Tipps: Eigene Homepage bauen

Landwirte sind beim Thema eigene Homepage skeptisch: „Kostet nur Geld“, „Bringt nichts, man kennt uns doch“, „Macht nur Arbeit“. Die Einwände sind berechtigt. Doch der Druck, etwas zu tun, wächst, denn Kunden, Lieferanten und die Öffentlichkeit erwarten den Internetauftritt.

Von Rolf Leicher, Heidelberg

Eine attraktive Website ist für den Landwirt die beste Möglichkeit, seinen Betrieb und sein Leistungsangebot darzustellen. Vor allem geht es darum, die Besonderheiten des Unternehmens zu präsentieren. Durch die Präsenz im Internet erreicht man Kunden, die man anders schwer erreicht. Ein Patentrezept zur Erstellung einer interessanten Seite gibt es nicht. Es kommt darauf an, sich mit Text und Layout deutlich vom Mitbewerber abzusetzen. Nutzer sind sehr anspruchsvoll, wenn sie sich im Netz befinden. Eine langweilige Seite wird nicht zwei Mal besucht.

Die Präsentation des Betriebs wird in Schlagworten vorgenommen: Worin unterscheidet sich der eine Betrieb von anderen? Leser wollen wissen, unter welchen Bedingungen landwirtschaftliche Produkte hergestellt werden, wie der Weg von der Saat bis zur Ernte und von der Geburt bis zur Schlachtung verläuft. Informationen über artgerechte Tierhaltung hatten nie so große Bedeutung wie im Augenblick.

Aktuelle Events wie das Hoffest, Feldführungen und die jüngsten Presseveröffentlichungen wecken das Interesse. Saisonale Angebote aus dem Hofladen werden aufmerksamer zur Kenntnis genommen als die Auflistung des gesamten Programms. Direkteinkäufer sind Profileser und erkennen schnell, ob die Homepage veraltet ist. Zum Image gehört es, dass die Inhaberfamilie vorgestellt wird. Auch eine kurze Übersicht von der Entstehung des Betriebs bis zum heutigen Tag findet Interesse.

Homepage: Layout und Inhalt sind wichtig

Neben den Inhalten (Content) ist auch die Gestaltung von Bedeutung. Der Leser beurteilt die Website nach bestimmten Kriterien: Inhalt, Gestaltung, Navigation und Aktualität der Informationen. Fotos sind Hingucker, sie genießen größere Aufmerksamkeit. Ein Panoramafoto ist meist interessanter als vier kleine Abbildungen, auf denen man nicht viel sieht. Die meisten Auftritte haben in letzter Zeit an Professionalität zugenommen, auch anspruchsvolle Leser finden wenig Anlass zur Kritik.

Ohne guten Inhalt kommt kein Besucher oder er klickt gleich weiter. Es genügt also nicht, dass die Seite optisch gut aussieht. So wichtig auch das Webdesign ist, Inhalte stehen im Vordergrund. Allerdings gilt der Grundsatz: Je mehr Text in den digitalen Medien, desto oberflächlicher wird gelesen. Oft werden nur Titel und Absatzanfänge gelesen.


2021_02_Titelfoto_bauernzeitung

Lesen Sie die Reportage in voller Länge in der Ausgabe 02 der Bauernzeitung.

Im e-Paper abrufen (€)


Agrargenossenschaft Teichel eG: Emotionen im Alltagsgeschäft

Geflügelpest, abgesoffene Äcker oder die aktuellen Entwicklungen der Agrarpolitik: Es gibt so einige sensible Themen, die bei aller Betriebsamkeit die Gemüter in der Agrargenossenschaft Teichel eG erregen.

Von Frank Hartmann

Erst einmal Luft ablassen. Denn darüber kann sich Vorstandschef Dr. Stefan Blöttner richtig aufregen: Im an Regelungen und Kontrollwesen nicht gerade armen Deutschland vermag es ein Geflügelhändler, Junghennen an namenlose Hobbyhalter zu verkaufen. Dies könnte ihm eigentlich egal sein, meint Blöttner, stammten die Tiere nicht aus einem Geflügelpestbestand und wurden über mehrere Landkreise in Thüringen breit gestreut.

Als eine von vier Gesellschafterinnen der Geflügelhof Teichweiden GmbH gibt sich die Agrar eG an diesem Punkt besonders sensibel. Je zwei Ställe mit Freiland- und Bodenhaltungshennen bewirtschaftet der Geflügelhof. „Die Vermarktung ist stark regional ausgerichtet. Und wenn vor Ostern die Geflügelpest allgegenwärtig ist, reagieren die Kunden“, weiß Blöttner. Langfristige Folgen beim Verbraucherverhalten sind nie ausgeschlossen.

„Landwirtschaft ist hierzulande nicht mehr gewollt“

Ende März erließ die Veterinärbehörde für den gesamten Kreis Saalfeld-Rudolstadt eine Stallpflicht, weil Tiere vom besagten Händler auch hierherkamen. Gründonnerstag bestätigte sich der erste Geflügelpestfall bei einem Hobbyhalter im Stadtgebiet Rudolstadt. Trotz einer Restriktionszone darf man im nahe gelegenen Teichweiden aber per Ausnahme weiter Eier vermarkten. Hingegen bringt das, was die Agrarminister ausgehandelt haben, Blöttner nicht mehr in Rage. Lakonisch sagt er: „Meine Erwartungen haben sich erfüllt: Landwirtschaft ist hierzulande nicht mehr gewollt. Also müssen wir zusehen, ob und wie wir künftig als Landschaftspfleger über die Runden kommen.“ Die Agrargenossenschaft sei bereit dazu. Nur müsse sie damit Geld verdienen, vor allem, um ihre 49 Mitarbeiter gut bezahlen zu können.

Und während Blöttner dies auf der Fahrt von Teichröda hoch nach Haufeld, wo der Raps steht, erzählt, zeigt er auf einen abgesoffenen Schlag. Vier Biber sind hier immer gut beschäftigt. Und sie sind nicht die einzigen im Revier. „Von mir aus kann der Biber ‚bibern‘. Aber dann muss im Äquivalent zu Weizen oder Raps entschädigt werden. Denn auf diesen Feldern wächst nichts.“

AGRARGENOSSENSCHAFT TEICHEL: sorgenkind Raps

Vor fünf Wochen berichtete Pflanzenbauvorstand Eric Engelmann an dieser Stelle, dass man in den Startlöchern für die Frühjahrsbestellung stehe. Am Ende mussten er und sein Team nach einem hoffnungsvollen Beginn noch drei Wochen warten. Es regnete oft und viel. Die Flächen waren nicht befahrbar. Seit knapp zwei Wochen herrscht wieder rege Betriebsamkeit: Die Braugerste und die Erbsen sind gedrillt. Mitte letzter Woche kam der erste Hafer ins Saatbett.

Voran geht es beim Wiesenschleppen. Die Weiden beginnen, grün zu leuchten – sofern der Aufwuchs stimmt, können die Mutterkuhherden in vier Wochen ihr Winterquartier verlassen. Im gut gewachsenen Winterraps gab es massive Aktivitäten des Stängelrüsslers. Der Raps bleibt für Blöttner eine faszinierende Kultur, gleichwohl sie einem Praktiker auch den Schlaf rauben kann: „Wenn man den Raps jetzt sieht, mag man kaum glauben, dass der in fünf Wochen blüht.“ Ein wenig Sorge bereitet ein Luzerneschlag. Die Proteinpflanze kam 2020 als Untersaat in die Sommergerste. „Die Trockenheit hat der jungen Luzerne offensichtlich arg mitgespielt. Ich hoffe, dass sie sich noch berappelt. Sonst haben wir ein Problem. Denn sie zählt zu unserem Greening-Portfolio.“

neues leben für alte kartoffelhallen

Der Vorstandschef berichtet nebenbei noch von einer Begegnung der besonderen Art: Im Zuge der Eingemeindung nach Rudolstadt ist der Draht zur Kommunalpolitik längst nicht mehr so kurz wie einst. Nun trafen Blöttner und Co-Vorstand Engelmann Rudolstadts Bürgermeister Jörg Reichl zum Gespräch: Dabei ging es etwa um landwirtschaftliche Wege, die die Stadt eigentlich unterhalten sollte. „Wir haben angeboten, dass wir als Nutzer in unserem eigenen Interesse tätig werden. Aber für lau, so wie es lange üblich war, geht es einfach nicht mehr.“ Das, berichtet Blöttner, sehe der Bürgermeister ebenso, der eine Entlohnung für notwendig erachtet. Ob sich daraus etwas entwickelt, bleibe abzuwarten.

Von den alten Kartoffelhallen trennt man sich nun, berichtet Stefan Blöttner.
Von den alten Kartoffelhallen trennt man sich nun, berichtet Stefan Blöttner. (c) Frank Hartmann

Daneben erbaten die Landwirte Hilfe in einer Grundstückssache: „In Teichel stehen noch alte Kartoffelhallen. Zu LPG-Zeiten wurden dort Knollen von 180 Hektar sortiert und gelagert.“ Samt Grundstücken will man die ungenutzten Hallen jetzt an örtliche Handwerksbetriebe verkaufen. „Wir wollen das sauber über die Bühne bringen, das heißt auch mit den angrenzenden Nachbarn.“ In einer Hallenecke erinnert noch ein landtechnisches Relikt an jene Zeit, als man Kartoffeln selbst auf Muschelkalk-Verwitterungsböden kultivierte. Gefertigt wurde es einst 30 km nördlich von Teichröda: ein Fortschritt Grüner E 686 Weimar.


Im August beginnt Marie George, hier mit Vorstand Stefan Blöttner, ihre Ausbildung in Teichröda.

Agrargenossenschaft Teichel eG

Lesen Sie alle Artikel über unseren Praxispartner in Thüringen… mehr


Mähdrescher: Kaufen, leasen oder mieten?

Oft ist der Mähdrescher die teuerste Maschine, und das, obwohl sie nicht selten nur zehn Tage im Jahr genutzt wird. Daher ist es wichtig, intensiv über die Anschaffungsoptionen nachzudenken.

Von Hans Jürgen Hölzmann, Meckenheim

Die Ansprüche an den Mähdrusch sind enorm. Der Arbeitsgang muss zeitkritisch, mit hoher Schlagkraft und guter Arbeitsqualität und zuverlässig durchgeführt werden. Wenn in den letzten beiden Jahren die Witterung im Erntezeitraum auch relativ gut war, so kennen wir aber alle auch die Jahre, in denen für die Druscharbeiten witterungsbedingt immer nur kleine Zeitfenster zur Verfügung standen.

Die Nerven der Betriebsleiter waren aufs Äußerste angespannt, wenn die Maschine nicht zur Verfügung stand oder nicht funktionierte. Schließlich können neben den direkten Kosten der Maschine auch noch andere Kosten anfallen oder besser gesagt Erlöse entgehen, die durch eine nicht zeitgerechte Ernte und dadurch verbundene Qualitätsverluste zu beziffern sind. Dieser entgangene Nutzen kann genauso hoch sein wie die Kosten der Maschine selbst. Von daher sind zunächst einmal die Anforderungen des Betriebes zu definieren, um anschließend den Arbeitsgang passend zu organisieren.

Es zählt die Fläche im gleichen Zeitraum

Betriebe, die sich für die Produktion von Qualitäts- oder Saatgetreide entschieden haben, stellen dabei andere Ansprüche als zum Beispiel Futtergetreide produzierende Betriebe oder Betriebe, die über eine eigene Lagerung und Trocknung verfügen. Auch ist nicht die gesamte Mähdruschfläche entscheidend, sondern die Mähdruschfläche, die im gleichen Zeitraum gedroschen werden muss. So kann die Druschernte zum Beispiel durch den Anbau von Wintergerste, von „frühem“ und von „spätem“ Weizen deutlich entzerrt werden.

Für die Auslastungsgrenze der Maschine ist dann nicht die gesamte Druschfläche, sondern der Umfang der Wintergerstenfläche und der Weizenfläche maßgebend. Für die Kostenberechnung sind jedoch alle Druschflächen zu addieren. Das bedeutet, dass bei einer eigenen Mechanisierung, Miet- oder Leasingmaschine auch die Art der Druschfrüchte zu berücksichtigen ist, was zum Beispiel bei einem Lohnunternehmer kaum eine Rolle spielt.

Betrachtet man die Vollkosten der Weizenproduktion, so kann man je nach westeuropäischer Region von mehr oder weniger als rund 2.000 €/ha ausgehen. Die kompletten Druschkosten selbst (inklusive Diesel und Fahrer) nehmen dabei vielfach eine Spanne von über 100 bis über 200 €/ha ein, nicht wenig, aber auch nicht allein entscheidend für die Rentabilität des Produktionsverfahrens, da für die Rentabilität ja auch die Erlösoptimierung im Vordergrund steht. Dennoch: 100 €/ha und mehr an Kosten zu sparen oder zu viel auszugeben, liegt in der Hand des Betriebsleiters und bedarf der Optimierung.

Mit hoher Auslastung feste Kosten senken

Bei einer eigenen Maschine setzen sich die Druschkosten aus variablen und festen Kosten der Maschine sowie den Arbeitskosten für den Fahrer zusammen. Die variablen Kosten bestehen im Wesentlichen aus dem Treibstoff, der Unterhaltung und den Reparaturen für die Maschine. Die Größenordnung bewegt sich häufig zwischen 40 bis 55 €/ha je nach Maschinentyp.

Die Auslastung der Maschine spielt dabei kaum eine Rolle, eher schon die Einsatzbedingungen und die Qualität des Dreschers. Die festen Kosten wie in erster Linie die Abschreibung (AfA) variieren dahingegen sehr stark zwischen 50 bis 150 €/ha. Klar: Es ist schon entscheidend, ob die Maschine mehr oder weniger ausgelastet wird.

Die Auslastung ist also der größte Hebel bei den Druschkosten einer eigenen Maschine. Die weiteren festen Kosten bestehen aus der Verzinsung des eingesetzten Kapitals und der Maschinenversicherung in Höhe von zurzeit 20 bis 30 €/ha. Letztlich sind noch die Arbeitskosten des Fahrers zu berücksichtigen, die vielfach zwischen 20 bis 50 €/ha liegen, je nachdem wie hoch die Schlagkraft des Dreschers ist und der Stundenlohn des Fahrers. Klar ist auch: Eine eigene Maschine kann eigenfinanziert werden, aber auch, zumindest teilweise, fremdfinanziert sein. Weit verbreitet ist heutzutage eine zumindest teilweise Fremdfinanzierung durch den Maschinenhersteller beziehungsweise den Maschinenhändler.

