Case-Traktoren: Gute Sicht und kein Lärm in der Kabine

Premiere im sächsischen Freiberg: Bei einem Feldtag des Händlers Titan Machinery hat der Landtechnikhersteller Case IH der Öffentlichkeit zum allerersten Mal das neue Flaggschiff der Optum-Reihe vorgestellt.

Von Karsten Bär

Mit dem neuen Optum 340 CVXDrive mit AFS Connect erweitert Case IH diese Baureihe leistungsstarker und zugleich leichter Traktoren. Er eignet sich für ein breites Aufgabenspektrum an Zug- und Zapfwellenarbeiten, von der Bodenbearbeitung und Aussaat bis hin zu Pflege- und Transportarbeiten. In Freiberg konnten sich die rund 150 geladenen Besucher des Feldtages ein erstes Bild von dem Mehrzwecktraktor machen, dessen Hersteller unter anderem auf die verbesserte Leistung und Effizienz sowie die hohe Vielseitigkeit verweist.

Er liefere eine Leistung von bis zu 340 PS, die dank eines automatisierten Produktivitätsmanagements bedarfsgerecht bereitgestellt werde. Die bewährte Hi-eSCR2-Technolgie reduziere hocheffizient die Emissionen, beschreibt Case IH wesentliche Merkmale. Zugleich biete der Optum 340 CVXDrive ein Höchstmaß an Bedien- und Fahrkomfort, was der in Anbetracht steigender Nachfrage nach Fachkräften wichtiger werdenden Mitarbeiterzufriedenheit zuträglich sein dürfte.

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Case IH mit Fernüberwachung

Die geräumige Kabine erlaube hervorragende Rundumsicht und sei mit nur 66 dB (A) eine der leisesten am Markt. Optional ist eine semiaktive Kabinenfederung erhältlich. Das Telematiksystem AFS Connect ermöglicht die Nutzung von Konnektivitätsdiensten sowie Fernüberwachung. Angeschaut und bei Probefahrten getestet werden konnte in Freiberg auch der neue Puma AFS Connect 260.

Im Rahmen der umfangreichsten Modellpflege seit Einführung der Puma-Traktoren vor 15 Jahren hat Case IH eine komplett überarbeitete Baureihe der Puma AFS Connect Traktoren mit langem Radstand CVXDrive 185–260 und Multicontroller 185– 220 vorgestellt.

Das Herzstück des Optum 340 CVXDrive ist ein 6,7-l-V-Motor mit sechs Zylindern. Der Traktor ist nicht schwerer als der kleine Bruder Optum 300 CVXDrive, bietet aber 27 PS oder 9 % mehr Leistung. (c) Karsten Bär
Die neue Multicontroller-Armlehne wurde bewusst ergonomische gestaltet. Mit ihr hat der Fahrer die am häufigsten genutzten Funktionen an der Hand. Sie können wahlweise über den Touchscreen oder den integrierten Dreh- und Druckknopf bedient werden. (c) Karsten Bär

Höherer Fahrkomfort

Die Traktoren der neuen Puma-Baureihe verfügen ebenfalls über eine geräumigere und leisere Kabine, individuell anpassbare Funktionen, integrierte AFS Connect Telematik, mehr Leistung und eine größere Aufstellfläche. Insbesondere die Kabinenverbesserungen standen im Mittelpunkt des Upgrades. Der Hersteller verweist auf mehr Volumen und damit mehr Kopf- und Beinfreiheit sowie zusätzlichen Stauraum.

Auch beim Puma wurde der Geräuschpegel auf 66 dB reduziert. Die Innenausstattung sei zudem mit der eines Premium-Pkw vergleichbar. Eine vergrößerte Glasfläche verbessert Sicht und Sicherheit. Der Puma hat ebenfalls eine neue Multifunktionsarmlehme mit Touchscreen-Monitor. Eine semiaktive hydraulische Kabinenfederung, die individuell anpassbar ist, erhöht den Komfort.

Die neuen Puma kombinieren einen kompakten Radstand von 2,88 m mit einer Nennleistung von 180–220 PS (Multicontroller-Modelle) und 180–260 PS (CVXDrive-Modelle), die sich durch Power Management-Boost noch erhöhen lassen. Außerdem ist ein neues Telemetrie-Servicepaket erhältlich. Ähnliche Merkmale wie der Puma AFS Connect weist auch der Steyr 6280 CVT Absolut auf. Er ist das Flaggschiff der CVT-Absolut-Baureihe der „Schwestermarke“ von Case IH. Auch er stand in Freiberg für Probefahrten bereit.

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John Deere gewinnt mit dem 7R 350 AutoPowr den Titel Tractor of the Year 2022. (c) Werkbild
Pachtpreisstatistik 2022 für Acker- und Grünland in Sachsen-Anhalt

Die noch vorläufige Pachtpreisstatistik 2022 für Acker- und Grünland liegt beim Agrarministerium vor. Sie kann als Grundlage für die Ableitung ortsüblicher Pachtzinsen herangezogen werden.

Von Detlef Finger

Ackerflächen wurden im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt für einen durchschnittlichen Preis von 449 €/ha bzw. 6,64 € pro Ackerzahl (AZ) neu bzw. weiter verpachtet. Der mittlere Pachtzins bei Neuverpachtungen oder Vertragsverlängerungen für Grünland lag 2022 hierzulande bei 194 €/ha bzw. 4,44 € pro Grünlandzahl (GZ).

Diese Werte gehen aus der noch vorläufigen Pachtpreisstatistik des Jahres 2022 für das Land hervor. Diese liegt mit Stand Juni 2023 beim Agrarministerium in Magdeburg vor. Berücksichtigt sind darin an die Landkreise und kreisfreien Städte gemeldete, auswertbare Pachtverträge im Umfang von insgesamt 31.199 ha, davon 28.919 ha für Acker- und 2.280 ha für Grünland (Tabelle).

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Pachtpreisstatistik 2022: Einzelne weiße Flecken

Aufgrund fehlender oder zu geringer Daten erfolge für zwei Landkreise bzw. eine kreisfreie Stadt keine Datenbereitstellung, heißt es in den Erläuterungen zur Statistik.

Eine noch detailliertere Aufgliederung der Pachtpreise nach der Qualität des Acker- bzw. Grünlandes kann Tabellen im Internet entnommen werden. Daraus geht hervor, dass z.B. der durchschnittliche Pachtzins für Ackerflächen von knapp 100 €/ha für 20er-Böden im Landkreis Wittenberg bis weit über 600 €/ha für Standorte mit Ackerzahlen >80 im Bördekreis reichen kann.

Aus der Pachtpreisstatistik ist ferner ersichtlich, dass der Flächenumfang aller angezeigten Pachtverträge seit 2014 kontinuierlich zurückgegangen ist. Das Pachtpreisniveau für Agrarland ist dagegen im Landesmittel von Jahr zu Jahr gestiegen: Lag der gewichtete Durchschnitt im Jahr 2011 noch bei etwa 250 €/ha LF, waren es 2022 rund 430 €/ha LF, das ist ein Anstieg um 72 %. Pro Bodenpunkt wurden im Vorjahr ca. 6,50 € Jahrespacht fällig.

Regional gibt es teils gegenläufige Entwicklungen. So ist etwa der Pachtzins für Grünland in den Landkreisen Mansfeld-Südharz, Stendal und Saalekreis gegenüber 2021 zurückgegangen, im Harz dagegen deutlich angestiegen. Beim Ackerland gab es leichte Preisrückgänge im Börde- und Saalekreis sowie im Jerichower Land, einen merklichen Anstieg zu 2021 hingegen im Burgenlandkreis sowie im Landkreis Wittenberg.

Pachtpreise in Sachsen-Anhalt

Durch die Differenzierung der Pachtpreise nach Acker- bzw. Grünland sowie der weiteren Gruppierung nach Acker- bzw. Grünlandzahl könne die Pachtpreisstatistik als eine Grundlage für die Ableitung durchschnittlicher „ortsüblicher“ Pachtpreise herangezogen werden, heißt es.

Aufgrund der speziellen örtlichen Pachtmarktsituation, der grundsätzlichen Vertragsfreiheit beim Abschluss von Pachtverträgen, der Besonderheiten der Grundstücke (z.B. Lage, Zuschnitt, spezielle Nutzung) sowie der spezifischen Pächter-Verpächter-Beziehungen könnten die individuell vereinbarten Pachtpreise von den veröffentlichten Durchschnittszahlen allerdings mehr oder weniger stark abweichen.

Tabelle Pachtpreise 2022

Pachtpreisstatistik und Gewichtete Mittelwerte

Bei den in der Statistik ausgewiesenen mittleren Pachtpreisen handele es sich um flächengewichtete Durchschnittswerte. Ein rein arithmetisches Mittel würde die Durchschnittswerte verfälschen, da der Umfang der verpachteten Flächen für die verschiedenen Bodenqualitäten unterschiedlich ist.

Mit der nunmehr vorliegenden vorläufigen Pachtpreisinformation des Landes für das Jahr 2022 werde die Veröffentlichung der Pachtpreise aus den Vorjahren fortgesetzt, so das Ministerium. In diesem Jahr würden erneut Auswertungen zu Durchschnittswerten der Pachtpreise in den Landkreisen und in den kreisfreien Städten sowie auf Landesebene für den Zeitraum 2017–2022 beziehungsweise 2011–2022 veröffentlicht.

Alle Verträge erfasst

Gemäß § 2 des Landpachtverkehrsgesetzes von 1985 und § 1 der Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz aus dem Jahr 1995 besteht eine Anzeigepflicht des Abschlusses oder der Änderung von Pachtverträgen über landwirtschaftliche Betriebe oder Grundstücke ab einem Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (LF). Diese sind binnen eines Monats nach ihrer Vereinbarung bei der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Zuständig sind in Sachsen-Anhalt die Landkreise und kreisfreien Städte. Von diesen werden die wichtigsten Informationen, etwa Anzahl der Pachtfälle, Größe der Pachtflächen und vereinbarte Pachtpreise, aus den im Bezugsjahr (Kalenderjahr) angezeigten Pachtverträgen (Neupachten, Vertragsverlängerungen) erfasst, aufbereitet und einmal jährlich über das Landesverwaltungsamt an das für Landwirtschaft zuständige Ministerium gemeldet.

Hoher Pachtanteil

Neben den Verträgen privater Verpächter flossen in die Statistik für 2022 ebenso die angezeigten Pachtverträge der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG), der Kirchen sowie der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt(LGSA) in die Auswertung mit ein, informierte das Agrarressort. Angesichts des hohen Pachtanteils im Land (2022: rund 72 % der LF) komme der Transparenz auf dem Pachtmarkt eine hohe Bedeutung für Verpächter und Pächter, für die betriebswirtschaftliche Beratung, für Behörden sowie für Gerichte und Sachverständige zu.

Für Sachsen-Anhalt wies das Statistische Landesamt im Vorjahr eine landwirtschaftliche Nutzfläche von insgesamt 1,1548 Mio. ha aus, davon rund 979.500 ha Acker-und 172.700 ha Grünland sowie etwa 2.500 ha Dauerkulturen. Diese Flächen wurden von rund 4.270 landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftet.

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Der Wettbewerb „Kulinarische Sterne“ 2023 ist vorbei und die Preisträger stehen fest. Mit dabei auch ein Biocamembert aus Wiebke. (c) IMAGO / Wavebreak Media Ltd

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Schäden an Biogasanlagen: So Dachschaden vermeiden

Im vergangenen Jahr kam es nach Stürmen und Unwettern vermehrt zu defekten Membrandächern bei Gärbehältern und großen Gasspeichern. Was können Betreiber tun, um solche Probleme künftig zu meiden?

