Von Wirtschaftsdünger und Klimaschutz

Um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu gestalten, ist das Schließen der Stoffkreisläufe essenziell. Besonders die Wirtschaftsdünger sollten in diesen Kreislauf intelligent eingebunden werden, um so zum Klimaschutz beizutragen.

Von Christoph Feyer

Das Potenzial ist enorm, liegt aber zu einem Großteil brach: Von den 1,5 Mio. t Gülle, die pro Jahr deutschlandweit anfallen, wird nur rund ein Drittel in Biogasanlagen genutzt. Noch schlechter sieht es bei den jährlich anfallenden 20 Mio. t Festmist aus. Was der energetisch genutzte Wirtschaftsdünger aber leistet, ist dennoch erstaunlich. Laut dem Deutschen Biomasse-Forschungsinstitut werden aus diesen kostenlosen Substraten jährlich schon jetzt über 4 Mrd. kWh Strom erzeugt. Das spart allein durch die Vermeidung der Methanemissionen jährlich über 2 Mio. t CO2 ein, hat das Hauptstadtbüro Bioenergie errechnet. Und würde man auch nur die Hälfte der noch insgesamt verfügbaren Güllemengen ebenfalls in Biogasanlagen nutzen, ließe sich diese Ersparnis sogar verdoppeln. Zu diesem Ergebnis kam das vom Umweltbundesamt beauftragte Forschungsprojekt „Aktuelle Entwicklung und Perspektiven der Biogas-Produktion aus Gülle und Bioabfall“.

Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft

Redakteur Christoph Feyer
Christoph Feyer, Chef vom Dienst

Warum das wichtig ist, zeigt ein Blick auf die Treibhausgasemissionen, die man der Landwirtschaft zuschreibt. Sie werden mit knapp 65 Mio. t CO2-Äquivalent beziffert, wovon rund 32 Mio. t auf Methan entfallen. Als Hauptquellen gelten die Wiederkäuerverdauung sowie die Lagerung von Gülle und Mist. Biogasanlagen, die diesen Wirtschaftsdünger vergären, fangen das sonst bei der Lagerung anfallende Methan auf und stellen damit einen effizienten Weg dar, landwirtschaftliche (und energetische) Treibhausgasemissionen spürbar zu reduzieren.

Nun zugegeben, ganz neu ist diese Erkenntnis nicht und auch die Bundesregierung hat den Ausbau der Güllevergärung als eine Maßnahme zur Erreichung der 2030er-Klimaziele im Landwirtschaftssektor vorgesehen. Im § 88b des EEG 2021 wurde daher auch per Verordnung eine Anschlussregelung für kleinere Biogasanlagen, die primär Gülle als Einsatzstoff nutzen, der Legislative ins Pflichtenheft geschrieben. Diese Anschlussregelung lässt aber noch immer auf sich warten, sodass die Bioenergieverbände mittlerweile Vorschläge veröffentlicht haben, die eine Anschlussregelung mit Sondervergütungsklassen für neue Güllekleinanlagen umfasst.

negatives image der biogasbranche

Aber nicht nur Anlagen mit einer Obergrenze von 150 kW installierter Leistung sollten ihre Klimaschutzbemühungen durch Güllenutzung honoriert bekommen. Vor allem in Ostdeutschland hat sich die Vergärung von Wirtschaftsdüngern, die mit nur wenigen nachwachsenden Rohstoffen als Substrat ergänzt werden, fest etabliert. In Thüringen beispielsweise setzen über 85 Prozent der Biogasanlagen fast nur Wirtschaftsdünger ein. In den Regionen mit deutlich überhöhtem Tierbesatz von > 2 GV/ha sieht es anders aus. Dort macht der Wirtschaftsdüngeranteil selten mehr aus als die 30 Prozent, die der Güllebonus erfordert. Die Folgen sind Probleme bei der Nährstoffverwertung, Flächenkonkurrenz, ein negatives Image der Biogasbranche und letztlich die entsprechenden politischen Reaktionen.

Wie es anders geht, zeigt das Beispiel aus unserer Titelreportage im südlichen Brandenburg. Dort erfuhren wir, wie nachhaltige Energieerzeugung dazu beiträgt, Stoffkreisläufe zu schließen und Nahrungsmittel mit viel Verantwortung für Mensch, Tier und Natur zu erzeugen. Allerdings funktioniert so etwas nur, wenn es auch noch Tierhaltung in der Region gibt. Die Verantwortlichen täten also gut daran, nicht nur das EEG 2021 entsprechend auszurichten.

Wirkstoffverschleppung: Spritzenreinigung ernst nehmen

Pflanzenschutz-Geräte sollten nach dem Einsatz auf dem Acker innen und außen gereinigt werden. Das verhindert Wirkstoffverschleppungen im System und mit den Reifen sowie Korrosion am Metall.

Von Harald Kramer, Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Münster

Die Problematik der Spritzenreinigung im Zusammenhang mit Einträgen von Pflanzenschutzmitteln in Gewässer und den Naturhaushalt ist schon seit vielen Jahren ein präsentes Thema. Denn kaum ist die Arbeit beendet und das Gerät leer, fängt für viele das Problem an. Die Spritzenreinigung ist ein lästiges Übel, außer vielleicht bei Wirkstoffwechseln – sie sollte vielleicht besser Spritzenhygiene genannt werden. Denn nur eine regelmäßige Reinigung garantiert eine schadenfreie Applikation in der Nachfolgekultur. Besonders Saug- und Druckfilter, Einspülschleuse und Sackgassen in den Spritzleitungen bergen ein enormes Risiko der Mittelablagerung bei mangelnder Reinigung. Gerade beim Neukauf einer Spritze ist ein automatisiertes Reinigungssystem quasi ein Muss. Nahezu alle am Markt verfügbaren Hersteller bieten solche Systeme an.

Nachrüstlösungen für ältere Spritzen

Mittelablagerung bei mangelnder Reinigung
Mittelablagerung bei mangelnder Spritzenreinigung. (c) Harald Kramer

Doch die große Anzahl vorhandener älterer Spritzen darf nicht außen vor gelassen werden. Eine Lösung kann hier die kontinuierliche Innenreinigung sein. Können doch mit diesem System auch die kleinen Spritzen auf den aktuellen Stand der Technik nachgerüstet werden. Es bedarf lediglich weniger zusätzlicher Teile. Dies ist im Einzelnen eine separate Reinigungspumpe, die zwischen dem Frischwassertank und den Innenreinigungsdüsen im Spritztank eingebaut werden muss. Die Leistung dieser Pumpe richtet sich nach dem maximalen Düsenausstoß der Spritze. Hierbei müssen 90 Prozent des Düsenausstoßes erreicht werden. Nicht mehr und nicht weniger. Nimmt man z. B. ein 15-m-Gestänge mit kompakten Injektordüsen der Größe 03 (blau), ergibt sich ein Gesamtausstoß von etwa 30 l/min.

Für solch ein System wird demnach eine 27-l-Reinigungspumpe benötigt. Die Anzahl der Innenreinigungsdüsen richtet sich nach der Form des Spritzfasses bzw. den Einbauten im Innern des Fasses wie z. B. Schwallwänden. In Deutschland haben die Firmen Agrotop und Herbst Pflanzenschutztechnik solche Nachrüstsätze mit entsprechenden Einbauhinweisen im Programm. Die Vorteile des Reinigungssystems liegen klar auf der Hand. Der Praktiker bekommt seine Spritze in weniger als zehn Minuten bequem vom Schlepper aus auf dem Acker sauber. Er muss dann lediglich das Gerät auf dem gerade behandelten Schlag leer spritzen.

Hat man gegen Ende der Spritzung den Rücklauf abgestellt, muss dieser nun wieder geöffnet werden. Jetzt muss man nur noch bei laufender Spritzpumpe erneut in die Fläche einfahren und die Reinigungspumpe von der Kabine aus aktivieren. Nun beginnt die Steuerung, die technische Restmenge aus dem System zu drücken. Hat man eine Spritze mit Zirkulationssystem und Gleichdruckarmatur, muss man, nachdem etwa die Hälfte des Klarwasservorrates aufgebraucht ist, den Hauptschalter für etwa 15 Sekunden ausstellen (um die Zirkulationsleitung zu aktivieren), danach kurz die Teilbreiten einzeln durchschalten, um die Druckrückläufe ebenfalls zu spülen, und kann nach dem Ausspritzen mit der kontinuierlichen Innenreinigung fortfahren.

Spritzenreinigung: Wirkstoffverschleppung vermeiden

Je nach System (elektrisch/hydraulisch) muss man mit etwa 1.000 bis 2.000 Euro Kosten für die Nachrüstung rechnen. Hat man seine Spritze nachgerüstet, sollte man auch wirklich jedes Mal reinigen, wenn die Arbeit unterbrochen wird. Auch wenn man danach erneut dieselbe Mischung spritzen möchte. Denn nicht immer kann unverzüglich weitergespritzt werden, und wenn die Spritze dann ein paar Stunden bis Tage steht, beginnen sich die meisten Mischungen in den Leitungen und Filtern abzulagern. Um diesen Tropfsteinhöhleneffekt zu vermeiden, sollte man sofort nach der Spritzung reinigen, da hier alle Beläge noch frisch sind und die Reinigungswirkung am besten ist. Denn gerade eine Wirkstoffverschleppung kann zu nicht unerheblichen Schäden führen.

DÜSEN REINIGEN

Weder grob noch sauer
Düsen können in einem Reinigungsgang mit einem zugelassenen Spezialreiniger wie Agroclean gereinigt werden. Reinigungsmittel aus der Tierhaltung können auch helfen. Aber Vorsicht mit sauren Mitteln (Arbeitsschutz!), sie greifen das Kunststoffmaterial der Düsen an. Nach ihrem Einsatz sofort mit viel Wasser nachspülen!
Schraubendreher, Drahtbürste und Taschenmesser sind tabu. Wenn man versucht ist, diese einzusetzen, empfiehlt es sich, die Düsen auszubauen und in einem Ultraschall-Reinigungsgerät zu behandeln, so wie vor oder nach der Saison auch.

