Düngelandesverordnung nimmt letzte Hürde

In Mecklenburg-Vorpommern hat das Kabinett der Landesregierung die von Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus vorgelegte Düngelandesverordnung beschlossen. Damit kann sie wie vorgesehen am 1. Januar 2021 in Kraft treten.

Von Gerd Rinas

Mecklenburg-Vorpommern ist nach Thüringen und Sachsen-Anhalt das dritte ostdeutsche Bundesland, dass eine neue Düngelandesverordnung verabschiedet hat. Sie tritt am 1. Januar 2021 in Kraft und löst eine Verordnung vom Juli 2019 ab. Die neue Richtlinie umfasst eine Übersichtskarte der nach der Binnendifferenzierung neu festgelegten roten Gebiete und listet jeden Feldblock auf, der als nitratbelastet gilt. Minister Backhaus zeigte sich zuversichtlich. Mit moderner Landwirtschaft würde es gelingen, auf den betroffenen 13 % der landwirtschaftlichen Fläche die Nährstoffe zu reduzieren und die Nitratbelastung im Grundwasser zu senken.

„Vorschrift korrekt ausgelegt“

Den Vorwurf, bei gesetzlichen Vorgaben Spielräume zugunsten der Landwirte nicht genutzt zu haben, wies der Minister erneut zurück. Sein Argument: Auch das Bundesumweltministerium habe attestiert, dass das Schweriner Ministerium die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Gebietsausweisung (AVV) korrekt ausgelegt habe. „Die Düngelandesverordnung wird im kommenden Jahr evaluiert. Sollte sich daraus Änderungsbedarf ergeben, wird sie Anfang 2022 angepasst“, sagte der Minister zu.

Unterdessen macht der Bauernverband MV aus seiner Enttschäuschung keinen Hehl. „Mit Inkrafttreten der neuen Regelungen zählen die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern deutschlandweit zu den Verlierern der neuen Düngeverordnung. Das können wir nicht akzeptieren“, kommentierte Präsident Detlef Kurreck kurz vor der Verabschiedung der Landesrichtline. Nur die Landwirte in Sachsen hätten mit 14,5 % Flächen in roten Gebieten im ostdeutschen Vergleich ähnlich schlechte Voraussetzungen.

Verband und LSV verschärfen Forderungen

Gleichzeitig verschärften der Verband und die Initiative „Land schafft Verbindung“ MV ihre Forderungen an das Schweriner Ministerium. Das Messstellennetz soll nun schon bis zum 30. Juni 2021 evaluiert werden. Danach sollen nur noch „hydrogeologisch repräsentative“ Messstellen in ausreichender Anzahl für die Neuausweisung der roten Gebiete genutzt werden. Die Landwirtevertreter verlangen außerdem, dass die Gebietskulisse jährlich überprüft wird. Wenn die Daten es zuließen, müssten die betroffenen Flächen aus den roten Gebieten herausgenommen werden. Gefordert werden zudem einzelbetriebliche Ausnahmen von den Auflagen. Wenn Landwirte belegten, dass sie gewässerschonend wirtschafteten, dürften sie nicht mit Einschränkungen konfrontiert werden, forderte Kurreck. Eine ganze Reihe von Betrieben habe erst nach der Herbstaussaat erfahren, dass sie in roten Gebieten wirtschafteten, sagte Toni Reincke von LSV MV. „Für diese Betriebe muss es bei der Düngung Sonderregelungen bis zur nächsten Ernte geben. Sonst zahlt wieder einmal der Landwirt alleine die Zeche.“

Kommen Landwirte und Handel jetzt richtig ins Geschäft?

Nach Gesprächen zwischen der Initiative „Land schafft Verbindung“ und Handelsunternehmen stehen die Zeichen auf Annäherung. Heimische Erzeuger sollen gestärkt werden.

Zusammenarbeit statt Preisdumping – Landwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel wollen Konflikte künftig in einer neutralen Ombudsstelle beilegen. Wie heute offiziell bestätigt wurde, verständigten sich Vertreter der Initiative „Land schafft Verbindung“ (LsV), Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl und Rewe sowie der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) darauf bei einem Gespräch am Freitag voriger Woche. Lebensmitteleinzelhandel und Landwirtschaft wollen außerdem „zeitnah“ eine einheitliche Herkunftskennzeichnung für heimische Erzeugnisse einführen. Laut gemeinsamer Pressemitteilung von BVLH und LsV haben die Handelsunternehmen zudem zugesagt, in ihren Werbeaktivitäten die Leistungen der deutschen Landwirtschaft stärker herauszuarbeiten. In zwei Arbeitsgruppen sollen kurzfristig strukturelle Lösungen für die Sektoren Schwein und Milch erarbeitet werden. Ziel sei es, für höhere Anforderungen höhere Erlöse zu erzielen.

Hilfsfonds soll Corona- und ASP-Einbußen abfedern

Laut Pressemitteilung unterstützen die Handelsunternehmen die Landwirte darin, befristet einen SofortHilfsfonds einzurichten, um Corona- und ASP-bedingte Einkommenseinbußen abzufedern. Neben dem Lebensmittelhandel müssten sich daran der Staat, die Lebensmittelverarbeitung und -industrie beteiligen, hieß es. Auch sollten öffentliche Gelder in den Fonds einbezogen werden. Wie ein solcher Fonds rechtssicher eingerichtet, effektiv ausgestaltet und wie die Gelder bedarfs- und leistungsgerecht verteilt werden können, will man nun prüfen. Dafür werden kurzfristig Gespräche mit Politik und Verarbeitern angestrebt, die der Handel unterstützt.

„Miteinander in der Lieferkette“

Die vereinbarten Maßnahmen sollen „im Dialog ausgestaltet“ und „so schnell wie möglich“ umgesetzt werden. LsV und Handel betrachten die vereinbarten Punkte als „wichtiges Signal zur Förderung des Miteinanders“ in der Lieferkette. In diesem Sinne will LsV sich dafür einsetzen, dass der Warenverkehr ungehindert fließt und die Lebensmittelhändler die Versorgung der Bevölkerung auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie sicherstellen können. Die Landwirtschaftsaktivisten der „Aktion Cloppenburg“ tragen die Vereinbarung mit.