Von Christian Dany, Buchloe

Die rund 9.000 Biogasanlagen Deutschlands verfügen etwa über 20.000 bis 25.000 Gärbehälter. Die weit überwiegende Mehrzahl davon ist mit Kunststoffmembranen zur Gasspeicherung abgedeckt. Im ersten Halbjahr 2022 kam es dort, im Vergleich zu den Vorjahren, gehäuft zu Störfällen, wie das Umweltbundesamt vermeldet.

Bei zwei Dritteln wurde dabei das Biogas freigesetzt. Meisten waren Unwetter mit Sturm- oder Orkanböen die Auslöser, in einigen Fällen aber auch Stromausfälle mit Folgeschäden. Das wirft natürlich Fragen nach der erforderlichen Technik auf, um derartige Schäden künftig zu vermeiden.

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Schäden an Biogasanlagen: Vorgaben und Strandards im Biogassektor

Kai Heinlein, der am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) textile Biogasspeichersysteme erforscht, weist darauf hin, dass es zur statischen Auslegung von Membranabdeckungen verbindliche Vorgaben und Standards als auch einschlägige Planungssoftware gebe, mit denen die Anbieter im Biogassektor auch arbeiten würden.

Defizite sieht Heinlein andere: „Die Stützluftregelung hängt meistens von den Erfahrungen der Betreiber ab.“ Außerdem seien die Behälter oftmals nicht mit ausreichender Messtechnik ausgestattet. Der Betreiber betätige dann zum Beispiel die Tragluft-Abluftklappe „nach Gefühl“.

Die seit 2019 für Biogasanlagen maßgebende Technische Regel zur Anlagensicherheit Nr. 120 (TRAS 120) fordert statische Nachweise für die gesamte Konstruktion von Behältern inklusive Membranen, Befestigungselementen und lastabtragenden Teilen. Sie nennt einschlägige Normen und technische Merkblätter, wie das Merkblatt DWA-M 377, das im März in überarbeiteter Form* erschienen ist. Laut TRAS 120 sind dabei standortspezifische Wind- und Schneelasten gemäß Eurocode anzusetzen.

Stützluftgebläse sorgt für Spannung im Dach

Bei den meisten Biogasanlagen kommen mittlerweile zweischalige tragluftgestützte Membransysteme zum Einsatz – vor allem bei systemdienlicher, flexibler Stromerzeugung. Ein permanent betriebenes Stützluftgebläse sorgt hier dafür, dass die äußere „Wetterschutzmembran“ ständig spannt und somit Wind- und Schneelasten standhält.

Die äußere Membran besteht aus PVC-beschichtetem Polyestergewebe. Während das Gewebe statische Aufgaben übernimmt, ist die Beschichtung für Farbe, Beständigkeit (UV, chemischer Angriff), Dichtheit und elektrische Ableitfähigkeit zuständig. Die innere Membran wird in der Regel aus dem gleichen Material hergestellt. Gasmembranen aus Polyethylen- oder EPDM-Folie können sich durch ihr stärkeres Dehnverhalten an die Außenmembran anlegen und die Tragluftdurchströmung beeinträchtigen.

Weitere Komponenten sind eine Über- und Unterdrucksicherung, ein Füllstandsmesssystem sowie ein Befestigungssystem am Behälterrand und eine Unterkonstruktion. Diese kann als Holzbalken-oder Gurtnetzdecke ausgeführt werden. Sie verhindert, dass die Innenmembran sich auf das Gärsubstrat absenkt und beschädigt wird.

Auf Gärbehälter lassen sich integrierte Gasspeicher bis zur Größe einer Halbkugel aufsetzen. Früher waren die Anforderungen an den Gasspeicher überschaubar: Beim vorherrschenden Volllastbetrieb sollte dieser für Wartungsarbeiten am BHKW einen gewissen Puffer bieten, ansonsten war der Füllstand in der Regel immer konstant.

Im Flexbetrieb steht dagegen einer nach wie vor kontinuierlichen Gasproduktion eine diskontinuierliche, etappenweise Verwertung des Biogases entgegen. Soll zum Beispiel laut Fahrplan nur noch an sechs Stunden täglich Strom erzeugt werden, erhöht sich der Entnahmevolumenstrom in etwa auf das Vierfache! Darauf muss die gesamte Gasstrecke inklusive Gasreinigung, vor allem aber die Kapazität der Stützluftgebläse, angepasst werden.

Biogasanlagen: Klemmschlauchsystem zur Befestigung

Martin Paproth, Sachverständiger für Biogastechnik aus Flensburg, berichtet von mindestens 40 Biogasdächern, die in der „Sturmsaison“ 2021/22 in der Küstenregion beschädigt worden seien. „Bodengestützte Speicher haben weniger Schäden: Hier gehen die Planer mit anderen ingenieurtechnischen Mitteln ran“, sagt er. Paproth kritisiert, dass sich bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen ein eigener, in seinen Augen manchmal unzureichender technischer Standard herausgebildet habe.

Bestes Beispiel dafür ist das Klemmschlauchsystem zur Befestigung der Membranen. Es hat seinen Ursprung in der Befestigung von Siloabdeckplanen und wurde geringfügig an die Erfordernisse von Biogas angepasst. Bei diesem System wird außen am Behälterrand eine U- oder C-Profilschiene verschraubt, in die beide Membranen und ein Schlauch eingelegt werden. Der mit Druckluft gefüllte Schlauch soll für Dichtigkeit sorgen und die Membranen fixieren.

Montage des Klemmschaluchsystems (c) Werkbild

„Das Klemmschlauchsystem ist ein ‚statisch unbestimmtes System‘“, sagt Paproth, „die Haltekraft der Membrane in der Schiene muss größer sein als die Auszugskraft, also die Kräfte aus Gasdruck und Winddruck, wenn keine zusätzlichen Haltevorrichtungen wie Überspanngurte vorgesehen sind. Um die Haltekraft zu berechnen, müssten jedoch der Haftreibungsbeiwert der Membranen und das Dehnungsverhalten bei Innendruckbeaufschlagung des Schlauches in die statische Berechnung einfließen.“ Diese Werte seien jedoch meistens gar nicht bekannt, weshalb bei den Klemmschlauchsystemen dann ein rechnerischer Nachweis fehle.

Welches System verwenden?

Um die statischen Verhältnisse zu verbessern und der TRAS 120 nachzukommen, bieten einige Hersteller Überspanngurtsysteme an: Diese stabilisieren das Dach bei Winddruck, unterteilen es in mehrere Segmente und entlasten durch eine separate Befestigung den Klemmschlauch. Paproth verweist darauf, dass auch für Spanngurtsysteme eine Statikberechnung erforderlich sei. Zudem sei auch das konkurrierende Klemmschienensystem nicht problemlos.

Hier werden die Membranen zwischen zwei Flachstahlschienen auf der Mauerkrone oder am Behälterrand verschraubt. Einen Vorteil sieht Paproth beim Schraubsystem, wenn Membranen mit „Kederrand“ – einer Wulst am Folienende – verwendet werden: „Dann haben wir zu der kraftschlüssigen noch eine formschlüssige Verbindung.“ Fehle der Kederrand, müsse man besonders auf sorgfältige Schraubverbindungen achten.

Verschraubte Membranen auf der Maurerkrone (c) Sattler Ceno Group

„Zum Versagen der Membranabdeckungen ist es schon bei beiden Systemen gekommen, aber beim Klemschlauchsystem ist die Rate signifikant höher“, weiß der Sicherheitsexperte. Beim Schienensystem reiße bei Stürmen die Membran, was teure Reparaturen nach sich ziehe. Dagegen bleibe sie beim Schlauchsystem oft unbeschädigt: Sie werde „nur“ aus der U-Schiene herausgezogen, was die Befürworter als „Sollbruchstelle“ bezeihen. Aber: „Die Abdeckung darf überhaupt nicht aufgehen. Ein Haus wird auch nicht so gebaut, dass das Dach wegfliegen darf“, vergleicht er.

Schäden an Biogasanlageb: Tragluftversorgung sichern

Noch vor der Membranbefestigung sieht Paproth die Tragluftversorgung als den größten von drei Problemkreisen. Die Tragluftgebläse seien oft zu knapp bemessen und dazu sehr verschmutzungsanfällig: „Sie kriegen das erforderliche Volumen nicht hin. Der Druck im Membranzwischenraum sinkt ab und macht die Außenmembran anfällig für Windangriffe. Sie beginnt zu flattern und die entstehenden Kräfte ziehen den Schlauch aus der U-Schiene oder die Membran reißt“, erklärt er.

Tragluftgebläse müssten so ausgelegt sein, dass sie mit Drucksensoren geregelt werden können und bei allen Betriebs- und Lastzuständen ausreichen. „Der maximal zulässige Betriebsdruck der Tragluft und der für die Gebrauchstauglichkeit mindestens erforderliche Druck müssen rechnerisch nachgewiesen und in der Statik festgelegt werden“, erläutert Paproth.

Ein Halbkugel-Dach, das leicht über 1.000 m2 groß sein könne, brauche größere Drücke und weit höhere Tragluft-Fördervolumina als zum Beispiel eine Viertel-Kugel. Er gibt sich verwundert, dass bei uns oft mit Maximaldrücken von 5 mbar gearbeitet werde, in Dänemark dagegen mit mehr als dem Doppelten.

Gebläse mit Druckmessung am Behälter (c) Seitz Electic
Stützluft Druckmessbox (c) Seitz Electric

Schäden an Membrandächern verhindern

Seinem Kollegen Josef Ziegler fallen die unterschiedlichen Lastannahmen bei den Herstellern von Gasspeicher-Systemen auf – und das bei Bezug auf das gleiche Regelwerk: „Der eine kommt mit zwei Millibar Solldruck aus, der andere braucht vier Millibar.“ Der Sachverständige von der ARGE Biogas Safety First hat schon Schäden an Tragluftdächern durch Schneedruck erlebt, genauso wie einen schadhaften Zuführschlauch als Ursache von ungenügendem Stützluftdruck. „Bei den Stützluftgebläsen werden Ventilatoren mit ‚flacher Kennlinie‘ eingesetzt, das heißt, sie haben einen relativ gleichmäßigen Volumenstrom.

Dann macht der Einsatz eines Frequenzumformers wenig Sinn“, sagt Ziegler, „Volumenstrom-Erhöhungen werden deshalb durch Zuschalten eines zweiten Gebläses erreicht; gesteuert durch den Druck im Gasspeichersystem.“ Für Stefan Heins, Geschäftsführer der Biogas Service Tarmstedt GmbH ist die Stützluftversorgung die wichtigste Technik, um Schäden an Membrandächern zu verhindern.

Laut der TRAS 120 müsse als Redundanz ein zweites Stützluftgebläse da sein, das zugeschaltet werde, wenn zum Beispiel die Gasentnahme erhöht ist oder wenn Windböen Luft aus dem Stützluftraum drücken. „Ein Drucksensor erfasst dafür den Druck im Stützluftraum. In der Anlagensteuerung (SPS-Programm) sind für jeden Behälter Ein- und Ausschaltdrücke eingestellt, wodurch bei fallendem Druck das zweite Gebläse eingeschaltet wird. Sobald der Ausschaltdruck erreicht ist, wird das Gebläse wieder abgeschaltet“, erklärt Heins.

Mit Stützluft zu mehr Sicherheit

Nach demselben Prinzip funktioniert das Gasspeichermanagement-System der Seitz Electric GmbH, aus Wertingen bei Augsburg. Das System kann in die Anlagensteuerung integriert werden oder parallel laufen, wobei die wichtigsten Daten, vor allem die Gasspeicher-Füllstände, mit dem SPS-System der Biogasanlage ausgetauscht werden.

