In der Justizvollzugsanstalt Torgau erfahren Inhaftierte beim Betreiben ökologischer Landwirtschaft, wie sinnstiftend Arbeit sein kann. Das Pilot-Projekt knüpft an bereits vor Jahren begonnene Bemühungen an.
Von Karsten Bär
Größtenteils liegen die Flächen zwischen den Gefängnismauern der Justizvollzugsanstalt (JVA) Torgau und den sie umgebenen Festungswällen des alten Forts Zinna im Norden der Stadt. Rund 15 Hektar sind es, die als Grünland genutzt werden oder auf denen Gemüse, Kräuter und Futterpflanzen wachsen.
Die Erzeugnisse aus eigenem Anbau dienten dazu, die eher einfachen Mahlzeiten aus der Anstaltsküche anzureichern, gibt Nicole Borchert, die Leiterin der JVA zu verstehen. Das wichtigste Produkt aber ist ideeller Natur: Arbeit in der Landwirtschaft soll Inhaftierten die Chance geben, ihr Leben auf andere Beine zu stellen.
Seit knapp anderthalb Jahren läuft das Projekt „Errichtung eines Eigenbetriebes der ökologischen Landwirtschaft“ in der JVA Torgau. Darin wird Inhaftierten das Angebot gemacht, sich mit einer sinnvollen Tätigkeit zu beschäftigen und Verantwortung zu übernehmen. Dies soll ihre Resozialisierung fördern und ihnen den Übergang in die Gesellschaft nach Ende ihrer Haftzeit erleichtern, im besten Fall sogar berufliche Perspektiven aufzeigen. Unlängst erst machten sich Sachsens Justizministerin Katja Meier und Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (beide Grüne) vor Ort ein Bild.
Das Projekt, gefördert aus dem Sofortprogramm Start 2020 „Neues ermöglichen“ des Freistaates Sachsen, trägt Pilotcharakter. Dennoch knüpft es an bereits mehrere Jahre erfolgreichen ökologischen Anbau an, die schon in den 90er-Jahren in Torgau praktiziert wurden. Unterstützung gab das damalige Amt für Landwirtschaft in Mockrehna, ebenso die „Sächsische Interessengemeinschaft Ökologischer Landbau“ (SIGÖL).
Auch das galt bereits als Pilot-Projekt, wie man Zeitungsartikeln aus dieser Zeit entnehmen kann. Die Produkte wurden damals unter anderem auf dem Wochenmarkt in Torgau verkauft. Das abrupte Ende kam 2007. In der JVA gemästete Enten zeigten erhöhte Dioxinwerte. Die landwirtschaftliche Nutzung wurde eingestellt.
Nach intensiver Vorbereitung gemeinsam mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Soziale Landwirtschaft und der Hochschule Mittweida startete das neue Projekt Anfang 2023. Neun Betreuer, die über landwirtschaftliche Kompetenz verfügen, sind darin tätig und leiten aktuell ebenso viele Inhaftierte an.
Je 8 weibliche Krainer Steinschafe und Braune Deutsche Edelziegen zählen zum Tierbestand, ebenso Kaninchen der Rasse Sachsengold und Hühner der Rasse Sachsenhuhn sowie zwei Völker der Dunklen Biene.
„Alles seltene Rassen, deren Fortbestand als bedroht gilt“, sagt Nicole Borchert. Die Haltung hilft somit auch, den Erhalt dieser Nutztierrassen zu sichern. Hühner und Bienen tragen zur Selbstversorgung bei, während die Schafe und Ziegen als „Rasenmäher“ dienen. Vor allem aber haben die Tiere eine andere, ganz besondere Funktion: „Die Arbeit mit ihnen ist sinnstiftend und hat einen unglaublichen therapeutischen Nutzen“, so die Anstaltsleiterin.
Über die Tierhaltung hinaus, die auch mit dem Anbau und der Gewinnung von Futter wie Mais, Heu oder Futterrüben verbunden ist, werden im Projekt Gemüse und Kräuter im Freiland oder unter Folientunnel angebaut. Weiter gibt es eine Streuobstwiese, von der Kern- und Steinobst sowie Beerenfrüchte gewonnen werden. Der Anbau folgt den Grundsätzen des ökologischen Landbaus. Zertifiziert sei man jedoch noch nicht, so Nicole Borchert.
Die Arbeit im entstehenden Eigenbetrieb ökologischer Landbau ist für die Gefangenen, von denen es rund 240 in der JVA gibt, freiwillig. Allerdings ist sie nur für Personen mit „geringem Flucht- und Missbrauchsrisiko“ möglich. In der Regel sind dies Inhaftierte, die keine langen Strafen mehr absitzen müssen.
Zudem sollte für sie die Arbeit geeignet sein, die persönliche Entwicklung zu begünstigen und ihnen eine mögliche berufliche Perspektive aufzuzeigen, auch indem sie sich Fachkenntnisse aneignen. Bei immerhin einem Inhaftierten besteht bereits die Chance, dass er nach der Entlassung in einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Region Torgau Arbeit findet.
Ausgeweitet werden soll die Möglichkeit der Arbeit auf bis zu 15 Gefangene. Sowohl die bewirtschaftete Fläche als auch den Tierbestand will die JVA gern ausweiten. „Vielleicht kommen wir irgendwann dahin, auch wieder Produkte zu vermarkten“, sagt Nicole Borchert. „Aber das ist nicht unser vordergründiges Ziel.“ Vor allem eines soll das Projekt sein, betont die JVA-Leiterin: ein therapeutischer Hebel für einen anderen Lebensentwurf.
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Bei den Kommunalwahlen am 9. Juni stehen auch Landwirte auf den Listen – hier mehr, dort weniger. Wer schafft es Sonntag in die Kreistage?
Von Heike Mildner
Am Sonntag dürfen 2,1 Millionen Brandenburgerinnen und Brandenburger ihre Stimmen abgeben. Neben der Europawahl geht es um die Wahl ihrer Vertreter in die Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte.
Außerdem werden 409 Gemeindevertretungen und Stadtverordneten-Versammlungen der kreisangehörigen Gemeinden und Städte neu besetzt. In diesem Beitrag geht es um die Wahl der Kreistage und speziell darum, wie und wo Landwirtinnen und Landwirte um Sitze kandidieren und sich für ihre Belange auf kommunalpolitischer Ebene einsetzen.
Die Listen mit den anerkannten Wahlvorschlägen wurden Mitte April in den Amtsblättern der Landkreise veröffentlicht. Wie auf den Stimmzetteln am Sonntag sind hier die Kandidaten mit Namen, Geburtsjahr und Beruf bzw. Tätigkeit verzeichnet. Und natürlich sind vereinzelt Landwirte in allen Parteien zu finden.
Deutlich wird aber auch: Gibt es im Landkreis eine Wählergruppe mit bäuerlichem Hintergrund, sammeln sie sich dort, und es sind in diesen Landkreisen mehr Vertreter des Berufsstandes auf den Listen präsent. Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren kamen „Bauern u. a.“, wie sie in der Wahlstatistik erfasst werden, auf 2,8 bis 11,2 % der Wählerstimmen.
Und so steigen sie am Sonntag in den Ring:
Prignitz (2019: 11,2 %): Für die Wählergruppe Bauern und ländliche Region kandidieren in drei Wahlkreisen 37 Vertreter, vor allem Landwirte, allein 18 im Wahlkreis 3, um Pritzwalk. Erstmals zur Wahl zugelassen wurde Der III. Weg, eine Partei, der der Verfassungsschutz Brandenburg ein „klar rechtsextremistisches Staats- und Gesellschaftsbild“ bescheinigt. Vier der fünf Kandidaten sind Landwirte.
Ostprignitz-Ruppin (2019: 9,5 %): In den drei Wahlkreisen treten am Sonntag insgesamt 25 Kandidaten für die Wählergruppe des Kreisbauernverbandes Ostprignitz-Ruppin (WG KBV) an, unter ihnen KBV-Vorsitzender Hans-Heinrich Grünhagen.
Oberspreewald-Lausitz (2019: 6,5 %): In vier von fünf Wahlkreisen tritt die Freie Wählergruppe Bauern – Landwirtschaft, Umwelt, Natur mit insgesamt 19 Kandidaten an.