Aldi und Lidl bekennen sich

Aldi-Nord und -Süd hatten sich zuvor bereits öffentlich „umfassend“ zu fairen Handelspraktiken im Umgang mit Lieferanten, Herstellern und Landwirten bekannt. Zudem unterstützen die Unternehmensgruppen den Vorschlag von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner für einen Verhaltenskodex im Handel. Die zur Schwarz-Gruppe gehörenden Ketten Lidl und Kaufland erhöhten zusätzlich zu der angekündigten „Geldspritze“ von 50  Mio.  € für die Initiative Tierwohl (ITW) mit Wirkung zum 10.  Dezember die Ladenpreise für zehn Schweinefleischartikel um jeweils einen Euro je Kilogramm. Die Zusatzeinnahmen sollen komplett an die Tierhalter weitergereicht werden. Die Rewe-Gruppe mit dem Discounter Penny kündigte an, den Preis für Schweinefleisch auf das Niveau von vor dem ASP-Ausbruch anzuheben. red

Forderungen an den Handel und die Politik
Eine Gruppe landwirtschaftlicher Aktivisten, die sich als Vertreter eines Teils der landwirtschaftlichen Basis verstehen, führte in den vergangen Tagen persönliche Gespräche mit Managern aus dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Dazu zählten Rewe Nord und West, die Edeka, Netto und zuletzt am 11. Dezember Aldi-Nord und -Süd. Nach den Gesprächen wandten sich die Landwirte mit einem Forderungskatalog an den Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH), Vertreter des LEH und der Politik. Darin werden zwölf kurz-, mittel-, und langfristige Lösungsansätze formuliert. Diese reichen vom Öffnen aller aktiven Milchkontrakte, um die Erzeugerpreise kurzfristig anzupassen, über die Forderung nach einer zunächst selbstverpflichtenden Herkunftskennzeichnung durch den Handel bis hin zu einem runden Tisch mit der gesamten Vermarktungskette, der Erzeuger-, Verarbeiter- und Bereitstellungskosten erfasst und anerkennt. red

Den Forderungskatalog zum Herunterladen gibt es hier:

Zwei Sieger beim Landeswettbewerb „Bestes Bio aus MV“

Der Landwirtschaftsbetrieb Wolfgramm in Levenhagen und der Kulturverein Hof Medewege in Schwerin belegten die ersten Plätze vor der Bio-Gärtnerei Watzkendorf und der Deutschen Wildtier Stiftung Gut Klepelshagen.

Bei der zweiten Auflage des Landeswettbewerbs „Bestes Bio aus MV“ teilen sich der Landwirtschaftsbetrieb Wolfgramm aus Levenhagen, Landkreis Vorpommern-Greifswald, und der Kulturverein Hof Medewege, Schwerin, den ersten Platz. Der Kulturverein wurde stellvertretend für die Betriebe und Initiativen auf dem Hof Medewege ausgezeichnet, die ca. 200 Menschen Arbeit bieten. Auf Platz zwei kam die Bio-Gärtnerei Watzkendorf GmbH, Mecklenburgische Seenplatte,  vor der Deutschen Wildtier Stiftung Gut Klepelshagen e.K., Vorpommern-Greifswald, teilte das Agrarministerium in Schwerin zu Wochenbeginn mit.

Vielfältige Kulturen und regionale Vermarktung

Kennzeichen der Preisträger seien die Vielfalt der angebauten Kulturen und eine besonders naturschutz- und wildtierfreundliche Landwirtschaft, die Haltung alter Nutztierrassen, regionale Verarbeitung und Vermarktung der Erzeugnisse, innovative Konzepte mit regionaler Gastronomie sowie Forschungsvorhaben im eigenen Betrieb. Die beiden ersten Plätze sind mit jeweils 2.000 € dotiert, Platz zwei und drei mit 1.000, bzw. 600 €. Agrarminister Till Backhaus lobte Engagement und Konzepte der Preisträger. Beides zeuge nicht nur von hohem Verständnis für nachhaltiges Wirtschaften, sondern sei auch richtungsweisend.

Weitere 50 Betriebe haben umgestellt

2020 stellten in Mecklenburg-Vorpommern weitere 50 Betriebe auf ökologischen Landbau um. Die Öko-Anbaufläche nahm um knapp 5.700 auf etwa 174.700 ha zu, das entspricht rund 13 % der Anbaufläche des Landes. Hinzu kommen 222 bio-zertifizierte Unternehmen wie Mühlen, Bäckereien, Mostereien und ähnliches. MV liegt damit im Ökolandbau im bundesweiten Vergleich in der Spitzengruppe. Deutschlandweit werden durchschnittlich 9,7 % der LF ökologisch bewirtschaftet. red

Rote Gebiete in MV: Bauern fordern Nachkontrolle

Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern hält an seiner Kritik zu den Messstellen fest. Agrarstaatssekretär Buchwald sagt Evaluierung und Ausbau zu.

Von Gerd Rinas

„Wir respektieren, dass es jetzt eine Entscheidung zur Düngelandesverordnung geben muss. Wir wollen sie aber mit dem klaren Auftrag verbinden, nachzubessern. Die Evaluierung der Messstellen muss im Januar beginnen“, forderte Landesbauernpräsident Detlef Kurreck gestern bei einem Pressetermin an einer Grundwasser-Messstelle in Warsow, Mecklenburgische Seenplatte.

Am kommenden Dienstag im Kabinett

Die neue Düngelandesverordnung soll am kommenden Dienstag im Kabinett der Landesregierung beschlossen werden und wie in den anderen Bundesländern am 1. Januar in Kraft treten. Künftig müssen Landwirte in nitratbelasteten Gebieten u. a. die Düngemenge um 20 % unter den Nährstoffbedarf der Kultur senken. Viele befürchten dadurch große Ertrags- und Einkommenseinbußen. „Mecklenburg-Vorpommern hat nicht alle Möglichkeiten für die objektive Festlegung der roten Gebiete ausgeschöpft“, kritisierte Detlef Kurreck. Leistungen, die die Bauern bei der Senkung des Nitrateintrags erbringen, würden nicht berücksichtigt. Das Land habe sich erst spät um die Binnendifferenzierung gekümmert: „Andere Bundesländer haben vorgearbeitet.“ Möglich wäre dies schon nach der Düngeverordnung 2017 gewesen. Wichtige Faktoren wie das Denitrifikationsvermögen des Bodens blieben bei der Bewertung der Messwerte bisher unberücksichtigt. Kurreck forderte Ausnahmeregelungen, wenn nachgewiesen wird, dass Düngung nicht Ursache für erhöhte Nitratwerte ist. „Landwirte wollen sauberes Grundwasser. Wo es Nitratprobleme gibt, muss gehandelt werden. Zugleich müssen Zweifel an den Messstellen ausgeräumt werden“, betonte der Bauernpräsident.