„Den Stützluftdruck können wir über die Zuluft des Stützluftgebläses, die motorisierte Abluftklappe oder beide regeln“, erläutert Geschäftsführer Helmut Seitz. Bei Bedarf könnten auch mehrere Ventilatoren zugeschaltet werden. Zum Schutz vor Sturmschäden lasse sich der minimale Stützluftdruck anheben, zum Beispiel von 1 auf 2 mbar. Hierzu muss jedoch der Betreiber das Wetter beobachten und dann auf der Schaltfläche „Sturm min-Druck“ die Druckerhöhung vornehmen, die auch bei erhöhter Schneelast hilfreich sei. Dabei bleibt jedoch der „Faktor Mensch“ als Fehlerquelle. Um das zu verbessern, bietet Seitz Electric eine Zusatzausstattung mit Windmesser und integrierter Software an.

Gebläse Regler der Firma Seitz (c) Seitz Electric

Laut der TRAS 120 ist für das Stützluftgebläse eine Staubabscheidung zu installieren. „Um zu verhindern, dass sich hier Filter zusetzen, sollte im Wartungsplan eine regelmäßige Reinigung von Staub, Blütenstaub, Insekten und sonstigem Schmutz berücksichtigt werden“, verweist Seitz. Neben Staub sei Nebel eine Gefahr: Das Gebläse erzeuge Verdunstungskälte, die zum Zufrieren von Gittern oder Filtern führen könne. Beim Über- bzw. Unterschreiten definierter Druckwerte löse das Gasspeicher-Managementsystem Alarm aus. Die Notfackel werde über die Parameter Druck oder Füllstand eingeschaltet.

Aufbau in Kaskaden für stabile Membranen

Um bei mehreren Speichern das volle Volumen nutzen zu können, sind die Tragluftdächer kaskadiert aufgebaut, denn das Biogas ströme jederzeit zum Ort des niedrigsten Druckniveaus im System. „Das Gas wird von einem Behälter in den nächsten geschoben“, erklärt Seitz, „die klassische Reihenfolge ist vom Fermenter zum Nachgärer zum Gärrestlager, von wo aus das Biogas zum Verbraucher gelangt.

Steigt der Füllstand in einem Behälter über einen Sollwert, wird der Stützluftdruck erhöht, damit das Gas in den nächsten Behälter strömt. Im Gärrestlager, wo das niedrigste Druckniveau herrscht, sammelt sich das Gas. Unter Einhaltung von vordefinierten Minimum- und Maximumdrücken wird die Regelung auch für einen aktiven Eingriff in die Füllstände einzelner Speicher mitbenutzt.“

„Viele Flexbetreiber haben es verstanden“, meint dazu Martin Paproth. „Sie fahren den Druck in den Behältern kaskadenmäßig rauf und runter. Alle anderen fahren Blindflug. Sie haben bei bestimmten Wetterextremen keine stabilen Membranen. An heißen Tagen kann bei aufziehenden Gewittern und Temperaturstürzen der Luftdruck um bis zu acht Millibar pro Stunde abfallen. Das gespeicherte Biogas zieht sich zusammen und die Volumenreduzierung muss in kurzer Zeit durch große Luftmengen ausgeglichen werden, um den Differenzdruck zur Atmosphäre aufrecht zu halten. Ähnlich wirkt sich der Wechsel von Sonneneinstrahlung und Bewölkung aus.“

Gutes Stützluft-Management bei Flexbetrieb

Kai Heinlein vom KIT weist darauf hin, dass die Wechselwirkungen zwischen Atmosphärendruck sowie Druck im Gasraum und Stützluftraum in der Praxis noch zu wenig Beachtung finden. Das Tragluftdach eines großen Gasspeichers sei am anfälligsten, wenn während einer Phase starker Gasentnahme – wenn ein Flex-BHKW mit großer Leistung zugeschaltet werde – eine hohe Windbelastung auftrete. Heinlein: „Das Gebläse muss dann in kürzester Zeit mehr Luft in den Stützluftraum pumpen, weshalb hier ein für Extremsituationen abgestimmtes Gasspeicher- und Stützluft-Management erforderlich ist.“

Ein neues Forschungsprojekt des KIT ziele deshalb auf das Verhalten der Außen- und Gashülle unter den Umwelteinwirkungen Wind und Temperaturschwankungen sowie verschiedenen Betriebszuständen. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, die Regelungstechnik so weit zu verbessern, dass gefährliche Zustände mit zu wenig Stützluftdruck vermieden werden. Auch am Deutschen Biomasseforschungszentrum DBFZ sind in einem Forschungsprojekt unter anderem die Auswirkungen von Luftdruck- und Temperaturschwankungen auf den Gasspeicherfüllstand und die verfügbare Kapazität untersucht worden.

Für Paproth sind der dritte Problemkreis die Membranen selbst. Hier sieht er die Branche aber auf einem guten Weg: „Im Merkblatt DWA-M 375 und in der TRAS 120 sind wichtige Anforderungen an die Membranen festgehalten. Es dürfen nur noch Membranen zur Anwendung kommen, die eine eindeutige Kennzeichnung mit Angabe des Herstellers, der Membranbezeichnung, des Herstelldatums und des zulässigen Betriebsdrucks tragen. Diese Kennzeichnung muss der Technischen Dokumentation eindeutig zuzuordnen sein. Billigprodukte ohne spezifizierten Eignungsnachweis für die Biogasanwendung, wie Teichfolien und Lkw-Planen lassen sich damit wirksam verdrängen.“

Neues Merkblatt

Im März 2023 ist der Weißdruck, also die Endfassung, des Merkblattes DWA-M 377 „Biogas – Membranspeichersysteme über Behältern“ erschienen. Josef Ziegler, Sprecher der maßgebenden, verbändeübergreifenden Arbeitsgruppe, nennt als wichtigste inhaltliche Änderungen gegenüber der Version von 2016:

  • Abgleich mit den Anforderungen aus der TRAS 120
  • Die Anforderungen an die Stützluftversorgung wurden detailreich konkretisiert.
  • Die in der TRAS 120 genannte, mögliche Verlängerung der Gebrauchstauglichkeit von Gasspeichermembranen über eine Standzeit von sechs Jahren hinaus erhält einige Präzisierungen: Für die erforderliche sicherheitstechnische Prüfung werden Prüfkriterien und Prüffristen sowie Qualifikationsanforderungen an die zur Prüfung befähigten Personen formuliert.
  • An die technische Dokumentation, insbesondere das Inbetriebnahme-Protokoll, werden neue Anforderungen gestellt.
  • Herausgeberin ist die Bundesgeschäftsstelle der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA). Email: info@dwa.de, DWA-Shop: www.dwa.de/shop
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Nebenerwerb in MV: Von Agrarantrag bis Zukunftstechnologien

Nicht nur die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe wächst, auch die Ansprüche und Vorgaben steigen. Beim Tag der Nebenerwerbslandwirte in Finkenthal tauschten sich jüngst Berufskollegen darüber aus und bildeten sich weiter.

Von Nicole Gottschall

Mehr als die Hälfte (55,5 %) aller landwirtschaftlichen Familienbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern wird aktuellen Zahlen zufolge im Nebenerwerb geführt. Werden alle Betriebsformen betrachtet, ist es immer noch etwa jedes dritte Unternehmen.

Dabei wird per Definition ein Familienbetrieb, in dem weniger als die Hälfte des Einkommens mit der Landwirtschaft erzielt wird – maßgeblich ist dabei das Einkommen des Betriebsinhaber(paares) –, als Nebenerwerbsbetrieb bezeichnet.

Demnach gehen aus der Landesstatistik 1.659 Nebenerwerbstätige hervor. Im Durchschnitt bewirtschaften sie 55 ha. Mit in Summe 91.245 ha entspricht das rund 6,3 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Nordosten. Statistiken darüber, welchen Hauptberuf Landwirte im Nebenerwerb ausüben, gibt es nicht. Die Bandbreite reicht von landwirtschaftsfernen Bereichen wie Büroangestellten in der Verwaltung oder Ärzten bis zu verwandten Tätigkeiten wie Viehhändlern oder Landmaschinenmechatronikern.

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Nebenerwerb in MV: Tendenz steigend

Die Tendenz der Betriebszahlen und Flächenausstattung ist steigend. Ein Grund dafür sei, dass aktuell zahlreiche Familienbetriebe vor einem Generationswechsel stünden. „Einige Familien haben bereits signalisiert, dass die Nachkommen den Betrieb weiterführen wollen, dann aber zunächst ohne arbeitsintensive Produktionsverfahren“, weiß Silvia Ey, stellvertretende Geschäftsführerin des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

So könnten die Höfe auch wirtschaftlich erhalten bleiben und hielten sich Zukunftsoptionen für neue Verfahren offen. Ein weiterer Grund sei, dass Landwirte immer öfter vom Haupt- in den Nebenerwerb umsteigen – meist aus finanziellen Gründen. Da ihr Herz jedoch an der Landwirtschaft hänge, gäben sie ihre Leidenschaft nicht komplett auf.

„Nicht mehr so mal eben nebenbei“

„Ungeachtet dessen haben wir Landwirte im Nebenerwerb die gleichen gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen wie unsere Kollegen im Haupterwerb“, sagt Sigfried Martinmaas, Vorsitzender des Arbeitskreises Nebenerwerb im Bauernverband. Das führt zu Kritik, denn die Bürokratie nehme permanent zu, Gesetze, Verordnungen und politische Rahmenbedingungen änderten sich ständig und Förderanträge würden komplexer. „Das macht man alles nicht mehr so mal eben nebenbei und es kostet Zeit, die für die eigentliche Arbeit dann fehlt“, betont der Nebenerwerbslandwirt aus Groß Wüstenfelde.

Deshalb, und weil der Teufel auch oftmals im Detail steckt, ist es Martinmaas wichtig, dass er und seine Kollegen fachlich am Ball bleiben, sich weiterbilden, gegenseitig unterstützen und ein Netzwerk aufbauen.

Gemeinsam mit Silvia Ey lädt er daher, unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft, einmal jährlich zum Tag der Nebenerwerbslandwirte ein. Und so standen Mitte Juni bei der jüngsten Auflage Themen wie Hofübernahme und Fördermöglichkeiten im Fokus.

Netzwerken Tag des Nebenerwerbs
Zeit zum Netzwerken hatten die Teilnehmenden in der Mittagspause. Sie nutzten das Angebot und teilten ihre Erfahrungen miteinander. (c) Nicole Gottschall

Liquiditäts- und Betriebsplanungen: Kennzahlen kennen

Jana Wittstock und Hermann Laasch von der LMS Agrarberatung wissen ebenfalls, wie herausfordernd es ist, einen landwirtschaftlichen Betrieb – nicht nur – im Nebenerwerb zu führen. Laasch appellierte daher, an Liquiditäts- und Betriebsplanungen zu denken – regelmäßig, nicht nur in Verbindung mit einer Hofnachfolge. Beides müsse in die Zukunft gerichtet sein und sei elementar für den wirtschaftlichen Erfolg.

Während die Liquiditätsplanung jährlich und laut Tipp des Beraters möglichst im Dezember nach Erhalt der Prämie erfolgen sollte, beziehe sich die Betriebsplanung auf mehrere Jahre. Sie baue etwa auf vorangegangene Wirtschaftsjahre auf und erfolge im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung. Mithilfe derer könnten diverse Kennzahlen ermittelt werden, die der Einschätzung der Zukunft des Unternehmens dienten.