Kosten individuell ermitteln

Für die Betrachtung, welche Art der Erledigung eines Arbeitsganges bezüglich der Kosten infrage kommt, sind zunächst einmal die Kosten einer eigenen Druschmaschine zu ermitteln. Dabei ist zwischen den reinen Maschinenkosten und den Kosten inklusive Diesel und Fahrer zu unterscheiden. Wie die Abbildung deutlich zeigt, ist mit steigender Druschfläche eine erhebliche Kostendegression verbunden.

Während eine neue Maschine mit unter 200 ha Druschfläche kaum wirtschaftlich erscheint, sind bei über 400 ha Druschfläche kaum noch weitere Kostensenkungen möglich. Und wie bereits erwähnt, ist organisatorisch kaum noch ein höherer Einsatz zu bewerkstelligen. Von daher zunächst ganz einfach: Eine eigene Maschine mit einer Schneidwerksbreite von zum Beispiel 6–7 m kommt insbesondere für eine Druschfläche von über 200–400 ha, oder auch bei einem höheren Anteil von Druschfrüchten in deutlich unterschiedlichen Druschzeitfenstern für den Einsatz von über 400 ha infrage.

Für Mähdrescher mit größeren Schneidwerken gelten in etwa dieselben Kosten pro Hektar. Der Umfang der möglichen Druschfläche ist jedoch entsprechend der Schneidwerksbreite höher. Die hier aufgezeigten pauschalen Daten sind in jedem Fall im individuellen Betrieb zu ermitteln. Die entsprechenden betriebswirtschaftlichen Bewertungssätze beziehungsweise Formeln sind relativ einfach, aber gegebenenfalls auch durch die Hinzuziehung eines Beraters zu klären.

In Kooperation geht es günstiger

Um eine relativ kostengünstige Druschfläche zu erreichen, ist nicht nur die eigene Druschfläche in Betracht zu ziehen, sondern auch zu prüfen, ob man mit anderen Betrieben in diesem Arbeitsgang zusammenarbeitet. Neben der weit verbreiteten Mähdrescher-Bruchteilsgemeinschaft käme für diesen Arbeitsgang auch eine Maschinengesellschaft oder gar ein eigener Lohndrusch infrage. Wichtig dabei ist: Die Maschinenkosten müssen einfach und korrekt verrechnet werden können, was speziell beim Mähdrescher relativ einfach ist.

Neben der eigenen Maschine kommt für die Durchführung dieses Arbeitsgangs vielfach eine geleaste Maschine infrage. Beim Leasing wird die Maschine für einen vorab definierten Zeitraum und gegen eine gleichbleibende, festgelegte Rate zur Nutzung überlassen. Die Finanzierung erfolgt dabei außerhalb der Bilanz und verbessert damit die Eigenkapitalquote des Betriebes.

Zu nennen ist auch der Liquiditätsvorteil gegenüber einer Finanzierung mit eigenen Mitteln. Dabei muss man aber insbesondere in der heutigen Zeit etwas anders denken. Für vorhandenes Eigenkapital ist ein Mähdrescher oftmals eine wertbeständige solide Anlage. Die Zahlung einer festen Leasingrate bietet jedoch hohe Planungssicherheit und die Raten sind manchmal steuerlich vorteilhafter als die Abschreibung beim Kauf.

Die Höhe der Hektarkosten bei der geleasten Maschine ist genauso auslastungsabhängig wie bei der eigenen Maschine beschrieben. Ein Nachteil einer geleasten Maschine besteht oftmals in einem geringeren Verhandlungsspielraum bezüglich der Höhe der Kosten. Der Verkäufer ist dabei zu geringeren Zugeständnissen bereit, wenn er weiß, dass der Landwirt unbedingt diese Maschine will, die entsprechenden Mittel aber nicht zur Verfügung hat und sich bezüglich eines separaten Kredites schwer tut. Insofern kann dann eine geleaste Maschine pro Hektar teurer werden als eine eigene Maschine.

Landwirtschaftliche Maschine

INVESTITIONPROGRAMM LANDWIRTSCHAFT
Änderungsantrag bei anderer Maschine

Nachdem die Bewilligungsbescheide der ersten Antragsrunde herausgegangen sind, gibt es laut Landberatung Helmstedt einige Details zu beachten. Beim Antrag wurde ein Angebot einer Maschine mit dem Darlehensantrag eingereicht. An dieses Angebot sind die Antragsteller gebunden.
Sollten die Antragsteller eine andere Maschine kaufen als im Angebot beschrieben, laufen sie Gefahr, keine Förderung zu bekommen. Insofern sollten die Antragsteller mit ihrer Hausbank, über die der Antrag eingereicht wurde, sprechen. Es gibt die Möglichkeit, einen Änderungsantrag einzureichen. Wenn dieser positiv beschieden wird, können die Antragsteller die andere Maschine kaufen. Die Landberatung rät den zukünftigen Antragstellern, bei den nächsten Antragsrunden die Maschinen vorher komplett auszuhandeln, damit keine Änderungen im Angebot mehr notwendig werden. Red

Mähdrescher: Mietkauf lohnt sich selten

Beim Mietkauf wird der Mähdrescher in festgelegten, planbaren Schritten, die auf den individuellen Betrieb abgestimmt werden können, letztlich zum Eigentum. Am Ende des Mietzeitraums und mit Zahlung der letzten Rate geht der Mähdrescher in das Eigentum über.

Diese in unserer Landwirtschaft weniger gebräuchliche Form hat ähnlich Vor- und Nachteile wie eine Leasingmaschine. Es fehlt jedoch an Flexibilität, wenn der Mähdrescher am Ende der Mietlaufzeit vom Betrieb übernommen werden muss. Da die Kosten nicht günstiger sind als bei den vorher aufgeführten Verfahren, empfiehlt sich ein Mietkauf nur bei speziellen Konstellationen. Wenn man zum Beispiel sicher ist, in ein paar Jahren über das entsprechende Kapital zu verfügen, aber besonders, wenn die kalkulierten Kosten nicht höher sind als bei den vorher aufgeführten Verfahren.

Insbesondere ackerbaulastige Betriebe mit höherem Druschflächenumfang neigen zu einer eigenen Mechanisierung, sei es in Form einer selbst angeschafften Maschine, einer Leasingmaschine oder eines Mietkaufs.

Drusch: Mit Lohnunternehmer nicht so flexibel

Letztlich ist eine Erledigung des Druschs durch einen Lohnunternehmer in Erwägung zu ziehen. Diese Art der Erledigung kommt insbesondere für die Betriebe in Betracht, die eine geringe Druschfläche besitzen. Auch für Unternehmen, die kaum eine Möglichkeit haben, mit anderen Betrieben in den vorher beschriebenen Formen zusammenzuarbeiten, ist dies überlegenswert. Zudem kann man bezüglich des kritischen Druschzeitpunkts bei weniger anspruchsvolleren Kulturen und eines nicht vorhandenen Mähdrescherfahrers diese Art der Erledigung des Arbeitsgangs wählen.

Bezüglich der Kosten konkurriert der Lohnunternehmer mit den abgebildeten Zahlen inklusive Diesel und Fahrer. Insbesondere in tierischen Veredlungsbetrieben, aber auch in Betrieben mit einem hohen Anteil von Sonderkulturen auf dem Acker haben die Mähdruschfrüchte nicht so eine große Bedeutung. Hier steht eine schlanke Arbeitserledigung ohne viel spezielles Know-how im Vordergrund. Die Vorteile eines Lohnunternehmereinsatzes wie kein Kostenrisiko, keine Anschaffungskosten, kein größerer Druschflächenumfang liegen auf der Hand. Die Nachteile wie Gefährdung des zeitkritischen Einsatzes und mangelnde Arbeitsqualität müssen jedoch auch beachtet werden. Während der Landwirt bei den vorher aufgeführten Druschverfahren den Zeitpunkt besser selbst gestalten kann, ist man beim Lohnunternehmer in größerer Abhängigkeit. Dabei ist auch klar: Je wichtiger der Kunde für den Lohnunternehmer ist, umso vorzüglicher wird er behandelt.

FAZIT

Ob Kauf, Leasing, Miete eines Mähdreschers oder Ernte durch einen Lohnunternehmer, jede Option hat ihre Vor- und Nachteile. Durch die betriebsindividuell richtige Wahl der Erledigung des Druscharbeitsgangs können bei den direkten und indirekten Kosten beachtliche Summen gespart werden, sodass sich in jedem Fall eine intensive Beschäftigung mit diesem Thema lohnt.


Crowdfunding: Geld von vielen Gebern

Von Spenden bis zu Beteiligungen – Crowdfunding ist eine neue Art der Finanzierung. Finanzielle Unterstützung gibt es für ausgefallene Geschäftsideen bis hin zur millionenschweren Investition.

Von Dr. Wiebke Meyer, Landwirtschaftskammer Schleswig Holstein

Crowdfunding, auf Deutsch Gruppen- oder Schwarmfinanzierung, ist eine alternative Finanzierungsart zu herkömmlichen Finanzierungen wie Kredite. Dabei wendet sich ein Projektinitiator an die Öffentlichkeit, um Geld für sein Projekt zu bekommen. Das können private oder soziale Projekte sein, innovative Produkte, Geschäftsideen, Immobilien, Start-ups, etablierte Unternehmen und vieles mehr. In der Finanzwelt spielt Crowdfunding dem Volumen nach eine untergeordnete Rolle, hat aber in den vergangenen Jahren starke Zuwächse verzeichnet. Trotzdem machte Crowdfunding im Jahr 2019 mit einem Volumen von unter 500 Mio. Euro nur einen sehr kleinen Teil der Gesamtinvestitionen in Deutschland (circa 750 Mrd. Euro) aus.

Crowdfunding-Aktionen aus der Landwirtschaft sind derzeit in Deutschland (noch) wenig verbreitet. Hauptsächlich Betriebe aus dem Bereich Direktvermarktung nutzen diesen Weg, die Finanzierung eines Vorhabens zu sichern. Beispiele für solche Vorhaben sind der (Um-)Bau von Ställen, der Bau von Verarbeitungsstätten wie Käsereien oder Bäckereien oder das Anlegen von Blühwiesen. Diese Betriebe verfügen in der Regel bereits über ein großes Netzwerk von Kunden, die als potenzielle Geldgeber infrage kommen.

Weiter verbreitet ist Crowdfunding in der solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi): Hier kommen Verbraucher und ein oder mehrere Landwirte zusammen. Die jährlichen Kosten für die Produktion werden unter den Verbrauchern aufgeteilt und sie bekommen dafür Ernteanteile beziehungsweise Anteile an der tierischen Produktion. Der landwirtschaftliche Betrieb hat ein gesichertes Einkommen, auch bei Wetter- oder Marktkapriolen. Und die Verbraucher wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen und identifizieren sich stärker mit dem landwirtschaftlichen Betrieb und ihrer Region.

Zwei Beispiele für erfolgreiche Crowdfunding-Kampagnen sind die Bloggerin Julia Nissen, viele kennen sie als Deichdeern, und Tonia Rzehak vom Biohof Rzehak. Julia Nissen startete im November 2019 eine Crowdfunding-Kampagne, um eine digitale Plattform für Landerlebnisse von privat zu privat zu entwickeln – die App aufs Land. Ihr Ziel ist es, die Menschen zusammenzubringen und gemeinsam Spaß haben zu lassen, ob beim Treckerfahren, Plattdütsch schnacken oder traditionelle Rezepte kochen. Tonia Rzehak erhielt Ende 2018 über Crowdfunding die nötigen finanziellen Mittel zur Erweiterung der Hofmolkerei. Der Familienbetrieb Rzehak ist Teil der Schinkeler Höfe und verarbeitet die Milch von rund 35 Kühen zu verschiedenen Milchprodukten. Das Geld aus dem Crowdfunding floss in die technische Ausstattung für die Herstellung von Weich- und Schnittkäse.


Julius Nennewitz
(c) Philipp Nennewitz

Crowdfunding und Landwirtschaft – Wie geht das zusammen?

Unser Gast zum Praxis-Talk #07 Julius Nennewitz will ein 12 ha großes Agroforstsystem pflanzen und das durch eine Crowdfunding-Kampagne finanzieren. Grund genug für uns nachzufragen: Crowdfunding in der Landwirtschaft – Was hat es damit auf sich? mehr



Was ist Crowdfunding?

Für eine Crowdfundingaktion kommen ein Initiator oder eine Gruppe von Initiatoren und eine Vielzahl an potenziell interessierten Kapitalgebern, die sogenannte Crowd, zusammen. Die meisten Crowdfundingaktionen laufen über Plattformen im Internet. Aber gerade bei landwirtschaftlichen Projekten oder in der SoLaWi laufen viele Projekte auch von Angesicht zu Angesicht.

Insgesamt gibt es vier verschiedene Crowdfunding-Modelle. Sie unterscheiden sich darin, was die Geldgeber als Gegenleistung für ihre Investition bekommen:

Klassisches Crowdfunding/Vorverkauf von Produkten

Hier bekommt die Crowd eine nicht-finanzielle Gegenleistung, das kann ein Dankeschön-Geschenk sein oder ein vorab gefertigtes Produkt des Projektes. In der Landwirtschaft können die Gegenleistungen Patenschaftsmodelle, Genussrechte, Gutscheine mit späterer Fälligkeit oder die Einrichtung einer Verbrauchergenossenschaft sein. „Das Zusammenstellen der Dankeschöns war für uns eine besondere Herausforderung. Es muss ja richtig gut zu den Unterstützerinnen und Unterstützern passen. Die Dankeschöns sind immer eine freundliche Geste. Ihr materieller Wert liegt immer unter der zu spendenden Summe. Sonst hat das Projekt ja keinen Mehrwert davon“, sagt Tonia Rzehak.

Diese Art des Crowdfundings ist besonders geeignet für innovative Produkte und Services. So lässt sich schon vor Veröffentlichung des Projektes ein Markttest machen beziehungsweise ein Kundenstamm an das Produkt beziehungsweise den Service binden. Das klassische Crowdfunding ist damit oft auch ein Marketinginstrument, um Aufmerksamkeit zu generieren. Oft sind es Innovatoren oder emotional am Projekt Interessierte, die diese Art des Crowdfundings unterstützen.

Spenden

Bei der Finanzierung durch Spenden erhält die Crowd keine Gegenleistung für ihre Investition. Daher sind für diese Art des Crowdfundings insbesondere soziale, kulturelle und gemeinnützige Projekte geeignet. Es sind also meist Menschen, die etwas Gutes tun wollen, die diese Projekte unterstützen.