Uckermark (2019: 5,6 %): In drei von vier Wahlkreisen ist die Wählergruppe Bauern – Ländlicher Raum mit 22 Kandidaten aktiv, darunter Wenke Möllhoff und Lars-Andreas Sieh, die Vorsitzenden des Bauernverbandes.
Dahme-Spreewald (2019: 5,2 %): In diesem Jahr ist die Freie Wählergruppe Bauern – Landwirtschaft, Umwelt, Natur mit 29 Kandidaten unterwegs, die meisten im südlichen Wahlkreis 5, wo wir u. a. mit Uwe Schieban den Ausrichter der Landpartie und mit Carmen Lorenz eine engagierte Ruheständlerin entdecken.
Märkisch-Oderland (2019: 4,8 %): In Berlinnähe sind es nur drei und vier, am Rand 13 und 14 Kandidaten, die für die Wählergruppe Bauern und Ländlicher Raum antreten. Mit Klaus Hildebrandt in Letschin, Frank Schuhmacher und Dirk Steinhoff sind hier gleich drei Vertreter unserer ehemaligen Praxispartnerbetriebe im Rennen. Auf Listenplatz 1 im Wahlkreis 2: Landesbauernpräsident Henrik Wendorff.
Teltow-Fläming (2019: 4,2 %): In zwei von fünf Wahlkreisen tritt hier der Bauernverband Teltow-Fläming mit sechs und acht Kandidaten an, auch KBV-Vorsitzender Benny Hecht steht zur Wahl.
Potsdam-Mittelmark (2019: 4,2 %): Eine bäuerliche Wählergruppe sucht man auf den Wahlvorschlägen in diesem Jahr vergebens. Landwirte finden sich u. a. in CDU (u. a. KBV-Vorsitzender Jens Schreinicke), FDP und BVB.
Oder-Spree (2019: 3,9 %): Die Wählergruppe Bauern-Jäger-Angler – B-J-A ist am Sonntag nur mit neun Namen auf den Stimmzetteln der vier Wahlkreise präsent. Benjamin Meise von agrafrisch Fürstenwalde, unser aktueller Praxispartner, wird erneut für den Kreistag kandidieren. Mit Hartmut Noppe und Caroline Kiesow sind auch im Nachbarwahlkreis zwei KBV-Vertreter unterwegs.
Havelland (2019: 3,2 %): Der Landkreis Havelland geht in diesem Jahr mit 33 Kandidaten für die Wählergruppe Bauern an den Start, allein 20 im Wahlkreis 2, in dem u. a. Stefanie Peters (Nauen) und Maria Mundry (Kleßen-Görne) zur Wahl stehen.
Barnim (2019: 2,8 %): Für den Bauernverband Barnim verteilen sich 22 Kandidaten auf neun Wahlkreise. Darunter Max Melzow aus Joachimsthal, Jahrgang 2004, vielleicht der jüngste Landwirt, der für einen Kreistag kandidiert.
Elbe-Elster (2019: –): Mit insgesamt 41 Vertretern ist die Wählergemeinschaft Landwirtschaft Umwelt und Natur Elbe-Elster (WG LUN) am Sonntag breit aufgestellt. Dorsten Höhne, Uve Gliemann, Gerd Ziegenbalg, Ulf Klaunigk und Frank Neczkiewicz stehen in den fünf Wahlkreisen jeweils auf Listenplatz 1.
Spree-Neiße (2019: –): Für die neunköpfige Wählergruppe Landwirtschaft und Umwelt (L u. U) treten mit Frank Schneider und Thomas Goebel gleich zwei KBV-Vorsitzende (Spree-Neiße und Süd) in einem Wahlkreis an.
Oberhavel (2019: –): Der Landkreis Oberhavel stellt schwer lesbare Musterstimmzettel auf seine Homepage. Darauf stehen 13 Kandidaten der Wählergruppe Landwirtschaft Gartenbau Natur (LGU).
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Der Anbau von Energiepflanzen steigt. Sie erweitern die Fruchtfolge und liefern Biogasanlagen Substrat. Biogas und Biomethan sollen aber laut Bundesregierung zukünftig als regenerative Energiequellen nicht mehr im Fokus stehen. Die ostdeutsche Landwirtschaft zeigt hingegen längst, wie der Kreislauf aus Boden, Pflanze, Tier und Mensch nachhaltig gestaltet werden kann. Es kommentiert Erik Pilgermann.
Die großen Ackerkulturen Getreide, Mais und Raps werden nach Expertenmeinung in Deutschland weiterhin in kurzen, phytomedizinisch problematischen Fruchtfolgen und mit entsprechend hohem Pflanzenschutzmitteleinsatz angebaut. Trotzdem ist das Interesse am Einsatz von vielfältigen Fruchtfolgen in der Landwirtschaft in den letzten Jahren gestiegen.
Der Anbau von Energiepflanzen in der ackerbaulich orientierten Landwirtschaft nimmt zu, wie eine Vielzahl von Statistiken und Prognosen zeigt. Auch viele Züchterhäuser bewerben inzwischen intensiv neue Mischungen, die als Anbau-Alternativen die Fruchtfolgen weiten und gleichzeitig über die erzeugte Biomasse die Substratversorgung von Biogasanlagen verbessern sollen.
Hat der Markt für nachwachsende Energieträger die Perspektiven für die agrarische Pflanzenproduktion verbessert, so ist die Entwicklung begleitet von verschiedenen Befürchtungen, die vor allem die Intensität einer spezialisierten Produktion betreffen.
Wissenschaftler an vielen Landbaufakultäten von Hohenheim über Göttingen bis Rostock sind emsig dabei, die auftretenden phytomedizinischen Probleme, den dadurch bedingten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und die Wirkung auf die Agrarbiodiversität zu erforschen.
Konsens ist inzwischen, dass es unter pflanzenbaulichen und landschaftsökologischen Gesichtspunkten ungünstig wäre, wenn Energie-Fruchtfolgen dauerhaft separat von traditionellen Fruchtfolgen, womöglich mit unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten, etabliert würden. Denn Vielfalt macht die Felder fit.
Angesichts dessen fragt man sich, wer wohl so viel Wasser auf die (Wind-)mühlen gegossen haben könnte, dass die Bundesregierung inzwischen der Meinung ist, dass Biogas und Biomethan wider besseres Wissen zukünftig als regenerative Energiequellen nicht mehr im Fokus stehen sollen. Würde die Streichung der Biomasse als erneuerbarer Energieträger im Entwurf einer Anpassung des deutschen Stromsteuergesetzes umgesetzt, wäre das ein herber Rückschlag für die Vielfalt auf dem Feld.
Laut Umweltbundesamt sei die Biomasse-Verwertung zwar Schlusslicht bei der Flächeneffizienz, doch hatte die Brutto-Stromerzeugung aus Biomasse 2023 mit ca. 43,8 TW immerhin einen Anteil von 8,5 % an der deutschen Stromerzeugung sowie etwa 17 % des erzeugten erneuerbaren Stroms.
Untersuchungen des TLLLR von 2020 belegen zudem, dass in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern weit über 50 % und Sachsen und Thüringen sogar weit über 70 % des Substrateinsatzes über Gülle realisiert wurde. Und das bei 0,3 bis maximal 0,9 GV/ha.
Das spricht nicht etwa gegen Energiepflanzen, ganz im Gegenteil. Denn die ostdeutsche Landwirtschaft beweist längst, wie man den Kreislauf aus Boden, Pflanze, Tier und Mensch nutzbringend und ressourcenschonend in Gang halten kann.
Neben der Erzeugung von Nahrungsmitteln wird auch der große Teil nicht verzehrbarer Biomasse über Tiere und Biogasanlagen zu Strom, Wärme und Kraftstoff veredelt. Um aber das Risiko für die Betriebe überschaubar zu halten, ist es wichtig, verlässlich auf unterschiedliche Anbau-Systeme setzen zu können und auf möglichst viele Fruchtarten, die Wasser zu unterschiedlichen Zeiten benötigen.