Gutachten gibt Bauern Recht

In seiner Kritik bestätigt sieht sich der Verband durch das hydrogeologische Gutachten der Hydor Consult GmbH, Berlin. Danach sollen die Werte bei 56 von 103 Messstellen nicht repräsentativ sein (Bauernzeitung 46/2020 Nord, S. 15). Oft sei die geringe Ausbautiefe der Messstellen in einen wasserwirtschaftlich nicht genutzten Grundwasserleiter bzw. der zu oberflächennahe Ausbau nicht geeignet, um Nitrat hydrochemisch repräsentativ zu beproben. Auch an der Messstelle in Warsow würden Trinkwasserproben von einem Grundwasserleiter aus einer deutlich größeren Tiefe als Nitratproben gezogen, erläuterte Hydor Consult-Geschäftsführer Dr. Stephan Hannapel vor Ort. Von den 85 begutachteten Messstellen mit erhöhter bzw. tendenziell ansteigender Nitratbelastung erfüllen 43 nach Angaben von Bauernverbands-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Piehl bestimmte Messstellenkriterien nicht. „Zur Zeit ist das Messstellennetz angreifbar“, so Piehl. Laut Gutachten kommen bei sieben Messstellen außer landwirtschaftlichen weitere Eintragsquellen in Frage. An acht Messstellen stammten erhöhte Nitratwerte aus nichtlandwirtschaftlichen Quellen wie beispielsweise Deponien. „Höhere Auflagen für die Landwirte, die in diesem Gebiet wirtschaften, werden an der Belastung nichts ändern“, gab Piehl zu bedenken.

Buchwald: Messstellen sind aussagefähig

Agrarstaatssekretär Dr. Jürgen Buchwald wies in Warsow Zweifel an der Einteilung der „roten“ Gebiete und der Aussagefähigkeit des Messstellennetzes zurück. „Wenn behauptet wird, die Proben sind nicht sachgemäß, dann muss man dafür Beweise vorlegen.“ Zudem seien die Messungen nicht das einzige Kriterium für die Einordnung in ein „rotes Gebiet“. Berücksichtigt werden dafür in einer zweiten Binnendifferenzierung Boden- und Wetterdaten. In einer Modellierung wird berechnet, wie viel Stickstoff gedüngt werden kann, damit je Liter Bodensickerwasser nicht mehr als 50 mg Nitrat entstehen. Zusätzlich werden 25.000 Datensätze zu gedüngten Stickstoffmengen aus landwirtschaftlichen Betrieben im Land einbezogen.

Präzisierung notwendig

Buchwald wies darauf hin, dass sich in Mecklenburg-Vorpommern durch die Einführung der Binnendifferenzierung nach der Verabschiedung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Gebietsausweisung (AVV) die Kulisse der „roten Gebiete“ im Vergleich zur Düngelandesverordnung 2019 um 30 % auf 181.000 ha verringert hat. „Damit sind wir in der Verursachergerechtigkeit deutlich vorangekommen.“ Auch seien 13 % „rote Gebiete“ an der landwirtschaftlichen Fläche im Vergleich nicht ungewöhnlich viel: In Niedersachsen sei der Anteil mit 31, in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit jeweils 24 % viel höher. Mit dem Bauernverband stimme man überein, dass in der AVV manche Aussagen nicht präzise genug seien. Deshalb habe sich Agrar- und Umweltminister Backhaus schon an Bundesministerin Klöckner gewandt, so Buchwald.

„Aus der Nummer kommen wir nicht raus“

Der Staatssekretär räumte ein, dass mehr Messstellen genauere Aussagen ermöglichten. Deshalb werde das Messnetz weiter ausgebaut. Bisher würden insgesamt 559 Messstellen genutzt. Mit einer Messstelle im Umkreis von 42 km2 würde die Mindestanforderung aus der AVV von 50 km2 mehr als erfüllt. Buchwald warnte davor, mit der Diskussion um Messstellen vom eigentlichen Problem – der Nitratbelastung im Grundwasser – abzulenken. „Es ist nicht entscheidend, ob die Belastung aus landwirtschaftlicher Bewirtschaftung vor sechs Jahren oder sechs Jahrzehnten stammt. Das Nitrat muss aus dem Grundwasser. Aus der Nummer kommen wir nicht raus“, so Buchwald.

Bauerndemo in MV: Mehrere Traktorkorsos für den 11. Dezember geplant

Zunehmender Preisdruck aus dem Lebensmitteleinzelhandel und die aktuelle Agrar- und Umweltpolitik treiben in Mecklenburg-Vorpommern die Landwirte auf die Straße. Für Freitag, den 11. Dezember hat „Land schafft Verbindung“ mehrere Traktorkorsos angekündigt.

Der Bauernverband und die Initiative „Land schafft Verbindung“ haben für den kommenden Freitag Treckerkorsos in den Regionen Schwerin, Rostock, Neubrandenburg und Greifswald angekündigt. Alle Konvois sollen um 8.30 Uhr zum Stehen kommen und mit dem „Stopp“ auf die Krise in der Landwirtschaft aufmerksam machen, kündigten der Bauernverband MV und LsV MV heute an.

„Kommen vor Sorgen nicht in den Schlaf“

Ebenfalls am Freitag wollen Vertreter von Bauernverband und LsV Landtagsabgeordneten vor dem Schweriner Schloss einen umfangreichen Forderungskatalog übergeben. „Auch Landwirte würden gerne besinnliche Weihnachten feiern. Doch in der aktuellen Situation kommen sie vor Sorgen nicht in den Schlaf“, sagte Bauernverbandspräsident Detlef Kurreck. Bei einem „Weiter so!“ in der Politik stehe bald der letzte Trecker im Land still.

„Jetzt muss nachgebessert werden“

Nach Kurrecks Einschätzung bedrohten insbesondere die Novelle der Düngelandesverordnung, das geplante Insektenschutzgesetz und der zunehmende Preisdruck im Lebensmitteleinzelhandel die Existenz vieler landwirtschaftlicher Betriebe im Nordosten. Die Düngelandesverordnung, die am 15. Dezember im Kabinett der Landesregierung beschlossen werden soll, benachteilige die hiesigen Landwirte gegenüber Berufskollegen. Etwa 13 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Mecklenburg-Vorpommern – so viel wie in fast keinem anderen Bundesland – seien „rote Gebiete“, in denen deutlich unter dem Pflanzenbedarf gedüngt werden muss. „Wir erwarten dringend, dass jetzt nachgebessert wird“, betonte Kurreck. Auch das geplante Insektenschutzgesetz schränke die Landwirte erheblich ein, ohne, dass es für die Insekten etwas bringe.