Crowdinvesting

Hier investieren Anleger über eine eigenkapitalähnliche Beteiligung in ein Unternehmen oder ein Projekt. Die Investoren erhalten eine erfolgsabhängige oder vorher festgelegte Rendite ihrer Investitionssumme. Demnach sind es Start-ups, kleine und mittelständische Unternehmen, Immobilien- und Energieprojekte, die diesen Weg wählen. Für Geldgeber mit einem gewissen Unternehmergeist ist dieser Finanzierungsweg geeignet.

Crowdlending

Die Anleger vergeben beim Crowdlending einen Kredit (Fremdkapital) zu einem festen Zinssatz. Projekte von Privatpersonen, Selbstständigen, kleineren Unternehmen und Energie- und Immobilienprojekte wählen oft diese Crowdfunding-Art. Anleger, die eine feste Rendite wünschen, wählen zumeist diesen Weg.
Viele Betriebe ganz unterschiedlicher Art sind durch die Corona-Pandemie in Liquiditätsengpässe gekommen. Alle vier Crowdfunding-Modelle sind dafür geeignet, kurzfristig Liquidität aus der Crowd zu sichern.


Live Praxis Talk Landakademie

Praxis-Talk #07: Mein Lieblingstool – so geht Innovation in der Praxis

Am 16.12.2021, 10 – 12 Uhr findet unser nächster Praxis-Talk statt. Im Mittelpunkt stehen die Lieblingstools der PraktikerInnen und die Chancen und Schwierigkeiten von Innovationen in der Landwirtschaft 4.0. mehr



Für wen ist Crowdfounding geeignet?

Bei der Überlegung, eine Crowdfundingaktion zu starten, muss am Anfang darüber nachgedacht werden, wie wahrscheinlich es ist, eine große Reichweite mit der Aktion zu erreichen. Denn damit steigt die Wahrscheinlichkeit, eine Crowd dazu zu motivieren, Geld in das Projekt zu stecken. Betriebe, die bereits eine hohe und positive Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit besitzen, die routiniert mit sozialen und klassischen Medien umgehen und sich durch eine positive Kommunikationsstärke auszeichnen, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit Erfolg mit ihrer Aktion haben. „Wir hatten bereits vor der Crowdfunding-Kampagne eine große Stammkundschaft, die uns und unseren Betrieb kannte. Daher waren wir guter Dinge, dass Crowdfunding für uns der richtige Weg sein kann“, so Tonia Rzehak.

Vielfalt an Plattformen

Die Bandbreite an Crowdfundingaktionen ist groß. Sie gehen von der Finanzierung eines KaffeeMobils für Musikfestivals über die Unterstützung eines Wohnprojekts mit Geflüchteten, grünem Strom für Dörfer in Entwicklungsländern und der Aufnahme eines Musikalbums bis zur Finanzierung eines Großevents zur Stärkung der Basisdemokratie. Und für viele Bereiche gibt es besondere Plattformen, die sich auf den jeweiligen Bereich spezialisiert haben und dementsprechend eine besondere Zielgruppe und damit Crowd haben.

Eine bekannte Plattform für Aktionen innerhalb der Landwirtschaft ist „Bauernhöfe statt Bauernopfer“, eine von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) initiierte Spendenplattform. Die meisten Aktionen auf dieser Plattform drehen sich um Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft. „Startnext“ war die erste und inzwischen ist sie die größte Crowdfundingplattform im deutschsprachigen Raum. Hier präsentieren sich alle Arten von Vorverkaufsaktionen in den Bereichen Kunst, Kreativität, Erfindungen und Social Entrepreneurship. Eine Plattform aus dem Bereich Crowdinvesting ist Econeers – sie hat sich spezialisiert auf grüne Investments in den Bereichen Energieeffizienz und nachhaltige Energieerzeugung, also erneuerbare Energien wie Solarenergie, Windenergie und Wasserkraft. „Obwohl sich meine geplante App ums Landleben dreht, habe ich mich bewusst für eine Plattform außerhalb der Landwirtschaft entschieden. Es geht eben ums Landleben und nicht um die Landwirtschaft an sich. Und da der Großteil meiner Follower und Followerinnen nicht aus der Landwirtschaft kommen, war das eine ganz bewusste Entscheidung, um eine möglichst große Zielgruppe anzusprechen“, sagt Julia Nissen.

Bei einer Crowdfundingaktion über eine Plattform berechnet die Plattform eine Gebühr für die Bereitstellung der Infrastruktur. Diese Gebühr hängt in der Regel prozentual von der erreichten Projektsumme ab. Bei manchen wird der Initiator aufgefordert, einen freiwilligen, zusätzlichen Beitrag zu leisten.

Von klein bis groß

Geeignet ist Crowdfunding theoretisch für alle Budgets von 1.000 bis mehrere Millionen Euro. Es hängt ganz von der Aktion und der Crowd ab. Wenn es sich um eine mitreißende Aktion, eine perfekt durchgestylte Kampagne und eine sehr große Crowd handelt, dann kann eine Aktion ein großes Fundingziel erreichen. Bei eher unemotionalen Aktionen ohne geplante Kampagne und Öffentlichkeitsaufmerksamkeit und bei kleiner Zielgruppe ist die Aussicht auf Erfolg eher gering. Julia Nissen gibt hier zu bedenken: „Es ist sehr wichtig, das Budget im Vorwege genau zu kalkulieren. Ich empfehle sehr, vorher mit dem Steuerberater oder der Steuerberaterin zu sprechen. Denn gegebenenfalls müssen auf die Crowdfunding-Einnahmen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und so weiter gezahlt werden.

Es sollte geprüft werden, ob für das Projekt eine eigene Firma gegründet werden soll. Und auch erste Zinszahlungen oder Dankeschöns sollten eingerechnet sein. Und für kleinere Projekte kann man auch einfach Partner vor Ort suchen, die einen unterstützen und die öffentliche Aufmerksamkeit für sich nutzen.“

Acht wichtige Punkte

Es gibt acht wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Finanzierung einer Aktion:


1. Die solide Vorbereitung

Am Anfang gilt es, die Aktion so genau wie möglich zu präzisieren: Was will ich wirklich machen? Wer ist die Zielgruppe der Aktion? Ist meine Aktion relevant für die Zielgruppe? Welche Ressourcen brauche ich für die Umsetzung? Welche Ressourcen habe ich bereits? Welche juristischen, steuerrechtlichen Details habe ich zu beachten? Welche Dankeschöns/ Prototypen benötige ich gegebenenfalls für meine Aktion und was kosten sie? Welches Fundingziel passt zu meiner Aktion? Welches Crowdfunding-Modell passt zu meiner Aktion? Welche Crowdfunding-Plattform ist die richtige für meine Aktion? Es ist letztendlich wie die Ausarbeitung einer neuen Geschäftsidee, die betrieben werden muss. „Diese Phase haben wir sehr ernst genommen. Wir wollten unserer Crowd so genaue Informationen wie möglich zur Verfügung stellen, um eine möglichst große Vertrauensbasis aufzubauen. Das hat viel Energie gekostet, aber war im Endeffekt auch hilfreich“, so Tonia Rzehak.

2. Aufbau eines Netzwerkes

Jetzt geht es darum, schon vor dem eigentlichen Crowdfunding Aufmerksamkeit auf die Aktion zu lenken. Immer nach dem Motto: Klappern gehört zum Geschäft. Das kann unter anderem über persönliche Gespräche, soziale Medien, Berufsnetzwerke sein, aber immer mit dem Fokus auf die Zielgruppe des Vorhabens und Multiplikatoren, die Zugang zu dieser Zielgruppe haben. Die Zielgruppe soll also schon neugierig sein auf das, was kommt. So hat die Deichdeern schon vor Start ihrer Kampagne auf ihren Social-Media-Kanälen über die Entwicklung der Idee berichtet: „Angefangen hat es mit der Anfrage, ob es nicht möglich ist, bei einem Landwirt auf dem Trecker mitzufahren. Dadurch ist der Hashtag #blablatrecker entstanden in Anlehnung an die Mitfahrzentrale Blablacar. Dann haben sich plötzlich Menschen aus der Stadt gemeldet, die mit einer Landfrau mal richtige Rouladen kochen wollten. Oder die mit einem Jäger in den Wald gehen wollten. Ich habe gemerkt, dass die Nachfrage da ist, und habe den Entwicklungsprozess transparent für meine Follower und Followerinnen gehalten.“

3. Sorgfältige Planung

Das Crowdfunding selbst wird von einer sogenannten Kampagne begleitet, also einem Plan, wie stetig Aufmerksamkeit auf das Crowdfunding gelenkt wird. Wie soll also an jedem einzelnen Tag der Kampagne die Zielgruppe daran erinnert werden, Geld für die geplante Aktion auszugeben? Auch das kann über soziale Medien, Blog-Artikel, regionale und überregionale Presse, Influencer passieren. Mit der Umsetzung der Kampagne wird bestimmt, inwieweit potenzielle Geldgeber dem Initiator und der Aktion ihr Vertrauen schenken. „Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass eine lokale Zeitung über unser Projekt berichtet. Deswegen habe ich keine Pressemitteilung fertiggemacht. Aber ein Mitglied der SoLaWi hat mich darauf angesprochen. Und als der erste Artikel zu unserer Crowdfunding-Aktion erschienen ist, hat gleich ein weiterer Redakteur angerufen und wollte über uns berichten“, ermutigt Tonia Rzehak, an die Öffentlichkeit zu gehen.

4. Realistische Beschreibung der Aktion

Das Vorhaben sollte detailgetreu beschrieben werden, ohne falsche Erwartungen aufzubauen. Auch das schafft Vertrauen zwischen Geldgeber und dem Initiator. Dazu sollte die Beschreibung einzigartig und packend sein. Sie kann eine kurzfristige und eine langfristige Vision enthalten. Als Medium für die Aktionsbeschreibung bietet sich das Video an, um Geldgebern ein authentisches Bild von dem Initiator zu geben. Die (professionellen) Produktionskosten dafür sollten unbedingt in der Detailplanung inbegriffen sein.

5. Ausgefeilte Kommunikation

Die exakte Kommunikationsplanung ist sehr wichtig, um während der eigentlichen Crowdfunding-Phase den langen Atem zu behalten und potenzielle Geldgeber bei Laune und bei der Stange zu halten. Die Crowd möchte eingebunden werden und teilhaben an der Entwicklung der Aktion. Es sollten also Fragen beantwortet werden wie: Wer wird wann auf welchem Weg angesprochen (zum Beispiel lokale und überregionale Medien, soziale Medien, Events, Berufsnetzwerke)? Welche Argumente sind für welchen Teil der Zielgruppe am relevantesten? Wen überzeugen wir wie? Während der Geldeinwerbephase müssen Fragen aus der Crowd nicht nur zeitnah, sondern auch fundiert und überzeugend beantwortet werden.

6. Umsetzung des Crowdfunding

Nun geht es daran, das Geld einzuwerben und alle Pläne aus der Kampagnenplanung umzusetzen. Wer gut vorbereitet ist, entlastet sich in diesem Schritt sehr. Trotzdem müssen Initiatoren in dieser Phase für die Crowd stets erreichbar sein und Fragen beantworten. Zudem sollte regelmäßig öffentlich über den Projektstatus berichtet werden. „Ich habe viele Anmerkungen und Fragen während der Kampagne erhalten. Aber auch ein paar nicht so intelligente. Auch mit denen muss man dann umgehen können. Aber mit einem bisschen Humor läuft das“, plaudert Julia Nissen aus dem Nähkästchen.

7. Umsetzung der Aktion

Ist das Crowdfundingziel erreicht, geht es an die Umsetzung der Aktion. Und bei guter Planung und Budgetierung geht es Schritt für Schritt voran. Auch während dieser Phase ist es wichtig, die Crowd regelmäßig über den Fortschritt der Umsetzung zu informieren. Das hält die Vertrauensbasis aufrecht.

8. Nachbereitung der Aktion

Zum angekündigten Zeitpunkt sollten dann die Dankeschöns, die Zins- und Tilgungszahlungen oder Ähnliches an die Geldgeber rausgehen. Und auch die Umsetzung sollte fristgerecht vonstattengehen, um glaubwürdig den Geldgebern gegenüber zu bleiben. Wie in jedem Projekt kann es zu Verzögerungen kommen. Dann ist es wichtig, mit den Geldgebern transparent zu kommunizieren. Bei guten Argumenten und klarem Timing haben Geldgeber wahrscheinlicher Verständnis für eine Verzögerung als bei einer undurchsichtigen Verschleierungstaktik. Sowohl für Tonia Rzehak als auch für Julia Nissen war das ein großer Aufwand, mit dem sie vorher nicht in dem Maße gerechnet hatten.

Zeitlicher Aufwand

Es gibt Berater, die sich auf Crowdfunding spezialisiert haben und Unternehmen mit der Planung und Umsetzung einer Crowdfunding-Aktion unter die Arme greifen. Natürlich ist das nicht kostenlos, aber es erhöht die Wahrscheinlichkeit, das Fundingziel zu erreichen. Alles in allem ist der Zeitaufwand für eine Crowdfundingkampagne nicht zu unterschätzen. „Eine Woche Vollzeitarbeit sollte man mindestens dafür einplanen, eher zwei“, rät Julia Nissen. Länger und detailreicher geht immer. Aber es hängt auch wieder vom Projekt ab, wie aufwendig die Kampagne gestaltet werden muss und wie ambitioniert man selbst ist.

Die Laufzeit einer Crowdfunding-Kampagne ist frei wählbar. Sie sollte unter anderem in Abwägung des Fundingziels, der Größe der Zielgruppe und dem Zeitpunkt der Kampagne ausgewählt werden. Für eine Aktion, die ein großes Budget erfordert, sollte beispielsweise eine längere Laufzeit gewählt werden als für eine Aktion mit einem kleinen Budget. Einfach um die Möglichkeit der Teilnahme der Crowd zu vergrößern. Zudem sollte auch der Zeitpunkt der Kampagne gut gewählt werden. Julia Nissen empfiehlt: „Der Start einer Aktion kurz vor den Sommerferien ist wenig erfolgversprechend. Während ein Start vor der Weihnachtszeit durchaus hilfreich sein kann.“ Auch der Zeitpunkt der Realisierung des Vorhabens ist frei wählbar. Er sollte aber für die Crowd vertrauensbildend und nachvollziehbar sein, um sie zur finanziellen Beteiligung zu animieren.

Abbildung

Risiken beachten

Generell muss beachtet werden, dass es sich beim Crowdfunding um eine Finanzierungsart aus dem sogenannten Grauen Kapitalmarkt handelt. Jeder, der in Deutschland Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen anbieten will, benötigt dafür die Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Doch werden keineswegs alle Unternehmen kontrolliert, die auf dem Finanzmarkt tätig sind, und nicht jedes steht unter staatlicher Aufsicht: Wenn Anbieter keine Erlaubnis der BaFin für ihre Aktivitäten brauchen und nur wenige gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen, spricht man vom Grauen Kapitalmarkt.