Den Rahmen dafür muss der Gesetzgeber schaffen. Denn auf lange Sicht ist Biodiversität auch immer die Diversität von Verwertungsmöglichkeiten.
Kommentar aus der Ausgabe 23/2024
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Am Sonntag, den 9. Juni, findet die Europawahl statt, und jeder Wahlberechtigte hat nur eine Stimme. Nur wenige Politiker werden in der Parlamentsarbeit aktiv für die Landwirtschaft eintreten. Wir blicken in die Wahl-Programme und fassen im Folgenden die Aussagen derer zusammen, denen ein maßgeblicher Einfluss zuzutrauen ist.
Von Ralf Stephan
Deutschland kann 96 Abgeordnete in das Parlament nach Straßburg und Brüssel entsenden, genauso viele wie 2019. Gewählt wird in allen Mitgliedstaaten nach dem Verhältniswahlrecht. Das bedeutet: Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, desto mehr Europa-Abgeordnete schickt sie ins Parlament. Direktmandate, wie bei der Bundestagswahl, gibt es nicht. Jeder Wahlberechtigte hat daher auch nur eine Stimme.
Ebenso wenig gibt es eine Sperrklausel. Das führte dazu, dass dem aktuellen Europa-Parlament 14 deutsche Parteien angehören, die Hälfte davon verfügt aber lediglich über einen oder zwei Sitze. Fünf Sitze haben FDP und Linke, mehr als fünf die CSU (6), AfD (11), SPD (16), Grüne (21) und CDU (23).
Zu den anstehenden Europawahlen wurden in Deutschland 34 Parteien und Vereinigungen zugelassen – von der „Aktion Bürger für Gerechtigkeit“ über die Liste „Menschliche Welt“ bis zur „V-Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer“.
Längst nicht alle befassen sich in ihren programmatischen Verlautbarungen mit der Landwirtschaft, und auch nur wenige werden in der Parlamentsarbeit agrarpolitisch bedeutsam in Erscheinung treten. Aussagen derer, denen ein maßgeblicher Einfluss zuzutrauen ist, sind im Folgenden zusammengestellt. Die CDU behandelt die Landwirtschaft in ihrem 25 Seiten starken gemeinsamen Europawahl-Programm mit der CSU unter der Überschrift „Regionale Erzeugung von Lebensmitteln sichern“.
Man setze sich für bessere Rahmenbedingungen ein und dabei vor allem auf Anreize und Unterstützung statt Verbote, heißt es dort. Die CDU will, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) „eine starke ökonomische Säule“ hat, die den Landwirten Schutz auf volatilen Märkten biete und es ihnen erlaube, nachhaltiger zu wirtschaften und ein ausreichendes Einkommen zu erzielen.
Direktzahlungen sollen „eine echte Honorierung der vielfältigen Leistungen der Landwirtschaft sein und stark vereinfacht werden“. Gefordert werden ein sofortiger „Belastungsstopp“, ein starker Impuls für Präzisionslandwirtschaft, neue Züchtungstechnologien, integriertes Schädlingsmanagement und den Einsatz von Robotik in der Landwirtschaft.
Die Grünen legten ein 114 Seiten starkes Papier vor. Im Abschnitt „Was Wohlstand schützt“ heißt das fünfseitige Kapitel 10 „Eine starke Landwirtschaft“. Gestärkt werden soll eine Landwirtschaft, die im Einklang mit der Natur arbeitet. Dazu wird eine „grundsätzliche Reform“ der EU-Agrarpolitik angestrebt.
„Dafür bedarf es eindeutiger Regelungen und Anreize für die Reduzierung von Pestizidanwendung, Düngung und Viehbesatz sowie für Fruchtfolgen, den Anbau von Eiweißpflanzen und extensive Grünlandwirtschaft“, heißt es weiter. Diese Regelungen sollen zugleich bürokratiearm sein.
Grünes Ziel bleibt es, bis 2030 einen Anteil von 25 % Ökolandwirtschaft zu erreichen und diesen Anteil weiter zu erhöhen. Die Anzahl der Tiere in der EU-Landwirtschaft müsse sich zukünftig am Pariser Klimaschutzabkommen orientieren. Der Antibiotikaeinsatz sei „drastisch“ zu reduzieren, Reserveantibiotika sollten grundsätzlich der Humanmedizin vorbehalten bleiben.
Die SPD widmet sich auf Seite 13 ihres 50-seitigen Wahlprogramms der Landwirtschaft. Vorrangig wird ihr Beitrag zu den Umwelt- und Klimaschutzzielen erwähnt, zugleich die Notwendigkeit verlässlicher Rahmenbedingungen sowie die Ernährungs- und Einkommenssicherung genannt.
„Den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wollen wir weiter deutlich verringern“, heißt es. Den Einsatz neuer genomischer Techniken werde man ergebnisoffen prüfen. In der GAP sollten die sozialen Komponenten ausgebaut werden, gute Arbeitgeber/innen begünstigt werden.
Das 86 Seiten starke Wahlprogramm der AfD behandelt die Landwirtschaft im Kapitel 7, gemeinsam mit dem Umwelt- und Verbraucherschutz. Die AfD will die Förderpolitik renationalisieren und auf diesem Wege zugleich vereinfachen.
Subventionen bleiben „zunächst bestehen, da in einem freien globalen Wettbewerb der Bauernstand aus Deutschland sonst verschwinden würde“, heißt es weiter. Die Subventionen müssten neben der Flächengröße die weiteren Leistung kleiner Familienbetriebe berücksichtigen.
Greening-Auflagen müssten auf den Prüfstand, die „Vermaisung der Kulturlandschaft“ sowie die Spekulation mit landwirtschaftlichen Flächen sofort beendet werden.
Eine marktwirtschaftliche Agrarpolitik, die weniger von Subventionszahlungen und überbordender Bürokratie geprägt ist, fordert die FDP ganz am Schluss ihres 21 Seiten umfassenden Beschlusses des Europaparteitages.
Gute Agrarpolitik gebe es auch ohne Geld, heißt es weiter. „Die flächenbezogenen Direktzahlungen der Ersten Säule wollen wir daher schrittweise über einen Zeitraum von 15 Jahren abbauen. Im Gegenzug werden wir die Wettbewerbsbedingungen verbessern und Bürokratie radikal zurücknehmen.“ Gefordert werden EU-einheitliche Standards beim Tierschutz und eine Neuordnung des EU-Gentechnikrechts.
Im Programm der Partei Die Linke geht es um Landwirtschaft im engeren Sinne im Kapitel 2, das sich der Wirtschaft widmet. Aufgezählt werden 23 konkrete Ziele. Nummer eins: Agrarförderung muss nach sozialen, ökologischen und gemeinwohlorientierten Kriterien eingesetzt werden. Nummer zwei ist der flächendeckende Mindestlohn, Nummer drei das „Landgrabbing“-Verbot.
BSW: Schutz vor Agrarkonzernen biete „Landwirtschaft dient zuerst der Ernährungssicherung im eigenen Land“, heißt es im Wahlprogramm vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Deshalb müsse die EU-Agrarpolitik stärker national und regional ausgerichtet werden. Freihandelsabkommen für Produkte, die hierzulande erzeugt werden können, lehnt BSW ab. Der Erhalt von Agrarfläche habe Priorität.
Bei Umweltauflagen seien Landwirte einzubeziehen und Kompromisse zu finden. „Ein Desaster wie bei der Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie durch die Düngegesetzgebung muss verhindert werden“, heißt es weiter. Landwirte sollen vor „großen Agrarkonzernen“ geschützt werden, „Agrogentechnik“ wird abgelehnt.
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Für den Ausgleich gestartet, entwickelte Familie Jedenak in Thüringen das Klostergut Burgwalde zum beachtlichen Landwirtschaftsbetrieb, der absehbar weiter wachsen soll.
Von Frank Hartmann
Als Ausgleich, so erzählt es Peter Jedenak, erwarben er und seine Frau 2008 das Klostergut im 250 Einwohner zählenden Burgwalde im nordwestlichen Eichsfeldkreis. Das Projekt „Ausgleich“ entwickelte sich seither zu einem Landwirtschaftsbetrieb, der im Nebenerwerb von Peter und Birgit Jedenak geführt, im Alltag aber längst von Tochter Christina gemanagt wird – und das in naher Zeit als Haupterwerbsbetrieb.
