CNG-Tankstelle in Thüringen: Biomethan tanken

Seit wenigen Tagen können Traktoren, Pkw oder Lkw an der Frohndorfer Landmilch GmbH Biomethan tanken. Der Thüringer Ökobetrieb liefert das Rohbiogas, was der Gasversorger Ohra Energie aufbereitet und verkauft.

Von Frank Hartmann

Sie gehört bundesweit zu den ersten „Hoftankstellen“ ihrer Art. In Ostdeutschland gilt die CNG-Tankstelle an der Frohndorfer Landmilch GmbH als Novum. Seit wenigen Tagen können ihre beiden 175-PS-Schlepper (New Holland, Methane Power) an der öffentlich zugänglichen Zapfsäule in Frohndorf bei Sömmerda mit Biomethan betankt werden. Hierbei handelt es sich um ein Kooperationsprojekt zwischen dem Milchviehbetrieb und der Ohra Energie GmbH.

Letztere ist ein regionaler Energieversorger, der in Westthüringen rund 70 Orte mit Erdgas bzw. Flüssiggas, Strom und Wärme versorgt. Seit 2010 schon bezieht die Ohra Energie von einer größeren landwirtschaftlichen Biogasanlage unweit von Gotha (GraNottGas GmbH, Grabslebe) Biogas, das in Erdgasqualität aufbereitet in das Ferngasnetz eingespeist wird.

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CNG-Tankstelle in Thüringen: Raffiniertes System

In den Händen der Ohra Energie liegt in Frohndorf die Aufbereitung des Rohbiogases und das Tankstellengeschäft. Für dieses Leuchtturmprojekt nahm man rund 1,2 Mio. € in die Hand, wobei gut 250.000 € EU- und Landesmittel als Förderung gewährt wurden. Das Institut für Biogas, Kreislaufwirtschaft und Energie von Dr. Frank Scholwin aus Weimar hatte zuvor eine Machbarkeitsstudie erstellt und das Projekt begleitet.

Den Rohstoff liefert die Biogasanlage des Agrarbetriebes mit einer elektrischen Leistung von 375 kW. Anfang dieses Jahres endete nach 20 Jahren ihre EEG-Vergütung. Das vor Augen, so Enrico Bergmann, bei der Frohndorfer Landmilch sowohl für die Umstellung auf den Ökolandbau als auch das CNG-Projekt verantwortlich, begann man frühzeitig mit der Suche nach Alternativen zum wirtschaftlichen Betrieb der Biogasanlage jenseits der Stromerzeugung – stets unterstützt vom Gesellschafter, der Boreas.

Realisiert hat die einstufige Aufbereitungsanlage die Firma EnviTec Biogas. Das sei nichts von der Stange, betont Volkmar Braune, Technischer Leiter der Ohra Energie. Herzstück und Clou des Systems sind die lediglich fünf Membranen, die bei einem Druck von 10 bar das CO2 vom Methan trennen. Hiernach gelangt das Biomethan unter einem Druck von 300 bar direkt in die Gasflaschen des Tanklagers. Zuvor wird das geruchlose Gas „odoriert“ – ihm wird aus Sicherheitsgründen in Mikrodosierung ein Geruchsstoff beigefügt.

Das Restgas, bestehend aus CO2 und Methan, steht dem thermischen Kreislauf der Biogasanlage zur Verfügung. Die komplette Aufbereitungstechnik samt Tanklager findet in einem 13,5 m langen Container Platz.

Aufbereitungstechnik im Container
Die gesamte Aufbereitungstechnik, mit Ausnahme der Kühlung, findet in diesem Container Platz. Dazu kommen die Tanksäule und das Kartengerät zum Bezahlen. (c) Sabine Rübensaat

Bioenergie: Überschuss ins Netz

Verlegt sind bereits die Rohre zum Mitteldruck-Gasnetz der Sömmerdaer Energieversorgung GmbH. Sie wird neben der Tankstelle Technik errichten, um überschüssiges Biomethan in ihr Netz einzuspeisen. Das wird Braune zufolge eher im kleinen Maßstab erfolgen. Man rechne fest damit, dass neben den privaten Pkw auch Lkw die CNG-Tankstelle nutzen, die bereits in einschlägigen Apps wie www.gibgas.de gelistet ist.

500 kg CNG kann die permanent produzierende Anlage maximal speichern. Der Methan-Schlepper von New Holland fasst in seinen fünf Tanks insgesamt 79 kg, mit denen er eine Tagesschicht bewältigt. Vier Minuten dauert sein Auftanken.

Lager
Gut 500 kg komprimierten Treibstoff fasst das Lager. (c) Sabine Rübensaat

Stärkerer Schlepper

New Holland hat von seinen 175-PS-CNG-Maschinen europaweit bisher 250 Stück verkauft. Klaus Senghaas, beim Traktorenhersteller für alternative Kraftstoffe verantwortlich, kündigte an, auf der diesjährigen Agritechnica einen 270-PS-Methanschlepper zu präsentieren, der Ende 2024 vom Band laufen soll.

Braune stellt heraus, dass die CNG-Anlage von ihrer Dimension her wohl nicht direkt kopiert werden wird. Denn eine Aufbereitungsanlage, die die zwei- oder dreifache Kapazität besitzt, koste nur unwesentlich mehr. Insofern sei dies für die Ohra Energie ein Projekt, mit dem man zeige, dass die dezentrale Produktion von nahezu 100 % CO2-freiem Kraftstoff in kleinem Maßstab technisch möglich sein kann – und das ohne Methanverluste.

Biogas und CO2 Zertifikate

Die Wirtschaftlichkeit der Tankstelle fuße nicht allein auf dem CNG-Verkauf, sondern auch auf dem Handel mit Treibhausgasminderungs-Zertifikaten.

Deren Wertigkeit bestimmt vor allem die Biogasproduktion. Gülle und Mist sind die Grundlagen des Substratmixes aus ökologischer Wirtschaftsweise, den etwa 4 t Abraum vom Maissilo und 1 t Grassilage komplettieren. Wie Enrico Bergmann berichtet, musste im Zuge der CNG-Produktion lediglich die Entschwefelungstechnik der Biogasanlage auf reinen Sauerstoff umgerüstet werden. Im Zuge der Ökomilchkuhhaltung reduzierte sich der Gülleanteil und kam Festmist hinzu.

Strom von den Dächern

Neben der Bioenergie hat der Landwirtschaftsbetrieb auf seinen Dachflächen Photovoltaik mit einer Leistung von 1,5 MW installiert. Das ist mehr Strom, als man selbst verbrauche, so Bergmann. Perspektivisch werde daher Hof-und Stalltechnik mit Elektroantrieben angeschafft. Erwartungsvoll blickt er auf die Methanschlepper mit 270 PS Leistung, die man auf schweren Böden benötigt.

