Sparpläne zum Agrardiesel: So viel Einigkeit war selten

Die Bauern-Demo in Berlin (18.12) und die Proteste der Landwirte gegen die Sparpläne der Ampel-Politik gehen weiter. Die Bauern wollen die Streichung der Agrardiesel-Subvention und der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft nicht hinnehmen. Das kommentiert Ralf Stephan.

Von Ralf Stephan

Sind die Bauern am Ende einfach nur das vermeintlich leichteste Sparopfer, weil sie den Ampelparteien als Wähler nicht wichtig sind? Diesen Verdacht laut ausgesprochen hat am Sonntag (17.12) der Wirtschaftsjournalist Wolfram Weimer im Phoenix-Presseclub.

Wenn dem so ist, kamen die Proteste der Landwirte gegen die doppelte Steuerbelastung am Tag darauf genau richtig. Ihre Wucht sorgte in den Medien für überraschte Aufmerksamkeit. Und bei den Fachkundigen in den Regierungsparteien gab es das Erschrecken gleich als „Doppelwumms“: vor den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Sparpläne ebenso wie vor den Reaktionen der Branche.

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Sparpläne zum Agrardiesel: Rücknahme in Sicht?

Ein bezeichnendes Licht auf die Wahrnehmung der Landwirtschaft in der politischen Spitze wirft es, wenn dort beim Schlagwort „klimaschädliche Subventionen“ – vermutlich abhängig von der Wirkung auf die Wählergunst – zuerst an den Agrardiesel gedacht wird, schon seltener an das Dienstwagenprivileg und eigentlich nie an das völlig steuerfreie Flugbenzin.

Dass ausgerechnet der auf mechanische Bestandspflege angewiesene Ökolandbau – bekanntlich das agrarpolitische Leitbild der Ampel – besonders hart von den Steuererhöhungen für Diesel und Maschinen betroffen ist, war den drei Koalitionsspitzen offensichtlich nicht bewusst. Ihre Entscheidung scheinen sie getroffen zu haben, ohne das zuständige Fachressort zu konsultieren. So kam es, dass dieses Mal auch die Ökoverbände sofort heftig protestierten.

Schon zu Beginn der zweiten Hälfte seiner Amtszeit muss Cem Özdemir nun um sein politisches Vermächtnis als Agrarminister kämpfen. Immerhin: Er tut es. Zu Wochenbeginn schien es, als halte er die Rücknahme einer der beiden Sparmaßnahmen für möglich. Angesichts bisheriger Zumutungen durch die Ampel wird das den Bauern aber nicht reichen. Sich zu erinnern, wann es zuletzt so viel Einigkeit gab, fällt schwer.

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Protest der Bauern gegen die Pläne der Bundesregierung zur Agrardiesel-Streichung. Jetzt wurde eine Petition gestartet. (c) Sabine Rübensaat
Protest der Bauern gegen die Pläne der Bundesregierung zur Agrardiesel-Streichung. Jetzt wurde eine Petition gestartet. (c) Sabine Rübensaat

Bauernzeitung Chefredaktion: Hofübergabe ab Januar

Erinnern ist das Stichwort für ein paar ganz persönliche Sätze. Denn diese Ausgabe schließt nicht nur dieses Jahr ab. Sie ist auch die letzte, die unter meiner Verantwortung erscheint. Insgesamt waren es grob geschätzt 800.

Meine ersten Kommentare als Chefredakteur befassten sich damals, 1996, mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die als „Agenda 2000“ am politischen Horizont auftauchte. Bundeslandwirtschaftsminister war Jochen Borchert. Trotz einer gewissen Kontinuität war die Arbeit für die Bauernzeitung eines nie: langweilig. Obwohl man sich in agrarpolitischer Hinsicht für die Hauptbetroffenen, unsere Leser und Leserinnen, manches Mal wünschte, es möge wenigstens ein bisschen geruhsamer zugehen.

Eine zukunftsfeste „Hofübergabe“ vorzubereiten, lautete einer der Aufträge, mit denen ich vor viereinhalb Jahren in die Redaktion zurückkehrte. Der Zeitpunkt ist nun, zum Ende des Jahres, gekommen. Meine Kollegin Claudia Duda, eine erfahrene Chefredakteurin, wird die Redaktion ab Januar allein leiten. Dann verabschiede ich mich zwar aus der redaktionellen Gesamtverantwortung, nicht jedoch aus der agrarpolitischen Berichterstattung.

Wie es mit den Sparplänen der Bundesregierung weitergeht, werden wir also gemeinsam erleben und uns vielleicht am 8. Januar auf einer Demo treffen. Zunächst wünsche ich Ihnen aber ein friedvolles Weihnachtsfest und einen guten Start in ein möglichst erfolgreiches Jahr. Man liest sich.

Kommentar aus der Ausgabe 51/2023

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Traktoren stehen vor dem Brandenburger Tor
Landwirte sind gleich doppelt von den Sparplänen der Bundesregierung betroffen. (c) Sabine Rübensaat

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Waldgesetz für Thüringen: Windräder im Forst kaum mehr möglich

In Thüringen wird das Waldgesetz geändert. Die Opposition hat sich gegen die Regierung durchgesetzt und mit der Änderung de facto erreicht, dass im Forst keine Windkraft-Anlagen errichtet werden dürfen.

Von Frank Hartmann

Das Thüringer Waldgesetz ist geändert worden. CDU, AfD und die fraktionslosen Abgeordneten stimmten dem von der FDP initiierten Gesetzentwurf zu, der Nutzungsartänderungen des Waldes deutlich erschweren will. Ende Oktober war schon eine Beschlussempfehlung des Agrarausschusses mit der Mehrheit der Oppositionsstimmen ergangen. Für die Regierungsfraktionen, die das Vorhaben scharf kritisierten, kommt die Änderung einem „De-facto-Verbot“ für Windkraft auf Forstflächen gleich.

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Thüringer Waldgesetz: Bundesverfassungsgericht kippt Pauschalverbot

Auch wenn Windräder in den geänderten Passagen explizit nicht genannt werden, zielt das Gesetz auf dieselben ab. Bereits im Dezember 2020 war das Waldgesetz auf Initiative der Opposition dahingehend geändert worden. Das seinerzeit formulierte Pauschalverbot von Windkraftanlagen in Thüringens Wäldern kippte im vorigen Jahr das Bundesverfassungsgericht. Daher nun ein erneuter Anlauf, dem eben falls verfassungsrechtliche Bedenken anhaften.

Das geänderte Waldgesetz sieht vor, dass im Falle von Anträgen auf Nutzungsartänderungen des Waldes, also etwa die Errichtung von Windkraftanlagen, die Genehmigungsbehörden eine Interessenabwägung vornehmen müssen. Dabei „sind insbesondere die Möglichkeit der Aufforstung geschädigter Waldflächen sowie die Nutzung von Alternativflächen für das der Umwandlung zugrundeliegende Vorhaben einzubeziehen“.

Das muss nicht heißen, dass kein Windrad gebaut werden kann. Im Streitfall dürfte der Passus aber Verwaltungsgerichte beschäftigen, die in der Regel keine schnellen Urteile fällen.

Waldgesetz: Ausnahmen könnten zur Regel werden

Bei Nutzungsänderungen sollen dem Gesetz zufolge Ausgleichsaufforstungen, „nicht auf für den landwirtschaftlichen Betrieb bestimmten Flächen vorgenommen werden“. Damit werden Ausgleichsmaßnahmen künftig arg eingeschränkt oder unmöglich. Dafür bietet das Waldgesetz aber nach wie vor Ausnahmen an, die unter Umständen zur Regel werden könnten. Denn finden sich keine Flächen für Ausgleichsaufforstungen, kann über die zweckgebundene Walderhaltungsabgabe ein finanzieller Ausgleich geleistet werden.

Länder sollen selbst entscheiden dürfen

Ministerin Susanna Karawanskij erklärte, dass man die nun verschärften Instrumente im Grunde bereits kenne und deutlich mehr Bürokratie erwarte. Der CDU-Fraktion warf sie vor, auf ein totales Verbot von Windkraft im Wald abzuzielen, was der Entschließungsantrag der Union offenbare. In diesem, mit den Stimmen der Opposition verabschiedeten Antrag, der keine rechtliche Bindung besitzt, spricht sich der Landtag gegen die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald aus. „Absoluten Vorrang“ vor Nutzungsänderungen müsse die Wiederbewaldung von Schadflächen besitzen.

Die Landesregierung soll sich beim Bund für eine Öffnungsklausel im Baugesetz stark machen, damit Länder in Eigenregie über die Flächen für den Windkraftausbau entscheiden können. Auch soll die Landesregierung bis Ende Februar 2024 erklären, dass der ThüringenForst keine Windräder aufstellt oder Dritten Landesflächen dafür überlässt.

Thüringer lehnen Windkraft mehrheitlich ab

In der Debatte argumentieren die Vertreter der Opposition, dass ein intakter Wald mehr für den Klimaschutz leiste als Windräder und eine Mehrheit der Thüringer Windkraft im Wald ablehnen würde. Der Landesregierung warfen sie Versagen beim Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Die regierungstragenden Fraktionen wiederum warfen der Opposition unter anderem vor, energieintensiven Betrieben im waldreichen Ost- und Südthüringen Windkraft zu verwehren. Ohne Windkraft im Wald drohe im Zuge des Wind-an-Land-Gesetzes des Bundes ein massiver Ausbau in Mittel- und Nordthüringen.

