grüne 6 %. Während die SPD nach der jüngsten Umfrage gegenüber Mitte Juli um 9 % zulegt, fällt die CDU zurück (- 8 %). Die AfD gewinnt einen Prozentpunkt hinzu, ebenso die FDP. Linke und Grüne verlieren gegenüber Mitte Juli jeweils einen Prozentpunkt.

Nach diesem Umfrageergebnis hätte die SPD nach der Landtagswahl in MV am 26. September verschiedenste Optionen für die Regierungsbildung. Sie könnte erneut eine Koalition mit der CDU eingehen oder mit Linken und Grünen. Sogar für Rot-Rot könnte es knapp reichen.

Möglich wäre auch eine Ampelkoalition mit SPD, FDP und Grünen. Nach der Umfrage sind 67 % der Befragten mit der Arbeit von Ministerpräsidentin Schwesig zufrieden. Herausforderer Michael Sack (CDU) kommt auf 19, Simone Oldenburg (Linke) auf 24, Nikolaus Kramer (AfD) auf 11, René Domke (FDP) auf 11 und Anne Shepley (Grüne) auf 7 % Zustimmung.

Einen personellen Neuanfang in der Agrarpolitik im Landtag startet die AfD. Ihre beiden Agrarausschussmitglieder Ralf Borschke und Jürgen Strohschein kandidieren nicht wieder.

Stattdessen hat der bisherige Referent der Fraktion für Agrarpolitik, Umwelt- und Naturschutz, Thore Stein, seinen Hut in den Ring geworfen. Er tritt als Direktkandidat im WK Ludwigslust-Parchim IV an. Stein hat Landwirtschaft in Bonn und Management natürlicher Ressourcen in Halle-Wittenburg studiert. Bevor er bei der AFD-Fraktion im Schweriner Landtag anfing, arbeitete er bei einer landwirtschaftlichen Unternehmensberatung in Niedersachsen.
In der AfD-Landesliste steht er auf Platz 5. Auf Platz 7 folgt Jens Schulze-Wiehenbrauk aus der Nähe von Jarmen. Der Agraringenieur tritt im Wahlkreis Vorpommern-Greifswald II als Direktkandidat an.

CDU: Weiterer aktiver Landwirt?

Die CDU war in der vergangenen Legislaturperiode mit drei ordentlichen Mitgliedern im Agrarausschuss vertreten: Holger Kliewe aus Mursewiek auf Rügen war einziger aktiver Landwirt im 7. Landtag, Agrarsprecher der Fraktion und stellvertretender Vorsitzender des Agrarausschusses. Der Diplom-Agraringenieur tritt am 26. September erneut als Direktkandidat im WK Rügen IV an. Kliewe ist u. a. seit 2012 Bürgermeister der Gemeinde Ummanz und Vorsitzender des Netzwerks „Die Rügeninsel Ummanz“. Beobachter trauen ihm zu, sein Direktmandat zu verteidigen. Auf der Landesliste steht er auf Platz 25.

Die CDU-Abgeordnete Beate Schlupp ist seit 2002 Mitglied des Landtags und seit 2011 dessen erste Vizepräsidentin. Sie fiel in der Wahlperiode immer wieder mit Forderungen und Vorschlägen zum Schutz landwirtschaftlicher Interessen auf, etwa bei der Wiederansiedlung von Wolf und Biber oder der Neugestaltung der Pachtkonditionen landeseigener Flächen.

Schlupp tritt bei der Landtagswahl in MV als Direktkandidatin im WK Vorpommern-Greifswald V an. Sie wurde auf Platz drei der Landesliste gewählt. Burkhard Lenz, ihr Parteikollege im Agrarausschuss, kandidiert nicht wieder. Für ihn könnte ein weiterer Landwirt in die CDU-Fraktion nachrücken: Thomas Diener aus Lehsten ist Direktkandidat im WK Mecklenburgische Seenplatte V. Der studierte Landwirt führt einen Ackerbaubetrieb mit extensiver Grünlandwirtschaft, ist stellvertretender Vorsitzender des Bauernverbandes Müritz, Kreistagspräsident und Bürgermeister von Möllenhagen. Diener kam auf Listenplatz 13.

Als weiterer CDU-Kandidat tritt im WK Vorpommern-Rügen I erneut Christian Ehlers an. Dem studierten Landwirt, der 15 Jahre in der landwirtschaftlichen Praxis wirkte, bevor er Geschäftsführer des Bauernverbandes Nordvorpommern wurde, fehlten 2016 sechs Stimmen für das Direktmandat. Wenn er für den Einzug in den Landtag auf die Landesliste angewiesen ist, könnte es wieder eng werden.

Aktuell zählt die CDU-Fraktion 16 Abgeordnete. Ehlers steht auf Listenplatz 17. Für die Union tritt außerdem Landwirtin Helga Karp, Vorsitzende der Seniorenunion, auf Listenplatz 37 an.


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Landtagswahl in MV: Grüne sehen sich mit Agrarkompetenz

Von den nicht im Landtag vertretenen Parteien können sich Bündnis 90/Die Grünen und die FDP Hoffnungen auf den Wiedereinzug machen. Bei der jüngsten Umfrage kommen die Grünen auf sechs Prozent der Stimmen.

In Sachen Agrarkompetenz sehen sie sich mit ihren Direktkandidaten Arndt Müller (WK Schwerin II) und Claudia Schulz (WK Hansestadt Rostock II) gut aufgestellt. Müller ist Diplombiologe, lebt in Schwerin und ist Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Ehrenamtlich engagiert er sich in der Landesarbeitsgemeinschaft Landwirtschaft und Naturschutz der Grünen und im BUND. Er tritt u. a. für mehr Ökolandbau und die Neuausrichtung der Agrarförderung ein. Die Rostockerin Claudia Schulz ist Diplomagraringenieurin (Agrarökologie) und arbeitet als Bildungsreferentin im Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich. 2018 bis 2020 war sie Landesvorsitzende der Grünen. Sie ist Sprecherin der LAG Landwirtschaft und Naturschutz und setzt sich für eine regionale, ökologische und nachhaltige Landwirtschaft ein. Wegen der Klimarelevanz will sie die Wiedervernässung von Mooren und neue Bewirtschaftungsmöglichkeiten auf diesen Standorten vorantreiben.

Mit Daniel Bohl hat die FDP MV seit Jahren einen ausgewiesenen Agrarexperten. Der Diplomagraringenieur und stellvertretende Vorsitzende der Wariner Pflanzenbau eG, der auch Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Nordwestmecklenburg ist, tritt ebenfalls am 26. September an – für den Bundestag.

Für den Landtag kandidieren als Direktkandidaten Landwirtin Luise Vogler aus Palingen im WK Nordwestmecklenburg II und der studierte Landwirt Conrad Waydelin, Geschäftsführer der Wöda Wöpkendorfer Agrar GmbH, im WK Vorpommern-Rügen II-Stralsund III. In der Landesliste rangiert Vogler auf Platz elf vor Waydelin. Die FDP steht in den Umfragen bei acht Prozent. „Damit kommen über die Liste aber höchstens fünf bis sechs Kandidaten ins Parlament. Deshalb müssen wir weiter zulegen“, so Luise Vogler.

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Hereford Bundesschau: Bester Jungbulle kommt aus Sachsen

Bei der diesjährigen Hereford Bundesschau in Sinzing wurde der beste Jungbulle gewählt. Gleichzeitig handelte es sich um das 30-jährigen Jubiläum des Bundesverbands Deutscher Herefordzüchter.

Von Markus Bauer, Beratzhausen

Anlässlich seines 30-jährigen Jubiläums hielt der Bundesverband Deutscher Herefordzüchter seine Bundesjungtierschau auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Andreas und Christin Ebenbeck in Dürnstetten (Gemeinde Sinzing, Landkreis Regensburg) ab. Das Landwirte-Ehepaar züchtet als eines von mehreren betrieblichen Standbeinen diese Rinderrasse.

Die elf Beschicker der Schau kamen aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Hereford Bundesschau: Sieger-Jungbulle „Tyler“

Etwa 70 Vereinsmitglieder (von ca. 150) verfolgten in der Halle die Präsentation der in verschiedene Alterskategorien eingeteilten Jungrinder sowie der Jungbullen. Unter den strengen Augen der Preisrichter Konrad Wagner, Zuchtleiter für Fleischrinder in Bayern, und Walter Fässler, Präsident der Hereford-Züchter in der Schweiz, standen am Schluss folgende Sieger fest:

Bei den Jungrindern gewann „Ariana“, die der jüngsten Altersgruppe (sechs bis elf Monate) angehört, von Martin Rösch aus Wangen in Baden-Württemberg.

Bei den Jungbullen überzeugte die Juroren „Tyler“ vom Rinderzuchtbetrieb Wiegand & Schubart in Beilrode (Sachsen), wobei dieser Betrieb auch in einer der altersspezifischen Jungrinder-Kategorien mit einem Tier erfolgreich war.

Den Sieger-Jungbullen „Tyler“ präsentierte Jürgen Schubart, die Auszeichnung nahm die Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Herefordzüchter, Monika Spechtmeyer, vor.


Rinderrassen: Vielfalt, Eigenschaften und Besonderheiten

Holstein-Friesian, Jersey-Rind, Weiß-blaue Belgier – weltweit unterscheiden Experten rund 500 Rinderrassen.
So verschieden sie auch sind – sie alle haben einen gemeinsamen Vorfahren: den Auerochsen. Die spannendsten davon stellt die 
Bauernzeitung in regelmäßigen Abständen vor … mehr


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Apfelsaison eröffnet: Sächsische Erzeuger optimistisch

Zur Eröffnung der Apfelsaison prognostiziert der Landesverband „Sächsisches Obst“ eine gegenüber dem Vorjahr deutlich höhere Erntemenge und gute Qualitäten. Das Preisniveau bleibt stabil.

So süß wie zuletzt werden die Früchte in diesem, eher sonnenarmen Jahr wohl nicht sein. Doch der Ertrag, den sich Sachsens Apfelanbauer in der gerade begonnenen Erntesaison erhoffen, legt gegenüber dem Vorjahr deutlich zu. Ein Drittel mehr Menge als im ertragsschwachen Vorjahr wird 2021 voraussichtlich in den Stiegen der Obsterzeuger landen. Man gehe von einem Gesamtertrag von 64.200 t aus, sagte Matthias Wedler, amtierender Vorsitzender des Landesverbandes Sächsisches Obst, vorige Woche bei Eröffnung der sächsischen Apfelsaison auf Gut Gamig in Dohna.

Apfelsaison: Ertrag unter niveau der normalernte

Saison eröffnet: Blütenkönigin Elisabeth II. und Minister Günther beim symbolischen Erntestart auf Gut Gamig. (c) Karsten Bär
Saison eröffnet: Blütenkönigin Elisabeth II. und Minister Günther beim symbolischen Erntestart auf Gut Gamig. (c) Karsten Bär

Der Ertrag liege allerdings trotzdem etwas unter dem Niveau einer Normalernte. Denn auch 2021 waren die Bedingungen nicht immer optimal. Der frostige Februar und Frosteinbrüche um die Osterzeit hätten in allen Regionen zu Ertragsdepressionen in einzelnen Lagen geführt, wie Wedler erklärte.