Preisdruck: Jeder schiebt es auf den nächsten

Zum zunehmenden Preisdruck in der Lebensmittelverarbeitung und dem -einzelhandel meinte Toni Reincke von LsV MV: „Jeder schiebt es auf den nächsten in der Kette. Wir bilden aber den Anfang, wir haben niemanden mehr, auf den wir es schieben können.“ Als Urproduzenten müssten die Landwirte endlich spürbar etwas vom Erlös abbekommen. red

Umgang mit roten Gebieten sorgt für Misstrauen

Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen weisen mehr rote Gebiete aus als die anderen ostdeutschen Länder. Warum das so ist, darüber sind Landwirte und Politik gegensätzlicher Meinung.

Am 1. Januar treten die neuen Landesdüngeverordnungen in Kraft. Dann gehören Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zu den Ländern mit den höchsten Anteilen roter Gebiete. Im Norden müssen Landwirte dann auf 13 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche die Bewirtschaftung einschränken, im Freistaat sogar auf 14,5 Prozent. „Die Bauern hier wie dort zählen damit deutschlandweit zu den Verlierern der neuen Düngeverordnung.“ Das stellte der Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommerns, Detlef Kurreck, dazu am Donnerstag fest. „Sie sind damit deutlich schlechter gestellt, als ihre Kollegen in den anderen Bundesländern.“

Rote Gebiete: Zwei Länder einstellig

Tatsächlich weist der Freistaat Thüringen nur 6,4 % seiner landwirtschaftlich genutzten Fläche als rote Gebiete aus. Vor der Binnendifferenzierung waren es 22,7 %. Brandenburg kam schon bei der Erstberechnung in etwa auf die noch endgültig zu beschließenden Zahlen. Aber auch hier ging der Anteil der nitratbelasteten Gebiete nochmals zurück: von 2,3 % der Fläche auf 1,8 %. Sachsen-Anhalt hält sich mit Zahlen noch bedeckt. In Magdeburg will sich das Kabinett erst am 15. Dezember mit der Landesdüngeverordnung befassen.

Die Unterschiede innerhalb der ostdeutschen Länder standen am Mittwoch auf der Tagesordnung eines informellen Arbeitsgespräch der fünf Minister. Daran nahmen auch die Präsidenten der Landesbauernverbände sowie Vertreter der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Initiative „Land schafft Verbindung“ und von Öko-Anbauverbänden teil. Dort gab es Kritik an der für die Ausweisung der roten Gebiete maßgeblichen Verwaltungsvorschrift des Bundes (AVV). Die Minister hätten sich darauf verständigt, sich beim Bund für die Überarbeitung der AVV einzusetzen. Das zumindest teilte das gastgebende Schweriner Landwirtschaftsministerium am Abend nach der Videokonferenz mit.

Liegt die Schuld allein beim Bund?

Diese Meldung sorgte für Irritationen. Zwar sei eine solche Initiative angesprochen worden, auf einen Vorstoß beim Bund habe man sich aber nicht verständigen können, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Das Schweriner Ministerium erklärte auf Nachfrage: Auf den Vorschlag von Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus, beim Bund gemeinsam eine Evaluierung der AVV anzuregen, habe es keinen Widerspruch gegeben. Entsprechend einer Vereinbarung mit dem Bauernverband MV habe sich Backhaus bereits mit einem entsprechenden Schreiben an Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner und an die Bundesumweltministerin Schulze gewandt. Eine Antwort stehe noch aus. 

Das Dresdener Agrarministerium bestätigte dann aber, es habe eine solche Absprache gegeben. „Sachsen beanstandet vor allem die wesentlich zu grobe Datenbasis für die Ermittlung der potenziellen Nitratausträge nach Anlage 4 AVV GeA, die einer kleinräumig-großmaßstäbigen Abgrenzung von Flächen mit hohem Emissionsrisiko zuwiderläuft”, hieß es auf Nachfrage der Bauernzeitung. Die Schwächen der AVV seien bereits vom Bundesrat in einer eigenen Entschließung aufgelistet worden, in die der Freistaat mehrere konkrete Punkte eingebracht habe.

Zurückhaltender, wenngleich nicht ablehnend äußerte sich Thüringen zu dem Vorstoß. Es spreche überhaupt nichts dagegen, Verordnungen auch auf ihren Mehrwert hin zu evaluieren und zu schauen, welche Regelungen sich in der Praxis bewähren und welche nicht, sagte Agrarstaatssekretär Torsten Weil der Bauernzeitung. „Aber insgesamt darf es kein Zurück hinter die EU-Regelung geben.“

Zweifel an der Auslegung

Für den Bauernverband MV liegt die Ursache der großen Unterschiede zwischen den Ländern jedoch nicht zuerst in der strittigen Verordnung des Bundes. Präsident Kurreck ist davon überzeugt: „In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen werden die durch die AVV eingeräumten Spielräume zur Ausweisung roter Gebiet bisher nur ungenügend genutzt.“ Im Klartext: Die Länder haben unterschiedliche Messlatten angelegt.

Backhaus wies das zurück. „Das kann ich so nicht stehen lassen. Deshalb ist es notwendig, die Verwaltungsvorschrift zeitnah zu überprüfen”, erklärte er. Teilnehmer der Videokonferenz berichteten hingegen auch von gegenteiligen Vorhaltungen: Sowohl der MV-Agrarminister als auch sein sächsischer Amtskollege Wolfram Günther hätten während der Videokonferenz mehr oder weniger offen Zweifel an der sachgerechten Anwendung der AVV in den anderen ostdeutschen Ländern geäußert, hieß es. Ein Sprecher des sächsischen Landwirtschaftsministeriums widersprach inzwischen dieser Darstellung. red (aktualisiert am 8.12.)

Hinweis: Mit den „fünf ostdeutschen Agrarministern“ sind stets Ministerin Dalbert sowie die Minister Backhaus, Vogel, Günther und Hoff gemeint. Wir bitten um Verständnis, wenn wir allein aus Gründen der Sprachökonomie auf die männliche Form verkürzen. Die Redaktion

Klare Botschaft im Milchdialog

Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern und in anderen Bundesländern wollen Verarbeiter nicht aus der Preisverantwortung entlassen. Deswegen statteten sie heute weiteren verarbeitenden Unternehmen erneut einen Besuch ab und bleiben im „Milchdialog“.

„Antwort ungenügend. Nachsitzen!“ – diese Botschaft überbrachten heute Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern in ihrer Aktion „Milchdialog“ bei der Danish Crown Teterower Fleisch GmbH, der DMK-Molkerei Waren (Müritz), der Ostsee-Molkerei in Wismar und bei Arla Foods in Upahl. Hier nahm Milchlieferantenbetreuer Carsten Scheil (auf dem Foto rechts) das Zwischenfazit der Aktion entgegen. „Wir sind mit den Antworten, die uns die Verarbeiter in der vorigen Woche auf unsere Fragen im Milchdialog haben zukommen lassen, nicht zufrieden. Das wollen wir auch öffentlich zum Ausdruck bringen“, sagte BDM-Landesteamleiter Georg Maas (auf dem Foto links) der Bauernzeitung.