In einem ungewöhnlichen Vorgang hatte Landtagsdirektor Jörg Hopfe die Abgeordneten in einem Schreiben gebeten, noch nicht über das Gesetz abzustimmen. Der wissenschaftliche Dienst des Landtags war mit einer juristischen Einschätzung beauftragt worden, um verfassungsrechtliche Bedenken aus den Anhörungen zu prüfen. Diese Bewertung war zur Landtagssitzung noch nicht abgeschlossen. Auf das Ergebnis wollten die Oppositionsparteien nicht warten.

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Die Forstschäden werden die Waldbesitzer noch über Jahre beschäftigen. (c) Andreas Knoll

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Direktzahlung 2023: Ausgleich für Bauern in Sachsen

Mit einem Nachteilsausgleich will Sachsen Bauern helfen, wenn sie wegen der verspäteten Agrarzahlungen Liquiditätslücken schließen müssen. Die Enttäuschung über die Misere ist dennoch groß.

Von Karsten Bär

Sachsens Landwirte werden ihre Agrarzahlungen definitiv nicht mehr in diesem Jahr erhalten. Um Kosten für die Überbrückung von dadurch entstehenden Liquiditätslücken zu decken, gewährt der Freistaat den Betrieben nach Auszahlung der Direktzahlungen auf Antrag einen pauschalisierten Nachteilsausgleich. Dafür stellt der Freistaat insgesamt 1 % der Summe der Direktzahlungen bereit. Bis spätestens Ende Februar 2024 sollen die Betriebe die Zahlungen erhalten.

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Direktzahlung 2023 für Bauern in Sachsen: Enttäuschte Hoffnung auf einen Abschlag

Die endgültige Absage für die Auszahlung in diesem Jahr hat unter Landwirten für herbe Ernüchterung gesorgt. „Die Enttäuschung ist groß, dass es nicht einmal einen Abschlag gibt“, sagte Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes (SLB). Angesichts der Tragweite der Verspätung für die Betriebe reiche es nicht, wenn aus dem Agrarministerium nur lapidares Bedauern zu vernehmen sei.

Auch Land schafft Verbindung Sachsen (LsV Sachsen) äußerte sich frustriert – und forderte den Rücktritt von Agrarminister Wolfram Günther (Grüne): „Das Nichtauszahlen des Agrarausgleichs zum Jahresende ist ein Tiefpunkt der sächsischen Verwaltung. Es ist ein Versagen des Agrarministers.“

Bauernpräsident schreibt Brief an Ministerpräsident Michael Kretschmer

Ungeachtet der großen Enttäuschung zeigte sich Bauernpräsident Krawczyk zumindest darüber zufrieden, wie auf die Forderungen des SLB bezüglich einer Übergangshilfe eingegangen wurde. Diese seien fast vollständig erfüllt worden, sagt er. In einem Brief an Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte der SLB gefordert, dass das Ministerium die Hausbanken der Landwirte über die Verspätung der Betriebsprämienauszahlung informiert und dass der finanzielle Nachteil, der zum Beispiel durch Aufnahme von Überbrückungskrediten entsteht, durch den Freistaat ausgeglichen wird. Darüber hinaus forderte der SLB, dass staatliche Stellen wie die Finanzämter oder das Zentrale Flächenmanagement den Betrieben anbieten, ihre Forderungen gegen sie zinsfrei zu stunden.

Bis auf den letzten Punkt sehe er alle Forderungen als erfüllt an, so Krawczyk. Bei den Stundungen staatlicher Forderungen sei zumindest Kulanz signalisiert worden. Mit der Information der Banken erkläre sich der Staat als der Säumige, der die Kosten für die Übergangslösungen übernimmt. Der Nachteilsausgleich in Höhe von 1 % orientiere sich an den Zinsen, die für kurzfristige Kredite für einen Monat anfallen. Somit könnten Betriebe Übergangslösungen mit ihren Hausbanken suchen, deren Kosten staatlich abgedeckt seien. Diese Lösung sei besser, als Nothilfen auszureichen, durch die Betriebe auch stigmatisiert würden. „Die Betriebe sind nicht schuld an der Situation“, so der Präsident. „Daher muss der Freistaat alles tun, um sie schadlos dort herauszuholen.“ Bei aller Enttäuschung über die gesamte Misere begrenze der angebotene Nachteilsausgleich den Schaden so gut es gehe.

Ausgleich für Direktzahlung: Antrag hat keinen Einfluss auf Bonität

Währenddessen kursiert unter Landwirten die Befürchtung, dass die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs antragstellende Betriebe als in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehend erscheinen lassen könnte, was sie für die Teilnahme an langfristigen Förderprogrammen des Freistaates ausschließen würde. Dies weist das Ministerium indes zurück. „Derartige Befürchtungen sind völlig unbegründet“, antwortet ein Sprecher auf Nachfrage der Bauernzeitung. „Die Frage der Bonität der Betriebe spielt für die Antragstellung und das gesamte Verfahren des Nachteilsausgleichs ausdrücklich keine Rolle. Vielmehr handelt es sich um eine einmalige, auf verallgemeinerten Annahmen beruhende Pauschale für Zusatzkosten.“

Der Nachteilsausgleich soll nach Auszahlung der Direktzahlungen einfach und digital beantragt werden können. Antrags- und Auszahlungsstelle soll die Sächsische Aufbaubank (SAB) sein. Gezahlt wird der Ausgleich einmalig und pauschalisiert.

Erledigt ist die Sache aus Sicht des Berufsstandes mit der gefundenen Lösung noch nicht. „Die Angelegenheit hat einen sehr schalen Beigeschmack, was die Leistungsfähigkeit des Ministeriums betrifft“, betont Krawczyk. „Das Ganze wird uns noch beschäftigen.“ Eine politische Aufarbeitung sei wichtig. Geklärt werden müsse auch, warum sich Sachsen nicht an einer länderübergreifenden Lösung für die Entwicklung der hochkomplexen Antragssoftware beteiligt habe.

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Direktzahlungen Landwirtschaft
Direktzahlungen an die Landwirte in Sachsen im Jahr 2023 mit Turbolenzen und Verzögerungen. (c) IMAGO/agrarmotive

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Wölfe in Deutschland: Mehr Tiere, weniger Risse

Der für die Jahre 2022/2023 vorliegende Monitoring-Bericht von Umweltministerium und Landesamt für Umweltschutz in Sachsen-Anhalt weist landesweit schon deutlich über 200 Wölfe aus.

Von Detlef Finger

Die Wolfspopulation in Sachsen-Anhalt nimmt nur noch moderat zu, die Zahl der (gemeldeten) Nutztierrisse geht zurück. Das sind zwei Kernaussagen des Wolfsmonitoringberichts 2022/2023 des Landesamtes für Umweltschutz (LAU), den Umweltminister Armin Willingmann (SPD) am vorigen Montag in Magdeburg gemeinsam mit LAU-Präsidentin Dr. Sandra Hagel vorstellte.

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Wölfe in Sachsen-Anhalt

Im Berichtszeitraum – zwischen Mai 2022 und April 2023 – ist die Zahl der hierzulande in insgesamt 35 Territorien lebenden Wölfe demnach um 14 auf 201 gestiegen. Hinzu kämen weitere 36 Wölfe (+ 21), die sich in sieben grenzübergreifenden Territorien bewegen. Die Zahl der im Land lebenden Wolfsrudel habe von 24 auf 27 zugenommen, die Zahl der Wolfspaare von vier auf fünf und die der Einzeltiere um eins auf drei Individuen.

Daneben gebe es vier sogenannte Suchräume mit Hinweisen, aber ohne klaren Wolfsnachweis in Mansfeld-Südharz, dem Harz, der nordwestlichen Altmark und dem Vienauer Werder. Die Anzahl der erfolgreich aufgezogenen Welpen pro Rudel (älter als ein Jahr) stagnierte im zurückliegenden Jahr bei 3,5 und liege seit 2014/2015 unter vier.

Trotz moderaten Populationswachstums seien die Übergriffe auf Nutztiere um rund 21 % auf 59 zurückgegangen. Im Vorjahreszeitraum seien 75 Übergriffe registriert worden, rechnete Hagel vor.

Wolfsrisse: Statistik im Internet

Die Rissstatistik des Wolfkompetenzzentrums Iden (WZI) — im Internet unter kurzelinks.de/Wolf-Risse-ST – weist für das Kalenderjahr 2021 70 Übergriffe aus, 2022 waren es 65 und 2023 bislang 52. Rückläufig ist Hagel zufolge auch die Zahl getöteter Tiere, diese habe um 40 % auf 176 abgenommen. Im Vorjahreszeitraum seien bei 294 getöteten Nutztieren Wölfe als Verursacher nachgewiesen worden oder nicht auszuschließen gewesen. Die Anzahl durch Wölfe getöteter Nutztiere sei damit auf den niedrigsten Wert seit 2018 gesunken.

Die WZI-Rissstatistik, die ausschließlich von Weidetierhaltern gemeldete Vorfälle erfasst, weist für das Jahr 2021 217 getötete Nutztiere aus, für 2022 250 und für 2023 vorläufig 180 – überwiegend Schafe, aber auch Gatterwild, Ziegen und Rinder (Kälber) sowie vereinzelt Pferde (Fohlen) und Alpakas. Die meisten Wolfsübergriffe auf Nutzvieh gab es zuletzt in den Kreisen Jerichower Land (13), Salzwedel (12) und Wittenberg (9).