Christina Jedenak ist optimistisch, in diesem Jahr in Witzenhausen ihr Landwirtschaftsstudium mit dem Bachelor abschließen zu können. Sie gab vor den Berufskollegen zu, aufgeregt zu sein, als kürzlich ihr Zuchtverband mit dem 29. Thüringer Fleischrindertag (Bauernzeitung 21/2024, S. 18) zu Gast war, um die Aberdeen-Angus-Herde und den Betrieb kennenzulernen. Vor dem Einstieg in die Herdbuchzucht im Jahr 2012 ging es klein los.
Keine „Verliebtheit“ gab den Ausschlag für die Rasse, sondern ihre Robustheit und die Fleischqualität. Denn die Vermarktung dachte Peter Jedenak, der ein gleichnamiges mittelständisches CNC-Metalltechnik-Unternehmen im nahegelegen Heilbad Heiligenstadt führt, von Beginn an mit. 2009 kamen die ersten fünf Färsen und ein Bulle auf den Hof, für die 28 Hektar Grünland und alte Stallungen bereit standen.
Urkundlich nachgewiesen ist das Gut seit 1466, das über Jahrhunderte ein Rittergut war. Ab 1922 entwickelten Nonnen des katholischen Ordens „Schwestern von der heiligen Elisabeth“ das Gut zu einem Landwirtschaftsbetrieb, was im Jahr 2003 sein Ende fand. Jedenaks sanierten aufwendig und fachgerecht in Schritten die Ställe samt Hofstelle.
Aktuell zählt die Aberdeen-Angus-Herde 29 Mutterkühe samt Nachzucht (27 Kälber), 15 männliche Aufzucht-/Masttiere, vier weibliche Rinder zur Nachzucht und zwei Zuchtbullen. Ein Jungbulle stammt von Elgin, der aktuellen Nummer 1 der deutschen Angusbullen-Liste ab; ein Precision-Sohn – ebenso kein unbekannter Vererber – komplettiert die Herde.
120 Hektar werden mittlerweile bewirtschaftet, davon 70 Hektar Ackerland. Seit 2012 wirtschaftet das Klostergut nach ökologischen Kriterien des Bioland-Verbandes.
In einem im Gutshaus schlicht und geschmackvoll eingerichteten Verkaufsraum wird zweimal in der Woche Angus-Fleisch in Zehn-Kilo-Mischpaketen und als Hackfleisch, Rinderbratwurst und Rib Eye Steak abgegeben. Wenn vorrätig, gibt es auch Bio-Mehl vom eigenen Weizen. Um den Betrieb derart zu bewirtschaften, braucht es die Kraft von zwei Familienmitgliedern, einem Vollzeitmitarbeiter und fünf Minijobbern.
Dass der Betrieb vor zwei Jahren den Thüringer Tierschutzpreis in der Kategorie Landwirtschaft erhielt, sei eine große Ehre gewesen, sagt Christina Jedenak: „Besonders stolz sind wir, weil uns unser Zuchtverband, die Qnetics GmbH, auf Initiative unseres seinerzeitigen Herdbuchbetreuers und das Thüringer Landesamt für Landwirtschaft dafür vorgeschlagen hatten.“
In der Begründung zur Preisverleihung hieß es unter anderem: „2012 wurde unter Einbeziehung der Altbausubstanz ein Außenklimastall mit offener Ostseite, Laufhof mit Tiefstreuliegeflächen und Abkalbebuchten mit Kälberschlupf errichtet.
Den Tieren im Klostergut Burgwalde werden damit auch im Winter viel Platz und Bewegungsmöglichkeit mit Außenklima geboten. Um mehr Sauberkeit im unmittelbaren Tierbereich zu gewährleisten und auch um die Gülle zur gezielten Düngung im Ackerbau verwenden zu können, wurde im überdachten Außenfressbereich direkt am Fressplatz Spaltenboden verlegt.“ Zweimal im Jahr wird entmistet: einmal im Winter und dann „nach dem Weideauftrieb, wenn Zeit ist. Da hat das aber keine Priorität“, sagt Christina Jedenak.
So war es auch in den letzten Tagen: da hatte das Hacken von Weizen und Sonnenblumen absoluten Vorrang. Lupinen mussten noch gedrillt werden, weil der erstmalige Versuch, Ackerbohnen im Herbst zu drillen, aufgrund der Februar-Fröste schiefging. Einen großen Vorteil bietet hier wie bei allen Feld-, Grünland- oder Erntearbeiten, dass man komplett mechanisiert und damit unabhängig ist, um schnell reagieren bzw. die optimalen Termine erwischen zu können.
Auf ihren Buntsandsteinböden etablierten Jedenaks eine für den Ökolandbau klassische Fruchtfolge: zweijähriges Kleegras, Winterweizen, Wintertriticale, Winterroggen, Hafer, Ackerbohnen, Erbsen im Gemenge mit Sommergerste – und seit drei Jahren Sonnenblumen. Zwischenfrüchte sind etwa Phazelia, Wicken und Buchweizen.
Das Kleegras liefert, anders als in den meist viehlosen Ökobetrieben Thüringens, Futter, das wie die Grassliage in Ballen konserviert wird. „Neben der Stickstofflieferung ist das Kleegras darüber hinaus für die Feldhygiene ein Gewinn“, so Christina Jedenak.
Für die Mast der Bullen, die den Hof mit 20–24 Monaten zum nahegelegenen Schlachtbetrieb in Witzenhausen verlassen, wird ganzjährig vor allem Triticale eingesetzt (1 kg/Tag/Tier), das man mit einer eigenen Hammermühle schrotet. Heu und Stroh gehören in die Ration aller Tiere, die gewöhnlich von November bis April im Stall stehen.
Die Abkalbung im Klostergut Burgwalde erfolgt zwischen Dezember und März. In der Weidesaison gibt es bis zu vier Herden, wobei die Bullenkälber nach dem Absetzen im Herbst eine Gruppe bilden. Die hervorragende Arrondierung der Weiden erlaubt es, dass mit einer Ausnahme zu allen Flächen selbst verlegte, oberirdische Wasserleitungen zu Tränken führen.
Die Zukunftspläne für das Klostergut wollte Christina Jedenak ihren Züchterkollegen nicht vorenthalten – gleichwohl es beschwerlich ist und man längst schon weiter sein wollte.
Begonnen wurde mit dem Bau einer neuen Hofstelle, deren Herz ein Stall für rund 60 Mutterkühe ist. Am Prinzip des Außenfuttertisches, der für die Rinder über eine Laufhoffläche zu erreichen ist, wird festgehalten. Das um 30 Centimeter tiefergelegte Stallfundament erlaubt für die Tiefstreu eine Mistmatratze von bis zu 80 Zentimeter.
Es gibt Platz für sieben Selektionsboxen, davon eine als Wartebox für das Schlachten. Denn neben einer automatischen Stroheinstreuanlage, Lager für das Futter und einer Maschinenhalle entsteht eine Schlachtstätte. Bisher nicht vorhanden, für erfolgreiche Ökobetriebe aber unerlässlich, ist der Bau eines Getreidelagers samt Aufbereitung, was dem Klostergut bislang fehlt.
Wie die Vermarktung des Fleisches konkret erfolgen soll, behält die Familie noch für sich. Neben den drei bis vier Schlachtrindern pro Jahr, die Jedenaks heute selbst vermarkten, gibt es bereits eine Kooperation mit einem Metzgermeister am Hohen Meißner bei Witzenhausen, der Fleisch unter anderem in hochwertige Convenience veredelt.
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Wer sich vor der Europa-Wahl über die Partei-Programme informieren will, kann den Wahl-O-Mat nutzen. Der Agrar-O-Mat gibt Auskunft zu den Themen der Landwirtschaft bei der EU-Wahl.
Mit dem Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung können sich Wählerinnen und Wähler anhand von 38 Thesen auf spielerische Art über die Wahlprogramme der politischen Parteien informieren. Im Vorfeld der EU-Wahl am 9. Juni 2024 ist das Online-Portal aktualisiert worden.