Kommende Woche besucht Dr. Frank Scholwin mit den Tagungsteilnehmern des zweiten „Biomethantages Weimar“ die Frohndorfer Anlage. Perspektivisch sieht er bundesweit 700 bis 800 Biogasanlagen bis 2030 Biomethan produzieren – viele davon, aufgrund von Gülle und Größe, im Osten. Wenn die Politik es zulässt, wird nicht allein in Gasnetze eingespeist, sondern auch Kraftstoff vor Ort angeboten.

Bildergalerie: Bio-CNG-Tankstelle in Thüringen

CNG-Tankstelle, Frohndorfer Landmilch GmbH

Öffentliche CNG-Tankstelle am Betriebsgelände. Hier kooperieren der Thüringer Agrarbetrieb und der Energieversorger. (c) Sabine Rübensaat

CNG-Tankstelle

CNG-Tankstelle in Frohndorf bei Sömmerda. (c) Sabine Rübensaat

Herzkammer

In der Herzkammer des Systems: Volkmar Braune an den fünf Membranen. (c) Sabine Rübensaat

Biogasanlage

Für die Biogasanlage endete nach 20 Jahren die EEG-Vergütung. Man fand eine Alternative jenseits der Stromerzeugung. (c) Sabine Rübensaat

CNG-Tankstelle in Thüringen

CNG-Tankstelle in Betrieb. (c) Sabine Rübensaat

Frohndorf stellt auf Ökolandbau um

Rund 1,3 Mio. € investierte der Frohndorfer Betrieb in den Umbau seiner Milchviehhaltung. Seit einem Jahr liefern die gut 550 melkenden Kühe Biomilch nach Naturland-Standards an die BMI-Molkerei in Jessen. Zuvor wurden rund 1.100 Kühe mit 11.000 kg Jahresleistung gemolken. Die Milchproduktion überführte man in die neu gegründete Landmilch GmbH, die 720 ha ökologisch bewirtschaftet.

Enrico Bergmann an den Weideflächen
Enrico Bergmann an den Weideflächen. (c) Sabine Rübensaat

Gut 420 ha gehören noch zum „Ursprungsbetrieb“, der Agrar GmbH Frohndorf, die weiterhin konventionellen Ackerbau betreibt. Die Hülle der alten 2.000er-Milchviehanlage blieb stehen. Es gibt Dachöffnungen für den Außenklimakontakt. 8.000 m2 Spaltenböden wurden entfernt, die Laufgänge auf 5,20 m verbreitert. Als Einstreu dienen sowohl Stroh (Jungrinder/Kälber) als auch ein Feststoffeinstreu-Kalk-Gemisch. Die Feststoffe liefert ein Gülleseparator

Für den Weidegang stehen um die Anlage herum 64 ha Ackerflächen portionsweise und wechselnd mit Ackergras oder etwa Luzernegemischen zur Verfügung. 385 ha der Ökofläche haben ab diesem Sommer die Umstellung abgeschlossen, die übrigen im Jahr 2024. Seit mehreren Jahren schon können die Frohndorfer auf 400 ha Fläche beregnen. 2019 veräußerten die 54 Mitglieder der vormaligen Agrargenossenschaft ihre Anteile an das Dresdner Windenergieunternehmen Boreas.

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Förderung zur Ernteversicherung: Zuschuss für Prämien

Der Freistaat Thüringen fördert von nun an Versicherungskosten gegen klimabedingte Ernteschäden an Sonderkulturen sowie im Wein-, Obst- und Gemüsebau. Die erste Antragsrunde startete in dieser Woche und endet Mitte Juli.

Bis zum 15. Juli können Sonderkulturbetriebe die erstmals aufgelegte Förderung für Ernteversicherungen beantragen. „Mit dem neuen Förderprogramm bieten wir Anbaubetrieben in den Bereichen Obst, Gemüse, Wein, Hopfen, Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen Anreize, Ernteversicherungen gegen klimabedingte Ertragsverluste wie Dürre und Starkregen abzuschließen. Wir wollen die regionale Produktion stärken“, erklärte Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij.

Zudem müsse der Freistaat die Betriebe dabei unterstützen, die Folgen der Klimakrise zu bewältigen und sich an die Klimaveränderungen anzupassen.

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Förderung zur Ernteversicherung: Antrag stellen

Jährlich stünden von nun an für das Programm eine Million Euro bereit, finanziert aus Landes- und EU-Mitteln. Mit bis zu 50 % können die von den Agrarbetrieben gezahlten Nettoprämien für schadens- oder indexbasierte Ernteversicherungen gegen Ertragsverluste durch Sturm, Starkfrost, Starkregen, Überschwemmungen, Trockenheit und Hagel bezuschusst werden. Das Risiko Hagel ist nur im Rahmen von Mehrgefahrenversicherungen förderfähig.

Laut Agrarministerium häuften sich infolge der Klimakrise extreme Wetterereignisse, die vor allem bei den landwirtschaftlichen Sonderkulturen hohe Ernteausfälle verursachen würden. In den vergangenen Jahren gerieten Betriebe wegen klimabedingter Ernteausfälle immer öfter in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Trotz teurer freistaatlicher Hilfsprogramme ging der in Thüringen traditionell verankerte Anbau von Sonderkulturen zurück, insbesondere bei Freilandgemüse und Baumobst. Diese Entwicklung sei besorgniserregend. Man kämpfe daher mit politischen Maßnahmen dagegen an, so die Ministerin.

Mit öffentlich geförderten Risikoversicherungen ließen sich klimabedingte Ernteausfälle finanziell besser auffangen und so betriebliche Existenznöte und teure staatliche Soforthilfen vermeiden.

Anträge auf Förderung können von landwirtschaftlichen Unternehmen aller Rechtsformen mit steuerlichem Betriebssitz in Thüringen gestellt werden, sofern deren Geschäftstätigkeit die Primärproduktion von Obst, Gemüse, Wein, Hopfen und/oder Heil-, Duft- und Gewürzpflanzen umfasst.

Anträge sind an das Thüringer Landesverwaltungsamt zu richten, das die Anträge prüft, bearbeitet und bewilligt. (red)

Hier gibt es mehr Informationen zur Antragstellung und den Formularen

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Wagyu-Zucht: Neue Wege ohne Milch geht die thüringische Agrargesellschaft Herpf (c) IMAGO/Frank Sorge
Oder-Konferenz 2023: Goldalge lauert auf ihre nächste Chance

Einen ergebnisorientierten, sachlichen Ansatz, die Oder vor einem neuen Fischsterben zu bewahren, verfolgte der Landkreis Märkisch-Oderland mit seiner Konferenz „Quo vadis, Oder?“ am 2. Juni 2023 im Kreiskulturhaus Seelow.