Zudem herrschten ungünstige Blühverhältnisse aufgrund der kühlen Witterung im Frühjahr und des damit verbundenen verringerten Bienenflugs. Vor allem bei der Sorte Elstar trat Alternanz auf. Allerdings erwarten die Erzeuger wegen der feuchten Witterung gute Fruchtgrößen. Aufgrund der kühlen Nächte sei auch die Färbung der Äpfel gut.

Auch wegen der erwarteten Qualitäten ist der Landesverband optimistisch, auskömmliche Erlöse erzielen zu können. Wedler sagte, das gute Preisniveau von 2020 bleibe erhalten, auch wenn ein gewisser Druck aufgrund einer insgesamt guten Apfelernte in Deutschland (1,08 Mio. t) und Europa (11,74 Mio. t) zu erwarten sei. In Hausgärten und auf Streuobstwiesen dürfte die Ernte geringer ausfallen, wodurch die Nachfrage steige.

Auch der Industriemarkt, dazu zählen etwa Vermoster und Konzentrathersteller, sei aufnahmefähig. In Südeuropa sorgten Hitze und Trockenheit für kleinere Früchte und somit geringere Qualitäten. Allerdings sei auch eine große Ernte im Nachbarland Polen zu erwarten, das sich zum größten Apfelproduzenten Europas – und zweitgrößten der Welt – gemausert hat. Dort erwarte man eine Ernte von 4,7 Mio. t; ein Ertragsplus von 22 %.

Zudem ist der Landesverband nach wie vor unglücklich über das Russlandembargo, durch das Absatzmöglichkeiten wegbrachen. Neue Exportmärkte seien bisher nur unzureichend erschlossen worden.

Als Herausforderung für die Obstbaubetriebe nannte Wedler darüber hinaus die wachsenden Probleme, ausreichend Saisonkräfte zu rekrutieren. Unter den Bedingungen der Coronapandemie sei dies noch schwieriger gewesen. Die vom Verband immer wieder geäußerte Kritik am Mindestlohn und den dadurch steigenden Kosten für Saisonkräfte erneuerte der Vorsitzende.


Sachsen aktuell

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Erzeugung gegen folgen des Klimawandels absichern

An der Erntesaisoneröffnung nahm auch Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) teil. Die sächsische Obst- und speziell Apfelproduktion versorge den Freistaat mit regionalen Lebensmitteln, schaffe Arbeitsplätze, erhalte ein attraktives Landschaftsbild und auch Traditionen.

Zwar habe das Jahr 2021 bessere Witterungsbedingungen geboten als die Dürrejahre zuvor. Dennoch gelte es, die Erzeugung gegen die Folgen des Klimawandels abzusichern. Dabei helfe der Freistaat mit der landwirtschaftlichen Investitionsförderung. Erhöht wurde hierin in diesem Frühjahr der Fördersatz für Hagelschutzeinrichtungen im Wein- und Obstbau von 25 auf 40 %.

Mitglieder des Obstbauverbandes erzeugen in Sachsen auf 2.277 ha Äpfel. Die Fläche ist seit Jahren rückläufig. Im gesamten Gebiet des Verbandes, das auch Sachsen-Anhalt umfasst, werden 2.693 ha Apfelanbaufläche bewirtschaftet, davon mehr als 15 % (420 ha) ökologisch.

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Stoppelsturz vor neuer Saat

Nach der Getreideernte wurden in der Agrar-Gesellschaft „Börde“ in Rottmersleben die Äcker auf die als nächstes folgende Bestellung von Winterraps und Zwischenfrüchten vorbereitet.

Text und Fotos von Barbara Ilse

Die Ernte von Getreide und Raps ist in der Börde abgeschlossen. Die letzten Strohballen liegen zum Abtransport an den Feldrändern bereit. Die Mähdrescher sind, so denn nicht noch andere Druschfrüchte zu bergen sind, gesäubert und abgestellt. Landauf, landab warten die Felder nach der Ernte nun auf Grubber, Pflüge und Scheibeneggen, die die Flächen für die Winterkulturen zurechtmachen. Stoppelsturz und anschließende Saatbettbereitung sind angesagt.

Daniel Rein
Daniel Rein ist Leiter Ackerbau in der Agrar-Gesellschaft in Rottmersleben und Mitglied im Fachausschuss Pflanzenproduktion des Landesbauernverbandes.

Auch bei der Agrar-Gesellschaft „Börde“ mbH in Rottmersleben sind die großen Bodenbearbeitungsgeräte im Dauereinsatz. Der Pflanzenbauexperte des Landwirtschaftsbetriebes und Mitglied im Fachausschuss Pflanzenproduktion beim Landesbauernverband, Daniel Rein, blickt auf eine ordentliche Getreideernte zurück. „Die Regenmengen und -häufigkeiten während der Wachstumsperiode sind regional sehr unterschiedlich ausgefallen. Die Felder um Rottmersleben und Nordgermersleben konnten nach den großen Regengüssen im Juni noch von einigen weiteren Regenschauern profitieren. Schon in Bebertal und Hundisburg gab es hingegen weniger Wasser für die Pflanzen in der Wachstumsperiode.“

Weizen ist nur Futter

Allerdings wendet er ein, seien die Proteingehalte im geernteten Weizen sehr gering, sodass fast die gesamte Menge als Futter verkauft werden musste. Landwirt Rein weiter: „Die Erträge beim Raps waren zufriedenstellend. Bei unserer Gerste fiel in diesem Jahr das kleine Hektolitergewicht auf. Wir hatten viele kleine Körner.“ Der Betrieb hatte auf 807 ha Weizen angebaut, auf weiteren 150 ha Gerste und auf 230 ha Raps. Auf 220 ha stehen noch Zuckerrüben und auf 435 ha wächst Mais.

„Die Ernte verlief in diesem Jahr sehr zügig, sie wurde nur kurz von einem kleinen nächtlichen Regenschauer gestört“, schildert Rein. „So konnten wir am 2. August erst 14 Uhr beginnen; sonst ging es täglich um 10 Uhr los. Die drei eigenen Mähdrescher waren vom 20. Juli bis zum 3. August im Einsatz.“

Lohndrusch für Dritte

Weil der Betrieb so zeitig mit dem Mähdrusch durch war, konnte anschließend im Lohndrusch noch anderen Landwirten geholfen werden, ihre Ernte einzubringen.

Besprechung vor dem Einsatz:  Feldbauleiter Daniel Rein hat mit  Tobias Theuerkauf vor dessen  erstmaliger Arbeit mit der Drillmaschine noch einmal über die  Einstellungen im Traktor geschaut.
Besprechung vor dem Einsatz: Feldbauleiter Daniel Rein hat mit Tobias Theuerkauf vor dessen erstmaliger Arbeit mit der Drillmaschine noch einmal über die Einstellungen im Traktor geschaut.

Nach Stoppelsturz und Saatbettbereitung entsprechend den nachfolgenden Kulturen folgt die Neubestellung. Die Rapssaat kam dieser Tage in die Erde. 233 ha der Ölfrucht haben Geschäftsführer Thomas Seeger und Pflanzenbauleiter Daniel Rein für den Rottmerslebener Landwirtschaftsbetrieb geplant. Auf weiteren 210 ha werden Zwischenfrüchte den Boden über den Winter bedecken, um ihn für die Maissaat im kommenden Frühling vorzubereiten.


Sachsen-Anhalt aktuell

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Gabor Hildebrandt, Lehrling im dritten Lehrjahr, zieht an diesem Tag mit dem Grubber seit 5 Uhr morgens in einer Staubwolke seine Runden auf dem 100 ha großen Schlag „Ackendorfer Straße“. Sein Kollege, Tobias Theuerkauf, bedient zum ersten Mal die Drillmaschine mit 8 m Arbeitsbreite. Daniel Rein schaut gemeinsam mit dem jungen Mann noch einmal über die Einstellungen im Traktor und dann geht die Fahrt los: Ölrettich, Senf und Ramtillkraut sollen hier wachsen und im Frost vergehen – Gründüngung zur Folgefrucht. Und dann heißt es wieder, auf Regen zu warten, auf dass die Saat gut aufgeht.

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Rispenhirse: Alte Kulturart auf dem Weg in die Zukunft

Die Rispenhirse ist eine alte Kulturart, die nicht nur aufgrund ihrer Inhaltsstoffe eine gute Alternative in der Geflügelfütterung darstellt, sondern auch aufgrund ihrer Verträglichkeit von Hitze und Trockenheit in der Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.

Zusammengestellt von Erik Pilgermann

Rispenhirse ist eine für Deutschland historisch traditionelle, wenn auch weitgehend in Vergessenheit geratene Kulturart. Gerade in Ostdeutschland, aber auch in Regionen in Süddeutschland ist Rispenhirse sowohl zum Verzehr als auch für Futterzwecke noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts angebaut worden.

Mit den erkennbaren Auswirkungen des Klimawandels werden entsprechend angepasste Fruchtarten mit geringem Wasserbedarf und für sandig-trockene Standorte geeignete Regionen wieder beachtet. Für Speisezwecke wird im südlichen Brandenburg seit vielen Jahren Rispenhirse auf einigen Hundert Hektar kultiviert. Mit der künftig geltenden Vorgabe im ökologischen Landbau zur eigenen Futterversorgung wird der Anbau von Hirsearten aufgrund besonderer Wertigkeit und der Möglichkeit, eiweißbasierte Importfuttermittel zu ersetzen, zusätzlich interessant.

Gute Alternative

Nach Einschätzung der Wissenschaftler stellt die Rispenhirse ein sehr interessantes Futtermittel für die ökologische Geflügelhaltung dar, da Methionin als limitierende Aminosäure in Ökorationen gilt. Derzeit fällt es vielen Biobetrieben schwer, mit den verfügbaren Komponenten ausreichende Mengen der Aminosäure in einer Ration zusammenzustellen.

Die Bestimmung der einzelnen Proteinbestandteile ergab überraschend hohe Methioningehalte von durchschnittlich 3,54 g/kg Hirse mit 88 % Trockensubstanz (g/kg TM). Damit lagen die Methioningehalte deutlich höher als etwa bei Futtergetreide (1,7 g/kg TM) oder klassischen Protein-pflanzen wie Ackerbohne (1,7 g/kg TM) oder Erbse (1,9 g/kg TM). Auch die Gehalte anderer schwefelhaltiger Aminosäuren wie Cystein, Lysin und Threonin fielen höher aus als erwartet.

rispenhirse: Die Versuche laufen

Zum Feldtag am 18. August am Gut Wilmersdorf in der Uckermark wurden die aus vierjähriger Versuchsprüfung aussichtsreichsten Herkünfte, teils aus neu aufgenommener mitteleuropäischer Züchtung, von historischen Sorten und der Testung von Genbankmaterial gezeigt. Gegenstand der Versuche ist die Sichtung und der Anbau von Rispenhirse.

Die mehrortigen Anbauversuche sind Teil eines Forschungsvorhabens unter Leitung der Öko-Beratungs Gesellschaft – Fachberatung für Naturland mit den Partnern Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNE) und VERN an Standorten in Berlin und Brandenburg. Diskutiert wurden Hinweise zur Produktionsweise, Ertragspotenziale, Wertigkeit der Inhaltsstoffe und Möglichkeiten für einen weiteren Anbau und die Überleitung in die Praxis.