Auf den Hinweis der Bauernzeitung, dass Weidetierhalter nach Angaben ihrer Verbände Risse aus Frust oder Angst vor dem bürokratischen Prozedere teilweise nicht dem WZI melden würden, entgegnete Willingmann, „eine Dunkelziffer hilft uns bei der Betrachtung nicht weiter“. Wichtig seien valide Zahlen, weshalb es wünschenswert sei, dass sämtliche Risse erfasst werden. Die Ergebnisse des Monitorings belegten, so der Minister weiter, „dass ein konfliktarmes Leben mit dem Wolf nicht nur naturschutzfachlich wünschenswert, sondern auch praktisch möglich sein kann“. Offenkundig setzten Nutztierhalter im Lande verstärkt auf Herdenschutzmaßnahmen, die Übergriffe und Risse „in den allermeisten Fällen“ verhindern würden. „Insoweit bleibt wolfsabweisender Herdenschutz das zentrale Mittel der Wahl“, sagte der SPD-Politiker. Unter Verweis auf das für den Herdenschutz zuständige Agrarministerium als Quelle nannte er die Zahl von 84 bewilligten Anträgen mit einer Gesamtfördersumme von 460.000 Euro für 2023.

Beschluss zu Entnahmen

Zugleich gelte: Wölfe mit auffälligem Verhalten müssten zeitnah, rechtssicher und unbürokratisch entnommen werden können, sagte Willingmann. Eine gezielte Bestandsregulierung mittels systematischer Entnahmen halte er „im Lichte der Ergebnisse des Monitoringberichts jedoch für nicht angebracht“. Der Ressortchef verwies in diesem Zusammenhang auf die Umweltministerkonferenz Ende November in Münster. Diese habe sich darauf verständigt, dass Wölfe in Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen schneller und unbürokratischer entnommen werden dürfen. Bereits nach erstmaligem Überwinden des zumutbaren Herdenschutzes und dem Riss von Weidetieren soll künftig die Abschussgenehmigung erteilt werden können. Diese soll für einen Zeitraum von 21 Tagen nach dem Rissereignis gelten und die Entnahme im Umkreis bis zu 1.000 m um die betreffende Weide zulassen. Anders als bisher müsse nicht erst eine DNA-Analyse abgewartet werden.

„Wir sichern damit die Weidetierhaltung vor dem Wolf nachhaltig ab“, betonte der Minister. Zugleich gebe es keine „Generalerlaubnis, Wölfe schlicht zu bejagen“. Das wäre naturschutzfachlich unangemessen und auch mit geltendem Bundes- und EU-Recht nicht zu vereinbaren. Laut Willingmann haben sich die Umweltminister/-innen weiterhin darauf verständigt, die notwendigen Länderverordnungen jetzt zeitnah erarbeiten und möglichst einheitlich gestalten zu wollen.

Appell an Hobbyhalter

„Aus der täglichen Arbeit wissen wir, dass besonders in der Hobbyhaltung der wolfsabweisende Herdenschutz eine große Herausforderung ist“, sagte LAU-Präsidentin Hagel. Die Umsetzung hänge oft von den lokalen Gegebenheiten und Möglichkeiten der Halter ab. Hier sieht Hagel einen besonderen Bedarf an Beratung und Unterstützung durch das WZI und andere Akteure des Herdenschutzes.

Nicht ganz sattelfest zeigten sich auf Nachfrage von Medienvertretern sowohl Willingmann als auch Hagel hinsichtlich der Fördermodalitäten zum Herdenschutz in Sachsen-Anhalt. Agrarminister Sven Schulze (CDU) informierte deshalb am Folgetag in der Landespressekonferenz, dass hierfür im Jahr 2023 insgesamt 1,6 Mio. Euro zur Verfügung stehen und dass es im nächsten Jahr 1,8 Mio. Euro sein werden. Die Förderung erfolge in erster Linie über die Gemeinschaftsaufgabe für Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK). Dadurch könnten auch Technologien zum Aufwickeln der Zäune gefördert werden, ebenso der Schutz vor dem Untergraben der Weidezäune durch den Wolf. Die Fördersätze betrügen weiterhin teils 100 %, zum anderen Teil 80 % aufgrund der Förderregeln.

Der neue Wolfsmonitoring-Bericht sowie vorangegangene Berichte sind online abrufbar unter: kurzelinks.de/Wolf-Monitor-ST

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Wölfe in Ostdeutschland: Der Streit im Umgang mit dem Wolf geht weiter.(c) IMAGO / Sylvio Dittrich

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Prämie für Mutterschafe: Betriebe in Thüringen gehen leer aus

Viele landwirtschaftliche Betriebe im Freistaat, die Schafe halten, bekommen für 2023 keine Mutterschafprämie. Grund ist die rechtliche Bewertung eines Stichtages. Andere Bundesländer wie Sachsen oder Sachsen-Anhalt sehen das kulanter.

Von Frank Hartmann

In Thüringen wird eine „merkliche Zahl“ von Schafhaltungsbetrieben Ende Dezember keine gekoppelte Zahlung (GAP-Weidetierprämie) erhalten. Darüber informierte jetzt das Agrarministerium in Erfurt den Landesschafzuchtverband. Der Verband und die betroffenen Betriebe fielen aus allen Wolken. Hintergrund sind die Meldefristen an die Thüringer Tierseuchenkasse, die die Daten an die HIT-Datenbank weiterleitet.

Schäfer, die ihren Tierbestand (Stichtag in Thüringen: 3. Januar) nicht fristgemäß bis zum Thüringer Standardtermin am 17. Januar an die Thüringer Tierseuchenkasse gemeldet hatten, gehen bei der erstmals gewährten, bundesweit einheitlichen Mutterschafprämie leer aus. Gezahlt werden 35 Euro/Mutterschaf (und Ziege), wenn diese zum Stichtag mindestens zehn Monate alt waren und zwischen Mai und August im Betrieb gehalten werden.

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Prämie für Mutterschafe: Ausnahme und Kulanz

Im Oktober erklärte das Agrarministerium in Erfurt noch, dass nach „aktueller Rechtsauffassung“ eine (verspätete) Meldung nach dem 17. Januar einer Gewährung der neuen Prämie nicht im Wege stünde. Allerdings müsste diese Meldung bis spätestens 15. Mai erfolgt sein. So oder so ähnlich handhaben es in diesem Jahr wohl alle Bundesländer – abgesehen nunmehr von Thüringen. Auf Anfrage teilte das Ministerium in Erfurt mit, dass man trotz aller Bemühungen keinen anderen rechtlichen Spielraum sehe.

Dass die anderen Länder – trotz der mittlerweile allgemein geänderten Rechtsauffassung – an der großzügigen, späteren Meldefrist 15. Mai bei der HIT-Datenbank festhalten, ficht die Entscheidung des Agrarministeriums in Erfurt nicht an. Das Fachministerium in Dresden teilte mit, dass Sachsen in diesem Jahr „ausnahmsweise hierfür noch Meldungen, die bis zum 30. September“ abgegeben wurden, berücksichtige.

Aus Magdeburg hieß es, dass Sachsen-Anhalt „auf der Grundlage der Abstimmungen von Bund und Ländern bei den relevanten Antragstellern Einzelfallentscheidungen“ treffe, „die den besonderen Umständen des Jahres 2023“ Rechnung trügen. Klar ist: Im kommenden Jahr werden die Länder keine Ausnahmen/Überschreitungen der Meldefrist Mitte Januar mehr dulden, soll die beantragte Mutterschafprämie gezahlt werden.

Aus welchen Gründen auch immer Schafhalter nicht fristgerecht ihre Meldung bei der Tierseuchenkasse abgegeben haben: Betroffene Thüringer Betriebe mit großen Herden verlieren in diesem Jahr schon mal 40.000 Euro. Dem einen oder anderen Schäfer dürfte der Entschluss zur Aufgabe der ohnehin prekären Schafhaltung damit erleichtert werden.

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Agrargenossenschaft Teichel in Thüringen: Philipp Rose, Leiter der Milchproduktion, und Lohnbuchhalterin Antje Marufke erkunden das Pad samt Chip zur Arbeitszeiterfassung. (c) Frank Hartmann

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Thomas Nießen tritt zurück: Dr. Florian Asche kooptiert

Nach anhaltendem Streit um das neue Jagdgesetz: Präsident des Landesjagdverbandes MV tritt zurück. Das gab es in der Verbandsgeschichte noch nie. Präsidium setzt vorübergehend bis zur Neuwahl kooptierten Präsidenten ein.

Von Nicole Gottschall

Er stand zuletzt heftig in der Kritik und zog nun die Reißleine: Thomas Nießen ist nicht mehr länger Präsident des Landesjagdverbandes. In einer außerordentlichen erweiterten Präsidiumssitzung, an der auch die Kreisjagdvereine teilnahmen, legte der Rüganer am Montagabend sein Amt nieder. Das bestätigte der Verband auf unsere Nachfrage. Bis zum Reaktionsschluss am Dienstagabend wurde dort noch an einer offiziellen Stellungnahme gearbeitet. Nießen selbst war für uns nicht zu erreichen.