In den Fragen geht es um Steuern in der EU, die Zulassung von Verbrennungsmotoren oder darum, ob die EU künftig vorrangig ökologische Landwirtschaft fördern soll oder ob die Jagd auf Wölfe erlaubt werden sollte. Aber auch die Frage, ob die Ukraine in die EU aufgenommen werden sollte, kann beantwortet werden.
Zur Auswahl stehen drei Antwortmöglichkeiten: “Stimme zu”; “Neutral” und “Stimme nicht zu”. Am Ende können die Themen, die dem Nutzer wichtig sind, noch doppelt gewichtet werden.
Die eigenen Antworten werden dann elektronisch mit den Positionen der zur Wahl stehenden Parteien abgeglichen. Die Positionen und Begründungen der Parteien zu den Thesen stammen dabei ausschließlich von den Parteien selbst.
Diese sind das Ergebnis eines Redaktionsprozesses mit rund 30 Beteiligten – Expertinnen und Experten aus Politikwissenschaft und politischer Bildung sowie jungen Wählerinnen und Wählern, heißt es von der Bundeszentrale für politische Bildung.
Spannend wird es, wenn im Test am Ende alle Parteien und Bündnisse zugelassen werden, die zur Wahl stehen. Dann sollten sich die Nutzer nicht wundern, wenn sie möglicherweise die höchste Übereinstimmung mit den „Piraten erzielen oder bei “Volt” landen.
Wer seine eigenen Antworten nur mit den Positionen der etablierten Parteien vergleichen will, kann zuvor andere Bündnisse abwählen. Das Ergebnis ist keine Wahl-Empfehlung, sondern soll Entscheidungshilfe sein.
Seit 2002 ist der Wahl-O-Mat im Einsatz, insbesondere um junge Wählerinnen und Wähler zu informieren und zu mobilisieren. Inzwischen hat er sich als feste Größe für politische Information im Vorfeld von Wahlen etabliert.
So wurde der Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2021 über 21 Millionen Mal gespielt und zur letzten Europawahl 2019 knapp 10 Millionen Mal, teilt die Bundeszentrale für politische Bildung mit. Insgesamt wurde er seit 2002 vor Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen über 115 Millionen Mal genutzt.
Die Nutzer des Wahl-O-Mat 2024 können ihre eigenen Positionen zudem nicht allein mit denen der deutschen Parteien, sondern auch mit denen aller Parteien in den übrigen EU-Mitgliedstaaten vergleichen. Das Netzwerk VoteMatch Europe macht diesen Vergleich ausgehend vom nationalen Ergebnis mit einem weiteren Klick möglich.
Landwirtinnen und Landwirte, die sich insbesondere für Themen aus dem Agrarsektor interessieren, denen sei der „Agrar-O-Mat“ des Online-Portals www.agrarheute.de empfohlen.
Der Nutzer kann einfach herausfinden, welche Partei seine agrarpolitischen Positionen im Hinblick auf die Europawahl 2024 am ehesten vertritt. Acht Parteien und Bündnisse haben dazu 24 Thesen zu Fragen der Agrarpolitik bewertet. Auch dieses Portal sieht sich als Informationsangebot und nicht als Wahlempfehlung.
Der Wahl-O-Mat ist online unter www.wahl-o-mat.de abrufbar und auch als App für Android und iOS verfügbar.
Den Agrar-O-Mat finden Sie unter www.agrarheute.com/agrar-o-mat
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Die Rapsbestände der Agrargenossenschaft Teichel eG erholen sich gut von den Frost-Schäden im Frühjahr. Wie haben sich Sommer- und Wintergerste entwickelt? Beim Praxispartner in Thüringen geht es auch in den Mutterkuh-Stall und wir erfahren, was es Neues gibt – wie z.B. die Rindsbratwurst.
Von Frank Hartmann
Fast 300 Millimeter Niederschlag seit Januar, zuletzt am 21. und 22. Mai 42,6 Millimeter, einige frostige Nächte im Januar und Ende April, bei insgesamt sehr milden Temperaturen sowie zumeist termingerechtes Arbeiten haben ihre Wirkung nicht verfehlt – so bilanziert Ackerbauvorstand Eric Engelmann den Entwicklungsstand der Kulturen, einschließlich des Ackerfutters.
Staunen könne er wieder einmal über den Raps, gerade im Bereich Neckeroda, der, nachdem er deutliche Frost-Schäden zeigte, sich wieder berappelt hat. „Das ist natürlich nur der optische Eindruck, der, wie die Erfahrung lehrt, stets auch täuschen kann.“ Auf diesen Rapsschlägen zeige sich sehr gut, dass jene Rapspflanzen, deren Herzblatt nicht abgefroren war, bereits abgeblüht und deutlich kräftiger sind.
Die im März gedrillte Sommergerste schiebt das Fahnenblatt. Sie steht dicht und wirkt vital. Der Sommergerste in Herbstaussaat, die zum Glück nicht auswinterte, sind die Spuren des Frostes anzusehen. Sie beginnt mit der Blüte – der Bestand ist allerdings dünner als erwartet. Zwei Schläge mit Herbst- und Frühjahrsaussaat im Bereich Haufeld liegen direkt nebeneinander: „Das wird einen interessanten Vergleich bei Erträgen und Qualitäten geben“, so Engelmann.
Der Mais ist sehr gut aufgelaufen. „Jetzt wird es aber Zeit für die Unkrautbehandlung. Auf einigen Teilschlägen ist der Unkrautdruck sehr hoch.“ Massiv ausgebreitet hat sich der Ackerfuchsschwanz im Bereich Haufeld, wo er mit dem Weizen konkurriert. „Von null hat er sich hier innerhalb von zwei Jahren fest etabliert.“
„Im Herbst ist es uns nicht gelungen, überall spät den Weizen zu drillen. Auch fiel die effektive Herbizidbehandlung im Herbst ins Wasser.“ Ideal sind Niederschlag und Temperaturen für die Wintergerste, die vor der Kornfüllung steht. Der Grannenweizen beginnt mit dem Ährenschieben. 20 Hektar Sonnenblumen und fünf Hektar Hirse als Biogas-Substrat sind im Boden.
Etabliert haben sich auf den selbstbegrünten Stilllegungsflächen, auf denen im Herbst etwa Mais geerntet wurde, all jene Beikräuter, die im Ackerbau nicht erwünscht sind. Die sehen schon wild und bunt aus.
Das Leguminosen-Gemenge auf anderen GLÖZ-8-Flächen ist gut aufgelaufen und wird, davon ist Engelmann überzeugt, in der Blüte ein attraktives Bild abgeben. In einer Mischungs-Partie fand sich auch Senf, der jetzt auf einem Schlag unübersehbar blüht.
Begonnen wurde mit dem zweiten Schnitt vom Ackergras, dem die Luzerne folgen wird. Überwachsen hingegen ist das Grünland: Für einen zeitigen ersten Schnitt war es zu nass. Ackerfutter genoss Priorität. Ein Grassilagesilo aus dem Vorjahr ist noch vorhanden; Ackerfutter und Mais wurden ausreichend als Grundfutter etabliert. Auf 240 Hektar wird man, so der Wettergott es zulässt, jetzt Heu machen, das sowohl für die eigenen Milchkuhkälber und die Mutterkühe bestimmt ist als auch für den Verkauf.
Dass ein nicht ganz kleiner Teil der Mutterkühe noch im Stall steht und „durchgefüttert“ werden muss, sei eine ungewohnte Situation, sagt Vorstand Dr. Stefan Blöttner. Einer der Bullen, der 2023 noch seine Erwartungen erfüllte, hat in diesem Jahr nicht gedeckt. Ein zweiter hatte kurz vor der Decksaison nicht nur sich, sondern später bei einer Behandlung auch Herdenmanager Jens Schmidt verletzt.
„Wir setzten jetzt die beiden anderen Jungbullen ein, überprüfen die Trächtigkeit und treiben bei Erfolg die Kühe nach und nach auf. Weil nicht alle Tiere draußen sind, überwachsen Teile der großzügigen Weideflächen“, berichtet Blöttner, der nach einem zusätzlichen Krankheitsfall in der Mutterkuh GmbH zwei Leute aus dem Ackerbauteam abstellen musste.