Streifen und Parzellen

2018 bis 2021 erfolgte in Bayern, Brandenburg und Berlin die Parzellenanbauprüfung mit je 30 Herkünften, Sorten und Linien aus mitteleuropäischem Anbau, der Vorstufenzüchtung und Genbankmaterial (mit Vorvermehrung). In diesem Jahr wurde an der LFS Wilmersdorf der HNE die Feldparzellenprüfung von 23 aussichtsreichen Herkünften und die Basissaatgutvermehrung von „Bernburger Rispenhirse“ durchgeführt. Ebenso erfolgte die Streifenversuchsprüfung mit fünf Herkünften auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Herzberg/Elster in Südbrandenburg. Dieser Betrieb verfügt bereits über langjährige Erfahrung im Rispenhirsenanbau.

Die Feldprüfung in Wilmersdorf erfolgte in dreifacher Wiederholung auf 12-m²-Parzellen bei einem Reihenabstand von 25 cm. Die Aussaat der 23 Herkünfte wurde am 11. Mai durchgeführt. Die Basissaatgutvermehrung wurde eine Woche später gedrillt. Die Aussaatmenge betrug 200–350 Kö/m². Bei 5 bis 7 g Tausendkorngewicht wurden circa 30 kg/ha mit der Bandkopfdrille gesät. Eine zweimalige Maschinenhacke mit Gänsefußschare rückte dem Unkraut zu Leibe. Der durchschnittliche Niederschlag am Versuchsstandort beträgt 500 mm pro Jahr.

Trockenheit und Hitze

Rispenhirse ist eine traditionsreiche und weit bis ins 20. Jahrhundert noch im südlichen Brandenburg angebaute Kulturart. Eine letzte Zuchtsorte, die Bernburger Rispenhirse, war noch 1961 formal für den Anbau zugelassen. Rispenhirse gilt als sehr trockenheitstolerant und damit modern als klimaangepasst. Als C4-Pflanze zwar kälteempfindlich, aber mit hoher Wassernutzungseffizienz.

Besondere Qualitätseigenschaften im Eiweißgehalt (Aminosäurespektrum) lassen Rispenhirse als prädestiniert zur Tierernährung und dort zum Ersatz von Importfuttermitteln erscheinen. Die Sommerfruchtart kann man noch sehr spät säen (bis Anfang Juni). Innerhalb von 120 Tagen kommt sie zur Erntereife. Unter günstigen Bedingungen sind bis zu 5 t/ha erreichbar.

Der Einsatz in der Geflügelfütterung kann weitgehend direkt (nach vorausgegangener Trocknung) erfolgen. Damit bietet sich der Anbau gerade für ökologisch wirtschaftende Tierhaltungsbetriebe mit Direktabsatz und angepassten Produktionsverfahren an.

In Brandenburg wurde Rispenhirse als Speisehirse in den zurückliegenden Jahren erfolgreich auf rund 200 ha Anbaufläche etabliert, das Potenzial als Futtermittel im ökologischen Landbau erscheint aussichtsreich für eine Ausweitung. Rispenhirse eignet sich vor allem für ärmere, trockenheitsgefährdete Standorte. Als Futtermittel sind auch für eine sonstige Speisenutzung weniger geeignete, farbkörnige und kleinkörnige Herkünfte geeignet. Somit besteht auch die Chance für eine breitere Nutzung des vorhandenen Genpools.

die rispenhirse: ein FAZIT

Rispenhirse eignet sich aufgrund des relativ einfachen Anbaus und ihrer Toleranz gegenüber Trockenheit für den Ökolandbau. Sie ist im Anbau vergleichbar mit Sommergetreide und erreicht ähnlich hohe Erträge. Größere Ertragsunterschiede zwischen den Sorten konnten nicht festgestellt werden.

Bei hohem Druck durch wärmeliebende Unkräuter wie Melde ist es sinnvoll, einen größeren Reihenabstand zu wählen, um eine Hacke einsetzen zu können. Ansonsten genügt es für eine ausreichende Unkrautkontrolle, die Kultur ab dem Dreiblattstadium zu striegeln.

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NPK-Dünger in flüssiger Form: Stärkung unter das Wurzelwerk

Ein sächsischer Lohnunternehmer entwickelte ein eigenes Verfahren und die Technik zur Bandablage eines flüssigen NPK-Düngers aus Gärreststoffen in rund 15 cm Tiefe.

Von Wolfgang Rudolph, Bad Lausick
Fotos: Carmen Rudolph


Wer sich die Wirkung landwirtschaftlicher Düngung vor Augen führen will, dem empfiehlt Uwe Schiller eine regelmäßige Begutachtung der Schläge aus der Vogelperspektive. „Drohnenfotos von Ackerkulturen erinnern immer ein bisschen ans Malen nach Zahlen“, sagt der Lohnunternehmer. Denn auf den Luftbildern würden sich sowohl die Wegstrecke als auch die Arbeitsweise des Düngerfahrzeugs abzeichnen. Jede Unregelmäßigkeit in der Spurführung und bei der Dosierung sei nachvollziehbar.

Der gebürtige Niederrheiner ist Inhaber des Unternehmens DST-Agrar mit Sitz in Pöhsig, einem Ortsteil der sächsischen Kleinstadt Grimma (Landkreis Leipzig). Kern seines Dienstleistungsangebotes ist die Düngung. Darin sieht er mehr als nur die Ausbringung von Pflanzennährstoffen zum bestmöglichen Zeitpunkt. Das beginne bereits bei der Bereitstellung von Düngemitteln, die mit dem geringstmöglichen Einsatz von Energie und Primärrohstoffen erfolgen sollte. Aber auch durch das Schließen heute vielfach unterbrochener Nähr- und Wertstoffkreisläufe ließen sich nach Ansicht des gelernten Landwirtes vorhandene Ressourcen nachhaltiger und effizienter nutzen.

Ein Reststoff in mehrfacher Hinsicht

Bei der Suche nach Substanzen aus der Lebensmittelverarbeitung, die sich als Dünger für den Pflanzenbau eignen, stieß Schiller auf eine milchig-trübe Flüssigkeit, die gleich in mehrfacher Hinsicht ein Reststoff ist. Es handelt sich um vergorene und nach der Biogasproduktion in einem speziellen Verfahren aufbereitete Dünnschlempe. Dünnschlempe ist ein Nebenprodukt aus der Herstellung von Bioethanol, die in diesem Fall wiederum auf Rückständen der Käseherstellung basiert.

So entsteht NPK-Dünger aus Dünnschlempe
Das Verfahren zur stofflichen und energetischen Nutzung von Dünnschlempe basiert auf Forschungen des Dresdener Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Kooperation mit der Sachsenmilch Leppersdorf GmbH. Dünnschlempe, die viele organische Säuren enthält, verbleibt bei der Herstellung von Bioethanol aus Reststoffen der Molkereiverwertung und wurde früher kostenaufwendig entsorgt. Die Verarbeitung der Schlempe erfolgt in mehreren Prozessschritten. Zunächst vergären deren organische Bestandteile in einem Reaktor zu Biogas. In der darauffolgenden Prozessstufe werden die anorganischen Inhaltsstoffe, insbesondere Ammonium und Phosphat, durch die Zugabe von Reaktorchemikalien abgetrennt. Im Ergebnis entsteht der NPK-Langzeitdünger.

Die wässrige Lösung enthält nur 0,6 % Stickstoff (nitratfrei, 19 % als Ammonium) aber 1,7 % Phosphat, mehr als 4 % Kalium sowie über 14 % organische Substanz mit den Spurenelementen Natrium, Schwefel und Magnesium. „Natrium, von dem die Lösung rund 14 Kilogramm je Tonne enthält, verbessert die Regulierung des Wasserhaushalts der Pflanzen und ergänzt dadurch die Wirkung des Kaliums“, sagt Schiller. Außerdem zeigten die regelmäßigen Analysen einen Gehalt von gut 15 kg Kohlenstoff pro Tonne. Die Applikation von 3 t Flüssigdünger entspreche somit der Humuswirkung von einer Tonne eingemischtem Stroh.

Damit eignet sich das in konstanter Zusammensetzung anfallende Nebenprodukt als organisches NPK-Düngemittel zur Pflanzenernährung und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit.

Die milchigtrübe Flüssigkeit entsteht  durch das  Vergären von  Dünnschlempe  und ist ein  wertvoller  NPK-Langzeitdünger
Die milchig-trübe Flüssigkeit entsteht durch das Vergären von Dünnschlempe und ist ein wertvoller NPK-Langzeitdünger.

Dies gilt auch für Ökobetriebe, da der Flüssigdünger als Betriebsmittel nach den Richtlinien des Forschungsinstituts für biologischen Landbau zertifiziert ist. Für den konventionellen Einsatz stellt die DST-Agrar auf Wunsch durch Zumischung von Ammoniumsulfat-Lösung (ASL), das der Dienstleister ebenfalls als Nebenprodukt bezieht, einen nitratfreien Flüssigvolldünger bereit.

Dünger für die gesamte Vegetationsperiode

„So kann der ermittelte Phosphat- und Kalibedarf für die gesamte Vegetationsperiode in einer Gabe ausgebracht und gleichzeitig die Stickstoffdüngermenge ohne Ertragseinbußen reduziert werden“, merkt der Firmenchef an. Auch Gülle, Gärreste und Jauche ließen sich durch die Zugabe des organischen NPK-Düngers aufwerten und damit deren Transportwürdigkeit erhöhen.

Eine Besonderheit sei der Gehalt von rund 13 bis 18 kg Milchsäurebakterien je Tonne. Sie würden das Bodenleben aktivieren und so die Mineralisierung der organisch gebundenen Nährstoffe befördern. Zudem habe man eine hemmende Wirkung auf pilzliche Erreger festgestellt.

Nicht zuletzt schließe sich mit der nahezu vollständigen Nutzung des Reststoffs aus der industriellen Herstellung von Lebensmitteln als Pflanzendünger ein bislang unterbrochener Nährstoffkreislauf zwischen Pflanze, Tier und Boden.

Bessere Lockwirkung durch tiefe Ablage

Parallel zur Erschließung von Düngemitteln befasste sich Schiller mit Technik zur effizienten und umweltgerechten Ausbringung. Dabei nutzte der 59-Jährige seine Erfahrungen mit dem Cultan-Verfahren, bei dem Flüssigdünger mittels Injektionsrädern in den Boden der Kultur eingespritzt wird (Cultan: Controlled Uptake Long Term Ammonium Nutrition, deutsch: kontrollierte Langzeitammoniumernährung). Dadurch entsteht ein Düngerdepot, aus dem sich die Pflanzen mit ihren bereits ausgebildeten Wurzeln über einen längeren Zeitraum mit Nährstoffen, vornehmlich sofort einlagerungsfähigem und bodenstabilem Ammonium, versorgen. Angestrebte Effekte sind die Einsparung von bis zu 20 % Stickstoff und die Vermeidung von Nitratauswaschungen.