Von Heike Mildner

Landrat Gernot Schmidt, in Personalunion Präsident des Landesfischereiverbandes Berlin-Brandenburg und Vorsitzender des Forum Natur Brandenburg, wollte eine Konferenz „auf Augenhöhe mit polnischen Akteuren“. Es sehe nicht gut aus für die Oder, so Schmidt in der Eröffnung, mit öffentlichen Schuldzuweisungen komme man jedoch nicht weiter.

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Oder-Konferenz 2023: Zu hohe Salzgehalte

Und so berichtet der ostbrandenburgische Landrat, worüber vielleicht Elzbieta Polak, Marschallin der Woiwodschaft Lebuser Land, informiert hätte, wenn sie nicht wegen einer anderen Veranstaltung ihre Einladung nach Seelow abgesagt hätte: was in Polen bisher getan wurde, um illegale Einleitungen zu verhindern, und dass nicht nur der Salzgehalt in der Oder zu hoch ist – in Frankfurt (Oder) werden derzeit 1.400 Mikrosiemens je Zentimeter gemessen – sondern auch die Salzfrachten der Saale kurz vor der Elbeinmündung bei Rosenburg (2400 mikroS/cm) und der Werra bei Witzenhausen (Hessen) mit 4.000 über dem kritischen Wert von 850 mikroS/cm liegen.

Goldalge verursacht Oder-Fischsterben

Ist das Wasser so salzig, kann sich die Goldalge Prymnesium parvum ausbreiten. Sie produziert das Gift, an dem im August 2022 etwa die Hälfte aller Fische in der Oder gestorben ist. Zu den 260 t geborgener Fischkadaver rechnet Dr. Christian Wolter vom Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin weitere 740 t, die auf den Grund gesunken sind, bevor sie geborgen werden konnten.

Fischsterben in der Oder, Nieschen
Fischsterben in der Oder 2022: Die angeschwemmten Fische aller Arten und Größen, darunter Barben, Quappen, Steinbeißer und kleine Störe, machen die einen still und traurig, andere wütend, in jedem Fall fassungslos. © Heike Mildner

Tragisch: Erst nach der Katastrophe wurde allgemein bekannt, wie groß der Fischreichtum in der Oder war. Blei, Quappe, Ostseeschnäpel, zahlreiche Gründlingsarten und der Baltische Steinbeißer zählten zu den Opfern der „komplett menschengemachten Katastrophe“, so Wolter. Zudem seien etwa 60 % des Großmuschelbestandes verloren gegangen. Eine Muschel filtriert 100 l Wasser pro Stunde.

Welche Auswirkungen der Verlust hat, sei noch offen, in jedem Fall werde die Oder dadurch noch sensibler für Algenblüten. Den Wissenschaftler beunruhigt besonders, dass die Oder nun mit Prymnesium parvum „geimpft“ ist, Zellen überall nachweisbar sind. Sie können sich auch bei niedrigeren Temperaturen und geringeren Leitfähigkeiten als im vergangenen August massenhaft vermehren.

Goldalge
Goldalgenblüte – Wissenschaftler beunruhigt besonders, dass die Oder nun mit Prymnesium parvum „geimpft“ ist und Zellen überall nachweisbar sind. (c) IMAGO / blickwinkel

Oder-Fischbestand und regeneration

Das Positive: „Fisch und Fluss geben sich ernsthaft Mühe, sich zu regenerieren“, sagt Wolter und macht das an den optimalen Frühjahrsbedingungen und aktuellen Beobachtungen der Jungfische fest. Er sieht zwei Möglichkeiten, dem Fluss zu helfen: Die Salzfrachten einzuschränken und die Umweltauswirkungen eines Ausbaus der Oder neu zu bewerten.

Prof. Dr. Krzysztof Lejcus, Direktor des Instituts für Umwelttechnik an der Umweltwissenschaftlichen Universität Breslau, sieht das ähnlich, gibt aber die polnische Sicht zu bedenken: Er vergleicht die Oder mit dem Rhein, geht auf die Bedeutung des Flusses für die polnische Industrie ein, um verständlich zu machen: Es ist nicht einfach, die Salzfrachten zu reduzieren.

Der Strukturwandel, den das Rhein-Ruhr-Gebiet schon hinter sich hat, stehe der polnischen Steinkohleregion noch bevor. Entsalzungsanlagen seien eine milliardenschwere Investition, die angesichts des nahenden Ausstiegs kaum realistisch erscheine. Lejcus gibt zu bedenken, dass auch hohe Stickstoff- und Phosphoreinträge die Algenblüte begünstige.

Bahnausbau klemmt

Der Ausbau des Flusses als Wasserstraße ist laut Lejcus selbst in Polen umstritten. Die Bahn als Transportweg sei viel ökologischer, ihr Ausbau klemmt aber auf deutscher Seite. Das Bundesverkehrsministerium für die Ostbahn zu begeistern, ist ein ebenso zähes Ringen von Land und Landkreis, wie das, Polen vom (rechtlich verbindlichen) Abkommen zur Verbesserung der Wasserstraßen von 2015 abzubringen.

Zahlreiche Oderfischer verfolgten die Konferenz. Außer Probefischen für die Wissenschaft werden sie auf nicht absehbare Zeit die Folgen der Katastrophe ganz direkt spüren. Sie sind auf Unterstützung vom Land angewiesen, zeigten Untersuchungen aus dem Institut für Binnenfischerei Potsdam zu Perspektiven der Erwerbs-und Freizeitfischerei, die Direktor Dr. Uwe Braemick vorstellte.

Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke war in Seelow. Seine Aussagen bleiben allgemein: Die Oder sei Lebensader der Region, das dramatische Fischsterben dürfe sich nicht wiederholen. Aber er blieb bis zum Schluss, und das darf vielleicht bei allen Fragwürdigkeiten als Hoffnungszeichen gedeutet werden, zumal der SPD-Politiker wenige Tage zuvor in Potsdam auch den Marschall der Partnerwoiwodschaft Westpommern auf die Probleme angesprochen hatte.

Die Goldalge lauert derweil auf ihre Chance, sich massenhaft zu vermehren. Sonntagsreden werden sie davon ebenso wenig abhalten wie juristische Klagen.

Öko-Feldtage 2023 Vorschau: Fokus auf Gemüse

Erstmals finden die Öko-Feldtage in Baden-Württemberg und zum ersten Mal auf einem Privatbetrieb statt. Hack- und Bewässerungstechnik wird vorgeführt und künstliche Intelligenz wird eingesetzt gegen Beikräuter. Was die Besucher wohl noch erwartet?