Es gehe nicht darum, einzelne Verarbeiter für die Misere der Erzeugerinnen und Erzeuger verantwortlich zu machen. „Wer diesmal nicht besucht wurde, kann sich nicht sicher sein, dass er nicht das nächste Mal Bäuerinnen und Bauern vor seinen Toren hat. Die Verarbeiter sind unsere unmittelbaren Marktpartner. Sie stehen für faire Preise in der Verantwortung“, unterstrich Maas.

Milchdialog mit Deutschlandweiten Aktionen

Auch in anderen Bundesländern fahren Bäuerinnen und Bauern am 3. Dezember wieder zu Verarbeitungsunternehmen, nachdem die Antworten der Verarbeiter auf das Forderungspapier der Bäuerinnen und Bauern ausgewertet wurden. Ziel seien diesmal nicht flächendeckend möglichst alle Verarbeiter zur gleichen Zeit, vielmehr werde es im Bundesgebiet „nadelstichartige“ Aktionen mit einer größeren Anzahl von Teilnehmern geben, wie die Organisatoren des Milchdialoges mitteilen.

„Bäuerinnen und Bauern, die gerade beim LEH protestieren, bauen Druck auf, den die Verarbeiter aber auch aufnehmen müssen. Es gehört zu ihrem Job als Verarbeiter und Vermarkter unserer Produkte, beim Lebensmitteleinzelhandel (LEH) bessere Preise für die Erzeuger auszuhandeln. Aber natürlich brauchen wir ein höheres Preisniveau für 100 % unserer Produkte, die an unsere Verarbeiter gehen. Wenn also das gute Drittel, das über den LEH verkauft wird, schlechter vermarktet werden kann, weil die knapp zwei Drittel, die an die weiterverarbeitende Industrie und in den Export gehen, den Preis drücken, dann erwarten wir Vorschläge, was getan werden muss, damit auch diese Mengen auf einem höheren Preisniveau vermarktet werden können. Die Aussage „Das sind die Marktgesetze, daran kann man nichts ändern“ reicht uns jedenfalls nicht. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, sind aber keine gottgegebenen Größen, sondern durch das Verhalten der Wirtschaftsteilnehmer beeinflussbar“, erklären die Teilnehmer des Milchdialogs.

„Es wird den Verarbeitern nicht gelingen, die Rolle des Sündenbocks komplett auf den Handel oder wahlweise an den Verbraucher abzuwälzen – dafür brechen wir wieder auf“, betonen die Teilnehmer des Milchdialoges. Da besonders tierhaltende Betriebe existenzielle Probleme haben, könnten sie es sich nicht leisten, locker zu lassen. ri/red

Geflügelpest in der Mecklenburgischen Seenplatte

In einem geflügelhaltenden Betrieb bei Röbel-Müritz in Mecklenburg-Vorpommern wurde das H5N8-Virus nachgewiesen. 29.000 Legehennen müssen nun notgetötet werden.

In einem Legehennenbetrieb im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte ist Geflügelpest (H5N8) amtlich festgestellt worden. Betroffen sind in dem Betrieb im Amtsbereich Röbel-Müritz, etwa 29.000 Legehennen. Nach Angaben aus dem Schweriner Agrrarministerium sind darunter viele Tiere, die noch nicht einmal ein Jahr alt sind. Der Bestand muss nun tierschutzgerecht getötet werden, teilte der Landkreis mit.

23 weitere Geflügelhaltungen im Sperrbezirk

Zur Bekämpfung der Seuche wurde ein Sperrbezirk von 3 km und ein Beobachtungsgebiet von 10 km um den Ausbruchsbetrieb eingerichtet. Geflügel, Fleisch und Eier dürfen nicht in und aus den Restriktionsgebieten verbracht werden. In dem Sperrbezirk befinden sich 23 weitere Geflügelhaltungen mit einem Bestand von insgesamt ca. 29.400 Tieren. Im Beobachtungsgebiet sind 482 Betriebe mit insgesamt ca. 644.000 Tieren betroffen.

„In Beständen mit mehr als 1.000 Stück Geflügel sowie in ausgewiesenen Restriktionsgebieten ist das Geflügel aufgestallt. Deswegen ist jetzt genau zu prüfen, wie das Virus in die Stallungen gelangen konnte”, sagte Landwirtschaftsminister Till Backhaus. Der Landkreis hat eine Allgemeinverfügung erlassen. Sämtliches Geflügel in Betrieben sowie Kleinsthaltungen muss aufgestallt werden, für die Halter gelten strenge Hygieneauflagen.

Suche nach Kontaktbetrieben

Neben den Sperrmaßnahmen werden nach Angaben des Landkreises epidemiologische Ermittlungen durchgeführt, um die Ursache des Seuchenausbruchs sowie weitere Kontaktbetriebe festzustellen. red

Mecklenburger ist „Schweinehalter des Jahres“

In der Kategorie „Schweinehaltung“ gewann Torsten Roder aus Viecheln in Mecklenburg-Vorpommern den CeresAward 2020. Er bietet seinen Schweinen „Tierwohl mit Hirn statt nur für’s Auge“, urteilte die Jury.

Von Gerd Rinas

„Torsten Roder ist ein Macher, der nicht lange redet. Er hat für seine Strohschweine eine eigene Vermarktungsschiene aufgebaut, die den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebs sichert.“ Als leidenschaftlicher Schweinehalter wisse Roder, was seine Tiere wollten. Er biete ihnen die Wahl zwischen einer kühlen und weichen Liegefläche, was die Schweine zu schätzen wissen. „Das ist Tierwohl mit Hirn statt nur für`s Auge“, lobte die Jury – und kürte den Landwirt aus Viecheln in Mecklenburg-Vorpommern zum CeresAward-Sieger 2020 in der Kategorie Schweinehalter.