Viele Crowdfunding-Plattformen sind gezielt so ausgestaltet, dass sie keine Erlaubnis benötigen und damit auch nicht von der BaFin beaufsichtigt werden. Daher gehören diese Plattformen zum Grauen Kapitalmarkt. Das heißt selbstverständlich nicht, dass alle Angebote dort zwangsläufig unseriös sind. Aber es kann sein, dass sich Initiatoren wie die Finanzgeber in ein Marktsegment begeben, das nicht staatlich reguliert ist. Damit werden weder die dort angebotenen Finanzprodukte noch die Seriosität und Bonität von Anbietern und Investoren kontrolliert. Für die Geschäfte, die hier abgeschlossen werden, gibt es keine ständige Aufsicht, keine Bilanzkontrolle und keine Einlagensicherung. Als Initiator wie als Geldgeber heißt es also, Vorsicht walten lassen bei der Auswahl der Crowdfunding-Plattform.

Vertrauen ist wichtig

Crowdfunding in jeglicher Form bedeutet für den Initiator, Verantwortung zu übernehmen – für das entgegengebrachte Vertrauen und für das Geld anderer. Dass ein Projekt mal nicht wie gewünscht umgesetzt werden kann und die benötigten finanziellen Mittel unter falschen Annahmen geplant wurden, ist Teil der Realität. Die meisten Geldgeber sind sich der Tatsache bewusst, dass ein beträchtliches Risiko bei der Investition mitschwingt beziehungsweise bei klassischem Crowdfunding und Spenden gehen sie nicht davon aus, dass sie ihr Geld zurückbekommen, sondern allenfalls das verabredete Dankeschön. Umso schlimmer wiegt das Verschweigen oder gar Abtauchen eines Initiators, wenn etwas schiefläuft. Diese Finanzierungsform lebt von Vertrauen. Daher sei jedem Geldempfänger nahegelegt, immer sinn- und maßvoll mit dem investierten Vertrauen umzugehen. Nicht zuletzt werden andere Gründer und Projektstarter es danken, wenn das Ansehen des Crowdfundings in der Öffentlichkeit keinen Schaden nimmt.

Beim Crowdfunding riskieren Anleger, ihr Geld vollständig zu verlieren: Scheitert das Unternehmen oder Projekt, ist im schlimmsten Fall ihr gesamtes eingezahltes Geld weg. Gerade bei Start-up-Unternehmen ist die Gefahr einer Pleite größer als bei Firmen, die sich bereits auf dem Markt etabliert haben.

„Die Crowdfunding-Kampagne hat unheimlich Werbung für unseren Betrieb und unsere Produkte gemacht. Der Aufwand hat sich also nicht nur finanziell für das Projekt gelohnt, sondern für unseren Betrieb im Allgemeinen“, bewertet Tonia Rzehak ihre Erfahrungen mit Crowdfunding. Für Julia Nissen war die Crowdfunding-Kampagne auch ein Test, inwiefern ihre Idee wirklich das Interesse der Öffentlichkeit trifft: „Dass mein Fundingziel erreicht wurde, zeigt mir, dass ich den Nerv vieler getroffen habe und dass es die Mühe wert ist, meine Idee weiterzuverfolgen. Es war also ein Weg, Geld zu bekommen für die App, aber auch schon ein erster Markttest.“

Und so verhält es sich im Allgemeinen mit Crowdfunding-Aktionen in der Landwirtschaft: Die größte Chance ist der direkte Kontakt zwischen Projektinitiator und Unterstützer. Er ermöglicht einen Austausch und Dialog. Und es kommt zu mehr Verständnis, Hintergrundwissen und höherer Wertschätzung von Arbeit und Produkten. Besonders in den aktuellen Debatten um Subventionen, Lebensmittelverschwendung, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Lebensmittelpreisen, Artensterben und Klimakrise ist ein direkter Austausch zwischen landwirtschaftlichen Produzenten und Konsumenten nötiger denn je.

FAZIT

Besonders Unternehmen, die starken Kundenkontakt haben, können von Crowdfunding profitieren. In der Landwirtschaft können das sein: Bauernhofgastronomie, handwerkliche Lebensmittelverarbeitung, Höfe mit bauernhofpädagogischem oder Green-Care-Angebot oder Urlaub-auf-dem-Bauernhof-Höfe. Diese enge Beziehung zu den Kunden bietet eine große Chance, Solidarität zwischen Hof und Kunden entstehen zu lassen und auch in schwierigen Zeiten zusammenzustehen. Dazu muss es gelingen, die Kunden, die eine Dienstleistung in der Vergangenheit genutzt und geschätzt haben, zu Unterstützern zu machen, die zum Fortbestand des Angebots beitragen.



Alpakas in Serwest: Tolerante Charakterköpfe

In Serwest im Nordosten Brandenburgs hält Ulrike Nüske Alpakas. Sie fährt mit ihnen in Kindergärten und Altenheime, bringt sie mit der Schermaschine in Form, schneidet Klauen und Zähne – und alles neben Arbeit und Familie.

Von Heike Mildner

Als die Kinder der Nüskes im Kindergarten gefragt wurden, welche Tiere auf einen Bauernhof gehören, antworteten sie, ohne zu zögern: „Alpakas und Kängurus“ – für sie das Normalste von der Welt. Ihre Welt ist Serwest, ein 400-Seelen-Ort im Nordosten Brandenburgs auf halbem Weg zwischen Eberswalde und Schwedt, ganz in der Nähe des Zisterzienserklosters Chorin. Touristisch gut erschlossen – wenn nicht gerade Corona ist und Hofführungen auf die Mitglieder einer Familie beschränkt sind.

Bei unserem Hofbesuch am letzten Märzfreitag treffen wir in Serwest zunächst auf drei schwanzwedelnde Hunde als Empfangskomitee. Die Alpakas in Serwest stehen hinter der Scheune auf zwei Koppeln, Hengste und Stuten getrennt, aber in Sichtweite. Ulrike Nüske steht bei „ihren Jungs“ und erzählt. Die Tiere schauen mit ihren großen Augen zu, klimpern mit den Wimpern und scheinen alles zu verstehen. Echte Herzensbrecher! Kein Wunder, dass Depressive sich ihnen zuwenden, Verstummte mit ihnen reden wollen, sich Kinder ihnen an den langen Hals werfen.

Hengste im Fahrstuhl

Seit 2015 hält Ulrike Nüske auf dem Hof in Serwest Alpakas. Erst vier, dann acht, jetzt sind es elf: fünf Hengste, fünf Stuten und ein Hengstfohlen. „Gearbeitet wird nur mit den Männern“, sagt Ulrike und meint damit das Training der Tiere: am Halfter laufen, in den Transporter steigen, Fahrstuhl fahren, damit sie im Altenheim auch Bettlägrige im Obergeschoss erreichen kann und vor allem das mitunter seltsame Verhalten der Zweibeiner großzügig tolerieren.

„Jedes Tier hat einen eigenen Charakter“, sagt Ulrike Nüske, kennt sie und weiß, welchem Tier was zuzutrauen ist: Jago, der große Weiße, ist unheimlich geduldig. Man könnte ihn sogar mit kleinen Kindern allein lassen. Er nimmt es hin, dass sie sich ihm an den Hals hängen, obwohl Alpakas das nicht mögen. Und er läuft nicht weg, selbst wenn seinem Führer die Leine runterfällt. Chico würde sich erschrecken und vielleicht weglaufen, und Hugo muss sich überhaupt erst wieder an Menschen gewöhnen.

So ähnlich wie das Fundtier, das im Sommer 2020 über das Tierheim auf den Serwester Alpakahof kam. Es war physisch und psychisch verwahrlost, sein Besitzer offenbar überfordert. Anderthalb Zentimeter Zahnüberstand und eine verfilzte Wollmatte hatte sie aufarbeiten müssen, erinnert sich Ulrike Nüske.

Alpakas
(c) Heike Mildner

Den Umgang mit Tieren, besonders das Training, hat die 35-Jährige in ihrer Ausbildung zur Zootierpflegerin im Zoo von Hannover gelernt. Die Schur der Alpakas hat sie später gelernt. Mit Maschine, Schertisch und Unterstützung ihres Mannes brauche sie für ein Tier etwa eine Stunde, erzählt sie.

Die Alpakaflüsterin von Serwest

Ihr Schertalent spricht sich rum: Im vergangenen Jahr haben 17 zusätzliche Alpakaschuren die fehlenden Einnahmen wegen geschlossener öffentlicher Einrichtungen wenigstens ein wenig kompensiert. Denn bei aller Liebe zu den Tieren geht es auch darum, die Kosten der Tierhaltung auszugleichen. Mittlerweile berät Ulrike Nüske andere Halter in Haltungsfragen. Sie hat einen guten Draht zu den Tieren, nicht nur den eigenen: überredet Fohlen, die nicht trinken wollen, es doch zu tun, und hat das eine oder andere Hausmittel ausprobiert und ihre Erfahrungen mit Kohletabletten bei Durchfall oder Wadenwickeln bei Fieber weitergegeben. Ihr Mann nennt sie schon liebevoll seine Alpakaflüsterin.

Die Wolle der Alpakas wird von Ulrikes Mutter kardiert, gewaschen, gesponnen und verarbeitet.
Die Wolle der Alpakas wird von Ulrikes Mutter kardiert, gewaschen, gesponnen und verarbeitet. (c) Heike Mildner

Mirko Nüske ist auf einem Hof in Brodowin aufgewachsen. Der Vater arbeitete im Feldbau, die Mutter im Rinderstall. Er sei quasi auf dem Trecker groß geworden, erzählt er. Heute kümmert er sich um den Futteranbau auf den vier Hektar des Vaters und um die Koppeln in Serwest. Gerne würde er seinen Kindern die Landwirtschaft attraktiv machen, damit mal einer den Hof weiterführt. Aber die Verbotspolitik auf Bundesebene mache das Einfache kompliziert und stelle das Traditionelle infrage. Darum engagiert sich Mirko Nüske bei „Land schafft Verbindung“, war bei Demos und Mahnwachen in Berlin dabei und hofft, dass die Entscheidungsträger doch noch vernünftig werden.

Was seiner Frau die Alpakas, ist ihm Mine, das Känguru. Bevor Mines Partner im Januar an Altersschwäche starb, hinterließ er noch einen Nachkommen. Und als wir da stehen und reden, verlässt der Kängurunachwuchs zum ersten Mal den Beutel seiner Mutter. Allerdings nicht lange genug, damit man sein Geschlecht bestimmen könnte, daher heißt das Kleine einstweilen noch Zwerg. Das Känguru bei einer Hofführung mit Knäckebrot aus der Hand zu füttern, ist für die Besucher immer etwas Besonderes. Allerdings muss man sich vorsichtig nähern: Kängurus sind stressanfällig. Und teuer im Unterhalt: Gemüse fressen sie, keine Kartoffeln, keinen Kohl, dafür Paprika und Blattgemüse. Apropos: Kaninchen gibt es auf dem Hof auch noch. Und Hühner. Denen allerdings wurde wegen der Vogelgrippe vom Landkreis Barnim eine Stallpflicht verordnet.

Alpakahof: Nicht davon leben können

Doch zurück zu den Alpakas in Serwest. So umtriebig die führigen Hengste, so menschenscheu die Stuten: 50 Wochen Tragezeit und eine ausführliche Fohlenpflege reduzieren die Stuten auf ihre Mutterrolle. Von Ulrike Nüske kann man das nicht sagen: Im Haupterwerb arbeitet sie am Empfang in einer Physiotherapie und möchte darauf nicht verzichten. „Zu viele Termine sind für die Alpakas nicht gut“, hat sie festgestellt. Schließlich soll es Freude machen – allen Beteiligten.

Alt Tellin: Nicht Tiefpunkt, sondern Ende einer Ära

Nach dem verheerenden Brand in der Schweinezuchtanlage in Alt Tellin kommen nicht nur Fragen, sondern auch Kritik auf. Es werden Verantwortliche dieser Katastrophe gesucht und über Konsequenzen für die Zukunft beraten.

Es kommentiert Ralf Stephan

Die bloße Nachricht aus Alt Tellin ließ einem den Atem stocken. Als nach nur wenigen Stunden die Hoffnung zerstoben war, es möge so schlimm nicht kommen, wie es kommen könnte, fehlten auch noch die Worte. Bilder, wie sie vom Großfeuer in der Mega-Schweinezuchtanlage zu sehen waren, hatte nie jemand sehen wollen. Welches Grauen sich den Feuerwehrleuten bot, die für kurze Zeit in den Ställen chancenlos gegen den Brand kämpften, möchte man sich nicht einmal vorstellen müssen.

Die Frage der Verantwortung

Chefredakteur der Bauernzeitung/Deutschland: Ralf Stephan. 2019
Ralf Stephan, Chefredakteur der Bauernzeitung

Und doch kommt keiner darum herum, der sich mit Landwirtschaft befasst, mit Tierhaltung im Besonderen, der für agrarpolitische Rahmenbedingungen zuständig oder an Genehmigungsverfahren beteiligt ist. Nicht nur, weil bei der Katastrophe von Alt Tellin Zehntausende Tiere verbrannten und sich die Frage nach der Verantwortung in besonderer Schärfe stellt. Es ist auch wichtig, weil dieser Großbrand nicht einfach einen weiteren Tiefpunkt einer problematischen Entwicklung darstellt. Mit ebensolcher Unausweichlichkeit dürfte es sich um einen Endpunkt handeln – dem Ende des unerschütterlichen Glaubens an schiere Größe.

Noch gibt es keinen gesicherten Hinweis auf die eigentliche Brandursache. Dass aber eine relativ neue Anlage, die ein ordentliches Genehmigungsverfahren durchlaufen hatte, in nur wenigen Stunden bis auf die Grundmauern niederbrennt, wirft grundsätzliche Fragen auf. Zum Beispiel die, ob es überhaupt technisch möglich und – wenn ja – wirtschaftlich darstellbar ist, eine Anlage dieser Größenordnung brandschutztechnisch in den Griff zu bekommen.