Eine Betriebsplanung käme mitunter immer dann besonders zum Tragen, wenn komplexe Investitionsvorhaben überprüft und Zuschüsse beispielsweise im Rahmen des Agrarinvestitionsprogrammes beantragt würden sowie bei einer Veränderung der Betriebsstruktur.

So sei sie auch unabdingbar bei einer Hofübergabe. Die sollte laut Laasch auch besonders gut vorbereitet werden, denn neben der Weiterführung des Betriebes sollte das Ziel sein, „dass alle Beteiligten zufrieden auseinandergehen“.

Checkliste Hofübergabe

Vor der Übergabe:

Möglicher Vertragsinhalt:

Förderungen nutzen

Bei der wirtschaftlichen Situation des Betriebes spielen Fördermöglichkeiten keine unbedeutende Rolle. Daher stellte Jana Wittstock die wesentlichen Elemente der neuen Agrarförderperiode vor und riet, betriebsindividuelle Möglichkeiten zu prüfen und den GAP-Rechner des Landes zu nutzen.

Ihrer Meinung nach eignen sich für Nebenerwerbsbetriebe die Ökoregeln 4 und 5 der Ersten Säule besonders. In Bezug auf Investitionen stellte Annett Juhl von der Landgesellschaft verschiedene Förderprogramme vor und war sich sicher, dass es kaum etwas gebe, was sie nicht fördern könnten. Im Infokasten sind einige Eckdaten des Agrarinvestitionsförderungsprogramms als wohl bekannteste zusammengefasst.

Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP)

Wer wird gefördert?

  • mind. 25 % der Umsatzerlöse aus landwirtschaftlicher Urproduktion
  • Mindestbetriebsgröße entsprechend § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (mind. 8 ha LN – Ausnahme Spezialkulturen, Gartenbau)
  • Betrieb gehört zu den Klein- und Mittelständischen Unternehmen

Voraussetzungen für die Förderung:

  • Berufliche Fähigkeit für eine ordnungsgemäße Betriebsführung
  • Viehbesatz max. 2 GV/ha
  • Nachweis der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und geplanten Maßnahme – Mindestinvestitionsvolumen in Summe 20.000 € netto
  • Eigenkapitalquote unter 76 % bei Betrieben über 280 ha

Erbsen, Soja & Co. in Finkenthal

Für den Blick über den Tellerrand hinaus informierten sich die rund 30 Teilnehmenden über Erbsen, Soja & Co. – Eiweißstrategien im Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof GmbH, deren Betriebsstätte in Finkenthal im Osten des Landkreises Rostock auch als Tagungsort diente.

Geschäftsführer Dr. Christian Littmann – selbst Landwirt im Nebenerwerb – stellte den Werdegang des Zusammenschlusses vor und erläuterte die Philosophie, Wert auf geschlossene Kreisläufe zu legen und trotz der Betriebsgröße den ökologische Anspruch nicht zu vernachlässigen. Daher liegt ein Augenmerk auch auf dem eigenen Anbau von Proteinquellen.

Zum Abschluss wurden die betriebseigenen Versuchsfelder begutachtet und die mechanische Unkrautbekämpfung demonstriert.

Versuchsflächen
Auf den Versuchsflächen war unter anderem Trockenheit ein großes Thema sowie der Wasser- und Wärmebedarf von Sojapflanzen. (c) Nicole Gottschall
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Wasserbüffel
Die Wasserbüffel sind das Herzstück im Nebenerwerbsbetrieb von Familie Wonterowski. Kimberly freut sich, dass die Tiere so zutraulich sind. (c) Elke Ehlers

Kürzungen in der GAK: Bald Dürre in den Kassen?

Die geplanten Millionen-Kürzungen in der Gemeinschaftsaufgabe lassen den ländlichen Raum austrocknen, fürchten die einen. Die anderen wollen nicht länger „Lieblingsprojekte“ fördern.

Gegen weitgehende Kürzungen der Bundesmittel in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) setzt sich das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) zur Wehr.

Die hinreichende finanzielle Ausstattung der GAK sei das „Hauptanliegen in den gegenwärtigen Haushaltsverhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL, Claudia Müller, beim Sommerempfang der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) in Berlin.

Die Grünen-Politikerin nannte Ausgabenkürzungen von 300 Mio. €, wie sie vom Finanzminister gefordert werden, „so nicht hinnehmbar“. Die Folge wäre, dass wichtige Förderprogramme „in dieser Form nicht weitergeführt werden könnten“, so die Staatssekretärin.

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GAK und Sparpläne umstritten

Dagegen verteidigte FDP-Agrarsprecher Gero Hocker den Sparkurs seines Parteivorsitzenden. Hocker wies ebenfalls in der vorigen Woche im Bundestag den Vorwurf zurück, die diskutierte Einsparung in der Gemeinschaftsaufgabe würde zulasten der ländlichen Gebiete gehen. Wachstum entstehe nicht durch „Umverteilung und Subventionen“, sagte der FDP-Politiker in einer Aktuellen Stunde zu den Kürzungsplänen von Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Hocker äußerte sich kritisch zur GAK: Diese umfasse „Projekte wie die Förderung von Agroforstsystemen, nicht aber produktiven Naturschutz und Ökolandbau“. Klar sei, jeder habe da sein Lieblingsprojekt. Die wirtschaftliche Lage erfordere aber eine „Kombination aus Haushaltskonsolidierung auf der einen Seite und Anreizen privater Investitionen auf der anderen Seite“. Harsche Kritik an den Sparplänen kam von Union und Grünen.

So warf die CDU-Politikerin Christina Stumpp der Ampel in der Aktuellen Stunde vor, ihr sei der ländliche Raum „völlig egal“. Die geplante Kürzung bei der GAK gefährde das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse. Dies habe schwerwiegende Folgen für die Gesellschaft, deren Rückgrat die ländlichen Räume seien, warnte Stumpp. Ähnlich hatte sich zur Wochenmitte die Grünen-Abgeordnete Anne Monika Spallek geäußert. Es gelte, diese Kürzungen „mit allen Mitteln zu verhindern“, erklärte sie.

Finanzielle Austrocknung?

Der Bundesfinanzminister spiele ein „gefährliches Spiel“, wenn er die Planungssicherheit für Kommunen und Betriebe in den ländlichen Räumen gefährde, die Menschen zusätzlich verunsichere und den Politikverdruss weiter befeuere, kritisierte Thüringens Agrarministerin, Susanna Karawanskij.

Bei einer Kürzung der GAK-Bundesmittel um 300 Mio. € würde Thüringen etwa 16 Mio. € weniger erhalten, was mit den Landesmitteln einen Minderbetrag von 26 Mio. € bedeutete. Die erfolgreiche Umsetzung langfristig geplanter Förderprojekte wäre gefährdet, die infrastrukturellen und sozialen Folgen wären nicht absehbar. „Der Bundesfinanzminister will den ländlichen Raum finanziell austrocknen. Das lassen wir uns nicht gefallen“, kündigte die Linken-Politikerin an.

Özdemir beim Bauerntag: Kürzungspläne halbiert

Eine Woche nach der Befragung im Bundestag gab Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf dem Deutschen Bauerntag in Münster teilweise Entwarnung. Wie er am Donnerstag (29.6.) den Delegierten berichtete, ist eine Kürzung der Bundesmittel in der Gemeinschaftsaufgabe zwar nicht vom Tisch. Sie soll aber deutlich geringer ausfallen als zunächst vorgesehen. Es sei gelungen, die ursprünglich geplante Kürzung von 300 Mio. € zu halbieren, berichtete der Grünen-Politiker. Zugleich sagte er zu, dass der Bundeszuschuss zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung (LUV) von 100 Mio. € nicht angerührt werde. Auch eine Kürzung der Agrardieselbeihilfe sei nach wie vor nicht im Gespräch. (red mit AgE)

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Öko- und besonders nachhaltig wirtschaftende Betriebe sollen bevorzugt Land von der BVVG pachten können. (c) Sabine Rübensaat

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Finale Berufswettbewerb der Landjugend: Fünf unter „grünen Stars“

Im Finale des Berufswettbewerbs der Landjugend schnitten junge Frauen sehr erfolgreich ab. Und die aus dem Osten dominierten die Tierwirtschaft.

Gleich fünf Mal standen ostdeutsche Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom 19. bis 22. Juni 2023 beim Finale des diesjährigen Berufswettbewerbes der Landjugend auf dem Siegertreppchen.

In der Kategorie „Tierwirtschaft“ gab es sogar einen Dreifacherfolg: Hier gewann Emma Klara Rotermann aus Lübberstorf (MV), die im sächsischen Lehr-und Versuchsgut Köllitsch lernt, vor Lea Pommer aus Döbeln (Gadewitzer Feldfrucht GmbH) und Jessica Unger aus Grünhain-Beierfeld im Erzgebirgskreis, die ihre duale Ausbildung im sächsischen LVG Köllitsch bzw. an der Berufsschule in Halle/Saale absolviert.

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Finale Berufswettbewerb der Landjugend: Siegertreppchen in Echem

Für das insgesamt sehr erfolgreiche Abschneiden sorgte zudem Jasmina Neumann aus Burg (Sachsen-Anhalt). Die Auszubildende, die in der Rittergut Stresow MGN GmbH und an der Berufsschule in Salzwedel lernt, erreichte in der stark besetzten Gruppe „Landwirtschaft I“ (Azubis) einen hervorragenden dritten Platz. Ebenfalls Rang drei erkämpfte sich Cedric Janke aus dem Forstamt Poggendorf (MV) in der Kategorie „Forstwirtschaft“.

Insgesamt hatten sich 107 junge Frauen und Männer aus den grünen Berufen für den Bundesentscheid qualifiziert, der im Landwirtschaftlichen Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Echem und – für den Weinbau – in Essenheim (Rheinland-Pfalz) ausgetragen wurde. Die weiteren Siegerinnen und Sieger kommen aus Niedersachsen (Landwirtschaft I), Hessen (Landwirtschaft II – Landwirte in Fortbildung), Baden-Württemberg (Forstwirtschaft und Hauswirtschaft) sowie aus Rheinland-Pfalz (WeinbauI und II).

Junge Frauen setzten sich dabei in fast allen Kategorien besonders erfolgreich durch. Sie stellten zwar weniger als 30% der Finalisten. Ihr Anteil an jenen, die als „grüne Stars 2023“ mit Gold, Silber oder Bronze nach Hause zurückkehrten, liegt aber bei knapp 43%. „Das ist neuer Rekord und zeigt die Leistungsstärke des weiblichen Berufsnachwuchses“, kommentierte der Bund der Deutschen Landjugend (BDL).

Das Leistungsniveau sei enorm gewesen, schätzte BDL-Bundesvorsitzende Theresa Schmidt ein. „Noch beeindruckender aber waren der Zusammenhalt, der fachliche Austausch und das Miteinander bei diesem Wettbewerb“, sagte sie.

Der Berufswettbewerb 2023 stand unter dem Motto „Grüne Berufe sind voller Leben. Mit Herz und Hand – smart fürs Land“. (red)

Bildergalerie: Bundesentscheid in Echem

Berufswettbewerb Landjugend Bundesentscheid

Kategorie „Tierwirtschaft“: Lea Pommer und Emma Klara Rotermann v.l. (c) Karsten Bär

Berufswettbewerb Landjugend Bundesentscheid

Kategorie „Tierwirtschaft“: Jessica Unger aus Grünhain-Beierfeld (c) LVG Köllitsch

Berufswettbewerb Landjugend Bundesentscheid

Kategorie „Forstwirtschaft“: Cedric Janke aus dem Forstamt Poggendorf (MV) (c) Gräschke/ BDL

Berufswettbewerb Landjugend Bundesentscheid

Gruppe „Landwirtschaft I“: Jasmina Neumann aus Burg (Sachsen-Anhalt) (c) Detlef Finger

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Bundesmelkwettbewerb 2023
Bundesmelkwettbewerb 2023. Die Gewinner stehen fest. (c) IMAGO / ITAR-TASS
Rückschau Öko-Feldtage 2023: Für den Klimawandel

Es wurden vor allem Lösungen für wärmere und trockenere Zeiten gezeigt, unter anderem wassersparende Bewässerungssysteme, elektrisch angetriebene Feldroboter und trockenheitsresistente Kulturen.