Schweinehaltung auf Stroh

Torsten Roder bewirtschaftet zusammen mit seinem Bruder Holger einen Familienbetrieb mit 1.155 ha LF und 3.700 Schweinen im geschlossenen System. Insgesamt 2.500 Mastschweine stehen bei Roders auf dem Hof. Rund 1,3 Mio. € haben die Brüder in zwei Tiefstreuställe mit 1.200 Plätzen und einen Ferkelaufzuchtstall mit 800 Plätzen, ebenfalls auf Tiefstreu, investiert. Seit 2013 werden die Ferkel nicht mehr kastriert (Ebermast). Und seit Inbetriebnahme des neuen Ferkelaufzuchtstalls 2019 verzichtet der Betrieb auch darauf, die Schwänze zu kupieren. Roders setzen zudem kein gentechnisch verändertes Futter ein. Die Armin Roder & Söhne GbR ist vom Deutschen Tierschutzbund mit dem Label „Für mehr Tierschutz“ zertifiziert und von Beginn an bei der Initiative Tierwohl dabei.

Regionale Partner für mehr Tierwohl

Torsten Roder Schweinehalter Ceres
Torsten Roder c) Screenshot

Für seine „Mecklenburger Strohschweine“ hat Roder gemeinsam mit der LFW Ludwigsluster Fleisch- und Wurstspezialitäten und dem Lebensmittel-Großhändler Transgourmet Deutschland eine Vermarktung für Gastronomen, Hoteliers und Lebensmittelhandel aufgebaut. Wegen ihrer hervorragenden Fleischqualität sind die „Mecklenburger Strohschweine“ auch bei regionalen Fleischereien gefragt. Zum Betrieb gehören außerdem eine Photovoltaikanlage mit 700 KW Leistung und eine im vorigen Jahr flexibilisierte 1,6-MW-Biogasanlage. In einer ersten Reaktion auf den Gewinn des CeresAward 2020 zeigte Torsten Roder eher verhaltene Freude. „Wegen der Corona-Krise ist auch der Absatz unserer Mecklenburger Strohschweine nur mit finanziellen Verlusten möglich. Die Situation am Schweinemarkt ist dramatisch“, sagte der Landwirt, der sich seit vielen Jahren im Ehrenamt des Hybridschweinezuchtverbandes Nord/Ost engagiert.

Vorerst nur Vorfreude auf die große Party

Der Gewinn des CeresAward sei für ihn nicht völlig überraschend gekommen. „Wenn man sich bewirbt, dann hat man schon den Ehrgeiz, vorne dabei zu sein“, so der 56-Jährige. Wegen Corona feiert der Gewinner den Sieg im renommiertesten Wettbewerb der deutschen Landwirte am Wochenende nur im kleinen Kreis. „Aber es wird die Gelegenheit kommen, wo wir die Sau rauslassen“, sagte Torsten Roder mit einem Augenzwinkern. Denn die CeresAward-Auszeichnungsveranstaltung kommt noch: Sie wurde wegen der Corona-Pandemie auf Ende März 2021 verlegt.

Fast doppelt so viele Wolfsrudel in einem Jahr

Die Zahl der Wolfsrudel in Mecklenburg-Vorpommern hat sich seit Jahresbeginn von 8 auf 15 erhöht. Gleichzeitig stehen bisher 82 Rissvorfälle zu Buche – ebenfalls fast doppelt so viele wie 2019.

Von Gerd Rinas

Mehrere neue Wolfsrudel sind in Mecklenburg-Vorpommern gesichtet worden. Aus der Nähe von Kirch Rosin, südlich von Güstrow, liegt der Nachweis eines Paares mit drei Welpen vor. Am Rand des Naturparks Feldberger Seenlandschaft zum Serrahner Teil des Müritz-Nationalparks hin zeigen Bilder aus Fotofallen neben zwei Altwölfen fünf Jungwölfe. Außerdem gibt es erste Hinweise auf ein Wolfspaar westlich von Greifswald, teilte das Schweriner Agrar- und Umweltministerium mit. Die Zahl der Wolfsvorkommen erhöht sich damit seit Jahresbeginn von 8 auf 15 Rudel und ein Paar. 36 Welpen wurden bisher gezählt, allerdings gelang der Nachweis nicht in allen Wolfsrudeln.

Mehr als 300 Nutztiere seit Jahresbeginn getötet

Hinweise auf neue Wolfsrudel und -vorkommen gebe es in mehreren Regionen. Ob es sich um Wander-Einzelwölfe, Wolfspaare oder Rudel handelt, müsse weitere Beobachtung (Monitoring) klären, hieß es aus Schwerin. In diesem Jahr verzeichnet die Behörde 82 Rissvorfälle in Mecklenburg-Vorpommern (Stand 23. November). Dabei sind 311 Nutztiere getötet und 104 verletzt worden. Die Wölfe rissen meist Schafe, in einigen Fällen laut Ministerium auch Damwild und Kälber.

Grenzen des Machbaren und Zumutbaren

Als „erschreckend, aber eigentlich nicht überraschend“ bewertete die Vorsitzende des Landesschaf- und Ziegenzuchtverbandes, Susanne Petersen, die Zahl der Wolfsrisse. „Die Übergriffe mit getöteten oder verletzten Tieren haben sich gegenüber 2019 so gut wie verdoppelt“, so Petersen in einer Pressemitteilung des Verbandes. Und das, obwohl die Tierhalter den Schutz ihrer Herden in großem Umfang verstärkt hätten. „Aber es gibt Grenzen des Machbaren und Zumutbaren“, so Petersen. Die Frage, wie viele Wolfsrudel Mecklenburg-Vorpommern vertrage, stelle sich für Tierhalter nicht mehr. Es seien schon heute zu viele.

Petersen forderte, vorhandene rechtliche Möglichkeiten zur „Entnahme“ von Wölfen konsequent anzuwenden und die Entscheidung darüber „nicht immer wieder zu verschieben“. „Wenn hier nicht endlich etwas geschieht, verlieren die Tierhalter das Vertrauen in Politik und Behörden“, warnte die Verbandsvorsitzende.

Verbreitung der Wolfsrudel, Paare und Einzeltiere im Land und in angrenzenden Regionen.

Wann ist der günstige Erhaltungszustand erreicht?

„Wir brauchen klare Parameter, um festzulegen, wann der günstige Erhaltungszustand der Art Wolf erreicht ist“, kommentierte Agrar- und Umweltminister Till Backhaus das Anwachsen der Wolfsrudel. Dann könnten die Behörden „bestandswirksame Maßnahmen“ ergreifen. Er erwarte dazu klare Aussagen von der Bundesregierung auf der kommenden Umweltministerkonferenz im Frühjahr 2021, sagte der SPD-Politiker.

Arla Upahl: Feuer in Mecklenburger Molkerei

In der Nacht zum Donnerstag hat es in der Arla-Molkerei in Upahl gebrannt. 70 Feuerwehrleute löschten bis zum Morgen Feuer im Technikraum. Mitarbeiter wurden evakuiert, verletzt wurde niemand. Die Produktion von Frische-Erzeugnissen setzte heute aus.

In der Nacht zu Donnerstag ist in der Arla-Molkerei in Upahl, Landkreis Nordwestmecklenburg, ein Brand ausgebrochen, teilte die Polizeinspektion Wismar mit. Bei der Bekämpfung des Brandes in einem Technikraum waren 70 Feuerwehrleute mehrerer Freiwilliger Wehren im Einsatz. Das Feuer wurde bis zum Morgen gelöscht. Alle Molkereimitarbeiter konnten rechtzeitig evakuiert werden, verletzt wurde niemand.

Nach ersten Schätzungen ist bei dem Brand in Upahl ein Schaden im höheren sechsstelligen Bereich enstanden. Die Brandursachen liegen noch im Dunkeln. Die Kriminalpolizei (Kripo) Grevesmühlen hat die Ermittlungen aufgenommen. Die Produktion von Milchpulver laufe weiter, die von Frischeerzeugnissen ruhte am heutigen Tag, sagte ein Arla-Sprecher auf Anfrage. Die Milchabholung bei den Landwirten sei nicht beeinträchtigt. red

Milchdialog: Molkereien antworten auf Forderungen der Milchbauern

Am Donnerstag – eine Woche nach Beginn des „Milchdialoges“ am 11. November – fuhren erneut Landwirte zu Molkereien und anderen Verarbeitern. Sie wollten Antworten auf ihre Forderungen entgegennehmen – z. B. von den Milchwerken Mittelelbe in Stendal und der Molkerei Rücker in Wismar. Auch Branchenverbände haben auf die Forderungen der Landwirte reagiert. Ein Überblick.

Von Gerd Rinas, Frank Hartmann und Detlef Finger

Erneut sind heute wieder Landwirte des Bündnisses „Milchdialog“ vor Molkereien und andere Verarbeitungsunternehmen gezogen. Bereits am 11. November übergaben Landwirte bundesweit an gut 150 Werktoren einen Forderungskatalog. BDM, LsV-Deutschland, AbL, European Milk Board, Freie Bauern und der MEG Milch Board wollten so deutlich machen, wie existenzbedrohend die wirtschaftliche Lage insbesondere der tierhaltenden Betriebe angesichts steigender Kosten und niedrigster Erlöse ist. Zentrale Forderungen sind ein Plus von 15 Cent je Kilo Rohmilch, ein Plus von 1,00 Euro je Kilo Rind-, 50 Cent je Kilo Schweine- und 20 Cent je Kilogramm Geflügelfleisch. 

Übergabe des Antwortschreibens der Milchwerke „Mittelelbe“ GmbH in Stendal durch Prokurist Norbert Frye (l.) an Landwirt Frank Lenz. (c) MEG Milch Board

Auch in Sachsen-Anhalt wollten sich die landwirtschaftlichen Akteure am Donnerstag auf den Weg machen, um die Antwortschreiben der Verarbeitungsunternehmen abzuholen. Bei der Milchwerke „Mittelelbe“ GmbH in Stendal wurden sie von Prokurist Norbert Frye empfangen. Der kaufmännische Leiter der Molkerei händigte das Antwortschreiben des Unternehmens persönlich an Frank Lenz aus. Der Milcherzeuger aus dem altmärkischen Schinne ist im Ehrenamt Vorstandsvorsitzender des MEG Milch Board w.V. Wie Lenz gegenüber der Bauernzeitung sagte, sei das Gespräch wie schon bei der Übergabe des Positionspapiers zum Milchdialog in freundliche Atmosphäre verlaufen. Grundhaltung des Molkereivertreters sei gewesen, dass man als Einzelunternehmen nichts ausrichten könne, dass Industriekunden im Zweifelsfall immer dort einkauften, wo es am billigsten sei, dass der Ball bei der Politik liege und dass es eines Außenschutzes für solche Vorhaben bedarf.

Die Altmark-Käserei Uelzena GmbH in Bismark habe die Landwirte hingegen nicht erneut empfangen wollen. Begründet worden sei dies mit dem Pandemiegeschehen. Das Verarbeitungsunternehmen habe ein Antwortschreiben auf die Forderungen der Milcherzeuger zumindest per Mail übermittelt.

Molkerei Rücker will verbindliche Herkunftsbezeichnung für Milchprodukte einführen

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Video (c) Gerd Rinas

Mit günstiger Sahne aus Osteuropa werden neben „Deutscher Markenbutter“ auch Dumpingpreise für hiesige Milcherzeuger produziert. Damit muss Schluss sein, antwortet Molkereichef Klaus Rücker in Wismar auf Forderungen der Landwirte. Die Molkerei Rücker mit ihren Betrieben in Aurich, Ostfriesland, und Wismar, Mecklenburg-Vorpommern, habe großes Verständnis für die Sorgen der Milcherzeuger. „Das Milchpreisniveau in Deutschland ist seit Jahren für eine zukunftsfähige Entwicklung der Betriebe nicht ausreichend“ räumte Klaus Rücker, geschäftsführender Gesellschafter der Ostsee-Molkerei Wismar heute in der Hansestadt bei der Bekanntgabe seiner Antwort auf die Forderungen landwirtschaftlicher Organisationen im „Milchdialog“ ein. Die Situation sei auch für die Molkereien „besorgniserregend“, weil sie auf eine funktionierende Milchproduktion angewiesen seien.

Die Landwirte Peter Guhl (l.) und Georg Maaß (2. v.l.) bedankten sich bei Molkereichef Klaus Rücker für die Reaktion der Ostsee-Molkerei Wismar. (c) Gerd Rinas
Das Betriebsgelände der Ostsee-Molkerei Rücker in Wismar. (c) Gerd Rinas

15 Cent pro Kilogramm mehr „nicht zielführend“

Die Forderung, den Milchpreis um 15 ct/kg zu erhöhen sei aber nicht zielführend. „Ein Milchpreis von über 40 ct/kg würde ungeahnte Produktionsanreize auslösen, die in kürzester Zeit zu einem Überangebot führen würden“, argumentierte der Geschäftsführer. Dieses ließe sich nur über eine freiwillige Milchmengenbegrenzung verhindern. Sie müsste zwingend europaweit erfolgen, um dem Milchausgleich aus dem europäischen Ausland entgegenzuwirken. Das käme der Wiedereinführung der Milchquote gleich und finde in Europa keine Mehrheiten, so Rücker.