„Die Speichen an den bisher üblichen Injektionsrädern drin-gen allerdings nur etwa drei bis fünf Zentimeter in den Boden ein“, charakterisiert Schiller diese Technologie. Der obere Bereich sei aber immer häufiger ausgetrocknet. Das vermindere den Düngeeffekt enorm. Als Alternative entwickelte er ein gezogenes Scheibenrad-Injektionsgerät. Es legt das Düngerband in bis zu 15 cm Tiefe mit einem Reihenabstand von 32 cm ab. „Dadurch verringert sich nicht nur die Gefahr, dass die Nährstoffe austrocknen. Die tiefer abgelegten Nährstoffe, vornehmlich der immobile Phosphor, intensivieren durch ihre Lockwirkung außerdem die Ausbildung der Wurzelsysteme. Wodurch sich wiederum die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen bei Trockenperioden verbessert“, merkt Schiller an.

Firmenchef Uwe  Schiller mit dem  Sensorspaten zur  Bodenanalyse und  Martin Kretzschmar,  Leiter des Standorts  Dahme, mit einer  Drohne für die Kontrolle des Düngeerfolgs  vor dem selbst  entwickelten Scheibenrad-Injektionsgerät
Firmenchef Uwe Schiller mit dem Sensorspaten zur Bodenanalyse und Martin Kretzschmar, Leiter des Standorts Dahme, mit einer Drohne für die Kontrolle des Düngeerfolgs vor dem selbst entwickelten Scheibenrad-Injektionsgerät.

37 Düngerschareauf 12 m Arbeitsbreite

Hauptkomponenten der Innovation sind das auf einem doppelachsigen Fahrwerk montierte Fass mit 14.500 l Fassungsvermögen sowie die an der verlängerten Deichsel angebrachten Aggregate zum Applizieren, Pumpen und Verteilen des Flüssigdüngers. In einer zweiten, gezogenen Variante befindet sich das Fass auf dem Systemschlepper Claas Xerion.

Das Injektionsgerät verfügt über 37 einzeln aufgehängte Schare und hat, vollständig ausgeklappt, eine Arbeitsbreite von 12 m. Vor den Düngereinlegescharen, die sich auf eine Injektion im Bereich zwischen 6 und 15 cm einstellen lassen, läuft eine Scheibe, die den Boden bis auf eine Tiefe von 20 cm vorschneidet. Bei einer Arbeitsgeschwindigkeit von 8 bis 9 km/h werden 300 PS, in bergigem Gelände 400 PS, Zugkraft benötigt. Das komplette Gespann mit gefülltem Fass wiegt rund 34 t. Das relativ geringe Gewicht ist gut für den Boden. Um die Aggregate bei trockenen Verhältnissen in konstanter Tiefe zu führen, drücken Hydraulikzylinder das Schlitzgerät mit 12 t auf den Acker. Zusätzlich pressen mit einer Stickstoffblase gefederte Hydraulikzylinder die beiden Außenflügel des Gerätes nach unten, sodass über die gesamte Arbeitsbreite jedes der, zudem durch eine Feder vorgespannten, 37 Schare mit der gleichen Kraft in den Boden eindringt.

Die Regelung der injizierten Flüssigdüngermenge erfolgt über Durchflussmesser und die Steuerung der Ventilöffnung. Überschüssige Mengen fließen über einen Bypass zurück in den Tank.

Flexibles Lager für den Flüssigdünger.
Flexibles Lager für den Flüssigdünger.

„Für die Nährstoffabdeckung reichen in aller Regel 3 t/ha. Das zeigen die nachfolgenden Analysen. Wir müssen bei der Bedarfsermittlung aufpassen, dass es nicht zu einer Überversorgung mit Natrium kommt“, berichtet Schiller vom praktischen Einsatz der Düngertechnologie auf jährlich rund 4.000 ha in Westsachsen, der Oberlausitz und Südbrandenburg. Bei einem Mix von organischem NPK-Dünger mit ASL bestimmt die schlagbezogene Stickstoff- und Phosphorbilanz das Mischungsverhältnis. „Die Ausbringmenge an Stickstoff können wir dabei auf 0,8 t/ha, gegebenenfalls auch weniger, reduzieren. Und das bei gleichzeitiger Versorgung mit den anderen Pflanzennährstoffen. Das ist zum Beispiel auf sehr leichten Standorten hilfreich“, ergänzt Martin Kretzschmar. Der 32-jährige Landwirtschaftsmeister leitet den Standort der DST-Agrar im brandenburgischen Dahme.

Mehr Nachfrage als verfügbare Kapazität

Auf Wunsch übernimmt das Unternehmen unmittelbar vor der Applikation eine Analyse der wichtigsten Bodenparameter. Zum Einsatz kommt dafür ein sogenannter Sensorspaten, der die Werte praktisch in Echtzeit auf dem Display anzeigt. Ebenso ist eine Kontrolle des Düngeerfolgs per Drohnenkamera möglich.

Die Saison zur Einbringung des Flüssigdüngers beginnt für den Dienstleister am 1. Februar zunächst auf Grünland. Dann folgen Getreide, anschließend Mais. „Ich bekomme mehr Aufträge, als ich bewältigen kann. Lohnunternehmen, die ihren Kunden dieses bislang einmalige Düngeverfahren anbieten wollen, können sich gern bei mir melden“, sagt Schiller. Die Kulturen werden meist schräg zur Saatrille mit dem Scheibenrad-Injektionsgerät überfahren. Durch die präzise Ablage von bis zu 3.200 l/ha ohne die Gefahr von Abdrift und Ammoniakverlust ist eine Applikation bis zu einem Meter Abstand zu Gewässerrändern zulässig.

Ziel: Ablage mit regelmäßigen Lücken

Als Zwischenlager für beide Düngerkomponenten dienen witterungsbeständige Spezialsäcke des französischen Herstellers Labaronne-Citaf. Die flexiblen Behälter mit einer Kapazität zwischen 100.000 oder 300.000 l befinden sich an den Firmenstandorten oder auch direkt bei den Kunden. Den Transport zwischen Lebensmittelindustrie, Lager und Einsatzort übernehmen Tankfahrzeuge mit Pumptechnik an Bord. Darüber hinaus stehen zwei, ebenfalls mit eigener Pumptechnik ausgestattete, Dreiachs-Fässer für die Pufferung am Feldrand zur Verfügung. Jedes der Scheibenrad-Injektionsgeräte muss in der Saison täglich mit 125 t Dünger, also rund fünf Lkw-Ladungen, beliefert werden.

Der Firmenchef knobelt an einer weiteren Verbesserung des Verfahrens. Kürzlich gelang die Fertigstellung einer Gerätemodifikation, die eine Injektion des Flüssigdüngers bis in eine Tiefe von 20 cm ermöglicht. „Dies erfolgt dann aber nicht in stehende Kulturen, sondern beispielsweise in die Ernterückstände vor der Neuaussaat“, erläutert der Lohnunternehmer. Damit die Pflanzenwurzeln auf ihrem Weg zum Depot weiteren Boden und damit Nährstoffe und Wasser erschließen, arbeitet er gemeinsam mit Forschern an der TU Chemnitz an einem System zur Impulsinjektion, das den Düngerstreifen mit regelmäßigen Unterbrechungen in den Boden einbringen soll. „Das wäre dann eine mehr oder weniger punktförmige Ablage wie bei der Cultan-Düngung mit Injektionsrädern, nur eben tiefer“, meint Schiller.

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Wave-Box: Der fünfte Magen der Kuh

In der Biogasanlage der Anklamer Agrar AG wird Ultraschall zur Effizienzsteigerung eingesetzt. Wir haben uns das System erklären lassen und nachgefragt, ob der Betreiber damit zufrieden ist.

Von Christoph Feyer

Eine Kuh hat bekanntlich vier Mägen. Trotzdem verwertet sie nicht alles, und aus ihrer Hinterlassenschaft lässt sich noch ordentlich Energie gewinnen, wenn man sie beispielsweise in eine Biogasanlage gibt. Doch auch die hungrigsten Mikroorganismen in dem Fermenter schaffen es nicht, jede organische Bindung zu knacken und in Methangas umzuwandeln. Und hier kommt die Wave-Box ins Spiel, oder wie Norbert Rossow sagt: „der fünfte Magen der Kuh“.

Der Neue-Energien-Spezialist ist Geschäftsführer der PRE Power Recycling Energyservice GmbH aus Neubrandenburg. Das Unternehmen plant und steuert unter anderem den Bau von Biogasanlagen, beschäftigt sich mit der Biogasreinigung, -aufbereitung und -nutzung sowie der Effizienzsteigerung dieser Anlagen. Für Letzteres hat Norbert Rossow gemeinsam mit seinem Team die Wave-Box entwickelt. Das ist ein nicht weiter auffälliger, kleiner grauer Container, der neben dem Fermenter steht und in dessen Innerem Schwerverdauliches mithilfe von Ultraschall doch noch aufgeschlossen wird. Wie das genau passiert, erklärte uns Geschäftsführer Rossow:

Norbert  Rossow
Norbert Rossow ist Geschäftsführer der Anklamer Agrar AG.

Jenseits des Hörschalls

Das wesentliche Bauteil der Box ist ein Hochleistungs-Ultraschallsystem. Zudem gibt es ein Messgerät für den Volumendurchfluss, eine druck- und volumengeregelte Pumpe, Sensoren und Spülleitungen sowie eine sich selbst optimierende und -überwachende Steuereinheit. Die Ultraschallreaktoren, auch Sonotroden genannt, arbeiten im Durchlaufsystem mit hoher Intensität.

Als Ultraschall bezeichnet man Schall in Frequenzen jenseits des Hörschalls, also von 20 kHz bis in den Megaherzbereich. Beschallt man damit ein wässriges Medium, werden in ihm periodisch und rasend schnell Druck und Unterdruck erzeugt. Beim Unterdruck kommt es zum Aufreißen der Wasserphase, was zur Bildung von mikroskopisch kleinen Hohlräumen in der Flüssigkeit führt. Diese Bläschen füllen sich mit Wasserdampf oder Gas. Sie wachsen in den Zugphasen und schrumpfen in den Druckphasen, bis sie in sich zusammenbrechen. Dieser Vorgang wird als Blasen implosion bezeichnet und setzt im Mikromaßstab enorme Drücke von bis zu 500 bar frei. Solche Kräfte sind in der Lage, jede noch so robuste Oberfläche zu zerstören. Gelangt nun Biomasse in den Wirkbereich der Ultraschallwellen, werden die in ihr enthaltenen organische Zellverbände zerstört, die Gesamtoberfläche des Gärsubstrates vergrößert sich. Wird das Substrat weiter beschallt, öffnen sich anschließend die Pflanzen- und Bakterienzellen, Fasern werden zerrissen und Zellinhaltsstoffe freigesetzt. Damit werden bislang eingeschlossene Nähr- und Mikronährstoffe freigesetzt, auf die sich die aktiven Mikroorganismen stürzen, wenn das beschallte Substrat in den Fermenter zurückgepumpt wird. Denn je mehr chemische Verbindungen aufgeschlossen werden, umso höher ist der Grad der Fermentierung. Zusätzlich unterstützen freigesetzte Enzyme den gesamten Abbauprozess. Mehr Biogas ist die Folge.

„Die Wave-Box ist ein patentiertes Hochleistungs-Ultraschallsystem, das optimal auf die Desintegration von stark faserhaltiger Biomasse abgestimmt ist“, fasst Norbert Rossow seine Entwicklung zusammen. „Die fasereichen Bestandteile im Substrat werden aufgelöst und die Hydrolyse effizienter.“ So könnten 10 bis 20 % mehr Biogas aus dem Gärsubstrat gebildet werden, wobei der Mehrertrag die eingesetzte Energie um den Faktor 12 bis 15 übertreffe.