Von Klaus Meyer

Mitte Juni ist es so weit: 345 Unternehmen, Verbände und Organisationen präsentieren am 14. und 15. Juni 2023 auf dem Biohof Grieshaber & Schmid in Ditzingen-Hirschlanden in Baden-Württemberg ihre Leistungen. Der Treffpunkt der ökologischen Landwirtschaft informiert umfassend über Neuheiten aus Landtechnik, Pflanzenbau, Tierhaltung und Forschung.

Das detaillierte Fachprogramm mit Podiumsdiskussionen, Foren und Führungen zeigt, was die ökologische Landwirtschaft kann und wohin sie sich entwickelt.

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Öko-Feldtage 2023 Vorschau

Die Veranstaltung ist ein zweitägiger Treffpunkt für alle Ökobauern sowie alle Landwirte, die umstellen wollen oder nach neuen Methoden für eine umweltfreundliche Landwirtschaft suchen. Schwerpunkte des modernen Biolandbetriebs Grieshaber & Schmid nordwestlich von Stuttgart sind Acker- und Feldgemüsebau sowie Milchviehhaltung.

Diese und weitere Themen spiegeln sich auch im vielfältigen Programm der Öko-Feldtage wider. Es bietet eine Mischung aus Praxis und Forschung im ökologischen Pflanzenbau und in der Tierhaltung. In Vorführungen können sich Besucher Maschinen im praktischen Einsatz ansehen. Innovationsbeispiele zeigen Prototypen und Neuentwicklungen.

Neue Erkenntnisse zu Herausforderungen wie Tierwohl und Nährstoffmanagement werden in Foren behandelt und diskutiert. Zahlreiche Demoparzellen zeigen neue Getreide- und Leguminosenzüchtungen, hitzetolerante Kulturen wie Hirse und Kichererbsen, Zwischenfrüchte und vieles mehr.

Firmen und Verbände stellen ihre Betriebsmittel und Beratungsdienstleistungen vor. Im Umfeld des modernen Milchviehstalls präsentieren sich Ausstellende rund um das Thema Tierhaltung. Täglich finden Betriebsführungen zu den Themen Milchviehhaltung und Weidegang sowie Pflanzenbau und Wertschöpfungskette auf dem Biohof Grieshaber & Schmid statt.

Fokus auf Gemüse

Auf dem Feldgemüsebau liegt ein besonderer Fokus der diesjährigen Öko-Feldtage. Maschinenvorführungen geben Einblicke in neue Hacktechniken, auch mit autonomen Maschinen: Stichwort Künstliche Intelligenz.

Zudem können sich Besucher und Besucherinnen auf der direkt angrenzenden Fläche ganz praktisch anschauen, welche Bewässerungssysteme für den Standort infrage kommen und wie effizient, ressourcensparend und ökonomisch diese sind.

Fachleute demonstrieren zudem vielfältige Aspekte zum ökologischen Kartoffelanbau. Sie zeigen über 20 verschiedene Sorten, darunter zahlreiche neue Züchtungen, und ihre Eigenschaften.

Im Rahmen des Themen-Specials Agri-PV präsentieren Praktiker die Modellregion Agri-PV Baden-Württemberg und Firmen Modellanlagen und beleuchten aktuellen Fragestellungen zum Thema von vielen Seiten.

Innovationen und Feldroboter

Im Fokus der Innovationen stehen unter anderem autonom arbeitende Feldroboter, die mit künstlicher Intelligenz „trainiert“ werden und überwiegend im Feldgemüsebau zur Beseitigung von Beikraut zum Einsatz kommen sollen. Alle im Rahmen der Öko-Feldtage vorgestellten Prototypen und Neuentwicklungen befinden sich noch in der Entwicklung oder stehen kurz vor der Markteinführung.

Sie zeigen zukunftsweisende Ideen und Konzepte rund um die ökologische Landwirtschaft, um dieses Anbausystem weiterzuentwickeln und zu optimieren. Die Ideen und Konzepte werden nicht wie im vergangenen Jahr extra präsentiert, sondern am Stand des jeweiligen Ausstellers zu finden sein.

Bildergalerie: Öko-Feldtage 2023 Vorschau – Innovative Feldroboter

Röhrenmodule der tubesolar AG
Agri-PV: Die Röhrenmodule der tubesolar AG sind laut Hersteller licht- und wasserdurchlässige Photovoltaikmodule. Sie befinden sich horizontal über der Anbaufläche und werden in Leichtbauweise aufgeständert. Aufgrund der Durchlässigkeit sollen sie eine Teilbeschattung der Kulturen und einen wirksamen Hagelschutz bieten. Stand A 2.10www.tubesolar.de (c) Werkbild
Roboter Uckerbot von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
Roboter Uckerbot von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) ist kleiner als ein Kubikmeter, wiegt circa 100 kg und wird über zwei Gummiketten angetrieben. Im Inneren befinden sich ein Werkzeugträger, mit dem zielgerichtet Beikräuter angefahren und entfernt werden können. Die bildbasierte Erfassung erfolgt über Kameras und der eingebauten Künstlichen-Intelligenz-Recheneinheit. Dadurch kann der Roboter, der bald auch im Schwarm eingesetzt werden soll, vollkommen autonom agieren. Auch im Antrieb ist der Uckerbot unabhängig, da er mit Solarpanel ausgestattet ist. Stand B 9.7www.hnee.de (c) Werkbild
Verschieberahmen Hakura
Mit dem Verschieberahmen Hakura präsentiert Feldklasse einen für kupiertes Gelände und Hanglagen optimierten Rahmen für Hackmaschinen. Dank einer komplett stützradgeführten Bodenanpassung vor und hinter der Maschine sollen die Werkzeuge auch auf hügeligem Gelände immer gleich tief im Boden arbeiten. Zusätzlich zur Verschiebung, die nur noch den Versatz zur Reihe ausgleicht, sollen lenkbare Räder die Abdrift am Hang ausgleichen. Die bereits bekannten Werkzeuge von Feldklasse ermöglichten zeitgleich einen erosionsmindernden Anbau, beispielsweise mit dem Strip-Till-Verfahren. Stand B 1.4www.feldklasse.de. (c) Feldklasse
eWender E 350
Der eWender E 350 mit teilautonomen Funktionen von JT RecTec soll Kompostmieten eigenständig umsetzen. Aufgrund des elektrischen Akkubetriebs soll der eWender deutlich weniger Ressourcen als konventionelle Modelle verbrauchen und keine treibhausgasrelevanten Emissionen ausstoßen. Den Umsetzprozess soll der E 350 komplett autonom übernehmen. Sensoren erkennen die Miete und steuern den Umsetzer ohne Eingriff des Bedieners. Die Maschine soll sich insbesondere für kleinere Kommunen, Garten- und Landschaftsbauer und landwirtschaftliche Betriebe eignen. Stand B 4.6www.jt-rectec.com. (c) Werkbild

Öko-Feldtage 2023: Infos für Besucher

Wann: 14. und 15. Juni 2023, täglich 9 bis 18 Uhr

Wo: Biohof Grieshaber & Schmid, Im Weidle 3, 71254 Ditzingen

Eintritt: Tageskarte 20 €, Ermäßigt 10€

Tickets: können im Vorfeld über den Online-Ticketshop (www.messe-ticket.de/FIBL/OekoFeldtage2023/) erworben werden. Tickets sind vor Ort bar zu bezahlen.