Verbraucher in die Lage versetzen

Dennoch müsse etwas getan werden, betonte der Molkereichef, und schlug vor, eine europaweite Herkunftsbezeichnung für Milchprodukte einzuführen. Damit könnte man Verbraucher in die Lage versetzen, gezielt Produkte aus einer bestimmten Region zu erwerben. „Außerdem würde es endlich aufhören, dass mit günstiger Sahne aus Osteuropa hier in Deutschland ‚Deutsche Markenbutter‘ produziert wird.“ Dadurch komme es immer wieder zu Dumpingpreisen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel, ließ Rücker durchblicken.

Als weitere Maßnahme schlug er die Etablierung von Mehrwertkonzepten und konsequenten Markenstrategien vor, mit denen sich Verarbeiter „schrittweise von der Verwertung austauschbarer Standardware abkoppeln“ könnten. Rücker äußerte sich heute bei dem kurzen Treffen vor der Ostsee-Molkerei in Wismar mündlich auf die Forderungen der Landwirte und lud gleichzeitig zu einem Gespräch ein, wo er seine Antworten übergeben will.

Peter Guhl: Verträge mit Liefermenge und Preis

„Wir erkennen an, dass Klaus Rücker uns persönlich auf unsere Forderungen geantwortet hat“, sagte Peter Guhl, Vorstandsmitglied bei den Freien Bauern. Verarbeiter und Milchbauern sitzen aber nicht im gleichen Boot. Sie haben unterschiedliche Interessen. Wir können aber trotzdem gute Geschäftspartner sein“, stellte Guhl klar. „Wichtig ist, dass alle Milchlieferverträge künftig konkrete Angaben zu Laufzeit, Liefermenge und Preis enthalten.“ BDM-Landesteamleiter Georg Maaß wollte die Antworten des Wismarer Molkereichefs zunächst nicht bewerten. „Bis Freitagabend gehen alle Antworten von Verarbeitungsunternehmen im Milchdialog ein. Danach werden sie gesichtet. Am Montag werden sie veröffentlicht und wir werden uns dazu äußern“, so Maaß.

Statt der geplanten zwölf fuhren in Wismar 17 Schlepper auf. Coronabedingt sollten nur vier Landwirte die Antwort von Molkereichef Rücker entgegennehmen. Tatsächlich waren über 20 erschienen. „Angesichts der schlechten Preise sind die Landwirte unruhig“, so Georg Maas. Viele wollen sich in den Milchdialog einbringen. Die Ostsee-Molkerei zahlt derzeit nach eigenen Angaben einen Basispreis von 31,5 ct/kg Milch.

DMK: Man wisse um die situation der Milcherzeuger

Das genossenschaftlich organisierte Deutsche Milchkontor (DMK) erklärte, dass sowohl Ehrenamt als auch Management um die Situation der Milcherzeuger wüssten. In den Mitgliedsbetrieben seien vielfach die Grenzen der Belastbarkeit erreicht bzw. überschritten. Bei der Forderung für höhere Preise von Lebensmitteln stünde die Genossenschaft daher „im Schulterschluss“ mit den Landwirten. Die geforderte sofortige Anhebung des Rohmilchpreises um 15 Cent je Kilogramm bezeichnete das DMK als „ambitionierte wie im Grundsatz notwendige Richtungs-Forderung“.

Eine Rohmilchpreissteigerung um 40 % hieße für das DMK, 700 Mio. Euro mehr Wertschöpfung bei gleichem Umsatz am Markt erzielen zu müssen. Der Marktpreis richte sich jedoch nach Angebot und Nachfrage, dem Verbraucherverhalten und globalen Märkten. Das DMK baue weiter das Sortiment für eine bessere Wertschöpfung um und setze Kosteneinsparungen fort. Zudem stehe man „auf der Investitionsbremse“. Wichtig bleibe „der Dialog über die gesamte Wertschöpfungskette und die Solidarität miteinander“, hieß es aus Bremen. 

DRV: „Wir stecken gemeinsam da driN“

Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) verwies darauf, dass „die gesamte Wertschöpfungskette derzeit eine schwierige Situation meistert“. Coronapandemie, Afrikanischen Schweinepest oder der bevorstehende Brexit: „Wir stecken gemeinsam da drin, deshalb müssen wir auch gemeinsam Lösungen finden. Sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben, ist kontraproduktiv“, erklärte DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp.

Die Lebensmittelproduzenten müssten zusammenstehen, um eine gute Verhandlungsposition gegenüber stärkeren Marktteilnehmern zu erreichen. Demonstrationen und „kurzfristig unrealisierbare Preisforderungen“ trügen nicht dazu bei, die Herausforderungen der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu bewältigen. „Wir leben nicht auf einer Insel, sondern müssen uns auch in erster Linie auf dem EU-Binnenmarkt behaupten“, so Holzenkamp in einem Statement. 

MIV: Preisabsprachen sind verboten

Der Milchindustrie-Verband (MIV) erinnerte daran, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage nicht nur für die Landwirte, sondern auch für die Molkereien „sehr herausfordernd“ sei. Beide Seiten kämpften mit Kostensteigerungen, die am Markt nicht honoriert würden. Hinzu käme, dass die Coronapandemie die Rentabilität der Molkereien deutlich geschmälert habe. Statt wie die Landwirte zu demonstrieren, müssten Molkereien und Landwirte gemeinsam darauf hinarbeiten, „die Vermarktung und damit einhergehend auch die Kommunikation für die Milch zu stärken“.

Aus Sicht des MIV könnten Exportförderungen dazu beitragen, die Situation zu entspannen, Märkte zu sichern und so langfristig einen guten Milchpreis sicherzustellen. Der MIV erwarte „kurzfristig keine drastischen Preissteigerungen, die eine Preiserhöhung wie die geforderten 40 Prozent folgen lassen könnten“. Dem Verband zufolge gebe es „einige Kostenpositionen auf den Höfen“, die dem Berufsstand selbst zuzuschreiben seien: „Höhere Pacht/ Landpreise werden zwischen den Landwirten direkt verhandelt“. Die Forderung der protestierenden Verbände, wonach alle Molkereien gleichzeitig ihre Preise gegenüber ihren Abnehmern anheben sollten, wies der MIV klar zurück. Preisabsprachen seien nach deutschem und europäischem Kartellrecht streng verboten. 


Landwirtinnen und Landwirte übergeben ihre Forderungen aus dem "Milchdialog" an einen Vertreter der Almil Molkerei in Bützow.

Bilder vom Milchdialog: Landwirte übergeben Positionspapiere

Mit einer bundesweiten Aktion wollten Landwirte am Mittwoch auf die Situation ihrer Betriebe aufmerksam machen. Organisiert wurde der “Milchdialog” u.A. vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter und Land schafft Verbindung Deutschland. mehr