Von Bettina Karl, Berlin

Wasser ist knapp und kostspielig. Doch mit zunehmender Trockenheit kommen vor allem viele Gemüsekulturen oder Kartoffeln ohne Bewässerung nicht mehr aus. Auf den Demonstrationsflächen der Öko-Feldtage wurden verschiedene, unterschiedlich aufwendig und energieintensive Bewässerungsverfahren vorgestellt.

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Rückschau Öko-Feldtage 2023: Wasser auf der Gemüsefläche

Für den Einsatz von Kleinregnern, auch Mikrosprinkler genannt, waren dafür beispielsweise in einem Selleriebestand Kunststoffschläuche verlegt worden und in einem Abstand von zehn Metern Sprinkler auf Stativen im Dreiecksverband positioniert. Das System arbeitete mit einem geringen Druck von 2,5 und 4 bar und verteilte das Wasser relativ gleichmäßig auf der Gemüsefläche des Biolandhofes. Auf dem gleichen Acker wurde auch das Tropfbewässerungsverfahren vorgestellt. Dabei unterscheidet man zwischen oberirdischer und unterirdischer (Unterflurbewässerung) Tropfbewässerung. Bei letzterer liegen die Tropfschläuche mehrere Zentimeter unter der Erde.

Auf den Öko-Feldtagen waren beide Varianten zu sehen. Tropfschläuche bewässern noch effizienter und verbrauchen weniger Energie. Sie sollen im Vergleich zu anderen Bewässerungsverfahren bis zu 50 % Wasser sparen können. Da das Wasser sehr dicht an der Pflanze abgegeben wird, sind die Verdunstungsverluste gering. Der gesamte Wasserverlust liegt nur noch bei zwei bis drei Prozent. Allerdings sind die Arbeitskosten verhältnismäßig hoch, auch die Installation und Instandhaltung sind aufwendig.

Der Beratungsdienst Heilbronn hatte zum Sichern von Ertrag und Qualität ein Tropfbewässerungssystem in einem Biokartoffelbestand installiert. Kleine Gaben Wasser bewirken seltener Staunässe im Wurzel- und Knollenbereich. Das kann die Ausbreitung von Kraut- und Knollenfäule sowie von bakteriellen Krankheiten wie Pectobacterium und Dickeya hemmen.

Öko-Feldtage 2023 Tropfbewaesserung
Eine oberirdisch verlegte Tropfbewässerungsanlage in einem Knollenselleriebestand mit einem Tropferabstand von 20 cm, bei der das Wasser direkt an die Pflanzen appliziert wird. (c) Bettina Karl
Öko-Feldtage 2023 Mikrosprinkler
Mikrosprinkler in einem Knollenselleriebestand, die das Wasser relativ gleichmäßig auf der Fläche verteilen. Der Wasserverbrauch ist höher als der einer Tropfbewässerungsanlage. (c) Bettina Karl

Autonom fahrende Hackroboter

Die Vorführungen der Bewässerungstechniken zogen genauso wie die der Hacktechnik viele Interessierte an. Dabei konzentrierten sich diese auf die Beikrautregulierung im Feldgemüse und zeigten sowohl moderne klassische, schleppergeführte Maschinen als auch autonom arbeitende Feldroboter, die teilweise mit Künstlicher Intelligenz trainiert werden.

Das Hacken innerhalb der Reihe stellte eine besondere Herausforderung dar, da die Maschinen mithilfe spezieller Sensor-oder Erkennungstechnik, beispielsweise mit einer Kamerasteuerung, zwischen Kulturpflanzen und Beikräutern unterscheiden mussten. Jonathan Kern, Bioland-Ackerbauberater und Moderator in der Maschinenvorführung zeigte sich beeindruckt, wie genau die vorgeführten In-Row-Hacken und Hackroboter arbeiten.

„Die Einstellungen waren sehr exakt und die Geräte haben das weggehackt, was sie sollten. Die autonomen Hackroboter sind inzwischen praxisreif und effizient. Die Leichtgewichte mindern die Gefahr der Bodenverdichtung. Sie sind zudem teils elektrisch betrieben und damit angenehm leise“, so Kern.

Bildergalerie: Rückschau Öko-Feldtage 2023 – Feldroboter

Hacktechnik K.U.L.T. iSelect

Vorführung der modernen Hacktechnik K.U.L.T. iSelect für das Hacken in den Reihen. (c) Bettina Karl

Feldroboter Orio von Naio

Der Feldroboter Orio von Naio Technologies mit einem kamerageführten Verschieberahmen. (c) Bettina Karl

Autonom fahrende Zugmaschine Agbot von AgXeed

Autonom fahrende Zugmaschine Agbot von AgXeed. (c) Bettina Karl

Farming GT von Farming revolution

Farming GT von Farming revolution wird mit Künstlicher Intelligenz trainiert. (c) Bettina Karl

Agri-Photovoltaik-Anlagen

Agri-Photovoltaik-Anlagen ermöglichen eine doppelte Nutzung der Fläche. (c) Bettina Karl

Winterleguminosen blühen früher

Auf den Demonstrationsflächen der Öko-Feldtage standen rund 100 Kulturen mit 520 verschiedenen Sorten, darunter Getreide, Kartoffeln, Feldgemüse und Leguminosen. Letztere sind gerade für die Fruchtfolge, Bodenfruchtbarkeit und zur Unterdrückung von Beikraut in ökologisch wirtschaftenden Betrieben sehr wichtig. „Die Umverteilung von Niederschlägen im Jahresverlauf, höhere Temperaturen und Trockenheit, steigender Schädlingsdruck und zunehmende Pflanzenkrankheiten – das sind Probleme, die durch den Klimawandel für unsere einheimischen Körnerleguminosen entstehen werden“, stellte Annemarie Ohlwärter, Naturland, in ihrem Vortag im „Forum Pflanze“ fest.

Die Winterformen von Erbsen und Ackerbohnen gewinnen darum an Bedeutung, da sie vier Wochen früher blühen. Zu dieser Zeit ist es noch nicht zu heiß und die Bodenfeuchtigkeit höher. Durch die zunehmend milderen Winter nimmt aber auch der Blattlausbefall zu, was auch die Gefahr von Virusübertragungen erhöht. Das könnte jedoch durch eine angepasste Sortenwahl abgefedert werden, empfahl die Fachfrau.

Klimaveränderungen bieten Potenzial für den Anbau von neuen Kulturen, die mit höheren Temperaturen besser zurechtkommen. Dazu gehören Sojabohnen, die allerdings besonders von der Blüte bis zur Abreife Wasser benötigen. Deshalb sollte vor dem Anbau über eine Bewässerung nachgedacht werden. Schon 50 l Wasser/m² haben in Praxiserhebungen durchschnittliche 3,7 dt/ha Mehrertrag erbracht, informierte die Mitarbeiterin aus dem Projekt LeguNet.

Kichererbsen brauchen Trockenheit zur Ernte

Linsen kommen in einem gewissen Maße gut mit Trockenheit zurecht, lieben kalkreiche, warme Standorte. Sie können jedoch aufgrund fehlender Standfestigkeit nur im Gemenge stehen. Zu den neuen Leguminosen für unsere Breiten gehört die Kichererbse, die früh ausgesät werden kann.

Sie ist sehr trockenheitsresistent und kommt mit feuchten Bedingungen sogar nur schwer zurecht. Zur Ernte ist absolute Trockenheit notwendig, da die Kichererbse sonst weiterblüht. Der Anbau sei riskant, erklärte Annemaria Ohlwärter und empfahl, gerade für neue Kulturen unbedingt vor dem Anbau die Vermarktung zu klären.

Die Kichererbse hat gute Chancen, vermehrt angebaut zu werden. (c) Bettina Karl

Unser Ziel ist es, Landwirtschaftsbetriebe dabei zu unterstützen, auf ihren Höfen mehr Biodiversität zu schaffen, erklärte Wolf Gutmann von der Bioland-Stiftung. Er appellierte, dass mit schwindender Artenvielfalt unter anderem die Bestäubung im Obst-und Gemüseanbau gefährdet sei mit der Folge, dass diese Waren immer teurer werden. Der kurze Praxiskurs „HÖFE.BILDEN.VIELFALT“ war einer von 200 Programmpunkten an beiden Tagen, zu denen Fachforen, Workshops und Vorträge gehörten.

Strategien für mehr Biodiversität

Die Hälfte der Flächen in Deutschland werden landwirtschaftlich genutzt. Daher hat gerade die Landwirtschaft ein enormes Potenzial, die Biodiversität zu fördern“, forderte Gutmann und empfahl neben heimischen Sträuchern und Obstbäumen, Blühflächen, Nistkästen oder beispielsweise auch das Anlegen von Schwalbenpfützen.

Dafür sollte eine etwa einen Quadratmeter große lehmige Stelle immer feucht gehalten werden, damit die Vögel Material zum Nestbau finden. Sinnvoll sei auch, Pflanzen wie die Nachtkerze zu verbreiten, die in der Dunkelheit blühen und als Nahrung für Nachtfalter dienen, die dann wiederum von Fledermäusen gefressen werden können, oder Steinhaufen für die Mauswiesel anzulegen.

Im Ackerbau könnten beim Drillen vereinzelt etwa 20 m² große Drilllücken in den Feldern gelassen werden, um Raum für Ackerwildkräuter zu schaffen und Bodenbrütern wie der Feldlerche Nistplätze zu bieten. Bei der Mahd von Grünland oder der Pflege von Säumen sollten hin und wieder blühende Restflächen stehengelassen werden.

Öko-Feldtage 2023 – Ein Fazit

Die Öko-Feldtage haben sich zu einem wichtigen Treffpunkt der gesamten Branche entwickelt. Forschende, Praktikerinnen und Praktiker diskutierten mit der Politik, was die ökologische Landwirtschaft jetzt braucht, um zu wachsen und sich weiterentwickeln zu können. Dazu präsentierten rund 330 Unternehmen, Verbände und Organisationen ihre Leistungen. Wie schon im letzten Jahr auf den Öko-Feldtagen, war die Stimmung locker und optimistisch, auch das Wetter spielte mit und bescherte strahlenden Sonnenschein mit einer erfrischenden Brise Wind. Darüber hinaus waren die Feldtage rundherum gut organisiert.

Insgesamt drehte sich alles darum, wie die ökologische Landwirtschaft mit den sich verändernden Klimabedingungen zurechtkommen kann, um weiterhin wertvolle Lebensmittel zu produzieren. Ein wichtiges Thema, für das auch in Zukunft begleitend viele Forschungen, Züchtungen und Versuche notwendig sein werden.

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Kulturen auf den Demonstrationsparzellen
Die Öko-Feldtage finden am 14. und 15. Juni 2023 statt. Die Kulturen auf den Demonstrationsparzellen explodieren sozusagen durch die Wärme der vergangenen Wochen. (c) Henrik Müller
Verhalten im Brandfall: Jeder Stall-Brand eine Katastrophe

Was müssen Tierhalter beachten, wenn der Stall in Flammen steht? Auf dem Kongress in Brandenburg tauschten Landwirte, Tierärzte sowie Feuerwehrleute dazu ihre Erfahrungen aus.