Geht man von einer 3.000-l-Spritze mit einem 27-m-Gestänge aus, ergibt sich folgendes Bild: Hat man am Ende der Spritzung noch etwa 30 l Sicherheitsreserve im Spritzentank, befinden sich einschließlich der nicht verdünnbaren Restmenge der Spritze etwa 100 l Spritzbrühe im System. Hat man vorher mit einem Mittel und einer Aufwandmenge von 5 l/ha (bei 800 g Wirkstoff) behandelt, verbleiben 400 g Wirkstoff im System. Verzichtet man auf die Reserve und beendet die Spritzung mit einem leeren Tank, verbleiben in etwa 75 l im System. Dies würde 300 g Wirkstoff entsprechen. Reinigt man die Spritze mit dem kontinuierlichen Reinigungssystem, lässt sich dieser Wert auf etwa 3 g im System reduzieren, da die verbleibende Restmenge lediglich eine Wirkstoffkonzentration von 1 Prozent oder weniger aufweist. Wird die Spritze für die nächste Spritzung mit 3.000 l neuer Brühe aufgefüllt, ist der Verdünnungsfaktor groß, und es sind keine Folgeschäden zu erwarten, da lediglich etwa 5 l aus dem Sumpf im Spritzenfass verdünnt werden.

Der große Vorteil der Innenreinigung auf der Fläche besteht in der zeitnahen Spritzenreinigung. Zudem braucht man sich keine Gedanken über einen Waschplatz auf der Hofstelle zu machen. Denn wenn man auf dem Hof angekommen ist, braucht man die Spritze bis zum nächsten Einsatz lediglich unter einem Dach abzustellen.

lösungen für die außenreinigung

Was kann man machen, wenn man die Spritze nun auch von außen gleich in der Fläche sauber bekommen möchte? Man müsste erst einmal den Frischwassertank erneut auffüllen, und dann wird oft darauf verwiesen, dass keine praktikablen Ausstattungen für Feldspritzen auf dem Markt verfügbar seien. Dem kann im Falle der Waschbürsten teilweise zugestimmt werden, da der Zeit- und Wasserbedarf sehr hoch sind, was eine Spritzenreinigung auf dem Feld sehr schwierig macht. Ebenfalls ist es im ein oder anderen Fall schwierig, an schwer zugänglichen Stellen einen guten Reinigungserfolg zu erreichen. Hier hat sich in der jüngsten Vergangenheit jedoch einiges getan.

Seit einigen Jahren gibt es hierfür Hochdruckreiniger, die als Zusatzausstattung im gehobenen Preissegment angeboten werden. Doch das Problem ist meist das Frischwasser, das man dabeihaben muss. Da die größeren Probleme durch die technische Restmenge hervorgerufen werden, sollte der Fokus auf der Innenreinigung liegen. Doch seit der Agritechnica 2019 bietet der Markt einen professionellen Hochdruckreiniger auf Akku-Basis. Das ist auf den ersten Blick sicherlich nichts Neues. Jedoch wenn man mal etwas genauer hinschaut, ergeben sich doch einige Vorteile bei diesem System aus dem Hause Kärcher. Es handelt sich um einen Akku-HD aus dem professionellen Segment.

Dies wird schnell klar, wenn man die beiden 36-V-Akkus betrachtet. Diese ermöglichen eine Arbeitszeit von etwa 30 min. Nimmt man hier jetzt noch den Wasserverbrauch von 400 l/h zur Hand, ergibt das ein Wasservolumen von etwa 200 l, das zur Spritzenreinigung in der Fläche verwendet werden kann. Und das Ganze bei einem Betriebsdruck von bis zu 110 bar. Jetzt kommt oft das Argument, man habe schon einen Hochdruckreiniger auf dem Betrieb. Aber in den seltensten Fällen hat man auch einen entsprechenden Waschplatz mit einem Phytobac oder ähnlichen Einrichtungen, die das Waschwasser aufnehmen können.

Doch woher bekommt man 200 l Wasser auf dem Acker? An der Spritze hat man den Frischwasservorrat ja schon verbraucht. Hierfür gibt es zwei Lösungen. Entweder man fährt das Wasser mit einem separaten Fahrzeug zu oder man kann ein Fass in der Fronthydraulik mitnehmen. Der Vorteil der Variante Frontfass ist, dass man sich z. B. mittels eines Weiste-Dreiecks einfach eine Eigenbaulösung zur Fassaufnahme am Schlepper selbst bauen kann. Der Anschluss des Hochdruckreinigers ans Wasserfass kann dann über eine Schlauchkupplung aus dem Baumarkt erfolgen. Oder einfach den Schlauch ins Fass hängen lassen. Denn der Hochdruckreiniger ist bis zu 5 m selbstansaugend.

Bei den Kupplungen ist es nur wichtig, dass sie dicht schließen, denn wenn Luft gezogen wird, funktioniert das System nicht richtig. Doch lohnt sich der ganze Aufwand ausschließlich für die Spritzenreinigung überhaupt? Das Schöne an der Akku-Lösung ist die Flexibilität des Systems. Denn da-mit können auch weitere Geräte wie Kartoffelleger, Hackgeräte, Düngerstreuer usw. gereinigt werden. Auch der Düngerstreuer dankt es, wenn in versteckten Ecken kein Dünger mehr liegt, der Feuchtigkeit ziehen kann, und das Gerät somit schneller zu rosten beginnt. Aber auch bei häufigem Wechsel der Schläge kann man die Reifen säubern und verschleppt so keine Erde und Pflanzenschutzmittel auf das nächste Feld.

FAZIT

Für eine komplette Spritzenhygiene können neue Geräte mit einem automatisierten Reinigungssystem geordert werden. Für vorhandene Geräte sind Nachrüstlösungen verfügbar. Wichtig ist die Spritzenreinigung direkt nach der Anwendung. Für die Außenreinigung – auch von anderen landwirtschaftlichen Geräten – kann relativ einfach ein Akku-Hochdruckreiniger eingesetzt werden.

Traktorführerschein: Zusatzkurs zum T-Schein

Derzeit erwerben etliche Studierende der Agrarwissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle die Fahrerlaubnis für Traktoren. Zusatzwissen bot eine Schulung bei Experten in Landsberg.


Am Montag vor Ostern war für angehende Agrarwissenschaftler/innen der Hallenser Uni „Präsenzunterricht“ angesagt. Dabei ging es aber nicht um eine Vorlesung oder ein Seminar, die coronabedingt schon seit Längerem nur in digitaler Form stattfinden können, sondern um eine spezielle Unterweisung in puncto Landtechnik.

In Landsberg im Saalekreis absolvierten die Studierenden einen Zusatzkurs – begleitend zum Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse T (Traktor). Gastgeber war das örtliche Claas-Centrum. Das stellte im Rahmen eines kooperativen Projekts hierfür einen Arion 550 aus der Schlepperschmiede des Landmaschinenherstellers bereit.

Traktorführerschein: Angebot des Instituts

An dem Radtraktor mit Vierzylinder-Motor und 165 PS erklärten Ole Niemeyer, Werksbeauftragter für Traktoren für Thüringen und das südliche Sachsen-Anhalt, sowie Helmut Heppe, Produktmanager Traktoren, den Kursteilnehmern den Aufbau sowie die Bedienelemente des Schleppers. Ziel war es, den jungen Leuten Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit der Zugmaschine zu vermitteln. Die Landsberger Filiale ist Projektpartner des Instituts für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Martin-Luther-Universität (MLU), speziell für den Institutsbereich Agrartechnik. Dieser bietet Studierenden bereits seit mehr als zehn Jahren die Möglichkeit, den Führerschein Klasse T preisgünstiger zu erlangen.

Traktor für fahrstunden

Möglich ist das, weil das Claas-Centrum der Uni zugleich einen Traktor gleichen Typs für etwa ein Vierteljahr unentgeltlich überlässt. Die Hallenser Niederlassung der BKF-Schule, an der die künftigen Agrarwissenschaftler ihre Fahrschule derzeit absolvieren, kann diesen Traktor nutzen. Zudem stellt das Institut der Fahrschule einen Anhänger bereit.
Weil so keine Fahrzeugkosten für den Traktorführerschein entstehen, fällt die Rechnung für die Fahrschüler/innen letztlich geringer aus. Inklusive aller Kosten und Gebühren bis hin zur Prüfung müssen sie nach eigenem Bekunden aber trotzdem immerhin noch rund 1.100 Euro berappen.

Im Rahmen des Begleitkurses für den Traktorführerschein in Landsberg stellte Matthias Rang, Verkaufsleiter für die Region Südost, im Tagungsraum das Familienunternehmen mit Sitz im ostwestfälischen Harsewinkel vor und gab einen Abriss zur Firmengeschichte. Er verwies dabei auf Meilensteine der Unternehmensentwicklung von den Anfängen im Jahr 1921 bis heute. Nach seinen Angaben erwirtschaftete das Unternehmen im Geschäftsjahr 2019/20 mit weltweit 11.359 Mitarbeitern, darunter 714 Auszubildende und 297 Praktikanten/Studenten, einen Umsatz in Höhe von 4,04 Mrd. Euro, davon 80 Prozent im Ausland. 237 Mio. Euro flossen in Forschung und Entwicklung.


Sachsen-Anhalt aktuell

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einblick in systeme

Kilian Muke, Werkstudent im Bereich Produktmanagement, stellte darüber hinaus das Claas-Traktorenprogramm vor und gab einen ersten theoretischen Überblick über Fahrerkabine und Bedienelemente bzw. -systeme des Arion 550. In der Maschinenhalle wurden die Erläuterungen danach am Anschauungsobjekt vertieft. Dies alles passierte in zwei Gruppen. Alle Teilnehmenden und Akteure mussten sich zu Beginn einem Corona-Schnelltest unterziehen.