Ethische Überlegungen

In der Natur des Menschen liegt es, Grenzen auszuloten. Das macht gerade Unternehmer, Ingenieure und Erfinder aus. Der Zeppelin oder die als unsinkbar geltende „Titanic“ sind ältere Beispiele als großartig gefeierter Entwicklungen, die sich bald als Holzweg erwiesen. Insofern ist es völlig abwegig, die Katastrophe von Alt Tellin zum Anlass für neuerliche Diskussionen über eine größer strukturierte Landwirtschaft an sich zu nehmen. Eine Großanlage wie diese ist auch für die ostdeutschen Länder nicht typisch. Große Ställe wird man weiterhin bauen. Doch mit der Frage der Beherrschbarkeit, nicht zuletzt mit Blick auf den menschlichen Faktor, sind jetzt auch die Fragen nach den Grenzen und nach den Risiken neu zu beantworten. Angesichts der Zahl der getöteten Tiere in der Schweinezuchtanlage Alt Tellin müssen ethische Überlegungen vermutlich viel stärker als bisher eine Rolle spielen. Nicht alles, was erlaubt ist, sollte man auch tun – als normaler Bürger wie als Unternehmer.

Typisch ist eher, dass ein solches Projekt hier umsetzbar war – und zwar gegen den Widerstand nicht nur von Umwelt- und Tierschützern, sondern auch in der Bevölkerung, in der regionalen Verwaltung und – anders als jetzt oft kolportiert – selbst in der Politik. Ernsthafte Kritiker der Schweinezuchtanlage Alt Tellin konnten sich auch vor Gericht nicht durchsetzen, obgleich hinter ihrer Ablehnung nicht, wie so oft, schlichte Verweigerungshaltung steckte, sondern fundierter Sachverstand. Bald könnte sich herausstellen, dass genau jene Risiken für den verheerenden Brandverlauf sorgten, die von Experten schon im Verfahren um die Genehmigung benannt worden sind. Dann wäre es nicht nur eine Katastrophe, sondern eine mit Ansage. Und die hätte verhindert werden können.


Viele Tiere bei Großbrand in Schweinezucht Alt Tellin verendet

Dem Feuer in der Schweinezuchtanlage Alt Tellin sind offenbar mehrere Zehntausend Ferkel und Sauen zum Opfer gefallen. Etwa 1.500 Tiere konnten gerettet werden. mehr


Servicetechniker für Landmaschinen: Ohne die Spezialisten läuft nichts

Zwischen Geselle und Meister gibt es in Landmaschinenfachbetrieben noch eine spezielle Qualifikation, den Servicetechniker. Wir stellen solch eine Fachkraft aus Südvorpommern vor.

Von Jörg Möbius

Kevin Drusendahl begann im August 2014 am Standort Rollwitz der damaligen Agram Landtechnik den Beruf Land- und Baumaschinenmechatroniker zu lernen. Nach kurzer Pause schloss sich die Weiterbildung zum Servicetechniker an und er hat sich dann auf das Advanced Farming System (AFS) und die Mähdrescher von Case IH, der Hauptmarke am Standort, spezialisiert. Seine Abschlussurkunde ist von Februar 2018. „Das passte gut, denn der bisherige Spezialist ist jetzt unser Meister. Mir gefällt auch die Kombination von Elektronik, Hydraulik und der Arbeit mit dem Schraubenschlüssel“, so der junge Mann. „Gut fand ich den Mähdrescherkurs am Deutschland-Standort von Case in Heilbronn. Der Austausch mit anderen Teilnehmern dort war auch wichtig.“

Spezielle Weiterbildung muss sein

Nun hängt ein anderes Schild über den 1996 neu gebauten Gebäuden in Rollwitz: Titan Machinery. Niederlassungsleiter Marten Günther erklärt: „Wir haben in der Werkstatt zwei Auszubildende, fünf Servicetechniker, einen versierten Landwirt und den Meister.
Für die viele moderne Technik ist es sinnvoll, wenn sich die Gesellen nach der Berufsausbildung weiter qualifizieren.“ Der 40-Jährige leitet die Filiale seit Mai 2020, vorher war er im Verkauf tätig. Die Qualifikation zum Servicetechniker kostet Geld, zuerst für die Kurse und dann auch bei der Entlohnung. Aber letztendlich zahlt sich das aus, nur mit mehr technischem und mehr produktspezifischem Wissen können die Mitarbeiter:



Mit dem richtigen Ersatzteil losfahren

Kevin Drusendahl hat ein Beispiel: „Ein Kunde rief an, dass sich bei vollem Drescherbunker die Schnecke zum Überladen nicht mehr einschalten lässt. Wir haben dann die Sicherung als Fehlerquelle ausgeschlossen. Damit war für mich ziemlich klar, dass ein Magnetventil defekt ist. Mit diesem im Auto bin ich losgefahren und bald konnte der Drescher wieder abbunkern“, so der 23-jährige Servicetechniker stolz.

„Solche Mitarbeiter könnten wir noch zwei gebrauchen“, berichtet Marten Günther. „Auch im Winter haben wir – neben dem Zeitausgleich vom Sommer – gut zu tun. Die Vorbereitung der Technik für die neue Saison läuft, daneben laufen auch weitere Kurse für die Mitarbeiter.“ Aber auch in die neue Technik anderer Hersteller, die in den Titan-Deutschland-Filialen angeboten wird, müssen sich die Mitarbeiter einarbeiten. Die wichtigsten sind: Kuhn, Krone, Merlo, Schäffer, Dalbo, Rauch, Hawe und RMH.

Niederlassungsleiter Marten Günther (r.) und langjähriger Mitarbeiter Arunas Vorrath, zuständig für Auftragsabwicklung und Händlerbetreuung, mit einem Bild vom 1996 neu errichteten Standort in Rollwitz.
Niederlassungsleiter Marten Günther (r.) und langjähriger Mitarbeiter Arunas Vorrath, zuständig für Auftragsabwicklung und Händlerbetreuung, mit einem Bild vom 1996 neu errichteten Standort in Rollwitz. (c) Jörg Möbius

Landwirt Martin Mandelkow aus Bandelow, ganz im Norden von Brandenburg, bewirtschaftet den Hof der Familie, den sie 1991 rückübertragen bekommen hat. Die Zeit von der Enteignung 1953 bis zur Wende verbrachte die Familie in Hessen. Nach dem Start als Ackerbaubetrieb mit heute 650 ha bewirtschafteter Fläche kam ab dem Jahr 2000 die Schweinemast dazu. Es begann mit 1.000 Tierplätzen, heute sind es 4.000 Mastschweine, die in einem modernen Stall im Außenbereich stehen. „Wir haben konsequent auf einen Tierwohlstall gesetzt, das Futter mischen wir selbst mit eigenem Getreide“, so der Landwirt.

Landmaschinen: Starke Bindung zu bekannter Marke

Vier Case-Traktoren stehen auf seinem Hof. Die Verbundenheit zu der Marke entstand bei Mandelkows zu einer Zeit, als IHC in den 1970er-Jahren bei Traktoren die Nr. 1 in Deutschland war. Mit vielen Traktoren aus dem 1997 geschlossenen Werk in Neuss (Nordrhein-Westfalen) erreichten die roten Traktoren im Jahr 1975 einen Marktanteil von 22,6 Prozent. So einen großen Marktanteil erreichte 44 Jahre lang kein Hersteller wieder in Deutschland.

Seit 1994 bezieht Mandelkow seine Traktoren vom 20 km entfernten Händler in Rollwitz, Mecklenburg-Vorpommern. „Dort hat nicht nur der Name öfter gewechselt, ich habe viele Filialleiter und Verkäufer erlebt. Jetzt bemerke ich nach bewegten Zeiten wieder Kontinuität“, berichtet Martin Mandelkow.

Fortbildung zum Servicetechniker

Die Fortbildung zum Servicetechniker ist eine Aufstiegsmöglichkeit im Landmaschinenfachbetrieb. Im Gegensatz zum Meister, der sich vor allem um verwaltende Tätigkeiten von Personalführung über Ausbildung bis hin zur Garantieabwicklung kümmert, konzentriert sich der Servicetechniker voll auf die moderne Landtechnik.

Die Ausbildungsdauer beträgt 480 Stunden. Sie erfolgt in modularer Form, vorwiegend in der erntefreien Zeit in Kursstätten des Handwerks. Der Lehrgang schließt mit einer bundesweit anerkannten Prüfung bei der zuständigen Handwerkskammer.

Viele Fabrikate und Hersteller bieten speziell für diese Absolventen konzipierte Zusatzlehrgänge, mit denen man dann für das jeweilige Fabrikat zum Spezialisten wird. Damit bietet die Landtechnik-Branche – als eine der ganz wenigen – einen erweiterten Karriereplan, der das klassische Muster Ausbildung, Geselle, Meister erweitert und eine interessante Alternative für technisch versierte Mechatroniker bietet.

Konzipiert und eingeführt wurde diese Ausbildung vom Bundesverband LandBauTechnik, also dem Interessenverband der Land- und Baumaschinenhändler in Deutschland. Will sich ein Servicetechniker weiter zum Meister qualifizieren, werden die technischen Qualifikationen vom Servicetechniker komplett anerkannt, müssen also nicht mehr belegt werden.

Den Komfort will man nicht mehr missen

Demnächst soll sein nächster Optum geliefert werden. „Automatische Lenkung und Fernzugriff gehören heute dazu. Wenn man sich erst einmal an die automatische Lenkung gewöhnt hat, möchte man sie nicht mehr missen“, so der treue Nutzer von Case-Traktoren. „Damit kann man schon effektiver arbeiten, aber diese höhere Produktivität hat beim Kauf auch ihren Preis. Und man ist auf den Service angewiesen. Gut, dass der Servicetechniker die Lenkautomatik von seinem Rechner im Büro aus kalibrieren kann, da müssen wir keine Anfahrt bezahlen.“ Gut möglich, dass Kevin Drusendahl die Einweisung übernimmt. Gewiss hat der neue Traktor ein paar Neuheiten gegenüber dem jüngsten auf dem Hof des Landwirts.

„Mein Onkel ist Schlosser, wir warten und reparieren also manches selbst. Bei der Elektronik aber sind wir auf die Spezialisten angewiesen.“ Außerdem behält Martin Mandelkow einen Traktor selbst in Reserve. „Es lohnt für beide Seiten, wenn ich eine Durchsicht im Winter etwas vorziehe. Mindestens für den Frühbezug von Ersatzteilen gibt es etwas Rabatt.“ Bei einem defekten Steuergerät hat der Landwirt mit der Reparatur bis in den Winter gewartet. „Wir brauchten es kaum, und für einen kostengünstigeren Werkstattaufenthalt kann man im Sommer auch mal absteigen und einen Hydraulikschlauch umstecken“, sagt Mandelkow abschließend lächelnd.

Projektwoche: Der Weg zum Ökobetrieb

Eine Aufgabe für alle Agrarfachschulen in Sachsen: „Erstellen Sie eine Lernsituation zur Umstellung eines landwirtschaftlichen Betriebs auf ökologischen Landbau!“ Sowohl für die Schüler als auch für die Lehrkräfte war das eine Herausforderung. Welche Lösung hat die Fachschule für Landwirtschaft in Zwickau gefunden?

Von Ulrike Bletzer, Bad Ems

Zugegeben, das Thema dieses Schulprojekts entsprang nicht einer eigenen Idee, sondern war vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, kurz LfULG, vorgegeben. Aber was die Projektteilnehmer und -verantwortlichen an der Fachschule für Landwirtschaft Zwickau daraus gemacht haben, wie sie dieses Thema umsetzten und es mit Leben füllten – das kann sich sehen lassen.

Ein Jahr voerbereitungszeit

Anke Keller, die in Zwickau Betriebswirtschaftslehre unterrichtet, erklärt die Vorgeschichte: „Das LfULG hat allen Agrarfachschulen in Sachsen die Vorgabe gemacht, verstärkt den ökologischen Landbau in den Unterricht einzubinden.“ Zur Vorbereitung darauf fanden mehrere landesweite Treffen der Fachlehrerinnen und Fachlehrer für Landwirtschaft statt. „Bei der Auftaktveranstaltung im April 2019 stellte uns Jörn Möller vom Referat Koordinierung, Fachrecht und Verfahrensökonomie des Landesamts die Aufgabe, eine Lernsituation zur Umstellung eines landwirtschaftlichen Betriebs auf ökologischen Landbau zu erstellen“, berichtet Keller.

Sie und ihre Kollegin Katrin Lehnert, die an der Zwickauer Schule Fachlehrerin für Pflanzenbau ist, übernahmen die Aufgabe. „Wir beide waren und sind bereits seit Längerem mit ökologischen Themen betraut“, verrät Keller. „So hat meine Kollegin Katrin Lehnert zahlreiche Fortbildungen in diesem Bereich absolviert, während ich selbst Beauftragte für ökologischen Landbau im Zwickauer Land war.“ Das Interesse am Thema war also von vornherein sehr groß – was sicherlich dazu beitrug, dass die beiden Fachlehrerinnen ihre methodischen Vorüberlegungen rasch abgeschlossen hatten. „Wir wollten die uns gestellte Aufgabe im Rahmen einer Projektwoche umsetzen“, erinnert sich Keller und fügt hinzu: „Wir entwarfen ein Konzept, brachten es zu Papier und stellten das Ganze bei einem weiteren landesweiten Arbeitstreffen vor, wo es viel Zuspruch fand.“

Damit war die Vorbereitung aber noch lange nicht komplett. Im Gegenteil: Zum theoretischen Konzept für die geplante Projektwoche kam ein Zugewinn an eigener praktischer Anschauung hinzu: „Katrin Lehnert und ich haben uns mit einer Kollegin zusammengetan, die in Plauen das Fach Tierproduktion unterrichtet“, erzählt Anke Keller. Zur Erklärung: Zwischen den Fachschulen für Landwirtschaft in Zwickau und Plauen besteht eine enge Zusammenarbeit. So führen sie in zweijährigem Wechsel die Winterschule mit dem Abschluss Staatlich geprüfte/r Wirtschafter/-in für Landwirtschaft durch. Zu dritt schauten sich die Pädagoginnen mehrere Betriebe an, die auf Ökolandbau umgestellt hatten. „Wir haben die Betriebsleiter ausgefragt, was bei der Umstellung gut lief und wo es Probleme gab“, erzählt Anke Keller. „Das hat sehr viel gebracht.“ Rund ein Jahr dauerte die Vorbereitungsphase insgesamt.

Stammtischgespräch: Pro und Contra zum Ökolandbau.
Stammtischgespräch: Pro und Contra zum Ökolandbau. (c) Anke Keller

Umstellung simulieren

Im Januar 2020 fand schließlich die Projektwoche in der Abschlussklasse der Zwickauer Fachschule statt, die sich als sehr engagiert und diskutierfreudig erwies „Dass die Schülerinnen und Schüler so gut mitgemacht haben, hat entscheidend zum Erfolg beigetragen“, lobt Keller die insgesamt 13 Fachschülerinnen und -schüler im Alter von 19 bis Ende 30 Jahren. Etwa zur Hälfte kamen sie aus landwirtschaftlichen Großbetrieben und Familienbetrieben.