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Thomas Nießen und sein kooptierter Nachfolger

Hintergrund ist offenbar der anhaltende Streit um das neue Landesjagdgesetz. Gegen Nießen standen dabei seit Wochen schwere Vorwürfe im Raum, er habe anders gehandelt und abgestimmt als von der Jägerschaft gefordert und so dem Verband großen Schaden zugefügt.

Konkret stimmte der damalige Präsident auf einer Sitzung des Jagdbeirates der Obersten Jagdbehörde Ende Juli für den unter der Federführung des Landwirtschaftsministeriums erarbeiteten Gesetzentwurf – und damit gegen die Verbandsposition. Protokolle belegten das.

Dabei ist der Entwurf in der Jägerschaft aus verschiedenen Gründen umstritten (Bauernzeitung 41/2023 und 45/2023, jeweils S.11). Besonders kritisch wird die sogenannte Mindestabschussregelung von Rot- und Damwild – ohne Deckelung nach oben wie bislang – gesehen. Über diese Neuerung wird heftig diskutiert. Die Kritiker befürchten einen möglichen lokalen Totalabschuss von Wildarten.

Wer neuer Landesjagdpräsident wird, ist indes noch offen. Fest steht jedoch bereits, dass Dr. Florian Asche satzungsgemäß vom Präsidium des Landesjagdverbandes M-V bis zur Neuwahl zum Präsidenten kooptiert wurde. Er ist als Vorstand der Stiftung Wald und Wild in M-V und als Jagdrechtsexperte ein ausgewiesener Fachmann beim Ausgleich von unterschiedlichen Interessen im ländlichen Raum.

Die Position ist ein Ehrenamt, Nießen hatte es erst im Sommer 2022 übernommen. Ein neuer Präsident bzw. eine neue Präsidentin soll bei der nächsten Landesdelegiertenkonferenz des Verbandes im Frühjahr gewählt werden.

Thomas Niessen, Präsident des Landesjagdverband
Thomas Nießen ist nicht mehr Präsident des Landesjagdverbandes. (c) Sarah Bohem
Dr. Florian Asche
Dr. Florian Asche ist satzungsgemäß vom Präsidium des Landesjagdverbandes M-V bis zur Neuwahl zum Präsidenten kooptiert. (c) Dr. Florian Asche

Landesjagdverband und Bauernverband arbeiten zusammen

So eine Situation habe es zuvor noch nie gegeben, heißt es aus dem Verband. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Landesjagdverbandes, dass ein Präsident zurücktritt. Die Interessenvertretung der Jäger selbst besteht seit 1990 und ist mit rund 10.000 Mitgliedern hierzulande der zweit größte anerkannte Naturschutzverband. Laut Landwirtschaftsministerium gehören 64 % der Jagdscheininhaber des Landes dem Verband an.

Auch außerhalb der Jägerschaft blickt man nun gespannt auf die weiteren Geschehnisse. Der Landesbauernverband betonte, man pflege eine gute Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband, die fachlich basiert sei und sich nicht an Personalien orientiere. Präsident Detlef Kurreck ist daher zuversichtlich: „Unsere Partner werden schnell wieder in ruhiges Fahrwasser kommen und sich dann in gewohnt qualifizierter Art und Weise in die Erarbeitung des Landesjagdgesetzes einbringen.“

Der zuständige Fachminister Till Backhaus habe den Rücktritt mit Bedauern zur Kenntnis genommen und hoffe sehr, dass die Querelen, die offenbar zu dem Zerwürfnis im Vorstand geführt haben, bald beendet seien, hieß es aus Schwerin. Ein solcher Verband brauche geordnete Strukturen.

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Entwurf Landesjagdgesetz: Nachbesserungen erforderlich

Thomas Nießen, der Präsident des Landesjagdverbandes stellt im Schloss Ludwigslust die Risiken und Defizite des Landesjagdgesetzentwurfs dar und zeigt auf, bei welchen Themen Nachbesserung besteht.

Von Nicole Gottschall

Nicht nur fatale Folgen für den heimischen Wildbestand und die hiesige Artenvielfalt hätten die Inhalte der geplanten Novelle des Landesjagdgesetzes (LJagdG). Ebenso beinhaltet der Entwurf fachliche und juristische Risiken sowie Defizite. Das stellte Thomas Nießen, Präsident des Landesjagdverbandes (LJV), den Anwesen den des parlamentarischen Abends im Schloss Ludwigslust unmissverständlich dar.

Zu ihnen gehörten neben Vertretern aller Landtagparteien und Verbände des ländlichen Raums auch die Vorsitzende des Agrarausschusses, Dr. Sylva Rahm-Präger, und Till Backhaus als zuständiger Fachminister. Deutlichen Nachbesserungsbedarf sieht der Verband bei folgenden Themen.

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Entwurf Landesjagdgesetz: Wo besteht Nachbesserung?

Mindestabschuss: Damit sich das Ziel des Gesetzes – Erhalt des ausgewogenen, gesunden Wildbestandes – gleichwertig in den Regeln wiederfindet, bedarf es eines gedeckelten Mindestabschusses. Der Verweis auf die Wildbewirtschaftungsrichtlinie reicht nicht aus, weil es sich dabei um reine Verhältnismäßigkeitsbetrachtungen der verschiedenen Altersklassen handelt. Eindeutige Größenbenennung würde für die gebotene Klarheit des Gesetzes sorgen.

Hegegemeinschaften: Die Hegegemeinschaften als Organ zur Umsetzung der verantwortungsvollen Wildbewirtschaftung und somit als Gestaltungselement der nachhaltigen, zukunftsorientierten Jagd sind zu stärken. Deshalb sollten sich alle Abschusspläne – einschließlich des vorgesehenen Mindestabschusses – aus dem Gesamtabschussplan der Hegegemeinschaften ergeben und sich innerhalb seiner Grenzen bewegen. Die Ergebnisse eines etablierten Wildwirkungsmonitorings mit zu berücksichtigen, wird nicht grundsätzlich abgelehnt. Das Element muss jedoch die dafür notwendige Qualität, Methodik und Reife besitzen, was derzeitig nicht gegeben ist. Der LJV empfiehlt, Hegegemeinschaften in Körperschaften des öffentlichen Rechtes umzuwandeln.

Mindestpachtdauer: Damit der Zustand einer zuverlässigen, bodenständigen Jagd nicht gefährdet wird, bedarf es langfristiger Partnerschaften, die sich zumeist nur durch entsprechende Pachtverhältnisse realisieren lassen. Hier sollte zumindest die vom Bundesgesetzgeber und mit höchstrichterlicher Rechtsprechung unterlegte Mindestpachtdauer im LJagdG beachtet werden – wünschenswert wären generell zwölf Jahre.

Rolle des LJV als Vertreter der Landesjägerschaft: Damit eine wirksame Gestaltung und Einflussnahme auch zukünftig gewährleistet sind, müsste die bestehende Regel zur Stellung der Landesjägerschaft im Landesjagdbeirat – Einvernehmens Regelung für die Landesjägerschaft – statt des jetzt beabsichtigten einfachen Stimmrechtes beibehalten werden.

Wolf: Angesichts der Bestandsentwicklung und Folgen für den ländlichen Raum hält der Verband die Aufnahme in das Jagdrecht mittels Gesetzes weiter für zweckdienlich. Es gilt, rechtliche Grundlagen für flächendeckendes Wolfsmanagement mit bestandsreduzierenden Maßnahmen wie der Bejagung schon jetzt vorbereitend zu schaffen. Die beabsichtigte Verordnungsermächtigung, welche erst im Nachgang zu europarechtlichen Änderungen erfolgen soll, wird als zusätzlich verzögernder, bürokratischer Aufwand und juristisch fragwürdig bewertet.

Totschlagfallen: Der LJV spricht sich klar für den landesweiten Einsatz von Totschlagfallen aus – welche die Jägerschaft ordnungsgemäß und tierschutzgerecht anwendet. Die Beschränkung auf Natura-2000-Gebiete ist nicht zielführend und weder naturschutzfachlich noch jagdpraktisch begründbar. Die Einschränkung wirkt sich mit Blick auf die Populationsentwicklung des Raubwildes bedrohend auf den Artenreichtum im Land und damit die Biodiversität aus. (red)

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Thomas Nießen ist nicht mehr Präsident des Landesjagdverbandes. Dr. Florian Asche wird zunächst zum kooptierten Präsidenten. (c) IMAGO / imagebroker

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Holzenergie: Holzauge, sei wachsam

Wie viel Energie steckt in Holz? Und lässt sich beim Heizen mit Holz tatsächlich das Klima schützen? Ob sich die Klima-Rechnerei lohnt und, was Anlagenbetreiber selbst tun können, das kommentiert Christoph Feyer.

Über die Herkunft des Ausrufs „Holzauge, sei wachsam!“ gibt es zwei Theorien. Die erste bezieht sich auf spezielle Schießscharten in Burgmauern, die mit einer hölzernen Kugel versperrt werden konnten. Aufgabe der Burgwache war es nun, die Kugel immer wieder mal wegzunehmen und wachsam umherzuspähen, um Feinde frühzeitig zu entdecken.

Die zweite Theorie entstammt dem Schreinerhandwerk. Dort soll dieser Ausruf des Meisters den Lehrling beim Hobeln davor gewarnt haben, die Klinge seines Werkzeugs an einem Ast im Werkstück, also einem „Holzauge“, stumpf zu machen oder zu beschädigen. Aststellen sind ja deutlich härter als der Stamm.