Anreise: Die Veranstalter empfehlen die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. S-Bahnen (S6, S60, S62) fahren regelmäßig vom Stuttgarter Hauptbahnhof und Weil der Stadt bis Ditzingen, von dort fährt ein kostenloser Shuttle zum Ausstellungsgelände.

Weitere Informationen: Geländeplan, Ausstellerverzeichnis, Vorträge und Diskussionen sowie Maschinenvorführung auf der Webseite der Öko-Feldtage: www.oeko-feldtage.de.

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Feldroboter
Die Maschinenvorführungen zeigten autonom fahrende Feldroboter, unter anderem den Geräteträger Agrointelli Robotti 150D (M.), hier mit Hacken ausgerüstet. Mehr als 12.000 Besucherinnen und Besucher kamen am 14. und 15. Juni auf den Biohof Grieshaber & Schmid in Ditzingen-Hirschlanden. (c) Bettina Karl
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Agrarroboter Unkraut Gemüse Neben der Unkrautregulierung übernimmt der Oz von Naio inzwischen auch die Saat, dank Technik von Ebra: Die Einzelkornmaschine wurde bisher händisch wie eine Schubkarre geführt.
Neben der Unkrautregulierung übernimmt der Oz von Naio inzwischen auch die Saat, dank Technik von Ebra: Die Einzelkornmaschine wurde bisher händisch wie eine Schubkarre geführt. (c) Werkbilder
Bundesmelkwettbewerb 2023: Triumph des Ostens

Dreifacherfolg für Mecklenburg-Vorpommern sowie Silber und Bronze für Thüringen und Sachsen beim Bundesmelkwettbewerb in Rheinland-Pfalz.

Mit einem historischen Erfolg für Mecklenburg-Vorpommern endete vorige Woche der 37. DLG-Bundesmelkwettbewerb auf dem Hofgut Neumühle in Rheinland-Pfalz: Ingrid Vogt (18) wurde beste Melkerin im Karussell und obendrein Gesamtsiegerin. Ansgar Gemballa (19) setzte sich in der Kategorie Kombi-Melkstand (Fischgräte/Side-by-Side) durch.

Dank dieser überragenden Gemeinschaftsleistung sicherten sich die beiden Azubis des Landwirtschaftsbetriebes Griepentrog in Steinhagen außerdem den Pokal für die Mannschaftswertung.

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Bundesmelkwettbewerb 2023 und ihre Sieger

Damit nahm das Duo alles mit, was es im 23-köpfigen Starterfeld zu gewinnen gab. Dass beide Nachwuchskräfte für ihren Beruf brennen und mit Leistungen überzeugen können, stellten sie zuvor nicht nur bei den Landesmelkmeisterschaften unter Beweis. Ingrid Vogt, Auszubildende im dritten Lehrjahr, stand kürzlich beim Landesentscheid des Berufswettbewerbes der Landjugend ebenfalls ganz oben auf dem Siegertreppchen.

Ansgar Gemballa, der im zweiten Lehrjahr lernt, holte sich nur wenige Stunden vor seiner Abreise nach Rheinland-Pfalz den Sieg der Azubis beim Pflügerwettbewerb in Neubukow Ausruhen auf den berühmten Lorbeeren gibt es für beide nicht: Auf Vogt wartet das Bundesfinale im Berufswettbewerb sowie die Facharbeiterprüfung zum Abschluss der Lehre. Gemballa muss seine Zwischenprüfung absolvieren.

Siegerteam MV Bundesmelken (v.l. Rüdiger Bissa, Ansgar Gemballa, Ingrid Vogt, Steffen Schildt)
Das Siegerteam aus Mecklenburg-Vorpommern: Ansgar Gemballa und Ingrid Vogt mit ihren Betreuern, Rüdiger Bissa (l) und Steffen Schildt (r.). (c) Wolfram Mertz

Zum Spitzenergebnis der ostdeutschen Teams beim Bundesmelken steuerte die Thüringerin Emely Amend die Silbermedaille im Kombi-Melkstand bei. Die ausgebildete Landwirtin ist im Unternehmensverbund der Milch-Land GmbH Veilsdorf beschäftigt und absolviert derzeit in Winterschulform die Fachschule für Agrarwirtschaft in Stadtroda. Beim letzten Landesmelken im Februar 2020 in Neumark war sie als Auszubildende Zweite geworden. Die damals Drittplatzierte, Denise Hillbrecht (Landwirtschaftliche Erzeugergesellschaft mbH Branchewinda, Dannheim), komplettierte das jetzige Thüringer Team.

Den Medaillensatz vervollständigte Chris Volkmann aus Sachsen mit Bronze im Kombi-Melkstand. Er arbeitet im elterlichen Familienbetrieb in Schönberg im Vogtland.

Für Sachsen-Anhalt nahmen mit Maria Kaselautzki und Lilly Greulich die aktuelle Landes- bzw. die Vizemeisterin teil. Die Tierwirtinnen lernen in der LLG in Iden bzw. der Landgut Elbeland Axien eG.

Für Brandenburg startete nach krankheitsbedingter Absage von Landessiegerin Laura Sophie Junkuhn der Drittplazierte, Christian Zaunig von der Landboden Bronkow Agrar GmbH, neben Vizelandesmeisterin Lucinda Madison Fredrich aus der Agrargenossenschaft „Fläming“ Feldheim.

Emely Amend im Melkstand
Emely Amend im Melkstand beim Vorbereiten auf das Bundesfinale. (c) Chris Volkmann
Chris Volkmann
Chris Volkmann im elterlichen Betrieb im vogtländischen Schönberg (Sachsen). (c) Wolfram Mertz

(red)

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Berufswettbewerb Landjugend: Praktische Aufgaben aus dem Berufsalltag galt es neben Theorietests bestmöglich zu erledigen. (c) LAJU MV
Solidarische Landwirtschaft: Erzeuger und Verbraucher als Partner

Drei Frauen planen bei Leipzig, eine Solidarische Landwirtschaft zu etablieren. Das Konzept fußt auf der Haltung von Schafen und Ziegen. Was fehlt, ist Weideland. Damit steht und fällt das Vorhaben.