Trotz dieser optimalen Voraussetzungen brachte das Schulprojekt jedoch noch genügend Herausforderungen mit sich. Die größte bestand darin, einen geeigneten Hof zu finden, um beispielhaft die Umstellung auf ökologischen Landbau simulieren zu können. Erfreulicherweise erklärte sich Daniel Korb, ein Fachschüler der Abschlussklasse, der aus einem Familienbetrieb mit Milchviehhaltung kommt, dazu bereit.

„Bei der Simulation der Betriebsumstellung ging es darum, in der Theorie bauliche Veränderungen, neue Arbeitsabläufe und viele weitere Maßnahmen zu planen“, berichtet Anke Keller: „Daniel Korb musste dann sagen, ob die angedachten Maßnahmen im konkreten Fall seines Betriebs durchführbar wären oder nicht.“ Da das Projekt ein möglichst authentisches Abbild der Realität bieten sollte, musste er auch Einblick in die Betriebszahlen und die Buchführung des Hofes gewähren. „Dafür gebührt ihm ein ganz großer Dank“, betont Keller.

Fakten und Meinungen

Zum Start in das Schulprojekt hatte Katrin Lehnert für die Schülerinnen und Schüler eine Mappe mit dem Ablaufplan sowie mit Informationen und einigen konkreten Zahlen zum Thema Ökologischer Landbau erstellt. Außerdem stimmte ein „Stammtisch-Gespräch“, bei dem alle Projektteilnehmer in Form einer Pro-und Contra-Diskussion ihre persönliche Meinung zum Ökolandbau äußern konnten, auf die Thematik ein. Ulf Jäckel, Referent für Ökolandbau beim Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, verdeutlichte in seinem Impulsvortrag unter anderem die Größenordnung und die Rolle, die der ökologische Landbau in Deutschland, Europa und der Welt insgesamt spielt. „Das Hauptaugenmerk richtete er dabei auf die Vermarktung der Ökoprodukte, die für die landwirtschaftlichen Betriebe von existenzieller Bedeutung ist“, so Keller.

Der zweite Projekttag führte mitten hinein in die Praxis: Eine Exkursion auf den Biohof Vogel stand auf dem Programm. Auf dem Direktvermarkterhof konnten die Schüler in der Projektwoche aus erster Hand ihren Wissensdurst zum Thema Ökolandbau stillen.

Mit Beratung zum Ziel

Am dritten Projekttag ging es in erster Linie um die Frage: Wie funktioniert eine Umstellungsberatung in der Praxis? Als externer Referent kam der Berater Ulf Müller vom Anbauverband Gäa e. V. – Vereinigung ökologischer Landbau mit Bundesgeschäftsstelle in Dresden. Jetzt schlüpfte der Fachschüler Daniel Korb in die Rolle eines Betriebsleiters, der eine solche Umstellungsberatung in Anspruch nimmt. „Dieser Tag war vom Ablauf her zwar etwas langwierig, aber unabhängig davon für das Projekt sehr wichtig, weil die Schülerinnen und Schüler gesehen haben, wie viele Stationen man bei einer Umstellung durchlaufen und wie viele verschiedene Bereiche man zusammenführen muss“, betont Keller. „Schließlich gilt es dabei die unterschiedlichsten Dinge zu bedenken: von der Futterplanung über das umweltverträgliche Düngen bis hin zur Flächenplanung.“

Auf dem Weg vom Ist- zum Ökolandbau ergaben sich in der Projektwoche bei Diskussionen viele Fragestellungen und verschiedene Zielvarianten. Wie muss die Arbeitskräfteplanung gestaltet und wie die Umstellungszeit organisiert werden? Welche sonstigen Schritte sind zu gehen? „Am Schluss hatte die Klasse gemeinsam mit dem Referenten zwei Szenarien entwickelt, wie es für den Beispielbetrieb in Zukunft weitergehen könnte“, fasst Anke Keller zusammen.

An Tag 4 stand der ökonomische Teil des Projekts auf der Agenda. Verschiedene Arbeitsgruppen errechneten in der Projektwoche die betriebswirtschaftlichen Zahlen bei der Umstellung auf Ökolandbau.

Ergebnisse präsentieren

Am fünften und letzten Projekttag dann der „krönende Abschluss“: die Präsentation vor einer Jury aus Vertretern des Ministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, des LfULG und der Schule. Aber nicht nur die Fachschulklasse musste vor diesem Gremium bestehen. „Für uns Lehrkräfte war es zugleich eine Hospitation zur didaktischen Vorbereitung und Durchführung des Projekts“, sagt Keller. Auch für sie und ihre Kollegin Katrin Lehnert eine Herausforderung. „Es war zwar nicht das erste Mal, dass wir uns im Unterricht dem Thema ökologischer Landbau widmeten, aber das erste Mal, dass wir eine Projektwoche durchführten. Umso stolzer waren wir, dass wir ein rundes Ergebnis präsentieren konnten.“

FAZIT der Projektwoche Ökolandbau

Besonders der Ansatz, das Thema Ökolandbau in einer kompletten, in sich geschlossenen Projektwoche und nicht in einzelnen Unterrichtsstunden aufzugreifen, hatte sich am Ende als richtig erwiesen. „Auch die Schülerinnen und Schüler sagten, die intensive Beschäftigung mit der Thematik habe ihnen mehr gebracht, als wenn sie im Unterricht immer mal wieder über einzelne Aspekte gesprochen hätten“, so Anke Keller. „Die Fachschüler haben sich zwar auch vorher schon innerhalb ihres Berufsstands über Ökolandbau unterhalten. Aber am Ende des Projekts lautete ihre einhellige Meinung: Jetzt können wir viel besser mitreden.“


Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der B&B agrar 1/2021


Insektenschutzpaket: Das war es dann wohl …

Eines der größten aktuellen Streitthemen ist das Insektenschutzpaket der Bundesregierung. Welche rechtlichen Konsequenzen sich für die Landwirtschaft ergeben könnten, hat unser Experte untersucht.

Von RA Dr. Robert Krüger, Geiersberger, Glas & Partner mbB, Hansestadt Rostock

Das umfangreiche Insektenschutzpaket ist derzeit in aller Munde. Dieser Artikel gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der geplanten Anwendungsbeschränkungen von Biozid-Produkten und Pflanzenschutzmitteln. Er beruht auf den veröffentlichten Entwürfen der Bundesregierung zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) durch das Bundesumweltministerium und der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (PflSchAnwV) durch das Bundeslandwirtschaftsministerium.

Biozidverbot in Schutzgebieten

Der Gesetzgeber plant eine Ergänzung des BNatSchG. Mit dieser Ergänzung soll das Verbot der Biozidanwendung (Insektizide und Produkte gegen Milben, Zecken oder Gliederfüßer) für Naturschutzgebiete, Nationalparke, Nationalnaturmonumente, Naturdenkmäler sowie gesetzlich geschützte Biotope eingeführt werden.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall Ausnahmen von dem grundsätzlichen Einsatzverbot vorsehen, wenn dies zum Schutz der Gesundheit erforderlich ist. Eine Einzelfallausnahme zum Schutz landwirtschaftlicher Belange – wie beim Pflanzenschutzmittelanwendungsverbot (siehe unten) – ist nicht vorgesehen.

Glyphosatverbot mit wenigen Ausnahmen

Die PflSchAnwV wird um Verbotstatbestände für die Anwendung von Glyphosat und glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln ergänzt, bevor der Einsatz dieser Mittel 2024 insgesamt verboten wird. Die Anwendung soll bis dahin nur dann zulässig sein, wenn nach den Umständen des Einzelfalls andere vorbeugende Maßnahmen nicht durchgeführt werden können oder andere technische Maßnahmen nicht geeignet oder unzumutbar sind.

Gegen bestimmte Unkräuter können laut Insektenschutzpaket Glyphosat oder glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel im Rahmen der Vorsaatbehandlung angewendet werden, wenn es sich nicht um ein Direktsaat- oder Mulchsaatverfahren handelt. Die unkrautbezogene Ausnahme gilt auch für den Zeitraum nach der Ernte zur Stoppelbehandlung. Auf Grünland ist die Anwendung erlaubt, wenn andernfalls durch die Verunkrautung die Erneuerung von Grünland wirtschaftlich untragbar oder die Futtergewinnung wegen eines Risikos für Tiergesundheit ausgeschlossen ist. Dasselbe gilt zur Vorbereitung einer Neueinsaat auf Flächen, die erosionsgefährdet sind.

Absolutes Verbot in Wasserschutzgebieten

Neben diesem Regel-Ausnahme-Schema enthält der Verordnungsentwurf zum Insektenschutzpaket ein absolutes Anwendungsverbot für Glyphosat und glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel auf bestimmten Flächen. Dazu zählen landwirtschaftliche Flächen in Wasserschutzgebieten, Heilquellenschutzgebiete und die Kern- und Pflegezonen von Biosphärenreservaten.

Dieses absolute Anwendungsverbot führt zu einer erheblichen Verschärfung der Pflanzenschutzmittelanwendung in diesen Gebieten, die regelmäßig große Anteile der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche eines Bundeslandes umfassen – zum Beispiel sind 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Mecklenburg-Vorpommern als Wasserschutzgebiet ausgewiesen. Bisher ist es in großen Teil von Wasserschutzgebieten regelmäßig – jedenfalls in den Schutzzonen IIIa/IIIb – zulässig, Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Der Gesetzgeber geht mit seinem Anwendungsverbot für Glyphosat oder glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel damit weit über das hinaus, was die Landeswasserbehörden zum Schutz des Grundwassers für die Trink- und Brauchwasserversorgung als erforderlich ansehen. Vor dem Hintergrund, dass die Wasserschutzgebiete in erster Linie dem Grundwasserschutz und nicht dem Schutz der Biodiversität dienen, erscheint die räumliche Anbindung des Anwendungsverbots an diese Schutzgebiete fragwürdig.

Zudem greift der Bundesgesetzgeber mit dem Verbot auf einen Regelungsbereich zu, der nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) grundsätzlich den Bundesländern zugeordnet ist: Die Ausweisung von Wasserschutzgebieten und die gebietsspezifische Festlegung der Bewirtschaftungsauflagen für die Landwirtschaft ist Sache der Landesregierungen. Und weil das Anwendungsverbot in einer Bundesverordnung festgelegt ist, wird der wasserrechtliche Ausgleichsanspruch für die daraus entstehenden wirtschaftlichen Folgen ins Leere laufen. Dieser Anspruch gleicht die Folgen von Bewirtschaftungsbeschränkungen aus, die entweder behördlich angeordnet oder Gegenstand einer Wasserschutzgebietsverordnung sind (vgl. § 52 Absatz 5 WHG). Beides ist bei dem Verbot in der PflSchAnwV nicht gegeben.

Insektenschutzpaket: Ausnahmen für Sonderkulturen

Die PflSchAnwV soll darüber hinaus ein generelles Anwendungsverbot für Pflanzenschutzmittel in Gebieten mit Bedeutung für den Naturschutz enthalten. Nach dem Regierungsentwurf dürfen in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalnaturmonumenten, Naturdenkmälern und gesetzlich geschützten Biotopen Pflanzenschutzmittel nicht angewendet werden.

Dieses Verbot soll auch für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (ehemals FFH-Gebiete; nachfolgend GGB) gelten, wobei bestimmte Flächen (Gartenbau, Obst- und Weinbau, Anbau von Hopfen und sonstigen Sonderkulturen sowie die Vermehrung von Saatkulturen und Pflanzengut) von dem Verbot nicht umfasst sind.


Vor einem Acker steht ein gelbes Naturschutzgebiet-Schild.

Insektenschutz nicht bei Landwirten abladen

Mit dem Bundesnaturschutzgesetz war ein Teil des Insektenschutzpaketes Thema im Bundesrat. In ihren Empfehlungen mahnten die Fachausschüsse einen finanziellen Ausgleich für die Landwirte an. Während dies keine Mehrheit fand, fanden einige Verschärfungen Eingang in den Beschluss. mehr


Pflanzenschutz in FFH-Gebieten fraglich

Von dem Verbot ausgenommen sein sollen die Ackerflächen in GGB, wenn hier bis zum 30. Juni 2024 mittels freiwilliger Vereinbarungen und Maßnahmen eine Bewirtschaftung ohne Pflanzenschutzmittel erreicht wird (Vertragsnaturschutz). Der derzeit vorgesehene Verordnungstext lässt es allenfalls denkbar erscheinen, dass das grundsätzliche Anwendungsverbot für Pflanzenschutzmittel auf Ackerflächen in GGB nicht gilt, wenn entsprechende Vereinbarungen und Maßnahmen abgeschlossen sind. Solange es diese Vereinbarungen aber nicht gibt, gilt das grundsätzliche Anwendungsverbot.

Mit dem Wortlaut des Entwurfs ist es derzeit wohl unvereinbar zu argumentieren, dass das Anwendungsverbot in GGB übergangsweise (bis zum 30. Juni 2024) nicht greift, weil geplant ist, umfangreich mithilfe von freiwilligen Vereinbarungen eine Bewirtschaftung ohne Pflanzenschutzmittelanwendung zu etablieren. Und auch der Abschluss einer freiwilligen Vereinbarung dürfte nicht dazu führen, dass in einem GGB Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen.

Ausnahme bei erheblichen Schäden

Nach dem Gesetzestext des Insektenschutzpaketes müssen die freiwilligen Vereinbarungen und Maßnahmen darauf gerichtet sein, eine Bewirtschaftung ohne Pflanzenschutzmittelanwendung zu erreichen. Diese Anforderung dürfte nicht erfüllt sein, wenn eine Vereinbarung vorsieht, dass in Teilbereichen eines GGB Pflanzenschutzmittel angewendet werden dürfen, wenn dafür an anderer Stelle des Gebiets auf die Anwendung verzichtet wird. Dasselbe dürfte gelten, wenn die freiwilligen Vereinbarungen lediglich eine anwendungsbezogene Reduzierung der Pflanzenschutzmittelanwendung vorsehen.

Am Ende der Analyse des Verordnungsentwurfs steht derzeit Folgendes: Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in GGB ist mit dem Erlass der PflSchAnwV ausgeschlossen. Daran ändern weder die Absicht etwas, mit freiwilligen Vereinbarungen und Maßnahmen (Vertragsnaturschutz) hier die Bewirtschaftung anzupassen, noch der Abschluss solcher Vereinbarungen. Eine Ausnahme von dem gesetzlichen Verbot kann nur dann erteilt werden, wenn der Pflanzenschutzmitteleinsatz zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden oder zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt erforderlich ist.