Doch ganz gleich, welche Variante einem glaubwürdiger erscheint: Man kann diesen Warnruf auch an alle richten, die mit Holz heizen, denn die Nachhaltigkeit des natürlichen Brennstoffs ist ein heiß diskutiertes Thema.

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Holzenergie und Klima-Rechnerei

Es ist noch gar nicht lange her, da wollte die EU-Kommission im Rahmen der RED-II-Richtlinie „primäre holzartige Biomasse“ nicht mehr als erneuerbare Energiequelle einstufen und ihr die Förderfähigkeit entziehen. Die pauschale Abqualifizierung ist dann zum Glück gescheitert.

Trotzdem bleiben die Klimaeffekte energetischer Holznutzungen komplex und von mehreren Faktoren abhängig. Der Verbrennungsvorgang selbst ist, anders als bei fossilen Brennstoffen, klimaneutral. Schließlich wird dabei kein zusätzliches CO2 erzeugt, sondern nur genau die Menge freigesetzt, die vorher im Holz gespeichert war.

In der Praxis wird der Brennstoff jedoch gewonnen, verarbeitet und verpackt sowie zum Abnehmer transportiert. Daher ist rechnerisch auch das Heizen mit Holz nicht komplett CO2-neutral. Dennoch muss die Bewertung der Nachhaltigkeit von Brennholz über die reine Betrachtung von Treibhausgasbilanzen hinausgehen. Schließlich fällt bei der Gewinnung von klimafreundlichen, stofflichen Holzprodukten immer auch noch anderes Material an. Da gibt es Bäume, die nach Stürmen oder Käferbefall nicht zur Möbelproduktion taugen. Da sind Stämme, die beim Durchforsten entnommen werden müssen, Kronenholz, das anfällt, und Holzreste, die beim Verarbeiten entstehen. Und ob all dieses Holz nun verrottet oder in den Ofen wandert, ist dem darin gebundenen CO2 egal.

Feinstaubemission selbst beeinflussen

Viel wichtiger als alle Klimarechnerei ist aber die Diskussion über die Feinstaubemission. Die gesundheitsschädlichen Staubteilchen, die hierzulande aus Schornsteinen und Kaminen in die Umwelt gelangen, sind dem Bundesumweltamt schon lange zu viel und ein Dorn im (Holz-)Auge. Doch anders als beim CO2 kann der Holzofenbetreiber hier die Höhe beeinflussen. Das fängt bei hochwertigen Anlagen an, die sich durch einen niedrigen Brennstoffverbrauch sowie geringe Emissionen auszeichnen, und geht beim Brennholzbezug weiter.

Der sollte aus nachhaltiger und auch regionaler Forstwirtschaft erfolgen, um kurze Wege zu garantiere. Das Holz muss vor dem Verbrennen richtig und ausreichend lang gelagert werden, damit es trocken genug ist. In der Feuerstelle sollte es von oben nach unten abbrennen, sodass es gleichmäßig und lange brennt. Nachlegen sollte man erst, wenn sich bereits Glut gebildet hat, und eine gut dosierte Luftzufuhr nach dem Anfeuern verhindert zu schnelles Abbrennen.

Zudem kann nur eine saubere Anlage, ohne angelagerten Ruß oder Ascherückstände, effizient und sauber heizen. Deshalb ist jeder gut beraten, der seine Holzfeuerung wachsam betreibt.

Kommentar aus der Ausgabe 50/2023

Ausgabe 50/23
Bauernzeitung 50/2023

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Situationsbericht 2022/23: Bauern mit mehr Einkommen und weniger Investitionen

Der Bauernverband (DBV) hat den Situationsbericht für 2022/23 vorgelegt. Der Bericht bilanziert für die Bauern eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Auch die Betriebe in Ostdeutschland können deutliche Zuwächse verbuchen.

Von Claudia Duda

Die Bilanz von Bauernpräsident Joachim Rukwied war nur verhalten optimistisch: Zwar sind im vergangenen Jahr die Unternehmensergebnisse deutlich gestiegen, allerdings warnte er davor, daraus falsche Schlüsse zu ziehen. Denn wegen der gestiegenen Kosten gebe es zu wenig Investitionen. Das erklärte Rukwied in der vergangenen Woche bei der Vorstellung des Situationsberichtes 2022/2023 des Deutschen Bauernverbandes (DBV). So haben sich zwar die landwirtschaftlichen Einkommen verbessert, doch angesichts steigender Erzeugerpreise und der Unsicherheiten infolge der Haushaltskrise im Bund sei die Stimmung weiterhin getrübt.

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Situationsbericht 2022/23: Deutliches Ost-West-Gefälle

Die Zahlen: Haupterwerbsbetriebe erzielten bundesweit im Betrachtungszeitraum Juni 2022 bis Juni 2023 ein Unternehmensergebnis von durchschnittlich 115.400 Euro je Betrieb. Das entspricht einem Zuwachs von fast 36.000 Euro bzw. 45,3 %. Dabei sei ein deutliches Nord-Süd-, aber auch ein Ost-West-Gefälle zu beobachten, so Rukwied.

Während Betriebe in Schleswig-Holstein ein Unternehmensergebnis von 178.677 Euro vorweisen konnten, lag es in Bayern nur bei 87.842 Euro. Auch die Betriebe in den ostdeutschen Ländern konnten erhebliche Zuwächse verbuchen. So betrug das durchschnittliche Ergebnis pro Betrieb 169.260 Euro, was einen Zuwachs von 51.019 Euro bzw. 43,2 % bedeutet. Grund dafür sind die größeren Betriebsstrukturen, das höhere Ergebnis sei deshalb auch nötig, weil mehr Familien davon leben müssen.

Außergewöhnliche Preissteigerungen für Nahrungsmittel infolge einer global engen Versorgungslage haben in Verbindung mit der Entwicklung der Erzeugerpreise im Wirtschaftsjahr 2022/23 zu einem Allzeithoch bei den Wirtschaftsergebnissen in der deutschen Landwirtschaft geführt“, heißt es im Bericht.

Abgesehen von den Wein- und Obstbaubetrieben verzeichneten fast alle Betriebsformen eine positive Entwicklung, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist zwischen 2010 und 2022 um 40.400 auf 258.700 gesunken, heißt es im Situationsbericht. Dies ist ein Rückgang um 13,5 %. Die jährliche Abnahmerate beträgt 1,2 %.

Strukturwandel verlangsamt sich

Dies ist offenbar ein Zeichen für eine gewisse Verlangsamung des Strukturwandels in der Landwirtschaft. Denn in früheren Jahrzehnten lag die durchschnittliche jährliche Abnahmerate bei rund 3 %, was statistisch einer Halbierung der Betriebszahl alle 20 Jahre entspricht. Die größten landwirtschaftlichen Betriebe sind nach wie vor im Osten Deutschlands zu finden. Mit durchschnittlich 275 ha LF je Betrieb liegen Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt mit 269 ha LF je Betrieb an der Spitze der Betriebsgrößen.

Die Erholung der Unternehmensergebnisse nach wirtschaftlich schwachen Jahren sei dringend notwendig gewesen, damit die Landwirte den gestiegenen Markt- und auch Klimarisiken gewachsen sind, erklärte Rukwied. Zwei Faktoren trüben jedoch die positive Entwicklung. Zum einen seien die Erzeugerpreise für wichtige pflanzliche und tierische Produkte seit Jahresbeginn wieder rückläufig, so Rukwied. Zum anderen sei die Investitionsbereitschaft der Betriebe trotz der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage deutlich geringer.

„Gerade in der Tierhaltung hält der starke Strukturwandel unvermindert an und führt zum Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung“, so der DBV-Präsident. Er nannte es „alarmierend“, dass die Betriebe kaum Investitionen in neue Ställe tätigten, obwohl wichtige Investitionen für die Zukunft anstünden.

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Hubert Aiwanger
Die Foren zur Landtagswahl 2024 sind gestartet. Zu Gast in Grimma: Hubert Aiwanger und Matthias Berger. (c) IMAGO / Metodi Popow

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Nachruf auf Dr. Uwe Jentsch: „Die schönste Arbeit auf der ganzen Welt“

Die Familie und die Kolleginnen und Kollegen des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum sowie der Sortenprüfung in den ostdeutschen Bundesländern trauern um Dr. Uwe Jentsch. Er verstarb unerwartet am 21. November 2023 im Alter von nur 64 Jahren, kurz nach seinem Eintritt in den beruflichen Ruhestand.

Von Erik Pilgermann

Jedes Jahr ist anders, doch 2023 ist ganz besonders schwierig. Gerade dann, wenn sich Ernte und Aussaat die regennassen Hände reichen, gehören neue Sorten zu den wichtigsten Garanten für landwirtschaftlichen Erfolg. Sie zu beurteilen, erfordert sehr viel Wissen und noch mehr Erfahrung.