Von Silvia Kölbel

Noch einmal etwas völlig Neues beginnen, etwas Nachhaltiges, wirtschaftlich Tragfähiges, etwas Zukunftsfähiges – das ist die Intention von Katrin Madela (42), Anne Fiedler (30) und Vera Breuninger (30).

Die drei Frauen aus dem Umland von Leipzig wollen eine Genossenschaft gründen. Grundlage des Konzeptes soll das Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft sein. Verbraucher und Erzeuger gehen eine Partnerschaft ein. Sie teilen die Erlöse untereinander und tragen die Verluste gemeinsam.

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Solidarische Landwirtschaft: Gute Haltungsbedingungen anbieten

Die Genossenschaft, die den Namen „Solidarische Landwirtschaft Leipziger Neuseenland“ tragen soll, hat noch eine weiten Weg vor sich. Nahziel sei, so Anne Fiedler, die in ihrem Berufsleben als Bauingenieurin tätig ist und die sich vor allem um die rechtliche Seite des Vorhabens kümmert, bis zum Herbst die Gründung der Genossenschaft in trockenen Tüchern zu haben. Für sie ist die Solidarische Landwirtschaft ein geeignetes Mittel, gemeinsam etwas zu schaffen und heranwachsende Kinder miterleben zu lassen, wie Lebensmittel entstehen.

Vera Breuninger, die bereits bei Solidarischen Landwirtschaften mitgearbeitet hat, sagt: „Uns ist es wichtig, den Tieren gute Haltungsbedingungen zu bieten. Auch, wenn wir ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept anstreben, soll doch nicht die Gewinnoptimierung im Vordergrund stehen.“

Die Genossenschaft und ihre Gründerinnen

Grundlage des Betriebes soll eine 40- bis 50-köpfige Schaf- und Ziegenherde sein sowie deren Nachzucht. Geplant ist die Verarbeitung und Verteilung von Milch, Käse und Joghurt sowie Fleisch und Wurst von Ziege und Schaf an die Mitglieder. Etwa 100 Verbraucher möchten die drei Frauen als Mitglieder der Genossenschaft gewinnen. Zur Gründung reichten zunächst 30 bis 40 Mitglieder, sagt Katrin Madela. Sie bringt die meiste Erfahrung in der Landwirtschaft mit.

Über viele Jahre hält sie Schafe, bisher im Hobbybereich. Sie hat einen Sachkundelehrgang über Schaf- und Ziegenhaltung besucht, ist gelernte Tierarzthelferin und verdient heute ihren Lebensunterhalt mit einer Hundeschule. Außerdem ist sie die Leiterin der Hundestaffel des Bundesverbandes für Rettungshunde/Rettungshundestaffel Leipzig. In dem Verein sind auch die drei anderen Frauen Mitglied. Im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit haben sie sich kennengelernt und gemeinsame Zukunftspläne geschmiedet.

Zurzeit betreuen die Frauen 17 Ziegen und zwölf Schafe, darunter Weiße Deutsche Edelziegen, Anglo-Nubier-Ziegen, Tiroler Bergschafe und Kreuzungstiere. Es ist ihnen gelungen, insgesamt 3,5 ha Grünland im Raum Borna und dem Leipziger Land zu pachten. Die Flächen arrondieren den Großen Börsenteich. In nur wenigen hundert Meter Entfernung verläuft die Landesgrenze zu Thüringen. „Ein Fischreibetrieb hat uns die Fläche zur Verfügung gestellt. In der Nähe von Leipzig konnten wir einen weiteren Hektar pachten. Dort stehen zurzeit unsere Böcke“, berichtet Katrin Madela.

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Weiße Deutsche Edelziegen sollen Milch liefern. (c) Silvia Kölbel
Anglo-Ziegen
Zum Bestand, der sich im Aufbau befindet, gehören bislang auch Anglo-Nubier-Ziegen. (c) Silvia Kölbel

Pachtung von Flächen ein Muss

Das Vorhaben der Genossenschaftsgründung steht und fällt mit der Möglichkeit, weitere Flächen pachten zu können. „Für uns wäre es günstig, wenn wir Grünland in der Nähe der schon vorhandenen Flächen pachten könnten, auch gerne Naturschutzflächen zur Landschaftspflege mit Schafen und Ziegen“, sagt Katrin Madela mit Blick auf das fast in Sichtweite befindliche Naturschutzgebiet der Haselbacher Teiche, das allerdings zu Thüringen gehört.

„Ob Sachsen oder Thüringen, das wäre uns egal. Flächen zu bekommen, ist der schwierigste Teil des Vorhabens“, musste Katrin Madela inzwischen feststellen.

Am Rand der Großstadt: Mitglieder gesucht

Zurzeit sind die drei Frauen damit beschäftigt, sich mit den rechtlichen Grundlagen einer Genossenschaft zu befassen und Mitglieder für die Gründung zu akquirieren. „Wir wollen dafür Feste und andere öffentliche Veranstaltungen nutzen“, sagt Katrin Madela. Sie geht davon aus, dass es durch die Nähe zu Leipzig kein allzu großen Problem sein dürfte, ausreichend Interesssenten zu finden.

Gerade die Bewohner der Großstädte seien für solidarische und nachhaltige Projekte offen, in deren Ergebnis sie hochwertige Nahrungsmittel erhalten. Die vielen bereits existierenden Solidarischen Landwirtschaften rund um Leipzig, die sich größtenteils mit Obst- und Gemüseanbau beschäftigen, seien Beweis für das Potenzial, über das die Stadt in dieser Hinsicht verfüge.

Nachhaltige Milch und Weidezelte

Auch beim Thema Milchverarbeitung wollen die drei Frauen auf Nachhaltigkeit setzen. „Wir wollen nicht hunderttausende Euro in eine Molkerei investieren, sondern bestehende Infrastruktur nutzen“, beschreibt Katrin Madela die Pläne. Sie stellt sich das so vor: „Wir suchen eine Molkerei mit freien Kapazitäten und mieten uns dort ein. Davon profitieren der Pächter und der Verpächter gleichermaßen.“

Vorgesehen sei, die Herde in zwei Gruppen zu teilen und die Ablammzeiten so einzurichten, dass immer eine laktierende Gruppe zur Verfügung steht, sodass über das gesamte Jahr Milch verarbeitet werden kann. Ergänzend dazu erhalten die Mitglieder zweimal jährlich Fleisch aus der Schlachtung der männlichen Lämmer, welche im Betrieb großgezogen werden sollen.

Da die Genossenschaft auch perspektivisch ohne Hofstelle auskommen soll, ist vorgesehen, den Tieren im Winterquartier Weidezelte als Schutz anzubieten. Die Heuernte möchten die Genossenschaftsgründerinnen auf eigenen Pachtflächen in Lohnarbeit erledigen lassen.

