Start frei für die Zuckerrüben

Nach der Aussaat und den Herbizidmaßnahmen gilt es nun die Virusvektoren im Blick zu behalten. Schwarze Bohnenlaus und Grüne Pfirsichblattlaus breiten sich sonst zu stark aus.

Von Erik Pilgermann

Gut ein Monat Vegetationszeit ist für die meisten Rübenbestände bereits vergangen. Seit der Aussaat Ende März waren sie mit Auf und Ab des Wetters konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die Rüben inzwischen BBCH 12–14, stellenweise auch schon BBCH 16 erreicht. Bis zu drei Blattpaare sind entfaltet, und die Rübenreihen werden grün.

Zuckerrüben: Ein Problem bleibt

Durch das Verbot der neonicotinoidhaltigen Beizen hat ein altes Problem, die viröse Vergilbung der Zuckerrüben, neu an Fahrt aufgenommen. Das Virus wird von Blattläusen, hauptsächlich von der Grünen Pfirsichblattlaus, aber auch der Schwarzen Bohnenlaus, übertragen.

Die Viren überdauern den Winter in verschiedenen Pflanzen. Das können Raps, aber auch Vogelmiere und andere Unkräuter sein. Im Frühjahr infizieren sich die Blattläuse an diesen Pflanzen und übertragen dann die Viren während des Saugens auf die Rüben. Eine Infektion kann zu hohen Verlusten im Rübenertrag und den Zuckergehalten führen. Verluste von bis zu 50 Prozent sind möglich. Frühe Infektionen im Mai sind dabei besonders ertragsschädigend.

Blattläuse frühzeitig bekämpfen

Die Behandlung muss rechtzeitig beim Zuflug der Blattläuse erfolgen und nicht erst bei Sichtbarwerden erster Vergilbungsnester. Dann ist der Schaden schon gesetzt. Achten Sie auf die amtlichen Warndienste, die aktuelle Informationen über das Auftreten von Blattläusen geben. Nutzen Sie auch die Informationen, die Ihnen ISIP zur Verfügung stellt.

In dieser Saison steht zur Bekämpfung noch Pirimor zur Verfügung. Dieses Mittel wirkt, indem es sich translaminar in der Pflanze verteilt und zudem über eine Dampfphase auch Läuse an den Blattunterseiten oder im unteren Pflanzenbereich erfassen kann.

Darüber hinaus sei es durch die schnelle Wirkung zur Bekämpfung von Blattläusen als Virusvektoren besonders geeignet und wurde außerdem ursprünglich als nützlingsschonend und nicht bienengefährlich eingestuft (B4). Trotzdem endete die Zulassung am 31. Oktober 2020. Die Aufbrauchfrist endet am 30. April 2022. Danach stehen nur noch einfache Pyrethroide zur insektiziden Behandlung der Rüben zur Verfügung.

Auch der Rübenerdfloh hat sich bereits zum  Reifungsfraß eingefunden und seine typischen  Spuren hinterlassen.
Auch der Rübenerdfloh hat sich bereits zum Reifungsfraß eingefunden und seine typischen Spuren hinterlassen.
(c) Erik Pilgermann

Bakterien statt Viren

Seit einigen Jahren tritt in Deutschland in Zuckerrüben auch eine neue Krankheit, das Syndrome Basses Richesses (SBR; deutsch: Syndrom des niedrigen Zuckergehaltes), auf. Auch SBR reduziert die Rübenerträge und insbesondere die Zuckergehalte deutlich.

Ursache sind aber nicht Viren, sondern phytopathogene Bakterien. Die Schilf-Glasflügelzikade als Vektor überträgt sie auf Zuckerrüben. Sowohl die Bakterien als auch die Zikade lassen sich nicht direkt bekämpfen. Auch reduzierte Bodenbearbeitung und Fruchtfolge haben nur geringen Einfluss auf die Krankheit. Wissenschaftliche Studien zeigen aber, dass sich SBR durch den Anbau toleranter Sorten kontrollieren lässt.

Nachdem die Krankheit zuerst in Frankreich vorkam, gewinnt SBR auch in Mittel- und Ostdeutschland massiv an Bedeutung. Nach Angaben eines Züchterhauses erstreckt sich das Befallsgebiet hier in einem Gebiet beiderseits der Elbe zwischen Meißen und Magdeburg. Weiterer SBR-Befall im Oderbruch und im mittleren Sachsen-Anhalt (Salzlandkreis) deuten auf eine Ausbreitung hin.

Symptome erkennen

Symptome für SBR-Befall sind ab Ende August erkennbar: Betroffene Felder erscheinen deutlich vergilbt, da äußere Blätter der Rüben gelb verfärbt sind. Die inneren Blätter im Herz der Pflanzen weisen lanzettliche oder asymmetrische Formen auf. Typisch sind die verbräunten Leitbündel im Rübenkörper. Da ähnliche Symptome auch durch andere Krankheiten hervor-gerufen werden, ist für einen sicheren Nachweis eine Laboranalyse zu empfehlen.

Hack- und Striegeltag: Verschütten und entwurzeln

Mechanische Unkrautbekämpfung ist in aller Munde. Auf dem Hack- und Striegeltag des Bauernverbandes Brandenburg wurde auf dem Acker vorgeführt, berichtet und diskutiert.

Von Julian Delbrügge, ILU

Endlich! Das dachten sich wohl viele der Landwirte, als sie am 6. Mai den Hack- und Striegeltag besuchten. Endlich eine Präsenzveranstaltung in diesen Pandemiezeiten. Ein Hygienekonzept – wie ein Coronatest am Eingang – machte es möglich, dass rund 50 Männer und Frauen auf dem AWO Reha-Gut Kemlitz im Süden Brandenburgs zusammenkamen.

Organisiert wurde diese Fachveranstaltung vom Landesbauernverband Brandenburg (LBV) unter dem Label „Landwirtschaft im Dialog“, eine Kooperation mit der Koordinierungsstelle forschungsbasiertes Versuchswesen mit Sitz im Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU).

Ziel ist, Brandenburger Bauern gezielt Fachwissen anzubieten, wie zum Hacken und Striegeln. Zum Thema informierte eine Posterausstellung mit Beiträgen vom LBV, der Koordinierungsstelle, der Hochschule Eberswalde (HNEE) und dem Julius-Kühn-Institut (JKI). Zudem referierten Karin Krüger vom Landesamt für Ländliche Entwicklung (LELF) und Katrin Ewert vom Thüringer Landesamt (TLL-LR) über Vergleiche von chemischer mit mechanischer Unkrautbekämpfung.

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Beide kamen zu einem ähnlichen Schluss: Die chemische Variante ist oft die erfolgreichere, aber in Trockenjahren verliert sie stark an Wirkung. Das Striegeln kann zum richtigen Zeitpunkt 35 Prozent und mehr der Ackerunkräuter beseitigen, aber die kombinierten Verfahren zeigen teils die überzeugendste Wirkung. Einen generellen Überblick über die Hack- und Striegelwirkung gab Maxie Grüter von der Koordinierungsstelle Versuchswesen (alle Vorträge können beim LBV angefragt werden).

Boden, Witterung und Zeitpunkt

In der ökologischen Landwirtschaft sind Hacken und Striegeln seit jeher Mittel der Unkrautbeseitigung. Da zunehmend Spritzmittel für den konventionellen Ackerbau nicht mehr neu zugelassen werden, muss sich auch diese Branche auf die, noch in den 1950ern erfolgreich angewandten Techniken zurückbesinnen. Das führt zu einem kleinen Nebeneffekt:
Da Biobauern und Konventionelle den Hack- und Striegeltag besuchten, bot sich ein Forum, auf dem sich beide Branchen austauschen konnten. Man kommt sich also näher.

Das Gut hatte seine Flächen für die praktischen Vorführungen zur Verfügung gestellt. Heiko Terno, einer der Guts-Geschäftsführer und LBV-Vizepräsident, steuerte die Gruppe der Interessierten mithilfe eines Megafons über die Ackerflächen.

Der Sinn von Striegeln und Hacken: Keimendes Unkraut wird in erster Linie verschüttet und in Teilen herausgerissen. Ein möglichst krümeliger, also schüttfähiger Boden ist hilfreich, weshalb nicht auf jedem Boden erfolgreich gestriegelt und gehackt werden kann.

Dazu kommt: Nur kleine Unkrautpflänzchen lassen sich gut verschütten oder entwurzeln. Wer striegelt, startet also früh im Jahr. Somit kann das sogenannte Blindstriegeln sinnvoll sein, bei dem noch vor Auflaufen der Kultur die aufkommenden Unkräuter beseitigt werden. Besonders Leguminosen, die länger brauchen, um sich gegen Konkurrenzvegetation durchzusetzen, sind dankbar für diesen Eingriff.


Landesflagge Brandenburg

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Hack- und Striegeltag: Im Erdstrom ausschmeißen

Boden, Witterung, Zeitpunkt und Kultur beeinflussen ebenso den Erfolg. Das führt zu einer entscheidenden Erkenntnis, die so auch mehrfach auf der LBV-Veranstaltung gezogen wurde, wie von Robert Winter vom Agrartechnik Vertrieb Sachsen: „Das müssen wir lernen; wir müssen uns bei der mechanischen Arbeit auf jedes Feld einstellen.“ Jeder Betrieb braucht also seine individuelle Lösung, um die eigenen Felder mit den mechanischen Möglichkeiten unkrautarm zu bekommen.

Dabei kann die Strategie für jedes Feld eine andere sein, wie die beim Hafer, der ersten Station der praktischen Vorführung: Dort wurden im Winter die Maisstoppeln gemulcht, später gegrubbert, der Hafer gedrillt und nun erstmals gestriegelt. Das Getreide stand mindestens in Dreiblattstadium auf dem Feld und überstand derart robust das Striegeln, auch wenn es selbst etwas verschüttet wurde.

Striegelsysteme

Fünf Striegelsysteme wurden vorgeführt: Das Gut Kemlitz striegelte mit dem betriebseigenen Einböck-Saatstriegel an einem John Deere 6155M. Maschine Nummer zwei kam vom Landmaschinenhändler Technische Werkstätten Langengrassau, ein Claas 650 Arion mit der CFS-Rollhacke Rotary Hoe. Für ein möglichst gutes Arbeitsergebnis gab Verkaufsberater Markus Kaiser direkt vom Start weg Gas. Bei 22 km/h ließen sich die „Unkräuter im Erdstrom ausschmeißen“, wie Kaiser erklärte.

Bis zu 25 km/h sind möglich, was eine gute Flächenleistung auch mit kleineren Geräten erlaubt. Relativ viele Beikräuter lagen nach dem Einsatz entwurzelt auf der Seite beziehungsweise waren verschüttet, einige standen jedoch unbeirrt in der Brandenburger Erde. Dieses Problem hatten alle. Auch die dritte Maschine, ein New Holland vom Händler Agrartechnik Vertrieb Sachsen, ließ mit den sechs Reihen Striegelzinken am Saatstriegel Horsch Cura 12 ST einige der bereits zu großen Kräuter stehen. Wie Heiko Terno mehrfach erwähnte, war man hier etwas zu spät dran.

Ein weiterer John Deere zog einen Einböck-Rollstriegel über das Feld. Die Striegel hatte Sebastian Kalff von der verantwortlichen Schlieper Landmaschinen GmbH aggressiver eingestellt und fuhr sie mit bis zu 12 km/h. Zinkendruck und Fahrgeschwindigkeit passend zu den Gegebenheiten einzustellen, bedarf Übung und Fingerspitzengefühl. Wichtig ist, dass die Kulturpflanze ausreichend etabliert ist, um die Beanspruchung durch den Striegel größtenteils wegzustecken. Einzelne Verluste gibt es immer. Es folgte abschließend ein Fendt 313 Vario mit einem Spike Rotoweeder 810.

Durch den Mais und die Erbsen ging es blind

Alle fünf Gespanne zeigten ihr Können auch beim Blindstriegeln im Mais und bei den Erbsen. Der Mais war aufgrund des kühlen Frühjahrs noch nicht aufgelaufen, weshalb dort leider die mechanische Regulierung in einer klassischen „Hackfrucht“ entfiel. In der Erbse sammelt das Gut gerade eigene Erfahrungen und lässt einen Streifen im Feld ohne jegliche Behandlung, setzt auf einem weiteren chemischen Mittel und auf einem dritten nur den Striegel ein.

Am Vorführtag stand der erste Striegelgang an, für die Erbsen zum richtigen Zeitpunkt: Sie waren fest verwurzelt, hatten sich noch nicht verrankt, und die Unkräuter waren klein genug, um gut ausgerissen zu werden. Einen Erfahrungswert aus der Vorführung zog Heiko Terno: Es sei besser, die Erbse nachmittags bei hohen Tagestemperaturen zu striegeln, wenn die Kultur schlaffer und elastischer gegen Beschädigung sei.

Fragte man Besucher der Veranstaltung, zeigten sich alle der mechanischen Technik aufgeschlossen. Doch manch einer fühlt sich auch unter Druck gesetzt, angesichts wegfallender chemischer Lösungen: Man werde dadurch etwas gezwungen, mechanische Varianten zu kaufen, was eben immer Geld koste, so Besucher. Natürlich gibt es Fördermöglichkeiten, doch die Branche freut sich sicher über mehr fachliche Fortbildung. Der Hack- und Striegeltag zeigte es. Das ist womöglich wertvoller als Finanzmittel.

Erdbeerzeit: Genuss in Rot

Endlich ist die Erdbeersaison gestartet. Auch in der Agrargenossenschaft Rackith bei Wittenberg (Sachsen-Anhalt) reifen die köstlichen Früchte heran – und werden nach der Ernte von den Kunden sofort vernascht.

Von Bärbel Arlt

„Keine Erdbeeren mehr. Heute sind alle schon raus“, ruft Jacqueline Klügl von der Agrargenossenschaft Rackith immer wieder den Kunden zu, die mit dem Auto zum Verkaufsstand rollen. Entschuldigend hebt sie die Hände und vertröstet auf den nächsten Tag.

Was sie erntet, sind natürlich enttäuschte Gesichter. „Der Bedarf ist derzeit sehr viel größer, als wir Erdbeeren pflücken können“, sagt Tino Gast, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft. Den begehrten Früchtchen ist es zu kalt, sie reifen aufgrund der kühlen und regnerischen Witterung nicht so schnell nach, wie sie vernascht werden wollen. Außerdem sind sie etwa drei Wochen später dran als in den vergangenen Jahren.

Erdbeeren wachsen in der Agrargenossenschaft auf rund fünf Hektar, davon 0,6 Hektar in Folientunnel, auf 3,0 Hektar im Freiland und auf rund 1,5 Hektar auf Selbstpflückefeldern. Derzeit sind die Tunnelerdbeeren dran, die ukrainische Studentinnen und Studenten ab fünf Uhr morgens pflücken. Denn die frischen Früchte müssen verpackt in 500-Gramm-Schalen bis sieben Uhr zu regionalen Edeka-Märkten geliefert werden, bis neun Uhr zu den Verkaufsständen der Genossenschaft.

Regionale Vermarktung

„Wir produzieren für die Region, vermarkten in der Region und liefern nur tagesfrisch gepflückt. Das ist unser Anspruch“, sagt Tino Gast. Das trifft auf die lokalen Märkte ebenso zu wie auf die Verkaufsstände der Genossenschaft, die es an der B 182 in Rackith, und in wenigen Wochen, wenn die Selbstpflücke startet, auch in Wittenberg und Radis gibt.

Tino Gast schätzt, dass es im Freiland mit der Ernte aber noch drei bis vier Wochen dauern kann. Außerdem sei die Erdbeere eine Terminkultur, die gepflückt werden muss, wenn sie reif ist. Und gepflückt wird derzeit die Sorte „Clery“, die zu den ersten süßen und aromatischen Sorten der Saison gehört. „Eine genussvolle Frucht, die sich seit Jahren bewährt hat und bei unseren Kunden sehr beliebt ist“, weiß der 34-jährige Genossenschaftschef. Ihr folgt dann die mittelfrühe Sorte „Asia“ mit ihren großen und festen Früchten.

Knoblauch gegen Läuse

Bereits seit rund zehn Jahren werden Erdbeeren in der Genossenschaft angebaut, allerdings erst seit vier Jahren in Folientunneln. Wie das funktioniert, haben sich die Rackither Landwirte bei Kollegen in der Karlsruher Region abgeschaut, mit denen sie in einem engen und freundschaftlichen Erfahrungsaustausch sind.

Acht Meter breit, vier Meter hoch und 120 Meter lang sind die sechs Tunnel, in denen die roten Früchte auf Foliendämmen nahezu unkrautfrei reifen. Auch Mäuse und Läuse haben keine Chance, sich an ihnen und den Pflanzen zu laben. „Knoblauch, der jeweils links und rechts nahe der Tunnelwände wächst, hält sie fern“, versichert Tino Gast. Doch keine Bange, nach Knoblauch schmecken die Erdbeeren garantiert nicht.

Erdbeerernte: Nicht abrupfen und nicht drücken

Wichtig fürs Pflücken: Erdbeeren dürfen nicht abgerupft und nicht gedrückt werden. „Man sieht dann jeden Fingerabdruck – wenn nicht gleich beim Pflücken, aber spätestens dann, wenn sie eine Stunde geruht haben. Deshalb immer mit ein bisschen Stiel über der Frucht abknipsen. Das Pflücken braucht so zwar etwas mehr Zeit, aber die Erdbeere bleibt länger frisch und hat eine super Qualität“, erklärt der Erdbeer-Experte und hofft, dass in diesem Jahr wieder mehrere Tonnen pro Hektar geerntet werden. Bisher sind es täglich rund 300 Kilo.

Derzeit sind fünf ukrainische Saisonarbeitskräfte in den Tunneln im Einsatz. In den nächsten Wochen kommen noch weitere hinzu. Coronabedingte Probleme wie im vergangenen Jahr gibt es nicht. „Es ist alles entspannt“, sagt Tino Gast. Die Studenten reisen selbstständig und getestet an, müssen dann fünf Tage in Quarantäne, werden erneut getestet, und dann geht es an die Arbeit, bzw. mit einem Dienstfahrrad zur Arbeit, denn eine gemeinsame Autofahrt ist aufgrund der Corona-Regeln nicht erlaubt. Doch für die jungen Studenten ist das kein Problem, außerdem beträgt ihr Arbeitsweg nur etwa anderthalb Kilometer.

Erstmals Gurken, Kohlrabi und verschiedene Salatsorten angebaut

Auch wenn die Erdbeeren derzeit im Rampenlicht stehen – angebaut werden in der Genossenschaft mit ihren 22 Mitarbeitern in diesem Jahr auch erstmals Gurken, Kohlrabi und verschiedene Salatsorten. Damit wollen wir in unserer Region dem gestiegenen Bedarf nach heimischen Produkten Rechnung zutragen“, so Tino Gast, der in der Agrargenossenschaft seine Ausbildung zum Landwirt absolviert hat, seit 2013 im Aufsichtsrat der Genossenschaft war und dann in den Vorstand wechselte.

Insgesamt bewirtschaftet die Genossenschaft 1.500 Hektar Ackerland, auf dem neben Sonderkultur wie Erdbeeren, Salat und Gurken auch Weizen, Gerste, Roggen, Zuckerrüben und Mais angebaut werden, und in den Ställen stehen 820 Sauen plus Aufzucht.

EINE HARTE NUSS!

Botanisch gesehen sind Erdbeeren keine Beeren, sondern Sammelnussfrüchte. Die eigentlichen Früchte sind die kleinen gelben Körner auf der Oberfläche. Sie werden Nüsschen genannt, erklärt die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO).

Beeren-Power: Erdbeeren spielen in puncto Vitamin C (rund 55 Milligramm pro 100 Gramm) in der Liga von Zitronen und Orangen. Dazu kommen jede Menge Vitamin A, E und K sowie Jod, Magnesium, Eisen und Phosphor. Kaum eine Frucht enthält so viel Folsäure wie Erdbeeren – nicht zu vergessen der geringe Kaloriengehalt. Die herzförmigen Beeren-Früchte sind mit etwa 32 Kilokalorien pro 100 Gramm echte Schlankmacher.

Einkauf und Lagerung: Beim Einkauf sollte auf Farbe und feste Konsistenz geachtet werden. Reife Erdbeeren glänzen, sind gleichmäßig rot und haben einen frischen, grünen Kelch. Außerdem haben sie einen angenehm aromatischen Duft. Erdbeeren sind zarte, stoßempfindliche Früchte. Zum Transport sollten sie daher entsprechend geschützt verpackt werden. Trotzdem:
Leichte, oberflächliche Druckstellen beeinträchtigen weder Geschmack noch Haltbarkeit. Die Früchte am besten immer sofort verzehren. Falls das nicht möglich ist, sollten sie ungewaschen und abgedeckt im Kühlschrank gelagert werden. Dort sind sie mehrere Tage haltbar.

Erdbeeren sind empfindlich. Daher sollten sie nie unter fließendem Wasser abgespült werden. Der harte Strahl kann die empfindliche Oberfläche beschädigen und schwemmt viel Aroma aus, so die BVEO. Besser ist es, die Erdbeeren in einer Schüssel Wasser zu säubern. Die Blätter und den Strunk sollte man auch erst nach dem Waschen entfernen. RED

Mähdrusch und Co.: Geschwindigkeit ist Trumpf

Nach der Ernte ist bekanntlich vor der Ernte. Doch zuerst muss das Feld von dem gemähten Stroh geräumt werden. Für effiziente Arbeitsabläufe ist die richtige Wahl der entsprechenden Technik von großer Bedeutung.

Es kommentiert Jörg Möbius

Nicht nur beim Mähdrusch kommt es darauf an, möglichst schnell zu ernten. Auch beim Räumen der Schläge mit Strohschwaden ist Geschwindigkeit Trumpf. Einerseits soll das Stroh nicht nass werden, andererseits drängen manche Folgearbeiten. Je nach Menge des zu bergenden Strohs kommen Rund- oder Quaderballenpressen zum Einsatz.

Die deutlich teureren Pressen für die rechteckigen Ballen können nur in Großbetrieben oder bei Lohnunternehmen wirtschaftlich ausgelastet werden. Beim heutigen Entwicklungsstand der Rundballenpressen ist es egal, ob das Stroh mit einer Festkammerpresse oder einem lange dafür mehr empfohlenen Gerät mit variabler Presskammer geborgen wird.

Mehr neue techologien

Redakteur Jörg Möbius
Jörg Möbius ist Landtechnik-Redakteur bei der Bauernzeitung

Wird Stroh gepresst, sollten die fertigen Ballen dann möglichst schnell vom Acker. Auch hier kann bei großem Anfall mit anderer Technik und Technologie gearbeitet werden, als wenn die Druschfläche eines Fünfschüttlerdreschers zu räumen ist. Bei Letzterer wird überwiegend mit dem Frontlader auf- und abgeladen. Eine flotte Kette arbeitet beispielsweise mit je einem Teleskoplader zum Be- und Entladen und je nach Entfernung mit zwei, drei oder mehr Transportgespannen.

Aber auch bei dieser Technologie ist noch mehr drin, wenn nicht jeder Ballen einzeln angefahren werden muss. Für alle Ballenformen und -größen sind auf dem Technikmarkt passende Sammelwagen erhältlich, die, an der Presse angehängt, zwei und mehr Ballen zusammen ablegen. Das kann bei Quaderballen sowohl neben- als auch übereinander geschehen. Hier heißt es, die ganze Bergekette aufeinander abzustimmen: Sammelwagen, Greifwerkzeug am Teleskoplader und Transportanhänger.

Wird Grüngut für Silage gepresst, wird inzwischen klar die Bindung mit Mantelfolie empfohlen. Hier heißt es, schon beim Kauf der Presse an diese Option zu denken. Mantelfolie ist pro Ballen etwas teurer als Netz. Dafür sind zwei Lagen weniger Stretchfolie notwendig. Dazu kommen das einfachere Aufschneiden und die sortenreine Entsorgung der beiden Kunststoffe.

Pro und Contra von Kombigeräten

Dem Pressen folgt das luftdichte Einwickeln. Soll es mit einem separaten Gerät erfolgen oder mit einer Kombination aus Presse und Wickler? Kombigeräte erfordern einen einmalig höheren Investitionsaufwand und einen stärkeren Traktor als die beiden Einzelgeräte. Gut ausgelastet, sind die Kosten pro Ballen aber etwas geringer als bei zwei Solomaschinen. Dafür „überlebt“ ein Wickler schon mal zwei oder drei Pressen.

Insgesamt ist Ballensilage etwas teurer als Winterfutter aus dem Fahrsilo. Aber es gibt mehrere Gründe, die für die abgepackten Portionen sprechen: Es wird täglich so wenig Silage benötigt, dass am Silo die Anschnittflächen teilweise verderben würden. Es ist nur wenig reifes Futter zu bergen, eine Siloteilfüllung ist aufwendig. Es ist kein Silo vorhanden. Die eingewickelten Ballen können am Feldrand lagern und in weniger arbeitsintensiver Zeit zum Hof geholt werden.

Mit der Geschwindigkeit und dem Durchsatz beim Mähdrusch kann aber auch übertrieben werden. Das zeigt die Kritik eines renommierten Mähdruschexperten an der Jagd nach Rekorddurchsätzen sowie internen Vergleichen und Weltrekorden der Mähdrescherhersteller mit ihren neuen Top-Modellen.

Hacke-Bandspritze selbst zusammengestellt

Die mechanische Unkrautbekämpfung zur Pflege von Reihenkulturen ist aktuell wieder im Kommen. Die Technik ist effektiv, zielgenau und einfach zu bedienen.

Von Jörg Möbius

Der Landmaschinen Vertrieb Deuben mit Sitz in Gerichshain im Landkreis Leipzig ist ein 1990 neu gegründeter John-Deere-Händler mit drei weiteren Filialen in Sachsen. Mit der Land-, Bau- und Kommunalmaschinen Verwaltungsgesellschaft (LBK) hat das Unternehmen seit 1994 ein Tochterunternehmen für landwirtschaftliche Dienstleistungen. Es bietet im Raum Leipzig-Nordsachsen-Mittelsachsen ein umfangreiches Portfolio an Arbeiten an:



Mechanische Unkrautbekämpfung: Hacken wieder im Kommen

Durch die aktuelle Situation ist die mechanische Unkrautbekämpfung wieder im Kommen. Und das mit Technik von heute, die genauer und leichter zu steuern ist. Für die Rübenpflege haben die Techniker in Sachsen ein Gespann aus Hacke und Bandspritze zusammengestellt:



Die Hacke ist ein universeller Kultivator zur Brechung der Bodenkruste zwischen den Reihen und Unkrautbekämpfung im Bestand von Mais, Sonnenblume, Zuckerrübe und anderen Reihenpflanzen. Die robuste Konstruktion ermöglicht die Auflockerung von hohen Beständen. Die Maschine ist mit verschiedenen Arbeitswerkzeugen (Gänsefußschare, Meißelschare, Häufelschare) mit variablen Einstellungsmöglichkeiten ausgestattet, um die Arbeit den aktuellen Bodenbedingungen und Bestandsgrößen anpassen zu können. Jede Arbeitseinheit ist mit dem auf den Silent-Block gelagerten Parallelogramm versehen. Diese wartungsfreie Lösung gewährleistet den ununterbrochenen Druck auf das Stützrad.

Culti Cam zur Steuerung  des Verschieberahmens.
Culti Cam zur Steuerung des Verschieberahmens. (c) Werkbild

Die Maschine wird von LBK mit der vom Hersteller angebotenen Aufnahmeoptik Culti Cam zum Monitoring des Bestands eingesetzt. Sobald die ersten zwei Laubblätter der Zuckerrübe zum Vorschein kommen, ist die Culti Cam fähig, die Maschine über die Ansteuerung des Verschieberahmens zu lenken, sodass die Bodenlockerung sehr früh beginnen kann. Außerdem wurde der Rahmen mit zusätzlichen Flanschen versehen, um anstelle in 18 nur in 12 Reihen zu hacken.

Mit Spritztechnik kombiniert

Das zur Ausbringung von Flüssigdünger bei der Einzelkornsaat konzipierte Gerät iXtra LiFe mit einem Fronttank, der 1.100 l fasst, wird hier nun zum Bandspritzen eingesetzt. Für die Düsen wurden neue Halterungen gebaut, die mit den Arbeitswerkzeugen der Hacke stufenlos verschiebbar sind. Die Breite des Spritzbandes ist variabel durch die Höhenverstellung der Düsen. Die Einzeldüsenabschaltung ermöglicht das einfache Anpassen an eine veränderte Reihenanzahl beim Wechsel in andere Kulturen mit anderem Reihenabstand. Die Einsparung von Pflanzenschutzmitteln durch das Bandspritzverfahren beträgt 50 bis 70 Prozent.

Als Zugmaschine kommt ein John Deere 6215R zum Einsatz. Zur Reduzierung des Bodendruckes werden Zwillingsreifen (Vorderachse: 230/95R40, Hinterachse: IF270/105R54) eingesetzt. Die Spurweite beträgt 1,8 m (innere Räder) und 2,7 m. Dazwischen bleibt Platz, um eine Reihe beschädigungslos zu überfahren. Die Spurführung des John Deere erfolgt via GPS und RowSense, einer Kamera auf dem Maschinendach.

Das neue Gespann kommt zum Einsatz in Zuckerrüben, Soja oder Sonnenblumen mit 12 oder 18 Reihen bei 45 cm Reihenweite. Im Mais wird mit acht oder zwölf Reihen bei 75 cm Reihenweite gearbeitet. Die Reihenweite ist stufenlos von 45 cm bis 80 cm verstellbar.

Neueröffnung: Hofladen der Agrargesellschaft Bad Lausick

Die Premiere lief überaus erfolgreich: Mit ihrem neuen Hofladen startete die Agrargesellschaft Bad Lausick ganz logisch in die nächste Stufe der Direktvermarktung.

Von Wolfgang Rudolph

Bereits vor der Eröffnung am 30. April um 10 Uhr hatten sich in Ballendorf (Landkreis Leipzig) die ersten Interessenten am neuen Hofladen der Agrargesellschaft Bad Lausick eingefunden – in gebührendem Abstand und mit Maske, versteht sich.

Bis zum Ladenschluss um 18 Uhr riss dann die Warteschlange nicht mehr ab, auch weil wegen der Coronaauflagen immer nur ein Kunde den Verkaufsraum betreten durfte. Keine optimalen Bedingungen für die Eröffnung eines Hofladens, möchte man meinen. Obwohl Helfer aus dem Dorf am Holzkohlegrill ein kulinarisches Rahmenprogramm boten und Mitarbeiter Michael Kiesewetter kurzerhand mit seinem garagengepflegten ZT 300 anrollte, um den Kindern bei einer Traktorrunde die Wartezeit zu verkürzen.

Direktvermarktung als wichtiges standbein

Doch der Mut, die Verkaufsstelle trotz der pandemiebedingten Erschwernisse zu eröffnen, wurde belohnt: „Einen besseren Start in die nächste Phase unserer Direktvermarktungsstrategie hätten wir uns nicht wünschen können“, freut sich Nadja Brummer über den Kundenansturm. Sie und Lisa Kurth führen den Betrieb, der etwa 1.000 ha bewirtschaftet und 250 Milchkühe plus Nachzucht hält, seit 2019 als Leitungsduo.

Beide Geschäftsführerinnen sehen in der Direktvermarktung ein wichtiges Standbein für die weitere Entwicklung. „Begonnen hat das mit den Rinderschlachtpaketen als Weihnachtspräsent für unsere Mitarbeiter“, erzählt Brummer. Die gute Qualität des von einer Lohnschlachterei im Raum Mittweida verarbeiteten Rindfleisches sprach sich herum und weckte überbetriebliche Kaufnachfrage. Daraus entstand ein stetig wachsendes Vertriebsnetz. Um die 50 Fleischpakete mit fünf Kilogramm Rind für 43 Euro werden mittlerweile jeden Monat verkauft.

Bereits zur Eröffnung des Hofl adens um 10 Uhr hatte  sich eine Warteschlange gebildet.
Bereits zur Eröffnung des Hofladens um 10 Uhr hatte sich eine Warteschlange gebildet. (c) Carmen Rudolph

„Das erfordert eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Infrastruktur für den Verkauf. Der Hofladen ist die logische Konsequenz dieser Entwicklung“, sagt die Tierwirtschaftsmeisterin, die vornehmlich den Bereich Milchproduktion verantwortet.

Nachzuchtregime angepasst

Bei der Umsetzung dieses Vorhabens in nur drei Monaten halfen neben der 15-köpfigen Belegschaft viele Verwandte und Freunde. So hatte der gelernte Einzelhandelskaufmann Martin Kurth, Ehepartner von Lisa Kurth, bei den Schreinerarbeiten für den Innenausbau den Hut auf. Jörg Landsmann fertigte die kunstvollen Holzschilder, die die Fassade des Hofladens schmücken und von der B 176 beginnend als Wegweiser fungieren. Für die Malerarbeiten griffen die beiden Geschäftsführerinnen an den Wochenenden selbst zum Pinsel.

Damit die Fleisch- und Wursttheke des Hofladens der Agrargesellschaft Bad Lausick an den Öffnungstagen gefüllt ist, liefert der Agrarbetrieb seinem langjährigen Hausmetzger und nun außerdem einer weiteren Lohnschlachterei monatlich im Schnitt eine Kuh und drei Färsen.

Um dies kontinuierlich zu gewährleisten, wurde das Nachzuchtregime angepasst. Nadja Brummer erläutert die veränderte Anpaarung: Für die Remontierung des Rinderbestandes werden gute Kühe (RZG über 130) sowie Färsen mit gesextem Sperma eines guten Holsteinbullen besamt. Durch die daraus weitestgehend entfernten Y-Chromosomen entstehen bei einer Befruchtung zu 90 Prozent nur Kuhkälber. Bei den anderen Tieren erfolgt eine Mastanpaarung, überwiegend mit Sperma von der Fleischrindrasse Weißblaue Belgier.
Färsen, die nach zwei Anpaarungen nicht tragend sind, werden, wegen der rassetypischen Leichtkalbigkeit, mit Sperma vom Angusrind besamt.


Sachsen aktuell

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Begehrte „Roschder“

Sirkka Giedo und ihre Tochter  Lara – hier desinfi zieren sie ihre  Hände – gehörten zu den ersten  Kunden am Eröffnungstag.
Sirkka Giedo und ihre Tochter Lara – hier desinfizieren sie ihre Hände – gehörten zu den ersten Kunden am Eröffnungstag. (c) Carmen Rudolph

Neben Fleisch und Wurst, darunter die begehrten „Rinder-Roschder“, gehören in der vorerst nur 14-täglich geöffneten Verkaufsstelle verschiedene Käseprodukte zum Sortiment.

Nach der erfolgreichen Generalprobe für die Auslage am Eröffnungstag macht zukünftig regelmäßig eine mobile Käserei auf dem Hof Station, pumpt 1.000 l Milch aus dem Tank des Viehstalls ab und legt diese durch Zugabe eines Labenzyms dick.

Während die abgeschiedene Molke vor Ort bleibt und als Schweinefutter genutzt werden kann, wird die Dickmilch im nachfolgenden Prozess zu Käse verarbeitet und nach einem mehrwöchigen Reifeprozess geliefert. Darüber hinaus sind sowohl Rohmilch als auch in einem dafür angeschafften Pasteurisator haltbar gemachte Frischmilch, Obst und Gemüse von einer Erzeugergemeinschaft aus dem Erfurter Becken sowie weitere Nahrungsmittel aus der Region, beispielsweise Rapsöl und Leinsamen von einem Landwirt in Oberpickenhain, im Angebot. „Bald gibt es auch Eier aus eigener Produktion“, kündigt die Geschäftsführerin an. Der mobile Hühnerstall für vorerst 15 Legehennen stehe schon auf einer Fläche hinter dem Hofladen.

„Regionalität bleibt oberstes Gebot“

„Schön, dass es im Dorf jetzt wieder eine fußläufig erreichbare Einkaufsmöglichkeit gibt“, meint Sirkka Giedo, die mit ihrer vierjährigen Tochter Lara am Eröffnungstag in der Warteschlange steht. Sie nutze die Fleischpakete aus dem Direktvertrieb des Agrarbetriebes bereits seit einiger Zeit in der heimischen Küche. Mit zwei schweren Taschen verlässt die aus dem benachbarten Hopfgarten angereiste Petra Petzold den Hofladen. „Wenn es hier aus der Region ist, weiß ich, was ich kaufe. Das ist uns wichtig“, sagt sie.

„Die Regionalität bleibt oberstes Gebot“, versichert Nadja Brummer. Geplant sei, die Direktvermarktung nun Stück für Stück entsprechend der Kundennachfrage auszubauen. Die Adresse des Hofladens am Sitz der Agrargesellschaft ist dabei marketingmäßig schon mal ein Vorteil: Am Butterberg 13.

Strip-Till: Lockern mit wenig Erdbewegung

Mit geringerer Bearbeitungsintensität verspricht die Streifenbodenbearbeitung Strip-Till gegenüber der ganzflächigen Bodenbearbeitung Vorteile bei Wassereffizienz, Erosionsschutz und Produktionskosten, und dies trotz tiefer Lockerung in den Streifen. Dazu kann in zwei Ebenen Gülle oder Dünger platziert werden.

Von Jörg Möbius

Nach 2002 kam das Thema Strip-Till in Deutschland auf. Für Mais und Soja wurde das Verfahren in Nordamerika schon länger angewendet. Vor zehn Jahren fingen hierzulande Landwirte und Lohnunternehmer vermehrt an, diese Bodenbearbeitungstechnik auszuprobieren.

Das klassische Strip-Till-Verfahren verbindet die Vorteile der Direktsaat mit denen der konventionellen Bodenbearbeitung bei gleichzeitiger Reduzierung der Nachteile beider Ansätze. Zwischen den gelockerten Streifen bleibt der Boden auf rund zwei Dritteln der Fläche unbearbeitet und mit abgestorbenem Pflanzenmaterial bedeckt. Die Aussaat erfolgt in den bearbeiteten, gelockerten und strohfreien Horizont. Eine mineralische Depotdüngung bei der Streifenlockerung ist möglich und ebenso die Gülleunterfußdüngung in einem Arbeitsgang mit der Streifenlockerung.

Als Vorteile des Verfahrens werden vorrangig Erosionsschutz, Wassereinsparung, Strukturerhalt der Böden und verminderte Kosten für Kraftstoff und Arbeitserledigung genannt. Erhofft wird auch ein gegenüber dem konventionellen Anbau verminderter Herbizideinsatz. Unkräuter und Ungräser laufen nur in den Streifen, weniger zwischen den Streifen auf.

Innovativer Familienbetrieb

Nach der Wende baute Joachim Kerzel aus Niedersachsen in der Nähe von Haldensleben einen neuen landwirtschaftlichen Familienbetrieb auf. Er wird heute vom Sohn Thorsten bewirtschaftet. Rund 300 ha sind es auf eher leichtem Boden im Landkreis Börde. Bei der Bewirtschaftung setzte er voll auf die Technik von Dienstleistern. „Nur im Sommer, wenn wir beregnen, sind wir selbst mit den Trommelregnern unterwegs.“ Anstelle der abgeschafften Milchproduktion nutzt Kerzel eine Biogasanlage im Nachbarort für den organischen Stoffkreislauf.

Der 41-Jährige hat nach dem Studium in Hohenheim zeitweise landwirtschaftliche Betriebe geleitet, so einen großen Ackerbaubetrieb in der Ukraine und einen großen Milchviehbetrieb in Sachsen, und als Berater gearbeitet. „Traktor fahren macht sicherlich mal Spaß, liegt mir dann aber auf Dauer weniger.“ Auch heute ist er neben der Arbeit auf dem heimischen Betrieb nach wie vor außerhalb tätig.

„Seit 20 Jahren wird bei uns nicht mehr gepflügt. Es ist nebenbei eine Wohltat, wenn es keine huckelnden Pflugfurchen mehr gibt. Vor allem aber konnte die Flächenleistung damit enorm gesteigert werden. 2015 habe ich versuchsweise vor Mais den Boden mit einem Striger von Kuhn streifenweise ohne Einarbeitung von Gärresten gelockert. Mit dem Ergebnis war ich zufrieden, sodass ich im nächsten Jahr einen Lohnunternehmer damit beauftragt habe, der mit seinem Gerät auch Gärrest mit eingearbeitet hat“, berichtet Thorsten Kerzel. Inzwischen lässt er jährlich rund 100 ha Mais und 40 ha Rüben mit diesem Verfahren etablieren.

Strip-Till: Zufrieden mit verschiedenen Geräten

Für Strip-Till vor Mais hat Kerzel aktuell das Lohnunternehmen Ernst Wiegels aus Niedersachsen, das in der Gemeinde Bördeland einen Standort in Sachsen-Anhalt unterhält, unter Vertrag. Gearbeitet wurde 2020 mit einem achtreihigen Gerät vom dänischen Hersteller Samson mit einem Reihenabstand von 75 cm.

Für den Mais lässt der junge Betriebsleiter Gärsubstrat bei der Überfahrt mit einarbeiten. Dafür hat das Gespann einen Fendt 942 als Zugmaschine. Der organische Dünger wird von Transportfahrzeugen zum Feld gebracht und vom Ausbringgespann übernommen. Das Fass, an dem hinten das Strip-Till-Gerät angehängt ist, fasst 31 m³. „Traktor und Fass haben Reifendruckregelanlagen, auf dem Feld fahren wir das Fass mit 1,3 Bar, den Fendt mit 1,2 Bar hinten und 1 Bar vorne“, berichtet Tino Hälke, Organisator und einer der Fahrer des Lohnunternehmens am Standort in Sachsen-Anhalt. „Wir fahren die Strip-Till-Geräte mit neun bis elf Stundenkilometern und bringen dabei meist zwanzig Kubikmeter Gülle aus“, so Hälke weiter.

Die Spuren werden GPS-gesteuert angelegt und aufgezeichnet. Für die Aussaat werden sie per USB-Stick an den Traktor, der die Drille zieht, übergeben. Alternativ können die Koordinaten der AB-Linie eingegeben werden.

Thorsten Kerzel
Thorsten Kerzel lässt nach einem erfolgreichen Test vor sechs Jahren nun alle Reihenkulturen von Lohnunternehmen im Strip-Till-Verfahren etablieren. (c) Thorsten Kerzel

Da die Aufträge für das Verfahren mehr geworden sind, laufen im Lohnunternehmen Wiegels inzwischen zwei Strip-Till-Geräte. Neben dem Inro des französischen Herstellers Carré kam 2020 ein Gerät von Samson neu dazu. Beide wurden nun schon für Mais auf dem Betrieb Kerzel eingesetzt. Sie bearbeitet jeweils acht Streifen, Gülle oder Gärrest können bei beiden auf zwei Tiefen ausgebracht werden.

Arbeitsgänge kombinieren

Für die Zuckerrüben kommt seit fünf Jahren das Lohnunternehmen Kremeike OHG aus Brome mit einem Köckerling Master. Dieses Gerät bereitet den Boden bis 30 cm tief mit 6 bis 8 cm breiten Streifen im Abstand von 45 cm dafür vor. Es arbeitet zwölfreihig, und die Einzelkorndrille ist angehängt. Zusätzlich kann unter die Rübenreihen ein Düngerband abgelegt werden, um die Jungendentwicklung und das Tiefenwachstum zu fördern. „Grundlockerung, Düngerband legen und Aussaat in einem Arbeitsgang kombiniert, das bringt auch arbeitswirtschaftlich etwas“, freut sich der Landwirt. Um auch den Rüben Gärrest zu geben, wird dieser zehn bis vierzehn Tage vor der Saat ganzflächig ausgebracht und eingearbeitet.

Thorsten Kerzel fasst seine Herangehensweise für den Ackerbau und speziell den Einsatz von Strip-Till so zusammen: „Der Standort bestimmt die Arbeitswerkzeuge zur gewählten Fruchtart. Es kommt darauf an, zu welcher Zeit und bei welcher Feuchte gearbeitet wird. Die streifenweise Lockerung fördert die Wasseraufnahme des Bodens und seine Erwärmung, gleichzeitig bleibt der unbearbeitete Teil fest. Können Arbeitsgänge kombiniert werden, ist das auch wirtschaftlich eine gute Sache.“ Gegenüber klassischer Minimalbodenbearbeitung konnte Thorsten Kerzel mit Strip-Till den Dieselverbrauch je Hektar um 25 Prozent verringern.

Ladungsübergabe am Feldrand. Das Transportfahrzeug sollte nicht auf  den Acker fahren.
Ladungsübergabe am Feldrand. Das Transportfahrzeug sollte nicht auf den Acker fahren. (c) Thorsten Kerzel

Australische Idee: Kettenscheibenegge im Kartoffelbau

Ein Landwirtschaftsbetrieb im Leipziger Land setzt eine Kettenscheibenegge beim Nacherntemanagement im Kartoffelbau ein. Genutzt wird das universelle Werkzeug aber auch für unterschiedliche Arbeiten in anderen Kulturen. Die Hauptziele sind aber immer gleich: Wasser im Boden halten und Pflanzenschutz mit weniger Chemie.

Von Wolfgang Rudolph, Bad Lausick

Wer die Arbeit aus der Nähe sehen will, muss schnelle Beine haben. Eben noch tauchte der Fendt 936 mit dem angehängten Gerät an der Kuppe des weitläufigen Schlages auf, da ist er schon am Vorgewende und verschwindet Sekunden später in der Gegenrichtung. Mit etwa 15 km/h ist das Gespann auf einem abgeernteten Kartoffelacker der Landwirtschaftsbetrieb Kitzscher GmbH unterwegs. Am Steuer sitzt Mitarbeiter Max Neumann. Zurück am Vorgewende stoppt er den Traktor, steigt ab und rüttelt mit der Hand an den Werkzeugaufhängungen. „Ab und zu prüfe ich die Federspannung der Kettenscheibensegmente, um sicherzustellen, dass wirklich alle Scheiben mit ihrem vollen Gewicht auf den Boden einwirken“, kommentiert der Fahrer die Kontrolle.

Schneiden und Schrubben

Kennzeichen der Kettenscheibenegge ist ein kreuzförmiger Rahmen. Zwischen den äußeren Enden der Konstruktion hängen etliche 12 kg schwere Stahlgussscheiben, die, ähnlich einer Gliederkette, mittels Haken und Ösen miteinander verbunden sind. Die flexible Aufhängung der Scheiben mit einem Durchmesser von 32 cm ermöglicht eine nahezu vollständige Anpassung an den Boden über die gesamte Arbeitsbreite.

Für eine großzügige Überlappung befinden sich an der Trägerkonstruktion noch zwei kürzere Scheibenketten, die wie die vier äußeren Ketten im Winkel von 45 bzw. 135 Grad zur Fahrtrichtung angebracht sind. In der Modellvariante des Kitzscheraner Agrarbetriebes mit einer Arbeitsbreite von 9 m sind so insgesamt 152 Scheiben im Einsatz.

Durch das Eigengewicht der Werkzeuge und weil die Scheiben der vorderen und der hinteren Kette in unterschiedlichem Winkel über die Oberfläche laufen, arbeitet das Gerät ohne größeren Bodeneingriff vor allem schneidend und schrubbend.

Minimale Bodenbewegung

Christopher Uhlig, Leiter Pflanzenbau
Christopher Uhlig, Leiter Pflanzenbau (c) Carmen Rudolph

„Die Kelly-Scheibenegge ist bei uns schon seit einigen Jahren nach dem Kartoffelroden im Einsatz“, informiert Geschäftsführer Kevin Frost. Ziel sei es, die auf dem Feld liegen gebliebenen Kartoffeln an die Oberfläche zu bringen und möglichst viele der Knollen zu beschädigen, um so deren Rotte zu beschleunigen und in Verbindung mit winterlicher Frosteinwirkung das Keimen im Frühjahr zu verhindern. Das soll aber ohne eine tiefe Lockerung erfolgen. Schließlich werde die Struktur des Bodens schon durch die intensive Durchsiebung bei der Ernte geschädigt.
Diese Aufgabe erledige die Scheibenegge sehr gut und wegen der hohen, für den gewünschten Effekt auch notwendigen Arbeitsgeschwindigkeit mit enormer Schlagkraft.

Darüber hinaus habe man festgestellt, dass die Kettenscheibenegge den gerodeten Kartoffelacker bei der Überfahrt sehr gut einebnet. „Diese nivellierende Nebenwirkung hatten wir zunächst gar nicht im Fokus. Sie kommt uns aber durchaus entgegen, weil sie die Aussaat des nachfolgenden Weizens im Strip-Till-Verfahren mit der Horsch-Focus begünstigt“, erläutert der 34-Jährige. Denn auf einem ebenen Saatbett könne die Drillmaschine mit höherer Geschwindigkeit arbeiten, was die Produktivität verbessert und Verluste reduziert. Zudem erleichtere dies die spätere Kulturführung.

Stoffkreislauf über zwei Betriebe

Kevin Frost, Geschäftsführer
Kevin Frost, Geschäftsführer (c) Carmen Rudolph

Die 30 Mitarbeiter des Landwirtschaftsbetriebes Kitzscher bewirtschaften 2.600 ha Diluvialböden mit Ackerzahlen zwischen 40 bis 52 BP am Rande der Leipziger Tieflandsbucht. Auf dem größten Teil der Fläche, etwa 1.000 ha, steht Weizen. Zum Betrieb gehören außerdem fast 100 ha Grünland.

Auch vor Mais wird ein Gras-Klee-Gemenge als Zwischenfrucht angebaut und zwei Mal beerntet. Darauf angesprochen, sagt Frost: „Wir sind zwar ein reiner Marktfruchtbetrieb, pflegen aber eine enge Kooperation zu einem benachbarten Agrarbetrieb, der 2.500 melkende Kühe hält. Für diesen liefern wir das komplette Grundfutter und nehmen die Gülle aus der Milchviehanlage als Dünger zurück.“

Herausforderungen für den Pflanzenbau in der Region seien die relativ dünne Mutterbodenauflage von 20 bis 30 cm so-wie die geringe Jahresniederschlagsmenge von deutlich unter 500 mm in den vergangenen drei Jahren (sonst 500 bis 550 mm), verbunden mit ausgeprägten Trockenperioden im Vegetationszeitraum April bis August. Negativ wirken Hitze und Wassermangel besonders auf die Sommerungen Mais und Kartoffel. So verringerte sich der Silomaisertrag seit 2018 um ein Drittel bzw. sogar um die Hälfte auf 200 dt/ha.

Ähnlich bei der Kartoffel, die der Betrieb auf 300 ha nach Raps (für die Tiefenlockerung) und Weizen (für die Gare) anbaut. Davon sind 160 ha Pflanz-, 125 ha Speise- und 15 ha Stärkekartoffeln. Im Pflanzkartoffelbereich werden in Zusammenarbeit mit fünf Züchterhäusern 32 Sorten vermehrt. „2018 und 2019 konnten wir die Minderernte bei den Speisekartoffeln noch über den Preis auffangen. In der vergangenen Saison war allerdings nicht ganz Deutschland betroffen. Dürre gab es nur regional, unter anderem bei uns. Die insgesamt fast normale Kartoffelmenge am Markt bei zugleich vermindertem Bedarf aufgrund des pandemiebedingten Wegfalls von Großveranstaltungen mit den obligatorischen Pommes-Ständen drückte natürlich insbesondere bei der nicht vertragsgebundenen Ware auf den Preis“, beschreibt der Geschäftsführer die aktuelle wirtschaftliche Lage beim Kartoffelanbau, auf deren Verbesserung er nun durch die aufgefüllten Bodenwasserreserven nach den erfreulichen Niederschlags- und Sickerwassermengen in den vergangenen Monaten hofft.

Mitarbeiter Max  Neumann erläutert  das Vorgehen beim  Überprüfen der  Federspannung an den Segmenten  der Kettenscheibenegge.
Mitarbeiter Max Neumann erläutert das Vorgehen beim Überprüfen der Federspannung an den Segmenten der Kettenscheibenegge. (c) Carmen Rudolph

Alles zusammen – die wechselnden Marktbedingungen, die Klimaveränderung, die örtlich schwache Mutterbodenauflage sowie die gelegentlich auftretende Winderosion – spreche aus Sicht des Betriebschefs insbesondere bei den Sommerungen gegen eine wendende Bodenbearbeitung, sondern für eine durchweg schonende Behandlung des wichtigsten Produktionsmittels.

Bei der Suche nach der dafür geeigneten Technik entschied sich der Betrieb neben der Strip-Till-Maschine Horsch-Focus für die Kelly-Scheibenegge. Der Betriebschef kannte das Gerät aus einem Berufsjahr in Australien, wo das Prinzip der Scheibenkette für die Bewirtschaftung der Weiten des australischen Outbacks entwickelt wurde.

Vielfältige Einsatzoptionen

„Nachdem wir uns zunächst eine Kettenscheibenegge zum Testen ausgeliehen und dann 2013 schließlich ein Modell mit 9 m Arbeitsbreite gekauft hatten, ergaben sich durch eigene Versuche und durch den Erfahrungsaustausch mit anderen Landwirten weitere Einsatzoptionen“, sagt Frost.

So beseitige man mit der Scheibenegge in der Rapsstoppel als Alternative zur Glyphosatanwendung den Aufwuchs mit hoher Flächenleistung. „Um die angestrebte Wirkung zu erzielen, muss der Traktorfahrer zwar ordentlich Stoff geben, so um die 15 km/h. Gleichzeitig darf er nicht zu schnell fahren. Sonst fängt das Gerät an zu springen“, ergänzt Pflanzenbauchef Christopher Uhlig.
Überhaupt müsse man die Scheibenegge, wie ja andere Bodenbearbeitungsgeräte auch, mit Bedacht einsetzen, um ihre Stärken zur Geltung zu bringen. Abträglich seien beispielsweise steinharte ausgetrocknete Bodenverhältnisse. Dann würden etwa die Stängel des Ausfallrapses nur nachgeben und die Pflanzen nicht herausgerissen. Außerdem dürfe der zu beseitigende Aufwuchs nicht schon zu hoch sein.

Wenn jedoch die Bedingungen stimmen, leiste die Kettenscheibenegge, die sich zudem durch einen geringen Wartungsaufwand auszeichne, in vielen Bereichen der Kulturpflege schon durch die große Schlagkraft eine tolle Arbeit. Als Beispiel nennt der ebenfalls 34-jährige Uhlig das Abscheren und Zerkleinern von abgestorbenen Zwischenfrüchten auf gefrorenem Boden, wobei die Pflanzen, nach Aussage des Landwirts, wie Glas brechen. Gute Dienst leiste das für den Transport auf 2,40 m hydraulisch einklappbare Gerät zudem bei der Zerfaserung von Maisstoppeln zur Zünslerbekämpfung.

„Demnächst werden wir den Einsatz von Ketten mit aggressiver wirkenden Scheiben ausprobieren“, kündigt Geschäftsführer Frost an. Dann würden sich bestimmt noch weitere Einsatzmöglichkeiten ergeben.

Hinterwälder: Die kleinste Rinderrasse Mitteleuropas

Sie sind genügsam und aufgrund ihrer guten Gesundheit sehr langlebig. Das Hinterwälder-Rind ist zudem noch die kleinste Rinderrasse Mitteleuropas.

Von Christoph Görner

Unter dem Oberbegriff „Wäldervieh“ oder auch liebevoll „Hirschvieh“ genannt, verbergen sich zwei Schläge dieser sehr alten Landrasse, deren Ursprung auf das Keltenrind zurückgehen soll. Da sind zum eine die Vorderwälder, die im mittleren und südlichen Schwarzwald zu Hause sind, so wie die Hinterwälder, die in den höheren Lagen des Schwarzwaldes um den Feldberg, den Belchen bis hin zum Titisee ihr Verbreitungsgebiet haben.

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Hinterwälder Rind: Kleinste Rasse Mitteleuropas

Der grundsätzliche Unterschied dieser beiden Schläge besteht in ihrem Größenwachstum und der damit verbundenen Körperkapazität, bezogen auf die betreffenden Höhenlagen ihres Haltungsgebietes. Beide Schläge finden bereits um 1820 eine entsprechende Erwähnung. Nicht von ungefähr bezeichnet man die Hinterwälder wegen ihrer Größe als kleinste Rinderrasse Mitteleuropas, was der noch folgenden Tabelle zu Maßen und Gewichten zu entnehmen ist.

Die Fellfärbung umfasst eine Spanne von hellgelb bis dunkelrot-bräunlich. In der Regel sind die Tiere gescheckt bis gedeckt. Kopf und Beine sind stets weiß als typisches Rassemerkmal. Des weiteren ist die Mittelhand gut lang, die feinen Gliedmaßen zeichnen sich durch sehr trockene Gelenke aus. Die sehr guten Klauen verleihen den Tieren eine hervorragende Weidefähigkeit, die für die Nutzung der kargen Weiden in den Hochlagen von großer Bedeutung sind.

Hinterwälder RInd auf der Weide
Eine Hinterwälder-Mutterkuh mit ihrem Kalb. (c) Reiner Schumann

Hinterwälder: Genügsam und langlebig

Die vorhandene Genügsamkeit, verbunden mit einer guten Futterverwertung sind darüber hinaus Grundlagen für den nötigen, ökonomischen Erfolg. Nicht unerwähnt soll in diesem Zusammenhang bleiben, dass die Hinterwälder sehr langlebig sind, sich durch eine gute Gesundheit auszeichnen und ihre Kälber ohne Probleme zur Welt bringen.

Züchterisch liegt das Augenmerk auf der Zweinutzungsrichtung, wobei als Haltungsform die Mutterkuhhaltung sehr ausgeprägt ist. Durch das sehr begrenzte Zuchtgebiet und der damit verbundenen Populationsgröße wurden die Hinterwälder 1992 von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen zur „Gefährdeten Nutztierrasse des Jahres“ erklärt. Zur Unterstützung der Hinterwälderzucht zahlt das Land Baden-Württemberg Haltungsprämien.

Die wichtigsten Maße und Gewichte:

BulleKuh
Kreuzbeinhöhe (cm)143-148133-137
Gewicht (kg)900-1250650-800
Geburtsgewicht (kg)3835
Erstkalbealter (Monate)26-33

Die Verbreitung der Hinterwälder ist neben dem Schwarzwald auch in der Stuttgarter Wilhelma (einem Zoo) und auf dem Landschaftspflegehof Imsbach zu finden. Selbst der Zoo Dortmund besitzt eine kleine Herde. Neben diesen deutschen Standorten gibt es auch in der Schweiz Betriebe, die sich der Hinterwälder angenommen haben.


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Rinderrassen: Vielfalt, Eigenschaften und Besonderheiten

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Muffelwild: Wildschafe im Gatter

Die landwirtschaftliche Haltung von Muffelwild in Gehegen ist eine Möglichkeit, Grünland zur Erzeugung von Wildfleisch zu nutzen. Der folgende Beitrag gibt umfängliche Hinweise zum Produktionsverfahren.

Von Dr. Manfred F. Golze

Das aus dem Mittelmeerraum stammende Muffelwild ist mit hervorragenden Sinnesorganen ausgestattet. Es sieht, hört und riecht besser als anderes Schalenwild. In der Natur lebt es in kleinen Rudeln – außerhalb der Brunft meist getrennt nach Geschlechtern in Schaf- und Widderrudeln. Bei Letzteren spricht man auch von kleinen Trupps. In der Brunftzeit schließen sich die Widder dann den Schafrudeln an.

Aufgrund seiner Verhaltensweisen weist das Muffelwild nahezu ausnahmslos erwünschte Eigenschaften für das Halten in Gattern auf. Es steht damit in der Rangfolge der Eignung für die Gehegehaltung mit dem Damwild an vorderer Stelle. Als erwünscht gelten ein geringes Ausmaß sozialer Aktivität, eine geringe Aggressivität, eine geringe Intoleranz, ein geringer Einfluss durch variierende Haltungsbedingungen, ein geringer jahreszeitlicher Einfluss und eine geringe Verhaltensintensität.

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Mufflons im Winterkleid.
Mufflons im Winterkleid (c) Dr. Manfred F. Golze

Muffelwild: Eine anpassungsfähige Art

Das Halten von Muffelwild in Gattern verfolgt u. a. folgende Ziele:



Für kleinere Grünlandflächen, besonders trockenere Standorte, sowie Flächen, deren Struktur eine mechanische Nutzung und Pflege nicht ermöglicht, bietet sich die gatterartige Muffelwildhaltung an. Neben dem optimalen Gestalten von Haltung und Management ist die Vermarktung von Beginn an gut vorzubereiten.

Muffelwild ist sehr anpassungsfähig. Die Haltung sollte auf nicht zu feuchten Standorten in Form einer Koppelschafhaltung erfolgen. Da Muffel gut springen können, ist ein Außenzaun von 1,60 m Höhe zu empfehlen. Es empfiehlt sich, das Gehege in vier Koppeln, besser sechs, einzuteilen. Mit einem Umtrieb aller fünf bis sechs Tage kann eine kurze Fresszeit (Schafe haben einen tiefen Verbiss) und eine lange Ruhephase für das Grünland realisiert werden. Auch im Sinne einer geringeren Parasitenproblematik ist diese Nutzungsform günstig.

Wichtig ist ein optimaler Besatz an Tieren. Auf weniger wüchsigen Standorten können sechs Muttertiere mit Nachzucht und auf sehr guten Standorten bis zwölf dieser Einheiten gehalten werden. Bei Überbesatz sinken die Zunahmen der Tiere und die Aufzuchtverluste steigen. Beobachtungen in Gattern zeigen außerdem, dass dann nahezu nur ein Lamm je Ablammung geboren wird. Interessant ist auch, dass eine größere Zahl der Lämmer männlich ist.

Raufutter ad libitum

Die Fütterung sollte wie bei Schafen erfolgen. Dieser Wiederkäuer, der nach dem Ernährungstyp zu den Raufutterfressern gehört, ist nicht so kompliziert zu versorgen. Trotzdem ist es ein hoch entwickelter Äsungstyp. Die Basis bilden Zellulose und faserreiches Futter. Gräser und Kräuter werden bevorzugt. Der Pansen ist stark gegliedert, muskulös und hat Verbindungen, die eine verzögerte Futterpassage bewirken. Aus diesem Grund sollte Raufutter immer zur Verfügung stehen, Kraftfutter hingegen gezielt eingesetzt werden. Noch wichtiger ist es, dass die Wasserversorgung der Tiere immer gesichert ist.

Oft wird Muffelwild als zweite oder dritte Wildart in Mischgattern gehalten. Dies ist durch ihr Verhalten, die Fütterung und das Management gut möglich. Es sollte aber bei Gestaltung und Zahl der Futterplätze bedacht werden.

Das Herdenmanagement ist dar auf gerichtet, dass die Herde immer gut versorgt ist und besonders, dass eine hohe Fruchtbarkeit und Aufzuchtleistung erzielt wird.

MUFFELWILD
Wölfe setzen freilebenden Populationen stark zu

Der Europäische Mufflon, in der Jägersprache auch als Muffelwild oder kurz Muffel bezeichnet, hat seinen Ursprung auf Korsika und Sardinien. Die erste Auswilderung in Deutschland erfolgte 1902 durch Graf von Seydlitz in dessen schlesischem Revier im Eulengebirge (heute in Polen gelegen).
Danach wurde Muffelwild in vielen weiteren Gegenden angesiedelt, etwa im Harz, in der Lausitz, der Lüneburger Heide, im Rothaargebirge, im Weserbergland und dem Sauerland. Das war vor rund 100 Jahren. In Ostdeutschland fand die Einbürgerung noch einmal vor 60–70 Jahren in mehreren Gebieten statt.

Eine starke Reduzierung erfuhr das Muffelwild erstmals durch den Weltkrieg. Die Zweite findet gegenwärtig statt. In vielen Regionen ist es stark rückläufig, in manchen schon fast ausgestorben. Jäger, aber auch Wildexperten, machen dafür insbesondere die Ausbreitung des Wolfes verantwortlich. Das Mufflon hat – im Gegensatz zu anderem Wild – wegen seiner Herkunft ein auf Hochgebirgsräume angepasstes Fluchtverhalten und kann sich im Flachland in der Natur nur bei Abwesenheit von großen Beutegreifern halten. So wurden und werden Mufflonpopulationen in vom Wolf neubesiedelten Revieren binnen kurzer Zeit ausgerottet.

Muffelwild: Nur selten Zwillinge

Auch in Wildgattern sind die Brunft („Aussaat“) und die Lammperiode („Ernte“) für das Ergebnis entscheidend. So sollte genügend Platz vorhanden sein und auch Rückzugsgebiete, in denen das Rudel nicht gestört wird. Die Brunft erfolgt saisonal im Zeitraum November/Dezember. Das Geschlechtsverhältnis ist mit 1:10 bis 1:15 zu wählen. Die Tragezeit wurde mit 150–160 Tagen ermittelt. Die Setzzeit beginnt meist Ende März und geht bis Anfang Mai. Meist wird ein Lamm geboren, selten sind es zwei Lämmer.

Die Geburtsgewichte der Lämmer schwanken zwischen 2–3 kg. Sie werden etwa vier bis fünf Monate gesäugt. Die Geschlechtsreife tritt beim weiblichen Lamm nach etwa sieben Monaten ein. Widder werden mit anderthalb Jahren geschlechtsreif. Eine sehr gute Futterbasis kann die Geschlechtsreife etwas nach vorn verlagern. Die Zuchtleistung reicht nach Beobachtungen in Gattern bis ins zehnte oder gar zwölfte Lebensjahr. Das Lebensalter von Muffelwild wird in der Literatur mit 16–20 Jahren angegeben.

Bei richtiger Gatterwahl und -gestaltung treten bezüglich der Tiergesundheit beim Muffelwild wenige Probleme auf. Als Vorbeugung gelten auch hier eine gute Weide-, Haltungs- und Fütterungshygiene sowie entsprechende Betreuung. Trockenere Standorte sind vorzuziehen. Um die Schalenabnutzung zu sichern, sind die Fressplätze, eventuell auch Triftwege, diesbezüglich zu gestalten.

In einem Gatter mit 16–22 Bodenpunkten konnten Widder und Schafe in ihrer Entwicklung von sechs Monaten bis sechs Jahren erfasst werden. Widder wogen mit einem halben Jahr 23,6 kg und hatten mit sechs Jahren ein Gewicht von 40,3 kg. Die Schafe wogen mit sechs Monaten 26,5 kg und mit vier Jahren 32,6 kg.

STECKBRIEF
Mufflon: kleinste heimische Schalenwildart

Das Muffelwild wird als kleinstes heimisches Schalenwild bezeichnet. Es hat einen gedrungenen Körper und kurze Läufe. Ein besonders charakteristisches Merkmal ist der Kopfschmuck der Widder. Diese tragen schneckenförmig eingedrehte Gehörne. Die Widder haben im Sommer ein rotbraunes Haarkleid, meist mit einem hellen Sattelfleck. Äser (Maul) und Spiegel (heller Fleck um den Anus bzw. hellere Zeichnung der Hinterseite des Oberschenkels) sind grau-weiß. Die weiblichen Wildschafe haben eine hellere, graubraune Fellfarbe, ihnen fehlt zudem der Sattelfleck. Im Winter sind beide Geschlechter dunkler. Die Körperlänge des Mufflons beträgt 110–135 cm, die Schulterhöhe 70–90 cm. Das Gewicht der männlichen Tiere kann bis 50 kg betragen, das der weiblichen liegt zwischen 25–35 kg.

Hohe Fleischqualität

Die Schlachtausbeute betrug rund 47 Prozent und war damit etwa neun Prozentpunkte geringer als bei Rot- und Damwild. Auch der Anteil wertvoller Teilstücke liegt mit 64 Prozent unter den Werten von Rot- und Damwild, die fast 76 Prozent erreichen. Letztere sind aber in diesen Merkmalen generell Spitzenwerte. Es handelt sich beim Muffelwild eben um Wildschafe.

Die Fleischqualität wurde an den untersuchten Schlachtkörpern aus dem Gatter und im Vergleich einer Stichprobe aus der Jagd untersucht. Wenn die untersuchten Tiere mit 2,3 und 4,1 Jahren nicht ganz jung waren, wurde von den Tieren sowohl aus dem Gatter als auch aus der Jagd eine hervorragende Fleischqualität ermittelt. Das Fleisch war eiweißreich und fettarm, sehr zart und erzielte bei der Sensorikprüfung beste Werte. Es hatte einen hervorragenden Genusswert.

Muffelwild: Ein Fazit

Muffelwild ist als Wildart sehr gut in Gattern zu halten. Beim zunehmenden Verschwinden in der Natur kann die Gehegehaltung an Bedeutung erlangen. Am günstigsten ist eine Koppelhaltung mit vier, besser sechs Koppeln. Der Standort sollte nicht zu feucht sein. Im Rahmen der Landschaftspflege sind Mufflons besonders auch auf mit Maschinen schwer zu nutzenden Flächen einsetzbar. Sie liefern ein Fleisch mit einem hohen Genusswert.



Von der Biogasanlage zum Speicherkraftwerk

Neben zusätzlichen Erlösen sollte die Flexibilisierung auch einen ruhigeren Betrieb ermöglichen. Wir haben den Flexspezialisten Christian Dorfner gefragt, wie Betreiber ihre Anlage dafür vorbereiten müssen.

Von Christoph Feyer

Herr Dorfner, viele Betreiber haben in den vergangenen Jahren ihre Biogasanlagen flexibilisiert. Welche Aspekte bringt das neue EEG dazu?
Mit dem EEG 2021 wird Flexibilität für Biogasanlagen vorgeschrieben. Spätestens in der Ausschreibung werden die Anlagen „zwangsflexibilisiert“, da sie nur noch 45 Prozent der installierten Leistung durchschnittlich einspeisen dürfen. Mit dem gleichzeitig eingeführten Qualitätskriterium fordert der Gesetzgeber zudem erstmals auch eine echte flexible Fahrweise, denn zu mindestens 4.000 Viertelstunden eines Jahres müssen 85 Prozent der installierten Anlagenleistung abgerufen werden. Das bedeutet, dass für einen bedeutenden Teil des Jahres die Stromerzeugung deutlich reduziert oder die BHKW unter Nutzung der Speicherkapazitäten im Start-Stopp-Betrieb gefahren werden müssen.

Sind die Biogasanlagen denn auf die 4.000-Viertelstunden-Regel vorbereitet?
Anlagen, die die Flexibilisierung bereits aktiv vorangetrieben und in zusätzliche BHKW, Biogas- und Wärmepufferspeicher investiert haben, blicken diesem Qualitätskriterium recht entspannt entgegen. Insbesondere Projekte aus den letzten beiden Jahren weisen eine sehr konsequente Umsetzung der Flexibilisierung auf.

Wurde früher oft nur ein ähnlich großes BHKW zusätzlich installiert, haben neuere Projekte eher eine vier- und fünffache Bebauung realisiert. Es wurden Gasspeicher mit einer Einspeicherungskapazität von zwei und mehr Tagen verbaut und vor allem wurde die Wärme folgerichtig ebenfalls flexibilisiert. Denn die Wärme ist oftmals der entscheidende Baustein. Dies gilt für die Gesamtwirtschaftlichkeit der Anlage genauso wie für das Flexibilisierungsprojekt. Große Wärmepufferspeicher mit einer Kapazität, die deutlich höher als die der Biogasspeicher sind, beruhigen den Betrieb der Anlage. Der Betreiber ist so nicht ständig gezwungen, Gas-, Strom- und Wärmeproduktion sowie die Grenzen der jeweiligen Speicher auszubalancieren.

Christian Dorfner
Christian Dorfner, Vorstand der SK Verbundenergie AG, Regensburg. (c) SKVE

Was machen dann aber Anlagen, die ihre Wärme nicht flexibilisiert haben?
Die 4.000-Viertelstunden-Regel setzt leider eine solche konsequente Umsetzung in der Ausschreibungsphase voraus. Alle denkbaren Lösungsansätze – von einer starken saisonalen Fahrweise über Dauerläufer bis hin zur idealen fahrplangestützten Start-Stopp-Fahrweise – bedeuten, dass Strom- und Wärmeerzeugung von der Wärmeabnahme entkoppelt werden müssen. Denn nicht der konstante Wärmebedarf, sondern die Preissignale der Strombörse sollen nun die Fahrweise entscheidend vorgeben. Dies ist das maßgebende Prinzip, welches das EEG seit 2014 unter „bedarfsgerechter Stromerzeugung“ zusammenfasst.

Bedeutet das auch neue Investitionen für die Betreiber?
Anlagen, die bisher nur eingeschränkt flexibel fahren konnten, müssen mit dem EEG 2021 bei einer BHKW-Erweiterung ab 2021 oder spätestens nach erfolgreicher Ausschreibung in Phase II ihre erzeugte Strom- und Wärmeleistung ebenso flexibel verschieben können wie die bereits beschriebenen „konsequent flexibilisierten“ Anlagen. Viele müssen dann wohl in Biogasspeicher, Wärmepuffer und Ertüchtigung der Bestands-BHKW investieren.

Welche Kapazität hat denn ein Speicher im Idealfall?
Die bisherigen Erfahrungen zeigen: je größer, desto besser. Bei der Entscheidung sollte immer die nächste Baugröße mit betrachtet und kalkuliert werden. Ein 20 oder 30 Prozent größerer Gasspeicher kostet oftmals nur ein paar Tausend Euro mehr. Noch extremer gilt dies bei Wärmepufferspeichern. Der Mehrpreis bei einer Verdopplung ist erstaunlich gering, je nach Bauart liegt er bei unter zehn Prozent.

Gibt es auch Bedarf bei den BHKW?
Bei den BHKW sind insbesondere die Anforderungen an die Abgasreinhaltung stetig gestiegen. Die älteren von ihnen müssen nachgerüstet werden. Jedoch gibt es auch hier Chancen: Weniger Substrateinsatz mit höheren Wirkungsgraden, Erhöhung der installierten Leistung und damit des Flexzuschlags bis hin zum Absetzen des neuen BHKW zu einem neuen Wärmekunden oder gar die Anmeldung als Neuanlage mit 20 Jahren Laufzeit können die Wirtschaftlichkeit des Standorts wieder erhöhen. Die Betreiber sollten all diese Möglichkeiten bedenken und genau kalkulieren.

Was macht die Flexibilisierung so komplex?
Solche Projekte sind für jeden eine Herausforderung. Die technischen Schnittstellen sind im Laufe der Zeit immer mehr geworden und müssen nun angepasst oder erneuert werden. Vom Einreichen der Genehmigung bis zur Anmeldung im Marktstammdatenregister vergehen gerne zwei Jahre und mehr. Wenn aber dann Speicher aufgerüstet sind und zusätzliche BHKW-Kapazität bereitsteht, muss der Betreiber eben nicht mehr bei jeder Störung alles stehen und liegen lassen, sondern hat Zeit, bis sich Biogasspeicher füllen (oder Wärmpufferspeicher leeren) und zudem kann ein BHKW neu dazugeschaltet werden. Je nachdem, welchem Direktvermarkter oder Dienstleister sich der Betreiber anvertraut hat, erhält er auch von dieser Seite Unterstützung, bis hin zur vollautomatischen Umplanung und Steuerung der gesamten Strom- und Wärmerzeugung.

Es gibt also auch gute Seiten. Und wie beeinflusst die Flexibilität die Vermarktungserlöse?
Die Ausrichtung an den Börsenpreisen ist die Möglichkeit der flexiblen Anlage, den Monatsmarktwert, also den monatlichen Durchschnittswert der Stundenpreise, zu übertreffen.
Je mehr sich die Anlage auf die hohen Preise konzentrieren kann und je länger sie die Leistung bei schlechten Preisen zurücknehmen kann, desto höher sind die Gewinne daraus. Beide Faktoren sind wichtig: Je höher die Überbauung ist, desto mehr erwirtschaftet man bei guten Preisen. Je größer die Speicher sind, desto länger kann man Zeiten schlechter Preise überbrücken.

Was zeichnet einen guten Flexfahrplan aus?

Er sollte:
■ die Speicherstände für Biogas (und Wärme) berücksichtigen,
■ die spezifischen Eigenschaften der BHKW berücksichtigen, wie insbesondere – Wirkungsgrad bei Voll- und Teillast, Startverhalten, Start-Stopp-Kosten, gewünschte Laufzeit, Eigenstromnutzung,
■ sich vollautomatisch und in Echtzeit anpassen, sobald sich Kapazitäten auf der Anlage verändern oder es neue Impulse von der Strombörse gibt,
■ dem Betreiber keine zusätzliche Arbeit machen, noch Vertragsstrafen zu Folge haben.

Das heißt, der Anlagenbetreiber muss sich auch noch mit Börsenpreisen auseinandersetzen. Übernimmt das nicht der Direktvermarkter für ihn?
Nur bedingt. Die Lösungen der Direktvermarkter für einen flexiblen Betrieb klingen oftmals gleich, wirken sich aber sehr unterschiedlich auf den täglichen Betrieb und auf die Erlöse aus.

Meistens erstellt der Betreiber den Einsatzplan für die BHKW selbst. Er plant, steuert und überwacht die Anlage. Bei Abweichungen – wie Speicherstand passt nicht, BHKW fallen aus, Wärme reicht nicht – greift er ein und meldet über ein Kundenportal die neuen Start- und Stopp-Zeiten nach. Selbst wenn der Direktvermarkter am Morgen einen Vorschlag für den Fahrplan abgibt, bleibt der Betreiber stets in der vollen Verantwortung und muss sich oft mehrmals täglich mit Börsenpreisen, Speichervorhersagen und Wärmemengen beschäftigen. Durch diesen höchstens halbautomatischen Betrieb optimiert der Vermarkter den Handel einen Tag im Voraus und kombiniert netzdienliche Produkte wie Regelenergievermarktung dazu. Die Erlöse sind sehr schwankend und leider meist gering.

Sie plädieren im Gegensatz dazu für eine vollständige Automatisierung des Anlagenbetriebes. Wie sieht der genau aus?
Vollständige Automatisierung bedeutet, dass sich der Betreiber um das Erstellen, Abfahren und Überwachen des Fahrplans nicht mehr kümmern muss. Schwankungen in der Gasproduktion oder bei der Wärmeabnahme werden automatisch berücksichtigt.

Der Betreiber kann sich wieder auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren. Durch diesen hohen Automatisierungsgrad kann der Strom zusätzlich in Viertelstundenscheiben und vor allem sehr kurzfristig vermarktet werden, ohne dass sich die zuvor abgestimmte, sehr ruhige und BHKW-schonende Fahrweise verändert.

Kommen durch eine Viertelstundenvermarktung nicht mehr BHKW-Starts zustande?
Nein, der Fahrplan wird nur immer innerhalb der mit dem Betreiber zuvor abgestimmten Grenzen angepasst, etwa die Anzahl der Starts übers Jahr oder eine Mindestlaufzeit für die BHKW.

Kommen wir noch einmal zurück zu den Erlösen: Was hat das 2020 für die Strommärkte und die Erlöse bedeutet?
Die Strommärkte bewegen sich in der Tat ständig und Potenziale verschieben sich. Der Klimawandel führt zu weiteren Effekten, die wir mit einem Blick durchs Fenster leicht nachvollziehen können: Wetterextreme nehmen zu und die Arbeit der Meteorologen zur Wettervorhersage wird dadurch komplexer. Dies führt zu instabileren Strompreisen, da die Stromerzeugung durch die Wind- und PV-Einspeisung nicht mehr so gut vorhersehbar ist.

Kurzfristige Schwankungen in der Wetterlage werden über den kurzfristigen Stromhandel, der bis fünf Minuten vor Beginn einer Viertelstunde erfolgt, „nachgehandelt“. Dieser Markt spielt eine immer wichtigere Rolle, den flexible und zugleich vollautomatisierte Anlagen mit Fahrplansteuerung für sich nutzen können.

Hat Corona den Markt zusätzlich beeinflusst?
Die Pandemie hat sich natürlich ausgewirkt. Die Preise an der Pariser Strombörse EPEX sind insbesondere zu Beginn des ersten Lockdowns deutlich gesunken. Bewegte sich der monatliche durchschnittliche Börsenpreis für Februar, März und April 2020 nur um die zwei Cent für die Kilowattstunde, sind es dieses Jahr im gleichen Zeitraum knapp fünf Cent pro Kilowattstunde. Da die Differenzen dieser sogenannten Monatsmarktwerte über die EEG- Vergütung für den Betreiber ausgeglichen werden, ist dies für die Anlagen zunächst einmal kein Nachteil.

Wie wirkt sich das Auf und Ab der Preise auf die Erlöse aus?
Für flexible Anlagen entstehen durch die stärkeren Schwankungen, bedingt durch Corona oder Wetterveränderungen, sogar zusätzliche Chancen. Dies zeigt sich auch an den Erlösen aus der bedarfsgerechten Stromerzeugung. Hoch flexible Anlagen haben in den vergangenen zwölf Monaten sehr gleichmäßig 1,4 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich erlösen können, in den Wintermonaten sogar bis zu 1,8 Cent pro Kilowattstunde. Selbst doppelt bebaute Anlagen mit wenig Speicher kommen auf 0,5 Cent und mehr. Anlagen, die manuell geplant oder nur auf die Preise des nächsten Tages optimiert werden, sind jedoch im Schnitt deutlich unter der Hälfte dieser Erlöse.

Klingt verlockend. Was würden Sie abschließend Biogasanlagenbetreibern empfehlen?
Die Flexibilisierung und die damit einhergehende 4.000-Viertelstunden-Regel wird für manche Anlage eine Herausforderung werden und zusätzliche Investitionen nach sich ziehen. Die automatische Fahrweise nach Fahrplan kann den Anlagenbetrieb aber wieder beruhigen und die Wirtschaftlichkeit erhöhen. Hier tun sich neue Chancen auf. Der Blick zu einer Biogasanlage, die diesen Weg schon beschreitet, lohnt sich.


Die SKVE steuert mehr als 140 Anlagen über vollautomatische Fahrpläne und ist Mitglied in der Betreiberexpertengruppe des Fachverbands Biogas (FvB) sowie Mitglied im Arbeitskreis Strom im Bundesverband Erneuerbare Energie.


Bewegung hinter den Strukturdaten

Die aktuell erhobenen Strukturdaten zu den landwirtschaftlichen Betrieben ergeben, dass vor allem im Westen und Süde die Größe der Betriebe zunimmt. Im Osten bleiben die Zahlen relativ stabil, jedoch bleibt der Bodenbesitz weiterhin breit gestreut.

Von Ralf Stephan

Einen interessanten Trend bei den Betriebsstrukturen lassen die bisher bekannten Ergebnisse der Landwirtschaftszählung aus dem vorigen Jahr erkennen. Zwar hält die allgemeine und oft beklagte Entwicklung zu weniger und dafür größeren Betrieben an. Aber das Wachstum durch Verdrängung findet statistisch wahrnehmbar nur im Westen und Süden statt. Dort nahm die durchschnittliche Größe der Betriebe seit der letzten Zählung vor zehn Jahren von 41 auf 47 ha zu. Das sind rund 13 Prozent mehr. Ungefähr um denselben Wert (zwölf Prozent) schrumpfte die Zahl der Höfe. In den ostdeutschen Ländern dagegen blieb die Zahl der Betriebe fast konstant. Die durchschnittliche Größe ging sogar leicht um vier Hektar auf 222 ha zurück.

Bodenbesitz weiterhin breit gestreut

Chefredakteur der Bauernzeitung/Deutschland: Ralf Stephan. 2019
Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung

Tiefere Ursachen für die gegenläufige Entwicklung werden sich erst finden lassen, wenn die Statistiker des Bundes in den nächsten Wochen ihren vollständigen Bericht vorlegen. Dann wird sich vermutlich bestätigen, dass beileibe nicht alle Betriebe im Osten schrumpfen. Vielmehr dürfte den Ausschlag geben, dass große Unternehmen Teile ihrer Produktion auslagern und dafür kleinere Betriebe gründen.

Aber auch „echte“ Neugründer könnten hier eine erkennbare Rolle spielen. Zum einen, weil die Zahl von mutigen Pionieren mit innovativen Geschäftsideen und alternativen Landwirtschaftskonzepten vor allem in den letzten paar Jahren beinahe sprunghaft anstieg. Zum anderen, weil gerade diese „Start-ups“ in den meisten Fällen mit sehr geringer Flächenausstattung an den Start gehen.

Trotz stabiler Zahlen ist also auch im Osten Bewegung in der Struktur. Was sich bewegt und wohin sollte man sich genau ansehen. Denn daraus abzuleiten, mit der Betriebsstruktur im Osten sei alles zum Besten bestellt, könnte zu Fehlschlüssen führen.

Damit ist nicht nur die scheinbar allgegenwärtige Sorge vor landwirtschaftsfremden Großinvestoren gemeint. Auch wenn sie derzeit ein hochpolitisches Thema sind, werden zahlreiche Annahmen und Argumente nicht durch die wenigen wissenschaftlich belegbaren Fakten gedeckt. Die erste Studie des Thünen-Institutes zu Eigentumsstrukturen belegt, dass Bodenbesitz weiterhin breit gestreut ist. Und die Forschungsgruppe FORLand der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) um die Professoren Balmann und Odening warnt davor, auf der Basis dünner Fakten weitreichende regulierende Eingriffe in den Bodenmarkt vorzunehmen.(Bauernzeitung 18/2021, S. 20).

neue einstiegshilfen

Dennoch sind Probleme unübersehbar. Auf der einen Seite wird es für große Betriebe offenkundig immer schwieriger, die Nachwuchsfrage zu regeln. „Hofnachfolger“ aus der Branche zu finden, die auch mit Kapital für den Betrieb einstehen, scheint mindestens so schwierig wie in klassischen Familienbetrieben.

Auf der anderen Seite verlassen junge Agraringenieure (m/w/d) scharenweise Universitäten oder Hochschulen, um ihre Chance zu suchen. Oft jedoch bringen weder die bisherigen Leitlinien für ihre Karriereplanung noch die Strukturen und Rahmenbedingungen in der Praxis zusammen, was zusammengehört. Und mögen Parlament, Kommission und Rat im Brüsseler Trilog auch noch so engagiert um die Höhe der künftigen EU-Förderung für Junglandwirte ringen – schon jetzt ist klar, dass für die gewachsenen Strukturen ganz andere Einstiegshilfen gebraucht werden als ein paar mehr Euros aus dem Agrarhaushalt.

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