Matthias Rang, der das Vorhaben gemeinsam mit Diplomingenieur Axel Bachner, wissenschaftlich-technischer Mitarbeiter am Institutsbereich Agrartechnik der MLU, koordinierte, könnte sich gut vorstellen, die Zusammenarbeit mit der Universität zu verstetigen und künftig sogar auszubauen. So seien z. B. Exkursionen im Rahmen eines speziellen Agrartechnik-Moduls in der universitären Ausbildung denkbar, sagte Rang der Bauernzeitung.

Bachner wünschte sich in diesem Zusammenhang, dass die seit Jahren vakante Professur für Agrartechnik in der Saalestadt schon bald wieder besetzt werden möge.

gefragter studienort

Dass die Hallenser Universität mit ihrem Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften ein bundesweit gefragter Studienort ist, belegen aktuelle Einschreibungszahlen (Tabelle). Am Traktorenkurs nahmen Studierende aus Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen teil, darunter verschiedene Semester des Bachelor-Studiengangs und von Master-Studiengängen der einzelnen Spezialisierungsrichtungen.

Tabelle

Nachfragen ergaben, dass die wenigsten der Teilnehmer einen landwirtschaftlichen Betrieb im Rücken haben. Jedoch besteht in der Regel eine Verbindung zur Branche über die Familien oder eben die Herkunft vom Lande.

Doch egal, wo und als was die angehenden Fach- und Führungskräfte später tätig sein werden: Den Traktorführerschein haben sie dann (hoffentlich) alle in der Tasche. Und das ist wichtig. Schließlich ist der, wie es Matthias Rang ausdrückte, die „Schlüsselmaschine in der Landwirtschaft“.

TLPVG: Nachhaltige Mäuseplage

Im Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut in Buttelstedt hat man noch immer an den Feldmausschäden des Vorjahres zu knabbern. Dennoch kamen die Winterkulturen gut ins Frühjahr und wächst die Leguminosenfläche.

Von Frank Hartmann

In der Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsgut GmbH (TLPVG) Buttelstedt sind die Winterkulturen gut in das Frühjahr gekommen. Geschäftsführer Dr. Sven Reimann und Pflanzenbauleiter Andreas Kröckel berichteten von insgesamt zufriedenstellenden Niederschlägen. Diese genügten jedoch nicht, an allen Standorten der 1.800 ha großen Bewirtschaftungsfläche die unteren Bodenschichten aufzufüllen. Abzuwarten bleibe, ob nach drei Dürrejahren die in der Region bekannte Vorsommertrockenheit wieder auftritt.

Die Feldmausplage 2020 und die daraus resultierenden Schäden beschäftigen das TLPVG noch immer. Zum Teil sind die Mäuse weiter aktiv, gerade im Winterweizen und -raps. Eine Bekämpfung im Spätsommer/Herbst blieb dem Betrieb verwehrt, weil nahezu alle Flächen dem Hamsterschutz unterliegen.

Feldmausschäden: viel futter wird nicht erwartet

Mausschaden am Weizen
Im Weizen sind die Mäuse noch immer aktiv. (c) Frank Hartmann

200 ha Rapssaaten waren im vorigen September von Mäusen total geschädigt worden. Lediglich 50 ha stehen noch im Feld. Erstmals seit Jahren gibt es daher keine Sortendemonstration, weil diese sprichwörtlich ins Mauseloch fiel. „Auf den umgebrochenen Rapsflächen haben wir im Herbst alternative Kulturen gedrillt, wobei wir die Ernte und die auf diesen Flächen geplanten Fruchtfolgen im Auge behalten müssen“, so Reimann.

Während so die Winterweizen- und -gerstenfläche erhöht wurde, reaktivierte man den Dinkel wieder. Nach einer Anbaupause kommt in Kürze auch noch Öllein in den Boden. Zudem werden bis Ende April auf 50 ha Blühflächen angelegt. Knapp 20 Betriebe nutzen die Projektförderung des Umweltministeriums, auf von Mäusen geschädigten Rapsflächen in Hamsterschutzgebieten ersatzweise eine Blühmischung zu etablieren. Diese muss bis Ende September stehen bleiben: „Im Anschluss können wir nur Winterweizen drillen“, sagt Kröckel. Ersatz finden musste das TLPVG für kürzlich umgebrochene 20 ha Luzerne, die sich von den Feldmausschäden nicht erholte. Aktuell erfolgt auf ebenso von Nagern und der Trockenheit heimgesuchten 60 ha Dauergrünland eine Nachsaat. Viel Futter erwartet Reimann von den lichten Beständen nicht, „vielleicht wird es, wie 2020, etwas Heu“.

Neu in den Anbau, wenn auch nur versuchsweise auf zehn Hektar, kommt 2021 die Weiße Lupine. Mit Blauen Lupinen machte das TLPVG bereits Erfahrungen – dies allerdings vor der Zeit des Sojaanbaus. Letzterer erfolgt, begleitet von Herbizidversuchen, auf 35 ha. Mit 78 ha Ackerbohnen, davon 25 ha als Winterkultur, 106 ha Luzerne und fast 50 ha Erbsen ist Reimann zufolge der ackerbaulich maximal gebotene Anteil an Leguminosen ausgeschöpft. „Wir werden alle geernteten Leguminosen in unserer Milchkuhfütterung verwerten.“ Zum Futtermix gehört neben Silomais Winterfutterroggen als GPS (20 ha). Futterreserven konnte man in den Jahren 2019 und 2020, wie viele andere Betriebe auch, keine aufbauen.



Thüringen Flagge

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Feldtage weiterhin verschoben

Obwohl die Niederschläge im Herbst nach den Trockenjahren zu einem veränderten Mineralisierungsverhalten führen, gibt sich Andreas Kröckel mit den N-Salden zufrieden. Dies ist auch Ergebnis des angepassten Düngeregimes. Für den Betrieb kommt man nach der Stoffstrombilanzierung auf 37 kg N/ha. Die exakte Beprobung der Flächen im Rahmen der Gewässerschutzkooperation förderte 17 kg N/ha zutage, womit man sich im Mittel der Vorjahre bewegt. Den höheren Wert nach Stoffstrombilanzierung erklärt Reimann unter anderem mit der innerbetrieblichen Verwertung der Leguminosen. „Das eingekaufte Saatgut ‚belastet‘ unseren Saldo. Weil wir als Tierhalter die Ernte verfüttern, bleibt alles im System. So stehen wir bilanziell womöglich schlechter da als ein reiner Marktfruchtbetrieb.“

Mit Feldtagen rechnet TLPVG-Geschäftsführer Reimann coronabedingt im ersten Halbjahr nicht mehr. Vom Raps abgesehen, konnte man den Versuchsumfang beibehalten. Aktiv sind weiterhin das Praxiszentrum Ökologischer Landbau (PÖL) sowie das Projekt „Mechanische Unkrautbekämpfung“, beide im Auftrag des TLLLR in Buttelstedt etabliert und mit Mitteln des Agrarministeriums gefördert.

Die Unkrautbekämpfung in den Winterackerbohnen erfolgt zum Vergleich mit verschiedenen Maßnahmen, in diesem Abschnitt mechanisch. Wie auf Teilen des Winterweizens zeigt das Striegeln dabei gute Ergebnisse. Im Weizen sind die Mäuse noch immer aktiv.

Milchproduktion Platkow: Auf Platz eins der hundert Besten

473 Kühe führte Madeleen van Damme zu 907 Fett-Eiweiß-Kilo im Durchschnitt. Damit war die Agrar- und Milchproduktion Platkow bester Betrieb in der Milchleistungsprüfung 2019/20 des Landes.

Von Heike Mildner

Schon als Kind zog es Madeleen zweimal die Woche auf einen Bauernhof. Ihre Eltern, Lehrerin und Zimmermann, wunderten sich über das landwirtschaftliche Interesse ihrer Tochter und förderten es nicht: In den Niederlanden hätte sie keine Chance auf einen eigenen Hof gehabt. Doch es kam anders.

Heute hat Madeleen van Damme selbst fünf Kinder und verantwortet die Milchviehproduktion des besten ganzjährig geprüften Betriebes in Brandenburg. Ihr Mann Marnix van Damme hat in Sachen Feldarbeit, Biogasanlage und Buchführung den Hut auf, sie für die Rinder. Gemeinsam führen sie die Agrar- und Milchproduktion Platkow GbR in der Nähe von Seelow (Märkisch Oderland).

Aktuelle Ausgabe
Titelseite Bauernzeitung Ausgabe 35/2024

Unsere Top-Themen

• Zuhause auf dem Land
• Trockenstellen ohne Antibiotika
• Kugelschuss auf der Weide
• Märkte und Preise

Zur aktuellen Ausgabe

Milchproduktion Platkow: Stellschrauben für Tierwohl

Als sich die DDR wendete, war Madeleen van Damme in den Niederlanden mit dem Abitur fertig. Sie studierte Agrarwirtschaft, weil sie hoffte, im Osten Deutschlands in die Landwirtschaft einsteigen zu können. Die praktischen Belange der Milchviehhaltung lernte sie in Kyritz, wo sie nach dem Studium einige Jahre arbeitete. Dann standen Familiengründung und Kinder im Vordergrund.

2002 stiegen die van Dammes in einen Landwirtschaftsbetrieb in Platkow ein, dem eine Milchliefersperre wegen zu hoher Zellzahlen drohte. Madeleen erkannte Streptococcus agalactiae, auch Gelber Galt genannt, als Ursache. 80 der 200 Tiere mussten gemerzt, die Herde neu aufgebaut werden.

2014 konnten van Dammes in einen neuen Kuhstall mit Jalousien, hoher Decke und Stroheinstreu investieren. Damit verbunden wurde auch in der Milchproduktion Platkow ein neuer Brunnen gebohrt: ein Tiefenbrunnen mit Enteisenungsanlage, aus dem mehr und größere Tränken gespeist werden konnten. 2015 seien sie erstmals unter den hundert besten Betrieben in der Milchleistungsprüfung gewesen, erzählt Madeleen van Damme. Licht, Luft und Wasser seien neben dem Futter die entscheidenden Stellschrauben für das Tierwohl und damit auch für die Milchleistung, ist sie überzeugt.

Madlen und Marnix van Damme.
Seit knapp 20 Jahren in Platkow: Madlen und Marnix van Damme. (c) Heike Mildner
Am Melkstand: Madeleen van Damme mit Ahmed aus Somalia. Gemolken wird dreimal täglich. (c) Heike Mildner

Erfolg beim Melden, Teil 1

Seit zwei Jahren gibt Madeleen van Damme diese Tipps in der Landwirtschaftsschule Seelow an künftige Meister weiter:

  • Die Lebenstagleistung sollte zwischen 14 und 20 kg liegen.
  • Mindestens vier Laktationen anstreben.
  • Milchproduktion pro Kuh auf mindestens 35.000 kg steigern.
  • Jung abkalben (22–24 Monate).
  • Kühe lange behalten, weniger als 15 % Abgang bei Färsen.
  • Maximal 6 % Abgang in den ersten 60 Tagen der Laktation.
  • Wert auf die Phase vom Trockenstehen bis zum Abkalben (Transition) legen, gutes Management ist die beste Vorbereitung auf die Laktation.
  • Längere Zwischenkalbezeit anstreben (mindestens 420 Tage).
  • Luft, Licht und Wasser sind die besten Futtermittel.
  • Stress für Kühe unbedingt vermeiden!

Neue Futterzusammensetzung

Der neue Stall für die melkenden Kühe, der neue Side-by-Side-Melkstand und die Brunnen hätten 2.000 l mehr Milch je Kuh und Jahr gebracht, also eigentlich kein Geld gekostet, schmunzelt Marnix van Damme. Am Futter hätten sie nach 2014 nicht mehr viel geändert, also müsse es wohl am Rest liegen. Und er verrät einen verblüffenden Zusammenhang:

Der Schwefelgehalt in der Biogasanlage, die ausschließlich mit Gülle gefüttert wird, weist tagesaktuell auf die Futterverwertung durch die Kühe hin. Man könne 1:1 Unterschiede in den Maissilage-Partien oder bei den zugekauften Komponenten erkennen, so Marnix van Damme.

Auch bei der Futterzusammensetzung haben van Dammes an den Schrauben gedreht: Mit Zuckerrübenpellets, Lupinen und ungetoastetem Soja beispielsweise konnten ihre Kühe nicht viel anfangen. Für die Eiweißversorgung sorgt in Platkow vor allem Rapsschrot. Außerdem besteht das Futter etwa zur Hälfte aus Maissilage, dazu Anwelksilage, Biertreber, Heu, hofeigenes Getreide und 500 g Leinsamenschrot pro Kuh und Tag.

Erfolg beim Melden, Teil 2

In den Niederlanden wurden Betriebe mit Kühen mit mehr als 50.000 kg Lebensleistung nach ihrer Strategie befragt. Madeleen van Damme fasst zusammen:

  • Bereits tragenden Jungrindern die Klauen schneiden.
  • Kühe bereits eine Woche vor dem Trockenstehen auf Trockensteherration setzen (Dry-off-Gruppe).
  • Je Kuh ein mindestens 85 cm breiter Fressplatz.
  • Tiefliegebuchten für jede Kuh.
  • Der Kuh mindestens zehn Tage vor dem Abkalben eine Strohbuchte anbieten.

Milchproduktion Platkow: viel Eigeninitiative und Arbeit

Doch der Erfolg mit den Milchkühen hat vor allem auch mit dem zu tun, was Madeleen van Damme täglich selbst in den Ställen leistet. Gegen sieben macht sie die erste Runde durch den Stall, schaut sich die Kühe an, die am Computer (Transponder registrieren das Fressverhalten) oder beim Melken auffällig waren. Dann besamt sie die rindernden Kühe und melkt die kranken. Nach dem warmen Abendessen – mittags gibt es Stullen – macht sie diese Runde noch einmal. Dazwischen ist Zeit für Trächtigkeitsuntersuchungen, Enthornen der Kälber und was sonst anfällt, zum Beispiel die Belange der Familie. Hut ab!

Der Betrieb in Platkow läuft rund: neun Mitarbeiter, zwei Auszubildende, 620 ha, 870 Tiere, inklusive Nachzucht, eine Biogasanlage (250 kW) und eine Milchmenge, die mit 30.000 Liter an jedem zweiten Tag für die Molkerei attraktiv ist. Dennoch empfinden auch van Dammes, dass es früher leichter war, Landwirt zu sein. Die überbordende Bürokratie, eine neue Düngeverordnung, ohne die Wirksamkeit der alten geprüft zu haben, Umweltauflagen und schlechte Milchpreise sind nichts, was sonderlich motiviert. Trotzdem: van Dammes lieben ihre Arbeit – für sie die beste Voraussetzung für Erfolg.

Milchleistung 2020

307 Betriebe beteiligten sich im Kontrolljahr 2019/2020 an der Milchleistungsprüfung (MLP). Das sind 6,7 % weniger als im Vorjahr. Die Anzahl der Kühe verringerte sich um 3,1 %. Die durchschnittliche Bestandsgröße pro MLP-Betrieb erhöhte sich um 15 auf 412 Kühe.
Die Brandenburger Milcherzeuger erreichten eine Leistung von 9.931 kg Milch (+ 192 kg) und 741 FEK (+ 21 kg). Der Fettgehalt stieg um 0,04 auf 4,02 %, der Eiweißgehalt um 0,02 auf 3,44 %.

Mehr Infos zu Spitzenbetrieben und Spitzentieren der MiLP unter www.lkvbb.de

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Ökolandbau: Hoher Anteil Grünland

Sachsens Ökolandbau wächst: Seit 2015 hat sich der ökologisch bewirtschaftete Flächenanteil verdoppelt. Schwerpunkte sind die Mutterkuhhaltung, die Geflügelhaltung und ein starker Feldgemüseanbau.


Minister Wolfram Günther (Grüne) spricht von erfreulichen Zahlen, die „zeigen, dass der Ökolandbau weiter auf Erfolgskurs“ sei: Im vergangenen Jahr bewirtschafteten in Sachsen Landwirtschaftsbetriebe insgesamt 72.499 ha nach Grundsätzen des ökologischen Landbaus. Wie das Agrarministerium mitteilt, waren dies 5.185 ha mehr als im Jahr zuvor. Der Anteil der Ökofläche beträgt somit 8,1 %. Er hat sich seit 2015 (4,1 %) somit verdoppelt.

angezogenes wachstum der vergangenden jahre

Die Zahl der Ökobetriebe stieg 2020 um 52 (+ 6,5 %) auf insgesamt 856. Diese Zahl umfasst Landwirtschafts- wie auch Gartenbaubetriebe. Damit arbeiten 13,5 % aller Betriebe ökologisch. Hinzu kommen 460 Unternehmen (+ 20), die in den Bereichen Verarbeitung, Lagerung, Import und Handel tätig und bei den Ökokontrollstellen gemeldet sind.

Über das in den vergangenen Jahren angezogene Wachstum hinaus geben die statistischen Daten Einblick in die Struktur des Ökolandbaus in Sachsen. Wie das Agrarministerium auf Anfrage und mit Verweis auf den Sächsischen Agrarbericht erklärt, falle auf, dass fast 40 Prozent der Ökofläche Sachsens als Grünland bewirtschaftet werden, etwa doppelt so viel bei konventionellen Betrieben. Dies erklärt sich auch aus dem Umstand, dass im Vogtland und im Erzgebirgsraum, wo diese natürlichen Standortbedingungen vorherrschen, der Anteil ökologisch wirtschaftender Betriebe sachsenweit am höchsten ist. Genutzt wird das Grünland überwiegend für die Mutterkuhhaltung. Ökobetriebe halten doppelt so viele Mutterkühe je 100 ha wie im Mittel aller sächsischen Betriebe. Bei Milchkühen ist das Verhältnis genau anders herum. Ein im Auftrag des sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie erstellten Studie zufolge betrug die Zahl ökologisch gehaltener Milchkühe im Jahr 2019 rund 6.700. Deutschlands größter Biomilchbetrieb befindet sich gleichwohl in Sachsen. Es ist das Hofgut Eichigt im Vogtland.

Schwerpunkt geflügelhaltung

Ein weiterer Schwerpunkt der sächsischen Ökolandwirtschaft ist dem Ministerium zufolge die Geflügelhaltung. In Ökobetrieben werden den vorläufigen Ergebnissen der Landwirtschaftszählung zufolge fast 200.000 Legehennen gehalten, hinzu kommen über 260.000 Stück sonstiges Geflügel wie Masthähnchen, Wachteln und Gänse. Die Legeleistung in Ökobetrieben betrug im vorigen Jahr 296,9 Eier/Henne und Jahr. Schweine werden von Ökobetrieben hingegen nur wenige gehalten. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes weisen für das Vorjahr 4.100 Schweine in Ökohaltung aus – von mehr als 640.000 insgesamt.

Überdurchschnittlich vertreten ist in Sachsens Ökolandbau der Feldgemüsebau. Er ist mit einem Anteil von 3,2 Prozent an der Ackerfläche mehr als fünf Mal so hoch wie im Mittel aller sächsischen Betriebe. Ein Viertel der Gemüsefläche Sachsens wird ökologisch bewirtschaftet. Hintergrund hierfür ist die regionale Nachfrage des Tiefkühlkost-Unternehmens Elbtal in der Lommatzscher Pflege.

Entwicklungspotenzial für den Ökolandbau gibt es dem Ministerium zufolge in den Ackerbauregionen, die im sachsenweiten Vergleich einen unterdurchschnittlichen Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche aufweisen.


Sachsen aktuell

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Eine Zahl von 107 Ökobetrieben hat in Sachsen eine hofeigene Verarbeitung aufgebaut. Dazu zählen Hofmolkereien und -käsereien, -bäckereien. Tiere aus Ökohaltung werden überwiegend in kleineren und mittleren Handwerksbetrieben zerlegt und verarbeitet. Schwerpunkte bilden weiterhin die Verarbeitung von Frostgemüse sowie von Getreide und Ölsaaten. Die Verarbeitung der Ökomilch erfolgte bislang überwiegend außerhalb Sachsens. Die Kohrener Landmolkerei startete im Vorjahr als erste Molkerei die Biomilchverarbeitung. Das Ministerium beurteilt die Situation bei der Verarbeitung analog zu der konventioneller Produkte. Große Verarbeiter verfügten vielfach auch über eine Bio-Zertifizierung. Das Potenzial ist jedoch insgesamt gering. Das Defizit in der Verarbeitung sei somit ein grundsätzliches strukturelles.

Ökolandbau: förderung für die umstellung

Mit dem Ziel, die Wertschöpfung aus regionaler Lebensmittelerzeugung zu erhöhen, fördert das Agrarministerium verschiedene Projekte, die den Ökolandbau Sachsens und die Verarbeitung seiner Produkte zum Gegenstand haben. Dazu zählt die Erarbeitung eines Musterleitbildes „Bio-Regio-Kantine“, für die öffentliche Ausschreibung der Gemeinschaftsverpflegung mit hohem Anteil an Bio-Produkten oder die Unterstützung von „Bio-Regio-Modellregionen“ in Sachsen.

Mit detaillierten Kenntnissen darüber, ob und warum Öko-Betriebe rückumstellen, kann das Ministerium nicht aufwarten. Abmeldungen seien nicht immer Resultate der Aufgabe ökologischer Bewirtschaftung, sondern auch von Fusionen oder altersbedingter Betriebsaufgabe. Im Mittel der letzten Jahre seien jährlich 28 Betriebe von der Bio-Kontrolle abgemeldet worden. Aus älteren Studien gehe hervor, dass Betriebe rückumstellten, wenn sie keine Einkommensverbesserung erzielen konnten. Auch stellten überwiegend kleinere und Nebenerwerbsbetrieb wieder auf konventionelle Bewirtschaftung um.

Die Umstellung auf Ökolandbau fördert der Freistaat Sachsen derzeit für Acker- und Grünland mit 330 €/ha, den Beibehalt mit 230 €/ha, für Gemüseflächen gibt es 935 €/ha Umstellungs- und 413 €/ha Beibehaltungsprämie, für Dauerkulturen wie Obst und Wein 1.410 €/ha und 890 €/ha. Zusätzlich wird ein Kontrollkostenzuschuss von 40 €/ha bis maximal 550 €/ha pro Betrieb gewährt.

Schaf und Wolf – Wie wird das Miteinander praktikabel?

Werden Landwirte noch Tiere auf der Weide halten können, wenn die Wolfspopulation weiter wächst? Susanne Petersen, Vorsitzende des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes in Mecklenburg-Vorpommern, sieht raschen Handlungsbedarf.

Das Interview führte Gerd Rinas

Frau Petersen, wie nehmen Sie die Entwicklung der Wolfspopulation in Mecklenburg-Vorpommern wahr?
Nach den jüngsten Angaben haben sich 15 Wolfsrudel und ein Wolfspaar angesiedelt. Daneben gibt es Hinweise aus mehreren Regionen auf neue Wolfsvorkommen. In den bekannten Rudeln wurden 36 Welpen nachgewiesen, allerdings konnte der Nachwuchs nicht in allen Rudeln ermittelt werden. Fest steht, dass sich die Population stark entwickelt. Experten weisen darauf hin, dass sie sich alle drei bis vier Jahre verdoppelt. Das macht mir Sorge.

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In der Weideland Qualitz GbR, einem Ökobetrieb, halten Sie mit Ihrem Ehemann 400 Herdbuchmutterschafe der Rasse Dorper. Kamen Ihre Tiere schon mit Wölfen in Kontakt?
Beim ersten Wolfsriss im Juni 2020 verloren wir unseren wertvollsten Zuchtbock. Jolly Jumper hatte nicht nur den höchsten Dorperbock- Zuchtwert bundesweit, er gehörte auch zur Familie. Bei der Attacke 500 m vom Dorfrand entfernt stand die Bockherde hinter Grundschutz. Im Oktober verloren wir trotz erweitertem Grundschutz, also 1,08 m hohen Elektronetzen mit 3.500 Volt Spannung, drei tragende Muttern, und im Dezember noch einmal zwei tragende Muttertiere durch Wolfsrisse. Vor einer Woche fanden wir einen Herdenschutzhund mit Bissverletzungen im Gesicht vor. Laut Rissgutachten stammen sie ebenfalls von einem Wolf.

Susanne Petersen ist Tierärztin und Schafzüchterin. 2020 wurde sie zur Vorsitzenden des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes MV gewählt. (c) Gerd Rinas

Können Sie den Herdenschutz so verstärken, dass es zu solchen Vorfällen nicht mehr kommt?
1,20 m hohe Zäune und Herdenschutzhunde verringern zumindest das Risiko von Wolfsrissen. Allerdings stellt sich bei unserem Betriebskonzept die Frage, wie viel Herdenschutz machbar und umsetzbar ist. Wir wirtschaften auf 180 ha gepachtetem Grünland. Dorperschafe lammen asaisonal dreimal in zwei Jahren. Anders gesagt: Bei uns lammen dreimal im Jahr 200 Mutterschafe. In den Deckzeiten gibt es allein sechs bis acht Deckherden mit jeweils einem Bock. Auch die lammende Herde wird geteilt, um die Tiere besser im Blick zu behalten. Auf diese intensive Zucht ist unser Betriebskonzept ausgerichtet.

Was ist das Besondere daran?
Die Herden stehen auf 28 meist kleineren Weideflächen im Umkreis von zwölf Kilometern um Qualitz. Bisher hat das gut gepasst. Aber seitdem der Wolf da ist, haben wir ein Problem: 15 Herden mit jeweils zwei Herdenschutzhunden auszustatten und Zäune mit erweitertem Grundschutz für 28 Flächen, das ist selbst mit Fördermitteln nicht zu finanzieren. Ob und wie wir unser Betriebskonzept anpassen können, prüfen wir gerade. Nach bisherigem Stand ist es so, dass die Förderung entweder für die Hunde oder höhere Zäune reicht, nicht aber für beides. Andererseits können wir nicht so einfach das Beweiden von Flächen einstellen, weil wir uns dazu im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen verpflichtet haben.

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Schafhalter weisen immer wieder darauf hin, dass Unterhalt und Aufwand für die Herdenschutzhunde zusätzliche Kosten verursachen, die bisher in MV nicht gefördert werden.
Das ist richtig. Diese Kosten sind erheblich, wenn man bedenkt, dass Herdenschutzhunde die Hälfte ihres Lebens keine Schutzaufgaben wahrnehmen, aber natürlich trotzdem versorgt werden müssen. Was oft übersehen wird: Der Arbeitsaufwand in der Schafhaltung ist mit der Rückkehr des Wolfes generell stark angestiegen.

Die Agrarministerkonferenz hat vorgeschlagen, Schaf- und Ziegenzüchter mit einer gekoppelten Prämie von 30 Euro pro Mutterschaf und Ziege zu unterstützen. Würde das die Betriebe finanziell spürbar entlasten?
Genaugenommen wäre dies die Korrektur einer politischen Fehlentscheidung. Wir haben lange darum gekämpft und sind froh über diesen Vorschlag. Aber zu dem Mehraufwand, der uns durch den Wolf entsteht, stünde diese Prämie in keinem Verhältnis und in keinem Zusammenhang. Die Weidetierprämie ist ein Ausgleich für den erschwerten Marktzugang aufgrund der hohen Nachhaltigkeitsstandards, nach denen wir produzieren. 22 von 27 EU-Mitgliedstaaten gewähren ihren Weidetierhaltern diese Prämie schon seit vielen Jahren.

Weidetierhaltung und Wolf – geht denn das überhaupt miteinander?
Ich kann bundesweit keinen Plan erkennen, wie Weidetierhaltung und Wolf koexistieren sollen. Die Wolfsproblematik wird in den Bundesländern unterschiedlich wahrgenommen, je nachdem, wie betroffen das Land ist. In Sachsen, Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern ist Problembewusstsein entstanden. In anderen Bundesländern, die noch Wolfserwartungsland sind, ist die Bereitschaft eher gering, sich vorsorgend mit der Rückkehr des Wolfs auseinanderzusetzen. Immer wieder wird gesagt: Wir haben keinen Wolf. Das klingt wie: Zu uns wird auch kein Wolf kommen. Das kann sich schnell ändern. Aus so einem Bewusstsein heraus trifft man andere Entscheidungen, als wenn man wie wir in Qualitz nachts die Wölfe heulen hört oder einen Bock wie Jolly Jumper verliert.

Vom 21. bis 23. April ist Umweltministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommern stellt den Vorsitzenden. Welchen vordringlichen politischen Handlungsbedarf sehen die Schaf- und Ziegenhalter zum Wolf?
Die Kosten für die Prävention vor Wolfsrissen und der erhöhte Aufwand des Herdenschutzes sollten bundesweit einheitlich und hundertprozentig ausgeglichen werden. Mindestens ebenso wichtig ist es, eine Strategie zum Umgang mit dem Wolf zu entwickeln. Wir müssen uns Klarheit über den günstigen Erhaltungszustand der Population verschaffen. Die Politik tritt in dieser Frage auf der Stelle. Wir erwarten aber Lösungen, die ein Miteinander von Weidetierhaltung und Wölfen ermöglichen. Unser Eindruck ist, dass ein Teil der Umweltpolitiker auf der Bremse steht. Dabei bewirkt die Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes noch gar nichts. Bevor die Wolfspopulation tatsächlich reguliert werden kann, sind viele weitere Maßnahmen nötig. Meine Sorge ist, dass uns die Zeit davonläuft und der Wolf uns überholt. Zur Zeit vermehren sich die Wölfe ungehindert. Genau genommen lassen wir sie regelrecht ins Messer laufen. Irgendwann wird das nicht mehr gehen, und wir werden uns beschämt fragen, warum wir nicht früher gehandelt haben.

Weitere Nachrichten aus den Bundesländern


Wolf-Weidetier-Strategie: „Geld in die Taschen!“ auf Deutsch

Die Forderungen der Tierhalter nach einer Wolf-Weidetier-Strategie sind laut. Das neu gegründete „Bundeszentrum für Wolf und Weidetiere“ soll nun die Aufgaben übernehmen. Doch der Projekt-Egoismus hat wilde Blüten getrieben.

Von Ralf Stephan

Kurz und knackig hat US-Präsident Joe Biden seine Strategie gegen Corona und deren Folgen erklärt: „Spritzen in die Arme! Geld in die Taschen!“ Das versteht jeder – und preist dabei auch gleich ein, dass sich die Umsetzung durchaus ein wenig komplizierter gestalten könnte. Aber selbst als Ausländer merkt man sich die amerikanische Anti-Corona-Strategie leichter als die der eigenen Regierung(en).

Wolf-Weidetier-Strategie: forderungen endlich umsetzen

Chefredakteur der Bauernzeitung/Deutschland: Ralf Stephan. 2019
Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung

Unsere Leidenschaft, Dinge kompliziert zu machen, könnten wir uns aber auch erst einmal bei ungleich kleineren Aufgaben abtrainieren. Zum Beispiel der Koexistenz von Wölfen und Weidetieren. Da könnte die Strategie schlicht und einfach heißen: „Zäune auf die Weiden! Geld zu den Tierhaltern!“ In den Ausführungsbestimmungen ist natürlich klarzustellen, dass es nicht allein um noch mehr Zaunkilometer geht, sondern um intelligente Lösungen, die von Schäfern wie Schäferinnen ohne körperliche Schwerstarbeit und mit vertretbarem Zeitaufwand zu handhaben sind. Und mit „Geld zu den Tierhaltern!“ sind nicht nur angemessen hohe Entschädigungen gemeint. Hier ginge es darum, endlich die Verfahren so zu gestalten, dass die Opfer von Wolfsangriffen bei Behörden nicht länger wie Bittsteller antreten müssen.

Die einfachere Entnahme von Problemwölfen bis hin zur Bestandsregulierung wäre allerdings als dritte Maßnahme aufzunehmen, auch wenn die deutsche Wolf-Weidetier-Strategie damit aufgeblähter wird als das Anti-Corona-Konzept der Vereinigten Staaten. Damit sind dann aber alle Punkte genannt, um Konflikte auf den Weiden zu entschärfen. Sie sind keineswegs neu, sondern längst bekannte Forderungen der Tierhalter. Es käme darauf an, sie endlich umzusetzen.

Neue Behörde soll aufgaben übernehmen

Viel Hoffnung steckt die Politik in das neue „Bundeszentrum Wolf und Weidetiere“. Ob es die Erwartungen der Weidetierhalter erfüllen kann, muss sich zeigen. Zu loben ist zunächst, dass es mehr als 20 Jahre nach ihrer Rückkehr endlich eine staatliche Einrichtung gibt, die Konflikte mit den Wölfen ausdrücklich problemorientiert zu ihrem Thema macht. Optimierung des Herdenschutzes, verbesserte Abläufe beim Entschädigen, eine länderübergreifende – und hoffentlich weniger als bisher verschlüsselte – Übersicht über Tierverluste durch Wölfe und „strategische Überlegungen zur Regulierung“ gehören ausdrücklich zu den Aufgaben der neuen Behörde. Sie stellt sich damit genau jenen Themen, an denen die ebenfalls vom Bund finanzierte Dokumentations- und Beratungsstelle (DBBW) bislang wenig Interesse zeigt.

Kämpfe um Kompetenzen und um die nach Corona knapper werdenden staatlichen Mittel werden nun an Schärfe gewinnen. Der Projekt-Egoismus hat nicht nur im Land Brandenburg, wo das Zentrum angesiedelt wird, wilde Blüten getrieben. Selbst Kooperationen zwischen neutralen wissenschaftlichen Einrichtungen scheiterten an ihm. Hier soll das neue Zentrum nun vermitteln und auch gleich noch den Dialog zwischen Weidetierhaltern, Naturschützern und Öffentlichkeit führen. Das klingt nach richtig viel Arbeit. Geplant sind für die neue Behörde aber ganze drei Stellen und ein Budget von 300.000 Euro jährlich. Gemessen an dem, was Wölfe und ihre Folgen bisher kosten, ist das ein Klacks. Das sieht verzagt aus, wie „Geld in die Taschen!“ auf Deutsch. Und es dürfte schwer werden, damit im lauten Chor der Interessen den Ton anzugeben.

Kälberaufzucht: Ohne Mutter geht es nicht?

Ob sich die mutterlose Kälberaufzucht mit der Forderung nach Tiergerechtheit vereinbaren lässt, wurde in Neubrandenburg untersucht.

Von Prof. Dr. Sc. Agr. Anke Schuldt und Dr. Agr. Regina Dinse, Hochschule Neubrandenburg

Wohlbefinden ist synonym zu dem Begriff „Tierwohl“ zu verstehen, der als rechtliche Vorgabe vom „Tierschutz“ abzugrenzen ist. Denn es geht um mehr als nur die Abwesenheit von Schmerzen, Leiden und Schäden, die jeder Tierhalter laut Tierschutzgesetz für seine Tiere zu garantieren hat. Nach Aussage des Tierarztes und Verhaltensforschers Hans Hinrich Sambraus ist die Tierhaltung nur dann verhaltensgerecht, wenn ein Tier alle essenziellen Verhaltensbedürfnisse äußern kann.

Demnach können sich Kälber in der mutterlosen Kälberaufzucht nicht vollständig „wohl befinden“, denn die Mutter-Kind-Beziehung kann von ihnen nicht ausgelebt werden. Allerdings trifft das auch für die Ammenkuhhaltung und die muttergebundene Aufzucht zu, in der die Kälber nur zum Saugen zur Mutter gelassen werden. Wirklich artgerecht wäre somit nur die Mutterkuhhaltung auf der Weide.

Stress für Kälber

Den Stress der fehlenden sozialen Kontakte zur Mutter kann die heutige Milchviehhaltung den Jungtieren ebenso wenig ersparen, wie den Stress beim Absetzen. Wie lässt sich die Lebensumwelt gestalten, damit dieser für das Kalb minimiert und der Aufwand optimiert wird? Sambraus bezeichnete Verhaltensstörungen (Ethopathien) und Verletzungen durch Haltungseinrichtungen (Technopathien) als Indikatoren für ein nicht angemesses Haltungssystem.

Aber auch wenn keine sichtbaren Erkrankungen auftreten, ist eine Kälberhaltung nicht automatisch tiergerecht. Ob sich mutterlos aufgezogene Kälber wohlfühlen, muss anhand weiterer, sensiblerer Indikatoren überprüft werden, damit Verletzungen und Störungen gar nicht erst entstehen. Im englischen Sprachraum sind die „Fünf Freiheiten“ der Welttierschutzgesellschaft verbreitet, womit Freiheit von Hunger, Durst und Fehlernährung, von Unbehagen, Schmerz, Verletzung und Krankheit, von Angst und Leiden sowie Freiheit zum Ausleben normalen Verhaltens gemeint ist (FAWC, 1993; WTG E.V., 1993).

In deren Ergänzung veröffentlichte das europäische Projekt Welfare Quality (WQ) im Jahr 2010 Grundsätze mit zwölf Kriterien, die ein zuverlässiges Beurteilungssystem in Bezug auf den Tierschutz beinhalten und entsprechende Informationen zu den erzeugten Produkten ermöglichen. Die Beurteilung einer Haltungseinrichtung nach diesen Kriterien erfordert detaillierte Kenntnisse, was zeitaufwendig und damit in der landwirtschaftlichen Praxis schwer anwendbar ist. Das Gleiche gilt für den „Nationalen Bewertungsrahmen Tierhaltungsverfahren“, der auf der Webseite des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) steht und mit dem über 100 Haltungsverfahren hinsichtlich der Umweltwirkung und der Tiergerechtheit geprüft werden können.

Eine einfachere Methode, mit deren Hilfe vom Verhalten auf das Wohlbefinden geschlossen werden kann, erarbeitete das Autorenkollektiv um Sine N. Andreasen in dänischen Milchviehbetrieben. Die Methode ist ein „Ganztier“-Ansatz, bei dem das Ausdrucksverhalten der Tiere beobachtet und mit Eigenschaften beschrieben wird, wie „ruhig“, „entspannt“, „lebhaft“ und „zufrieden“ als positiv besetzte Beschreibungen oder „gestresst“, „ängstlich“ und „reizbar“ als negativ besetzte.

Abbildung 1

Tränkeplan für kälber

Um einen Tränkeplan für die mutterlose Kälberaufzucht zu erarbeiten, der dem Anspruch an das Ausleben des natürlichen Verhaltens der Kälber weitestgehend gerecht wird, führten die Autorinnen Verhaltensuntersuchungen bei verschiedenen Tränkeanrechten durch. Die Kälber wurden täglich mit 8 und 10 l Milchaustauscher (MAT) bis zum 28. Lebenstag sowie 12 l MAT bis zum 49. Lebenstag getränkt. Mit Überwachungskameras wurde das Verhalten vom Tag der Einstallung in die Gruppenhaltung bis zur Ausstallung aufgezeichnet und mit dem Programm Interact der Firma Mangold statistisch ausgewertet. Die Frage, ob das Verhalten normal, also artspezifisch und damit tiergerecht ist und sich die Kälber wohlfühlen, wurde über den Vergleich mit der Beschreibung des Verhaltens in der Mutterkuhhaltung bzw. primitiver Rinderrassen oder ihrer Wildformen in der Literatur beantwortet. Als Kriterien des Normalverhaltens wurden Ruhe-, Aktivitäts- und Futteraufnahmeverhalten ausgewertet.

Kälber unterliegen einem stabilen Tagesrhythmus, was sich in der ähnlichen Verteilung der Ruhe- und Aktivitätszeiten bei verschiedenen Tränkeanrechten zeigt (Abb. 1).

Abbildung 2

entspannt durch den tag

Ab Mitternacht wird lange und durchgehend geruht, morgens beginnt zwischen 4 und 6 Uhr eine Phase intensiver Aktivitäten und zur Mittagszeit wird geruht. Allerdings sind die einzelnen Ruheperioden am Tage deutlich kürzer. In den Abendstunden sind die Kälber wieder aktiv. Da dieser Tagesrhythmus auch ähnlich in der Mutterkuhhaltung beschrieben wird, kann wohl davon ausgegangen werden, dass er genetisch fixiert ist und somit keine Anhaltspunkte für das Wohlbefinden bietet.

Etwas anders zeigt sich das Bild bei Betrachtung der täglichen Ruhestunden bei unterschiedlichem Tränkeangebot über den Verlauf der Tränkeperiode (Abb. 2). Bei dem höchsten Tränkeanrecht von 12 l MAT pro Tier und Tag bis zum 49. Lebenstag ruhen die Kälber bis zur zehnten Lebenswoche durchgehend 15–16 Stunden am Tag, so wie es auch für Kälber in der Mutterkuhhaltung beobachtet wird. Lange Ruhezeiten haben sich bereits als haltungsrelevante Indikatoren bewährt, da sie gut messbar sind. Bei einem Beginn des Abtränkens ab dem 29. Lebenstag gehen die täglichen Ruhezeiten auf etwa 11–12 Stunden zum Ende der Tränkeperiode zurück.

schlafen, fressen, toben

Zum normalen Verhalten gehören die Tränke- und Beifutteraufnahme, die in Abbildung 3 gezeigt werden. Lange Saugperioden sind somit ein Hinweis auf ein artgerechtes Tränkeangebot. Kälber saugen 8–10 Minuten an der Mutter, über 24 Stunden wurden Säugezeiten von 60–70 Minuten über 4–5 Saugperioden beobachtet. Diese langen Saugzeiten können nur über ein hohes Angebot und hohe Saugwiderstände erreicht werden, was auch bei den 12-l-Kälbern nicht ausreichend der Fall war. Bei späterem Beginn des Abtränkens mit 12-l-Anrecht bis zum 49. Tag wurden in der 9. Woche 26,9 und ein Woche später 17,6 Minuten im Tagesmittel notiert. Die Dauer der Tränkeaufnahme ging bei den 8-l-Kälbern deutlich früher zurück. In der 10. Lebenswoche sind es nur noch 4,8 Minuten am Tag.

Trotz Unterschieden im Tränkeangebot und damit in der Tränkeaufnahme beginnen alle Kälber erst ab der 8. Lebenswoche über längere Zeit Beifutter aufzunehmen, was durch andere Autoren bestätigt wird. In den meisten aktuellen Tränkeplänen wird deutlich früher mit dem Abtränken begonnen und somit werden die Tiere teilweise über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend versorgt. Auch dieses Verhalten zeigt sich unabhängig vom Tränkeplan und ist kein Hinweis auf das Wohlbefinden der Kälber.

stress beim entwöhnen

Zum normalen Verhalten von Jungtieren gehören Spiel, soziale Kontakte, Erkundung und viel Bewegung. Gesunde, vitale Kälber sollten sich täglich zu 80 Prozent und mehr mit Spielen und Herumtollen beschäftigen, die sonstigen Aktivitäten sind Indikatoren für das Wohlbefinden. Deshalb wurden die sonstigen Aktivitäten betrachtet (Abb. 4). Es zeigt sich deutlich, dass deren Anteil mit zunehmendem Alter zurückgeht. Bei den 12-l-Kälbern verläuft die Trendlinie durchgehend auf dem höchsten Niveau. Die Trendlinie der 8-l-Kälber fällt am steilsten ab.

Als Abweichungen vom Normalverhalten wurden Blindbesuche an der Tränkestation und das gegenseitige Besaugen betrachtet (Abb. 5). Beides stellt in der Mutterkuhhaltung kein Problem dar. Kälber werden von fremden und bei Entwöhnung von den eigenen Müttern abgewehrt. Bei diesen „Besuchen ohne Anrecht“ lernt das Kalb durch die Abwehr schnell zu verzichten, während die Blindbesuche an der Tränkestation immer wieder aufeinander folgen, was zunehmend Stress erzeugt. Das gegenseitige Besaugen wird bei zu niedrigen Tränkeanrechten – zu kleinen und zu wenigen Mahlzeiten – deutlich häufiger beobachtet. Wehrt sich der Gruppenpartner nicht gegen das Besaugen, manifestiert sich das Verhalten. Reduzieren kann man dieses Verhalten nur mit hohen Tränkeanrechten über einen ausreichend langen Zeitraum, das heißt mindestens 12 l Tränkeanrecht bis zum 49. Lebenstag. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass dies für die Rasse Deutsche Holsteins gilt. Kälber mit Genanteilen der Rassen Fleckvieh, Braunvieh und Jersey neigen verstärkt zum Besaugen.

Es muss also nicht wie im Film aus dem Jahr 1958 heißen: „Ohne Mutter geht es nicht“, aber die Beobachtung des Verhaltens der Kälber gibt Hinweise zu deren Wohlbefinden.

FAZIT mutterlose kälberaufzucht

Indikatoren für eine artgerechte Gruppenhaltung von Kälbern in der mutterlosen Aufzucht sind bis zum Absetzen:


Gurken: Die grüne Erfrischung

Die „süße“ Gurkenzeit hat begonnen, denn das knackig-frische Gemüse aus heimischem Anbau füllt jetzt wieder die Supermarktregale – zumindest schon mal das aus dem Gewächshaus.

Gurke klingt vielleicht nicht gerade sexy. Doch das kann der Leidenschaft der Deutschen für das knackig-frische Gemüse nicht das Geringste anhaben. Denn Gurken sind hipp und vielseitig einsetzbar.

Geerntet wird das grüne Gemüse hierzulande von März in Folientunneln oder Gewächshäusern (Freilandanbau ab Mai/Juni) bis in den Oktober hinein. Und wie sehr es im Trend ist, zeigen diese Zahlen: Allein 2020 wurden hierzulande rund 530.000 t Salatgurken gekauft. Im Jahr 2019 waren es 470.000 und 2018: 440.000 t. Pro Kopf wurden damit laut AMI 6,4 kg frische Gurken pro Kopf verbraucht.

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Gurken: Viel Wasser und kaum Kalorien

Ob im Salat, im Tzatziki, als Snack oder im Smoothie – Gurken peppen viele Gerichte auf, bringen Farbe auf den Teller und sind äußerst erfrischend, so die Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO). Auch Kalorienbewusste wissen die Gurke zu schätzen, denn sie besteht zu 97 % aus Wasser und hat somit kaum Kalorien. Pro 100 g sind es gerade einmal 12 kcal. Genaugenommen gehört die Gurke zu den wasserreichsten und energieärmsten Gemüsekulturen überhaupt. Trotzdem enthält sie viele wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamin C und K, sowie wichtige B-Vitamine, Ballaststoffe und diverse Nährstoffe, die überwiegend in der Schale sitzen, so die BVEO.

Schon deshalb empfiehlt es sich, Gurken ungeschält und gründlich gewaschen zu essen. Sie sind aber nicht nur ein gesundes Nahrungsmittel. Auch äußerlich lassen sich Gurken nutzen: Denn durch ihren hohen Wasseranteil sind sie hervorragend als erfrischende und feuchtigkeitsspendende Gesichtsmaske geeignet.

Auf Frische achten und nicht zu kalt lagern

Beim Einkauf gilt: Je fester die Gurke und glatter die Schale, umso frischer ist das Gemüse. Ein weiteres Merkmal ist die kräftig grüne Farbe. Gelbliche Verfärbungen deuten auf ältere Ware hin ebenso wie weiche Enden, Falten oder Druckstellen.

Und so frisch wie sie gekauft, sollten sie auch gegessen werden. Generell bevorzugen sie Temperaturen von 10 bis 13 °C und sollten deshalb auch nicht im Kühlschrank gelagert werden. Wenn, dann nur im Gemüsefach, wo sie sich bis zu vier Tage halten. Denn bei niedrigeren Temperaturen können Gurken fleckig und gelb werden.

Und sie sollten auf keinen Fall neben Melonen, Tomaten, Äpfeln oder Birnen lagern. Diese nachreifenden Obst- und Gemüsesorten bilden das Gas Ethylen, welches die Gurken schnell überreif werden lässt.

Rezept mit Gurken: Gurkensushi

Gurkensushi
(c) BVEO Ariane Bille

Zutaten für 2 Personen:
125 g Sushireis, 1 Prise Salz, 1 EL Sesamöl, 1 ½ EL Sesam, 2 Salatgurken, ½ rote Paprika, ½ gelbe Paprika, 1 Möhre, 1 Handvoll Sprossen, 1 Chili, 2–3 EL Sojasauce, ½ Limette

Zubereitung:
Reis nach Packungsanleitung mit einer Prise Salz kochen. Anschließend mit Sesamöl und 1 EL Sesam vermengen und auskühlen lassen. Gurken waschen, trocken reiben, in der Mitte durchschneiden und das Kerngehäuse entfernen.
Paprika waschen, trocken tupfen, Strunk und Kerngehäuse entfernen und in dünne Streifen schneiden. Möhre schälen, Strunk entfernen und ebenfalls in dünne Stifte schneiden. Gurken nacheinander mit Reis, Paprika und Möhren füllen. In 1,5 cm breite Scheiben schneiden, auf einen Teller legen und mit Sprossen und Sesam bestreuen.

Chili waschen, Strunk entfernen und fein hacken. Mit Sojasoße und 1 Spritzer Limettensaft mischen. Gurken-Sushi hineintauchen und genießen.
Rezept von: BVEO

Von Salat- bis Minigurke

Salatgurke, Schmorgurke, Einlegegurke – es gibt viele Sorten. Einige sind glatt, andere haben eine etwas stacheligere Schale wie die Einlegegurke. Der Gurkenklassiker für den Salat ist grün, die Schmorgurke dagegen grün-gelb und es gibt sogar komplett weiße Gurken. Und auch in puncto Größe ist das erfrischende Gemüse vielfältig: von der großen Salatgurke, über die mittelgroße Landgurke bis hin zur trendigen Minigurke.

Im Freiland wächst die Gurke meist auf dem Boden kriechend oder an Rankhilfen, während sie im Gewächshaus meist an Schnüren in die Höhe geführt wird.

Wurzeln in Nordindien

Die Gurke gehört zur Familie der Kürbisgewächse und ist daher auch mit der Melone verwandt, erklärt die Bundeszentrale für Ernährung. Ursprünglich stammt sie aus Nordindien, wo sie sich vor etwa 3.500 Jahren aus einer extrem bitteren und kleinfrüchtigen Wildform entwickelt hat. Erst im Jahrhundert fand sie den Weg nach Westeuropa. Die modernen Schlangengurken werden erst seit dem späten 19. Jahrhundert gezüchtet.

Die heutigen Gurkensorten sind in der Regel nahezu frei von Bitterstoffen. Bei mangelnder Wasserversorgung kann es aber vorkommen, dass die Gurke Bitterstoffe bildet. Daher macht es Sinn, vor der Zubereitung zu kosten.

Nach einer alten Küchenregel sollte die Gurke von der Blüte zum Stiel hin geschält werden, da sich die Bitterstoffe vom Stielansatz her anreichern. red

Fleisch: Würzen ist das A und O

Braten, Wurst und Schinken aus der Fleischmanufaktur Kriemann in Kandelin bei Greifswald sind ein Renner.

Von Karl-Heinz Engel

Torsten Kriemann ist hauptberuflich Fleischermeister in einem Lebensmittelmarkt. In seiner Freizeit ist er als Jäger unterwegs und verarbeitet im Nebenerwerb hauptsächlich Wildfleisch. Mit Braten, Wurst und Schinken wird das Angebot aber nur grob umrissen. Alles in allem umfasst das Sortiment 35 Artikel, darunter auch Tollatsch, eine im Pommernland verbreitete Spezialität. Zur Seite steht Kriemann sein Vater Heinz, seines Zeichens ebenfalls Fleischermeister, Diplom-Ingenieur für Fleischverarbeitungstechnologie und jetzt Rentner.

In eigener Regie

Unterdessen widmen sich auch andere Jäger der Verarbeitung und Vermarktung ihrer Beute, Tendenz steigend. Der Grund: Hiesiges Wildfleisch wird vom Handel wegen der Einfuhr aus Übersee miserabel bezahlt. Außerdem hat die coronabedingte Schließung von Hotels und Gaststätten den regionalen Absatz weiter verschlechtert. „Dann machen wir es eben selbst“, hört man allenthalben aus der Jägerschaft.

Immerhin wissen Jäger als kundige Personen um die zu beachtenden Lebensmittel- und Fleischhygienerechts-Vorschriften, wenn sie Wilderzeugnisse in den Verkehr, sprich Handel, bringen wollen. Dennoch ist jeder, der sich der Vermarktung widmen will, gut beraten, sich diese Maßregeln noch einmal genau anzusehen. Unbedingt müssen von den zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern die erforderlichen Genehmigungen eingeholt werden. Hobbyfleischereien müssen strengen Standards entsprechen und behördlich freigegeben sein. Jäger wissen eigentlich, dass erlegtes Wild einige Tage im Ganzen bei etwa sechs Grad abhängen muss, bevor es gehäutet und zerwirkt wird. Das Fleisch gewinnt dadurch Zartheit und Aroma. Zu Beginn der Hobbyfleischerkarriere begeht aber mancher den Fehler, diesen wichtigen Schritt zu verkürzen oder sogar zu übergehen.

Wurst und Schinkenherstellung ist hohe Schule

Jungwild lässt sich meist günstig zu küchengängigen Schmorbratenportionen verarbeiten. Ob mit oder ohne Knochen, bleibt jedem überlassen. Wer sich indes ans Wurst- und Schinkenmachen wagt, sollte sich auf das Fleisch erwachsener Tiere beschränken, weil das für den Zweck eine bessere Beschaffenheit mitbringt, erklärt Torsten Kriemann. Die Wurst und Schinkenherstellung gilt indes als hohe Schule. In der Kandeliner Fleischmanufaktur ist das ein Part vor allem für Heinz Kriemann mit seiner über 50-jährigen Berufserfahrung. Er weiß, welches Wildfleisch man bei der Herstellung von Wurstmasse mit welchem mischen kann, damit daraus ausgezeichnete Brat-, Jagd-, Sülz- oder Mettwurst wird.


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Einer angehenden Damwildmettwurst wird bei Kriemanns zum Beispiel ein Anteil Schwein zugesetzt. Dadurch bindet sich die Masse besser. A und O ist allerdings das Würzen. Heinz Kriemann hat sich dafür eine Palette von mehr als zwei Dutzend Gewürzen zugelegt. Kein Billigzeug, sondern edle Ware, die ihren Preis hat. „Man merkt das der Wurst und dem Schinken aber sogleich an“, sagt Torsten Kriemann. Würzmischungen stellt sein Vater außerdem selbst her. Denn er weiß durch seine Erfahrung, nach Studieren und Probieren, was sich geschmacklich ergänzt und was nicht. Wissen, das jeder Wurstmacher allerdings für sich behält.

Rezepte wie ein Schatz

Heinz Kriemanns Rezepturen entstammen weitestgehend einem jahrzehntealten Merkbuch, das er hütet wie einen Schatz. Anfängern empfiehlt er, viel zu probieren, um letztendlich zur individuellen Geschmacksnote zu finden.
Sauberkeit muss auch in der Hobbyfleischerei oberstes Gebot sein. Bei Torsten Kriemann werden die Portionen umgehend vakuumverpackt und gekühlt. Was nicht für den alsbaldigen Verbrauch bestimmt ist, kommt sofort in den Tieffrost.
Zur Ausstattung einer Hobbyfleischerei gehört auch Verarbeitungstechnik. Die muss nicht dem neuesten Stand entsprechen und kann gebraucht sein. Sie erleichtert aber die körperliche Arbeit ungemein.

Rechnet sich die Weidemilch?

Auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen konfrontieren Handel und Molkereien die Milcherzeuger mit immer neuen Produktionsauflagen. Welche Kosten hierdurch entstehen und welche Risiken damit verbunden sind, wurde am Beispiel der Weidemilch berechnet.

Von Josef Assheuer, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

Wohl kein anderes Lebensmittel wird in so vielfältiger Weise angeboten wie Milch. Nicht enden wollende Kühlregale im Supermarkt sind für den Verbraucher eher herausfordernd als hilfreich. Dabei wird die Angebotspalette immer umfangreicher. Heumilch, Weidemilch, Bergmilch, A2-Milch, regionale Milch, Sommermilch – natürlich biologisch und GVO-frei. Und das Ganze zum unschlagbar günstigen Preis, schließlich ist Milch immer noch ein Ankerprodukt.

Der Aufwand für diese Vielfalt ist enorm. Getrennte Abholung und Verarbeitung, eine separate Verpackung und eine aufwendige Markenpflege sind nur einige Beispiele, die die Margen für Premiumprodukte belasten. Dabei ist der Anteil an Milch mit Produktionsauflagen an der gesamten vermarkteten Milchmenge eher gering. So konnte zum Beispiel der Absatz von Weidemilch in den Jahren 2015 bis 2017 zwar von 37 Mio. Liter auf 83 Mio. Liter gesteigert werden, dies entsprach zuletzt aber lediglich einem Anteil von 2,5 Prozent am gesamten Konsummilchabsatz.

Weidemilch: Premium hat seinen Preis

Langfristig ist davon auszugehen, dass sich der Milchmarkt in zwei Richtungen entwickeln wird. Auf der einen Seite wird ein zumeist lokal und mengenmäßig begrenztes Premiumsegment mit immer höheren Produktionsauflagen bedient, auf der anderen Seite wird Milch als Massenware zum Dumpingpreis im Weltmarkt abgesetzt. Kein Milcherzeuger kommt also umhin, sich mit den verschiedensten Vermarktungsprogrammen seiner beziehungsweise auch anderer Molkereien auseinanderzusetzen.

Am Ende entscheidet der Preis beziehungsweise der Mehrerlös darüber, ob eine Teilnahme für Milcherzeuger aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn macht.

Hierzu muss der Mehraufwand, der zur Erfüllung der Auflagen getätigt werden muss, akribisch ermittelt und dem in Aussicht gestellten Mehrerlös gegenübergestellt werden. Am Beispiel der Weidemilch haben wir für einen Musterbetrieb mit 150 Milchkühen die zusätzlichen Kosten ermittelt.

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Lesen Sie die Reportage in voller Länge in der Ausgabe 02 der Bauernzeitung.

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