Blöttner und Engelmann bereiten parallel die Generalversammlung der Genossenschaft in der ersten Juniwoche vor. Hier will man den Mitgliedern die mittelfristige Strategie für das Unternehmen vorstellen. Und das vor dem Hintergrund eines guten Jahresergebnisses 2023.
Zu den Berichten des Vorstands wird auch zählen, welche (Ersatz-)Investitionen in Kürze anstehen, was Geräte zur Bodenbearbeitung und Anhänger einschließt, ebenso wie Traktoren und Fütterungstechnik. Eingeholt beziehungsweise geprüft werden zudem Angebote für ein neues BHKW, das im Herbst fällig ist. Konkret wird es bei der Melktechnik, wofür man plant, sich Lösungen in anderen Betrieben anzuschauen.
An ihrem Standort in Haufeld begrüßt die Agrargenossenschaft in absehbarer Zeit einen neuen Mieter. „Die Freiwillige Feuerwehr braucht ein größeres Gerätehaus. Wir haben Platz und räumen dafür ein großes Metalllager mit zum Teil historischen Schätzen“, so Blöttner ironisch.
Neues gibt es aus der Direktvermarktung. Pünktlich zur Grillsaison gibt es erstmals eine Rindsbratwurst, gewürzt auf Basis der Thüringer Rostbratwurst. Die könnte – urteilt der Autor nach Erwerb, Zubereitung und Verkostung – ein neuer Renner werden.
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Die DLG Feldtage 2024 sind ein Pflichttermin für alle, die sich für den Pflanzenbau interessieren. Vom 11. bis 13. Juni 2024 können die Besucher die Feldtage in Nordrhein-Westfalen erleben. Die wichtigsten Informationen finden Sie hier.
Die Freiland-Ausstellung mit über 340 Ausstellern aus 17 Ländern erstreckt sich über 55 Hektar. Die DLG-Feldtage 2024 sind die größte Pflanzenbau-Veranstaltung Europas.
Mitveranstalter der Feldtage sind neben der DLG das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main AG (RWZ) in Köln sowie die Raiffeisen Waren GmbH, Kassel.
Die bewirtschaftete Fläche auf dem Gut Brockhof der Betriebsleiterfamilie Tägder umfasst insgesamt rund 300 Hektar mit Kartoffeln, Zuckerrüben, Winterweizen, Gerste, Silomais und Durchwachsene Silphie. Ergänzt wird der Ackerbau durch die Hähnchenmast und eine Biogasanlage.
Neue Denkweisen und Herangehensweisen im Pflanzenbau sind gefragt. Es geht darum, innovative Lösungen zu finden und die Zukunft des Anbaus aktiv zu gestalten. „Out of the box“ steht auch für praktische und sofort einsatzbereite Technik.
Über 340 Aussteller aus 17 Ländern.
Täglich von 10-16 Uhr: Neu sind Treffpunkte im Freigelände und in den Versuchsfeldern, an denen sich Fachleuten treffen und austauschen. Insgesamt 42 Fachgespräche – davon die Hälfte aus dem Bereich Ökolandbau.
Themen sind u.a.: „Öl- und Proteinpflanzen“, „Wetterrisiken erfolgreich managen“, „Resiliente Agrarsysteme“, „Ökolandbau“, „PV auf dem Acker“ und „Traktion und Bodenschutz“. Vertiefenden Gespräche können an den Ständen der Aussteller geführt werden.
Ab 18 Uhr: Essen, Getränke und Musik auf der DLG-Plaza.
Eintrittspreis 10 Euro (inkl. 2 Getränkegutscheine), Karten erhältlich auf der DLG-Webseite
Ab 10 Uhr: Auf dem DLG Plaza finden 3 Diskussionsrunden rund um die aktuellen Themen und Trends statt.
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Bundeskanzler Scholz will den Mindestlohn auf 15 Euro erhöhen. Der Deutsche Bauernverband und die ostdeutschen Arbeitgeber positionieren sich gegen die Steigerung. Welche Auswirkungen und Risiken hat die Erhöhung auf die Landwirtschaft und die Verbraucher?, das kommentiert Claudia Duda.
Von Claudia Duda
Fairer Lohn für gute Arbeit – mit diesem Slogan wurde im Jahr 2015 bundesweit der Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt. Dem war eine lange Kosten-Nutzen-Debatte vorausgegangen. Der Kampf gegen Lohn-Armut und Schwarzarbeit sowie die steigende Produktivität verbunden mit einer positiven Motivation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sprachen für den Mindestlohn, während die steigenden Preise, der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen, die Einschränkung der Tarifautonomie sowie der hohe bürokratische Aufwand dagegensprachen. An den Argumenten hat sich bis heute nicht so viel geändert – es sind noch einige dazugekommen.
Erst zum 1. Januar 2024 ist der Mindestlohn in Deutschland auf 12,41 Euro gestiegen. Damit liegen wir in der Europäischen Union an vierter Stelle – hinter Luxemburg (14,86 Euro), den Niederlanden (13,27 Euro) und Irland (12,70 Euro). Die Schlusslichter sind Ungarn (4,02 Euro), Rumänien (3,99 Euro) und Bulgarien (2,85 Euro). Jetzt macht sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für einen schrittweise steigenden Mindestlohn auf 15 Euro ab 2025 stark.
Von der Politik wird der Mindestlohn als Erfolgsgeschichte gefeiert. Und gerade jetzt im Wahlkampf vor der EU-Wahl am 9. Juni erhoffen sich insbesondere die Sozialdemokraten Zustimmung ihrer Klientel.
Der Protest gegen eine Mindestlohn-Erhöhung scheint wie ein Reflex zu sein – aber: Für die Agrarbranche ist er existenziell. Entsprechend groß sind Unverständnis und Empörung. Nach dem Deutschen Bauernverband und anderen Interessenverbänden haben sich nun auch die ostdeutschen Arbeitgeber ganz klar gegen die Steigerung positioniert. Sie alle befürchten insbesondere im Obst-, Gemüse- und Weinbau eine Abwanderung der Produktion ins Ausland.
Denn für die landwirtschaftlichen Betriebe hat die politische Entscheidung neben den reinen Mehrkosten noch eine weitere Dimension: Gerade hier kommen die meisten Saisonarbeitskräfte aus Osteuropa. Viele von ihnen setzen sich ein Einkommensziel. Bei einem höheren Mindestlohn ist das natürlich viel schneller erreicht.
Die Arbeitgeber befürchten, dass die Saisonkräfte frühzeitig zurückreisen, um wieder bei ihren Familien und in der Heimat zu sein. Um das zu vermeiden, zahlen schon jetzt zum Beispiel einige Spargelbauern sogenannte Durchhalte-Prämien, um die Erntehelfer bei Laune zu halten.
Aber auch für die Verbraucher hätte eine weitere Erhöhung des Mindestlohnes Konsequenzen. Schon jetzt liegt der Preis beispielsweise für heimische Erdbeeren an Ständen und auf Wochenmärkten bei bis zu 6 Euro pro Pfund. Im Supermarkt sind sie mit 4 Euro pro Pfund günstiger. Doch unschlagbar ist der Preis für spanische Erdbeeren, die es beim Discounter für etwa 2,50 Euro pro Pfund gibt.
Im Vergleich wundert es also nicht, dass deutsche Erdbeeren den Wettbewerb nur verlieren können. Und kaum ein Verbraucher bedenkt dabei den ökologischen Fußabdruck. In Spanien müssen für die Bewässerung der Erdbeeren tiefe Brunnen gegraben werden, was den Grundwasserspiegel erheblich sinken lässt. Dazu kommen die Transportwege.
Deutschen Landwirtinnen und Landwirten ist das bewusst. Der Hauptgrund für den Preisunterschied liegt im spanischen Mindestlohn, der bei 6,87 Euro liegt. Wenn die Politik also eine regionale, ökologisch sinnvolle und nachhaltige Produktion unterstützen will, sollte sie ihre Ziele und die praktische Umsetzung genau abwägen.