Verträglichkeitsprüfung nicht mehr möglich

Mit dem umfangreichen Anwendungsverbot wendet sich der Bundesgesetzgeber von den etablierten Vorgaben für die Vereinbarkeit von Maßnahmen mit dem Gebietsschutz ab. Die schutzgebietsspezifische Verträglichkeit ist für eine Pflanzenschutzmittelanwendung künftig unbeachtlich. Nach § 34 Abs. 1 BNatSchG ist für ein Projekt zu prüfen, ob es einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten geeignet ist, ein GGB erheblich zu beeinträchtigen. Eine erhebliche Beeinträchtigung wird dann angenommen, wenn das Projekt die Erreichung der lebensraumtyp- und artenspezifisch festgelegten Erhaltungsziele behindert oder verhindert.

Dieser aus dem europäischen Umweltrecht stammenden und auf die Bewertung des Einzelfalls zugeschnittenen Verträglichkeitsprüfung entzieht der Gesetzgeber den Boden. Das Verbot gilt selbst dann, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sich nicht nachträglich auf die Erhaltungsziele der in einem GGB geschützten Lebensraumtypen oder Arten auswirken kann. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der günstige Erhaltungszustand von vielen in GGB geschützten Lebensraumtypen und Arten erreicht werden kann, wenn der Pflanzenschutzmitteleinsatz zulässig bleibt.

Abstandsregeln in der Nähe zu Gewässern

Neben die schutzgebietsbezogenen Anwendungsverbote treten solche bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in unmittelbarer der Nähe von Gewässern. Grundsätzlich ist ein Abstand von zehn Metern einzuhalten. Der Mindestabstand reduziert sich auf fünf Meter, wenn eine geschlossene, ganzjährig begrünte Pflanzendecke vorhanden ist. Sehen die Anwendungsvorgaben in der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels strengere Auflagen vor, sind diese einzuhalten.

Die dargestellte Analyse der Gesetzesentwürfe zeigt, dass der Gesetzgeber von den etablierten Bewertungsmaßstäben für die Pflanzenschutzmittelanwendung abrückt. Er zieht das generelle Anwendungsverbot der schutzgebietsbezogenen Analyse der Anwendungsverträglichkeit vor. Die Vereinbarkeit im Einzelfall ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers in bestimmten Schutzgebieten nicht mehr tauglich, damit die Anwendung zulässig bleibt. Daneben ist zu beobachten, dass der Gesetzgeber räumliche Abgrenzungen nutzt, die sich angesichts der jeweiligen Schutzziele, zum Beispiel in Wasserschutzgebieten, mit Blick auf den Insektenschutz nicht aufdrängen. Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja, wie die Gesetzesentwürfe im weiteren Gesetzgebungsverfahren geändert oder ergänzt werden.

FAZIT

Mit heutigem Kenntnisstand muss beim Insektenschutzpaket davon ausgegangen werden, dass künftig viele landwirtschaftliche Nutzflächen ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bewirtschaftet werden müssen. Ein Ausgleich der wohl damit einhergehenden (land-)wirtschaftlichen Nachteile ist nicht ersichtlich. Es dürfte ausgeschlossen sein, dass die eintretenden Nachteile und Mehraufwendungen durch Förderungen aus der Zweiten Säule der GAP kompensiert werden können. Die Einhaltung von Beschränkungen, die von Gesetzes wegen gelten, sind bekanntermaßen nicht förderfähig.

Qualitätsfleisch aus dem Biosphärenreservat

Der Startschuss zur Einführung der Regionalmarke „Drömlingsrind“ in Jävenitz ist gefallen. Die Vermarktung der Produkte aus naturnaher Tierhaltung soll zunächst online vonstattengehen. 15 Landwirtschaftsbetriebe und eine Schlachtstätte sind als Partner dabei.

Von Meike Schulze-Wührl

„Es sind Bio-Produkte allerhöchster Qualität. Ich bin begeistert.“ Mit diesen Worten schickte Sachsen-Anhalts Landwirtschafts- und Umweltministerin Claudia Dalbert am Donnerstag voriger Woche in Jävenitz das erste Paket von der Waldgourmet GmbH mit Produkten der Regionalmarke „Drömlingsrind“ per Auslieferungsdienst auf den Weg nach Magdeburg. Inhalt: eine sogenannte Mixbox mit einer Auswahl an Bratenstücken, Steaks, Gulasch und Hackfleisch vom Galloway, wusste Waldgourmet Geschäftsführer Marian Bohndick zu berichten. Und außerdem, dass an diesem Tag insgesamt 35 Pakete an Empfänger in ganz Deutschland verschickt werden würden.

Regionalmarke Drömling

Das gastgebende Unternehmen von Bohndick ist samt seiner lokalen Schlachtstätte Partner der Marke. In dem Betrieb im Gardeleger Ortsteil Jävenitz im Altmarkkreis Salzwedel werden die Rinder geschlachtet und auch zerlegt. Darüber hinaus wird das Fleisch von hier aus auch vertrieben – per Onlinehandel und regional zu Selbstabholer-Preisen.

Entwickelt wurde und wird die Regionalmarke Drömling vom gleichnamigen Biosphärenreservat in Sachsen-Anhalt. Ziel dabei ist es, nachhaltige Wirtschaftskreisläufe der Region zu fördern.

Biosphärenreservatsverwaltung Drömling Sachsen-Anhalt
Das erste Paket mit Qualitätsfleisch der Marke „Drömlingsrind“ wurde von Jävenitz aus nach Magdeburg auf die Reise geschickt. Dabei waren Agrar- und Umweltministerin Claudia Dalbert, Nebenerwerbslandwirt Jörg Lauenroth-Mago, Marian Bohndick, Geschäftsführer der Waldgourmet GmbH sowie Juliane Ruttkowski und Ulf Stautmeister, Regionalmanagerin bzw. stellvertretender Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung Drömling Sachsen-Anhalt (v. l.). (c) Meike Schulze-Wührl

Für die Marke „Drömlingsrind“ konnten insgesamt 15 rinderhaltende Betriebe aus dem hiesigen als auch dem niedersächsischen Teil des früheren Naturparks gewonnen werden. Die Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt (AMG) und die Bauernverbände Börde und Altmarkkreis Salzwedel begleiten den Prozess und unterstützen mit ihrem Fachwissen. „In der besonders hochwertigen Qualität des Rindfleisches spiegeln sich die natürlichen Bedingungen wider, unter denen die Tiere in der einzigartigen Naturlandschaft leben“, betonte Ministerin Dalbert. Die Grünen-Politikerin lobte, dass die Marke innerhalb nur eines Jahres auf den Weg gebracht wurde und nun im Onlinehandel verfügbar ist.

regionale wertschöpfung

Logo Regionalmarke
(c) Meike Schulze-Wührl

Erstmals präsentiert wurde der Öffentlichkeit vor Ort das eigens entwickelte Logo der Regionalmarke: Das Motiv mit Baum, Vögeln und Wasser steht als Erkennungszeichen für ein reines Naturprodukt. „Der Internethandel ist ein erster guter Schritt, die regionale Wertschöpfung bleibt damit im Drömling. Ich freue mich auf weitere Vertriebswege“, sagte die Ministerin, die verriet, dass sie wisse, wie gut Fleisch von Galloways schmecke.

„Das Drömlingsrind kommt im Drömling zur Welt, frisst nur Gras und Heu aus dem Drömling und bekommt den Kugelschuss auf der Weide“, beschrieb Landwirt Jörg Lauenroth-Mago aus Rätzlingen das natürliche Aufwachsen, das stressfreie Töten der Bio-Rinder und die kurzen Transportwege zur Verarbeitungsstätte in Jävenitz. Lauenroth-Margo führt im Nebenerwerb einen der Betriebe, die am Projekt beteiligt sind.

Angebotskatalog in planung

Neben Galloway soll es in Zukunft unter anderem Fleisch von Fleckvieh-Simmental, Wasserbüffeln und anderen Rassen geben. Ein Angebotskatalog werde erstellt, kündigte Juliane Ruttkowski an. Die Regionalmanagerin der Biosphärenreservatsverwaltung Drömling Sachsen-Anhalt mit Sitz in Oebisfelde betreut das Projekt. „Im Katalog kann sich dann jeder Landwirt präsentieren. Es sind unter anderem Demeter- und Biobetriebe, die teilnehmen“, sagte Ruttkowski, die nach der Besichtigung der Schlachtstätte zusammen mit der Ministerin und den anderen Akteuren auf gutes Gelingen der Marke „Drömlingsrind“ anstieß.

Der richtige Zaun: Wölfen keine Chance bieten

Schäfer stehen vor mittlerweile großen Herausforderungen beim Schutz ihrer Tiere. Mit Weidenetzen oder Litzenzäunen lassen sich die großen Beutegreifer in der Regel abwehren.

Von Ulrich Klausnitzer, Fachbüro für Naturschutz & Landschaftsökologie; Carola Förster, Matthias Rau und Gerhard Riehl, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Der in Europa und Deutschland praktizierte Schutz bedrohter Arten hat große Beutegreifer wie den Wolf wieder heimisch werden lassen. Dies stellt alle Weidetierhalter vor neue Herausforderungen. Als wirksamer Herdenschutz vor Übergriffen durch den Wolf hat sich bisher der Einsatz von mobilen Elektrozäunen erwiesen. Verwendet werden Weidenetze oder Litzenzäune. Die Höhe und Art dieser eingesetzten Zäune wird neben der erwarteten Schutzwirkung auch durch weitere, je nach Betrieb und Standort unterschiedliche Kriterien bestimmt. Dazu zählen die Häufigkeit des Zaunumbaus, der Einsatz von Herdenschutzhunden, die vorherrschenden Bodenverhältnisse und die aktuelle Bestandssituation der ansässigen Wolfspopulation.

Mehr zum Thema

In einigen Bundesländern ist ein Mindestschutz definiert. Dieser beschreibt, wie die Tiere mindestens vor dem Wolf zu schützen sind. In Sachsen sind dies bei Elektrozäunen ein mindestens 90 cm hohes Weidenetz oder ein Litzenzaun, bestehend aus vier Litzen (Abstand 20–20–20–30 cm), die eine Mindestspannung von 2.000 Volt auf den Zäunen entlang der gesamten Koppel aufweisen müssen. Empfohlen wird ein Schutz über das Mindestmaß hinaus. Die Höhe der Elektrozäune sollte 100 cm nicht unterschreiten. An dem vom Weidezaungerät am weitesten entfernten Punkt sollte stets eine Zaunspannung von mindestens 4.000 Volt bei einer Belastung mit einem Widerstand von 500 Ohm eingehalten werden.

Wölfe: Herdenschutz mit Elektrozäunen

Es sollten nur Weidezaungeräte verwendet werden, die mindestens eine Entladeenergie von 3,0 Joule aufweisen oder laut Herstellerangaben zur Wolfs- bzw. Wildabwehr geeignet sind. Bei geringen Zaunlängen (2 x 50-m-Netze) können auch Geräte mit einer niedrigeren Entladeenergie die wolfsabweisende Wirkung sicherstellen. Die Spannung und Energie sollten immer an das Zaunsystem angepasst und nicht unter- oder überdimensioniert sein. Für eine stabile Stromversorgung empfehlen sich Geräte mit 230 Volt (Netz) oder 12 Volt (Akku) Versorgungsspannung. Die Akkus sind regelmäßig mit geeigneten Ladegeräten nachzuladen. Eine gute Möglichkeit für eine sichere Energieversorgung der Akkus von Frühjahr bis Herbst ist die Ergänzung mit einem passenden Solarmodul.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Datawrapper. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Entscheidend für die Funktionsfähigkeit des elektrischen Weidezaunsystems ist die sachgerechte Erdung mit mehreren mindestens 1–2 m langen und verzinkten Erdstäben. Diese werden im Idealfall im Abstand von 3 m an immer feuchten Stellen in den Boden eingeschlagen. Alle Verbindungen zwischen Gerät und Erdstäben sind fest miteinander zu verbinden. Technische Hilfsmittel zur Überprüfung der Zaunspannung sind empfehlenswert.

Empfohlen werden Weidenetze von 105–122 cm Höhe mit Maschenweiten von maximal 20 cm und Gesamtzaunlängen nicht länger als 2 km. Der Gesamtwiderstand des Netzzauns sollte möglichst kleiner als 1,0 Ohm/m sein (siehe Produktkataloge). Bei besonders steinigen oder trockenen Bodenverhältnissen mit geringer Leitfähigkeit gibt es die Möglichkeit, Netze mit einem eingebauten Erdungsleiter zu verwenden oder sogenannte Plus-Minus-Netze aufzustellen. Weidenetze sind immer straff aufzubauen und an den Ecken zu spannen. Bei Bodenunebenheiten oder in hängigem Gelände können Stabilisierungspfähle sinnvoll sein.

Der Abstand der Leiter bei Litzenzäunen beträgt vom Boden 20–40–60–90–120 cm. Der Abstand der Pfähle richtet sich nach der Art des verwendeten Leitermaterials und sollte nicht mehr als 6 m zueinander betragen und vorhandene topografische Besonderheiten berücksichtigen. Der Widerstand der Leiter sollte möglichst kleiner als 0,5 Ohm/m sein. Es sollten nur Isolatoren von guter Qualität eingesetzt werden. Für einen effektiven Auf- und Abbau der Zäune gibt es auch verschiedene Haspelsysteme.

Aktuelle Ausgabe
Titelseite Bauernzeitung Ausgabe 35/2024

Unsere Top-Themen

• Zuhause auf dem Land
• Trockenstellen ohne Antibiotika
• Kugelschuss auf der Weide
• Märkte und Preise

Zur aktuellen Ausgabe

Nachtpferche und Herdenschutzhunde

Unter gewissen Bedingungen (unübersichtliche Tageskoppeln in schwierigem Gelände, Hüteschäferei) kann die nächtliche Unterbringung der Herde in einem Pferch sinnvoll sein. Dazu können Weidenetze von 120–145 cm Höhe eingesetzt werden. Bei der Nutzung von Festzäunen (vorzugsweise stabile Knotengeflechtzäune mit Maschenweiten kleiner 20 cm) müssen diese außen zusätzlich mit stromführenden Leitern versehen werden. Der Abstand der Leiter vom Boden sollte 20 cm (gegen Untergraben) und 90–110 cm (gegen Überklettern) betragen. Nachtpferche dürfen nicht zu klein bemessen werden, um genügend Ausweichfläche bei Wolfspräsenz außerhalb des Zaunes zu haben.

Der Einsatz von Herdenschutzhunden gegen den Wolf ist sehr effektiv, erhöht jedoch die Aufwendungen der Weidetierhaltung erheblich und verlangt noch höhere Sachkenntnis. Unter den Bedingungen in Deutschland werden Herdenschutzhunde bereits erfolgreich hinter gut funktionierenden Elektrozäunen bei der Schafherde eingesetzt.

Täglich überprüfen und kontrollieren

Ein Wolf beobachtet seine potenzielle Beute geduldig und fast immer von uns unbemerkt. Auf elektrische Schläge beim Kontakt mit Weidezäunen reagiert er empfindlich und speichert diese als abschreckende Erfahrung ab. Entdecken Wölfe Schwachstellen im Herdenschutz oder ungeschützte Schafe, nutzt er die Chance, um die Tiere zu reißen. An stromlosen Zäunen können Wölfe die Überwindbarkeit dieser Zäune erlernen. Deshalb sollten diese Zäune auch bei Nichtnutzung entweder immer elektrifiziert oder abgebaut werden.

Wölfe tendieren dazu, zuerst unter einem Hindernis hindurch zu schlüpfen oder dieses zu untergraben. Das Zaunspringen erfordert hingegen einen Lernprozess. Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass elektrifizierte Weidenetze einen bodenbündigen Abschluss haben und bei Litzenzäunen der unterste stromführende Leiter maximal 20 cm über dem Boden angebracht ist. Damit der Elektrozaun bei Annäherung oder Berührung seine abschreckende Wirkung voll entfalten kann, muss ausreichend Spannung und Energie „auf dem Zaun“ sein. Hierfür ist eine korrekte und ausreichende Erdung notwendig. Fehlerhafte Erdung ist die häufigste Ursache nicht funktionierender Elektrozaunsysteme. Sich nach dem Aufbau verschlechternde Spannungswerte des Zaunsystems sind durch regelmäßige Prüfung zu beseitigen. Diese Überprüfungen sind in einem Weidetagebuch zu protokollieren.

Oft führen nicht sachgemäß ausgeführte Klemmverbindungen (Knoten- oder Wickelverbindungen) zu massiven Spannungsverlusten im Weidezaunsystem. Es sollten deshalb immer die von den Herstellern angebotenen Verbindungselemente genutzt werden. Bewuchs, der den Zaun berührt, führt zu Leistungsverlust. Das sind nicht nur heranwachsendes Gras, sondern auch über den Zaun streichende Äste. Das sogenannte „Freibrennen“ der Trasse durch eine hohe Zaunspannung funktioniert nur bei frischem Bewuchs. Besser ist es, den Bewuchs beim Aufstellen entlang der zukünftigen Zaunlinie zu beseitigen. Auch extreme Wettersituationen (Überschwemmungen, Schneeverwehungen) können ein Elektrozaunsystem zum Erliegen bringen.

Defekte Zäune bieten dem Wolf ein leichtes Eindringen in die Koppeln. Bestehende Zäune können mit blau-weißem Band in Bereichen von Wildwechseln visuell verbessert werden. Verschlissene Zaunbestandteile sind auszutauschen. Ein Weidezaun ist lückenlos aufzubauen, auch die Tore müssen elektrifiziert sein. Zu erhöhten Ebenen, die als Einsprunghilfe für Wölfe dienen können (Böschungen, Heu- oder Silageballen, Anhänger), ist ausreichend Abstand zu halten. Gewässer sind ein- oder auszuzäunen. Gräben oder Rinnen können durch elektrifizierte Ketten mit Entkopplungswiderstand abgesichert werden.

Herdenschutz: Maßnahmen nach einem Übergriff

Nach einem Übergriff durch den Wolf in die Herde sind Schwachstellen zu beseitigen. Oft ist die Verbesserung der Stromführung und der Erdung nötig. Meist müssen die Unterschlupfmöglichkeiten (Bodenunebenheiten und Senken) am Zaun abgesichert werden. Gelegentlich können eine Erhöhung des Zaunes und/oder das Anbringen von Flatterband (Breitbandlitze ohne Strom) noch sinnvoll sein, um ein mögliches Überspringen zu vermeiden.

Bei einem Ausbruch der Herde oder von Einzeltieren sollte die Koppel vergrößert und die Bauweise des Zauns oder die Koppelform verändert werden. Möglicherweise kann durch rechtwinklig herausstehende stromführende Zaunabschnitte oder einen zweiten außenstehenden Elektrozaun ein Wolf auf Abstand gehalten werden. Weitere Möglichkeiten sind eine Verlagerung der Weide oder eine Behirtung.

Unattraktive deutsche Schafhaltung
Die Schafhaltung wird unattraktiv. Innerhalb von zwölf Jahren reduzierte sich der deutsche Bestand laut Eurostat-Statistik um mehr als 42 Prozent auf heute 1,49 Millionen Schafe. So manche Schafrasse ist durch ihre geringe Population vom Aussterben bedroht. Etwa 930 Schäfereien gibt es noch im Haupterwerb. Die Schäfer haben viel Arbeit für zu wenig Geld. Aber Schafe halten nicht nur das Gras kurz, sondern verdichten den Boden am Deich, erhalten die Kulturlandschaft und tragen zum Erhalt der Artenvielfalt bei.
www.wir-lieben-schafe.com

Schafherde, Schäfer und Flüchtling

Schäfer und Flüchtling: Auf Augenhöhe

Der Schäfer aus Brandenburg und der Flüchtling aus Kamerun sprechen unterschiedliche Sprachen. Aber sie verstehen sich trotzdem. Gemeinsam sorgen sie für das Wohl der Herde. mehr

Förderung von Präventionsmaßnahmen

Beachten Sie, dass die Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor Übergriffen durch den Wolf in den Bundesländern von den Bewilligungsbehörden nach sehr unterschiedlichen Verwaltungsvorschriften auf ihre Zweckmäßigkeit geprüft und finanziell unterstützt werden. Der Umfang der geförderten Materialien ist ebenfalls unterschiedlich geregelt. Die Spanne reicht von Weidezaunkomponenten, um den Mindestschutzkriterien zu genügen, bis hin zu Materialien, um den empfohlenen Schutz umzusetzen. Konkrete Informationen sind auf den entsprechenden Internetseiten der einzelnen Länder, bei den zuständigen staatlichen Verwaltungen oder den Herdenschutzberatern zu bekommen. Füllen Sie die Antragsformulare unbedingt vollständig aus und reichen Sie nachvollziehbare Angebote ein.

Verschiedene Projekte bieten weitere Informationen: „Herdenschutz in der Weidetierhaltung“ des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL), das Projekt „LIFEstockProtect“ im deutschsprachigen Alpenraum, „Herdenschutz Niedersachsen“ des Nabu Niedersachsen sowie „Alternative Herdenschutzmaßnahmen“ des Bundesamts für Naturschutz (BfN) und weitere regionale Initiativen im Herdenschutz. In Sachsen werden auch im Jahr 2021 Seminare zum Weidezaunbau und Herdenschutz vor Wölfen angeboten. Dabei arbeiten die Förder- und Fachbildungszentren sowie die Fachstelle Wolf des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie mit Spezialisten für Weidetechnik zusammen.

FAZIT

Fachlich guter Herdenschutz ist die Voraussetzung, um das Risiko von Wolfsübergriffen zu minimieren. Ein fachlich solider Umgang mit Elektrozäunen ist sehr wichtig. Dazu müssen die bestehenden technischen Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden. Künftig wird man sich auch neue Möglichkeiten der Koppel- und Tierüberwachung (GPS, Drohnen, Geofencing, Digitalisierung) erschließen müssen. Ebenso wichtig ist die Aus- und Weiterbildung zur Verbesserung des Herdenschutzes vor Wölfen.



Pflanzenfarbe trifft Naturfaser

Ein bislang einzigartiges regionales Projekt zu Färberpflanzen führt Landwirte, Fachleute für natürliche Farbstoffe sowie kreative Köpfe aus der Textil- und Modebranche zusammen.

Von Bettina Koch

Die Wertschöpfungskette für Pflanzenfarben steht und soll im Herbst in ihrer ganzen Schönheit sichtbar werden – auf einem naturfarbenfrohen Mode-Event am 2. Oktober in der Villa Toepffer in Magdeburg. Mit dem ersten Anbau von Rubia tinctorum, auch Echte Färberröte oder Krapp genannt, sowie von Reseda luteola (Färber-Wau, oder auch Gelb- oder Gilbkraut) sind regionale Rohstoffgrundlagen gelegt.

Die Glieder der Kette von Saatgut und Pflanzenbau bis zur Textilgestaltung führten die Biologin Dr. Barbara Zippel, Inhaberin der Pflanzenfarben-Manufaktur in Magdeburg, und ihr Lebenspartner Axel Wähling, Geschäftsführender Gesellschafter der NIG Nahrungs-Ingenieurtechnik GmbH in Magdeburg, zusammen.

Pflanzenfarbe: Anbau ist Neuland

Das Reseda-Saatgut vermehrt die Rose Saatzucht Erfurt, auch die Krapp-Jungpflanzen zieht der Ökobetrieb an. Die APH eG Hinsdorf GbR in Quellendorf bei Köthen startete im vergangenen Herbst auf kleiner Fläche mit dem Anbau der Färberpflanzen und betrat damit Neuland. Geschäftsführer Thomas Fischer ist gespannt auf die Ernte im Sommer.

Aus den getrockneten und zerkleinerten Blättern und Blüten extrahiert NIG in Magdeburg dann den gelben Farbstoff. Das Unternehmen liefert insgesamt elf Pflanzenfarben in standardisierter Qualität in Pulverform an Industriekunden weltweit. Die Farben werden z. B. für die umweltfreundliche Produktion von Textilien, Spielzeug und Tapeten verwendet. Barbara Zippel entwickelt die Rezepturen für die Farben, färbt Wolle und Stoffe aus Naturfasern in ihrer Werkstatt und gibt Wissen und Erfahrungen in Kursen weiter.

Zum Färben fertiger Kleidungsstücke fährt sie nach Bayern zur Fröhling Textilconsulting GmbH in Lisberg bei Bamberg. „Ich kann in meiner Werkstatt in einem Gang nur etwa anderthalb Kilogramm Stoff färben, beim Färbespezialisten Fröhling sind es dreißig Kilogramm“, erklärt sie. Der Familienbetrieb sei auf das Veredeln von Baumwolle und Leinen spezialisiert und gefragter Partner vieler großer Unternehmen, wenn es um Farbentwicklungen gehe.

Nicht nur in der eigenen Manufaktur, auch beim bayerischen Partner setzt Barbara Zippel die Färbeflotte für ihre Produkte selbst an und ist während des kompletten Färbevorgangs dabei.

Welche Vorteile das Färben bereits fertig genähter Kleidungsstücke bietet, erklärt Annett Weigelt, Schneiderin und Textilgestalterin in Magdeburg: „Zum einen entstehen used-Effekte, zum anderen kann ich mit Ziernähten, die nach dem Färben entfernt werden, dezente und zugleich wirkungsvolle Akzente setzen“, so die Inhaberin der Schneiderei Nadelöhr. Von ihr werden auf der geplanten Modenschau u. a. drei Leinenmäntel, Kleider und Jacken zu sehen sein.

Weitere Beteiligte

Außerdem würden durch Kombinieren verschiedener Materialien wie Leinen und Seide in einem Kleidungsstück im Färbegang verschiedene Farbnuancen erzielt, da beide die Farbe unterschiedlich intensiv annehmen, erklärt Barbara Zippel. Weitere Handwerkerinnen aus der Region sind Partner ihrer Pflanzenfarben-Manufaktur. Dazu gehört die junge Designerin Gerda-Luise Schwander aus Seehausen in der Altmark, die mit Tetzlove Design ein eigenes Label aufgebaut hat. Gemeinsam haben Zippel und Schwander am letzten Märzwochenende auf dem Landhof Neulingen bei Arendsee die Frühlingskollektion „Klamottage Naturelle“ – pflanzengefärbte Leinenbekleidung für Damen und Herren – präsentiert.

„Bisher beziehen wir die Rohstoffe für unsere Pflanzenfarben-Produktion vor allem aus Italien und den Niederlanden“, berichtet Axel Wähling. Er ist froh, in der APH Hinsdorf einen interessierten, engagierten regionalen Partner gefunden zu haben, und hofft, dass aus diesem Anbauversuch auch eine langfristige Kooperation entsteht.

Vorbereiten der Technik für die Krapp-Pfl anzung in der APH Hinsdorf im Vorjahr.
Vorbereiten der Technik für die Krapp-Pflanzung in der APH Hinsdorf im Vorjahr. (c) Bettina Koch

Der Betrieb säte voriges Jahr auf einem Hektar Reseda luteola aus und pflanzte auf einem halben Hektar Krapp. „Reseda hat sich gut entwickelt“, sagt Geschäftsführer Fischer. Allerdings wüchsen die Pflanzen anfangs sehr langsam und gäben damit Unkräutern viel Raum, sich auszubreiten.

Spezialtechnik nötig

In den kommenden Wochen wird der Pflanzenbestand dicht und der sommerliche Blütenteppich zum Magneten für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten. Für eine kurze Zeit zumindest, denn die Blühzeit ist zugleich Erntezeit. „Wir stimmen uns da mit unseren kooperierenden Imkern ab“, sagt Fischer.

Für Aussaat als auch Ernte wird spezielle Technik benötigt. Für eine normale Drillmaschine ist das Korn der Reseda viel zu winzig. Spezialtechnik zum Säen und Häckseln leiht sich die APH deshalb von einem Spezialisten. „Vielleicht müssen wir auch von Hand ernten“, so der Betriebsleiter. „Und wir werden testen, ob im Spätsommer eine zweite Ernte möglich ist.“ Am Ende müsse das Verhältnis von Kostenaufwand und erzieltem Preis stimmen. „Wenn es finanziell Sinn macht, bleiben wir am Thema dran.“


Sachsen-Anhalt aktuell

Nach Regional und praxisnah: Die Bauernzeitung versorgt Sie regelmäßig mit allen wichtigen Informationen rund um die Landwirtschaft und das Landleben in Sachsen-Anhalt. mehr


Das gilt auch für den Anbau von Rubia tinctorum. Die Pflanztechnik wurde ebenfalls ausgeliehen. „Wir haben den Boden von Anfang an sehr intensiv durchgearbeitet, einmal wurde per Hand Unkraut gezogen“, sagt Fischer. Die Jungpflanzen wurden 2020 in den Boden gebracht und können im dritten Jahr, also 2022, geschlegelt und gerodet werden. Krapp speichert den roten Farbstoff in seinen Wurzeln. Diese müssen zunächst auf der Erde abtrocknen, dann werden sie gewaschen, getrocknet und zerkleinert, bevor sie bei NIG weiterverarbeitet werden – zu rotem Pulver in standardisierter Qualität. Barbara Zippel freut sich schon auf die Ernte. Und selbst wenn die Zeit knapp wird: Mode aus regionalen Pflanzenfarben soll auf der Herbstschau unbedingt mit dabei sein.