Von Wolfgang Herklotz

Der Stall brennt! Unfassbar, aber schon oft zur bitteren Realität geworden für viele Tierhalter. Also: Was in solch einer Situation tun? Tür auf und Tiere raus? „Das Prinzip klappt in 99 Prozent aller Fälle nicht“, meint Dr. Volker Mielke, Amtstierarzt im brandenburgischen Landkreis Barnim.

Nach seiner Einschätzung kommt es in solch einer Situation darauf an, die Nerven zu behalten und nüchtern die Lage zu beurteilen.

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Verhalten im Brandfall: Einsatzleitung hat das Sagen

Nachdem die Feuerwehr, Polizei und das Veterinäramt informiert seien, habe die Einsatzleitung das Sagen. „Die Bekämpfung des Brandes und der Schutz des menschlichen Lebens haben oberste Priorität. Tiere zu schützen, steht nicht an erster Stelle, wenn dadurch Helfer in Gefahr geraten.“ Eine wichtige Aussage auf dem dreitägigen Kongress zum effektiven Brandschutz in der Nutztierhaltung Ende März, über den wir bereits berichteten.

Dr. Volker Mielke
Dr. Volker Mielke (c) Privat

Ob eine Evakuierung von Tieren aus angrenzenden beziehungsweise brandgefährdeten Objekten möglich ist und welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden, sollte immer mit der Einsatzleitung besprochen werden. Geprüft werden müsse, ob andere Gebäude, Ställe oder Weiden des Eigentümers genutzt werden können, um Tiere unterzubringen, so Dr. Mielke. „Ganz wichtig dabei ist, dass diese vor Verletzungen geschützt sind und wenn möglich auf umzäunten Flächen stehen.“ Es gelte dabei aber immer den Seuchenstatus zu beachten.

Veterinäramt und Hoftierarzt informieren

Die tierärztliche Versorgung konzentriere sich auf die Atemwegs- und Schocksymptomatik sowie die Behandlung von Brand- und anderen Verletzungen. Wo diese schwerwiegend und unheilbar seien, müssten die Tiere erlöst werden. „Das darf aber nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat!“ Aus hygienischen Gründen müssen Tierkadaver nach dem Stallbrand unverzüglich entsorgt werden, dafür verantwortlich ist der Tierhalter. Tierkörper und Teile davon sind von anderen Abfällen zu trennen, soweit das technisch und manuell möglich ist, unterstrich Amtstierarzt Dr. Mielke.

Das Veterinäramt sei für die Überwachung zuständig, das Abfallgemenge müsse genau deklariert werden und die SBB Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin GmbH sei mit der Beseitigung zu beauftragen. Zu klären gelte ebenso, wer die Entsorgungskosten übernimmt. „Jeder Brand ist eine Katastrophe für alle Beteiligten“, resümierte Dr. Mielke. „Wenn Tiere betroffen sind, müssen unverzüglich das Veterinäramt und der Hoftierarzt informiert werden.“ Sich von Fachleuten beraten zu lassen, sei in dieser Situation unverzichtbar.

Auch wenn der Stress sehr groß sei, dürfe die Presse nicht abgewimmelt werden, gab der Amtstierarzt zu bedenken. Es sollten Pressetermine vereinbart werden, wenn gesicherte Angaben über den Brand und seine Schäden gemacht werden können.

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Nach dem Brand in Alt Tellin
Die Brandkatastrophe von Alt Tellin wühlte viele Gemüter auf. Über Brände in Tierhaltungen kursierende Zahlen erweisen sich aber oft als nicht belastbar. (c) IMAGO / BildFunkMV

Fluchtweg darf nicht zu breit sein

Wenn es in Tierhaltungsanlagen zu einem Brand kommt, nimmt dieser einen schnellen Verlauf. Dafür sorgt auch die zumeist reichlich vorhandene Einstreu. Als zusätzliches Problem erweist sich die mitunter sehr verschachtelte Bauweise. Es empfiehlt sich in jedem Fall, zwei Ausgänge für die Evakuierung der Tiere vorzubereiten. „Eine Selbstrettung der Tiere erfolgt – wenn überhaupt – sehr spät!“ Darauf machte Dr. Florian Diel von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, zugleich praktizierender Tierarzt, aufmerksam.

Dr. Florian Diel
Dr. Florian Diel (c) Privat

Als einen möglichen Fluchtweg bezeichnete er den Kanalausgang zur Stallentmistung, wobei jedoch Abdeckungen für das Gülleabwurfgitter vorbereitet werden müssen. Als signifikanter Vorteil erweise sich, wenn Tiere an den Weideaustrieb gewöhnt seien. Aber auch nicht daran gewöhnte Tiere lassen sich zügig evakuieren, wenn Vorbereitungen getroffen wurden und die Austriebsfläche von der Feuerwehr ausgeleuchtet wird.

Als sinnvoll bezeichnete Diel, bei Rindern eine Austriebsbreite von zwei Tieren vorzuhalten, damit diese sich nicht behindern. „Fällt der Fluchtweg breiter aus, besteht immer die Gefahr des Umkehrens.“ Dann sollten also regelmäßig Evakuierungsübungen mit Rindern gemacht werden?

„Ein kategorisches Nein“, erklärte Florian Diel. Denn der Arbeitsaufwand für das Austreiben und Rückführen der gestressten Tiere sei immens, und es bestehe ein nicht zu vernachlässigendes Risiko für Mensch und Tier, sich dabei zu verletzen. „Außerdem ist nicht bekannt, ob und wie lange ein Gewöhnungseffekt bei einer einmaligen Übung besteht!“

Bildergalerie: Gefahrenquellen

Stallbau

Schon beim Stallbau sollte auf extra breite Treibewege geachtet werden. (c) AG Theuma-Neuensalz

Stroh- und Heulager

Stroh- und Heulager gilt es, in großem Abstand zum Stall zu errichten. (c) Sabine Rübensaat

Feuerwehrkameraden bei der Brandschutzübung

Brände können sich schnell ausbreiten, wie Dr. Markus Böckelmann hier bei der Übung an verschiedenen Materialien demonstriert. (c) Sabine Rübensaat

Hühner mit Einstreu

Gefahrenquellen sind aber auch Lager mit Einstreu und Futter fürs Federvieh. (c) Sabine Rübensaat

Ferkel mit Einstreu

Oder auch Lager mit Einstreu und Futter fürs Borstenvieh. (c) IMAGO / Countrypixel

Verhalten im Brandfall: Bewusstsein für Gefahren schärfen

Jeder Betrieb, so Diel weiter, sollte ein Konzept zur Tierrettung bereithalten, das Vorüberlegungen zu einem Brandszenario ebenso beinhalte wie die Vorbereitungen von Öffnungen im Stall. Wichtig sei ebenso ein enges Zusammenwirken mit der Feuerwehr, so eine gemeinsame Begehung und Einsatzplanung.

Dr. Markus Böckelmann
Dr. Markus Böckelmann (c) Privat

„Es geht aber auch darum, das Bewusstsein für Gefahren zu schärfen.“ Dazu gehöre, elektrische Anlagen und den Blitzschutz zu prüfen und Fahrzeuge sowie Futter- und Einstreulager so zu positionieren, dass sie einen Brandfall nicht noch beschleunigen. Sich räumlich und funktional in größeren Stallanlagen zu orientieren, ist für ortsunkundige Einsatzkräfte schwierig und führt oft zu größeren Zeitverlusten. „Zwar wissen die Landwirte häufig um die Brandgefahren, unterschätzen aber deren Ausbreitungsgeschwindigkeit.“ Dies betonte Dr. Markus Böckelmann, Landwirt und öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, zudem Brandoberinspektor.

„Bei Bränden in Nutztierställen gelten bewährte Einsatzgrundsätze, doch die Möglichkeiten der Brandbekämpfung eilen häufig der Ausbreitung des Feuers nur nach.“ Tierverluste könnten frühzeitig schon durch Schadgase entstehen, Tierleben zu retten und den Brand in der ersten Phase des Einsatzes zu bekämpfen, sei schwierig, entscheide aber über den Erfolg. Deshalb müssen die Möglichkeiten eines vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes im Dialog mit allen Beteiligten angepasst werden, „regelmäßig und auf Augenhöhe“, so Dr. Böckelmann.

Bei einem Besuch in Finnland habe er Schweineställe besichtigen können, wo Brandschutz beispielhaft demonstriert wurde. Es handelte sich dabei zumeist um neue, meist einseitige Kammställe mit abteilweisen Trennwänden hoher Feuerwiderstandsdauer. Pro Abteil führt ein Fluchtgang zur Außentür und ein zweiter Fluchtweg über den Außengang.

Selbst ältere Systemställe wiesen über drei Abteile reichende Brandabschnitte mit einer Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten und Brandschutztüren im Zentralgang auf. Der Sachverständige plädierte für individuelle einsatztaktische Vorplanungen in Bestandsanlagen. „Größere Tierverluste durch mehr oder weniger vermeidbare Ereignisse sind gesellschaftlich wie betriebswirtschaftlich nicht mehr tolerierbar!“

Verhalten im Brandfall: Praktische Hinweise zum Evakuieren

Seddiner See. Es heißt: „Feuer ist ein wildes Tier, das mit Peitschen aus Wasser gezähmt werden will.“ Aus den Vorträgen von Dr. Toschi Kaufmann, Ursula Driemel, Dr. Dieter Schad und Dr. Lukas P. Roos sowie Dr. Jens Hübel auf dem Kongress zum effektiven Brandschutz in der Tierhaltung Ende März in der Heimvolkshochschule am Seddiner See halten wir hier einige Hinweise zum Evakuieren von Tieren fest:

Rinder:

  • Vorrang hat, auf die eigene Sicherheit und die aller beteiligten Helfer zu achten,
  • Evakuierungswege und Sammelplatz sichern,
  • den Evakuierungsraum ausleuchten, die Tiere aber nicht blenden,
  • den Geräuschpegel möglichst niedrig halten, um Panik zu vermeiden,
  • wenn möglich die Tiere durch einen Weg nach außen treiben, den sie kennen.

Schweine:

  • In kleinen Gruppen treiben, Kette bilden,
  • Geräusche hinter der Gruppe erzeugen,
  • Rückwege versperren,
  • Saugferkel in Futterwagen absammeln (Sauen folgen den Ferkeln),
  • Sichtbarrieren aus Brettern oder Decken bilden, Treibebretter einsetzen,
  • flackerndes Licht vermeiden und eine gedämpfte Beleuchtung sichern.

Pferd:

  • Verhalten als Fluchttier beachten,
  • reflektorische Abwehrreize können unvermittelt auftreten,
  • äußere Verletzungen, Anzeichen von Schmerzen beachten,
  • vorsichtig hinter dem Pferd agieren (blinder Bereich, 4 m Abstand zur Hinterhand),
  • ruhiges Ansprechen und dicht am Tier bleiben,
  • möglichst Tierarzt in die Rettung mit einbinden.

Geflügel:

  • Vögel gehen weder ins Dunkle noch ins helle Licht,
  • ausreichend breite Fluchtwege sichern,
  • Haltungsform entscheidet, ob Herde oder Einzeltiere evakuiert werden,
  • Jungtiere nicht zurücklassen,
  • größter Risikofaktor sind Rauch- und Schadgase.
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Kartoffeln aus MV: Anbau in Gefahr?