Kommentar aus der Ausgabe 22/2024
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Die von der SPD angestrebten 15 Euro Mindestlohn würden vor allem den Obst- und Gemüsebau enorm belasten. Die Arbeitgeber in Ostdeutschland befürchten weitere Abwanderung.
Von Ralf Stephan
Empörung und Unverständnis hat die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, einen Mindestlohn von 15 Euro je Stunde durchsetzen zu wollen, bei den land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbänden der ostdeutschen Bundesländer ausgelöst. In einer gemeinsamen Stellungnahme weisen die Verbände darauf hin, dass sich arbeitsintensive Tätigkeiten, vor allem im Obst- und Gemüsebau, erneut verteuern würden.
Dadurch sei eine weitere, die Existenz von einheimischen Betrieben gefährdende Abwanderung dieser Produktionszweige ins Ausland zu erwarten. Zudem dränge die erneute Einmischung der Politik die Tarifautonomie zurück, erklärte der Vorsitzende des Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbandes Sachsen-Anhalt, Albrecht von Bodenhausen, im Namen der fünf Verbände. Dies sei nur mit Wahlkampftaktik zu erklären.
Die ostdeutschen Arbeitgeber erinnern daran, dass sich die Politik nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes in der Bundesrepublik auf die Mindestlohnkommission verständigt hatte. Diese ständige unabhängige Kommission, in der die Sozialpartner mit je drei stimmberechtigten Mitgliedern vertreten sind, war in der Vergangenheit für die Festsetzung des gesetzlichen Mindestlohnes zuständig.
Obwohl zum 1. Oktober 2022 der Mindestlohn ohne die Beteiligung der Mindestlohnkommission per Gesetz auf 12 Euro angehoben worden war, setzte das Expertengremium seine Arbeit fort und legte den gesetzlichen Mindestlohn für 2024 auf 12,41 Euro und für 2025 auf 12,82 Euro fest. An diesem Prinzip zu rütteln, sehen die Arbeitgeberverbände keinerlei Veranlassung.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich Mitte Mai in einem Interview dafür ausgesprochen, den Mindestlohn zunächst auf 14 Euro und in einem zweiten Schritt auf 15 Euro zu erhöhen. Dass die letzte Erhöhung durch die Mindestlohnkommission ohne Zustimmung der Arbeitnehmerseite erfolgte, hatte Scholz einen „Tabubruch“ genannt.
SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil erhöhte nach Scholz‘ Ankündigung den Druck auf die Kommission: Er könne sich eine Reform des Gremiums vorstellen, wenn es im nächsten Jahr nicht zu einer einvernehmlichen Erhöhung in angemessener Höhe kommen sollte. „Alles ist möglich“, sagte Klingbeil in einem dpa-Interview.
Sowohl die FDP als auch die Unionsparteien lehnen den SPD-Vorstoß ab. Unterstützung kommt vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das „mindestens 14 Euro“ für angemessen hält.
Die Anhebung von 12,82 Euro auf 15 Euro bedeutet ein Plus von rund 17 Prozent. Auf die Betriebe kämen aber weitere Kostensteigerungen zu. Denn um einen leistungsgerechten Abstand zu sichern, müssten auch die höheren Lohngruppen nachziehen. Diese Spirale der Folgekosten taucht in den gängigen Berechnungen zum Mindestlohn meist nicht auf.
Bei der letzten großen Erhöhung um 1,55 Euro auf 12 Euro im Oktober 2022 ergaben Modellrechnungen für Thüringen je nach Betriebsausrichtung Mehrkosten von 30–155 Euro pro Hektar. Für alle ostdeutschen Betriebe beliefen sich die Mehrbelastungen geschätzt auf mehrere 100 Millionen Euro im Jahr.
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Wie die Ergebnisse der Agrarstrukturerhebung 2023 zeigen, setzt der Nordosten bei zuletzt steigenden Pachtpreisen auf Getreide und Ölfrüchte. Die Zahl der viehhaltenden Betriebe ist in Mecklenburg-Vorpommern erwartungsgemäß zurückgegangen.
Als einer der stärksten Wirtschaftsbereiche im Land zählte die Landwirtschaft im Jahr 2023 4.750 Betriebe, rund 1,35 Mio. Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche – das sind knapp 60 % der gesamten Landesfläche – und 446.700 Großvieheinheiten. Das geht aus den endgültigen Ergebnissen der Agrarstrukturerhebung 2023 hervor, die alle drei Jahre durchgeführt wird.
Dabei weisen die hiesigen Betriebe mit einer Durchschnittsgröße von 283 Hektar im Vergleich zu den anderen Bundesländern und dem Bundesschnitt von 65 Hektar die größte Flächenausstattung auf. Mit 64,1 % lag der Pachtflächenanteil bei 707.900 Hektar.
Die Pacht für landwirtschaftliche Nutzfläche stieg hierzulande in den vergangenen drei Jahren um 5,9 %. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes betrug 2023 der jährliche Pachtpreis in MV im Schnitt 305 €/ha, 2020 lag er noch bei 288 Euro. Dabei mussten im Mittel je Hektar Ackerland 339 Euro (2020: 322 Euro, +5,3 %) und für Dauergrünland 178 Euro (2020: 158 Euro, +12,7 %) gezahlt werden.
Aufgrund der Bodenqualität verzeichneten die höchsten Preise für Ackerland vor allem Regionen mit ertragsfähigen Böden wie der Landkreis Nordwestmecklenburg (410 €/ha).
Dagegen wurden für die Landkreise Vorpommern-Greifswald und Ludwigslust-Parchim mit 279 bzw. 274 Euro die niedrigsten Hektarpreise ermittelt. Für Dauergrünland mussten im Landkreis Rostock 207 Euro entrichtet werden, im Landkreis Vorpommern-Greifswald waren hingegen durchschnittlich 151 €/ha Pacht zu zahlen. Ökologisch wirtschaftende Betriebe, bei denen der Pachtflächenanteil bei 77,1 % lag, zahlten durchschnittlich 234 €/ha Jahrespachtentgelt.
Der überwiegende Teil der Pachtflächen war mit 74,2 % Ackerland, gefolgt von Dauergrünland mit 21 % und sonstiger gepachteter Fläche mit 3,9 %. Letztere sind Flächen, für die es keine klare Trennung zwischen Acker- und Dauergrünland gibt sowie Reb- und Baumobstflächen oder Baumschul- und Gewächshausflächen.
Das deckt sich auch mit der Gesamtstruktur. Denn nach Hauptnutzungs- und Kulturarten war der Anteil des Ackerlandes an der landwirtschaftlich genutzten Fläche mit 79,8 % überdurchschnittlich hoch, der Grünlandanteil dagegen mit 20 % vergleichsweise niedrig – im Vergleich Deutschland: 70,4 % und 28,4 %. Der Anteil von Dauerkulturen wie Obstanlagen, Rebland und Baumschulen war mit 0,2 % der bundesweit zweitniedrigste Wert. So wurden hierzulande voriges Jahr vor allem Getreide und Ölfrüchte angebaut.
Sie nahmen zusammen 70,1 % der Ackerfläche ein. Während der Getreideanteil mit 50,5 % leicht unterdurchschnittlich war (Deutschland: 52 %), nahm das Land bei Raps mit 19,1 % die Spitzenposition in der Bundesrepublik (10,1 %) ein. Hackfrüchte fanden sich auf 4,3 % des Ackerlandes (Deutschland: 5,7 %). Gemüse und Erdbeeren spielten wie beim Bundesschnitt von 1,1 % mit einem Flächenanteil von zusammen lediglich 0,3 % eine untergeordnete Rolle. Pflanzen zur Grünernte, das sind Futterpflanzen einschließlich Pflanzen zur Energiegewinnung, standen auf 16,2 % des Ackerlandes (Deutschland: 23,6 %)
Neben Pflanzenproduktion betreiben hierzulande auch noch 2.700 Betriebe, das sind knapp 60 %, Tierhaltung. Damit sank die Zahl der viehhaltenden Betriebe seit 2020 um 10,5 %. Den größten Anteil machen mit 62,2 % 1.680 Betriebe mit Rinderhaltung aus, wobei die Zahl der rinderhaltenden Betriebe um 9,6 % sank.