Die Flächen rund um die Teiche von Regis-Breitingen
Die Flächen rund um die Teiche von Regis-Breitingen eignen sich bestens zur Beweidung mit Schafen und Ziegen. (c) Silvia Kölbel

Jeder darf anpacken

Die Finanzierung soll über die Mitgliedsbeiträge, über Spenden und über Fördermittel erfolgen. „Zur Höhe der Mitgliedsbeiträge können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Auskunft geben. Auf jeden Fall prüfen wir aber schon, welche Förderprogramme für unsere Vorhaben geeignet sind, und wir wollen auch versuchen, Sponsoren zu finden“, erklärt Katrin Madela.

Es sei geplant, eine Vollzeitstelle für die Versorgung der Tiere und die Milchverarbeitung zu schaffen. Außerdem können sich die Genossenschaftsgründerinnen die Mithilfe von Praktikanten und FÖJlern vorstellen. Die Frauen selbst wollen jeweils im Rahmen einer nebenberuflichen Tätigkeit mitarbeiten. Vorstellbar sei auch, dass Mitglieder mitarbeiten. Das könne sowohl praktische Arbeit bei den Tieren sein oder auch Arbeit am Computer, je nach persönlichen Stärken und Interessen.

„Es wäre schön, wenn wir jemanden finden, der sich mit sozialen Medien gut auskennt und unsere Genossenschaft in der Öffentlichkeit präsentiert. Auf Facebook haben wir uns schon ein Profil eingerichtet. Genauso gut brauchen wir aber Leute, die sich um die Betreuung der Schafe kümmern, die Zäune stecken oder die täglichen Kontrolltätigkeiten übernehmen“, kann sich Katrin Madela verschiedene Arten von Unterstützung vorstellen.

In ihre Pläne haben die Existenzgründerinnen die Behörden von Anfang an einbezogen, um von Beginn an gesetzeskonforme Entscheidungen zu treffen. „Wir haben den Eindruck, dass die Behördenmitarbeiter unserem Vorhaben positiv gegenüberstehen“, sagt Katrin Madela.

Wer sich für die Solawi Neuseenland interessiert, kann sich unter kontakt@solawi-leipziger-neuseenland.de melden.

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Schäferei Nesges, die Schwestern im Stall
Anna (l.) und Marie Nesges im Schaf- und Ziegenstall in Liedekahle im Landkreis Teltow-Fläming, wo es von tapsig neugierigen Lämmern und Zicklein nur so wimmelt. (c) Sabine Rübensaat
Babesiose: Ein Tierarzt im Interview

Als Tierarzt in Wriezen wurde Ulf-Michael Stumpe im vergangenen Winter auf eine Hundekrankheit, die Babesiose, aufmerksam, die viele Gesichter hat und tödlich enden kann, wenn man sie nicht erkennt.

Von Heike Mildner

Als Partner landwirtschaftlicher Betriebe in Brandenburg verfolgt Tierarzt Ulf-Michael Stumpe die Strategie, sein Geld mit gesunden Kühen zu verdienen. Dazu gehört für ihn eine Tierhaltung in gesundem Maße, also zur Fläche passend. Vor 15 Jahren hat er als Tierarzt angefangen zu praktizieren, seit zwölf Jahren spricht er über Antibiotikareduktion.

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Babesiose: Interview mit Ulf-Michael Stumpe

Mit „seinen“ Milchviehhaltern hat er es auf 40.000 Liter Lebensleistung „seiner“ Kühe abgesehen. Neben den großen Tieren behandelt er in seiner Tierarztpraxis in Wriezen im ostbrandenburgischen Landkreis Märkisch-Oderland auch Kleintiere. Am Rande einer Tagung zum Thema Silagequalität sprachen wir ihn auf seine Erfahrungen mit der sogenannten Hundemalaria an.

Sie haben schon vor einigen Wochen in der Regionalzeitung über das Thema berichtet. Wie sind Sie darauf gekommen?

  • Wir hatten als kleine Tierarztpraxis im vergangenen Winter in kurzer Zeit vier Patienten mit Babesiose, auch als Hundemalaria bekannt. Eine von vielen Krankheiten, die durch Zecken übertragen wird. Die Krankheit zu diagnostizieren, ist schwierig. Ich interessiere mich schon lange für das Thema Infektionskrankheiten aus landwirtschaftlicher Perspektive: Was passiert, was wiederholt, was verändert sich? Spannend!
Ulf-Michael Stumpe

Sie sprechen gleich von mehreren Krankheiten …

Ursache: Klimawandel?

Aber diese Hunde müssen doch offiziell alle ein Gesundheitszeugnis haben, geimpft sein usw. …

Von Hund zu Hund verbreiten sich diese Krankheiten nicht?

Auwaldzecke auf einem Blatt
Die Auwaldzecke kommt derzeit verstärkt in Brandenburg vor und kann Babesiose auf den Hund übertragen. Wird die Krankheit nicht behandelt, kann sie für den infizierten Hund tödlich enden. (c) IMAGO / imagebroker

Gibt es Impfungen?

Wie erkenne ich oder der Tierarzt eine Babesiose?

Ist dem Hund zu helfen?

Mit welchen Kosten müssen Hundehalter rechnen?

Sind CVBD wie Babesiose meldepflichtig?

Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu Zecken?

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Blühende Wiese mit Frühling-Kreuzkraut
Frühlingskreuzkraut: Ein schöner, aber für Weidetiere wenig bekömmlicher Anblick. (c) Dr. Jens Radtke
Brandenburger Jersey Eis: Genuss und regionale Kreisläufe

Im brandenburgischen Baruth produziert Loreen Herrmann ein besonderes Eis – denn die Milch dafür stammt von reinrassigen Jersey-Kühen, die nur wenige Kilometer von der Manufaktur entfernt auf saftigen Wiesen grasen.

Von Bärbel Arlt

Nein, auf der Kanalinsel Jersey sind wir nicht, wenngleich die grünen Wiesen im Baruther Urstomtal, das nach der letzten Eiszeit durch das Abschmelzen der Eismassen entstand, durchaus etwas an die Insellandschaft erinnern, auf der die Wiege der inzwischen weltweit verbreiteten Jersey-Kühe steht.

Am Rande des Dorfes Schöbendorf im Landkreis Teltow-Fläming sind es an diesem sonnigen Frühlingstag 170 Milchkühe, darunter „Mega Girl“, die einfach mega ist.

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Brandenburger Jersey Eis: Jersey-Milchkühe

Sie sucht unsere Nähe, begrüßt uns neugierig und freundlich. Ihre Schwestern, die übrigens auch alle einen Namen haben, tun es ihr gleich. Mit ihren großen dunklen Augen schauen uns die Kühe an, beschnuppern und beschlecken uns, selbst die Kamera unserer Fotografin wird untersucht. Doch ganz plötzlich verlieren die Mädels das Interesse an uns, zeigen nur noch ihr Hinterteil und trotten gemütlich davon. Was ist passiert?