Grundsätzlich herrschen im Land gute Strukturen und Rahmenbedingungen innerhalb der Kartoffelwirtschaft. Dennoch sorgen sich Anbauer und Züchter um ihre Zukunft. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Von Nicole Gottschall

Der Kartoffelanbau gehört zu MV wie der Eifelturm zu Paris – dieser Ausspruch ist innerhalb der Branche immer wieder zu hören. Gegenwärtig bauen anhand der Flächenkulisse 2020–2022 etwa 360 landwirtschaftliche Unternehmen auf 13.011 ha Kartoffeln an, darunter 3.341 ha Pflanzkartoffeln.

Seit 2015 vergrößerte sich die Anbaufläche um ca. 2.000 ha. Bei Pflanzkartoffeln werden hierzulande 21 % der Vermehrungsproduktion Deutschlands erzeugt. Damit spielt der Nordosten auch über die Landesgrenze hinaus eine bedeutende Rolle.

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Kartoffeln aus MV: Was Sorgen bereitet

Sowohl in der Produktion als auch Vermehrung seien die Strukturen und Rahmenbedingungen grundsätzlich gut, schätzen Fachleute ein. Es sind namhafte Züchter im Land tätig, drei Frischmärkte organisieren die Frischversorgung und in den Werken Hagenow, Stavenhagen sowie Dallmin und Kyritz (beide angrenzendes Brandenburg) können jährlich mehr als 500.000 t Kartoffeln verarbeitet werden. Das Marktstrukturgesetz und die per Landesverordnung geschützten Gesundlagen fördern die Branche. Dennoch sorgen sich hiesige Kartoffelanbauer und -züchter vermehrt um ihre Zukunft. Das war jüngst auch bei der Fachausschusssitzung Kartoffelwirtschaft des Saatgutverbandes in Wöbbelin und auf dem Kartoffeltag des Landes in Gülzow-Prüzen Hauptthema.

Drei Punkte wiegen dabei besonders schwer, weiß Hartmut Giermann, Kartoffelanbauer und Vorsitzender des Saatgutverbandes:

Kartoffeln aus MV
Kartoffeln aus MV (c) Sabine Rübensaat

Kartoffelwirtschaft: Auswirkungen der SUR

Auch Nadine Ließ, Abteilungsleiterin Pflanzenschutzdienst im Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei, betrachtet die möglichen Auswirkungen der SUR auf die Kartoffelwirtschaft mit Sorge.

Aus ihren Darstellungen auf dem Kartoffeltag ging hervor, dass je nach endgültiger Definition der Gebietskulisse im maximalen Ausmaß sowohl mehr als 50 % der Anbaufläche gesamt als auch des Pflanzkartoffelanbaus in den Gesundlagen betroffen wären. Ließ schätzte weiter ein, dass das Risiko der Pflanzenschutzmittelreduktion für die Kartoffel als intensive Kultur grundsätzlich hoch sei und durch weitere Einschränkungen die Produktion von gesundem Pflanzgut noch schwieriger würde.

Sie setze daher mehr auf Vorgaben des Integrierten Pflanzenschutzes sowie auf Züchtungstechnologien, die Zuchtprozesse (Resistenz, Toleranz) beschleunigen und praxistaugliche Technologien, die bedarfsgerechte und gezielte Anwendungen ermöglichen. „Im Bedarfs- und Notfall muss der Pflanzenschutzmitteleinsatz unkompliziert möglich sein, um pflanzengesundheitliche Vorgaben sowie Qualitätsanforderungen zu gewährleisten. Pauschale Vorgaben ohne vorhandene beziehungsweise anwendbare Alternativen verhindern die Erzeugung qualitativ hochwertigen und vor allem gesunden Pflanzgutes“, zog die Abteilungsleiterin Fazit.

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Die Kartoffelerntebilanz fiel positiv aus. © Sabine Rübensaat
Rehkitzrettung Sachsen-Anhalt: Kitzretter bieten Hilfe

Anlässlich des Starts in die Mahdsaison auf dem Grünland hat das Agrarministeriums auf den vorsorglichen Schutz wildlebender Jungtiere hingewiesen. Unterstützung bei der Rehkitzrettung in Sachsen-Anhalt auf einen Blick.

Das Land fördere hierzu die Anschaffung von Drohnen- und Wärmebildkameras. Anträge seien an das Landesverwaltungsamt zu richten.

Rehkitze und andere Jungtiere sollen so künftig noch besser durch moderne Technik und die Kooperation von Landwirten, Jägern und freiwilligen Helfern geschützt werden, teilte das Ressort in der Vorwoche mit.

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Rehkitzrettung Sachsen-Anhalt: Unterstützer und Helfe

In Sachsen-Anhalt böten demnach inzwischen mindestens zehn Tierschutzvereine, jagdliche Vereinigungen oder Einzelpersonen mit Drohnentechnik ihre Unterstützung an.

Sie seien auf den Internetseiten www.kitzrettung-hilfe.de und www.deutsche-wildtierrettung.de registriert. Dies seien folgende Organisationen:

Bei den genannten Organisationen könnten sich Unterstützer und Helfer der Wildtierrettung, aber auch Hilfe suchende Landwirte bzw. landwirtschaftliche Unternehmen melden. (red)

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Wildtierjunge sind oft nicht in Gefahr, wenn sie allein angetroffen werden. (c) IMAGO / imagebroker
Kulinarisches Sachsen-Anhalt 2023: Köstliches aus der Heimat

Im siebten Landeswettbewerb um die Kulinarischen Sterne wurde eine Reihe handwerklicher Erzeuger und landwirtschaftlicher Direktvermarkter für ihre Spitzenprodukte ausgezeichnet.

Von Detlef Finger

Spannung war bis zum Schluss garantiert: Die Gewinner des Wettbewerbs „Kulinarisches Sachsen-Anhalt 2023“ wurden am vorigen Mittwoch in der Staatskanzlei in Magdeburg bekannt gegeben.

Im Rahmen einer festlichen Gala, zu der Abgesandte aller teilnehmenden Betriebe eingeladen waren, erhielten die siegreichen Lebensmittelerzeuger ihre Urkunden. Die Ehrung nahmen Ministerpräsident Reiner Haseloff und Landwirtschaftsminister Sven Schulze vor.

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Kulinarisches Sachsen-Anhalt 2023: Die Preisträger

In 17 Produktgruppen und einer Sonderkategorie vergab eine Fachjury in diesem Jahr Kulinarische Sterne an folgende Unternehmen:

Kulinarisches Sachsen-Anhalt 2023
Für ihren Biocamembert de Altmarque erhielt die Bauer Freigeist GmbH aus Wiepke, hier vertreten durch Linda Becker und Anja Schellbeck (v.l.), einen Stern. (c) Detlef Finger
Kulinarisches Sachsen-Anhalt 2023
Der Obsthof von Alexander und Monique Müller (M.) in Querfurt wurde im Wettbewerb „Kulinarisches Sachsen-Anhalt“ schon des Öfteren ausgezeichnet. Diesmal gab es einen Stern in der Kategorie Spirituosen für ihren Gin No. 2, der sich durch eine frische Zitrus- und Wacholdernote sowie einen Hauch von Apfel der Sorte Topaz auszeichnet. Die Ehrung des Unternehmerehepaares nahmen Sachsen-Anhalts Ministerpräsident, Reiner Haseloff (l.), und Landwirtschaftsminister Sven Schulze gemeinsam vor. (c) Detlef Finger

Wettbewerb Kulinarische Sterne: Es gibt keine Verlierer

Die Prämierung ihrer Spitzenerzeugnisse ist für die Hersteller der Nahrungs- und Genussmittel nicht nur ein Beleg ihres Könnens, sondern hat auch einen Marketingeffekt. Denn die Sterne-Produkte erfreuen sich – auch dank der medialen Berichterstattung – in der Regel eines wesentlich gesteigerten Kundeninteresses.

Stolz sein könnten indes nicht nur die jeweils drei Finalisten jeder Kategorie, die auf der Galaveranstaltung im Palais am Fürstenwall von Moderator Stefan Timm-Zock namentlich samt ihren in die Endauswahl gekommenen Produkten genannt wurden, sondern sämtliche Betriebe, die sich am Wettbewerb beteiligt haben, betonte Regierungschef Haseloff.

77 Unternehmen hatten sich diesmal mit insgesamt 120 Produkten beworben. Manche hatten gleich mehrere Leckereien in einer oder verschiedenen Kategorien zur Bewertung vorgestellt. Seit dem Start des Landeswettbewerbes vor sieben Jahren sind damit nahezu 800 Produkte eingereicht worden, 113 davon wurden bisher mit einem Stern dekoriert.

Unter den diesjährigen Preisträgern sind sowohl Neulinge als auch „Wiederholungstäter“. Beworben hatten sich wie schon in den Vorjahren vor allem auch Kleinerzeuger- und handwerkliche Betriebe sowie Direktvermarkter. Regierungschef Haseloff zollte als Schirmherr des Wettbewerbes allen Teilnehmenden großes Lob für ihr Engagement und ihre Kreativität beim Entwickeln kulinarischer Innovationen.

Agrarminister Schulze zufolge leistet der Wettbewerb einen wertvollen Beitrag zur zielgerichteten Vermarktung heimischer Produkte und zur regionalen Wertschöpfung. Beide zeigten sich von der Vielfalt der Köstlichkeiten angetan. Die Produktpalette hält für jeden Geschmack etwas bereit.

Spezialitäten-Box folgt

Träger des Wettbewerbes ist das Ministerium für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten in Zusammenarbeit mit der Agrarmarketinggesellschaft Sachsen-Anhalt (AMG). Er setzt sich zum Ziel, mehr öffentliche Wertschätzung für die Land- und Ernährungswirtschaft als wichtigen Wirtschaftszweig des Landes zu entwickeln und den Bekanntheitsgrad qualitativ hochwertiger Regionalprodukte zu erhöhen.

Als besondere Geschenkidee gibt es jedes Jahr eine neue Auflage der „Kulinarischen Sterne-Box“, die ausgewählte Gewinnerprodukte enthält. Diese wird ab September wieder online unter www.anhaltshop24.de erhältlich sein.

Weitere Infos: www.kulinarische-sterne.sachsen-anhalt.de

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Die „Hühner-WG“ ist ein Slogan zu dem sich jeder sein eigenes Bild im Kopf machen kann. Somit bleibt es im Gedächtnis und schafft Sympathie (c) IMAGO/Countrypixel
Holzbretter online: Direkt vom Forstdienstleister

Neben klassischen Dienstleistungen realisiert ein Forstunternehmen in Sachsen-Anhalt mit einem Onlineshop für Schnittholz eine deutschlandweit wohl einmalige Wertschöpfungskette – Timbercut.

Von Wolfgang Rudolph, Bad Lausick

Die Rollen der Akteure sind im traditionellen Holzgeschäft klar verteilt. Beginnend beim Forstbetrieb, der die Bäume erntet und grob aufbereitet, gelangen die Stämme ins Sägewerk und schließlich über den Holzhandel zum Kunden. Für alle Zeit festgeschrieben ist das allerdings nicht.

Mit Blick auf das Angebot kleinerer, auch mobiler Sägewerke liebäugelt wohl so mancher Forstdienstleister mit dem Gedanken einer direkten Vermarktung von Schnittholz, um von der erweiterten Wertschöpfung zu profitieren. Das Problem ist der aufwendige Verkaufsprozess.

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Holzbretter online: Ein-Mann-Firma wurde moderner Dienstleister

Es gilt nicht nur, fortlaufend Kunden in einem größeren Umkreis zu akquirieren und das bestellte Holz zuzuschneiden, sondern auch den Versand zu organisieren. Hinzu kommen Werbung, Kundenverwaltung, Rechnungslegung – eben alles, was zum Handel gehört. Unüberwindliche Hürden für ein Forstunternehmen mit wenigen Mitarbeitern, möchte man meinen.

„Doch es geht“, hält Justin Kollautz dagegen. Der Juniorchef des Forstdienstleisters Timbercut in Söllichau (Sachsen-Anhalt) betreibt einen Onlineshop mit Schnittholzkonfigurator. Im Timberstore können Kunden nicht nur Forstartikel, sondern auch auf Maß zugeschnittene Kanthölzer und Bretter aus Eiche, Robinie, Kiefer oder Lärche für individuelle Holzkonstruktionen erwerben und sich anliefern lassen.

Ausgangsmaterial sind Baumstämme, die das Unternehmen bei Durchforstungs- und Pflegearbeiten für ihre Auftraggeber erntet und im betriebseigenen Wood-Mizer-Bandsägewerk verarbeitet. „Mit unserem Ende 2020 gestarteten E-Commerce-Angebot sind wir ganz offensichtlich in eine Marktnische gestoßen. Mittlerweile liegt hier der monatliche Umsatz ohne große Werbung im mittleren fünfstelligen Bereich. Zwei Mitarbeiter wurden zusätzlich angestellt. Und wir erzielen Gewinn“, freut sich der 27-jährige über die positive Entwicklung.

Timbercut Sägewerk
Das Sägewerk des Forstbetriebes kann Stämme bis zu 5 m Länge und 60 cm Dicke zu Schnittholz aufbereiten. Versandfertig abgepackte Bündel Eichenbohlen. (c) Carmen Rudolph

Junior steigt nach „Wanderschaft“ ein

Neben ihm steht Vater Holm Kollautz und schmunzelt. Der Firmeninhaber ist froh über die Rückkehr des Juniors ins Familienunternehmen. Obwohl Justin seine Kindheit zu einem guten Teil zwischen Harvestern, Motorkettensägen und Rückezügen verbrachte, war das nach dem erfolgreichen Maschinenbaustudium in Mannheim und Braunschweig mit Masterabschluss, vor allem aber durch die anschließenden spannenden Jobs bei der Deutschen Bahn und VW Motorsport keineswegs sicher. Zur Entscheidung Justins mag neben Heimweh beigetragen haben, dass Holm Kollautz seinem Sohn bei den Modernisierungsvorhaben weitgehend freie Hand lässt und den damit verbundenen Investitionen zustimmte.

Der in einer Försterfamilie aufgewachsene Seniorchef war selbst erst 20, als er das Unternehmen 1991 gründete, unmittelbar nach Abschluss seiner Ausbildung zum Forstwirt. Aus der Ein-Mann-Firma mit ausgemusterter DDR-Technik entwickelte sich in den zurückliegenden drei Jahrzehnten ein modernes Dienstleistungsunternehmen mit 19 Mitarbeitern.

Holzernte als Kerngeschäft

Den Maschinenpark bestimmen Forstmaschinen von John Deere. Bei den Harvestern sind das zwei 1070 und ein 1170, bei den Forwardern zwei 1210 sowie je ein 1010 und ein 1110. Hinzu kommen weitere Maschinen wie ein Kotschenreuther-Forsttraktor mit Bergstütze und Doppeltrommelwinde, ein Radlader, ein Case-IH-Traktor für Anbaugeräte zum Waldbau wie Räumrechen oder Mulcher, MDB-Funkmähraupe und Lkw.

Das vorwiegend in den Nadelholzbeständen der Dübener und Dahlener Heide, aber auch in weiteren Waldgebieten Sachsen-Anhalts, Sachsens und Bayerns tätige Unternehmen bietet Waldbesitzern das komplette Programm von der Aufforstung bis zum Einschlag, wenn gewünscht auch die Holzvermarktung. „Unser Kerngeschäft ist die Holzernte.

Pro Maschinenduo zum Fällen und Rücken kommen jährlich etwa 20.000 Festmeter zusammen. Bei stärkerem Schadholz haben die Teams in jüngster Zeit aber auch schon bis zu 100.000 Festmeter im Jahr aus dem Wald geholt“, beschreibt der heute 51-jährige Firmeninhaber das Leistungsprofil.

Bildergalerie: Timbercut – Holzbretter online

Firmenchef Holm Kollautz

Firmenchef Holm Kollautz an seinem selbst gefertigten Schreibtisch. Er gründete den Forstbetrieb vor 30 Jahren unmittelbar nach seiner Ausbildung zum Forstfacharbeiter. (c) Carmen Rudolph

Vater und Sohn

Holm Kollautz ist froh, dass Sohn Justin nach Maschinenbaustudium und Jobs in großen Unternehmen in den Forstbetrieb nach Söllichau zurückgekehrt ist und sein Wissen einbringt. (c) Carmen Rudolph

Timbercut Polter

Die Standorte der Polter lassen sich über das modifizierte Trackingsystem mit einem Knopfdruck in die Karte einpflegen und im Büro mit Angaben zu Holzart, Längen, Menge und Qualität ergänzen. (c) Carmen Rudolph

Harvestereinsatz Timbercut

John Deere 1070G mit Aggregat H413 bei der Durchforstung in einem Schwarzkieferbestand.Der Rückezug folgt dann der digitalen Spur des Harvesters. (c) Carmen Rudolph

Mitarbeiter Peter Huth prüft die Winkelgenauigkeit

Mitarbeiter prüft nach den ersten beiden Schnitten eines Lärchenstamms die Winkelgenauigkeit. (c) Carmen Rudolph

MDB-Funkmähraupe Timbercut

MDB-Funkmähraupe LV 600 mit Mulchkopf, hier gesteuert von Mitarbeiter Thomas Kohnert, auf einem Deponiegelände bei Delitzsch. (c) Carmen Rudolph

Timbercut-Team bei Arbeiten mit dem Freischneider

Marcel Genthe vom Timbercut-Team bei Arbeiten mit dem Freischneider auf Bereichen, die für die Funkmähraupe schwer zugänglich sind. (c) Carmen Rudolph

Digital Europe Programme: EU förderte

Beim Eintritt in das väterliche Unternehmen hatte der Heimkehrer nach eigener Aussage ziemlich genaue Vorstellungen über die anstehenden Modernisierungsprojekte. Im Mittelpunkt sollte dabei die Digitalisierung der Betriebsabläufe stehen.

„Während des Studiums hatte ich dazu ja schon viele Anregungen bekommen. Bei meinen Tätigkeiten in den großen Unternehmen habe ich ganz praktisch erfahren, wie sich etwa durch Apps zur intelligenten Datenauswertung oder die Nutzung des Internets komplizierte Prozesse wie die Organisation einer digitalen Handelsplattform mit überschaubarem Zeitaufwand bewältigen lassen“, erläutert Justin Kollautz.

Er entwickelte ein Digitalisierungskonzept für den Forstbetrieb, das neben dem später mit einem Schnittholzkonfigurator erweiterten Onlineshop auch ein preiswertes GPS-Tracking für Forstmaschinen und Polterplätze, ein weitestgehend papierloses Büro auf Basis eines Warenwirtschaftsprogrammes mit Kundendatei und den Aufbau von Social-Media-Kanälen zur Kundenbindung und Imagepflege enthält. Damit bewarb er sich um eine EU-Förderung im Rahmen der „Digital Europe Programme“ und hatte Erfolg.

„Die finanzielle Unterstützung in Höhe von 70 Prozent unter anderem für die Erstellung der Firmenwebsite und die professionelle Programmierung des Onlineshops war eine wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Starthilfe“, blickt Justin Kollautz zurück. Die IHK Sachsen-Anhalt würdigte die unternehmerische Initiative 2022 mit dem mit 5.000 € dotierten ersten Platz im Wettbewerb „Digitale Erfolgsgeschichten“.

Das von einem 18,5-kW-Elektromotor angetriebene stationäre Sägewerk Wood-Mizer LT70 Remote befindet sich unter dem Vordach einer Halle auf dem 17.000 m2 großen Timbercut-Betriebsgelände in Söllichau. Die Investition von rund 60.000 € kann bis zu 5 m lange Stämme mit einer Stärke von 60 cm verarbeiten.

Verlustarmer Zuschnitt

Bei der gewählten Maschinenvariante Remote fährt der Sägekopf in Richtung Bedienpult und schiebt beim Zurückfahren das abgeschnittene Holz auf ein Förderband, das es auf einen Sortiertisch Marke Eigenbau befördert.

Dort erfolgt das Ablängen entsprechend der Kunden-Bestellungen. Schnittholzreste können regionale Abnehmer als Brennholz erwerben oder sie werden nach der Verarbeitung zu Hackschnitzeln verarbeitet und vermarktet. Die abgesaugten Späne nutzen Pferdehöfe und Hühnerhalter als Einstreu.

Beim Sägen und Ablängen der Kanthölzer und Bretter müssen die Mitarbeiter überlegt vorgehen, um die maximale Schnittholzmenge aus den Stämmen herauszuholen. Da der Schnittholzkonfigurator eine Auswahl diverser Kantenmaße und Längen ermöglicht, ist das quasi ein umgekehrtes 3D-Puzzle für Fortgeschrittene.

Holzbretter online: Versand

Eine weitere Herausforderung ist die Kalkulation der Versandkosten. „In der gegenwärtigen Shopversion behandeln wir alle Bestellungen, die nicht selbst abgeholt werden, zunächst als unverbindliche Anfrage“, informiert Justin Kollautz. Der Preis für den ausgewählten Umfang an Schnittholz werde im Konfigurator des Shopsystems zwar angezeigt.

Aber es mache natürlich einen Unterschied, ob die Ware nach Leipzig oder München geliefert werden soll und ob sie 100 kg oder 2 t wiegt. Zu Beginn jedes Arbeitstages sichte er die eingegangenen Bestellungen, ermittle die günstigste Versandoption und unterbreite dem Kunden per Mail ein Angebot mit dem Endpreis und dem möglichen Liefertermin.

„Da zieht dann schon mal ein entfernt wohnender Interessent seinen Auftrag zurück oder reagiert nicht auf die Mail“, berichtet Shopbetreiber Kollautz. Hier gebe es aber durchaus regionale Unterschiede. So würden Kunden aus Bayern und Baden-Württemberg den Bestellvorgang selten abbrechen. Das liegt vermutlich daran, dass Bauholz in diesen Bundesländern oft teurer sei und der Timberstore-Endpreis, also inklusive Anlieferung, somit eher als konkurrenzfähige Alternative in Betracht gezogen werde.

Preisakzeptanz und eine wachsende Nachfrage registriere er ebenso bei gewerblichen Abnehmern, da diese sich in den jeweils aktuellen Holzpreisen auskennen und den Vorteil, der durch den Wegfall von Verschnitt entsteht, in ihre Kalkulation einbeziehen.

Justin Kollautz im Lager
Justin Kollautz im Lager. Der Versand von Forstartikeln wie Sägeketten und Führungsschienen war die Urzelle des Onlineshops Timberstore. (c) Carmen Rudolph
Timbercut Ketten schärfen Service
Zum Angebot des Onlineshops gehört ein Schärfservice für Sägeketten zum Festpreis von 5 €, unabhängig von der Kettenlänge. Die Maschine dafür bedient Clemens Schatz. (c) Carmen Rudolph
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Holzstapel, sogenannter Polter
Das Bundeskartellamt erteilte 2009 länderspezifische Auflagen für Forstbetriebe. Die Folge: Einstellung der gemeinschaftlichen Holzvermarktung. Hundertausende Eigentümer können den Verkauf ihres Holzes allein gar nicht stemmen. © Sabine Rübensaat