Dass er mit diesen Aussagen nicht falschliegt, kann Karsten Schmoock beweisen. Der Leiter Wissenschaft und Entwicklung im Ingenieurbüro PRE ist studierter Lebensmittel- und Bioprodukttechnologe und hat an seiner ehemaligen Fachhochschule in Neubrandenburg auch noch einen Lehrauftrag. Er betreut die Erst- und Zweitsemester im Fachbereich Agrarwissenschaften bei ihren Chemiepraktika. „Ich nehme Proben vom Gärsubstraten vor und nach der Ultraschallbehandlung und untersuche sie in unserem Firmenlabor“, erklärt der 33-Jährige. Was ihn dabei besonders interessiert, ist der CSB. Das ist die Abkürzung für chemischer Sauerstoffbedarf, einen Summenparameter, der verrät, wie viele biologisch abbaubare Stoffe in einer Flüssigkeit vorhanden sind. Steigt der gelöste CSB-Anteil nach der Beschallung, weist das den Erfolg der Substratbehandlung nach. Die größten CSB-Steigerungen durch Ultraschall kann er bei Anlagen nachweisen, die nur auf Rindergülle setzen. „Der Ultraschall knackt die Zellulose- und Hemizelluloseverbindungen, die für den Rindermagen unverdaulich und auch in der Biogasanlage nur schwer abbaubar sind“, erklärt der gebürtige Neubrandenburger.

„Die Anlagenbetreiber müssen sich aber nicht nur auf unsere Analysen verlassen“, ergänzt PRE-Chef Rossow und zeigt uns das Gutachten eines akkreditieren Prüflabors in Altenberge (NRW). Zudem könne er beispielsweise auf die Biogasanlage Sandhagen bei Friedland verweisen. Dort hätten sie Leistungssteigerungen von 15 bis 18 % erzielt. Bei Anlagen, die nur Mais vergären, wären Steigerungen von 8 bis 12 % möglich.

Fünf Tonnen Maissilage

Eine Leistungssteigerung war für die Anklamer Agrar AG aber nicht der Grund, warum sie ihr Gärsubstrat ultrabeschallt. „Wir sparen dadurch bis zu fünf Tonnen Maissilage pro Tag“ bringt es Anlagenfahrer Maik Krüger auf den Punkt.

Er betreut die 600-kW-Anlage am Standort Woserow im Landkreis Vorpommern-Greifswald seit ihrer Inbetriebnahme 2011. Sie besteht aus einem 4.000-m3-Fermenter, einem 5.000-m3-Endlager und einer Hydrolyse, die 215 m3 fasst. Im Fermenter drehen sich drei Langwellenrührwerke. Das Hauptsubstrat ist die Gülle von 1.300 Milchkühen. Dazu kommen täglich rund 6 t Festmist, den die Milchviehnachzucht erzeugt. Zusätzlich schütten sie circa 6 t Mais- und/oder Grassilage in den Fliegl-Feststoffdosierer. Mit der BHKW-Abwärme trocknen sie ihre Gärreste, um Lagerkapazität einzusparen. Den Biogasstrom speisen sie in das Netz der Eon Edis ein. Das macht auch die benachbarte 530-kW-Biogasanlage der Bioenergie Anklam GmbH. Sie wird ebenfalls von Maik Krüger und seinen Kollegen mit Rindergülle und Silage versorgt. Ihre BHKW-Abwärme beheizt Sozialgebäude sowie Werkstatt der Milchviehanlage und bereitet Warmwasser.

Wartungsfrei und autark

Mit der Wave-Box zeigt sich Anlagenfahrer Krüger zufrieden. Sie arbeite wartungsfrei und autark. Das heißt, würde sie ausfallen, stört das nicht die Biogaserzeugung. Sie kann von ihm über die Karsten Schmoock nimmt regelmäßig und routiniert „anrüchige“ Substratproben. Da staunen sicher auch die Kühe. Steuereinheit, aber auch direkt übers Internet von den Neubrandenburger Ingenieuren überwacht und geregelt werden. Ihre Installation hat nur zwei Tage gedauert. Anfangs habe es allerdings Probleme gegeben, weil der Techniklieferant versehentlich eine falsche Pumpe eingebaut hatte. Aber seitdem das korrigiert wurde, wirke sich die Substratbeschallung spürbar auf die Menge der Einsatzstoffe aus – und auf die der Gärprodukte. Die festen Rückstände würden nämlich deutlich weniger, wenn viele der bislang ungenutzten Fasern nun in Biogas umgewandelt werden. „Gerade wenn man die Futtersituation der letzten beiden Dürrejahre bedenkt, sind wir froh, dass wir jetzt weniger Maissilage für das Biogas einsetzen müssen“, berichtet der Landwirt. „Ganz abgesehen von der Kostensenkung.“

Vielfache Wirkungen

Das Stichwort „Kosten“ nimmt dann Norbert Rossow wieder auf, und erklärt, dass sich die Anschaffungs- und Betriebskosten für die Ultraschalltechnik – je nach Art der Einsatzstoffe – nach zwei bis fünf Jahren amortisieren würden. „Es kann aber auch noch deutlich schneller gehen, wie das Beispiel Sandhagen zeigt“, gibt er zu bedenken. Nur 3 bis 5 kW Energieeinsatz würden bei einer 500- bis 600-kW-Anlage rund 75 kW mehr Strom erzeugen. Zudem verdopple sich die Pumpleistung beim Ausbringen der Gärprodukte – in Anklam wird Gülleverschlauchung praktiziert. Nicht zu vergessen sei die ökologische Entlastung durch einen geringeren Nachgärprozess von 15 bis 18 % Ammoniakäquivalent. Der beschleunigte Abbau der Organik führe zu weniger Restmethanbildung und senke die erforderliche hydraulische Verweilzeit. Dann verweist der Biogasfachmann noch darauf, dass der Ultraschall die für die Schaumbildung im Fermenter verantwortlichen Mikroorganismen zerstöre. Da er aber auch die Methangasbildner abtötet, wird das Substrat aus dem unteren Bereich des Fermenters genutzt, wo sich nur relativ wenige von ihnen aufhalten.

Der nicht weiter auffällige, kleine graue Container ist aber offensichtlich nicht das Ende der Fahnenstange. Sein Unternehmen arbeitet gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald sowie der Universität Rostock bereits seit drei Jahren an einer Weiterentwicklung. Dabei ist es ihnen gelungen, Plasma in flüssigen Medien zu zünden und stabil zu halten. Ihre Ultraschall-Plasma-Kombination schaffe es, noch mehr Agglomerate aufzubrechen. Die Methangaserzeugung würde um weitere 25 % und der schon erwähnte, gelöste CSB überproportional ansteigen. – Das aber ist dann schon wieder eine neue Reportage.

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Rapserdfloh: Klein, aber oho

Beim Rapsanbau ist der frühe Befall des Rapserdflohs ein beständiges Thema. Wenn einige Grundsätze beachtet werden, lassen sich Zuflug und Erreichen des Bekämpfungsrichtwertes des blau-schwarzen Käfers aber sicher bestimmen.

Von Rainer Kahl, Rapool-Ring GmbH

Rapsanbau und Rapserdflöhe sind ein altbekanntes Thema. Doch spätestens seit dem Wegfall der neonicotinoiden Beizen scheinen sich die Probleme zu verstärken. Die Gründe sind allerdings vielschichtiger. Neben zunehmenden Resistenzen gegenüber den eingesetzten Pyrethroiden hat insbesondere die Ab-folge mehrerer warmer Herbste und Winter den Populationsaufbau der Rapserdflöhe begünstigt. Dabei treten die Probleme nicht flächendeckend, sondern mit regionalen Schwerpunkten auf. Und dazu noch schlagspezifisch. Ebenso schlagspezifisch müssen auch Kontrollen und Maßnahmen erfolgen. Was sind die Schwerpunkte?

Die Rapsstoppeln richtig behandeln

Immer wieder ist zu sehen, dass insbesondere Erdflöhe direkt aus Altrapsschlägen in angrenzende Neuansaaten wandern. Falls möglich, sollte daher eine Altraps- Stoppelbearbeitung einige Tage vor der neuen Rapsaussaat statt-finden. Ein Teil der Erdflöhe wird geschädigt, ein Teil verbleibt auf der Fläche, und ein Teil wandert ab. Entweder ins Sommerlager (überall, wo es kühl, schattig, grün und feuchter ist) oder aber auf die umliegenden Flächen. Läuft nebenan gerade die Neuansaat auf, dann werden die Erdflöhe evtl. bereits angelockt. Erfolgt die Neuansaat hingegen später, übt der nach Stoppelbearbeitung aufgelaufene Ausfallraps eine Lockwirkung auf die Erdflöhe und Kohlfliegen aus und lenkt für eine gewisse Zeit von der Neuansaat ab. So zumindest die Hoffnung.

Aussaat mit insektizidem Beizschutz

Seit Dezember 2020 ist mit Lumiposa erstmals wieder ein chemischer Beizschutz in Deutschland zugelassen worden. Die Zulassung umfasst die Große und die Kleine Kohlfliege, die Rübsenblattwespe, Kohlflöhe und auch den Rapserdfloh. Bekannt ist die Beize (Wirkstoff Cyantraniliprole) bisher für ihre gute Kohlfliegenwirkung, um insbesondere den ertragsrelevanten Larven-Starkbefall deutlich zu reduzieren. Eher unbeachtet, aber sehr hilfreich ist die nach Stressphasen kräftigere Regeneration. Die Rapserdfloh-Wirkung von Lumiposa beruht, ebenso wie bei Buteo Start, auf einem verminderten Blattfraß in der frühen Jugendphase. Die Fraßminderung reicht bei beiden Produkten zeitlich allerdings maximal bis zum zweiten bis dritten Laubblatt. Es kann also nur der Feldaufgang etwas abgesichert werden. Bei einem früheren Saattermin haben die Erdflöhe mehr Zeit zum Zuwandern. Gleichzeitig liegt die Saatstärke geringer, sodass meist ein höherer Befall je Pflanze vorliegt. Haben die Jungpflanzen die erste mögliche kritische Phase bis circa zum dritten Laubblatt überstanden, profitieren sie danach aber möglicherweise von ihrem Wachstumsvorsprung. Ein früher Erdflohfraß an den jungen Blättern erscheint oft dramatischer, als er ist, und sollte nur in Ausnahmefällen behandelt werden, wenn die Erdflöhe stärker fressen als der Raps wachsen kann.

Aus der Praxis wird oft berichtet, dass in schwachen Beständen bzw. an schwächeren, kleineren Pflanzen ein stärkerer Befall beobachtet wird. Auch von anderen Schädlingen wie der Kohlfliege ist bekannt, dass sie bestimmte Stadien oder Feldbereiche stärker anfliegen. Ein für Drillsaaten typischer etwas ungleichmäßigerer Feldaufgang bei mittleren Saatstärken zwischen 35 und 45 Kör-ner/m² kann durchaus positive Effekte zeigen, da die Schädlinge für sie attraktivere Pflanzen stärker befallen und angrenzende Pflanzen etwas verschont bleiben. Werden die „überflüssigen“ Pflanzen im Verlauf der Vegetation nicht benötigt, erfolgt in den Beständen fast automatisch eine Ausdünnung der schwächeren Pflanzen, sodass zur Ernte ca. 20–30 Zielpflanzen/m² übrig bleiben.

Gelbschalen aufstellen und gezielt behandeln

Am besten bereits nach der Saat! An der Gelbschale führt kein Weg vorbei, um den Zuflug des Rapserdflohs sicher zu erfassen. Oft erfolgt die erste Zuflugwelle zwischen Mitte September und An-fang Oktober. Bevorzugt, wenn es nach einer zwischenzeitlich kühleren, feuchten Periode wieder warm und sonnig wird. Beginn und Verlauf der ersten Zuflugwelle können mit verschiedenen Prognosemodellen vorhergesagt werden. Der tatsächliche Befall kann jedoch von Schlag zu Schlag und auch innerhalb eines Schlages stark variieren. Ohne eigene Kontrollen geht es nicht.

Spätestens ab ca. drei bis vier Laubblättern (ca. Mitte September) ist kein insektizider Beizschutz mehr zu erwarten. Wird der Bekämpfungsrichtwert von >50 Rapserdflöhe je Gelbschale (mit Gitterabdeckung) im Zeit-raum von drei Wochen überschritten, ist eine Behandlung sinnvoll. Die Behandlung sollte aber, falls die direkten Fraßschäden tolerierbar sind, möglichst noch ein paar Tage hinausgezögert werden, um den Zeitraum für den Reifungsfraß vor der Eiablage auszuschöpfen. Aufgrund weiter zunehmender Resistenzen muss jede durchgeführte Maßnahme sitzen. Das bedeutet eine optimale Ausbringung (Aufwandmenge, Technik), aber auch die optimale Tageszeit! Im September/Oktober sind die Erdflöhe beim Reifungsfraß eher abends und nachts (Kontrolle per Taschenlampe klappt gut) aktiv. Behandlungen in den Abend- und Nachtstunden sind somit wesentlich effektiver, gleichzeitig ist der Bienenschutz gesichert.

Kontrollen auch im Oktober fortsetzen

Nach einer Behandlung muss der Bekämpfungserfolg kontrolliert werden, am besten direkt am nächsten Tag. Und auch danach müssen die Kontrollen fortgesetzt werden, auch wenn die Rapsbestände nun den direkten Fraßschäden davonwachsen sollten. Die größte Gefahr geht aber fast immer von den Larven aus, die sich anfangs in den Blattstielen älterer Blätter entwickeln und bei frühem Auftreten noch im Winter bis in den Vegetationskegel durchfressen können. Je nach Witterung können weibliche Erdflöhe in milden Herbsten und Wintern bei Temperaturen von >5°C permanent Eier (bis zu 600–700 Eier/Tier) ablegen. Eier und Larven können sich bei milden Temperaturen auch im „Winter“ weiterentwickeln. Käfer, Eier und Larven können dabei auch Kahlfröste von ca. -13 bis -15 °C überstehen.

Ist der Herbst mild, wird lange zugewandert

In den vergangenen Jahren wurden die größten Schäden durch Larven der Erdflöhe häufig erst im Frühjahr festgestellt. Und das oft trotz im Herbst durchgeführter ein- oder mehrmaliger Behandlung. Betriebe mit einer sehr späten Erdfloh-Behandlung Ende Oktober oder später hatten deutlich weniger Larvenschäden als andere, deren Maßnahme vor Mitte Oktober lag. Die Vermutung liegt also nahe, dass Erdflöhe in milden Herbsten noch sehr lange zuwandern können.

Die Fängigkeit von Gelbschalen nimmt ab Oktober deutlich ab, sodass aus den Fangzahlen zu späteren Terminen keine direkten Behandlungsempfehlungen mehr abgeleitet werden können. Das Vorkommen von Erdflöhen in der Gelbschale sollte aber als Warnsignal zur erhöhten Aufmerksamkeit dienen. Klassisch kann frühestens ab ca. Ende Oktober eine Blattstielkontrolle erfolgen. Praktisch waren zu dem Termin und auch im November nur wenige Larven zu finden, wenn eine Behandlung vor der ersten Eiablage stattgefunden hatte.

Die Blattstielkontrolle auf die typischen Bohrlöcher und Buckel sollte dennoch erfolgen, aber in warmen Wintern unbedingt auch noch im Januar oder Februar. Je später die Kontrolle, desto leichter sind Larven zu finden. Schläge mit unauffälliger Fraß-Symptomatik werden nicht vorschnell behandelt, sondern im Spätherbst/Winter auf Larvenbefall kontrolliert und nur bei Bedarf gezielt angefahren. Ist dann eine Vielzahl an Pflanzen mit hohen Larvenzahlen in den Beständen vorhanden, kann immer noch reagiert werden. Orientierung bietet hier die Schwelle von 3-5 Larven/Pflanze bzw. 30-50 % befallener Blattstiele als Richtwert.

Bei kühler Witterung über Winter gestaltet sich die optische Kontrolle der Blattstiele im Feld oftmals schwierig, insbesondere kleine Larven werden schnell übersehen. Eine elegantere Kontrolle kann über die „Siebmethode“ erfolgen. Hierzu eignen sich z. B. Stapelboxen mit Gitterboden. Je Probe werden zehn Pflanzen vom Feld geholt und zu Hause im Warmen grob zerteilt. Wichtig ist ein geschlossenes Auffanggefäß mit möglichst hohen, glatten Kanten unter dem Siebboden. Die Larven verlassen nach und nach die eintrocknenden Pflanzenteile, fallen durch den Siebboden und können dann im Auffangbehälter leichter gefunden werden. Das dauert je nach Trocknungsgrad nur wenige Tage, man kann nach ein bis zwei Tagen schon erstmalig kontrollieren. Achtung: Die Larven können ziemlich klein sein. Und große Larven gehen gern auf Wanderschaft. Sofern eine Behandlung erfolgen soll, unterstützt kühleres Wetter die Wirksamkeit bzw. Wirkungsdauer der Insektizide. Der insektizide Schutzfilm bleibt lange erhalten, da während der Vegetationsruhe kaum noch Pflanzenzuwachs stattfindet. Auch die Larven sind bei kühlen Temperaturen kaum aktiv. Sie wandern aber bei entsprechender Witterung durchaus auf der Pflanze von alten zu jüngeren Blättern und sogar zu angrenzenden Pflanzen. Dabei kommen sie in Kontakt mit dem Insektizid. Kleine und mittelgroße Larven werden dann noch gut erfasst.


Ein Erklärvideo zum Rapserdfloh finden Sie HIER


FAZIT: Die Kontrolle des Rapserdflohs erfordert einen langen Atem und beginnt im Grunde genommen bereits nach der Rapsernte. Wichtigstes Instrument ist dabei die Gelb-schale. Die größten Schäden entstanden in den vergangenen milden Wintern jedoch durch späten Zuflug, lange Eiablage und an-schließend sehr hohe Larvenzahlen im Frühjahr. Dieses Risiko gilt es durch anhaltende Käfer- und Larvenkontrollen auch über Winter zu minimieren.


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Praktikeraustausch: Äpfel & Co. regional und direkt vermarkten

Beim Praktikeraustausch von Obsterzeugern, -verarbeitern und -vermarktern auf dem Querfurter Obsthof Müller stand die Direktvermarktung regional erzeugter Früchte im Mittelpunkt.

Von Doreen Richter, Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt

Wenn im Sommer die Früchte an Bäumen und Sträuchern die Obstbauern zur Ernte bitten, dann herrscht Hochbetrieb in den Plantagen. Das Obst muss in die Körbe und von dort aus zur Kundschaft. Da der Verkauf an den Handel einem hohen Konkurrenzdruck unterliegt und die Obsterzeuger in eine starke Abhängigkeit bringen kann, sind diese verstärkt auf der Suche nach neuen, direkten Absatzwegen. Regionale Wertschöpfungsketten und die Direktvermarktung spielen vor diesem Hintergrund eine immer größere Rolle.

Doch die Anforderungen an Direktvermarkter sind hoch und mitunter schwer überschaubar. Da gibt es behördliche Vorschriften, Auflagen zur Produktsicherheit, aber auch Vorgaben vom Kunden, die dieser indirekt schafft, indem er mit seinem Kaufverhalten beispielsweise neue Trends etabliert.

Gastgeberbetrieb ist gutes Praxisbeispiel

Betriebsleiter Alexander Müller  erläutert die betriebliche Technik  für die Obstverarbeitung (u.).
Betriebsleiter Alexander Müller erläutert die betriebliche Technik für die Obstverarbeitung. © Doreen Richter, Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt

Um an dieser Stelle nicht den Überblick zu verlieren, lud die Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt (AMG) unlängst gemeinsam mit der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) und dem Bauernverband Sachsen-Anhalt zum Erfahrungsaustausch ein. Und das nicht im Schulungsraum, sondern auf einem Praxisbetrieb vor Ort. „Der Obsthof Müller ist aus unserer Sicht ein gutes ‚Best-Practice‘-Beispiel. Darum haben wir die Unternehmer gefragt, ob sie bereit wären, ihre Erfahrungen zur Direktvermarktung an andere Kollegen der Branche weiterzugeben“, erklärte AMG-Projektmanager Arne Kutschbach den Rahmen. „Sie waren sofort einverstanden.“

So fanden sich Ende Juni 13 Interessierte aus sechs Landkreisen zum Praktikeraustausch im Obsthof in Querfurt zusammen. „In Sachsen-Anhalt existiert faktisch kein Beratungsangebot zu den Themen der Verarbeitung, Verpackung und Etikettierung von Obstverarbeitungsprodukten“, erklärte Wolf Fischer von der LLG. „Der Wunsch danach ist aber deutlich spürbar. Mit dem Workshop gehen wir einen ersten Schritt in diese Richtung, fördern den Erkenntnisgewinn und eruieren, wo es Bedarf nach weiteren Informationen gibt.“ Seit vielen Jahren setzt der Obsthof Müller das Konzept der Direktvermarktung erfolgreich um. „Wir vermarkten unser Obst zu 100 Prozent selbst und sind auch sehr froh darüber“, sagt Alexander Müller.

Viele Hürden haben er und sein Team dabei schon genommen, sie sind in ihrem Segment erfahren und innovativ. Von diesem Wissensschatz ließen sie die Teilnehmenden partizipieren. „Wenn wir helfen können, dann machen wir das gern“, sagt Müller. „Wir sitzen am Ende alle im selben Boot.“

Einblicke in Produktion und Hofladen

So berichtete der Betriebsleiter u. a. zur Firmengeschichte, der Herstellung von eigenen Produkten wie Säften und Likören und deren Absatzwegen. Dabei zeigte er auch den praktischen Einsatz der Abfüll- und Abpackanlage.

Im Anschluss gewährte Mitarbeiterin Katharina Noth den Teilnehmenden Einblicke in die Produktion von Fruchtaufstrichen. So wurde gemeinsam ein Aufstrich aus Erdbeeren hergestellt und dabei die eingesetzte Produktionstechnik erläutert.

Monique Müller gab darüber hinaus tiefe Einblicke in die Konzeption und das Sortiment des Obst-Hofladens im Ort. Dieser war im Jahr 2020 gerade zum besten Obsthofladen des Landes Sachsen-Anhalt gekürt worden.