Geleistet wird diese Arbeit von Menschen, die sich dieser Aufgabe mit vollstem Einsatz widmen. Versuche ernten, Proben ins Labor schaffen, Ergebnisse auswerten und „ganz nebenbei“ noch das Prüfsortiment für die nächste Saison abstimmen sind da nur ein kleiner Teil. Hinzu kommen Fachveranstaltungen, Feldtage und -rundfahrten und nicht zuletzt Fachbeiträge für die Bauernzeitung. Einer, der auch im größten Getümmel immer ein offenes Ohr für den Fach- oder Länderredakteur hatte, war Dr. Uwe Jentsch. Die Kolleginnen und Kollegen des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum sowie der Sortenprüfung in den ostdeutschen Bundesländern und die Bauernzeitung trauern um ihn. Wir verlieren mit ihm einen lieben und geschätzten Kollegen und Autoren. Er verstarb unerwartet am 21. November 2023 im Alter von nur 64 Jahren, kurz nach seinem Eintritt in den beruflichen Ruhestand.

Dr. Uwe Jentsch – Hohes Fachwissen und Liebe zur Sortenprüfung

Uwe Jentsch absolvierte das Studium der Landwirtschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und promovierte 1986 mit der Arbeit „Kapazitäts-, Quantitäts-, Intensitäts- und Kinetikparameter des Phosphats in verschiedenen Böden der DDR“. Anschließend übernahm er unweit seines Heimatortes Badra eine leitende Tätigkeit in der Saatzuchtstation Bendeleben, die zum VEB Saat-und Pflanzgut Erfurt gehörte. Hier widmete er sich unter anderem der Erhaltungszucht und Vermehrung von Ackerbohnen und Luzerne. Im Jahr 1991 wechselte Dr. Jentsch zunächst für kurze Zeit in den Beratungsdienst des damaligen Landwirtschaftsamtes Nordhausen, um dann ab März 1992 in der Sortenprüfung des Freistaates Thüringen tätig zu sein. Diese war zunächst im Thüringer Landesverwaltungsamt, dann in der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) und seit dem Jahr 2019 im Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR) organisiert.

Auch wenn die Namen der Einrichtungen wechselten, blieb er der Sortenprüfung treu. Viele Jahre war er außerdem für das Feldversuchswesen in Thüringen zuständig. Zu den Thüringer Versuchsstationen und ihrem Personal pflegte er stets eine besonders enge Verbindung, sie lagen ihm sehr am Herzen.

In der Sortenprüfung trug Dr. Jentsch in seiner Dienstzeit für verschiedene Kulturarten die Verantwortung. Man wird ihn jedoch immer mit den Öl- und Eiweißpflanzen verbinden, für die er langjährig in Thüringen und im Rahmen der länderübergreifenden Zusammenarbeit zum Teil auch als Koordinator für die ostdeutschen Bundesländer verantwortlich war. In Thüringen war er zudem durch seine langjährige Zusammenarbeit mit dem Thüringer Braugerstenverein einem breiten Publikum bekannt.

Wenn es um Fragen zur Sortenprüfung ging, erwies sich Dr. Jentsch wegen seiner Kommunikationsbereitschaft und dem stetigen Bemühen um tragfähige Lösungen als ein geschätzter Ansprechpartner. Das galt bundesweit, vor allem aber innerhalb der Kooperation der ostdeutschen Bundesländer.

Hohes Fachwissen, verbunden mit immer bescheidenem Auftreten, charakterisierten Dr. Jentsch. Diese Eigenschaften und seine sehr ausgleichende Art prädestinierten ihn für die Mitwirkung in verschiedenen bundesweiten Gremien. Genannt werden sollen hier die Union zur Förderung von Oel-und Proteinpflanzen (Ufop), die Widerspruchsausschüsse für Getreide und für Kartoffeln beim Bundessortenamt und insbesondere der Arbeitskreis Koordinierung im Versuchswesen beim Verband der Landwirtschaftskammern, dessen Vorsitzender er von 2007 bis 2022 war.

Dr. Jentsch erfüllte die Aufgaben in der Sortenprüfung und alles, was damit in Verbindung stand, mit viel Leidenschaft – er liebte seinen Job. Oft fiel seinerseits der Satz: „Eine schönere Arbeit könnte ich mir gar nicht wünschen.“ Und das merkten alle, die mit ihm beruflich zu tun hatten – Kolleginnen und Kollegen der landwirtschaftlichen Praxis, des Bundessortenamtes, der Länderdienststellen, des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter und der Züchterhäuser sowie der verschiedenen Fachgremien.

Dabei ging seine Anerkennung aber weit über die fachliche Kompetenz hinaus. Diejenigen, die ihn im Rahmen von Dienstreisen oder auf Veranstaltungen privat kennenlernen durften, schätzten ihn darüber hinaus auch als Menschen sehr. Dr. Uwe Jentsch hinterlässt in unserem Kreis eine große Lücke. Wir werden ihn als Freund und Kollegen vermissen und ihm ein ehrendes Angedenken bewahren.

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Ein Gerstenfeld mit gelben Grannen
Alle Sorten der Demonstration befanden sich zur Wochenmitte am Ende der Milchreife im Übergang zur Teigreife. In der Reife zeigten sich durchaus Unterschiede. Die später Aussaat und Trockenheit hatte lichte Bestände zur Folge. Niederschläge begünstigten Zwiewuchs. © Frank Hartmann
Hubert Aiwanger bei LsV Sachsen in Grimma: Das ist völlig gaga!

Mit Hubert Aiwanger, Wirtschaftsminister in Bayern, startete LsV Sachsen seine Foren zur Landtagswahl 2024. Der Gast von den Freien Wählern fand deutlich Worte für das, was aus seiner Sicht in Deutschland falsch läuft.

Von Karsten Bär

Gemessen am Applaus gab es offenbar viel inhaltliche Übereinstimmung: Bei einer von Land schafft Verbindung Sachsen (LsV Sachsen) organisierten Veranstaltung in Grimma sind Landwirte aus dem Freistaat auf den bayerischen Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und den Spitzenkandidaten der Freien Wähler für die sächsischen Landtagswahl, den Grimmaer Oberbürgermeister Matthias Berger, getroffen.

Unter dem Motto „Bauer sucht Partei“ sollte den beiden Politikern auf den Zahn gefühlt werden. Dies sei der Auftakt für weitere Veranstaltungen mit anderen Parteien, wie Marc Bernhardt, sächsisches Vorstandsmitglied von LsV Deutschland und Moderator der Runde in Grimma, zu verstehen gab.

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Hubert Aiwanger und Matthias Berger in Grimma

Ursprünglich sei nur ein internes Treffen geplant gewesen, in dem er mit Hubert Aiwanger über die sächsische Landtagswahl reden wollte, sagte Matthias Berger. Nachdem LsV Sachsen ebenfalls Interesse bekundete, mit Aiwanger ins Gespräch zu kommen, habe dieser sich schließlich zu einer öffentlichen Veranstaltung bereit erklärt. Er freue sich, mit „normalen Menschen“ zu reden, so Aiwanger zu Beginn im Grimmaer Ratssaal. „Mit Menschen, die merken: Es läuft etwas schief in diesem Land. Mit Menschen, die sich nicht vom woken Mainstream an der Nase herumführen lassen.“

Als Vertreter für die Interessen des ländlichen Raums will sich auch Oberbürgermeister Matthias Berger verstanden wissen. Nicht nur das Beispiel der verspäteten Agrarzahlungen zeige, dass „der Staat zunehmend dysfunktional ist“. Was aus ihrer Sicht schiefläuft im Land, erklärten der Gast aus Bayern und Oberbürgermeister Berger in der anschließenden Fragerunde.

Aiwanger: Mehr Wölfe als in Schweden

Der Wolf habe wie jedes andere Tier das Recht, auf der Erde zu leben, so Aiwanger. „Wenn er aber in die Dörfer geht oder die Tiere auf der Weide angreift, dann muss er reguliert werden.“ In Deutschland gebe es mehr Wölfe als in Schweden. Dennoch werde von einem schlechten Erhaltungszustand geredet. Dass man darauf warte, dass Wölfe ganz Deutschland besiedeln, sei „völlig gaga“. Die hohe Wolfsdichte kritisierte auch Matthias Berger, ebenso wie praxisferne Regelungen für Vergrämung oder Entnahme von Problem-Wölfen.

Von Quoten für den Ausbau der Biolandwirtschaft hält Aiwanger nichts. „Vorgaben machen den Markt kaputt“, sagte er. Es müsse nachfragegerecht produziert werden. Ernährungssicherheit als Staatsziel festzuschreiben, befürworte er indes. Es sei nicht klug, sich vom Ausland abhängig zu machen, während man im eigenen Land Flächen stilllege. Für Importe müssten zudem die gleichen Standards wie für im eigenen Land produzierte Ware gelten – auch für ukrainisches Getreide, so Aiwanger.

Gäste bei der LsV Sachsen in Grimme
Gast aus Bayern: Hubert Aiwanger (M.) stellte sich den Fragen von Marc Bernhardt, sächsisches Vorstandsmitglied von LsV Deutschland, ebenso wie Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger (r.). (c) Karsten Bär

„Grüne Irrwege“ bei Tierhaltung beenden

Gefahr für die Landwirtschaft sieht der bayerische Politiker in der marktbeherrschenden Stellung weniger Konzerne im Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Zunehmend gebe es Bestrebungen des LEH, ganze Produktionsstufen bis hin zum Erzeuger aufzukaufen. „Andersherum ist es richtig“, so Aiwanger. Die Landwirte müssten mehr an der Wertschöpfung teilhaben. Dies werde jedoch durch überbordende Bürokratie gehemmt, die jedem kleinen Hofladen zu schaffen mache.

Auch andere gesetzliche Vorgaben, wie etwa die Düngeverordnung, seien nicht an der Realität orientiert und eher Ausdruck einer „Anti-Tierhaltungspolitik“. Dies habe letztlich auch Auswirkungen auf Natur-und Artenschutz. Es sei ein „grüner Irrweg“, die Tierbestände weiter zu reduzieren und Fleisch dann aus dem Ausland zu importieren. Diese Politik instrumentalisiere auch Bürgerinitiativen, die gegen neue Ställe im ländlichen Raum protestierten, ergänzte Oberbürgermeister Berger.

Erneuerbare Energien: Bürokratie-Auswüchse wieder zurückdrängen

Während Berger bei der Nutzung erneuerbarer Energien eher zurückhaltend agiert und beispielsweise im Gebiet seiner Stadt keine Solarparks auf Landwirtschaftsflächen entstehen sehen will, sieht Aiwanger darin eine wichtige Wertschöpfungsmöglichkeit auch für Landwirte. Eine ländliche Region sollte das aus ihrer Sicht Beste aus erneuerbaren Energien rausholen, „ohne sich dabei über den Tisch ziehen zu lassen“, sagte er. Es gebe interessante Agri-PV-Modelle, und auch Windkraft „sollten wir nicht schlechtreden“, so der Politiker. Ebenso sollte Biogas maximal ausgereizt werden, um Vermarktungsalternativen für Inputstoffe zu schaffen – und eine grundlastfähige Energiequelle zu nutzen.

Auch aus Holz als Energieträger sei noch mehr herauszuholen. Vor Ort müssten Konzepte entwickelt und Wärmenetze aufgebaut werden. Hinderlich seien in diesem Zusammenhang sich häufig ändernde rechtliche Vorgaben und ein Übermaß an Bürokratie. Zu leiden hätten darunter jedoch nicht nur Landwirte. Auch Gastwirte oder Handwerker seien mit „so viel Gesetzesklimbim konfrontiert“. „Wir müssen Vernunft einfordern und diesen überbordenden Unsinn zurückdrängen“, gab Aiwanger als Anspruch aus.

Für die Akzeptanz erneuerbarer Energien sieht Oberbürgermeister Berger speziell in Sachsen Nachholbedarf bei den Beteiligungen aus den Einkünften. Andere Bundesländer seien hier weiter. Viel Kritik äußerte er auch über den Umgang des Freistaates mit den Kommunen, deren Finanzkraft bei wachsenden Aufgaben und Kosten geschwächt werde. In der Staatsregierung sieht Berger Einsparpotenzial bei Ministerien wie dem für Tourismus oder Regionalentwicklung, die, wie er sagte, nach der letzten Wahl zur Schaffung von Posten gebildet worden seien.

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Pflanzenschutz wird ausgebracht. Wie geht es weiter mit Mitteln, die Glyphosat enthalten? (c) Sabine Rübensaat

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Vegetarische Gerichte aus Omas Bauernküche: Neues Buch von der Bauernzeitung

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die „Rezepte aus Omas Bauernküche“? Hans-Dieter Lucas, ehemaliger Redakteur der Bauernzeitung, hat eine weitere Auswahl in einem dritten Buch veröffentlicht.

Von Bärbel Arlt

Herr Lucas, mit „Tolle Rezepte aus Omas Bauernküche“ erschien vor zwei Jahren der erste Band mit Rezepten von Lesern der Bauernzeitung, die dort bis Anfang der 1990er Jahre sogar unter einer eigenen Rubrik erschienen waren. Dem Kochbuch folgte ein Jahr später „Tolle Kuchen und Torten aus Omas Bauernküche“. Und nun der dritte Band mit vegetarischen Rezepten.

Springen Sie damit auf den vegetarischen Trendzug auf?

Ursprünglich war nur ein Buch mit Rezepten von Lesern der Bauernzeitung geplant. Und das sollten Gerichte sein, die im Osten bekannt und beliebt waren. Bei den Recherchen ist mir aufgefallen, dass die Leser seinerzeit auch schon viel Schmackhaftes ohne Fisch und ohne Fleisch zubereitet haben – wohl eher aus der Not heraus und weniger der gesunden Ernährung wegen. Natürlich weiß ich, dass sich vegetarische Gerichte wachsender Beliebtheit erfreuen. Aber auf den Trend aufgesprungen bin ich nicht. Es hat sich halt so ergeben.

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Hans-Dieter Lucas im Interview: Vegetarische Gerichte

Deftig, süß oder nun vegetarisch – ist denn Bauernküche überhaupt noch zeitgemäß?
Unsere Vorfahren sind beim Kochen und Backen oft mit wenigen Zutaten ausgekommen, die zumeist in der Region, wenn nicht sogar im eigenen Garten produziert wurden. Und sie waren Meister darin, sicher auch aus der Not heraus, vieles, was von den Mahlzeiten übrig blieb, in anderen wiederzuverwenden oder Überschüssiges auf verschiedene Weise zu konservieren. Es wurde jedenfalls kaum etwas weggeschmissen. Das alles ist oder wird heute erfreulicherweise mehr und mehr Trend. Wir können also eine ganze Menge von den Rezepten unserer Vorfahren lernen, sicher auch aus dem Buch. Die Resonanz, die ich von Alt und Jung erfahre, bestätigt meine Wahrnehmung.

Mussten die alten Rezepte „modernisiert“ werden, oder hatten es die Omas von damals schon drauf, so zu kochen, dass es auch heute noch mundet?
Viele Großmütter hatten es auf jeden Fall drauf, sehr schmackhaft zu kochen. Ich habe meinen beiden Omas und meiner Mutter oft in der Küche zugesehen, durfte manchmal auch ein wenig helfen. Manche Gerichte kochen und backen wir heute noch. Was die Leserrezepte betrifft – sie mussten fast alle stark überarbeitet werden. Oft fehlten für die Zutaten die genauen Mengenangaben, oder die Zubereitung war eher vage beschrieben. Früher wussten erfahrene Hausfrauen, so wie meine Mutter, derartige Fragmente aus dem Gefühl heraus zu korrigieren oder zu ergänzen. Ich habe mir das nicht bei allen zugetraut und dafür erfahrene Partner gesucht.

Sternekoch mit an Bord

Sternekoch Stefan Langelüttich
Sternekoch Stefan Langelüttich vom Berliner Restaurant „Lokal“. (c) Hans-Dieter Lucas

Das ist Ihnen mit Sternekoch Stefan Langelüttich vom Berliner Restaurant „Lokal“ und Roland Ermer, seit Kurzem Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, sowie dessen Tochter Claudia auch gelungen. Wie haben Sie es geschafft, sie für eine Küche von gestern zu begeistern?
Anfänglich hatte ich die Idee, für das erste Buch erfahrene Köche aus verschiedenen ostdeutschen Regionen begeistern und ihnen als Gegenleistung Werbung für ihr Restaurant bieten zu können. Doch dann kam Corona in die Quere. Bei vielen Restaurants war nicht klar, ob sie diese schwierige Phase überstehen würden. Vor allem aus diesem Grund konnte ich sie nicht für eine Mitarbeit gewinnen. Bei allem Verständnis war ich enttäuscht.

Andererseits wollte ich das Buch auf keinem Fall ohne kompetente Unterstützung machen. Viele in meinem Umfeld wussten, dass ich eine neue Idee brauchte. Irgendwer steckte mir irgendwann die Telefonnummer von Stefan Langelüttich zu. Wir trafen uns, und er war vom Projekt begeistert. Zudem kam uns Corona sogar zu Hilfe: Das „Lokal“ war geschlossen. Wir hatten Zeit, die Auswahl der Gerichte in Ruhe zu diskutieren, zu ergänzen, falls nötig auch etwas zu überarbeiten, zu „modernisieren“ und schließlich die meisten auszuprobieren.

Bäcker-Partner aus Bernsdorf

So lief es auch mit Bäckermeister Roland Ermer?
So ähnlich. Ich war für das zweite Buch zunächst wieder auf der Suche nach einem kompetenten Backpartner. Dieses Mal wollte ich eine Berufsschule gewinnen. Angehende Bäckerinnen und Bäcker sollten einzelne Rezepte losen und dann unter Anleitung ihrer Ausbilder die Backwerke produzieren. Ich weiß bis heute nicht, warum ich dafür keine Berufsschule begeistern konnte …

Konditorin Claudia Ermer
Claudia Ermer ist Konditorin und Bäckermeisterin in der Familienbäckerei. (c) Hans-Dieter Lucas
Bäckermeister Roland Ermer
Bäckermeister Roland Ermer aus Bernsdorf im Landkreis Bautzen. (c) Hans-Dieter Lucas

Hat Ihnen dann wieder ein Bekannter eine Telefonnummer zugesteckt?
Leider nicht. Ich habe verschiedene Bäcker angesprochen, die ich kannte. Die meisten fühlten sich überfordert, haben ja ohnehin genug zu tun. Also habe ich ostdeutsche Landesverbände um Hilfe gebeten. Einer der Ersten, die ich angerufen habe, war Roland Ermer, im letzten Jahr noch Präsident des sächsischen Bäckerverbandes. Er betreibt in Bernsdorf am Nordrand der Oberlausitz seit 35 Jahren einen Familienbetrieb in dritter Generation. Er und seine Tochter Claudia waren vom Projekt sofort begeistert, was auch daran lag, dass selbst er einige Rezepte aus Omas Bauernküche wie Spreewald-Krusta, LPG-Torte, Besoffener Kapuziner oder Stoppelfuchs nicht kannte und sie ausprobieren wollte.

Stefanie Burmeister – Steffi kocht ein

Für Ihr aktuelles Buch „Tolle vegetarische Gerichte aus Omas Bauernküche“ standen Ihnen neben Sternekoch Stefan Langelüttich auch Roland und Claudia Ermer wieder hilfreich zur Seite. Neu im Bunde war Stefanie Burmeister vom YouTube-Kanal „Steffi kocht ein“, Geschäftsführerin der Firma „Gläser und Flaschen“.
Während wir am dritten Buch arbeiteten, überlegte ich bereits, ob es nicht noch eine Rubrik gäbe, unter der sich ein viertes Mal ausreichend viele Leserrezepte versammeln ließen, vielleicht „Tolles in Gläsern und Flaschen“. Ich habe daraufhin die Zeitungen ein weiteres Mal durchforstet, fand manch Interessantes, musste aber zugleich feststellen, dass die Rezepte für ein ganzes Buch nicht ausreichen würden.

Stefanie Burmeister
Stefanie Burmeister, Chefin des Unternehmens „Gläser und Flaschen“. (c) IMAGO / Funke Foto Services

Also haben Sie eine Auswahl von Rezepten zum Thema „Konservieren“ in das dritte Buch mit aufgenommen?
Ja, genauso. Natürlich nur vegetarische – von Spreewälder Senfgurken über Schwarze Nüsse bis hin zu Tomaten-Kürbis-Marmelade und Holunderblütensekt. Und dafür brauchten wir auch fachlichen Beistand. Ich habe mich an Stefanie Burmeister erinnert, die ich Anfang der 2000er Jahre auf der Mecklenburger Landwirtschaftsmesse kennengelernt hatte. Damals stellte sie eine große Auswahl Gläser und Flaschen aus, die besonders bei denen Zuspruch fanden, die wie sie selbst gern einkochen oder Saft und Likör herstellen. All jenen bot sie an, ihnen originelle gläserne Behälter in jeder nur denkbaren Auswahl und Menge nach Hause zu schicken. Das war ihre Geschäftsidee. Heute werden am westlichen Berliner Stadtrand täglich etwa 1.000 Pakete mit Gläsern und Flaschen aller Art gepackt und an etwa 500.000 private und 30.000 gewerbliche Kunden verschickt. Unvorstellbar!

Video: DDR-Rezept Spreewälder Senfgurken

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Aber macht sie das auch zu einer Expertin fürs Konservieren?
Nein, natürlich nicht. Aber sie wollte parallel zum Aufbau und zur Leitung ihres Unternehmens immer auch genau wissen, was in den Gläsern und Flaschen biochemisch so alles passiert. Sie hat sich zu allen Aspekten des Konservierens umfassend informiert, aber auch an Hochschulen weiterbilden lassen. Wie die anderen Partner hat sie die ihr zugedachten Leserrezepte ergänzt, wenn nötig überarbeitet und manches nachkochen lassen.

Bierfisch mit Milchreis oder Biersuppe?

Sie sind selbst leidenschaftlicher Hobbykoch und vor allem -bäcker. Haben Sie alle Gerichte selbst ausprobiert und dabei den einen oder anderen neuen Favoriten entdeckt?
Wir haben in den drei Büchern weit über 300 ehemalige Leserrezepte veröffentlicht. Etwa 70 Prozent wurden von unseren Experten ausprobiert, gekocht oder gebacken. Ich war immer dabei und habe fast alles, was dann auf einem Teller landete, auch verkostet. Das meiste war ausgesprochen delikat, manchmal auch völlig unerwartet. Ich erinnere mich immer wieder gern an den Genuss von „Bierfisch mit Milchreis“, angeblich eine Spezialität aus der Region, wo die Havel in die Elbe mündet. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das schmecken sollte. Doch es war überraschend lecker. Genauso wie „Huhn in Stachelbeersoße“ oder „Kasslerkotelett in Bambes“. Alles ostdeutsche Spezialitäten aus dem ersten Buch.

Bierfisch mit Milchreis finden Sie ausgesprochen lecker. Aber Biersuppe mögen Sie nicht?
Vielleicht, weil ich kein regelmäßiger Biertrinker bin. Wir hatten aber allein für Biersuppen aller Art etwa zehn Leserrezepte gefunden. Das konnten wir doch nicht ignorieren. Früher wurde auf vielen Bauernhöfen auch Bier gebraut, manchmal mit Bier gekocht oder gewürzt. Ich bin gespannt, ob Rezepte wie „Süße Biersuppe“ und „Biersuppe mit Kümmel“ Liebhaber finden werden.

Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu vegetarischer Küche?
Ich habe ein völlig entspanntes Verhältnis zur vegetarischen Küche. Mit zunehmendem Alter landet Fleisch ohnehin immer seltener auf meinem Teller und wenn, dann eher in kleinen Portionen. Der Anteil von Salat, Obst und Gemüse ist dagegen deutlich gewachsen. Mein Essverhalten hat sich mit der Arbeit an dem Buch kaum verändert. Aber ich habe dabei interessante vegetarische Gerichte entdeckt, die ich nicht kannte – beispielsweise Apfel-Eier-Salat, Gemüsebuletten mit Haferflocken oder Stachelbeerauflauf. Vielleicht haben diese und andere Gerichte in nächster Zeit noch Folgen für mein Essverhalten.

Vegetarische Gerichte zu Weihnachten?

Weihnachten steht vor der Tür. Werden Sie vegetarisch kochen, oder bleibt es bei Stollen, Plätzchen und Gänsebraten?
Ich habe dieser Tage bei Roland Ermer einen großen sächsischen Stollen erworben. Der reicht für unsere ganze Familie. Spätestens am ersten Advent werden Plätzchen gebacken. Das bin ich den Enkelkindern schuldig, zumal ich einige tolle Rezepte von meiner Mutter und meinen Omas aufbewahrt habe. Das eine oder andere hat unsere Schwiegertochter noch mit in die Familie gebracht. Gänsebraten wird es nicht geben. Für acht Erwachsene und drei Kinder bräuchten wir zwei Gänse oder eine richtig große. Und die ist uns zu fett. Also wird es entweder einen Wildbraten geben mit echten Hütes (Rezept im dritten Buch) oder Fisch – Forelle oder Karpfen. Vielleicht koche ich dazu eine Pilzcremesuppe. Das Rezept habe ich aus „Omas Bauernküche“ und ins neue Buch aufgenommen.

Pilzcremesuppe
Pilzcremesuppe (c) Sándor Nagy

Sie schreiben in Ihrem aktuellen Buch, es sei die letzte Sammlung. Wir dürfen Sie doch hoffentlich nicht beim Wort nehmen?
Es ist auf jeden Fall die letzte Sammlung von Gerichten, die auf Rezepten von Lesern der Bauernzeitung basieren. Mit über 300 mehr oder weniger typisch ostdeutschen Spezialitäten ist „Omas Bauernküche“ als Quelle nun leider erschöpft.

Aber Sie haben doch sicher noch einen Pfeil im Köcher?
Meine siebenjährige Enkeltochter hat unlängst der Lehrerin auf die Frage nach ihrer Lieblingsbeschäftigung geantwortet: „Backen mit Opa.“ Auch ein schöner Buchtitel, oder?

Hans-Dieter Lucas mit Enkeltochter
In der Weihnachtsbäckerei: Für Koch- und Backbuchautor Hans-Dieter Lucas aus Berlin gehört das Plätzchenbacken mit seiner Enkeltochter Luise auch in diesem Jahr unbedingt zur Adventszeit. (c) Bärbel Arlt

Rezept aus Tolle Rezepte aus Omas Bauernküche von Hans-Dieter Lucas.

Im Bauernzeitung-Shop verfügbar: Tolle Rezepte aus Omas Bauernküche | BU-05277-0-01-DBV (bauernzeitung.de), ISBN 978-3-9821052-7-7.


Rezept: Selleriesalat mit Nüssen

Zutaten für 4 Portionen

Zubereitung

Sellerie schälen, in dicke Scheiben schneiden und in leicht gesalzenem Wasser bei mittlerer Hitze 10 min kochen. Dann abkühlen lassen.

Sellerie, Äpfel mit Schale und die abgepellten Kartoffeln raspeln, die restlichen Zutaten der Reihe nach unterheben und mit Salz und Pfeffer, vielleicht auch noch mit einem Spritzer (Apfel-)Essig abschmecken. Vor dem Servieren mindestens eine halbe Stunde kühlen.

Rezept: Kartoffelpfefferkuchen

Zutaten für 4-6 Portionen

Zubereitung

Backofen auf 180 °C Ober- und Unterhitze vorheizen. Kartoffeln, idealerweise vom Vortag, pellen und fein reiben. Mit allen anderen Zutaten zu einem Teig verarbeiten.

Je nach Oblatengröße 1–2 TL oder 1 El vom Teig auf die runden Oblaten geben, etwas flach drücken und auf ein Backblech setzen. Notfalls geht es auch ohne Oblaten auf einem mit Backpapier belegten Blech.

Kartoffelpfefferkuchen
Kartoffelpfefferkuchen (c) Sándor Nagy

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