Die Zahl der milchkuhhaltenden Betriebe verzeichnet sogar einen Rückgang um 13,3 % auf nunmehr 470 Betriebe mit 151.300 Milchkühen. Dabei zeigt sich ein deutlicher Strukturwandel zu weniger, jedoch größeren Betrieben: Wurden vor drei Jahren noch durchschnittlich 302 Milchkühe/Betrieb gehalten, waren es 2023 323 Milchkühe/Betrieb bei einem Bundesschnitt von 81 Milchkühe/Betrieb.
Zudem hielten rund 300 Betriebe 569.700 Schweine. Im Jahr 2020 waren es noch 329 mit 762.636 Tieren. Innerhalb von drei Jahren reduzierte sich die Zahl der Betriebe somit um 7,3 %, wobei der Tierbestand um 25,3 % sank.
Die durchschnittliche Zahl der Tiere pro Betrieb sank von 2.318 auf 1.868 um knapp 20 % – zum Vergleich: bundesweit waren es 811 Schweine/Betrieb.
Auch die Schafhaltung reduzierte sich seit der letzten Erhebung. Während die Anzahl der Betriebe mit 510 stabil blieb, sank die Zahl der gehaltenen Schafe um 15 % auf 73.400 Tiere. Im Jahr 2020 hielt ein Betrieb im Mittel 169 Schafe, 2023 waren es nur noch 143 Schafe.
In der gesamten Hühnerhaltung sank in den vergangenen drei Jahren die Betriebsanzahl um 16,5 % von 611 auf 510, wenngleich sich der Bestand an Hühnern um 8,4 % auf 9,16 Millionen Tiere positiv entwickelte. Die Anzahl der Haltungsplätze stieg um 16,2 % auf 12 Millionen Plätze an.
Die Zahl der Legehennenbetriebe ging im gleichen Zeitraum um 18,2 % auf 430 zurück, der Tierbestand sank um 8,1 % auf 3,19 Millionen Tiere. Haltungsplätze für Legehennen reduzierten sich allerdings nur um 1,7 % auf 3,59 Millionen Plätze.
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Ein wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit stellen Hoftage dar. Damit der Tag zum Erfolg wird und eine möglichst nachhaltige Wirkung erzielt, nachfolgend einige Tipps für ein gutes Gelingen.
Von Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Heidelberg
Aufmerksamkeit erzeugen, Kontakte knüpfen, Kompetenz zeigen und Sympathie gewinnen. So könnte man ein erfolgreiches Konzept des Landwirts im Umgang mit unserer modernen Gesellschaft beschreiben. Dies lässt sich am besten mit einem gut organisierten „Tag der offenen Tür“ realisieren.
Um das in die Tat umzusetzen, muss die Organisation stimmen. Ein ordentliches Konzept muss her, genauso wie eine Antwort auf die Frage: „Welches Bild möchte ich eigentlich vermitteln?“
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Ziel ist, die Übersensibilisierung mancher Konsumenten gegenüber der landwirtschaftlichen Produktion auf ein Normalmaß zu bringen, Ängste zu nehmen, Sicherheit zu vermitteln. Ökobetriebe mögen es da leichter haben. Aber auch der konventionelle Betrieb findet Argumente. Mit einer optimistischen Einstellung und dem Idealismus, der in der Landwirtschaft nötig ist, wird einfacher ein nachhaltig guter Eindruck geschaffen.
Die beste Zeit für einen Hoftag liegt zwischen Mai und Oktober. Dabei sollte dieser eine Tag nicht mit einer regionalen Veranstaltung zusammenfallen. Öffentliche Veranstaltungen oder Straßenfeste sind weitere, ungünstige Termine. Besser ist das Wochenende zum Erntedank oder ein Wochenende im Mai oder Juni, aber nicht in den Schulferien.
Ein Anlass kann die Übergabe des Betriebes an den Junior oder ein größerer Umbau sein. Davon sollte aber das Event nicht abhängen. Landwirte, die ein erfolgreiches Marketing betreiben, planen jedes zweite oder dritte Jahr einen Tag der offenen Tür mit der Bezeichnung „Hoffest“. Geben Sie dem Hoftag einen unverwechselbaren Namen, eine Bezeichnung, die typisch ist für Ihren Betrieb.
Einen Tag der offenen Tür durchzuführen, ist aufwendig und teuer. Deshalb sollte sich der Landwirt Partner suchen, die sich beteiligen. Das kann der Metzger sein, der die Bratwürstchen verkauft, der landtechnische Fachbetrieb oder ein Handwerksbetrieb aus dem Dorf. Ein passender Partner kann auch ein regional bekannter Weinhändler sein, der sich präsentieren möchte. Die Anzahl der Partner sollte aber auf maximal fünf Firmen begrenzt sein, damit die Hoftagsbesucher nicht abgelenkt werden.
Wichtig an diesem Tag ist die Verköstigung der Besucher. Eine Getränkefirma versorgt meist auch mit Stühlen und Tischen. Eine lockere Stimmung schafft man, indem zeitweise eine Live-Band spielt oder Auftritte zum Beispiel von der Landjugendtanzgruppe folgen. Je interessanter das Begleitprogramm für die Veranstaltung ist, desto mehr Besucher erreicht man.
Viel hängt jedoch vom Wetter ab, auf das man leider keinen Einfluss hat. Es ist immer ein Risiko, spielt es mit, genügen große Sonnenschirme. Auf der sicheren Seite ist man aber, wenn man ein Zelt mietet. Bei sehr warmer Witterung werden einfach die Seiten für eine bessere Belüftung geöffnet.
Wenn sich der Landwirt der Diskussion stellt und seinen Betrieb präsentiert, erwartet niemand eine rhetorische Meisterleistung. Lampenfieber gehört schlichtweg dazu. Die Rede sollte jedoch auf 20 Minuten begrenzt sein. Die örtliche Presse sollte unbedingt zu diesem Event eingeladen werden. Wer einen guten Kontakt zu ihr hat, wird möglicherweise schon vor dem Termin eine Kurzreportage über seine Veranstaltung bekommen.
Sympathisches und kompetentes Auftreten sowie die positive Ausstrahlung beeindrucken die Öffentlichkeit. Es gibt Landwirte, die haben ein Talent dafür und können mit Sympathie die Herzen der Öffentlichkeit gewinnen. Kontaktstärke, positive Ausstrahlung und der Blick über den eigenen Tellerrand hinaus machen aus eine Person eine Persönlichkeit. Dazu gehört auch Authentizität – das vermittelt Glaubwürdigkeit.
Bezüglich der Einladung der Ehrengäste zum Hoffest sollte man zwischen 3 Besuchergruppen unterscheiden:
Der Landwirt lädt alle schriftlich ein und bittet um Rückantwort zu einem festgelegten Zeitpunkt. Wenn es an Zusagen mangelt, liegt es häufig am Programm des Events. Ein interessantes Programm weckt mehr Interesse, die Eingeladenen nehmen sich dann auch die Zeit für den Besuch. Die Einladungen sollten mindestens vier Wochen vor dem Termin versandt werden. Denn viele haben einen ebenso vollen Terminkalender wie man selbst. Bei den VIP (besonders wichtige Gäste) lädt man auch die Ehepartner mit ein.
Zwei Wochen vor der Veranstaltung wird eine Presse-Notiz versendet und der fernbleibenden Redaktion hinterher ein Kurzbericht zur Veröffentlichung gemailt. Zwei Inserate in der Tageszeitung sollten genügen. Zusätzlich ist eine redaktionelle Terminnotiz gut.
Die 20 wichtigsten Personen werden auch telefonisch oder per Mail eingeladen. Nicht zu vergessen sind Politiker und Verbandsvertreter. Die Eingeladenen wollen über das Programm informiert werden. Auf den Hinweis „Anmeldung erforderlich“, sollte man verzichten, denn dies ist vielen Besuchern zu verbindlich.
Auf einem Flyer beziehungsweise auf dem Hoffest-Plakat sollten folgende Informationen enthalten sein: