Forstschlepper: Alleskönner-Traktor im Wald

Der Forstschlepper ist das wichtigste Rückemittel im Wald. Dank der Dreipunktaufhängung gibt es mehr Anwendungsmöglichkeiten als nur Holz ziehen. Die Forstausrüstung ist aber bei allen Einsätzen unverzichtbar.

Von Bernhard Henning


Nach der Motorsäge waren Traktoren der nächste große Schritt bei der Mechanisierung der Holzernte. Natürlich waren diese ersten Maschinen noch nicht vergleichbar mit modernen Forsttraktoren, insbesondere was Leistung und Sicherheit betrifft. Im Vergleich zum Tierzug waren sie aber trotzdem produktiver und so dauerte es nur wenige Jahre, bis der Traktor Pferd und Ochse verdrängte.

Infolge der weiteren technischen Entwicklung entstanden Forstspezialschlepper. Diese Maschinen wurden mit gleich großen Antriebsrädern, großer Bodenfreiheit und Rahmenknicklenkung für den Holzzug ausgerüstet und sind nur dafür verwendbar. Im Gegensatz dazu kann der Forsttraktor vom Wegebau bis zur Aufforstung eingesetzt werden.

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Forstschlepper: Holzernte und noch mehr

Dank der Anbaumöglichkeiten wird der Forsttraktor zur Universalmaschine in der Holzernte. Mit Kippmastanlagen kann auch in steilem Gelände Holz gerückt werden. Speziell gefertigte Harvesterköpfe für Forsttraktoren ermöglichen eine produktivere Holzernte, vor allem in Jungbeständen.

Natürlich sind diese Anbaugeräte in ihrer Leistung und Ausstattung mit Seilkränen und Harvestern nicht vergleichbar. Für bäuerliche Waldbesitzer und Waldwirtschaftsgemeinschaften stellen sie aber Erntemittel dar, die für diesen semiprofessionellen Einsatz angepasst sind.

Weil viele Waldbesitzer auf die Naturverjüngung vertrauen, werden Forsttrakoren in der Kulturpflege kaum noch eingesetzt. Die Aufforstung von großen Windwurfflächen unterstützen sie aber, indem die Hiebsfläche mit Reisigräumgeräten vorbereitet wird. Anschließend wird die Kahlfläche per angebautem Pflanzgerät aufgeforstet.

Gemacht für den Einsatz im Wald

Damit der Forsttraktor die hohen Anforderungen der Waldarbeit meistern kann, sind einige technische Spezifikationen notwendig. Der Rahmen ist das tragende Gerüst des Fahrzeugs, dieser wird im Forsteinsatz durch Geländeunebenheiten und ungleichmäßige Belastungen stark beansprucht.

Die meisten Forsttraktoren sind in der sogenannten Blockbauweise gefertigt, bei der die einzelnen Bauteile zu einem starren, selbsttragenden Block verbunden sind. Diese selbsttragende Bauweise erfordert für den Rückeeinsatz eine zusätzliche Verstärkung durch einen Hilfsrahmen aus Stahl für zusätzliche Anbauten, da der Block bei starker Belastung sonst brechen könnte.

Überhaupt unterliegt der Traktor im Forsteinsatz wesentlich stärkeren Belastungen als im landwirtschaftlichen Betrieb.

Um unnötigen Ärger und Standzeiten durch Beschädigungen am Traktor zu vermindern, ist es nötig, gewisse Komponenten zu schützen. Hauptunfallursachen sind Reißen, Brechen oder Splittern von Teilen. Verantwortlich dafür können herabfallende Baumteile, herumschleudernde Teile von Seilen und Anschlagmitteln oder auch brechende Holzteile sein.

Schutzgitter an der Kabinenhinterseite oder auch Schutzplatten am Dach der Kabine erhöhen die Sicherheit des Fahrers. Die wichtigsten schutzbedürftigen Bauteile sind Motor, Getriebe und Tank. Das Unterbodenblech schützt diese Teile vor schwerwiegenden Beschädigungen durch den Kontakt mit Ästen, Wurzelstöcken und Steinen.

Ein Riss an Getriebeteilen oder an der Ölwanne entsteht oft unbemerkt und kann bis zum Totalschaden des Motors oder Getriebes führen.

Forstreifen mit stark dimensioniertem Ventilschutz und Schutzring an der Felgenkante bieten bestmöglichen Schutz vor Beschädigungen durch Stich- oder Schnittverletzungen. Zusätzlich werden Verformungen an der Felgenkante oder das Abreißen des Ventiles verhindert. Stich- bzw. Schnittverletzungen an normaler Ackerbereifung sind oft irreparabel und daher sehr kostspielig.

Traktor bei der Waldarbeit – Einsatzmöglichkeiten

Unimog oder Traktor einsetzen?

1946 baute die Metallwarenfabrik Erhard & Söhne in Schwäbisch Gmünd den ersten „Allzweck“-Traktor. Die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion war das Ziel der Konstrukteure: Man wollte ein land- und forstwirtschaftliches Vielzweckgerät entwickeln, das über eine höhere Geschwindigkeit als die damaligen Traktoren und über eine gewisse Transportfähigkeit verfügte.

Das Ergebnis war der Unimog, wobei die Abkürzung für Universal-Motor-Gerät steht. Ursprünglich für die Landwirtschaft gebaut, verlor der Unimog zusehend an Bedeutung, die Verkaufszahlen sanken. Aber auch im Wald kam der Unimog immer seltener zum Einsatz. Eigentlich könnte man annehmen, dass das Multitalent gerade bei derart großen Waldbesitzern reichlich Einsatzmöglichkeiten finden würde.

Ausgerechnet die größte Stärke des Unimog wird ihm aber zum Verhängnis. Der Unimog ist ein vielseitig einsetzbares Gerät, das vieles gut kann, aber wenig sehr gut. Er verfügt nicht über die Geländegängigkeit eines Forstschleppers und auch nicht über die Ladekapazität eines Forwarders. Auch die Anschaffungskosten schrecken so manchen Forstbetrieb ab.

Und ein weiterer Grund spricht gegen die modernen Versionen: Für den Betrieb braucht der Fahrer einen Lkw-Führerschein. Der Unimog verfügt über eine Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten für den Forsteinsatz. Um diese tat-sächlich ausnutzen zu können, braucht es aber eine größere Waldfläche. Für die meisten bäuerlichen Waldbesitzer kommt daher der Unimog kaum in Betracht, auch weil moderne Forsttraktoren dank ihrer Dreipunktaufhängung viele Anwendungsmöglichkeiten ebenfalls abdecken können.

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Was ist das eigene Grobfutter wert?

Der Preis eines Futtermittels und sein Futterwert sind zwei Seiten einer Medaille. Der Kurs 2020/22 der Fachschule für Landwirtschaft in Löbau hat Fruchtfolgen und Futterbaustrategien unter betriebswirtschaftlichen Aspekten an einer beispielhaften Futterplanung aufgeschlüsselt.

KURS 2020/22 der Fachschule für Landwirtschaft, Löbau

Der Betrieb Hansen verliert in Kürze neben Ackerland auch 60 ha Grünland. Die entsprechenden Pachtverträge wurden nicht verlängert. Ein Ersatz ist nicht in Sicht und einen Zukauf von Grobfuttermitteln zur Versorgung der 200 Milchkühe mit Nachzucht lehnen Hansens ab. Folglich muss künftig mehr Grobfutter vom Ackerland erzeugt werden. Bisher war der Silomais das einzige Ackerfutter. Der Anbau von Silomais ist jedoch aufgrund der Erosionsgefährdung vieler Schläge im Betrieb nicht erweiterbar.

Hansens überlegen, ob sie die Grobfutterlücke künftig mit dem Anbau von Luzerne, Rotkleegras oder mit Triticale-Ganzpflanzensilage füllen können. Die betrieblichen Bodenverhältnisse, die klimatischen Bedingungen, die Möglichkeiten zur Eingliederung in die bestehende Fruchtfolge und vieles mehr sprechen für diese Fruchtarten. In der Produktionstechnik der genannten Kulturen und der Erzeugung von Qualitätssilage kennt sich das Betriebsleiterehepaar gut aus.

grobfutter: Alternativen für den Silomais

Die Einsatzmöglichkeiten von Luzernesilage, Kleegrassilage und Ganzpflanzensilage in der Rinderfütterung sind ihnen ebenfalls bekannt. Diese Grobfuttermittel sollen in den Rationen der laktierenden Kühe künftig das fehlende Futteraufkommen an Grassilage ersetzen. Die Rationen für Kälber, Jungrinder und Trockensteher bleiben hingegen gleich.

Aus dem veränderten Futteraufkommen und dem Grobfutterbedarf dieser Tiergruppen lässt sich das für die Milchkühe verfügbare Aufkommen an Grassilage und Maissilage ermitteln. Diese Angaben sind für die später durchzuführende Rationsberechnung und Futterbilanzierung bedeutsam.

Mindestpreise für Grobfuttermittel

Nach Abschluss der Prüfung der landwirtschaftlich fachlichen Aspekte wurde schnell klar, dass der Dreh- und Angelpunkt für den Vergleich der drei untersuchten Grobfuttermittel letztlich deren Wirtschaftlichkeit ist.

Wie die meisten Betriebe haben auch Hansens eine breite Produktpalette. Als erfahrene Betriebsleiter und Unternehmer geben sie sich nicht damit zufrieden, dass der Produktmix einen ausreichend hohen Gesamtdeckungsbeitrag und damit Gewinn abwirft. Ihnen sind die Unterschiede in der Wirtschaftlichkeit wichtig.

Sie nutzen die Kosten-Leistungsrechnung und führen bis auf begründete Ausnahmen nur solche Produktionsverfahren dauerhaft durch, bei denen wenigstens auf lange Sicht alle Faktorkosten erwirtschaftet werden können. Jeder Zweig muss sich auf lange Sicht rechnen, Quersubventionierungen sind zu vermeiden. Das bedeutet beispielsweise, dass aus Sicht des Pflanzenbaus der innerbetriebliche Verrechnungspreis für das Ackerfutter so kalkuliert wird, dass dieser Bereich nicht schlechter dasteht als vor der Umstellung des Anbauplanes.

Für die Milcherzeugung ist zu prüfen, welches der drei zur Auswahl stehenden Futtermittel am besten in die Rationen passt und die höchste futterkostenfreie Leistung verspricht. Die futterkostenfreie Leistung errechnet sich aus dem Milcherlös pro Kuh und Tag abzüglich der Kosten für Kraftfutter, Grobfutter und Zusatzfuttermittel. Dieser Betrag steht zur Deckung aller anderen Kosten der Milchproduktion zur Verfügung, ist also eine Form eines Deckungsbeitrages.

Innerbetriebliche Verrechnungspreis

Aus Sicht der Pflanzenproduktion muss der innerbetriebliche Verrechnungspreis sämtliche Faktorkosten der Silage-Erzeugung abdecken. Das sind zunächst die Direktkosten, die man ohne rechnerische Umwege sofort jedem Hektar Futterfläche verursachungsgemäß zuordnen kann. Sie fallen beispielsweise für Saatgut, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel und Siliermittel an.

Zu den Faktorkosten zählen aber auch die Kosten der Arbeitserledigung für den Einsatz von Personal und Maschinen sowie die Nutzungskosten der Ackerfläche. Nutzungskosten entstehen, weil das Ackerfutter gewinnbringende Marktfrüchte verdrängt. Der Gewinnbeitrag der Marktfruchtfolge beträgt in unserem Beispiel 241 €/ha Ackerland.

Die geänderte Anbauplanung hat aber auch geldwerte positive Auswirkungen. Der vermehrte Ackerfutterbau erweitert die Fruchtfolge und führt zu längeren Anbaupausen der einzelnen Fruchtarten. Insbesondere die mehrjährigen Futterleguminosen senken den Unkraut-, Krankheits- sowie Schädlingsdruck, reichern den Boden mit Stickstoff sowie Humus an und verbessern die Bodenstruktur. Vor allem beim Raps und beim Winterweizen wird mit Ertragssteigerungen gerechnet. Einsparungen bei der Bodenbearbeitung sind ebenfalls denkbar. Alle diese Effekte können betriebsbezogen geschätzt und mit einem Vorfruchtwert beziffert werden. Der positive Vorfruchtwert der Ackerfutterpflanzen mindert deren Verrechnungspreise.

Tabelle 1 zeigt die innerbetrieblichen Verrechnungspreise für Luzernesilage, Kleegrassilage und Ganzpflanzensilage im Beispiel. Diese Preise decken sämtliche Faktorkosten. Weil die Grobfuttermittel für die eigene Tierhaltung erzeugt werden und Innenumsatz darstellen, enthalten sie aber keinen Gewinnanteil, wie er im Handel mit fremden Dritten üblich ist.

Futterwert hat viele Facetten

Die in der Tabelle 1 angegebenen Werte sind jedoch nur die halbe Wahrheit. Erst die Rationsberechnungen zeigen den wahren Wert der Futtermittel für die Tierproduktion. Hansens wollten hier keine Kompromisse eingehen. Um die Vergleichbarkeit der untersuchten Silagen zu sichern, sollen die Rationen beispielsweise hinsichtlich der Strukturwirksamkeit, des Mindestanteils an Trockenmasse aus Grobfutter und der ruminalen N-Bilanz einheitliche Vorgaben erfüllen. Die Anteile an Maissilage und Grassilage müssen entsprechend dem Futteraufkommen begrenzt werden.

Der Einsatzumfang der neu einzuführenden Silage aus Ackerfutter und die Kraftfuttermittel sind so zu wählen, dass die oben angesprochenen Orientierungswerte eingehalten werden und eine möglichst hohe futterkostenfreie Leistung erwirtschaftet werden kann.

Für die Rationsberechnung und Futterbilanzierung wurde ein Optimierungsprogramm verwendet, um möglichst objektive Bewertungen der Futtermittel zu erhalten. Die Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse einschließlich der futterkostenfreien Leistungen.

Aus den Angaben in Tabelle 2 geht hervor, dass der Preis eines Futtermittels nicht das alleinige Entscheidungskriterium sein kann. Letztlich kommt es darauf an, in welchem Maße es zu wiederkäuergerechten, leistungsfördernden und zugleich wirtschaftlichen Rationen beiträgt. Hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Silagen.

Den Lösungsberichten der Optimierung (hier aus Platzgründen nicht beigefügt) ist aber auch zu entnehmen, dass die nur begrenzt verfügbare Maissilage allen anderen Silagen unter futterwirtschaftlichen Gesichtspunkten klar überlegen ist. Der innerbetriebliche Verrechnungspreis beträgt 4,00 €/dt Frischmasse. Hansens könnten, so die Aussagen der Lösungsberichte, für den Zukauf von Maissilage deutlich höhere Preise zahlen.

Grobfutter: ein Fazit

Rinder sind für eine ungestörte Pansenfermentation auf Grobfuttermittel angewiesen. Eine kontinuierliche Grobfutterversorgung muss auch in Jahren mit ausgeprägter Trockenheit oder, wie in unserem Fall, bei einem Verlust von Futterflächen infolge des Auslaufens von Grünlandpachtverträgen gesichert werden. Fast jeder Betriebsleiter hat schon einmal überlegt, welche Ackerfutterpflanzen dann neben dem Silomais angebaut werden können. Hier sind beispielsweise Kleegras, Luzerne und die Ganzpflanzensilage durchaus eine Überlegung wert.

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Akt der Verzweiflung

Die kontroverse Aktion des Schäfermeisters Ingo Stoll auf dem Stralsunder Boulevard führte zu Diskussionen – beim Thema Wolf sollte man jedoch möglichst schnell agieren.

Es kommentiert Gerd Rinas

Passanten auf dem Stralsunder Boulevard trauten ihren Augen nicht, als am 4. Mai ein Transporter hält und Landwirte auf einer Plane vier Schafe auf das Straßenpflaster legen: Die Tiere, einst prachtvolle Zuchtböcke, sind nicht mehr am Leben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind sie Opfer von Wolfsattacken: teils mit Kehlbiss getötet, teils erst nach langem Todeskampf verendet.

Mit der Aktion will Schäfermeister Ingo Stoll die Aufmerksamkeit auf eine Situation lenken, die von Teilen der Öffentlichkeit bisher kaum zur Kenntnis genommen wird: Viele Schäfer kämpfen seit der Rückkehr des Wolfes nicht nur wirtschaftlich um ihre Existenz – sie sind auch physisch und psychisch an ihren Grenzen angelangt.

KEINE HILFE VOM VETERINÄRAMT

Gerd Rinas ist Landesredakteur in Mecklenburg-Vorpommern. (c) Sabine Rübensaat
Gerd Rinas ist Landesredakteur in Mecklenburg-Vorpommern. (c) Sabine Rübensaat

Im konkreten Fall vermisste Ingo Stoll zum wiederholten Mal nach einer Wolfsattacke einige seiner Tiere. Bei dem Versuch, in schwer zugänglichem Gelände verletzte und sterbende Tiere zu finden, blieb der Schäfermeister auf sich gestellt: Statt Hilfe anzubieten, warf das Veterinäramt ihm vor, seine Schafe zu vernachlässigen. Die Feuerwehr beschied ihm bei seiner Anfrage, dass er die Kosten für einen Einsatz tragen müsste. Stoll wusste sich keinen Rat mehr – und brachte seine toten Schafe in die Stadt. Ein Akt der Verzweiflung, ein öffentlicher Hilferuf! Er dürfte dem wegen seiner ruhigen und überlegten Art geschätzten Schäfermeister am Ende seines Berufslebens nicht leichtgefallen sein.

Die Aktion löste in den regionalen Medien Diskussionen aus. Das Meinungsbild von Lesern und Usern ist gespalten. Viele, die sich kritisch zu Stolls Aktion äußern, sehen den Tierhalter in der Pflicht, seine Tiere wirksam zu schützen. Was das im Einzelnen bedeutet, davon haben nur wenige eine Vorstellung. Die Praxis der Weidehaltung mit ihren vielen verschiedenen Betriebskonzepten lässt eher mehr als weniger Zweifel aufkommen, ob eine Strategie mit immer mehr hohen Zäunen und mit Rudeln von Herdenschutzhunden, die vielerorts nötig wären, tatsächlich geeignet ist, die Koexistenz von Weidetieren und Wölfen zu ermöglichen – und unbeherrschbare Situationen zu verhindern.

Statt in akuter Not alleingelassen zu werden, müssen Weidetierhalter, deren Tiere Wolfsangriffen ausgesetzt sind, Hilfe von Ämtern, Feuerwehr oder Polizei in Anspruch nehmen können. Die Kosten dafür hat das Land zu tragen. Denn es kann nicht im öffentlichen Interesse sein, dass Tiere orientierungslos umherirren, womöglich den Straßen- und Bahnverkehr gefährden oder irgendwo qualvoll verenden und erst nach Tagen aufgefunden werden.

wolfsattacken: EXTREME NOTSITUATION

Dass ausgerechnet Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister, Till Backhaus, dem Schäfermeister nach seiner Aktion Vorwürfe macht, kann nur verwundern. Die Argumente, die Backhaus anführt, mögen für sich genommen zutreffend sein. Aber sind Zweifel am vom Schäfer Geschilderten und Hinweise auf Fördermittel das, was ein Weidetierhalter in extremer Notsituation von „seinem“ Minister erwarten kann?

Die Wahrheit ist, dass der Mehraufwand der Tierhalter durch den Wolf bisher nicht ansatzweise ausgeglichen wird. Ganz zu schweigen von den physischen und psychischen Belastungen. Anstatt endlich zu handeln, spielen verantwortliche Politiker immer noch auf Zeit. Beim Thema Wolf sind es gerade die Grünen: Erst Ende April haben die Umweltminister die Entscheidung über einen Praxisleitfaden zum Abschuss von „Problemwölfen“ auf ihren Druck hin in den Herbst verschoben. Unterdessen wächst die Wolfspopulation unkontrolliert weiter.

Wochenmarkt: Bei Wind und Wetter

Ob Wochenmärkte ein Zukunfts- oder Auslaufmodell sind, hängt auch von engagierten Direkterzeugern aus der Region ab. Fest steht: Die Nachfrage der Kundschaft, die für hochwertige Produkte gutes Geld bezahlt, ist groß.

Von Helge von Giese

Das Lebensgefühl eines Markthändlers gleicht dem eines Unternehmers in der Gastronomie: Wenn die anderen sich aufs Wochenende freuen, geht es für ihn erst so richtig los. Was ihn unterscheidet: Unter der Woche ist sein Arbeitspensum auch nicht geringer. Auch Durchhaltevermögen ist gefragt: Es geht um Präsenz auf dem Wochenmarkt, Woche für Woche, jahrelang, bei Wind und Wetter.

Biohof Zielke: „Immer am Abgrund entlang, aber bergauf“

„Wegen Geld gehen wir nicht arbeiten. Der Stundensatz ist böse“, sagt Biolandwirt Karl-Georg Zielke vom gleichnamigen Biohof aus Görlsdorf, Märkisch-Oderland. Und dennoch: Sohn und Schwiegertochter sind mit viel Fachwissen in den Betrieb eingestiegen. „Es motiviert mich, dass wir gemeinsam etwas bewegen“, sagt Zielke. „Immer am Abgrund entlang, aber bergauf.“

Unterwegs auf 5 Berliner Wochenmärkten

Seit 30 Jahren bewirtschaften Zielkes einen Biohof für Gemüse, Kräuter und Kartoffeln. Nach der Wende fing die Familie mit 2,5 ha Pachtland an. Heute bearbeitet sie im Familienbetrieb mit rund 20 Angestellten 25 ha, auf denen 40 Kulturen gedeihen.

Einen Großteil der Waren verkauft Familie Zielke am Samstag auf fünf Berliner Wochenmärkten und belädt dafür einen 18-Tonner randvoll. Manchmal muss noch ein 4,5-Tonner begleiten. Bis zu 30 Prozent ihres Sortiments kaufen sie zu. „Wenn man zu extrem ist, hängt dem Kunden das Angebot eines Tages zum Hals heraus. Das geht nicht. Aber wenn der Feldsalat durch ist, dann gibt es bei uns keinen Salat mehr. Auch Tomaten und Gurken verkaufen wir nur unsere eigenen.“

Bernd Schulz verkauft an drei  Tagen die Woche Backschwein.
Bernd Schulz verkauft an drei Tagen die Woche Backschwein. (c) Helge von Giese

Protokoll eines Wochenmarkttages

Gepackt wird am Freitag. Wenn es gut läuft, sind sie um 19 Uhr fertig. Dann macht Zielke die Preislisten fertig. Um 20 Uhr lenkt er seinen Lkw vom Hof. Rückt in Berlin den Verkaufsanhänger. Ist um Mitternacht mit seiner Arbeit durch und legt sich in seiner Schlafkabine zur Ruhe. Um 5.30 Uhr am Samstag schmeißt er den Lkw an und entlädt Schlag auf Schlag bis 10 Uhr die Waren auf fünf Wochenmärkten. Schaut im Anschluss beim Großhandel vorbei. Ab 14 Uhr baut er alles wieder ab. Um 20.30 Uhr ist Zielke zu Hause. Das Wochenende ist gelaufen. Und wenn er eines nicht ausstehen kann, dann ist es in Berlin eingeparkt zu werden.


BERLINS WOCHENMÄRKTE

Über 100 Wochenmärkte gibt es in der Hauptstadt. Da ist der beliebte Karl-August-Platz in Charlottenburg, wo sich der Händler, will er auf dem gut besuchten Samstagsmarkt stehen, sich zunächst auf der Mittwochsausgabe andienen muss.

Es gibt stark auf Gastronomie ausgerichtete wie der auf dem Arkonaplatz in Mitte und solche mit über 100 Ständen oder kleine mit nur einem Dutzend Ständen wie der Markt an der S-Bahn-Station Hermsdorf. Seit 2020 wird dieser Standort von der Deutschen Marktgilde wiederbelebt und ist auf gutem Kurs. Acht Jahre ruhte hier der Marktbetrieb.


Bernd Schulz: Backschwein aus dem Kofferraum

Bernd Schulz mit seiner mobilen Backschwein-Tenne – Kofferraum-klappe hoch, zwei Quadratmeter mit Equipment davorgebastelt – bezahlt dort 20 Euro Standgebühr und ist mit seinem Absatz sehr zufrieden. Bis zu 70 Portionen Backschwein à 8 Euro setzt er auf dem Hermsdorfer Markt ab. Dazu reicht er Sauerkraut und Hanfbrot.

Schulz ist ein Pionier der Schweine-Freilandhaltung im Bio-Bereich. Während seiner aktiven Zeit hat er geholfen, an 20 Standorten im In- und Ausland die Freilandhaltung mit aufzubauen. Diese Betriebe, zu denen er heute noch einen guten Kontakt pflegt, liefern ihm zu. Hauptsächlich bezieht er das Schweinefleisch von Anja Koch aus Gömnigk, an die er seinen eigenen Betrieb 2018 abgegeben hat.

Bernd Schulz ist der geborene Verkäufer. „Ich will zu den Kunden hin“, sagt er. „Aus jedem Verkauf resultieren neue Bestellungen. Ich bereite mich auf den Sommer vor. Die Leute wollen feiern.“ Vor sieben Jahren hat Schulz in der Markthalle 9 in Kreuzberg angefangen. Heute hat er in der Woche drei Verkaufstage.

Vanessa Giese vermarktet bis zu 1.400 Eier täglich
Vanessa Giese vermarktet bis zu 1.400 Eier täglich. (c) Helge von Giese

Familie Giese: Vom Spargel zu Legehennen

Oft sind es Direkterzeuger aus dem Bio-Bereich, die im Wochenmarkt Potenzial sehen, doch auch Betriebe aus konventioneller Landwirtschaft sind vertreten. Über 20 Jahre war der Spargelhof Giese aus Tempelfelde mit Spargel und Erdbeeren auf den Wochenmärkten in Eberswalde und Bernau präsent.

Mobile Hühnerhaltung mit bald 2.000 Hühnern

Von 500 ha bewirtschafteten Jürgen und Tanja Giese 15 ha mit Sonderkulturen. Spargel wurde zum Aushängeschild. Doch der Betrieb ist im Wandel. Jürgen Giese war die 24-Stunden-Betreuung seiner Saisonarbeitskräfte leid. Die Coronamaßnahmen zum Schutz der Verkäuferin im Hofladen wurden von den Kunden nicht akzeptiert. Familie Giese stellte auf mobile Hühnerhaltung mit 1.450 Hühnern um. Nächstes Jahr werden es über 2.000 sein, denn Familie Giese hat jetzt schon zu wenig Eier. Der Ab-Hof- und Marktverkauf laufen gut.

Eier, Honig, Kartoffeln und Wildfleisch vom Wochenmarkt

Tochter Vanessa, 24 Jahre alt, ist wie Bruder Louis in den elterlichen Betrieb eingestiegen und für den Verkauf zuständig. Sie lenkt den Marktwagen auf vier Wochenmärkte und verkauft an einem starken Tag in Eberswalde bis zu 1.400 Eier. Bis zu 200 Kunden kommen vorbei. Sie nehmen gern auch ein Glas Honig aus Jürgen Gieses Imkerei mit oder ein küchenfertig zugeschnittenes Stück Wildfleisch. An die 160 Stücken kommen im Jahr über Eigenjagd und Pachtflächen zusammen, vornehmlich Schwarz- und Rehwild, erlegt von Begehungsscheininhabern, denen Familie Giese die Infrastruktur mit Wildkammer und Zerlegungsstrecke zur Verfügung stellt.
Bereichert wird das Sortiment des Wochenmarktes von Kartoffeln eines befreundeten Betriebes und Obst und Gemüse vom Großmarkt so-wie Sauerkraut aus dem Spreewald.

Schon immer war der Betrieb von Gieses breit aufgestellt, ihr Maschinenpark ausgefeilt. Sie bieten Lohnarbeit an und beschicken den Winterdienst für die Stiftung Lobetal. Der Kontakt mit den Kunden im Direktverkauf ist ihnen dennoch wichtig. Er ist vor allem auch ein Betriebsbereich, mit dem sich Tochter Vanessa identifizieren kann.

Tipps vom Experten zum Verkauf auf dem Wochenmarkt

Zum Verkauf auf dem Wochenmarkt gehört das richtige Gefährt. Wolf-Dietrich Hildebrandt von Vosch Verkaufsfahrzeuge aus Hohen Neuendorf findet seit 30 Jahren pragmatische Lösungen für seine Kundschaft. Das sind seine Tipps:

■ Mit einem tage- oder monatsweise geliehenen Verkaufsfahrzeug ist man flexibler in der Entwicklung seines Verkaufs- und Logistikkonzepts.
■ Das perfekte Anfängermodell: Ein Verkaufsanhänger ist pflegeleichter in der Wartung als ein Marktwagen/-mobil.
■ Bei Preisen unter 5.000 Euro für gebrauchte Verkaufsanhänger auf dem freien Markt ist Vorsicht geboten. Ab 8.000 Euro aufwärts wird es
reell.
■ Bei Marktwagen/-mobilen bis 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht (Führerschein B) beachten. Je größer der Verkaufsaufbau, desto weniger
Zuladung ist erlaubt, insbesondere bei Kühlthekenverkaufsmobilen.
■ Verkaufsanhänger und Versicherungen, vor allem im Vollkaskobereich, sind ein Thema für sich. Die Beitragsspanne geht von 1.000 bis 3.000
€/Jahr.
■ Gute Verkäufer sind rar. Gute Verkäufer, die gut fahren können, erst recht. Rangieren im Stadtverkehr. Fahren mit hoher Traglast.
■ Wer im Wagen Nahrungsmittel zubereiten will (Imbiss), braucht eine Innenhöhe von 2,3 m.
■ Ein Verkaufsfahrzeug ist ein Verkaufsuniversum, das nicht nur funktional, sondern auch optisch zum Verkaufskonzept passen sollte.
■ Maximal 2,5 m Breite eines Verkaufsfahrzeugs sind möglich, wenn in schmalen Straßen rangiert werden muss.

Wochenmärkte: Gegenkultur mit Alltagswürze

Berlin hat über 100 Wochenmärkte. Rund ein Viertel verwalten die Bezirksämter. Und der Rest? Wird von einer Handvoll Unternehmern entwickelt. Nikolaus Fink ist einer von ihnen.

Die Fragen stellte Helge Von Giese

Herr Fink, wie entwickelt man einen erfolgreichen Wochenmarkt?
Das Profil eines Marktes ist wichtig und dass man mit dem Händlermix genau die Zielgruppe erreicht. Als Marktplaner wissen wir genau, welche Art Stände wir benötigen. Wenn ich mich für einen neuen Standort interessiere, schaue ich mir die Gegend genau an, denn manchmal ist die Affinität der Kunden nicht da oder es ist nicht genügend Kaufkraft vorhanden. Dann bekommt man Regionalität nicht platziert, weil solche Waren teurer sind als die billige Handelsware.

Regional muss also das Angebot sein? Nicht einmal Bio?
Das kommt ganz darauf an. Die Erfahrungswerte für unseren Wochenmarkt in Rudow zeigen: Qualität kauft der Rudower gerne, Regionalität erst recht. Die Bionachfrage entwickelt sich hier aber vergleichsweise langsamer. In der Innenstadtlage wird dann wieder mehr Bio nachgefragt. Mit Regionalität ist es so eine Sache. Da ist viel verwässert, weil der Begriff nicht geschützt ist. Mit der Zeit findet der Kunde das heraus, denn er ist kritisch. Er geht ins Gespräch, diskutiert, will auch mal ein Foto vom Herstellungsbetrieb sehen. Am Ende steht dann Vertrauen, das mit der Zeit immer weiter wächst.

 Nikolaus Fink
Nikolaus Fink ist Inhaber des Unternehmens diemarktplaner in Berlin. (c) Christian Kielmann

Sie haben zwölf Märkte, hauptsächlich in Neukölln, entwickelt. Neuerdings orientieren Sie sich mehr in Richtung Westen. Ist dort mehr Potenzial?
Es gibt einen Run auf die Innenstadt: Je urbaner, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass ein Markt funktioniert. In der Peripherie gibt es einzelne, interessante Standorte, aber in der Regel gibt es dort über das Jahr zu wenig Kundschaft. In Neukölln haben wir ein Nord-Süd-Gefälle. Im Norden könnten wir deutlich mehr Händler platzieren. Aber es gibt auch am Rand Berlins Top-Plätze und schlechte Märkte in der Innenstadt: Der John F. Kennedy-Platz ist in 20 Jahren von über 100 Ständen auf eine Handvoll Stände geschrumpft.

Einige der Top-Märkte in Stadtteilen wie Charlottenburg und Schöneberg, die von der Stadt verwaltet werden, sind sehr lukrativ, viele aber auch nicht. So können die Bezirke eine Mischkalkulation fahren. Die schlechten Standorte werden so besser erhalten.

Müssen Sie sich um die Händler bemühen oder bewerben sich die Händler bei Ihnen?
Es gibt immer weniger Händler und die Konkurrenz der Bestandsmärkte um die Händlerschaft wird immer größer. Sobald jemand Neues auf unserem Markt auftaucht, stehen andere Betreiber parat, um die Händler für sich zu gewinnen. Wir selbst haben neben Top-Standorten auch schwierige Märkte. Für dort suchen wir Händler proaktiv und gewähren auch mal einen Startrabatt. Andererseits ist die Auswahlmöglichkeit für Händler, auf wirklich gute Standorte zu kommen, schwer. Auf unserer Homepage haben wir ein PDF, mit dem man sich bewerben kann. Oft wählen wir nach mit gereichten Standfotos aus.

Was kostet ein Meter Standgebühr?
Das ist standortabhängig und richtet sich nach dem Umsatzpotenzial. Auf dem Südstern zum Beispiel ist die Nachfrage größer als der zur Verfügung stehende Platz. Dort sind wir jetzt bei 9 Euro für den Meter. Eine drei Meter lange Marktbude, die man ausleihen kann und oft für den Händler eine gute Lösung ist, kostet 12,50 Euro am Tag.

Übrigens: Saisonhändler, die nur für wenige Monate kommen wollen, nehmen wir nur in Ausnahmefällen auf. Da baue ich eine Schutzwirkung für meine treuen Ganzjahreshändler auf, die auch im Frühjahr mit ihren Saisonartikeln wie alle anderen gutes Geld verdienen sollen.

Sie kommen aus Köln, haben in Baden-Württemberg Landwirtschaft gelernt, in Berlin Landschaftsplanung studiert und entwickeln seit 2002 Märkte. Können Sie einen Vergleich ziehen?
Der Riehler Markt in Köln hat 60 bis 70 Prozent regionale Händler. Solche Größenordnungen an Regionalität bekommt man in Berlin nicht hin. Bis zur Wende war Berlin eingeschlossen. Die Brandenburger Landwirtschaft ist durch die DDR-Zeit geprägt von großen Feldern. In den letzten 30 Jahren haben sich auch kleinere Betriebe gebildet. Das ist ein zwar wachsender, aber verschwindend geringer Teil. Die Arbeit für regionale Direktvermarkter ist extrem hart – liegt sicher auch an den geringen Bodenqualitäten.

In anderen Regionen haben die Kunden einen traditionell viel größeren Bezug zum regionalen Händler. Deren natürlich gewachsene Stadt-Umland-Beziehung wird Berlin in dieser Ausprägung nicht mehr aufholen.

Das klingt ein bisschen desillusioniert. Was motiviert Sie?
Ich nenne es „das Berlinphänomen“. Vor gut 20 Jahren hatte Berlin ein echtes Qualitätsproblem. Ich empfand es damals vom Bodensee kommend als kulinarische Wüste. Mittlerweile sind Kulinarik, Regionalität und der Sinn für Qualitätsprodukte auf dem Vormarsch. Aber Berlin ist auch stressig, schnell, ungerecht. Der Wochenmarkt ist für mich eine Gegenkultur mit Alltagswürze. Wenn man frühmorgens aufbaut und Berlin noch schläft, hat man seine Freiheit – fast wie auf dem Land. Der Strom fällt aus, der Wind fegt über den Platz – dann hilft man sich. Das schweißt zusammen. Wenn der Kunde auf den Markt kommt, spürt er diesen Zusammenhalt, den besonderen Spirit. Das bekommt er nirgendwo sonst, schon gar nicht im Supermarkt. Meine Motivation ist: Gemeinsam mit den Händlern viele glückliche Kunden einkaufen zu sehen, dann verspürt man selbst ein tiefes Zufriedenheitsgefühl.

Landschaftspflege mit der Siloraupe

Wenn es um die Auslastung der teuren Technik geht, erweisen sich Lohnunternehmer oft als ideenreich. Ein Thüringer beispielsweise fand für seine Fahrsilo-Technik zusätzliche Betätigungsfelder bei der Flächenvorbereitung für Bauvorhaben und bei der zügigen und dennoch bodenschonenden Beräumung von Schadflächen im Forst.

Von Wolfgang Rudolph, Bad Lausick


Dank seiner natürlichen Reize bezeichnen Thüringer Werbestrategen das Land gern als „Grünes Herz Deutschlands“. Tatsächlich gibt es nur wenige Bundesländer mit einem höheren Waldanteil. Mehr als ein Drittel seiner Fläche ist mit Wald bedeckt, rund 550.000 ha. Landschaftsprägend sind aber ebenso die Ackerschläge und Grünlandflächen der Agrarbetriebe.

In beiden Bereichen, in der Land- und auch der Forstwirtschaft, ist Matthias Tasch, Geschäftsführer der S.W.A.T. GmbH & Co. KG mit Sitz im Ortsteil Struth der Thüringer Gemeinde Rodeberg, mit seinen Dienstleistungen vertreten. Verbindendes Element sind die für den Einsatz außerhalb von Schnee und Kälte umgerüsteten Pistenraupen LH 500 und Leitwolf des Südtiroler Herstellers Prinoth.

Auftraggeber suchten Komplettanbieter

„Angeschafft habe ich die Raupenfahrzeuge 2016, um mein Angebot zur Futterbereitstellung zu komplettieren“, berichtet der 41-Jährige. Dies beschränkte sich bis zu jenem Zeitpunkt auf das Häckseln von Gras, Mais und Grünroggen sowie die Abfuhr der Feldfrüchte vom Häcksler mit drei Silage-Überladewagen SUW 5000 von Hawe, die das Erntegut am Feldrand mit einer Förderleistung von bis zu 11m3/min für den Straßentransport zum Silo auf betriebseigene Sattelschlepper verladen.
Für die Futterernte nutzt das Unternehmen zwei Feldhäcksler 8700 von John Deere. Sie sind zur Bestimmung der Ertragsmengen und des Trockensubstanzanteils im Auswurfschacht mit NIR-Sensoren bestückt.

Einige Leiter von Milchviehbetrieben sowie der Biogasanlage Menteroda im Freistaat mit einem Substratinput von jährlich 65.000 t Biomasse beabsichtigten, neben der Ernte und Anlieferung auch die Anlage der Silomieten an Dienstleister zu vergeben. Tasch unterbreitete ein Angebot, bei dem Pistenraupen die anfallenden Arbeiten im Fahrsilo übernehmen.

Unter der Bezeichnung Prinoth Agripower wirbt der Hersteller bereits seit einiger Zeit für den Einsatz seiner leistungsstarken Fahrzeuge in den Bereichen Agrar, Forst und Landschaftspflege. Dazu werden die eigentlich nur für den Winterbetrieb an Steilhängen konzipierten Raupen in Telfs (Österreich) für den ganzjährigen Einsatz umgerüstet. So wird das Kühlsystem vergrößert, die Kabine erhält eine Klimaanlage und zur besseren Ausbalancierung auf weniger steilen und ebenen Flächen wird ein Heckgewicht montiert.

Für den Anbau von Geräten erhält die Siloraupe eine entsprechende Aufnahme und eine hydraulisch angetriebene Zapfwelle. Außerdem erfolgen Veränderungen am Rahmen und etwas schmalere Gleisbänder werden aufgezogen, damit die Siloraupen beim Transport auf öffentlichen Straßen mittels Tieflader nicht die zulässige Breite von 3 m überschreitet. Trotz der schmaleren, sogenannten Sommerbänder verteilt sich das Gewicht des Fahrzeuges von 8 t immer noch auf über 9 m² Raupenfläche.

„Beim Siloaufbau sind die wenigen und kippsicheren Siloraupen schon deshalb einfach unschlagbar, da sie in einem Arbeitsschritt das Schieben und gleichzeitig das Verdichten erledigen“, schwärmt Tasch.

Zudem entstehe durch die hydraulische Vibrationsfunktion des Fahrwerks ein zusätzlicher Verdichtungseffekt. Für das Komplettangebot zur Futter- und Substrataufbereitung stehen der S.W.A.T. GmbH mittlerweile sieben Prinoth-Raupen zur Verfügung.

Nachfrage im Forstnach Sturm Friederike

Doch die Sache hat einen Haken: Selbst durch intensive Akquise lässt sich ein Einsatz der immerhin rund 180.000 Euro teuren Siloraupen als Silagespezialisten nicht ganzjährig, sondern nur im Sommerhalbjahr gewährleisten. Hier sah Tasch Handlungsbedarf. Die Nutzung des hydraulischen Antriebs zum Aufrühren der Gärprodukte brachte schon mal einige Auslastungsstunden mehr. Dies lohnt sich aber nur, wenn die Maschinen ohnehin auf dem Gelände der Biogasanlage für den Siloaufbau stationiert sind. Ein echter Zweitjob für die 450 PS starken Kraftprotze war das nicht.

Aber liegt die Stärke der Raupen nicht eigentlich im Gelände? Im waldreichen Thüringen bot sich da der Forst als weiteres Betätigungsfeld an. Um den Markt zu sondieren, lieh sich der Firmenchef eine hydraulisch angetriebene Mulchfräse vom Forstmaschinenhersteller AHWI, der seit 2016 zur Prinoth-Gruppe gehört. Tasch spekulierte darauf, mit der Kombination aus Raupe und Fräse preislich zwischen den Forstmulchraupen und Radtraktoren mit Mulchgerät zu liegen und so eine Angebotslücke zu füllen.

Präsentationen vor Waldbesitzern fanden aber zunächst nur geringe Resonanz. Doch dann kam Friederike. Das verheerende Sturmtief entwurzelte und knickte im Januar 2018 Tausende Bäume. Mehr als 330.000 fm Schadholz lagen allein in Thüringen am Boden.
Nach Beräumung der Bruchflächen war Wiederaufforstung angesagt. Hierfür gab es vom Land eine Förderung.

Steilhänge für Raupenfahrzeug keine Hürde

Jetzt stieg die Nachfrage und die Siloraupe konnte ihre Stärken bei der Vorbereitung der Sturmflächen für die Wiederaufforstung anschaulich zur Geltung bringen. Außerdem wurde sie bei der Beseitigung von Stubben in den Rückegassen, zunächst für die zügige Abfuhr des Schadholzes und später die Anlieferung von Pflanzgut und Gerätschaften eingesetzt.

Die Vorteile der Prinoth-Raupe bei Waldarbeiten liegen nach Aussage von Tasch in der sehr kraftvollen Fräswalze. Sie entfernt nicht nur aggressiv die Vegetation, sondern mischt die zerkleinerte Biomasse zum Teil in den Boden ein, zum Teil bleibt diese gleichmäßig verteilt auf der Oberfläche liegen. So ist der Boden vor Austrocknung und Erosion geschützt und der Zersetzungsprozess befördert die Humusbildung.

Steilhänge sind für die Siloraupe im Gegensatz zu Radtraktoren keine Hürde. „Hanglagen bis zu 45 Grad Steigung schaffe ich ohne Winde und Stahlseil“, versichert der Firmenchef. Eine Arbeitserleichterung sei dabei die geräumige und rundum verglaste Kabine mit Mittelsitz.

In den Monaten nach dem Sturmereignis habe er mit seiner Technik 80 ha Bruchfläche in Thüringen und im benachbarten Hessen für die Wiederaufforstung vorbereitet und zahlreiche Rückegassen befahrbar gemacht.

Einsatz gegen invasiven Riesenbärenklau

Darüber hinaus sorgte der Thüringer Lohnunternehmer mit einer Landschaftspflegemaßnahme der besonderen Art für Schlagzeilen in der Lokalpresse. Gemeindevertreter und Naturschutzbehörde baten ihn um Hilfe bei der Bekämpfung des Riesenbärenklaus. Die invasive und sehr giftige Staude bedrohte an einem Uferabschnitt der Unstrut das Ökosystem. Mit Raupe und Mulchfräse gelang es Tasch, das Problem bei der sprichwörtlichen Wurzel zu packen, ohne die Stabilität des Uferbereichs zu beeinträchtigen.

Festen Kundenkreis etabliert

Inzwischen gibt es für die Mulcharbeiten im Forst sowie neuerdings zur Beräumung von devastierten Flächen einen festen Kundenkreis. „Auch in diesem Winter hatte ich einiges zu tun“, sagt Tasch. Demnächst sei er im Auftrag des ThüringenForst auf einem sturmgeschädigten 1,6 ha großen Steilhang im Einsatz. Versuche, die Mulcharbeiten auf dieser Fläche mit einem Traktor bzw. einem Raupenbagger durchzuführen, waren zuvor fehlgeschlagen. Im nahegelegen Großengottern schafft der Lohnunternehmer auf einem mit Büschen und jungen Bäumen bewachsenen Areal Baufreiheit für einen Handelskonzern.

Je nach geforderter Intensität des Mulchens benötige ich acht bis zehn Stunden pro Hektar. Wer will, bekommt ein Blumenbeet“, informiert der Firmenchef. Pro Stunde berechne er inklusive Dieselverbrauch 280 Euro. Hinzu komme eine Pauschale für die An- und Abfahrt von 500 Euro.

Der Lohnunternehmer sieht durchaus noch weitere Einsatzmöglichkeiten. Er denke da beispielsweise ans Schneeräumen oder an das Schieben von Sand und Kies beim Versiegeln von Deponien.

Klappern gehört für ihn daher weiterhin zum Handwerk. Das Unternehmen S.W.A.T. betreibt dafür sogar einen Fanartikel-Shop als Teil der Webpräsenz. Auf allen dort zu erwerbenden Basecaps, Shirts und Tassen prangt das Firmen-Logo – der stilisierte Kopf einer Wildsau in Kombination mit dem Schriftzug S.W.A.T. Die Buchstaben stehen nach Aussage des Firmenchefs für die Begriffe Schieben, Walzen, Agrar und Transport. Das hat einen gewissen Hintersinn, wenn man weiß, dass dieses Akronym im englischen Sprachraum taktische Spezialeinheiten der Polizei bezeichnet, vergleichbar dem deutschen Spezialeinsatzkommando (SEK). „S.W.A.T.“ ist auch der Titel einer eine US-amerikanischen Action-Krimiserie.

Und wofür steht die Wildsau? „Das ist ein Spitzname von mir, der wohl auf meinen ausgeglichenen und zurückhaltenden Fahrstil anspielt“, so Tasch mit einem nicht zu überhörenden ironischen Unterton.

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Pferdefütterung im Offenstall: Jedem Pferd seine Ration

Das Füttern im Offenstall stellt Pferdehalter vor die Herausforderung, dem individuellen Bedarf jedes Einzeltieres gerecht zu werden.

Von Sven und Peggy Morell, Pferdefach-Journalisten

Das Halten von Pferden in Offenställen liegt zu Recht im Trend, bietet es den Tieren doch genau das, was sie brauchen: reichlich Bewegungsmöglichkeiten, frische Luft und den Kontakt zu Artgenossen.
Es ist aber nicht immer einfach, die unterschiedlichen Fütterungsansprüche aller Pferde unter einen Hut zu bekommen. Diese können nämlich sehr stark variieren – je nach Größe, Rasse, Alter oder Futterverwertung.

Leben ungleiche „Fütterungstypen“ gemeinsam in einem Offenstall, bringt das den Halter bzw. Stallbesitzer bei der Futterbemessung in eine Zwickmühle. Denn sowohl Unter- als auch Überversorgung sind der Tiergesundheit nicht zuträglich. Es gibt aber Möglichkeiten, Pferde auch im Offenstall nach ihren individuellen Bedürfnissen zu füttern.

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Hoher Zeitaufwand

Eine Methode ist das Separieren der Pferde „von Hand“. Dazu werden die unterschiedlichen Futtertypen voneinander getrennt und erhalten entsprechend ihre Portion. Das Einsperren aller Pferde in den Fressstand, bis alle Tiere aufgefressen haben, ist als Methode nicht empfehlenswert, weil dann die Pferde zwei- bis dreimal täglich über Stunden in den Fressständern ausharren müssten.

Andere Option: Pferde mit hohem Futterbedarf werden zeitweise von den anderen räumlich separiert und erhalten eine Extraportion in einem abgetrennten Bereich oder in Einzelboxen.

Beide Varianten bedeuten einen hohen Zeitaufwand, da die Tiere jedes Mal zum Füttern getrennt und danach wieder zusammengelassen werden müssen. Das mag bei kleinen Haltungen noch machbar sein, lässt sich in großen Betrieben aber oft kaum in den Arbeitsablauf integrieren. Eventuell könnten die Pferde je nach Futterbedarf in unterschiedliche Gruppen aufteilen werden, doch nicht jeder Stall kann mehrere Offenställe anbieten.

Hilfe durch Computer

Um Pferde mit unterschiedlichem Futterbedarf im Offenstall individuell zu füttern, gibt es mittlerweile diverse technische Hilfsmittel. Bei der Computerfütterung wird grundsätzlich unterschieden zwischen Abruffütterung und zeitgesteuerter Fütterung.

Bei der Abruffütterung wird das Pferd mittels eines Transponders – eingeflochten in die Mähne oder am Halfter bzw. Halsring befestigt – erkannt und bekommt seine festgelegte Ration zugeteilt. Je nach Modell können Raufutter und/oder verschiedene Kraft- und Mineralfutter ausgegeben werden. Um eine ungestörte Futteraufnahme sicherzustellen, sollte der Zugang für andere Herdenmitglieder erst möglich sein, wenn die Station wieder frei ist. Ist das Verlassen nur in eine Richtung möglich, kann durch geschickt angelegte Laufgänge („Einbahnstraßen“) ein zusätzlicher Bewegungsanreiz für die Tiere geschaffen werden. Ein zentraler Fütterungscomputer steuert alle Futterautomaten eines Betriebes, je nach Modell ist auch eine Bedienung aus der Ferne möglich.

Als Nachteil dieser Abrufstationen im Offenstall wird oft genannt, dass die Pferde einzeln und nicht gemeinsam mit ihren Artgenossen fressen, was für die Herdentiere aber sehr wichtig ist. Es gibt daher Empfehlungen, Stroh nach Belieben für die gesamte Herde in Raufen bereitzustellen. Allerdings gilt es hier, die Pferde genau zu beobachten: Insbesondere Pferde, die aufgrund eines niedrigen Futterbedarfs eher knappgehalten werden, verschlingen oft reichlich Stroh. Das kann zu gefährlichen Verstopfungskoliken führen.

Als Obergrenze gilt ein halbes Kilogramm Stroh pro 100 kg Körpergewicht täglich. Steht Stroh zur freien Verfügung, ist das aber kaum überprüfbar.

Tierverhaltensforscherin Dr. Margit Zeitler-Feicht vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technische Universität (TU) München beobachtete in einer Studie, dass je Pferd und Tag doppelt so viele Drohgesten und Verdrängungen bei Abrufstationen im Vergleich zu Fressständern stattfanden. Um diese Problematik abzumildern, empfiehlt sie u. a. einen Schutz über die ganze Körperlänge, Trennwände mit Sichtkontakt, Durchlaufstationen mit Eingangssperre sowie Ausgang mit Rücklaufsperre, Trennung von Kraftfutter- und Heu-Automaten sowie maximal zehn Rationen je Tier und Tag.

Offenstall: Fütterung nach Zeit

Die zeitgesteuerte Fütterung funktioniert ohne Transponder. Hier wird das Raufutter nur zu bestimmten Zeiten für eine festgelegte Zeit freigegeben. So gibt es z. B. Heuraufen, die mit einer Art „Rollladen“ verschlossen sind, der sich nach vorgegebenen Zeiten öffnet und wieder schließt. Bei anderen Modellen werden die Einzelportionen in Fächern gelagert und fallen zu einer gewissen Zeit herunter, sodass die Pferde herankommen. Laut Hersteller ist hier auch das Vorlegen von Kraft-, Mineral- und Saftfutter möglich.

Großer Vorteil der zeitgesteuerten Systeme zur Pferdefütterung im Offenstall ist das gemeinsame Fressen der Tiere. Allerdings: Verpasst ein Pferd eine Mahlzeit, etwa weil es geritten wird, fehlt ihm diese Ration.

Der Wissenschaftlerin Zeitler-Feicht zufolge zeichnen sich Probleme bei den Individualdistanzen ab. Das bedeutet: Viele Pferde stellen sich zum Fressen nicht oder nur ungern direkt neben Artgenossen. Deshalb dürfe ein Futterdurchlass nicht mit einem Fressplatz gleichgesetzt werden. Ein Stallausrüster aus Schleswig-Holstein plant z. B. mit mindestens 30–40 Prozent mehr Fressplätzen als Pferde im Offenstall stehen. Weiteres Kriterium: Die Einzelmahlzeiten dürfen nicht zu kurz sein, Zeitler-Feicht empfiehlt „nicht unter 30 Minuten“.

Gemeinsames Fressen der Herdentiere muss trotz aller Technik dennoch auch möglich sein.
Gemeinsames Fressen der Herdentiere muss trotz aller Technik dennoch auch möglich sein. (c) Sven und Peggy Morel

Sowohl Abruffütterung als auch zeitgesteuerte Fütterung punkten durch die Möglichkeit, Pferden viele Mahlzeiten über den Tag verteilt anzubieten, was dem Verdauungssystem der „Dauerfresser“ sehr entgegenkommt. Die Fütterung „von Hand“ dagegen ist meist auf zwei bis drei Mahlzeiten täglich ausgelegt, wodurch oft lange Fresspausen entstehen, die wiederum zu Magengeschwüren und Koliken führen können.

Ein Nachteil der zeitgesteuerten Fütterung: Alle Pferde fressen immer gleich lang, auf Unterschiede im Futterbedarf kann nicht eingegangen werden. Hinzu kommt, dass die besonders gierigen – und somit oft auch pummeligen Pferde – ihr Futter herunterschlingen und somit in der gleichen Zeit meist deutlich mehr Heu fressen als genügsamere Herdenmitglieder.

Pferdefütterung im Offenstall: Zutritt für Ausgewählte

Hier gibt es die Möglichkeit, den Pferden mit besonders hohem Raufutterbedarf mittels Selektionstor (gesteuert über einen Transponder) Zugang zu einem abgetrennten „Heuraum“ zu gewähren, in dem Raufutter zur freien Verfügung steht. Für nicht berechtigte Pferde bleibt dieser Bereich verschlossen.

Auch das Betreten der Weide kann so geregelt werden, was z. B. bei Hufrehe gefährdeten Pferden von Vorteil ist. Aber Vorsicht: Es darf kein Pferd allein zurückbleiben, Sichtkontakt sollte immer möglich sein. Doch selbst dann reagieren manche Pferde beinahe panisch, wenn sie nicht mit auf die Weide dürfen. Es ist wichtig, dass der Stallbetreiber hier genau hinschaut, ob durch die Selektion einzelner Tiere nicht zu viel Stress in der Herde entsteht.

Werden mehrere computergestützte Systeme miteinander gekoppelt, können Schwachstellen der einzelnen Anlagen kompensiert werden. Beispiele sind die Kombination zeitgesteuerter Heudosierer mit transpondergesteuerter Kraftfutterstation für alle Pferde sowie einem transpondergesteuerten Heudosierer für schwerfuttrige Pferde. So können die Pferde gemeinsam miteinander die Grundmenge an Heu aufnehmen, ihre individuelle Kraftfutterration erhalten und Tiere mit Mehrbedarf eine Extraportion Heu abholen.

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Direktvermarktung: Die Marge selbst erwirtschaften

Der Umbruch der Landwirtschaft ist nicht mehr aufzuhalten. Wo in vielen Bereichen die Preise wegbrechen, so sind andere vom Umdenken der Verbraucher betroffen. Der Wandel geschieht unaufhaltsam. Die Direktvermarktung könnte für so manchen landwirtschaftlichen Betrieb ein zusätzliches Standbein werden.

Es kommentiert Klaus Meyer

Nach Jahren schlechter Erzeugerpreise und mauer Ernten hat die Landwirtschaft zusätzlich mit der Coronakrise zu kämpfen – etwa durch den Wegfall des Absatzmarktes Gastronomie oder die Folgen des sogenannten Schweinestaus. Nicht zu vergessen sind die Folgekosten höherer Hygieneauflagen.

Die seit Kurzem ungeahnte Höhen erklimmenden Preise für Getreide- und Ölsaaten sind ein Lichtblick für viele Marktfruchtbetriebe. Auf der anderen Seite werden wahrscheinlich die Gewinne vieler Milchvieh- und Veredlungsbetriebe aufgrund überproportional steigender Futter- und Betriebsmittelpreise drastisch einbrechen.

Qualität vor Quantität

Redakteur Klaus Meyer
Klaus Meyer – Redakteur der Bauernzeitung für Betriebsführung und Ausbildung

Gleichzeitig steht der Nutztierhaltung ein gravierender Umbruch bevor. Bisher hieß es „Wachsen oder Weichen“. Der Strukturwandel wird sicher weitergehen, aber die Zeiten des Größenwachstums sind für viele Betriebe vorüber.

Verbraucher essen weniger Fleisch und wünschen sich eine tierfreundlichere Landwirtschaft. Deshalb wird in Zukunft Qualität vor Quantität stehen, vor allem in der Tierhaltung. Der Mengenumsatz wird zurückgehen. Daher muss der Gewinn je Einheit gesteigert werden.

Die aktive Vermarktung spielt dabei eine wichtige Rolle, hat bisher jedoch eine viel zu geringe Bedeutung. Der Berufsstand demonstriert für faire Preise und Anerkennung. Doch wer diktiert größtenteils die Preise?

In der Landwirtschaft steht bei Massenprodukten wie Körnerfrüchten und Fleisch einer großen Zahl von Anbietern eine geringe Zahl von Nachfragern gegenüber – in der Wirtschaftslehre Nachfrageoligopol genannt. Bei Zuckerrüben und Milch zum Beispiel liefert man erst das Produkt ab und bekommt hinterher den Preis von der Zuckerfabrik oder der Molkerei mitgeteilt.

Viel besser sieht es bei Getreide oder Fleisch auch nicht aus. Man hat zwar eine größere Auswahl bei der abnehmenden Hand, doch so groß unterscheiden sich die Preise zwischen den Händlern nicht. Die folgenden Zwischenstufen (Händler, Verarbeiter) befinden sich in einer ähnlichen Position gegenüber den paar dominanten Größen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH). Auf dem Weg vom Produzenten zum Verbraucher benötigen alle Beteiligten ihre Marge, um zu überleben, und den Kürzeren ziehen dabei die Landwirte.

Der Weg in die direktvermarktung

Die Kooperation wäre ein Weg, etwas mehr vom Kuchen abzubekommen. Mehrere Landwirte könnten gemeinsam mit einer regionalen Mühle ihr Getreide als heimisches Markenmehl verkaufen. Warum nicht als Direktvermarkter die Marge selbst erwirtschaften, die gewöhnlich Viehhandel, Schlachtunternehmen oder LEH einnehmen?

Lebensmittel aus der Region mit nachvollziehbarer Herkunft und Frische sind für viele Menschen ein wichtiger Grund, direkt beim Bauern einzukaufen. Der Anteil der Direktvermarktung von Lebensmitteln am Gesamtumsatz bewegt sich noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Potenzial wäre also gegeben. Natürlich kann und soll nicht jeder Landwirt zum Direktvermarkter werden. Persönlich muss einem der Verkauf liegen, und die Infrastruktur muss passen, denn wie bei Immobilien zählen hier: Lage, Lage, Lage – außer der Verkauf erfolgt online.

Die hofeigene Verarbeitung und der direkte Absatz können für so manchen landwirtschaftlichen Betrieb ein zusätzliches Standbein werden. Gleichzeitig macht diese betriebliche Diversifizierung unabhängiger von den stark schwankenden Märkten.

Thüringen: Flächenprämie im Wald

Mit 15 Millionen Euro zusätzlich unterstützt der Freistaat in diesem Jahr Waldbesitzer. Damit will er ihre Ökosystemleistung vergüten. Der Landtag erachtet es als notwendig, diese Unterstützung zu verstetigen.

Von Frank Hartmann

Bis Ende Mitte April mussten sich die Privat- und Kommunalbesitzer im Land in Geduld üben. Zwar hat das Agrarministerium bereits erhebliche Fördermittel zur Bewältigung der Waldkrise, die Trockenheit und Borkenkäfer seit 2018 verursachten, bereitgestellt. Aber anders als der ThüringenForst, der laut Landtagsbeschluss vom November vorigen Jahres bis 2036 mehr als 200 Mio. Euro zusätzliche Mittel erhalten wird, warteten die Waldbesitzer auf die im Sommer 2019 mit dem „Aktionsplan Wald 2030ff“ versprochenen langfristigen Hilfen.

auf einfacher grundlage hergeleitet

Dafür hatte der Landtag auf Initiative der CDU-Fraktion für das laufende Haushaltsjahr 15 Mio. Euro eingestellt. Nachdem sich der Agrarausschuss fraktionsübergreifend einigen konnte, stimmten, bei Enthaltung der Abgeordneten der AfD-Fraktion, Donnerstag der Vorwoche alle anderen Abgeordneten für einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion.

Mit dem Beschluss wird die Landesregierung aufgefordert, unverzüglich die Regularien zum Ausreichen der Mittel zu schaffen. In der Beschlussempfehlung des Ausschusses heißt es, der „Landtag favorisiert dabei den Weg einer auf einfachen Grundlagen hergeleiteten Flächenprämie, um möglichst viele daran partizipieren zu lassen und den Haushaltsansatz im Jahr 2021 ausschöpfen zu können“. Die Beihilfe solle primär zur Erhaltung und langfristigen Sicherung der Ökosystemleistungen des Waldes dienen.

Damit, meinte der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Malsch, soll der Einstieg in eine Flächenprämie für die kommunalen und privaten Waldbesitzer gelingen. Die CDU-Fraktion erwarte, dass die Bereitstellung der 15 Mio. Euro „keine Eintagsfliege sein wird“. Die Hilfen sollten nicht nur 2021 ausgezahlt, sondern müssen für die kommenden Jahre in den Landeshaushalt eingestellt werden. „Denn so viel ist klar: Die Schäden und die Herausforderungen sind so groß, dass wir sie in nur einem Jahr lange nicht werden aufarbeiten können“, so Malsch.

FSC- und PEFC-Zertifizierungen

Der Agrarausschuss forderte die Landesregierung darüber hinaus auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene „für eine an die Gemeinsame Agrarpolitik angelehnte Flächenprämie für alle Waldbesitzer einzusetzen, um deren Anstrengungen im Hinblick auf die Klimafunktion des Waldes angemessen zu vergüten“.

In der Landtagsdebatte sprach die Grünen-Abgeordnete Babett Pfefferlein von einer „Entlohnung der Gemeinwohlleistung“. Kriterien zum Ausreichen der Thüringer Wald-Flächenprämie für das Jahr 2021 könnten etwa die FSC- bzw. PEFC-Zertifizierung sein. Für die SPD sprach sich deren fachpolitischer Sprecher, Lutz Liebscher, dafür aus, den Waldbesitzern dauerhaft eine Leistung zu gewähren, statt immerfort Projektfördermittel auszureichen. Er erinnerte daran, dass Waldwirtschaft, gerade im Nebenerwerb, keine Liebhaberei sei. Wer jetzt Bäume pflanze, könne frühestens in 70 Jahren Geld damit verdienen.



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Agrarstaatssekretär Torsten Weil meinte nicht ohne Stolz, dass Thüringen als erstes und bisher einziges Bundesland den Weg einer Flächenprämie gehe, um Ökosystemleistungen von Wäldern monetär abzugelten. Offen sei noch, so der Linken-Politiker, wie man das verstetigen könne.

Anträge können gestellt werden

Laut Agrarministerium sollen mit dem Zuschuss insbesondere Waldbestände mit einem hohen Laubbaumanteil honoriert werden. Alle aktiv wirtschaftenden privaten und kommunalen Forstbetriebe, deren in Thüringen liegende Waldflächen bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau gemeldet sind, könnten einen Antrag stellen. Das Inkrafttreten der Förderrichtlinie ist für Ende Mai geplant.

Den Landesstatistikern zufolge wurden im Vorjahr 5,1 Mio. m³ Holz eingeschlagen, gegenüber dem Jahr 2019 ein Plus von 38 Prozent. Dies war zugleich der höchste Holzeinschlag in Thüringen seit dem Jahr 2007 (Orkan Kyrill). 85 Prozent des gesamten Holzeinschlages resultierten aus der Bergung von Schadholz.

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Bauernverband Anhalt: „Lassen Sie uns nicht im Stich!“

Bessere regionale Erträge, rückläufige Preise und schwere Zeiten für Schweinehalter: Der Bauernverband Anhalt hat seinen Bauerntag situationsbedingt in digitaler Form abgehalten.

Thomas Külz (c) Heiko Rebsch
Thomas Külz (c) Heiko Rebsch

Der Bauernverband (BV) Anhalt hat am vorigen Mittwoch als erster Kreisverein hierzulande seinen Bauerntag im digitalen Format abgehalten. Vorsitzender Thomas Külz konnte dazu rund 50 Mitglieder und Gäste begrüßen. Im Rückblick auf das Vorjahr sprach er von etwas besseren regionalen Erträgen als in den Dürrejahren 2018/2019 mit lokal aber starken Schwankungen.

Die Schweinehalter seien durch Corona, Afrikanische Schweinepest und katastrophale Preise gebeutelt worden, einige hätten die Produktion aufgegeben. Ebenfalls gelitten hätten die Milchviehbetriebe – unter der schwierigen Erlössituation sowie Futterknappheit und der Personalnot.

Bauernverband Anhalt: Stabile Mitgliederzahl

Külz beklagte, dass die Landwirte mittlerweile „für alles in Haftung genommen“ würden. Auflagen, Kosten, Dokumentationspflichten und Kontrollen stiegen stetig an, die Preise seien dagegen rückläufig. Die Praktiker seien zunehmend an den Schreibtisch gebunden. Dabei seien sie gut ausgebildet und wüssten, was sie tun.

Verbandsgeschäftsführer Mirko Bader verwies auf einen stabilen Stamm von über 180 Mitgliedern, darunter 100 Landwirtschaftsbetriebe und 16 sonstige Firmen.

Breiteren Raum in der Diskussion nahm das Thema Photovoltaikanlagen auf Agrarflächen ein, zu dem sich der BV-Landesvorstand im vorigen Herbst positionierte. Staatssekretär Ralf-Peter Weber zog in seinem kurzen Grußwort Bilanz zu fünf Jahren Regierungsverantwortung der Grünen für den Agrarbereich: „Ich denke, wir haben gute Lösungen für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum gefunden.“

Er dankte dem Bauernverband Anhalt für die „offene und kollegiale Zusammenarbeit“. Weber kandidiert am 6. Juni für das Oberbürgermeisteramt in Dessau-Roßlau.


Sachsen-Anhalt aktuell

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Appell an Politik: „Lassen Sie uns nicht im Stich!“

Marcus Rothbart, Hauptgeschäftsführer des BV Sachsen-Anhalt, skizzierte die enormen, vor allem wirtschaftlichen Herausforderungen für die Betriebe durch die künftige Gemeinsame Agrarpolitik. „Es ist schwierig, mit Sachargumenten zu punkten“, sagte er zur Verbandsarbeit diesbezüglich. Die Landespolitik mahnte er unter anderem, die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete auch für 2022 sicherzustellen. Erleichtert zeigte er sich, dass das Agrarstrukturgesetz für Sachsen-Anhalt in dieser Legislaturperiode vom Tisch ist.

Kreisvorsitzender Thomas Külz richtete angesichts der Herausforderungen, vor denen der Berufsstand in den nächsten Jahren steht, noch einen eindringlichen Appell an die Landespolitik: „Lassen Sie uns nicht im Stich!“

Impfstart für Landwirte

Dienstag dieser Woche (4. Mai) öffnete die thüringische Landesregierung Impfungen gegen Covid-19 für die dritthöchste Priorisierungsgruppe. Darunter fällt auch die Ernährungswirtschaft und mit ihr große Teile der Agrarbranche im Land. Auch in den anderen ostdeutschen Bundesländern läuft das Corona-Impfen für Landwirte an.

Von Frank Hartmann

Thüringen kommt beim Impfen gegen Corona voran. Gesundheitsministerin Heike Werner informierte Dienstag dieser Woche, dass nunmehr auch Personen der dritthöchsten Prioritätsgruppe einen Impftermin erhalten können. In dieser Woche sollten davon insgesamt 125.000 vergeben werden. Damit sind ab sofort alle über 60-Jährigen, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen und Mitarbeiter in „relevanten Positionen“ zahlreicher Berufsgruppen impfberechtigt. Zu den Berufsgruppen zählen beispielsweise Beschäftigte des Lebensmitteleinzelhandels, der Energieversorgung, der Wasserversorgung und der Ernährungswirtschaft.

Aufrechterhaltung des betriebs

Letzteres schließt landwirtschaftliche Betriebe samt Saisonarbeitskräften, die Futtermittelhersteller, Molkereien, Schlachtbetriebe, Mühlen, Mineralwasserbrunnen, Lebensmittelfirmen und -verarbeiter oder den Lebensmittelgroßhandel ein. Aber auch in der Tierkörperbeseitigung, in Tierarztpraxen und Tierkliniken Tätige sind nun impfberechtigt.

Relevante Positionen sind diejenigen, die für das Funktionieren des Unternehmens unabdingbar sind bzw. eine erhöhte Infektionsgefahr im Unternehmen besitzen (z. B. täglicher Kundenkontakt). Die Identifikation dieses Personenkreises kann nur von den Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen selbst vorgenommen werden.

Als Grundsatz gelte: Der Personenkreis ist auf diejenigen Personen zu beschränken, die für die Aufrechterhaltung des Betriebs unabdingbar notwendig sind. In der Regel ist bei dieser Beurteilung nicht die hierarchische Stellung der Person im Betrieb, sondern ihre Funktion von Relevanz.



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Sollte es ungeachtet dessen Zweifel an der Zugehörigkeit des landwirtschaftlichen Unternehmens zur kritischen Infrastruktur geben, empfahl der Thüringer Bauernverband (TBV) auf die Kritis-Leitlinien des Bundesagrarministeriums zu verweisen bzw. diese ergänzend vorzulegen. Für die Mitarbeiter sollte eine Bescheinigung über ihre Tätigkeit und deren besondere Relevanz für das Unternehmen ausgestellt werden.

Corona-Impfungen: priorisierung aufheben

Thüringen

Der TBV stellt auf seiner Homepage einen Vordruck zum Nachweis des Vorliegens erhöhter Priorität sowohl für Mitarbeiter als auch für Saisonarbeiter bereit. Landwirte im Haupterwerb können den Beitragsbescheid der Sozialversicherung als Beleg verwenden.

Gesundheitsministerin Werner gab als Ziel heraus, im Juni die Priorisierung für alle Impfstoffe im Freistaat aufheben zu können. Bis Ende Mai sollen 40 Prozent der Thüringer ihre Erstimpfung erhalten.

Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt ist die Priorisierungsgruppe 3 aktuell nur teilweise geöffnet. Branchen wie die Ernährungswirtschaft fallen noch nicht darunter. Ab dem 15. Mai sollen allerdings alle Impfberechtigten der Gruppe 3 eine Corona-Impfung erhalten können.

 

Sachsen

Sächsische Landwirte und in der Landwirtschaft Tätige können sich auf dem Serviceportal des Deutschen Roten Kreuzes bezüglich der Corona-Impfung informieren, registrieren und Termine vereinbaren:

Brandenburg

In Brandenburg sind erst Teile der berechtigten Personen der Priorisierungsgruppe 3 für eine Corona-Impfung freigegeben. Die Ernährungswirtschaft ist noch nicht darunter. Ungeachtet dessen hat Brandenburg die Immunisierung mit dem Impfstoff AstraZeneca für alle unter 60-Jährige freigegeben:

Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern öffnete bereits das Impfen für Menschen der Priorisierungsgruppe 3. Damit können im Nordosten Landwirte und Mitarbeiter landwirtschaftlicher Betriebe und Saisonarbeiter als Teil der Ernährungswirtschaft einen Impftermin vereinbaren:

Streifenbearbeitung: Versuch macht klug

In Thüringen wollen acht Betriebe wissen, ob und wie ihnen das Verfahren der Streifenbearbeitung Vorteile bringen kann. Jeder von ihnen bewirtschaftet so in den nächsten drei Jahren 100 Hektar Ackerland.

Von Frank Hartmann

Acht Thüringer Betriebe haben sich im vorigen Jahr aufgemacht, das Ackerbausystem der Streifenbearbeitung (Strip Till) in der Praxis kennenzulernen. Zwar gibt es in Deutschland einige Betriebe, die ihre Flächen seit Jahren konsequent per Strip-Till-Verfahren bewirtschaften. Weit verbreitet indes ist es nicht, stellt auch das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft in seiner jüngsten KTBL-Schrift 521 (Streifenbodenbearbeitung: Eine Bestandsaufnahme aus Forschung und Beratung) fest.

STRIP-TILL-KOOPERATION
Agrargenossenschaft Großrudestedt eG (Mittelthüringen): Toniger Lehm, geringer Steinbesatz, Ø 50 Bodenpunkte (BP), 120 m über NN, langjähriges Niederschlagsmittel (NS) liegt bei 450 mm;
Agrarunternehmen Pfersdorf eG (Süd): Lehmiger Ton auf Muschelkalkverwitterung mit mittleren Steingehalt, 25 BP, 400 m über NN, 680 mm (NS);
Rhönland eG Dermbach (Süd): Sandiger Lehm bis stark lehmiger Sand mit mittleren bis hohem Steinbesatz, 30 BP, 360–420 m über NN, 600 mm NS, erosionsgefährdete Flächen;
Pahren Agrar (Ost): vorwiegend Braunerde aus Schieferverwitterung als sandiger Lehm, 40 BP, 400 m über NN, 566 mm NS;
Landgenossenschaft Dittersdorf (Ost): Sandiger Lehm auf Basis Schieferverwitterung mit Steinbesatz bis 25 %, 32–38 BP; 425 m–473 m über NN; 630 mm NS;
Agrarproduktion Zorgeland GmbH Windehausen (Nord): Lehmige Aueböden mit 73 BP, 160 m über NN, 510 mm NS;
LZ „Hörseltal“eG, Mechterstädt (West): Sandige Lehme bis Tonboden, bis zu 25 % Steinbesatz, 36–54 BP, 270–380 m über NN, langjähriges Mittel 600 mm NS, letzte drei Jahre noch 480 mm NS;
Agrar GmbH Oldisleben (Nord): Riedboden und Schwarzerden, 85 BP, 130 m über NN, 490 mm NS.

Interesse aus meheren perspektiven

Die Thüringer schlossen sich in einem Strip-Till-Projekt zusammen, das von der Deutschland-Vertretung des polnischen Maschinenherstellers Mzuri initiiert wurde. Jeder Betrieb wird in den nächsten drei Jahren auf mehreren Schlägen jeweils 100 ha per Streifenbearbeitung bewirtschaften.

Als einzige Bodenbearbeitung kommt das Striegeln und gegebenenfalls Mulchen infrage. Der Schlepper und die Saatmaschine, beides Leihgeräte, werden gestellt, was die Betriebe rund 80 €/ha kostet. Wolfgang Nürnberger, der die Fäden im Projekt zieht, und die Betriebe hoffen, dass ein Antrag im Rahmen der Innovationsförderung positiv beschieden wird, damit nicht nur die finanzielle, sondern auch die wissenschaftliche Begleitung gesichert werden kann. Bislang schoss das Thüringer Umweltministerium einmalig 60.000 Euro zu.

Zur Feldbegehung in der Pahren Agrar Kooperation, die seit Jahrzehnten mit Praxisversuchen ihre Neugier stillt, begründete René Kolbe ein Interesse an der Streifenbearbeitung gleich aus mehreren Erwägungen heraus: neue gesellschaftliche Erwartungen an die Lebensmittelproduktion, Klimawandel, Erosionsschutz und Arbeitswirtschaftlichkeit. Letzteres, um einerseits Arbeitsgänge zu vermeiden, was den Verkehr in Dörfern entlastet und die Akzeptanz in Zeiten von Arbeitsspitzen verbessert. Und anderseits, weil er nach Einsparungen bei den direkten Kosten sucht und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften bereits ein Problem darstellt. Ganz neu sei das Verfahren nicht für den Betrieb, der Anfang der 2000er-Jahre mit der Direktsaat experimentierte.

Streifenbearbeitung: Für zwischenfrüchte kein hindernis

Seit 1998 wird auf den rund 3.000 ha Ackerfläche, davon heute die Hälfte ökologisch, pfluglos gewirtschaftet. Frühjahrs- und/oder Vorsommertrockenheit sind eher die Regel als die Ausnahme. Zwischenfrüchte finden sich auf allen Flächen, wo es geht. Sommerkulturen machen gut 50 Prozent des Anbaus aus. Für die Streifenbearbeitung stellten die Zwischenfrüchte kein Hindernis dar. Und mit dem Striegeln habe man längst gute Erfahrungen gesammelt.

Diese kamen als einzige Maßnahme auf den Strip-Till-Flächen vor Winterraps (Vorfrucht: Wintergerste), Wintergerste (Erbsen) und Winterweizen (Raps) zum Einsatz. Vor Hafer (Mais) und Erbsen (Mais) wurde gemulcht. Die ersten Winterkulturen, so schätzt es Kolbe ein, machen einen vitalen Eindruck. Angst vor einem großen Unkrautdruck habe er nicht. Eine Antwort darauf seien nicht zuletzt die weiten Fruchtfolgen (15 Kulturen konventionell; 12 ökologisch).

Wie in Pahren gehört die Mulchsaat auf den 1.300 ha Ackerland der Agrargenossenschaft Großrudestedt bei Sömmerda schon lange zum Standard. Und wie bei den Ostthüringer Kollegen befördert dies die Feldmäuse. Wie Pflanzenbauleiterin Stefanie Lindner bei der Feldbegehung in Großrudestedt berichten musste, fiel eines der beiden Rapsfeldstücke des Strip-Till-Projektes den Mäusen zum Opfer. Dabei waren der Winterraps und auch die Wintergerste sehr gut aufgelaufen. Vergleichsschläge, die zeitgleich gedrillt worden waren, zeigten einen fast sieben Tage späteren Auflauf. Hier, so Lindners Vermutung, habe die Streifenbearbeitung samt der minimalen Bodenbearbeitung mit Striegeln bzw. dem Mulcher bereits Wirkung gezeigt.

Denn zum Zeitpunkt der Aussaat der Wintergerste am 23./24. September herrschte bereits wieder Trockenheit. Letzteres sei auch die Motivation für die Teilnahme an dem Projekt. Denn von der Streifenbearbeitung verspreche man sich gerade unter trockenen Bedingungen einen Vorteil. Lindner freut sich, dass der Betrieb im Rahmen des Projektes eine Maschine samt Verfahren ausführlich testen könne. Dies sei in der Regel so nicht möglich, im besten Fall gebe es eine Vorführung.

Glyphosat und umweltschutz

Im Herbst und im Frühjahr habe es jeweils eine Herbizidanwendung im Getreide gegeben. Unkräuter wie Trespe oder Ackerfuchsschwanz sind auf den vier Projektflächen kein Thema, weil man extra dafür Problemflächen ausgelassen hat.

Ob zur nächsten Aussaat Glyphosat auf der Rapsstoppel zur Anwendung kommt, vermag die Großrudestedter Pflanzenbauleiterin noch nicht zu sagen. Unter „normalen“ Umständen sollte das zweimalige Striegeln genügen. Am Ende würden die Witterung und der Auflauf des Ausfallrapses darüber entscheiden. Gleichwohl sieht Lindner das bevorstehende Glyphosatverbot in Einzelfällen durchaus problematisch, um das Strip-Till-System zur Gänze etablieren zu können. Gut 100 ha Luzerne baut der Betrieb an. Eine Nachfolgekultur ohne Glyphosat zu etablieren, könnte sich als schwierig erweisen.

Ihr Pahrener Kollege René Kolbe plädiert dafür, dass in Ackerbauverfahren wie Strip Till eine Ausnahme vom Anwendungsverbot auch nach 2023 Bestand haben muss. Ein ohnehin begrenzter Glyphosat-Einsatz, etwa auf der Stoppel oder im Zwischenfruchtanbau, sollte möglich sein, bis man derartige Verfahren beherrsche. Anderenfalls bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass andere Herbizide als Ausweg herangezogen werden könnten. Und das müsse dem Umweltschutz nicht unbedingt förderlich sein.

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