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Praktikeraustausch: Fragebogen zum Beratungsbedarf

Bei der Präsentation verschiedener Smoothie-Varianten durch eine Produzentin aus Landsberg im Saalekreis gab es nicht nur weitere Anregungen zur Verwertung von Obst, sondern auch eine frisch-fruchtige Stärkung während des langen Schulungstages.

Auf der Tagesordnung stand außerdem ein Abriss zu behördlichen Auflagen im Bereich der Verarbeitung, inklusive Fragebogen: „Hier wollten wir herausfinden, in welchen Bereichen die Teilnehmenden Bedarf nach mehr Beratung haben“, so Wolf Fischer. „Auf der Basis dieser Erkenntnisse können wir nun weiter aktiv werden.“

Die Gastgeber, Monique und Alexander Müller  (v. l.), mit Teilnehmenden und Mitarbeiterinnen
Die Gastgeber, Monique und Alexander Müller (v. l.), mit Teilnehmenden und Mitarbeiterinnen. © Doreen Richter, Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt

Immer wieder führten die Themen des Praktikeraustausches zu Nachfragen und intensiven Gesprächen. „Es gibt für die Branche in der Vermarktung nicht die eine Lösung. Viele Ansätze beginnen im Kleinen, in einzelbetrieblicher Initiative. Der Austausch bringt Denkanstöße, Diskussionen, neue Ideen. Darauf haben wir abgezielt“, sagte Arne Kutschbach. „Die regionale Erzeugung kann für die Obstproduzenten ein gutes zweites Standbein sein. Dazu bedarf es aber einer sorgsamen Vorbereitung. Wir wollen mögliche Herausforderungen, aber vor allem die Chancen aufzeigen, wenn so ein Schritt gründlich vorbereitet ist“, so der Projektleiter abschließend.

Gefördert wird das Projekt vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Energie des Landes. Ziel ist die Verbesserung und Entwicklung regionaler Wertschöpfungsketten im Land.

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2. Märkischer Ausbildertag: Mit Schwung aus der Krise

Der Corona-Lockdown traf Berufsschulen, Betriebe und Behörden mit voller Wucht. Auf dem 2. Märkischen Ausbildertag wurden Konsequenzen und Perspektiven erörtert und ein neues Lehr- und Lernformat angeschoben.

Von Heike Mildner

Für den Gastgeber des 2. Märkischen Ausbildertages, das AWO-Reha-Gut Kemlitz, gehört Ausbildung zum Alltag: Heiko Terno, der auch Vorsitzender des Bildungsvereins der Landwirtschaft Brandenburg (BVLB) und Vizepräsident des LBV Brandenburg ist, brachte zum Auftakt das Einmalige der Corona-Situation polemisch auf den Punkt: Nur 1945 sei für drei Monate im Frühjahr die Berufsschule ausgefallen, und das Homeschooling sei denn doch eher eine Art Beschäftigung gewesen.
Und Terno legte gleich noch ein zweites heißes Eisen auf den Tisch: eine Ausbildungsabgabe für Betriebe, die nicht ausbilden. Ausbildung koste Zeit, Kraft und Geld, und da einen Ausgleich über eine Abgabe zu schaffen, werde im Verband gerade erneut diskutiert, so Terno.

Jetzt nicht nachlassen!

Dr. Gernot Bilke, Leiter der Zuständigen Stelle Berufliche Bildung im Landesamt für ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) nahm in der Diskussionsrunde zum Thema „Wie weiter nach Corona?“ Ternos Bild auf: „War Corona ein Krieg, so haben wir ihn gewonnen“, sagte Bilke und dankte allen, die daran mitgewirkt haben. „Die Botschaft daraus sollte sein: Ja, es war schwierig, aber wir haben es geschafft, wir haben uns adaptiert. Und wenn so etwas wieder auftritt, können wir’s“, so Bilke.

Besonders wichtig sei ihm, dass die Abschlüsse der Corona-Zeit gleichwertig sind. „Wir haben die Anforderungen nicht heruntergeschraubt!“, machte Bilke deutlich. Allerdings rechne er mit Verschiebungen bei den Bestehensquoten, der Anteil der Frustrierten werde steigen, die Anstrengungen aller Beteiligten dürften auch nach Corona nicht nachlassen.

Grund dafür: Auszubildende im dritten Lehrjahr durften weiter zur Berufsschule, alle anderen bekamen Aufgaben, und diese erledigten sie oft nur, wenn der Ausbildungsbetrieb sich engagierte. Teils saßen Azubis in den Büros am Rechner – und auch das hat seine Grenzen, machten die Praktiker deutlich.

Überzeugend vor der Kamera

Während im Saal diskutiert wurde, übten Pascal Klinkmüller (Schlieper Sonnewalde), Hermann Jermis (Milchgut Görlsdorf, v. r.), Wiebke Kullick und Ramon Roy (beide Landwirtschaftsbetrieb Kullick, nicht im Bild), wie sie ausbildungsrelevante Inhalte vor laufender Kamera auf den Punkt bringen.

Angeleitet von Dennis Budin und (l.) und Cornelius Ritter entstanden erste Erklärvideos. Die Medienprofis aus Braunschweig begleiten die Landwirtschafts-YouTuber noch ein halbes Jahr per Videochat.

© Heike Mildner

Corona-Erfahrungen für bessere Ausbildungssituation nutzen

Für sie habe sich kaum etwas geändert, erzählt Hannah Lütteken, Azubi-Absolventin der Agrargenossenschaft Goßmar. Dass die Klasse halbiert wurde und sie nun mit 15 statt mit 30 Azubis das Klassenzimmer teilte, war sogar ein angenehmer Nebeneffekt, der ihrer Meinung nach ruhig beibehalten werden könnte. Das werde nicht passieren, sei leider eine Frage des Ausbildungsschlüssels, bedauert Bilke.

Andere Erfahrungen aus der Corona-Zeit könnten dagegen künftig durchaus für eine bessere Ausbildungssituation sorgen. Mario Schwarze, Hannahs Ausbilder in Goßmar, rät, die digitale Ausstattung der Schulen, Betriebe und Azubis – weiter im Blick zu haben und auch die Schulcloud weiter auszubauen. Sie biete unfassbar viele Möglichkeiten, bestätigt Andrea Präger vom Oberstufenzentrum (OSZ) des Kreises Spree-Neiße, man könne sich beispielsweise Arbeitsaufträge ansehen, Arbeiten für Leistungsstarke und -schwache differenzieren und mehr: ein riesiger Sprung. Als es im März mit Corona losging, hätten nicht einmal alle eine E-Mail-Adresse gehabt, so Präger. Der Wunsch, den Unterricht per Videokonferenz auch künftig online zu stellen, um beispielsweise kranken Azubis eine Teilnahme zu ermöglichen, hält Präger allerdings allein aus Datenschutzgründen für utopisch.

2. Märkischer Ausbildertag: Schulterschluss schaffen

Anja Müller-König (Agrargenossenschaft Goßmar) gab zu bedenken, wie wichtig die persönliche Ansprache ist. „Wir begleiten diese jungen Menschen im Alltag, unterbrochen durch die Berufsschule. Die Kommunikation mit der Berufsschule war eine Katastrophe!“, macht Müller-König deutlich. Sie wünsche sich explizit eine enge Zusammenarbeit mit der Lehrerschaft, um bei Problemen schnell gemeinsam zu agieren.

Ein sofortiger Anruf – beispielsweise wenn Azubis in der Berufsschule fehlen – müsse selbstverständlich sein. Holger Daniel vom Ausbildungsnetzwerk Nord-Ost erinnerte an das früher übliche Pendelheft: Der Lehrer habe einen Vermerk gemacht, abends sei der Betrieb informiert gewesen. „Das hat sich auf die Anwesenheit der Azubis ausgewirkt. Sie wussten: Die reden miteinander!“


Landesflagge Brandenburg

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Wer bildet aktuell aus?

Sabine Baum, im Agrarministerium mit dem Thema Ausbildung betraut, habe in acht Wochen am Corona-Bürgertelefon gelernt, darauf zu vertrauen, dass in ihrem eigentlichen Arbeitsbereich alle machen, was gerade am wichtigsten ist. Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte sei gerade die Anpassung der Fördermaßnahmen für die überbetriebliche Ausbildung. Die Pflege der Liste mit den aktuellen Ausbildungsbetrieben sei hingegen eigentlich keine ministerielle Aufgabe. Es war kritisiert worden, dass diese Liste nicht auf dem aktuellen Stand sei.

Allerdings ist dabei auch die Eigeninitiative der Ausbildungsbetriebe gefragt: Wer auf www.agrarausbildungsbetriebe.brandenburg.de seinen Betrieb aufruft und Differenzen zur Realität feststellt, kann sich an Meike Mieke vom BVLB wenden, die den 2. Märkischen Ausbildertag vorbereitet hat. In der nächsten Woche stellen wir die Überlegungen zum neuen Lernfelder-Lehrplan für Landwirte vor.

Zusatzausbildung

Ein 80-Stunden-Kurs „Rehabilitationspädagogische Zusatzausbildung“ für Ausbilder findet vom 7. September 2021 bis 18. Januar 2022 dienstags an der Landwirtschaftsschule Oranienburg-Luisenhof.

Infos dazu erteilt Gudrun Glawe, Tel. (0 33 01) 601 70 45.

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Bessere Feldhygiene mit neuem Kombimulcher

In einem Forschungsprojekt wurde ein Gerät entwickelt, das nach dem Drusch mit flacher Arbeitsweise mehr Samen zum Keimen anregt als Kurzscheibeneggen oder Grubber.

Von Prof. Dr. Wolfgang Kath-Petersen, Institut für Bau- und Landmaschinentechnik der Technischen Hochschule Köln

Blätter, Stängel und Stoppeln, die nach der Ernte auf dem Acker bleiben oder als Zwischenfrucht gezielt den Humusgehalt heben sollen, sollen zerkleinert und anschließend in den Boden eingearbeitet werden. Außerdem gilt es, Ausfallgetreide und -raps sowie Unkrautsamen nur leicht mit Erde zu bedecken, damit die Keimung zügig einsetzen kann.

Dafür waren bisher mehrere Arbeitsschritte notwendig. Jetzt hat ein Konsortium im Rahmen des Forschungsprojektes Kombimulcher ein modulares System entwickelt. Es soll ermöglichen, Erntereste möglichst vollständig aufzunehmen, in einstellbaren Intensitäten zu verarbeiten und besonders flach in den Boden einzumischen.

Projekt von Firmen und Hochschulen

Erntereste müssen in einem meist engen Zeitfenster zwischen der Ernte der Vorfrucht und der Saat der Folgekultur intensiv bearbeitet und leicht in den Boden eingemischt werden, damit die Zersetzung rasch vorankommt. Andernfalls bedrohen Pilze, die das auf dem Acker verbleibende Material zersetzen, die nächste Kultur und machen eine Fungizidmaßnahme erforderlich. Wird aber eine Zwischenfrucht vor dem Winter gemulcht, kann es durchaus vorteilhaft sein, die Reste etwas gröber liegen zu lassen, um so die Zersetzung zu verlangsamen und damit die Oberfläche vor Erosion zu schützen. Eine mögliche Infektionsgefahr entfällt ja in der Zeit.

