Willkommene Glücksbringer

Im Vogtland können sich Familie Schneider aus Hermsgrün und Familie Hartenstein aus Gansgrün ein Leben ohne ihre Schwalben nicht vorstellen. Die Frühlingsboten nisten dort sogar in einer Lackierwerkstatt und bereits seit rund hundert Jahren auf einem Vierseitenhof.

Von Silvia Kölbel
Fotos: Silvia Kölbel (6); NABU/Ingo Ludowichowsky; IMAGO STOCK&PEOPLE

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts galten Schwalben als Frühlingsboten und Glücksbringer, die das Haus vor Feuer und Blitz sowie das Vieh im Stall vor Krankheiten bewahrten. Nie wäre jemand auf die Idee gekommen, ein Schwalbennest zu entfernen. Weil sich unter ihren Nestern und Sitzplätzen aber auch jede Menge Kot ansammelt, sind sie heute nicht mehr an jedem Haus gern gesehene Gäste.

Schwalben-Geschichten aus Hermsgrün

Doch Menschen, die mit Schwalben leben, tun es gern, sind begeistert und können sich ein Leben ohne ihre gefiederten Mitbewohner gar nicht vorstellen. Und auch für das Problem Schwalbendreck gibt es einfache Lösungen, wie zwei Beispiele aus dem Vogtland zeigen.

In Hermsgrün haben sich Rauchschwalben etwa vor 15 Jahren ausgerechnet die Lackierwerkstatt von Gerd Schneider als Brutquartier ausgesucht. Fünf bis sechs Paare ziehen über den Köpfen der arbeitenden Männer jedes Jahr zwei Bruten auf. In der Werkstatt ist es laut. Kunden gehen ein und aus. Das Rolltor wird geräuschvoll geöffnet und geschlossen. Das Radio läuft den ganzen Tag und manchmal riecht es auch nach Lacken und Farben. „Das scheint die Schwalben überhaupt nicht zu stören. Also gehe ich davon aus, dass wir doch insgesamt eine gute Raumluft haben und sie sich hier wohlfühlen“, sagt Gerd Schneider.

Ihre Nester kleben die Schwalben überall hin, wo sie meinen, ein gutes Plätzchen gefunden zu haben: an die Deckenheizung oder zwischen Rohre. In einem der oberen Fenster des Rolltors entfernt Gerd Schneider jedes Jahr das Glas und ersetzt es durch eine Pappe mit einem runden Loch in der Mitte. Pfeilschnell fliegen die Schwalben mit angelegten Flügeln durch die kleine Öffnung. Damit sie nicht aus Versehen gegen die Fenster fliegen, haben Schneiders dort schwarze Folie-Vögel aufgeklebt.

Die Schwalben sitzen auf den Rohren und singen von dort aus den arbeitenden Männern unentwegt ihr fröhliches Lied vor. „Wenn sie im Frühling ankommen, meist in der ersten Aprilwoche, dann fliegen sie auf unsere Terrasse, manchmal auch durch die geöffnete Tür direkt ins Wohnzimmer, damit wir sie sehen und ihnen die Tür der Werkstatt öffnen“, ist sich Ehefrau Ines Schneider sicher, dass ihr die kleinen Mitbewohner einen Begrüßungsbesuch abstatten.

Das Aufziehen der Jungen ist jedes Jahr für alle Beteiligten ein Erlebnis der besonderen Art. „Wenn eine kleine Schwalbe aus dem Nest fällt, setzen wir sie wieder rein. Voriges Jahr wollte ein Elternpaar die zweite Brut nicht mehr aufziehen. Warum, wissen wir nicht. Die Altvögel haben die Jungen aus dem Nest geschmissen. Wir haben sie aufgehoben, sie aufs Regal gesetzt, ihnen Wasser hingestellt. Dann kamen auch die Altvögel wieder und haben weiter gefüttert. „Wir haben uns sozusagen die Verantwortung für die Kleinen mit den Eltern geteilt. Allerdings mussten wir jedes Mal, wenn wir ein Auto wegfahren wollten, erst schauen, ob nicht die Schwalbenkinder auf dem Fußboden sitzen“, erinnert sich Ines Schneider noch gut an diese Episode im Leben der Familie mit ihren Schwalben.

An- und Abreise wird dokumentiert

„Manchmal werden die Jungen auch recht zahm und bleiben auf der Hand ruhig sitzen“, berichtet Gerd Schneider. Er hat nicht nur dieses besondere Erlebnis fotografiert. Er trägt auch jedes Jahr die Ankunft und die Abreise der Schwalben in einen Kalender ein.

Zwischen Gerd Schneider und einem befreundeten Nebenerwerbslandwirt aus dem Nachbarort Rebersreuth, bei dem auch Schwalben brüten, sind die Vögel oft Gesprächsthema. „Wir haben unsere erste Schwalbe dieses Jahr am 31. März gesehen. Das war sehr zeitig. In Rebersreuth kamen sie eine Woche später an.“ Das Thema Schwalbendreck ist für Schneiders kein Problem. Wenn welcher auf dem Fußboden liegt, wird er weggeräumt.

Schwalbennest in der Werkstatt
(c) Silvia Kölbel

Wenn im Frühling alle sechs Nester bezogen sind, dulden die fliegenden Bewohner keine Konkurrenz. „Fliegen weitere Schwalben in die Werkstatt, werden sie von den anderen vertrieben, im Extremfall sogar getötet. Vermutlich reicht das Futter nur für diese sechs Paare“, so die Erklärung von Gerd Schneider für dieses Verhalten der Vögel.

Für Schneiders haben die Schwalben tatsächlich Glück ins Haus gebracht, das Glück, die Natur aus nächster Nähe beobachten zu können und viele schöne Erlebnisse. Und sie sind nützlich. „Durch die Schwalben haben wir keine Insekten in der Werkstatt, die an frisch lackierten Autos kleben bleiben könnten“, sagt Gerd Schneider.

Schwalben-Geschichten aus Gansgrün

Eine ganz andere Schwalben-Geschichte kann Familie Hartenstein aus Gansgrün erzählen. Auf dem Vierseitenhof leben vier Generationen unter einem Dach – vom 93-jährigen Walter Hartenstein, seinem Sohn Siegfried, seinem Enkel Daniel bis zu dessen Kindern und den dazugehörigen Ehefrauen. Seit ungefähr 100 Jahren gehört eine Mehlschwalbenkolonie zum Hof. Die etwa 40 Nester kleben im überdachten Hofeingang am Holzgebälk. Neuerdings bauen die Schwalben auch wieder Nester hinter der Dachtraufe am Wohnhaus.

Walter Hartenstein, der sein ganzes Leben auf dem Hof verbrachte, kennt sein Zuhause nur mit Schwalben. Der 39-jährige Enkelsohn Daniel sagt über die zwitschernden Mitbewohner: „Das ist Natur. Die Schwalben gehören zu uns. Auch wenn sie alles vollkacken.“

Früher, so berichtet Siegfried Hartenstein, seien es weniger Schwalben gewesen, „etwa nur ein Drittel“, schätzt er. Dafür habe es auch noch Rauchschwalben gegeben. „Doch seit wir hier keine Rinder mehr halten, sind auch die Rauchschwalben verschwunden.“ Auch bei Hartensteins ist die Ankunft der Schwalben im Frühjahr ein besonderes Erlebnis. „Wir sind jedes Jahr gespannt, wie viele zu-rück kommen“, sagt Siegfried Hartenstein.

Holztafeln unter den Nestern

Da die Schwalben direkt über dem Eingang nisten, mussten sich die Männer etwas einfallen lassen, damit die Hausbewohner nicht Slalom um die Kothäufchen laufen müssen, bei gleichzeitiger Gefahr von oben eine Portion abzubekommen. Siegfried Hartenstein hat Holztafeln unter die Nester gehängt. Seitdem gibt es keine Probleme mehr. Die Nester haben Hartensteins mit einer Leiste und mit einer Drahtkonstruktion geschützt, damit sie nicht herunterfallen. „So können die Schwalben gleich nach der Ankunft mit der Brut beginnen und müssen keine Zeit mit dem Nestbau verschwenden“, berichtet der 68-Jährige.

Gefahr droht den Schwalben manchmal durch Katzen. Siegfried Hartenstein hat Folgendes beobachtet: „Wir hatten eine Katze, die sich ganz ruhig mitten in den Hof gesetzt hat. Diesen Feind haben die Schwalben natürlich attackiert und ihm jedes Mal ein paar Haare herausgerissen. Doch die Katze ist mehrere Male ganz ruhig sitzen geblieben und hat sich nicht bewegt. Doch dann richtete sie sich plötzlich auf und die Schwalbe flog gegen ihre Brust – das war es dann für den Vogel.“

Auch die Hartensteins können sich ein Leben ohne Schwalben nicht vorstellen. „Sie gehören zu unserem Hof und sind uns ans Herz gewachsen“, sagt Siegfried Hartenstein.

Schwalben schützen

Mit etwa 700.000 Brutpaaren sowohl bei Rauch- als auch bei Mehlschwalbe gibt es nur noch halb so viele Vögel wie vor 30 Jahren, so der Naturschutzbund. Gründe sind das Insektensterben sowie Trockenheit im Winterquartier, Extremwetterereignisse auf dem Zugweg und immer weniger Nistmöglichkeiten.

Die Mehlschwalbe mit ihrem leuchtend weißen Bürzel und Bauch sowie dem tief gekerbten Schwanz nutzt vor allem rau verputzte Hauswände unter geschützten Dachvorsprüngen zum Bau ihres Nestes. Sie brütet gern in Kolonien.

Rauchschwalben, die über ihre braunrote Färbung von Kehle und Stirn gut erkennbar sind, bevorzugen Balken oder Mauervorsprünge in Ställen, Scheunen oder Carports. Leider bleiben die notwendigen Einflugluken nach Renovierungen zunehmend verschlossen oder sind bei Neubauten gar nicht erst vorhanden. „Möglichst viele Lager und Ställe sollten in der warmen Jahreshälfte nicht komplett verschlossen sein. Eine Einflugluke reicht Rauchschwalben bereits“, so der Nabu, der in Sachsen und anderen Bundesländern dazu aufruft, Schwalbennester und Brutstätten zu melden und für schwalbenfreundliche Höfe, Häuser und Schulen Plaketten vergibt. red

Verbot fordern und fertig? So einfach ist es nicht!

Die Kritik an allen Bereichen der Landwirtschaft wächst weltweit. Dennoch sprachen sich Wählerinnen und Wähler der Schweiz gegen zwei extrem emotionalisierte Kampagnen aus. Die Forderung nach einer faktenbasierten Diskussion wird laut.

Recht eindeutig haben die Wählerinnen und Wähler in der Schweiz zwei Volksinitiativen eine Abfuhr erteilt, die starke Eingriffe in die dortige landwirtschaftliche Praxis nach sich gezogen hätten.
Sowohl die Volksabstimmung „Für sauberes Trinkwasser“ als auch „Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ hatten ein pauschales Verbot synthetischer Pflanzenschutzmittel gefordert – und sogar ein Verbot der Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten, bei deren Herstellung „Pestizide“ angewendet wurden.

Trotz einer stark emotionalisierten und von großen Umweltverbänden unterstützten Kampagne – in der es mit den Fakten nicht immer so genau genommen wurde – sprachen sich 61 Prozent gegen die extremen Forderungen aus.

Kritik an der Landwirtschaft wächst

Landesredakteur Karsten Bär
Karsten Bär
Landesredakteur Sachsen

Das lässt sich daraus für uns in Deutschland ableiten? Zunächst einmal, dass nicht nur deutsche Landwirte ins Visier einer Gesellschaft mit wachsendem Umweltbewusstsein geraten sind. Auch anderswo sehen sich Landwirte mit Haltungen konfrontiert, die von berechtigten Ansprüchen bis hin zu extremen und unrealistischen Forderungen reichen.

Das tröstet wenig, aber es ordnet ein. Denn mitunter verkennt der Diskurs in der deutschen Agrarbranche, dass die gesellschaftliche Kritik an der Landwirtschaft überall in der westlichen Welt gewachsen ist. Auch in der Schweiz war es das großstädtische Milieu, aus dem die beiden Initiativen ihre Zustimmung bezogen. So, wie es auch hierzulande zu erwarten gewesen wäre.

Hier wie dort haben Umweltorganisationen großen Einfluss auf die Stimmung im Land. Und sie nutzen ihn – häufig ohne das nötige Verantwortungsbewusstsein. Entscheidungen müssen auf Basis von Fakten getroffen werden, nicht von gefühlten Wahrheiten.
Mit ihren Kampagnen entscheiden sich manche Organisationen immer wieder dagegen und schüren bewusst Emotionen. Im festen Glauben, für das Gute zu kämpfen, verletzten sie dabei immer häufiger Grenzen. Der von Greenpeace initiierte, angeblich missglückte, in jedem Fall aber gefährliche Gleitschirmflug über einem Fußballstadion ist ein Beispiel dafür, auch wenn sich diese Aktion gegen eine andere Branche richtete.

Volksinitiativen in der Schweiz: Diskussion auf faktenbasis

Trotz Einflussmacht und kreativem Spiel mit Fakten und Gefühlen haben diese Meinungsmacher in der Schweiz eine Niederlage kassiert. Im Übrigen auch, weil sich viele Biobauern gegen die populistischen Verbotsforderungen stellten. Das lässt hoffen, dass mit einer gesellschaftlichen Mehrheit auch hierzulande eine Diskussion auf Faktenbasis möglich bleibt.

Doch auch wenn pauschale Verbotsforderungen unsachlich sind und Kritik an der Landwirtschaft mitunter schlicht diffamierend ist: Dass es nichts zu tun gäbe, ist eine Illusion. So belegt eine aktuelle Untersuchung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung eine deutlich zu hohe Insektizid-Belastung in Kleingewässern.

Auch das muss man zur Kenntnis nehmen und nicht wegen unsachlicher Vorwürfe abtun. Kritische Selbstreflexion ist gefordert – und der Wille, das eigene Tun zu hinterfragen: Wie können Landwirte Pflanzen schützen, ohne dass die eingesetzten Mittel anderswo Schaden machen? Dafür gilt es gemeinsam – nämlich mit dem Sachverstand für Landwirtschaft und dem für die Umwelt – Lösungen zu finden. Das macht freilich mehr Arbeit, als lauthals Verbotsforderungen zu krakeelen. Aber es bringt am Ende mehr.

Onlinevermarktung: Nur einen Klick entfernt

Entweder man hat ein einzigartiges Produkt oder man ist sehr professionell. Über Chancen, Risiken und warum der Gang in die Onlinevermarktung für manche auch ernüchternd endet.

Von Max Bieber


Die Vorstellung ist verlockend: Statt Kunden nur im Umkreis von einigen Kilometern zu erreichen, die Reichweite durch Onlinevermarktung auf ganz Deutschland erweitern. Direktvermarkter haben nur einen begrenzten Warenbestand. Warum nicht diesen an die Kundschaft bringen, die auch bereit ist, einen fairen Preis dafür zu bezahlen? Anstatt an Ladenöffnungszeiten oder Markttage gebunden zu sein, einfach die Waren jeden Tag rund um die Uhr den Kunden zum Verkauf anbieten. Der Versand kann mit dem bestehenden Personal des Hofladens bewältigt werden.

Man kann sein Produkt online in drei Kategorien einteilen. Kategorie 1 sind gängige, allgemein bekannte Produkte wie zum Beispiel Käse oder Fleisch. Also Produkte, für die es einen großen Markt gibt, welcher jedoch schon mit unzähligen Konkurrenten besetzt ist. Hier steht man nicht nur im Wettbewerb mit anderen Höfen, sondern auch Großhändlern, die große Erfahrung in der Vermarktung mitbringen. Da sich die Kaufentscheidung der Kunden nicht gleichmäßig auf die Marktteilnehmer verteilt, sondern in den meisten Fällen der beste Marktteilnehmer das Geschäft macht, hilft es hier nicht, mittelmäßig zu sein. Der Erfolg wird sich anderenfalls auch nur mittelmäßig bis gar nicht einstellen.

Wenn da nicht die Konkurrenz wäre

Wie kann man trotzdem in Kategorie 1 gegen die Konkurrenz bestehen? Sowohl Sie als auch die Konkurrenz können in den meisten Fällen gute bis sehr gute Qualität liefern, ein Preiskampf ist ein Kampf, bei dem Sie verlieren werden. Schlicht aufgrund der Expertise, Zeit und Bekanntheit haben die großen Konkurrenzunternehmen meistens eine bessere und höhere Onlinepräsenz als Sie. Hier müssen Sie mit Vorzügen punkten, die andere nicht aufzeigen können. Grundvoraussetzung sind hierbei eine adäquate Produktpräsentation, bei der professionelle Produktbilder schon fast ein Muss sind. Glänzen Sie mit Fakten. Werbetexte schreiben, gestaltet sich online anders, als man es vielleicht aus Zeitungen oder dem Fernsehen kennt.

Heutzutage strömt sehr viel Werbung auf die Menschen ein, sodass die meisten Verbraucher gelernt haben, unbewusst Werbung auszublenden. Mit wilden Versprechen kommt man heute nicht weiter. Am besten verkaufen Fakten. Dabei muss es nicht immer nur die Reifezeit des Weines oder der Marmorierungsgrad des Rumpsteaks sein. Diese Fakten kann jeder Lebensmittelgroßhandel genauso liefern. Sorgen Sie dafür, dass der Kunde zwar nur ein Produkt bezahlt, aber mindestens zwei Produkte erhält. Kunden, die für sich Produkte direkt vom Hof beziehen wollen, tun dies nicht, weil Ihr Produkt das vermeintlich Beste oder Günstigste ist. Diese Kunden wollen wissen, wo die Sachen herkommen, die Sie konsumieren. Sie wollen sich damit identifizieren und kaufen somit immer auch ein stückweit die Story und das gute Gewissen ein. Geben Sie Einblick in die Produktion, zeigen Sie die Leidenschaft und Expertise, die hinter Ihrem Produkt steht. Das Misstrauen in die Lebensmittel und deren Herkunft ist auch oft in der Anonymität begründet, die nun mal die industrielle Fertigung mit sich bringt. Zeigen Sie Persönlichkeit und sorgen Sie somit für Vertrauen in Ihr Produkt.

Zur zweiten Kategorie gehören Produkte, die nur begrenzt auf dem Markt verfügbar sind. Produkte, bei denen die Nachfrage das Angebot übersteigt. Wenn Sie ein solches Produkt anbieten können, bringt das enorme Vorteile in der Onlinevermarktung. Ein Bei-spiel für so ein Produkt sind Straußeneier aus Deutschland. Es werden hierzulande lediglich etwa 20.000 Eier produziert. Dieses Angebot deckt die Nachfrage bei Weitem nicht. Hinzu kommt, dass Straußen in Winterruhe gehen, sodass dieses Produkt nicht das ganze Jahr über verfügbar ist. Ein solches Produkt bringt im Marketing weitere Vorteile, da der Handel weder direkte noch indirekte Konkurrenz ausübt. Online-Marketingkosten hängen immer stark von der Konkurrenz ab. So ist beispielsweise die Positionierung Ihres Angebots bei Google von Ihrem Gebot abhängig. Werden Sie überboten, oder hat Ihre Seite einen schlechten Qualitätsfaktor, rutscht Ihr Angebot automatisch nach hinten. Ist also die Konkurrenz gering, sind auch Ihre Marketingausgaben gering.

Zur dritten Kategorie gehören Produkte, die auf dem Markt vergleichsweise unbekannt sind. Produkte, die die meisten Menschen also nicht kennen. Hier sind zwar aufgrund des geringen Suchvolumens die Marketingkosten gering, jedoch ist es genauso kompliziert die Kundschaft dafür zu finden. Anbieter dieser Produkte müssen zuallererst die richtige Kundengruppe analysieren und dann aufzeigen, warum diese diese Produkte benötigen.

Online ist der Neukunde anonym

Ein Kunde kommt in den Hofladen und erkundigt sich über Ihr Produkt. Nun kann Ihr Verkaufsgespräch beginnen und das mit guten Erfolgschancen. Der Kunde hat den Weg auf Ihren Hof gefunden in der Absicht nicht mit leeren Händen wieder von dannen ziehen zu müssen. Sie können auf die Fragen des Kunden eingehen und mit einem freundlich zuvorkommenden Gespräch das Geschäft abschließen. Im besten Fall haben Sie dem Kunden näher gebracht wie viel Leidenschaft und Expertise hinter Ihrem Produkt steckt. Der Kunde weiß nun, warum er nicht im Supermarkt war, sondern bei Ihnen auf dem Hof. Wahrscheinlich wird er immer wieder kommen und Ihren Hoflanden vielleicht sogar seinen Freunden und Bekannten empfehlen.

Wie kann man also agieren?

Genauso muss der Onlinekunde Sie auch kennenlernen. Es reicht nicht, ein großartiges Produkt zu haben. Die Konkurrenz hat auch ein großartiges Produkt, vielleicht sogar noch wesentlich günstiger. Diese Aufgabe ist hier nicht zu unterschätzen, denn Sie müssen die Fragen des Kunden voraussehen und ihn ganz ohne Mimik und Gestik überzeugen, dass Ihr Produkt das Beste ist. Anders als der Kunde auf Ihrem Hof ist das Konkurrenzprodukt online nur einen Klick entfernt.

Sorgen Sie für einen guten Informationsgehalt. Dazu gehören ausführliche Produktbeschreibungen und perfekte Produktbilder. Differenzieren Sie sich von anderen Anbietern durch Persönlichkeit und geben Sie Einblicke in die Produktion. Niemand weiß so gut wie Sie, was Ihr Produkt ausmacht. Teilen Sie dieses Wissen mit Ihren Kunden. Geben Sie zum Beispiel Servier- oder Zubereitungsempfehlungen. Sie müssen die gleiche warme und vertrauenswürdige und dennoch faktenbasierte Atmosphäre schaffen wie in Ihrem Hofladen. Vergessen Sie nie, dass hinter der Adresse, an die das Paket geht, ein ganz normaler Mensch steht.

Auch wenn das leider die wenigsten tun, seien Sie glücklich über jede Kunden-E-Mail. Egal ob es Fragen zu Ihren Produkten sind oder Support-Anfragen. Wenn der Kunde anfängt, mit Ihnen zu kommunizieren ist das immer positiv. Entweder bekommen Sie eine zweite Chance, Ihre Verkaufsargumente vorzubringen oder Sie sammeln Erfahrungen mit Fehlern Ihres Produktes, die Ihnen vielleicht noch nicht bekannt waren. Ziehen Sie Rückschlüsse aus dem Feedback und verbessern Sie Ihre Onlinepräsenz. Selbstverständlich müssen solche Anfragen immer zeitnah bearbeitet werden. Sie werden feststellen, dass Sie so dankbare Stammkundschaft aufbauen werden. Und auch, wenn Ihre mögliche Reichweite Online wenig begrenzbar ist, ist dennoch Stammkundschaft die Beste. Sie zahlen im Onlinemarkting für jeden Klick. Jeder Kunde, der ein zweites Mal direkt auf Ihre Seite kommt, ist kostenfrei. Somit wächst mit einer steigenden Anzahl von wiederkehrenden Kunden die Rentabilität Ihres Onlineshops. Somit zahlt sich Zuverlässigkeit, nicht nur hinsichtlich der Qualität Ihres Produktes, sondern auch in dem man sich einfach an die Versandzeiten hält, immer doppelt für Sie aus. Kleine Serviceleistungen, wie eine Versandbestätigung inklusive Sendungsverfolgungsnummern oder Feedbackangebote, sind heutzutage Leistungen, die der Kunde erwartet.

Der kleine Unterschied mit enormer Wirkung

Wie so oft liegt der Teufel im Detail und die Kunden verteilen sich nun leider nicht gleichmäßig auf die Marktteilnehmer. Die besten Anbieter erzielen eben das Geschäft, dabei ist irrelevant, wie gut Sie sind, wenn eben die Konkurrenz nur ein wenig besser ist. Schauen Sie sich Ihren Onlineshop selbstkritisch an, oder nutzten Sie Testkunden, um den Faktor „Betriebsblindheit“ auszuschließen. Es reicht eben nicht, den Kunden durch ausgeklügelte Marketingkampagnen auf Ihren Shop zu lenken, wenn dann der Kauf nicht abgeschlossen wird. Erstrahlt Ihr Shop in einem ansprechenden Design? Und wenn ja, sieht dieses Design auch ansprechend gut auf jedem Browser oder Gerät aus. Schauen Sie sich intensiv die mobile Ansicht Ihrer Seite an, denn die meisten Kunden shoppen heute nicht mehr über Ihren Computer, sondern über Ihr Smartphone. Ganz entscheidend ist auch die Ladegeschwindigkeit Ihrer Webseite. Zu große und veraltete Dateiformate sorgen oftmals für lange Ladezeiten. Der Kunde von heute akzeptiert so etwas in den meisten Fällen nicht, es sei denn er kennt Ihr Produkt schon. Für die Neukundengewinnung sind jedoch lange Ladezeiten Gift.

Ein weiterer Fehler, den Sie vermeiden sollten, sind Mindestbestellmengen. Sie wollen aus Ihren Neukunden Stammkunden machen. Viele Kunden testen jedoch zunächst, bevor Sie große Bestellungen auslösen. Auch wenn die Gewinnspanne vielleicht zunächst nicht besonders hoch ist beim Versand von einem Käse oder einer Flasche Apfelsaft. Sie werden insgesamt weniger Umsatz haben, wenn Sie dem Kunden aufbürden von Anfang an ganze Kisten zu nehmen. Natürlich gilt das auch für die Versandkosten. In Zeiten von Amazon sind es viele Kunden gewöhnt, keine Versandkosten zu zahlen. Natürlich müssen Sie entscheiden, ab wann sich für Sie ein Geschäft lohnt und bevor man an einem Verkauf Verlust macht, macht man das Geschäft lieber nicht. Halten Sie jedoch Ihre Versandkosten möglichst gering. Eine elegante Lösung ist es, die Versandkosten in das Produkt einzupreisen oder ab einem bestimmten Bestellwert auf die Versandkosten zu verzichten. Tatsächlich stellen die Versandkosten gerade in der Vermarktung von frischen Produkten stets die größte Hürde dar. Aber auch hier gibt es mittlerweile zahlreiche effiziente Lösungen, die von Versanddienstleistern und Versandmittelherstellern angeboten werden. Gerade bei Versanddienstleistern, die zum Beispiel auf Übernachtlieferung spezialisiert sind, lohnt es sich oft, über die Konditionen zu verhandeln.

Analysieren Sie die Bezahlmöglichkeiten, die Sie dem Kunden anbieten. Kunden, die über keine Ihrer angebotenen Zahlungsmöglichkeiten verfügen, werden zwangsläufig den Kauf nicht abschließen und sich dann auf anderen Webseiten nach einem adäquaten Produkt umschauen. Daher ist es wichtig, sich hier so breit wie möglich aufzustellen. Paypal, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder auch Vorkasse sind hier nur einige wenige Beispiele. Vergleichen Sie und wählen Sie möglichst viele Zahlungsmöglichkeiten aus. Bei der Entscheidung, welches Zahlungsmittel das richtige für Ihren Shop ist, sollte die Betrugssicherheit jedoch auch immer eine wichtige Rolle spielen. Zahlungsmöglichkeiten, bei denen der Kunde den Kauf erst abschließen kann, wenn die Ware auch bezahlt ist, sind hierbei tendenziell immer die besten. Es gibt jedoch auch Zahlungsdienstleister, die einen gewissen Verkäuferschutz bieten und im Fall von nicht zahlender Kundschaft die Verantwortung übernehmen.

Fazit

Die Onlinevermarktung bietet für Direktvermarkter fast grenzenlose Möglichkeiten. Es ist jedoch wie in allen Geschäftsbereichen: Ohne Expertise, Ausdauer und nötige Investitionen bleibt der Erfolg meisten aus. Da es online oft zahlreiche Konkurrenzprodukte gibt, sorgt Mittelmäßigkeit für schnelle Ernüchterung und zum Teil für Investitionsruinen. Den einen optimierten effizienten Onlineshop gibt es nicht für Null. Es gibt viele Feinheiten, die es zu beachten gibt, doch wenn man den Onlinekunden die gleiche Aufmerksamkeit schenkt wie dem Kunden im Hofladen, kann ein eigener Onlineshop ein lohnender, effizienter Absatzkanal werden.

Strom: Eigenverbrauch ohne Risiko

Selbst erzeugten Strom zu nutzen, kann erhebliche Kosten sparen. Allerdings sind die Regelungen zur EEG-Umlage sehr unübersichtlich und komplex gestaltet. Zudem halten sie eine Reihe von Fallstricken bereit.

Von RA Dr. Manuela Herms *


Der Selbstverbrauch von Strom ist in den vergangenen Jahren auch für Biogasanlagenbetreiber, die noch eine vergleichsweise hohe Einspeisevergütung geltend machen können, wirtschaftlich interessant geworden. Das liegt vor allem daran, dass beim Verbrauch von selbst erzeugtem Strom bestimmte Strompreisbestandteile – insbesondere Netzentgelte, Stromsteuer und EEG-Umlage – ganz oder teilweise entfallen. Gerade die EEG-Umlage macht hier mit aktuell 6,5 ct/kWh, also mit mehr als 20 Prozent des durchschnittlichen Bruttostrompreises, einen erheblichen Teil der Stromkosten aus.

Anlagenbetreiber: für selbst verbrauchten Strom 40 Prozent abführen

Doch bereits seit 2014 bedeutet der Verbrauch von eigenerzeugtem Strom nicht mehr zwangsläufig, dass hierfür keine EEG-Umlage abzuführen wäre. Dies gilt im Regelfall nur noch in Konstellationen, in denen schon vor dem 1. August 2014 selbst erzeugter Strom verbraucht wurde und an denen sich seither auch nichts geändert hat.

Anlagenbetreiber, die dagegen erst nach diesem Stichtag erstmals Strom aus ihrer Biogasanlage selbst verbraucht haben, müssen für den selbst verbrauchten Strom 40 Prozent der jeweils aktuellen EEG-Umlage abführen. Dies ist im Übrigen unabhängig davon, wann die Anlage EEG-seitig in Betrieb genommen wurde.

Auch und gerade ältere Anlagen, etwa aus dem EEG 2004 oder EEG 2009, können deshalb je nach Einzelfall verpflichtet sein, die anteilige EEG-Umlage für den Eigenverbrauch abzuführen. Wird der Strom aus der Anlage durch Dritte verbraucht, ist der Anlagenbetreiber ohnehin zur Zahlung der vollen EEG-Umlage verpflichtet.

Eigenversorgung oder Drittbelieferung

Doch wann liegt in diesem Sinne überhaupt eine Eigenversorgung oder eine Drittbelieferung vor? Das Gesetz verlangt für eine privilegierte Eigenversorgung, dass der Stromverbraucher die Erzeugungsanlage selbst betreibt (sog. Personenidentität).
Außerdem muss der Strom im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zur Anlage und außerhalb des öffentlichen Netzes verbraucht werden. Sobald eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist, wird der Vorgang rechtlich als Drittbelieferung eingestuft und unterliegt damit der vollen EEG-Umlagepflicht.

Unklarheiten bestehen dabei in der Praxis vor allem im Hinblick auf die notwendige Personenidentität, was nichts selten zu einem bösen Erwachen führt. Hier ist nämlich wichtig zu wissen, dass die Rechtsprechung dies streng formal beurteilt:
Personenidentität ist nur gegeben, wenn Erzeuger und Verbraucher dieselbe natürliche oder juristische Person sind. Auf Beteiligungsverhältnisse kommt es dagegen nicht an.

Mit anderen Worten: Die Gesellschafter einer Biogas GbR oder einer Biogas GmbH & Co. KG sind nicht identisch mit der jeweiligen Gesellschaft als solches. Die Biogasanlage einer GmbH & Co. KG, deren Strom im benachbarten Wohnhaus ihres einzigen Gesellschafters, des Landwirts, verbraucht wird, liefert daher Strom an einen Dritten und muss dafür die volle EEG-Umlage abführen.

Geringfügiger Stromverbrauch

Anders kann dies bei sogenannten geringfügigen Stromverbräuchen Dritter sein. Diese werden dem Eigenversorger zugerechnet und sind umlageprivilegiert – also je nach Anlagenkonstellation umlagefrei oder mit einer reduzierten Umlage von 40 Prozent belegt.

Dabei ist es in der Praxis jedoch eine häufige Fehlvorstellung, dass alle Drittstromverbräuche bis 3.500 kWh pro Jahr unter die Geringfügigkeit fallen. Zwar findet sich in der Gesetzesbegründung diese Zahl als absolute Obergrenze eines geringfügigen Stromverbrauchs. Allerdings – und dies wird häufig übersehen – ist zusätzlich erforderlich, dass der Stromverbrauch nur vorübergehend ist oder an ständig wechselnden Entnahmestellen stattfindet.

Klassisches Beispiel hierfür ist der vorübergehende Stromverbrauch von Reinigungsfirmen oder Handwerkern. Dagegen ist im genannten Beispiel des Wohnhauses des Landwirts als Alleingesellschafter keine Berufung auf die Geringfügigkeit möglich – auch wenn der jährliche Stromverbrauch (deutlich) unter 3.500 kWh liegt.

Um die EEG-Umlagepflichten richtig einschätzen zu können, ist daher immer ein genauer Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort notwendig. Nicht selten wird dabei eine Mischform vorliegen – der auf dem Gelände verbrauchte Strom ist teilweise der Eigenversorgung und teilweise der Drittbelieferung zuzuordnen. Dies kann zum Beispiel dann vorkommen, wenn Gebäude, Wohn- oder Geschäftsräume an Dritte oder auch an eigene Tochtergesellschaften vermietet sind.

Betreiberpflichten beachten

Gerade dann kommt der Messung eine entscheidende Bedeutung zu. Das Gesetz verpflichtet nämlich den Anlagenbetreiber dazu, die umlagepflichtigen Strommengen zu messen.

Außerdem müssen Strommengen mit unterschiedlicher Umlagehöhe durch Messung voneinander abgegrenzt werden – also beispielsweise Drittmengen mit voller und Eigenverbrauch mit reduzierter Umlage. Dabei muss das Messkonzept eine zeitgleiche (viertelstündliche) Erfassung von Stromerzeugung und Stromverbrauch sicherstellen, was etwa durch eine registrierende Leistungsmessung (RLM) möglich ist.

Fällt die Umlage für bestimmte Strommengen ganz oder teilweise an, muss der Anlagenbetreiber zudem eine Reihe von Meldepflichten beachten. Dies ist im ersten Schritt die sog. Basisdatenmeldung, die jeder Anlagenbetreiber einmalig abgeben muss bzw. musste. Hierbei ist u. a. mitzuteilen, dass eine Eigenversorgung vorliegt und aus welchem Grund man von einem Wegfall oder einer Verringerung der EEG-Umlage ausgeht.

Diese Pflicht traf auch Betreiber von Bestandsanlagen, die weiterhin den erzeugten Strom umlagefrei selbst verbrauchen können. Falls diese Meldung bislang versäumt wurde, droht auch diesen Stromerzeugern bis zur Nachholung der Meldung eine EEG-Umlage auf sämtlichen selbst verbrauchten Strom in Höhe von 20 Prozent.

Im zweiten Schritt ist jährlich die umlagepflichtige Strommenge zu melden und dann natürlich die entsprechende EEG-Umlage auch abzuführen. Wem gegenüber und innerhalb welcher Fristen die Meldungen jeweils abzugeben sind, hängt dabei davon ab, ob im konkreten Fall eine reine Eigenversorgung vorliegt oder ob auch Dritte mit Strom beliefert werden:
Bei reinen Eigenversorgungssachverhalten (also ohne jegliche Lieferung an Dritte) ist bis zum 28. Februar des Folgejahres an den Verteilnetzbetreiber zu melden. Werden dagegen – neben der Eigenversorgung – auch Dritte beliefert, ist der Übertragungsnetzbetreiber zuständig. Hier ist die Meldung bis spätestens 31. Mai des Folgejahres abzugeben.

Was tun, wenn Messdaten fehlen?

In der Vergangenheit war vielen Anlagenbetreibern überhaupt nicht bewusst, dass sie diesen Meldepflichten nachkommen und dass sie überhaupt EEG-Umlage abführen müssen. Noch heute sind Fehlvorstellungen über das Vorliegen der Personenidentität oder die Belieferung von Dritten mit Strom häufig anzutreffen.

Hier kann nur dringend geraten werden, die Sachlage schnellstmöglich zu bereinigen. Denn solange der Netzbetreiber bzw. Übertragungsnetzbetreiber die konkrete Versorgungssituation nicht kennen, kann die EEG-Umlage bis zu zehn Jahre rückwirkend nacherhoben werden. Hier können Forderungen in empfindlicher Höhe drohen; zumal bei fehlender oder fehlerhafter Erfassung und Abgrenzung der komplette Wegfall etwaiger Umlageprivilegien droht.

Was also ist zu tun, wenn für die Vergangenheit keine (geeichten) Messdaten über die eigenverbrauchten und/oder an Dritte gelieferten Strommengen vorliegen? Hier erlaubt der Gesetzgeber eine sachgerechte Schätzung durch den Anlagenbetreiber, allerdings unter einer Bedingung: Zumindest für die Zukunft muss sichergestellt sein, dass die Strommengen durch ein rechtskonformes Messkonzept erfasst werden. Die Frist für die Umsetzung des Messkonzepts wurde jüngst durch die EEG-Novelle 2021 letztmalig bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Anlagenbetreiber sollten da-her die verbleibenden Monate nutzen, um die Verbrauchssituation auf ihrem Gelände genau zu analysieren und ein passendes Messkonzept umzusetzen.

Vorsicht bei Änderungen an Bestandskonzepten!

Besondere Vorsicht ist aber immer dann geboten, wenn Änderungen an Bestandsanlagen vor-genommen werden sollen. Zur Erinnerung: Eigenversorgungskonzepte, die bereits vor dem 1. August 2014 bestanden, sind auch heute noch vollständig von der EEG-Umlage befreit. Dieser Bestandsschutz besteht aber nur, solange die Anlage nach dem 31. Dezember 2017 nicht erneuert, erweitert oder ersetzt wird und der Anlagenbetreiber derselbe ist wie vor dem 1. August 2014.

Vor allem bei einem Betreiberwechsel, etwa bei einer Hofübergabe, besteht daher die Gefahr, den Bestandsschutz zu verlieren und künftig für die Eigenversorgung eine anteilige EEG-Umlage abführen zu müssen.

Unklar ist derzeit noch, wie die Flexibilisierung durch den Zubau eines BHKW einzustufen ist. An sich handelt es sich hierbei um unabhängige Stromerzeugungseinheiten im Sinne der EEG-Umlage, sodass viel dafür spricht, dass ihr rechtlicher Status mit Blick auf den Anfall der EEG-Umlage getrennt voneinander betrachtet werden muss – es lägen danach eine umlagefreie Bestandsanlage und eine Neuanlage mit 40 Prozent Umlage vor, was spätestens dann die Implementierung eines EEG-konformen Messkonzepts erforderlich macht.

Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur sowie der Clearingstelle EEG/KWKG legen dagegen nahe, dass es sich möglicherweise um eine Erweiterung der Bestandsanlage handeln könnte. Führt man diesen Gedanken allerdings konsequent fort, hätte dies zur Folge, dass ab 2018 durchgeführte Flexibilisierungen den Bestandsschutz entfallen lassen, die Anlage dann also insgesamt für den eigenverbrauchten Strom einer Umlage von 40 Prozent unterliegt. Hier besteht derzeit noch Klärungsbedarf.

Anlagenbetreiber sollten deshalb dringend vor Umsetzung eines Erweiterungsvorhabens Rechtsrat einholen, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Keine Anlagenerweiterung in diesem Sinne ist dagegen die Erweiterung des Eigenversorgungskonzepts um eine Solaranlage. Dies lässt den Bestandsschutz der bereits vorhandenen Biogasanlage nicht entfallen. Die Solaranlage profitiert aber auch nicht davon. Soweit sie eine installierte Leistung von mehr als 30 kW hat, entfällt auf den darin erzeugten und selbst verbrauchten Strom eine EEG-Umlage von 40 Prozent. In solchen Fällen muss dann ein besonderes Augenmerk auf ein rechtskonformes Messkonzept gelegt werden.

FAZIT

Je mehr Erzeugungsanlagen und/oder Verbraucher involviert sind, je komplexer das Eigenversorgungskonzept also ist oder wird, umso höhere Anforderungen sind an das Messkonzept zu stellen. Hier sollte zur Vermeidung von finanziellen Nachteilen vorab rechtlicher Rat eingeholt werden.


Am 8. Oktober 2020 hat die Bundesnetzagentur den Leitfaden Messen und Schätzen bei EEG-Umlagepflichten in der finalen Version im Internet veröffentlicht (HIER KLICKEN)


* Kontakt RA Dr. Manuela Herms: Tel. 0341-978566-0, herms@prometheus-recht.de

Controlling im Pferdebetrieb – Kennzahlen im Blick

Durch Controlling unternehmerische Entscheidungen im Pferdebetrieb betriebswirtschaftlich fundiert vorzubereiten, kann helfen, Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Von Sven und Peggy Morell

Während große und mittelständische Unternehmen die Bedeutung des Controllings für ihren wirtschaftlichen Erfolg schon längst erkannt haben, ist diese Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre in vielen Pferdeställen gänzlich unbekannt. Dabei können auch Pferdebetriebe von einigen einfach anzuwendenden Controlling-Instrumenten durchaus profitieren.

Der Leiter eines Pferdebetriebes vereint oft eine Vielzahl von Führungsaufgaben in seiner Person, egal ob es sich um einen Zucht-, Pensionspferde-, Ausbildungs- oder Reitbetrieb handelt. Er ist zuständig für die Festlegung der Unternehmensziele, die Organisation, das Personal, die Planung, die Kontrolle und für die Beschaffung und Verarbeitung von Informationen.

Neben der Erfüllung dieser Aufgaben ist er meist auch in das operative Tagesgeschäft eingebunden, das bedeutet: Er kümmert sich um die Pferde, die Kunden, die Technik und um vieles mehr. Während der Betriebsleiter im operativen Tagesgeschäft Aufgaben delegieren kann, hat er diese Möglichkeit bei den Führungsaufgaben nur sehr eingeschränkt. Hier verspricht das Controlling im Pferdebetrieb Unterstützung, indem es innerhalb und zwischen den Führungsfunktionen koordiniert.

Controlling Pferdebetrieb: preise kalkulieren, nicht schätzen

Die Kosten- und Leistungsrechnung war schon vor der Etablierung des Controllings ein wichtiger Bestandteil der Betriebswirtschaftslehre und ist heute eine der wichtigsten Informationsquellen des Controllings.

Für jeden Betrieb, der langfristig erfolgreich am Markt tätig sein will, ist es ungeheuer wichtig, seine Kosten zu kennen. Erst dann können Preise für die eigenen Leistungen sinnvoll kalkuliert werden. Das gilt so auch für Pferdebetriebe. Diese ermitteln ihre Preise jedoch häufig anhand allgemeiner Marktinformationen, insbesondere durch den Vergleich von Wettbewerbspreisen.

In der Praxis bedeutet das: Der Betreiber von Stall A macht sich schlau, was Stall B mit etwa gleichem Angebot in der näheren Umgebung verlangt, und orientiert seine eigenen Preise an der Konkurrenz. Dabei besteht aber die Gefahr, dass die Preise nicht auskömmlich sind oder aber zumindest nicht die gewünschte Entlohnung der eingesetzten Faktoren wie Kapital oder Arbeit bieten.

Für die Ermittlung der individuellen Kosten eines Pferdebetriebes werden neben den Leistungen direkt zuzuordnenden Einzelkosten auch alle Gemeinkosten wie die Kosten für eine Reithalle oder die Entlohnung des Betriebsleiters mit einbezogen. Man spricht dabei von einer Vollkostenrechnung. Informationen zu den eigenen Kosten können meist, zumindest teilweise, dem externen Rechnungswesen (Jahresabschluss, betriebswirtschaftliche Auswertungen) entnommen werden.

Sind einzelne Kosten nur unter sehr großem Aufwand zu erheben, so können in Ausnahmefällen Standardkostenansätze verwendet werden. Diese eignen sich auch hervorragend für die vergleichende Einordnung der eigenen Kosten. Standardkosten zu den unterschiedlichsten Bereichen der Landwirtschaft finden sich beispielsweise in dem Buch „Faustzahlen für die Landwirtschaft“ des Kuratoriums für Technik und Bauwesen für die Landwirtschaft (KTBL).

Komparativen Konkurrenzvorteil (KKV) schaffen

Sind die notwendigen Preise kalkuliert, wird der eine oder andere Betriebsleiter vielleicht erst einmal verwundert sein. Nicht selten müssen unter Berücksichtigung aller Gemeinkosten die Preise angehoben werden, zum Teil sogar deutlich.

Das Problem: Die Kunden werden nicht bereit sein, für die gleiche Leistung plötzlich mehr zu bezahlen. Hier empfiehlt es sich, zum einen die Preise schrittweise anzupassen, zum anderen, und das ist meist die bessere Strategie, verschiedene Zusatznutzen für die Kunden herauszuarbeiten und zu einem Premiumpaket zu schnüren, für welches die Kunden bereit sind, höhere Preise zu bezahlen. So wäre es möglich, über die Standardleistungen wie reine Unterbringung und Grundversorgung der Pferde (Fütterung von Heu, Versorgung mit frischem Trinkwasser und so weiter) hinausgehende Dienstleistungen wie Pferde auf die Weide bringen, zusätzliches Kraftfutter oder Ähnliches separat in Rechnung zu stellen.

Die Zusatzleistungen dürfen allerdings nur deutlich unterproportional Kosten generieren. Beispielsweise könnten zusätzliche Dienstleistungen explizit vereinbart werden, welche bisher im Zweifel aber auch erbracht worden wären.

Wenn die Zusatzleistungen dann noch die individuellen Möglichkeiten des eigenen Betriebes sinnvoll ausnutzen, entstehen darüber hinaus Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Anbietern und die Preise sind nicht mehr direkt miteinander vergleichbar. Im Marketing nennt man dies einen Komparativen Konkurrenzvorteil (KKV).

Nutzen der Balanced Scorecard

Wie für alle Wirtschaftsunternehmen gilt auch für Pferdebetriebe: „Stillstand ist Rückschritt“. Wie zuvor erwähnt, ist es zwar äußerst wichtig, die eigenen Kosten zu kennen, um damit reelle Preise festzulegen zu können.

Für die dauerhafte Sicherung des wirtschaftlichen Erfolges genügt das aber nicht, zusätzlich müssen Strategien gebildet, überprüft und weiterentwickelt werden. Unterstützung bei diesen Prozessen bietet die Balanced Scorecard (BSC). Dieses Kennzahlensystem wurde in den 1990er-Jahren von Robert S. Kaplan und David P. Norton an der renommierten US-amerikanischen Universität Harvard entwickelt.

Neben finanziellen Kennzahlen betrachtet die BSC auch nicht-finanzielle Kennzahlen, die wiederum eine mittelbare Wirkung auf den finanziellen und damit wirtschaftlichen Erfolg eines Betriebes haben. Kaplan und Norton haben die BSC in vier Perspektiven aufgeteilt:



■ finanzielle Perspektive
■ Kundenperspektive
■ Prozessperspektive
■ Entwicklungsperspektive



Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, die Perspektiven individuell anzupassen. Eine solche BSC lässt sich schnell und einfach mithilfe eines im Betrieb vorhandenen Tabellenkalkulationsprogramms, wie etwa Microsoft Excel, Apple Numbers oder OpenOffice.org Calc erstellen.

Controlling Pferdebetrieb: Ziele und Strategien auf einen Blick

Das Hauptaugenmerk bei der Anfertigung einer BSC sollte auf der Entwicklung von Zielen und Strategien liegen. Hier müssen die für den jeweiligen Betrieb entscheidenden Weichen gestellt werden. In einem zweiten Schritt müssen diese Ziele in messbare Kennzahlen umgesetzt und realisierbare Vorgaben getroffen werden.

Da im Rahmen der BSC alle Ziele die gleiche Gewichtung haben, sollten für jede Perspektive nur wenige Kennzahlen ausgewählt werden, um die Übersichtlichkeit zu erhalten.
Im dritten Schritt müssen geeignete Maßnahmen gefunden werden, die die Realisierung der Vorgaben möglich machen. Im Anschluss daran ist es sinnvoll, einen Vergangenheitswert als Orientierungsgröße zu notieren und dann in sinnvollen Zeitabschnitten die Entwicklung zu überprüfen und zu dokumentieren.

Die Zeitabschnitte müssen passend zu den definierten Kennzahlen gewählt werden, zum Beispiel Monate, Quartale, Halbjahre oder Jahre. So ist es nicht sinnvoll, bei der Geburtenrate einen monatlichen Zeitraum zu definieren, bei Arbeitsdauern aber eventuell schon. Außerdem kann es sinnvoll sein, Toleranzgrenzen zu definieren, um gegebenenfalls rechtzeitig Interventionsmaßnahmen einleiten zu können.

Welche Vorteile eine BSC einem Pferdebetrieb konkret in der Praxis bietet, verdeutlicht ein Beispiel. Werden die vier Standardperspektiven (finanziell, Kunden, Prozesse, Entwicklung) auf einen Pferdebetrieb angewendet, könnte die BSC so wie in der Tabelle aussehen.

AM BEISPIEL ERKLÄRT: Vorgehensweise bei Erstellung einer BSC

Zum besseren Verständnis wird die Vorgehensweise bei der Erstellung einer BSC an der finanziellen Perspektive erörtert: Das finanzielle Ziel lautet im Beispiel „höhere Mietpreise für Paddockboxen realisieren als die Mitbewerber“. Die Mietpreise sollen um 20 Prozent höher sein als die der Konkurrenz, daher lautet die Vorgabe für die Kennzahl „Preis für eine Paddockbox in Relation zum Preis des Wettbewerbs“ 1,2 (120 %).
Wie das Ziel erreicht werden soll, wird in der Spalte Maßnahmen erörtert: „Durch individuelle Leistungsangebote zum Premiumanbieter werden“. Ein Blick auf die Vergangenheit zeigt: Im Jahr 2019 betrugen die Mietpreise nur 90 %, im Jahr 2020 nur 95 % im Vergleich zur Konkurrenz. Jedoch ist bereits jetzt eine positive Tendenz zu sehen. Für 2021 stehen die Werte noch aus.

Eine BSC gewährleistet somit die konsequente Ausrichtung eines Pferdebetriebes an den festgelegten Zielen bei Betrachtung aller relevanten Größen.

Den nicht-finanziellen Größen (in unserem Beispiel Kunden, Prozesse und Entwicklung) kommt neben ihrer bereits oben beschriebenen mittelbaren Bedeutung auf das finanzielle Ergebnis noch eine weitere wichtige Funktion zu: Sie sind wichtige Bausteine für den Nachweis der Wirtschaftlichkeit eines Betriebes, wenn beispielsweise Kreditverhandlungen mit Banken oder ein Genehmigungsverfahren bezüglich eines Bauprojekts im Außenbereich anstehen.

FAZIT zum Controlling in einem Pferdebetrieb

Die vorgestellten Controllinginstrumente ersetzen keinesfalls den unternehmerisch denkenden Leiter eines Pferdebetriebes, können diesem aber dabei helfen, unternehmerische Entscheidungen betriebswirtschaftlich fundiert vorzubereiten und damit Fehlentscheidungen zu vermeiden. Vor allem die Anwendung der Balanced Scorecard fördert die konsequente Ausrichtung eines Pferdebetriebes an seinen Unternehmenszielen.

Zudem werden durch die BSC Ziele, deren Erfüllungsgrad sowie die festgelegten Strategien transparent dokumentiert. Dies ist immer dann hilfreich, wenn Informationen über den Betrieb an Dritte weitergegeben werden sollen oder müssen, um diese damit von den geplanten Maßnahmen zu überzeugen.

Neues Leben für eine alte Dame

Sie hat ihre Blütezeit längst hinter sich: die über 100-jährige Tabakscheune im brandenburgischen Gartz. Doch das kulturhistorische Denkmal wird erhalten und soll als Veranstaltungsort eine neue Blütezeit erleben.

Von Bärbel Arlt

Der Tabakanbau in der Uckermark hat eine über 300-jährige Geschichte. Die Hugenotten waren es, die einst das begehrte Kraut an die Oder zwischen Schwedt und Gartz brachten. Und mit dem Anbau entstanden im Laufe der Jahrhunderte auch viele Scheunen, in denen der Tabak nach der Ernte getrocknet wurde und die noch heute die Region prägen.

Familienbesitz seit vier Generationen

Eine dieser historischen Tabakscheunen steht in der kleinen Stadt Gartz an der Oder und „ist seit vier Generationen in Familienbesitz“, weiß Gerd Krüger, der das Gebäude 2016 von seinem Onkel übernommen hat.

„Aufgrund der Konstruktion und des Baustils dürfte mein Urgroßvater Paul Gieseler die Scheune gebaut haben, die noch heute als Scheune Gieseler bekannt ist“, so der 58-jährige Kaufmann aus Wedemark bei Hannover und erzählt, dass sein Urgroßvater, der von 1850 bis 1926 in Gartz lebte, ein sogenannter Ackerbürger war, der mit seiner Familie und dem Vieh auf einem Hof innerhalb der Stadtmauern lebte und arbeitete.
Das zu bestellende Land wie Wiesen und Äcker wiederum befand sich außerhalb der Stadt – ebenso wie die Scheunen. Sie durften aufgrund der Lagerung von brennbaren Materialien wie Heu, Korn und Tabak nicht mehr innerhalb der Stadtmauern errichtet werden. „Deshalb“, so Gerd Krüger, „entstand im 19. Jahrhundert das Scheunenviertel nördlich der Stadt, was die Gartzer liebevoll Scheunsen oder Scheunsenviertel nennen.

Rund 100 Jahre Tabaktrocknung

Wann die Scheune Gieseler gebaut wurde, ist allerdings nicht genau belegt. Gerd Krüger schätzt, dass sie Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Genaue Daten liegen nicht vor, weil Dokumente Ende des Zweiten Weltkrieges verbrannten.

Die Scheune selbst überlebte und bis 1989 wurde unter ihrem Dach der Tabak getrocknet. Um dabei die Frischluftzufuhr zu regulieren, sind im Schachbrettmuster in jedem zweiten Gefach Luken angebracht, die nach Bedarf geöffnet bzw. geschlossen werden konnten, so die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.

In der Scheune Gieseler von Gartz wurde bis 1989  Tabak getrocknet, danach  verfi el das historische  Gebäude. Jetzt wird ihm  Stück für Stück wieder neues  Leben eingehaucht.
In der Scheune Gieseler von Gartz wurde bis 1989 Tabak getrocknet, danach verfiel das historische Gebäude. Jetzt wird ihm Stück für Stück wieder neues Leben eingehaucht. (c) Deutsche Stiftung Denkmalschutz/ Mittring/Schalinski; Mildner

Sommer-Erinnerungen an die Kindheit

Aus Überlieferungen weiß Gerd Krüger, dass unter dem 15 m hohen Scheunendach mit zwei Etagen Tabakblätter von fünf Morgen, also 1,25 ha Land, zum Trocknen aufgehängt werden konnten. Dafür wurden die Tabakblätter von Hand auf lange Schnüre gezogen. Ein Morgen brachte ungefähr zehn bis zwölf Zentner getrockneten Tabak, schätzt Gerd Krüger, der als Kind so manchen Sommer beim Großvater in Gartz verbrachte und für den die alte Scheune Abenteuerspielplatz war.

Das endete mit dem Tod des Großvaters 1973 und das Gebäude wurde nicht nur zum Trocknen von Tabak, sondern auch zur Lagerung von Obst und Gemüse genutzt.

Tabakscheune Gartz: Jede Hilfe ist willkommen

Während die zur Tabakscheune gehörende Hofstelle 1999 von Grund auf saniert werden konnte, blieb das historische Gemäuer nach der Wende sich selbst überlassen, was auch verwirrenden Eigentumsverhältnissen geschuldet war, die geklärt werden mussten.

Der lange Leerstand und die unsachgemäßen Baumaßnahmen in der DDR-Zeit hatten der Tabakscheune Gartz so zugesetzt, dass es baufällig geworden war. 2019 brach sogar die Westwand zusammen. Doch dank Fördermittel konnte der komplette Einsturz verhindert und mit der Sanierung begonnen werden.

Seit 2017 sind in die Sicherung der alten Dame 218.000 Euro geflossen, wobei überwiegend Planer, Handwerker und Bauunternehmer aus der Region beauftragt wurden. Neben Eigenfinanzierung haben sich der Landkreis Uckermark mit 31.000 Euro, das Land Brandenburg mit 70.000 Euro, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit 40.000 Euro beteiligt.

Gerd Krüger, dem viel an der Rettung der historischen Scheune liegt, die seit 2016 unter Denkmalschutz steht, denkt jetzt über neue Nutzungskonzepte nach. Dazu gehören ein Veranstaltungsraum mit Bühne für Seminare, Theater, Hochzeiten, Konzerte, Märkte sowie auf den zwei Etagen ein Seminarraum und ein Großraumbüro. Zum Gelingen ist jede Hilfe willkommen.

Mobile Hühnerhaltung: Auf und davon

Sie ist keine Folge jüngster Entwicklungen, die mobile Hühnerhaltung, dennoch rückt sie immer stärker in den Fokus der Legehennenhalter. Gut kalkuliert ermöglicht sie den raschen Einstieg in die Eier-Direktvermarktung.

Von Henning Pieper, Lwk Niedersachsen, Bezirksstelle Hannover

Schon seit geraumer Zeit gilt die Legehennenhaltung in einer Größenordnung bis circa 3.000 Plätzen mit einer regionalen Direktvermarktung als ein infrage kommender Betriebszweig und Einkommensalternative. Hierbei wird vom Verbraucher eine artgerechte Tierhaltung angenommen und dementsprechend losgelöst von Notierungen großer Bestände honoriert.

Oftmals wurden dafür ältere Wirtschaftsgebäude ausgebaut. Diese Haltungen beschränkten sich aber oftmals auf die Vermarktungsform der Bodenhaltung, da nur in seltenen Fällen ein geeigneter Auslauf zur Verfügung stand.

Die Verschärfung der Baugesetzgebung und vor allem die öffentlichen Medienberichte haben auch bei Tierhaltern zu einem „Umdenken“ geführt. Beispielsweise hat die Bereitschaft, an der Initiative Tierwohl teilzunehmen, alle Prognosen überstiegen. Tierhalter sind nach wie vor bereit, zukunftsorientierten Marktanforderungen zu folgen.

Mit Hühnerkarren Getreide gestoppelt

Der Mobilstall ist ein althergebrachtes Haltungssystem. Schon vor 50 Jahren wurden Stoppelfelder mit dem „Hühnerkarren“ befahren, um das Ausfallgetreide zu nutzen. Ein weiterer Aspekt war das Problem mit Schlamm, Pfützenbildung und einer nahezu fehlenden Grasnarbe im Auslauf in unmittelbarer Stallnähe, welche zu einer erhöhten Keim- und Nährstoffbelastung der Böden führt. Zahlreiche Maßnahmen wie der vorgelagerte Kaltscharrraum, Schleppdächer, Gitterroste in der stallnahen Oberfläche waren erste Problemlösungen.

(c) Henning Pieper

Warum nicht dem Problem tierischer Exkremente und Grünlandbelastungen einfach davonfahren? Lange Zeit wurde der Mobilstall belächelt. Argumente wie zu hohe Kosten je Stallplatz, eine gewöhnungsbedürftige Outdoorhaltung, fehlende Alleinstellungsmerkmale auf dem Wochenmarkt ließen das Haltungssystem als Ausnahme verbleiben.

In den letzten Jahren ist der Mobilstall in den Fokus der Direktvermarkter von Eiern und vereinzelt auch Geflügelfleisch gerückt, weil er einen schnellen Einstieg in die Geflügelhaltung und ein variables Auf- und Abstocken des Bestandes ermöglicht. Erfahrungsgemäß ergänzt bald ein zweiter oder dritter Stall die bestehende Haltung. Auch eine Rückgabe eines kleinen Stalles zugunsten eines größeren ist vereinzelt zu beobachten.

Viel Mühe mit dem lieben Federvieh

Die mobile Hühnerhaltung muss als ein Konzept gesehen werden. Der Tierhalter sollte eine grundsätzliche Affinität zu dieser Haltung haben. Die Betreuung des Bestandes stellt sich in den Sommermonaten als angenehm dar. Aber wie verhält sich das in den Herbst- und Wintertagen?

Der Arbeitsaufwand ist bei der mobilen Hühnerhaltung erwartungsgemäß weitaus höher als im Feststall. So kann ein Jahresbedarf einer üblichen Einstiegsgröße von etwa 250 bis 300 Legehennen mit 480 bis 550 Arbeitskraftstunden (Akh) beziffert werden. Tabelle 1 zeigt die Einzeltätigkeiten mit dem Arbeitszeitbedarf auf. Dieser Mehraufwand, vor allem durch die Wasser- und Futterversorgung und die noch nicht berücksichtigte An- und Abfahrt müssen honoriert werden.

Mögliche Absatzwegeund Preise

Es zählt die Kundenfreundlichkeit und daher ist ein prädestinierter Standort an günstigen Verkehrswegen besonders geeignet. So kann durchaus das Tagesgelege bereits in den frühen Nachmittagsstunden verkauft sein.

Mögliche Absatzwege sind bei der mobilen Hühnerhaltung neben der Direktvermarktung ein Verkauf über den Lebensmitteleinzelhandel in der Region. Tatsächlich haben sich die örtlichen Märkte zunehmend für Eier aus Mobilställen interessiert und adäquat entlohnt.

Apropos Erlöse: Eier aus Mobilstallhaltung haben ihren Preis. Um eine zufriedenstellende Entlohnung zu erlangen, sollte das konventionelle Freilandei mindestens 28 bis 30 Cent und das Ei der Biohaltung oberhalb der 40 Cent veräußert werden. Dieses ist ein „sportlicher“ Kurs insbesondere im ländlichen Raum, der nicht gerade im Speckgürtel von Großstädten liegt. Dennoch sollten die Eier nicht unter Wert abgegeben werden. Die in Tabelle 2 aufgeführte Rentabilität zeigt das sehr deutlich:

Wie rechnet sich der Stall auf Rädern?

Hühnermobil
(c) Henning Pieper

Schon bei den Investitionssummen wird deutlich, dass die mobile Legehennenhaltung keine Hobbyhaltung darstellt. Insbesondere wenn es in die Größenordnung mehrerer Ställe geht, bewegen wir uns in sechsstelligen Beträgen.

In der Tabelle wurden eine konventionelle und eine ökologische Haltung gegenübergestellt. Der Bestand ergibt sich durch eine Durchschnittsgröße der Mobilställe hiesiger Anbieter. Die jeweilige Auswahl richtete sich nach deren Einsteigervariante.

Ebenso verhielt es sich mit dem Preis des Stalles. Ein Mittelwert der üblichen Stallanbieter dieser Modelle ergab eine Investition von circa 31.000 Euro je Stall mit 300 Plätzen der konventionellen und 240 Plätze der ökologischen Haltung. Ergänzt mit einem Verkaufsautomaten oder -raum und einer benötigten Umzäunung, ergab sich eine Investition je Platz von rund 133 Euro bzw. von 156 Euro.

Konventionell oder ökologisch?

Die konventionelle Haltung ist mit einer biologischen Leistung von 270 Eiern/Jahr und 12 Prozent Verlusten angenommen worden. Alle monetären Leistungen sind netto ausgewiesen. Ein Verkaufspreis von 33 Cent je Ei stellt hier auch schon üblicherweise das Mindestniveau dar. Daraus ergibt sich eine Marktleistung von 89,10 Euro je Anfangshenne (AH).

Für die Althenne ist noch ein Schlachterlös von 2 Euro erzielt worden. Der Erlös kann von einer schlichten Abgabe der Hennen bis hin zu 4 bis 6 Euro für eine Suppenhenne schwanken. Somit ergibt sich ein Erlös von rund 91,10 €/AH. Die Auflistung der direkten Kosten ist selbsterklärend. Anzumerken ist ein Futtermittelpreis von 36 €/dt mit einem Verbrauch von 120 g je Tier und Tag. Daraus resultieren Futterkosten von 16,43 €/Tier.

Die sonstigen Kosten enthalten vor allem Beiträge, wie den Zinssatz für das halbe Umlaufkapital und die Entsorgung der verendeten Tiere. Die Bilanzierung der Erlöse und der direkten Kosten ergeben eine direktkostenfreie Leistung von rund 57 €/Legehenne. Die Festkosten ergeben sich aus einer 15-jährigen Abschreibungsdauer, verbunden mit 2 Prozent Reparaturkosten je Jahr und einem Zinsanspruch für das eingesetzte Kapital.

Anhand des Gesamtbestandes kommt man nun zur folgenden Berechnung des kalkulatorischen Gewinnbeitrages. Der gesamte konventionelle Bestand erzielt einen Markterlös von 25.690 Euro. Abzüglich der direkten und festen Kosten sowie eines Pachtansatzes für die Auslauffläche beträgt der Gewinnbeitrag 11.502 Euro. Dieser Gewinn muss etwa 550 Akh im Jahr vergüten. Somit ergibt sich ein Stundenlohn von etwa 20,91 €/Stunde.

Die Lesart der ökologischen Erzeugung ist die gleiche. Die Legeleistung ist auf 245 Eier je Legehenne beziffert worden. Der Erlös wird je Ei mit 45 Cent angenommen. Der Gesamtbestand beträgt im gleichen Stall 60 Tiere weniger. Die Futteraufnahme pro Tag ist gleichwertig angesetzt worden, der Futterpreis ist allerdings mit 52 €/dt veranschlagt. So ergibt die Berechnung, dass sich Gesamterlös und direkte Kosten der konventionellen Erzeugung angleichen.
Durch höhere Festkosten je Platz – aber durch den kleineren Bestand absolut niedriger, ergibt sich ein gleichwertiges Betriebszweigergebnis von etwa 11.300 Euro im Jahr. Das Niveau der Eierpreise ist hier als Mindesterlös zu sehen.

FAZIT zur Mobilen Hühnerhaltung

Die mobile Legehennenhaltung bestimmt derzeit die Beratungsnachfrage in der Geflügelhaltung. Insbesondere für junge Leute stellt dieser Betriebszweig einen raschen Einstieg in die Legehennenhaltung dar.

Der Kunde honoriert die umweltschonende Haltungsform und regionale Direktvermarktung mit weit über der üblichen Notierung liegenden Eierpreisen. Die Legehennen erzeugen ein sofortiges Verkaufsprodukt. Über den Erfolg bestimmt zumeist der Standort. Die Wirtschaftlichkeit ist als gut zu bezeichnen. Dennoch sollte diese Haltung als ein Konzept in einer Nische gesehen werden.

Mittsommer: Das Fest der Feste

In der Zeit der Sommersonnenwende feiern die Schweden zwischen dem 19. und 26. Juni Mittsommer. Ob im Freien oder im Garten – es wird getanzt, gelacht und natürlich viel gegessen.

Nach christlicher Tradition wird am 24. Juni der Johannistag begangen, der an die Geburt von Johannes dem Täufer erinnert. Durch die Nähe zur Sommersonnenwende sind die beiden wichtigen Tage im Laufe der Zeit zu einem Fest verschmolzen, berichtet Visit Sweden. In Nordeuropa wird der Tag mit Feuern, Musik und besonderen Speisen gefeiert. Seit dem Spätmittelalter stellen die Schweden außerdem eine Art Maibaum auf, den sie mit Zweigen und Blumen umwickeln, und um den sie tanzen.

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Titelseite Bauernzeitung Ausgabe 35/2024

Unsere Top-Themen

• Zuhause auf dem Land
• Trockenstellen ohne Antibiotika
• Kugelschuss auf der Weide
• Märkte und Preise

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Mitsommer: Zeit der Magie und Mysterien

Für die Landwirtschaft war die Mittsommernacht eine Zeit voller Magie und Mysterien. Pflanzen wurden heilende Kräfte zugeschrieben und man konnte angeblich in die Zukunft sehen. Junge Frauen zogen los, um sieben verschiedene Blumen zu pflücken. Die legten sie unters Kopfkissen, um im Traum ihrem zukünftigen Ehemann zu begegnen. Die Blumen müssen allerdings schweigend gepflückt werden. Wer plaudert, bricht den Zauber. Barfuß im Tau spazieren zu gehen, während die Mittsommernacht ins Morgengrauen übergeht, soll außerdem die Gesundheit fördern.

So schmeckt der schwedische Sommer

Wie bei allen Festen dreht sich auch beim Mittsommer alles ums Essen und Trinken. Klassiker sind mit Dill gekochte Frühkartoffeln. Sie werden gereicht zu eingelegtem Hering, gebeiztem Lachs und Köttbullar (Fleischbällchen).

Und kein Mittsommer ohne Erdbeeren. Die roten Früchtchen werden gern frisch vernascht. Denn die schwedischen Erdbeeren, davon sind die Schweden überzeugt, sind viel süßer als anderswo. Aufgrund der kühleren Temperaturen und der langen, hellen Nächte verbrauchen sie ihren Zucker nicht so schnell und das soll sie besonders süß machen. „Es gibt auch ‚Smultron‘, kleine Walderdbeeren, die werden von Kindern oft wie eine Perlenkette auf einem Halm aufgespießt und dann einzeln vernascht“ weiß Sabine Klautzsch von Visit Sweden.

Und natürlich wird auch angestoßen – meist mit einem Aquavit, einem vollmundigen „Skål“ und Trinkliedern, denn die gehören zur schwedischen Kultur und Tradition. Über 12.000 Trinklieder soll es geben. Eine Sammlung gibt es im Stockholmer Spritmuseum.

Mittsommer: Albern sein ist unbedingt erwünscht

Sind alle kulinarischen Sinne befriedigt, geht es den Kalorien wieder an den Kragen – bei Spiel, Musik und Tanz bis in die Morgenstunden hinein. Dazu spielen Musiker mit Geigen, Gitarren und Akkordeon auf. Es wird um den Maibaum gehüpft und der Tanz der kleinen Frösche getanzt. Und ob Kind oder Erwachsener – bei Mittsommerpartys gehört es zum guten Ton, ein bisschen albern zu sein und sein Alter einfach mal zu vergessen.

Kurzum: Das Erfolgsrezept einer Mittsommerparty sind Blumen im Haar, der Tanz um die Mittsommerstange, das Singen von Trinkliedern beim Genießen herber Kräuterschnäpse und der Verzehr von Hering, Erdbeeren und anderen Köstlichkeiten. Alles in allem ein wundervoller langer Mittsommer-Tag, den die meisten Schweden auf dem Land feiern, und die Städte sind dann meist wie leergefegt. red

(c) www.visitsweden.de

Rezept der Woche: Sandwichtorte
Zutaten für 8–10 Portionen:
500 g Roggenbrot, 100 g zimmerwarme Butter, 4 hart gekochte Eier, 400 g gekochte Kartoffeln, 400 g Frischkäse, 200 ml Crème fraîche (40 %), 2 Blätter Gelatine, 250 g geräucherte Makrele oder geräucherter Lachs, ½ große gelbe Zwiebel, 25 g fein gehackter Schnittlauch, 25 g fein gehackter Dill, Salz und Pfeffer, Öl
Für die Garnierung:
In Scheiben geschnittene Radieschen, gehackte frische Gurke, gehackter Dill und Schnittlauch

Zubereitung:
In einer Küchenmaschine Roggenbrot und Butter mixen. Eine runde Springform (etwa 24 cm Durchmesser) mit Pergamentpapier auskleiden, sowohl den Boden als auch die Seiten. Vorher die Form mit etwas Öl bestreichen, damit das Papier haftet. Die Brotmischung in der Form verteilen und fest andrücken. In den Kühlschrank stellen und in der Zwischenzeit den Rest vor-bereiten.

Die Gelatineblätter etwa 10 Minuten in kaltes Wasser geben. Kartoffeln, Eier und Zwiebel hacken. Mit Dill, Schnittlauch, in kleine Stücke gebrochenem Räucherfisch, Frischkäse und der Hälfte der Crème fraîche vermischen. Den Rest der Crème fraîche erwärmen, den Topf vom Herd nehmen und die eingeweichten Gelatineblätter (ohne das Wasser) hinzugeben. Miteinander verrühren. Gründlich mit dem Rest der Füllung vermischen und mit Salz und schwarzem Pfeffer würzen.

Die Füllung in die Form mit der Brot-„Kruste“ geben und gleichmäßig auf dem Boden verteilen. Mit Frischhaltefolie abdecken und etwa sechs bis acht Stunden im Kühlschrank stehen lassen.

Alle Zutaten für die Garnierung vermischen und die Sandwichtorte damit belegen.

Zubereitungszeit: Etwa 40 Minuten plus Zeit im Kühlschrank
Rezept: visitsweden.de


Mehr Informationen: visitsweden.de

Gute Kinderstube ist wichtig fürs Leben

Der Landwirtschaftsbetrieb Schröter in Tilleda legt viel Wert auf die richtige Kälberaufzucht. Ausschlaggebend hierfür ist das Tränken mit Kolostrum für jedes neugeborene Kalb sowie eine konsequente Tränkehygiene.

Drei der acht Kälberiglus auf dem Hof des Landwirtschaftsbetriebes Schröter waren in der vorigen Woche belegt. An der Stirnseite des Kuhstalles, in Sichtweite zur Abkalbebox, wachsen die Jüngsten des Tilledaer Milchviehbestandes auf. Ihre ersten fünf bis sechs Lebenswochen verbringen die Kälber in Einzelhaltung – mit Sichtkontakt zu ihren Müttern.

Kolostrum für jedes neugeborene kalb

Zum Kalben kommen die Kühe in ein separates, mit viel Stroh eingestreutes Abteil. Zweimal am Tag – um 9 Uhr und 21 Uhr – werden die abgekalbten Kühe als Extra-Gruppe vom Melkroboter gemolken. Der erkennt die Tiere an ihren Nummern und melkt die Erstmilch jeder Kuh in einen von vier Sammelbehältern. So erhält jedes neugeborene Kalb das Kolostrum seiner Mutter.

Fünf Tage lang bekommen die Kälber die Erstmilch, die ihre Immunabwehr aufbaut, über Nuckeleimer verabreicht. Später erhalten sie eine gemischte Milchtränke. Diese besteht etwa je zur Hälfte aus überschüssiger Kolostralmilch abgekalbter Kühe sowie angerührtem hochwertigem Vollmilchpulver.

Jörg Schröter tränkt die Kälber mit Nuckeleimern.
Jörg Schröter tränkt die Kälber mit Nuckeleimern. (c) Detlef Finger

Bevor die Kälber in kleine Gruppen zu jeweils drei bis vier Tieren wechseln, werden sie auf den Tränkeimer angelernt. Bis zu einem Alter von drei bis vier Monaten bleiben sie in diesen Gruppen zusammen.

Neben dem Milchmix aus dem „Milchmobil“ gibt es für sie dann auch schmackhaftes Heu ad libitum. Zusätzlich wird ihnen etwas Totale-Misch-Ration (TMR) der melkenden Kühe als Futter angeboten. Im gleichen Maße, wie sie immer mehr von der festen Nahrung aufnehmen, wird die Milch weggelassen. So werden die Kälber von der Milch entwöhnt.


Ein eingespieltes Team sind der Betriebsleiter und sein ältester Sohn auch im Arbeitsalltag auf dem Hof in Tilleda.

Landwirtschaftsbetrieb Schröter

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wichtig ist eine konsequente tränkehygiene

Danach, etwa bis zum siebten Lebensmonat, leben sie in größeren Gruppen. Dann gibt es die TMR zur freien Verfügung. Später, im Jungviehstall, erhalten sie eine strukturreiche Ration mit Futterstroh, Gras- und Maissilage sowie Mineralstoffen.

Mit dem Abtränken hat es Jörg Schröter nicht mehr so eilig. „Das frühe Abtränken war nicht so erfolgreich“, erklärt der Betriebsleiter. Besser sei es, dem Kalb einen Liter Milch mehr zu geben, und das auch länger. „Das Kalb musst du wachsen sehen“, sagt er. „Was man zu dieser Zeit mehr in das Jungtier investiert, gibt es einem als Kuh zurück. Und: Problemkälber machen als Kuh noch einmal Schwierigkeiten.“

In kleine Gruppen von drei bis vier Tieren kommen die Kälber etwa ab der fünften bis sechsten Lebenswoche.
In kleine Gruppen von drei bis vier Tieren kommen die Kälber etwa ab der fünften bis sechsten Lebenswoche. (c) Detlef Finger

Das Tränken der Kälber – die Gruppen werden mit dem Milchtaxi versorgt – übernimmt Schröter selbst. Wichtig für die Kälbergesundheit sind ihm zufolge zuvorderst die Kolostralmilchversorgung und eine konsequente Tränkehygiene. So hat jedes Kalb seinen eigenen Eimer, der vor jeder Milchmahlzeit gereinigt wird.

Dass Frühdurchfälle in seinem Kälberbestand nur noch in Ausnahmefällen vorkommen, führt der Landwirt auch auf eine veränderte Fütterung der Trockensteher zurück. „Nur von gesunden Kühen kommt gesunde Milch für die Kälber“, sagt Schröter. Bei stoffwechselseitig belasteten Kühen sei die Milch in ihrer Zusammensetzung nicht so optimal für das Kalb.
Kälber ohne Frühdurchfall seien auch später gesünder. Die meisten Durchfälle seien vermeidbar, sagt der 52-Jährige. Erforderlich sei es dazu aber, sich auf Ursachensuche zu begeben.

Aufzuchtkosten durch erlöse nicht gedeckt

Um Kälber für die Reproduktion des Bestandes von 120 melkenden Kühe zu haben, werden Färsen und Kühe in Tilleda künstlich besamt. Die Anpaarung zielt darauf ab, Exterieur- bzw. Leistungsmängeln entgegenzuwirken. Züchterisch wertvolle Kühe werden sehr individuell angepaart. Der Züchter nutzt eine große Vielfalt an Bullen, von manchem Vererber setzt er auch nur wenige Spermaportionen ein.

Seit etwa einem halben Jahr kommt teilweise auch Sperma von Mastrassen zum Einsatz. Kälber aus diesen Anpaarungen gibt es aber noch nicht. „Ich hätte nie gedacht, dass das bei uns auf dem Hof einmal passieren wird“, sagt der passionierte Holstein-Züchter. Weil das Vermarkten abgekalbter Färsen in den letzten Jahren kein einträgliches Geschäft mehr war, entschloss er sich schweren Herzens zu diesem Schritt. „Die Aufzuchtkosten wurden von den Erlösen einfach nicht mehr gedeckt“, sagt er.

Landwirtschaftsbetrieb Schröter: teilweise Einsatz von gesextem Sperma

Darüber hinaus will Jörg Schröter künftig nicht mehr einen so hohen Jungrinderbestand vorhalten. Denn auch das Jungvieh mache Arbeit, koste Zeit und Geld (vor allem fürs Futter) und Gülle-Lagerkapazität. „Der teilweise Einsatz von gesextem Sperma bietet die Möglichkeit, dennoch ausreichend weibliche Tiere für die Remontierung unseres Kuhbestandes zu produzieren“, führt Schröter fort.

Mit gesextem Sperma würden vor allem Färsen besamt. Das habe zugleich den Vorteil, dass die Geburten reibungsloser verlaufen. Bullenkälber seien oft kräftiger und verursachten Probleme – vor allem bei Erstkalbinnen. „Aber auch gute Kühe, die auf der weiblichen Seite vermehrt werden sollen, besamen wir mit gesextem Sperma“, erklärt er.

Aufgrund der steigenden Qualität dieses Spermas funktioniere es auch bei Kühen. So kommen letztlich weniger Bullenkälber zur Welt, die heute oft mehr Last als Lust sind. Früher war mit Deckbullen noch etwas zu verdienen, doch das Geschäft sei völlig eingebrochen. Derzeit gebe es für ein Bullenkalb 120 bis 130 Euro. Das decke gerade die Kosten. Im Vorjahr waren die Preise für schwarzbunte Bullenkälber, auch coronabedingt, zeitweilig sogar auf deutlich unter 50 Euro gefallen.


Mitarbeiter gesucht
Der Landwirtschaftsbetrieb Schröter sucht eine interessierte, jüngere Fachkraft mit Verständnis für Tier und Technik als langfristige Unterstützung im Familienunternehmen in Tilleda.
Kontakt: joerg-schroeter@t-online.de

Audienz beim Holunderkönig

Sein Reich umfasst 16,2 Hektar: Reinhard König hat seinen Familiennamen mit dem Strauch verbunden, dessen Blüten und Beeren er in Groß Muckrow (Brandenburg) in köstliche Produkte verwandelt.

Von Heike Mildner

Er ist ein seltenes Exemplar: ein König, der arbeitet. Auch wenn die Arbeit momentan mehr eine Art Ergotherapie für die Hände ist: Der Holunder steht in voller Blüte. Ein Teil der Blüten wird zu Sirup, Wein und Gelee verarbeitet. Es reicht nicht, dafür einfach die Dolden abzuschneiden. Die klitzekleinen Blütchen müssen von den Stängeln gezupft und am selben Tag verarbeitet werden, sonst schmecken die Produkte nicht, wie sie schmecken sollen. Und Qualität ist seiner Majestät eben so wichtig wie seinen Kunden. Zwei Kilo reine Blüten ergeben 90 l Sirup.

Der Holunderkönig

Reinhard König ist gelernter Agrotechniker und hat 35 Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet. Als sein Betrieb vor anderthalb Jahren die Milchviehhaltung einstellte, war für ihn dort mit der Landwirtschaft im Haupterwerb Schluss. Gleichzeitig sorgte Corona mit ausgefallenen Festen und Märkten für einen Absatzeinbruch bei seinen Holunderprodukten. Keine gute Zeit, um vom Neben- in den Haupterwerb zu wechseln. König heuerte in der Industrie an und kämpft jetzt mit gesundheitlichen Folgen dieser Entscheidung. Gut, dass ihm seine Familie auch jetzt zur Seite steht.

„Das ist gut, da fehlt nur noch das Etikett“

Als Reinhard König 2009 sein Nebenerwerb und damit den Holunderkönig als Gewerbe „Obstbaubetrieb/Sonderkultur Holunder mit Selbstvermarktung“ anmeldete, hatte er sich gut überlegt, auf welche Weise er den eher bescheidenen Verdienst als Angestellter in der Landwirtschaft ergänzen könnte. Er wollte seinem Haupterwerbsbetrieb keine Konkurrenz machen, es sollte zu ihm passen, musste neben der Arbeit zu bewältigen sein und es sollte ihn auf lange Sicht interessieren.

Am Holunder reizte ihn zunächst ein Widerspruch: „Meine Oma hat immer gesagt, er sei giftig. Gelesen habe ich aber, er sei einer der ältesten Heilpflanzen in Europa“, erzählt König.
Er las sich ins Thema ein, pflückte wild wachsenden Holunder, verarbeitete ihn und testete seine Kreationen auf Familienfeiern. „Das ist gut, da fehlt nur noch ein Etikett“, ermunterten ihn Freunde und Verwandte.

Motto des Holunderkönigs: lesen, lernen, ausprobieren

Gesagt, getan: 2004 pflanzte Reinhard König 35 Holunderpflanzen der Ertragssorte ,Haschberg‘. Die hatte er in einer Baumschule in Bad Liebenwerda entdeckt. „Je nach Feuchtigkeit treibt die Sorte zwischen 75 cm in einem trockenen und 350 cm in einem regenreichen Jahr aus“, hat König erfahren.

Der Maiaustrieb trägt die Ernte des nächsten Jahres. „Da kann man schon das Potenzial für die Ernte des Folgejahres abschätzen.“ Seine Holunderpflanzen erzieht er zum Viertelstamm, der zwischen 100 und 120 cm hoch wird. „Die Ruten wachsen in die Höhe und biegen sich im Herbst unter der Last der Beeren. Das ist ideal für die Ernte“, so König. Nach der Ernte werden die abgetragenen Ruten zurückgeschnitten. Eine aufwendige Handarbeit, bei der immer wieder familiärer Einsatz vonnöten ist.

Über Stecklingsvermehrung erweiterte König noch 2004 den Bestand auf 83 Pflanzen: lesen, lernen, ausprobieren. Dann konnte er auch seine Betriebsfläche erweitern: 2007 zunächst auf 2,2 ha, und als zehn Jahre später die Pacht für 14,5 Hektar Land auslief, das seiner Mutter gehörte, wurde die 18 km entfernte Fläche nicht wieder neu verpachtet, sondern ins Holunderkönigreich eingemeindet.

„Inzwischen wussten wir, dass und wie es funktioniert“, erzählt König – standesgemäß bei einem Glas Holunderblütenbrause. Allerdings war es da auch an der Zeit, in neue Landtechnik zu investieren. Zu dem alten Eicher, den sein Vater kurz nach der Wende gekauft hatte, gesellte sich ein kleiner, grüner John Deere. Im Gegensatz zum Eicher hat der eine Kabine, in der man auch im Herbst die 18 km zur „Außenstelle“ zurücklegen kann, wenn dort die Bodenbearbeitung ansteht.

Hilfe, nicht nur bei der Landtechnik

Um die Pflege des alten und neuen Kleinschleppers kümmert sich vor allem Reinhards Bruder Roland König, der als gelernter Landmaschinenschlosser genau weiß, an welchen Schrauben er drehen muss, damit der Laden läuft.

Derweil hat Reinhard König all die Maschinen bestens im Griff, die für die Verarbeitung der Blüten und Beeren nötig sind: die hydraulische Saftpresse, Edelstahltanks zum Pasteurisieren und Abfüllen. Seit dem vergangenen Jahr ist auch eine Schneidmühle für Äpfel im Repertoire, mit der man Äpfel zerkleinern kann. „Wir bieten jetzt nach telefonischer Anmeldung auch Lohnmosten an. Das wird sehr gut angenommen. Die Leute freuen sich, wenn sie den Saft von ihren selbst angelieferten Äpfeln mit nach Hause nehmen können“, sagt Reinhard König. „Dafür müssen aber mindestens ab 60 kg Obst zum Verarbeiten da sein, sonst lohnt sich das nicht“, fügt König hinzu.

Er selbst nutzt die Presse für den Holundersaft, der u. a. zu Glühwein verarbeitet wird – der Renner zur Weihnachtszeit. Eigentlich. Denn die Produkte verkauft der Holunderkönig auf Märkten und Festen, den Holunderglühwein auf Weihnachtsmärkten. All das fiel im vergangenen Jahr aus, und so ist das Lager noch gut gefüllt. Gerade vermisst König die bürokratischen Hürden zur Einrichtung einer Abschlagbrennerei und ist diesbezüglich mit dem Zoll in Verhandlung.

Viertelstämme auf der Betriebsfläche in Groß Muckrow. (c) Heike Mildner

Umstellung auf Bio und etwas Zukunftsmusik

Bei einer Abschlagbrennerei bemisst sich im Gegensatz zur Verschlussbrennerei die zu zahlende Alkoholsteuer an der Menge der verarbeiteten Früchte. König verspricht sich davon, die nicht verkauften Säfte selbst verarbeiten und den Alkohol für die eigenen Liköre verwenden zu können. „Die Wertschöpfung muss im eigenen Betrieb bleiben, sonst lohnt sich das nicht“, musste König feststellen.

2017 konnte der Holunderkönig nach dreijähriger Umstellungszeit zum ersten Mal Bio-Ware verkaufen: auch das eine Frage der Wertschöpfung. „Der Holunder eignet sich gut für den Bio-Anbau. Einzig Blattläuse machen in den Blüten Probleme. Aber bis die Beeren reif sind, sind die Läuse weg“, hat König festgestellt und freut sich, dass er für die Bioprodukte – bei Verwendung von teurerem Biozucker – auch einen höheren Preis verlangen kann.

Zudem wird der Anbau von Bio-Obst in Brandenburg gut gefördert. Auf der 14,5-Hektar-Fläche seiner Mutter hat König neben Holunder auch Maulbeeren, Schlehen und Walnüsse angepflanzt, die in drei, vier Jahren erste Erträge bringen. Möglich also, dass der findige Agrotechniker aus Groß Muckrow doch irgendwann Holunderkönig im Haupterwerb wird – so Corona wieder Feste und die persönliche Gesundheit den vollen Einsatz zulassen. Für beides kann man nur viel Glück wünschen.

Verschlafen wir wieder einen internationalen Trend?

Was das Thema Agri-Photovoltaik betrifft, ist uns beispielsweise Frankreich Meilen voraus. Wenn Deutschland seine internen Regelungen nicht etwas lockert, laufen wir Gefahr auch diesen internationalen Trend zu verpassen.

Von Christoph Feyer

Als diese Ausgabe am Dienstagabend gedruckt wurde, startete die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen die Equipe Tricolore in diese merkwürdige Europameisterschaft. Sie werden das Ergebnis des Spiels nun bereits kennen. Ich kann jetzt beim Schreiben dieser Zeilen nur befürchten, dass Frankreich es wohl besser machen wird – genau wie bei der Agri-Photovoltaik.

Stromerzeugung und Landwirtschaft

Redakteur Christoph Feyer
Christoph Feyer, Chef vom Dienst

Agri-Photovoltaik oder auch kurz Agri-PV ist das gleichzeitige Nutzen einer Fläche für solare Stromerzeugung und Landwirtschaft. Wenn man den ungebremsten Flächenschwund – auch durch die konventionellen Solarparks – bedenkt und weiß, dass die Konkurrenzsituation von Agrar- und Energieerzeugung in einigen Gebieten bereits die Pachtpreise beeinflusst, ist das eine durchaus vielversprechende Idee.
Zumal man davon ausgehen kann, dass es in diesem Jahrzehnt zu einem starken Ausbau der Photovoltaik kommen wird – Energiewende sei Dank. Betrachtet man Agri-PV aber aus der Nähe (so wie die TFZ-Wissenschaftler auf den Seiten 33 bis 35), stoßen hohe Kosten für die aufwendigen Montagesysteme und geringere Erträge bei den Feldfrüchten schnell sauer auf.

Darüber hinaus verlieren Landwirte ihren Anspruch auf EU-Beihilfen, wenn sie auf ihren Äckern und Weiden Solarstrom ernten. Und eine EEG-Vergütung ist für Sonnenstrom aus Agri-PV-Anlagen oft auch nur schwer zu bekommen. Noch ärgerlicher wird das Ganze, wenn man weiß, dass die EU ihren Mitgliedstaaten hier durchaus Handlungsspielräume gewährt und Deutschland diese zu Unrecht einschränkt, wie jetzt ein Gerichtsurteil aus Regensburg zeigt.

Ein Schäfer aus Bayern hatte gegen den Wegfall seiner Flächenprämie vor dem Regensburger Verwaltungsgericht geklagt. Er betreibt eine Freiflächenanlage, in der auch seine Schafe weiden. Die Verwaltungsrichter gaben ihm in erster Instanz Recht: Ein genereller Ausschluss der Agrarzahlungen bei dieser Art der Nutzung ist nicht europarechtskonform! Jetzt liegt der Fall beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und das Urteil der süddeutschen Juristen wird einschneidende Konsequenzen für die weitere Entwicklung der Agri-PV-Szene haben.

Frankreich weit vorraus

Nun mag der eine oder andere anmerken, dass im neuen EEG die Rahmenbedingungen für Agri-PV doch schon verbessert wurden. Schließlich startet 2021 die Innovationsausschreibung für „Besondere Solaranlagen“. Dazu gehören allerdings auch schwimmende Photovoltaikmodule und Solarpaneele auf Parkplatzüberdachungen.

Und auch wenn das Ausschreibungskontingent des EEG 2021 von 50 MW im Entwurf auf 100 MW erhöht wurde, soll dies nur auf Agri-PV von Ackerflächen beschränkt sein. Sonderkulturen und Grünflächen bleiben außen vor. Die Projektgröße ist übrigens auf 2 MW beschränkt. Und dass Auktionen lediglich für zwei Jahre vorgesehen sind, steigert auch nicht gerade die Investitionssicherheit. Was zudem noch fehlt, ist die Möglichkeit, den Agri-PV-Strom selbst zu verbrauchen. Bislang sind im EEG nur Einspeiseanlagen vorgesehen.

Nicht wenige Photovoltaikexperten sehen daher die Gefahr, dass wir (mal wieder) einen internationalen Trend verschlafen. Frankreich zum Beispiel fördert jährlich 140 MW bei Agri- und Carport-PV. Die Projektgröße ist auf 5 MW beschränkt. Und bis 2026 soll es für 840 MW finanzielle Beihilfe geben. So einfach kann Fußball – äh, ich meine Agri-PV sein.

Getreideernte: Checkliste für den Mähdrusch

Immer wieder sind Landwirte vom Beginn der Getreideernte überrascht. Während der Ernte wird dann festgestellt, was hätte besser vorbereitet werden sollen und es wird zur nächsten Saison Besserung gelobt. Hier einige Gedankenstützen, um mit ruhigem Gewissen dem Start der Ernte entgegensehen zu können.

Von Dr. Andrea Feiffer und Franz Klüssendorf ,feiffer consult, Sondershausen

Gut geschulte Fahrer entscheiden oft mehr über die Leistungsfähigkeit der Mähdrescher, als die nächstgrößere Maschine bieten kann. Gut trainierte Fahrer bringen zwischen 15 und 30 Prozent Mehrleistung. Es lohnt sich in jedem Fall, vor der Ernte das Wissen aufzufrischen. Eine intensive Auffrischung kann alle zwei bis drei Jahre erfolgen. Dabei bleibt immer etwas Neues hängen, was Mehrwert in der Ernte bringt. Nutzen Sie die Angebote der Händler wie auch der freien Anbieter.

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Erntevorbereitung

Assistenzsysteme nutzen

Gute Fahrer zu finden, die das Leistungspotenzial der Mähdrescher ausnutzen, wird immer schwieriger. Darüber hinaus gibt es immer mehr Einstellmöglichkeiten, um den Mähdrescher an die Leistungskante zu bringen. Das beherrscht heute keiner mehr und nach wie vor steckt die Auslastungsquote von Mähdreschern bei 50 bis 60 Prozent fest. Deshalb sind Assistenzsysteme lohnenswert und alles, was zur Fahrerentlastung beiträgt, ist willkommen.

Vor allem die Routinen und stupiden Tätigkeiten sollen dem Fahrer abgenommen werden. Denn sie binden die Konzentration an der falschen Stelle. So ist beispielsweise eine Lenkautomatik heute Pflicht. Sie bringt mindestens 10 Prozent Mehrleistung durch bessere Schneidwerksausnutzung und schnellere Vorfahrtsgeschwindigkeit.

Dienstleister einplanen

Auch wenn sich durch Klimaveränderungen mehr Hitze- und Trockenperioden einstellen, sind verregnete Erntezeiten nicht ausgeschlossen. Einige Landwirte specken aufgrund der letzten trockenen Erntesommer bei der Mähdrescherkapazität ab. Wer knapp unterwegs ist, sollte sich rechtzeitig der Nachbarschaftshilfe oder eines Dienstleisters versichern.

Vorbeugende Reparaturen

Stillstandszeiten in der Ernte sind teuer. Als Faustzahl gilt: Jede Minute kostet bis zu 10 Euro. Eine rechtzeitige, vorbeugende und großzügige Instandsetzung lohnt immer. Eine verhaltene Reparatur dagegen, bei der Ersatzteile zu spät gewechselt werden, verschiebt die Kosten nicht nur in die wertvolle Erntezeit, sondern potenziert den Schaden.

Automatische Lenkung an der  Bestandeskante entlang per  Kamera
Automatische Lenkung an der Bestandeskante entlang per Kamera. (c) feiffer consult

Ersatzteile bevorraten

Es lohnt sich, wichtige Verschleißteile auf dem Mähdrescher mitzuführen. Dazu gehören beispielsweise Messerklingen, Nieten, Schrauben, Finger, Ährenheber und Häckslermesser mit passenden Schrauben.
Denken Sie auch daran, dass Sie das Ersatzmesser im Schneidwerkswagen überprüfen und auch einmal herauszuziehen, da es nach einer gewissen Zeit durch Staub und Feuchtigkeit sehr schwergängig sein kann.

Transportlogistik überdenken

Der Getreidetransport bildet oft ein Nadelöhr, sodass die Mähdrescherkapazität nicht ausgenutzt werden kann. Abbunkern am Feldrand raubt dem Mähdrescher etwa 20 Prozent Leistungsvermögen. Testen Sie, ob eine parallele Ab-fuhr möglich ist. Nutzen Sie auch die Gelegenheit, sich einen Überladewagen vorführen zu lassen.

Abfuhrhänger vorbereiten

Schon vor der Ernte können Sie ihre für die Abfuhr notwendigen Hänger auf Sauberkeit und Dichtigkeit prüfen – Getreidedicht ist nicht gleich Rapsdicht! Denken Sie daran, dass Sie Futter- und Lebensmittel transportieren. Beizabriebe, Holz, Sand und Schutt haben auf dem Hänger nichts zu suchen. Es ist ratsam, nach Einsatz mit losem gebeiztem Saatgut einen zertifizierten Reinigungsbetrieb in Anspruch zu nehmen.

Lager vorbereiten

Schon rechtzeitig vor der Ernte kann das Lager besenrein gemacht werden. Achten Sie darauf, dass insbesondere größere Staubnester entfernt werden, da sich dort zum Beispiel Kornkäfer und andere Schädlinge aufhalten. Anschließend sollte die Spritzbehandlung gegen Vorratsschädlinge erfolgen. Prüfen Sie die Wände und Dächer auf Dichtigkeit. Ebenso Türen und Tore wegen möglichen Schadnagerbefalls.

Abschüttflächen bereithalten

Der Getreidehandel konzentriert sich, die Wege werden länger. Wenn alle im Umkreis dreschen, verlängern sich die Wartezeiten und die Rundenzeiten – die Mähdrescher bleiben stehen. Bereiten Sie Abschüttflächen auf dem Hof vor, um den Ernteprozess am Laufen zu halten. Regnet es in einen freiliegenden Stapel ein, quillt die obere Kornschicht und bildet quasi ein Dach. Die Oberflächenfeuchte ist nach dem ersten Umsetzen wieder verschwunden.

Erst vorführen dann kaufen

Wenn Sie vor einem Mähdrescherwechsel stehen, planen Sie schon in diesem Jahr Vorführmaschinen ein, um sich ein Bild von Arbeitsqualität und Leistung zu machen. Lassen Sie die Maschinen auch von Ihren Fahrern testen, denn sie müssen diese später mit Motivation fahren. Testen Sie ausgiebig, möglichst auch in schwer dreschbaren Kulturen. Bieten Sie dem Händler eine angemessene Bezahlung für eine verlängerte Vorführung.

Wechselfahrer erhöhen Sicherheit

Um mit 30 t/h Durchsatz zu ernten, muss der Fahrer mit einem 7-m-Schneidwerk ständig 6 km/h fahren (bei einem Ertrag von ca. 7 t/ha). Das halten die Fahrer nicht länger als drei bis vier Stunden durch. Sinkt die Fahrgeschwindigkeit von 6 auf 5 km/h, fehlen bereits 20 Prozent Mähdrescherleistung! Denken Sie über Wechselfahrer nach, auch zur Pause, damit die Mähdrescher nicht stehen bleiben. Einen Ersatzfahrer sollte man generell in der Hinterhand haben.

Feuchtemessgeräte kalibrieren

Vergleichen Sie vor der Ernte Ihr Feuchtemessgerät mit dem des Landhandels. 1 Prozent zu hohe Feuchte kostet mindestens 5 €/t. Auch das Feuchtemessgerät im Mähdrescher ist mit dem kalibrierten Gerät aus dem Handkoffer zu vergleichen. Vorsicht ist beim Raps geboten: 2 bis 3 Prozent Unterschiede zwischen den Geräten sind hier durchaus drin.

Brandvorsorge

Bedenken Sie, was im Falle eines Brandherdes im Mähdrescher passieren soll. Rüsten Sie alle an der Ernte beteiligten Fahrzeuge mit Feuerlöschern aus. Führen Sie am Mähdrescher zwei Feuerlöscher mit. Eine Vorsorgeinvestition mit hohem Nutzeffekt.

Nur ein kalibriertes Feuchtemessgerät ist ein gutes Messgerät.
Nur ein kalibriertes Feuchtemessgerät ist ein gutes Messgerät. (c) feiffer consult

Während der Ernte

Verluste festlegen

Mit der Höhe der Dreschwerks- und Reinigungsverluste steuert man zugleich die Leistung des Mähdreschers. Hält man die Verluste gering, ist auch die Leistung geringer. Zwischen Landwirt und Lohnunternehmer gilt: 1 Prozent Verlust ist erlaubt. Das verschafft dem Dienstleister guten Durchsatz und dem Landwirt eine schnelle Ernte.

Das Auge trainieren

Schüttler-, Rotor- und Reinigungsverluste sehen im Feld meist dramatischer aus, als sie tatsächlich sind. Bei 1 Prozent Verlust liegen bei Schwadablage unter 1 m2 Schwad etwa 1.000 Körner (7 m Schneidwerksbreite, 75 dt/ha Ertrag). Daran müssen sich die Augen und der Blutdruck erst gewöhnen. Nutzen Sie die Verlustprüfschale und entscheiden Sie nicht subjektiv – dem Auge ist jedes Verlustkorn zu viel.

Verlustmessgeräte kalibrieren

Verlustmessgeräte sind nicht aussagekräftig, wenn sie nicht kalibriert sind. Deswegen müssen die tatsächlichen Verluste im Schwad geprüft werden. Erst dann kann man sich nach der Anzeige richten und den Mähdrescher mit hoher Leistung fahren.

Raps nicht zu früh dreschen

Aus Angst vor Ausfallverlusten wird der Raps meist zu früh gedroschen. Auch wenn die Rapsschoten im oberen Drittel schon weiß sind, befinden sich im unteren Drittel noch grüne Schoten. Diese Gummischoten werden im Dreschwerk nicht ausgedroschen. Eine längere Standzeit ist für Raps in der Regel nicht schädlich. Ertrag und Qualität wachsen mit späterem Erntetermin zu. Die stärker gefährdete Frucht ist heute der Weizen mit schnell sinkenden Fallzahlen. Späte und intensiv geführte Rapssorten kann man nach dem frühen Weizen dreschen oder auch noch später.

Oft gibt es Lager in den Fahrgassen infolge der Blütenbehandlung. Lagernder Raps lässt sich gut von vorn mit dem Schneidwerk unterfahren. Liegt das Lager in die andere Richtung, bereitet die verlustarme Aufnahme große Probleme. Die Fahrgasse wird dann in Schneidwerksbreite einfach liegengelassen und am stehenden Bestand weitergedroschen. Auf der Rücktour nimmt man dann die Fahrgasse mit, sodass das Lager vom Schneidwerk wieder gut unterfahren werden kann.

Abbunkern während der Fahrt bringt bis zu 20% Mehrleistung gegenüber Abbunkern am Feldrand.
Abbunkern während der Fahrt bringt bis zu 20 Prozent Mehrleistung gegenüber Abbunkern am Feldrand. (c) feiffer consult

Häckslermesser drehen und wechseln

Die Arbeitsqualität des Häckslers ist mitentscheidend für Ertrag und Kosten der Ernte (Kraftstoffverbrauch) und der nächsten Ernte (ackerbauliche Vorteile). Je nach Abnutzungsgrad sollten die Häckslermesser gedreht oder gewechselt werden. Ei-ne Heckkamera kostet nicht viel und verhilft dem Fahrer zu einem guten Strohverteilbild mit hohem Folgenutzen.

Bruchkorn im Visier

Achten Sie verstärkt auf Bruchkorn im Bunker. Der Schaden ist immer doppelt so hoch, weil im selben Verhältnis zum Bruchkorn auch Kleinkornanteile den Mähdrescher über die Reinigung verlassen.

Bordbuch nicht vergessen

Führen Sie ein Bordbuch ein, wo der Fahrer wichtige Daten eintragen kann. Diese dienen zur Auswertung, wie Kraftstoffverbrauch, Reparaturen, Leistungen je Tag und Stunde usw. Sie sind Ausgangspunkt für zukünftige, organisatorische Veränderungen. Nichts ist so schnell vergessen wie die abgelaufene Ernte.

Keine Extraspuren

Abfuhrfahrzeuge sollten weitestgehend die Fahrgassen zum Transport nutzen und nur zum parallelen Abtanken neben dem Mähdrescher fahren. Der Abfahrer steht in der Fahrgasse des Vorgewendes und nicht am Feldrand. Das senkt den Bodendruck auf der bis-her unbefahrenen Fläche. Klären Sie im Vorfeld mit der Mannschaft das bodenschonende Befahren.

Dokumentation

Wiegen die Abfahrer an der Hofstelle selbst, bereiten Sie Handzettel vor, wo in vorgefertigten Spalten Gewicht, Frucht und Zeit eingetragen werden. So hat man nicht ein heilloses Durcheinander auf abgerissenen und bekritzelten Zetteln. Zur eigenen Sicherheit des Landwirtes sollten entsprechende Transportdokumente vorbereitet werden. Vollautomatische Probennahme und sichere Dokumentation sind bei Landhändlern im Prinzip Standard, in großen Betrieben kommen sie zunehmend zum Einsatz.

Nach der Ernte

Gleich nach der Ernte sollte der Mähdrescher gereinigt werden, um das Keimen von Ernteresten zu verhindern, die Anziehungspunkt für Schadnager sind. Bei dieser Gelegenheit kann der Fahrer auch Schadstellen erkennen, die bisher unter Staub und Schmutz verborgen waren.

Die in der Ernte geführte Reparaturmängelliste wird gemeinsam von Mähdrescherfahrer und Reparaturwerkstatt besprochen. Danach sollte ein Reparaturplan mit Kostenvoranschlag erstellt werden. Nutzen Sie die Herbst- und Winterzeit zur Durchsicht und Reparatur zum beiderseitigen Vorteil von Händler und Landwirt.

Reinigen nach der Ernte verhindert keimende Erntereste und Roststellen  unter nassem Schmutz.
Reinigen nach der Ernte verhindert keimende Erntereste und Roststellen unter nassem Schmutz. (c) feiffer consult