Zusätzlich sollen nach der Ernte auch Ausfallsamen rasch auflaufen, um die jungen, daraus keimenden Pflanzen mit der folgenden Bearbeitung mechanisch zu bekämpfen. Alle Maßnahmen zusammen verfolgen das Ziel einer besseren Feldhygiene, um den Bedarf an chemischen Pflanzenschutzmitteln zu senken.

Viele Ansprüche also, die ein modulares Konzept erfüllen soll, das in einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Firmen Müthing und Güttler mit der Universität Dresden, der Fachhochschule Südwestfalen in Soest, der Technischen Hochschule Köln und der Ackerbauberatung Hanse Agro entwickelt und bewertet wurde. Das Projekt wurde bis Februar 2021 über drei Jahre vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ gefördert.

Maisstoppelfläche nach der Ernte mit Spuren durch den  Transportverkehr
Maisstoppelfläche nach der Ernte mit Spuren durch den Transportverkehr. (c) TH Köln

Kombimulcher: Warum ein modulares Konzept?

Die Ansprüche an die geplante Kombination sind vielfältig. Im Zentrum der Produktentwicklung stand der Kombimulcher mit der dazu jeweils passenden Bodenbearbeitung. Schnell wurde klar, dass ein Gerät für alle Einsatzbereiche ohne wesentliche Kompromisse schwer zu finden sein würde.

Die Strohmatten von Körner- und Silomais unterscheiden sich nach der Ernte wesentlich, und der Zünsler muss als besondere Gefahr bedacht werden. Nach Getreide- und Rapsernte bleiben völlig andere Stoppel- und Strohmassen als bei Mais zurück, aber Ausfallgetreide und -raps müssen flach bedeckt werden. Und für die Bearbeitung der Zwischenfrucht genügt möglicherweise der Mulcher allein. Also schien ein modularer Aufbau sinnvoll, der dem Kunden für seine Einsatzverhältnisse Anpassungsspielraum lässt – bei der Investition in passende Komponenten und auch in der jeweiligen Zusammenstellung.

Dazu zwei konkrete Beispiele:

Einige Zusatzmodule wurden entwickelt und getestet, um gezielt den Besonderheiten im Mais gerecht zu werden. Nach der Ernte bleiben die Stoppeln stehen, ein idealer Rückzugsort für den Schädling Zünsler. Zusätzlich ist ein Teil der Stoppeln während der Ernte überfahren worden und liegt platt am Boden. Wie können sie vor dem Mulcher aufgerichtet und für die Werkzeuge erreichbar werden? Was macht man alternativ mit den Wurzelstöcken, um eine Rotte zu beschleunigen und den Unterschlupf des Zünslers zu zerstören? Einfach nur die Fläche zu grubbern, scheint zu wenig, denn die Wurzelstöcke bleiben intakt. Diese zwei beispielhaften Aufgaben waren als Teilmodule zu konzipieren und wurden an der Technischen Hochschule Köln entwickelt und bearbeitet.

Forschung im praktischen Feldeinsatz

Die zwei Einsatzbilder oben zeigen Funktionsmuster, mit denen versucht wurde, die Anforderungen zu lösen. Vor dem Kombimulcher sollten die Maisstoppeln aufgestellt werden. Dazu gab es verschiedene Ideen, wie mit wenig Kraftbedarf und kostengünstiger Konstruktion eine geeignete Wirkung erzielt werden könnte. Das Konzept des Rollstriegels ist aus der mechanischen Unkrautbekämpfung bekannt. Für den Einsatz im Mais wurden dazu unterschiedliche Werkzeuge getestet, denn das einfache Zinkenelement war mit den kräftigen Maisstoppeln überfordert. Es musste also mehr Materialstärke her, um mit der kämmenden Wirkung die Stoppeln aufzurichten.

Die grundsätzliche Funktion konnte in der Bodenrinne der Versuchswerkstatt und im Feldeinsatz nachgewiesen werden. Für den Einsatz im Körnermais bringt allerdings die Strohmenge das System an Grenzen. Außerdem ist der Bedarf an Bauraum vor dem Mulcher noch zu groß. Also wurde noch ein anderer Weg verfolgt, um Stoppeln und Wurzelstock hinter dem Kombimulcher zu erfassen und intensiv zu beschädigen. Dazu wurde die Idee umgesetzt, mit senkrechten Scheiben die verbleibende Pflanzenreihe zu zerschneiden. Die Scheibenmodule sind dabei auf die Pflanzenreihe konzentriert.

Das stellt hohe Ansprüche an eine exakte Fahrweise. Besondere Herausforderungen entstehen auf bindigen Böden. Hier muss für eine wirksame Reinigung der Scheibenzwischenräume gesorgt werden. Auffällig ist hier auch der hohe Zugkraftbedarf. Die Wirksamkeit der Bearbeitung konnte dagegen überzeugen.

Kombimulcher: Vorteile beim Drusch durch längere Stoppeln

Aus zahlreichen Geräte- und Modulvarianten haben sich im Laufe der Tests einige besonders geeignete herauskristallisiert, die jetzt umgesetzt werden. Für die Arbeiten nach Getreide und Raps sind die Herausforderungen völlig andere als im Mais. Denn hier ist die besonders flache Bodenbearbeitung gefordert, um die Samen von Unkraut und Ausfallgetreide bzw. -raps schnell zum Keimen zu bringen. Dabei kommt dem Ziel das feine Mulchmaterial besonders zu gute: Stoppelreste werden durch die Mulcherwerkzeuge zerschlagen und gleichmäßig über den Ausfallsamen verteilt. Damit entsteht in Verbindung mit der flachen Einmischung in den Boden ein perfektes Mikroklima – die Feuchtigkeit bleibt in dieser Schicht länger erhalten. Ideal für einen raschen Feldaufgang.

Die Stoppeln können beim Dreschen wegen des nachfolgenden Einsatzes des Kombimulchers höher geschnitten werden. Das entlastet das Dreschwerk und erfordert weniger Kraft am Häcksler. Außerdem wird die Gefahr verringert, Steine in die Dreschorgane zu bekommen. Dagegen stehen aber mehr Arbeitszeit und höhere Verfahrenskosten für den Einsatz des zapfwellengetriebenen Mulchers. Der Einsatz lohnt also nur dann, wenn ein anderer Arbeitsgang damit eingespart werden kann und die Effekte den Aufwand rechtfertigen. Aber das funktioniert: Mulchen der Stoppel, Bedecken der Ausfallsamen und dazu eine leichte, flache Bodenbearbeitung durch die Prismenwalze, alles in einem Arbeitsgang. Das genügt als erste Bearbeitung nach dem Dreschen. Dann kann die Rotte einsetzen, und Unkräuter sowie Ausfallgetreide können auflaufen.

Mit einem späteren, zweiten und dann tieferen Arbeitsschritt – z. B. mit dem Grubber – wird beides in den Boden eingemischt und der Aufwuchs so wirksam zerstört.

Bester Auflauf mit der Mulcherkombination

Die Begrünung nach der ersten Bearbeitung ist hier ein Maßstab, um den Effekt zu messen. Dazu hat die Zeitschrift profi den Kombimulcher im vergangenen Jahr im Vergleich mit anderen Geräten zur Stoppelbearbeitung eingesetzt. Um mit dem ersten Bearbeitungsgang möglichst viele Samen zum Keimen anzuregen, bedarf es einer sehr flachen Einmischung. Sonst werden die Samen vergraben und fallen in eine Keimruhe. Kommen sie dann bei einer späteren Bodenbearbeitung wieder an die Oberfläche, meist erst mit der Saatbettbereitung, laufen sie zeitgleich mit der neuen Kultur auf. Dann wird eine chemische Bekämpfung nach der Saat notwendig. Das soll vermieden werden.

Vergleichstest auf Weizenstoppeln mit 9 geräten

Zum Vergleichstest auf Weizenstoppeln kamen neun Geräte verschiedener Hersteller zum Einsatz. Dabei lautete die Anforderung des Testteams, dass eine möglichst flache Bearbeitung erfolgen sollte. Verglichen wurden neben spezialisierten, flach schneidenden Werkzeugen, kombiniert mit mehrreihigen Striegeln, auch Standardlösungen wie dreireihiger Flügelschargrubber und Kurzscheibenegge.

Darüber hinaus war erstmals auch der beschriebene, modular ausgestattete Mulcher Müthing Agriline angetreten, der als erstes greifbares Produkt aus dem Forschungsprojekt angesehen werden kann. Bei diesem Gerät handelt es sich um einen Mulcher mit mehr Schlegeln auf der Welle (42 statt 24) und einer zusätzlichen, integrierten Schneidkante. Beides unterstützt eine deutlich intensivere Aufbereitung der abgeschlagenen Ernterückstände.

Vor dem Mulcher ist optional ein Striegel angeordnet. Dessen 12 mm starke Zinken sind in einem Abstand von 17 cm angeordnet und haben die Aufgabe, Feinerde zu lösen und ungleichmäßig verteiltes Stroh auseinanderzuziehen. Hinter dem Mulcher ist eine schwere Güttlerwalze angeordnet, bei der jeder zweite Ring flexibel auf der Welle angeordnet ist, um eine bessere Bodenanpassung zu erreichen. Für das Andrücken der Ausfallsamen ist das besonders günstig. Die komplette Kombination kann auch aufgelöst gefahren werden, der Mulcher samt vorlaufendem Striegel in der Fronhydraulik und die Walze solo im Heck.

Beim Vergleichstest wurden die aufgelaufenen Pflanzen je Quadratmeter gezählt. Im Durchschnitt waren das:



flach arbeitende Mulchkombi überzeugt

Beim Feldaufgang zeigte die besonders flach arbeitende Mulchkombi die besten Ergebnisse im Vergleich zu bekannten Systemen wie Kurzscheibenegge und Grubber. Beide bewegen mit ihren Werkzeugen viel Erde und graben die Ausfallsamen zu tief in die Erde. Da scheint die flache Arbeit im Vorteil. Gerade bei der ersten Maßnahme ist diese Werkzeugwahl besonders vorteilhaft, und die gewünschte Wirkung stellt sich im Feldaufgang ein. Daran ist auch die feine Mulchschicht beteiligt, die Feuchtigkeit festhält und den Aufgang wirksam unterstützt.

Bleibt noch die Frage der Verfahrensleistung. Der Mulcher wurde im Test mit rund 12 km/h gefahren und erreichte so mit seinen 2,8 m Arbeitsbreite 2,7 ha pro Stunde. In Verbindung mit dem ackerbaulichen Ergebnis bietet sich mit der Mulchkombi Agriline also eine für die aktuellen Anforderungen der Praxis passende Lösung. Ein Erfolg der gemeinsamen Arbeit vieler Beteiligter im gemeinsamen Projekt.

Module der MüthingAgriline-Mulchkombi in  aufgelöster Bauweise als  CAD Zeichnung
Module der Müthing Agriline-Mulchkombi in aufgelöster Bauweise als CAD Zeichnung. (c) Werkbild, TH Köln

FAZIT

Mit einem neu konzipierten Gerät mit flexiblem Aufbau konnte bei der ultraflachen Stoppelbearbeitung ein besseres Arbeitsergebnis als mit üblicher Technik erreicht werden. Dazu kommt der Vorteil, dass lange Stoppeln für das Gerät kein Problem sind. Das entlastet den Mähdrescher und ermöglicht mehr Durchsatz.

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