Rainer Schmitt, der Herr der Herde, schaut seinen hübschen vierbeinigen Damen schmunzelnd hinterher: „Sie sind heute das erste Mal auf dieser Weide und checken alles nach den besten Futterplätzen ab. Ist einer gefunden, zieht es sie alle dorthin, und wir sind halt nur noch Nebensache.“

Jersey-Kühe der Agrargesellschaft Baruther Urstromtal mit Geschäftsführer
Die hochwertige Milch für das cremige Eisige kommt von den Jersey-Kühen der Agrargesellschaft Baruther Urstromtal, die nur wenige Kilometer von der Eismanufaktur entfernt grasen. Geschäftsführer Rainer Schmitt setzt auf eine reinrassige Züchtung. (c) Sabine Rübensaat

Rainer Schmitt, seit 2015 Geschäftsführer der Agrargesellschaft Baruther Urstromtal, ist wie er selbst sagt „Jersey-Züchter mit Herz, Verstand und Seele“. Dafür sorgen aber nicht nur das hübsche Aussehen und das friedfertige Wesen der Kühe. Sie sind gegenüber anderen Rinderrassen auch gesünder, fruchtbarer, eignen sich hervorragend als Weidetiere, haben bessere Fundamente und liefern vor allem eine qualitativ hochwertige Milch – mit sechs Prozent Fett- und vier Prozent Eiweißgehalt.

Eismanufaktur im Alten Schloss von Baruth

Auch Loreen Herrmann ist vernarrt in die braunen Jersey-Rinder, liefern sie ihr doch die Milch für ihr Urstrom-Jersey-Eis. 500 Liter sind es, die pro Woche in einer kleinen Eismanufaktur im Alten Schloss von Baruth verarbeitet werden. An unserem Besuchstag wird Holunder-Sahne-Eis produziert. Insgesamt sind es stolze 70 Geschmacksrichtungen, darunter neben Milcheis auch fruchtiges und cremiges Sorbet, Stiel-und Softeis.

Abnehmer sind regionale Supermärkte, Eiscafés und Hofläden. Auch im Café „Alte Rösterei“ im Alten Schloss von Baruth, das auch als Frauenhaus bekannt ist, kann man das köstliche Eis genießen – bei schönem Wetter von einer Terrasse aus mit einem traumhaften Blick in den fast 200-jährigen und 22 Hektar großen Lenné-Park mit seinen mächtigen Bäumen, Wiesen, Teichen und Brücken.

Bildergalerie: Urstrom Jersey’s Eismanufaktur

Bei der Eisproduktion

Bei der Eisproduktion im alten Schloss Baruth. (c) Sabine Rübensaat

Produktion von Jersey Eis

In der Baruther Eismanufaktur füllt Mitarbeiterin Katya cremiges Holunder-Sahne-Eis in Gläser. Abnehmer sind Supermärkte, Eiscafés und Hofläden in der Region. (c) Sabine Rübensaat

Holunder-Sahne-Eis in der Produktion

Holunder-Sahne-Eis in der Produktion. (c) Sabine Rübensaat

Urstrom Jersey's Eismanufaktur, Blick zum Café

Blick zum Café. Urstrom Jersey’s Eismanufaktur im alten Schloss Baruth. (c) Sabine Rübensaat

Loreen Herrmann mit ihren Mitarbeiterinnen der Urstrom Jersey's Eismanufaktur

Loreen Herrmann mit ihren Mitarbeiterinnen Katya (l.) und Maxi (r.) auf der Terrasse des Cafés im Alten Baruther Schloss. (c) Sabine Rübensaat

Eismacherin für das Besondere

Selbst Eis zu machen – davon träumt Loreen Herrmann seit ihrem 14. Lebensjahr. Als Schülerin, so erzählt sie, hat sie bei einem Italiener in ihrer mecklenburg-vorpommerschen Heimat Softeis verkauft. So hat sie sich nicht nur das erste eigene Geld verdient, sondern auch erste handwerkliche Fähigkeiten abgeschaut. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium sei dann das Feuer fürs Eisige wieder entfacht.

In ihrer neuen brandenburgischen Heimat hat sie sich dann 2021 – und das mitten in der Coronazeit – ihren Wunsch erfüllen können. „In einer Garage ging es los“, sagt sie, was uns schmunzeln lässt, gibt es doch viele Unternehmer, die es von der Garage aus zu Weltruhm gebracht haben. Nun ja, weltbekannt ist Loreen Herrmann (noch) nicht – aber sie hat sich in kurzer Zeit durchaus einen Namen gemacht, nicht nur in der Region, sondern deutschlandweit.

Loreen Herrmann
Loreen Herrmann, Chefin der Eismanufaktur. (c) Sabine Rübensaat

Denn bei der deutschen Meisterschaft der Eismacher 2022 hat sie es mit einer Macadamia-Caramel-Eiskreation zum Vize-Gelatierchampion geschafft – und sich erfolgreich zwischen zwei Italienern namens Giovannni platziert und für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr im italienischen Rimini qualifiziert. „Ich hoffe natürlich sehr, dass ich den Titel nach Baruth holen kann.“

Doch wie kommen denn nun das Eis und die Jersey-Kühe zusammen? Während wir vom prämierten cremigen Macadamia-Caramel-Eis probieren, erzählt Loreen, dass sie viel recherchiert habe. Denn Eis machen, könne schließlich jeder. Sie wolle sich aber abheben und ein ganz besonderes Eis kreieren.

Dabei sei sie auf die Jersey-Kühe gestoßen, die bekannt sind für ihre hochwertige, reichhaltige und cremige Milch, und auch auf Rainer Schmitt von der Agrargesellschaft Baruther Urstromtal, deren insgesamt 420 Milchkühe und rund 350 Jungrinder nur wenige Kilometer vom Schloss Baruth entfernt auf den Graswiesen weiden, und der Idee offen gegenüberstand.

Selbstvermarktung mit regionalen Kreisläufen

„Die liebevolle Haltung der Tiere, ihr wunderbares Leben, ihr gutmütiger Charakter – dieses Konzept passt genau zu meinem Produkt, das Menschen glücklich machen soll“, sagt die 33-jährige Eismacherin, die konsequent auf Nachhaltigkeit und damit zu 100 Prozent auf natürliche Zutaten setzt. Das heißt, ins Eis kommen weder Aroma-, Konservierungs-und Farbstoffe, Stabilisatoren noch Emulgatoren, die übrigens für so manche aufgetürmten Eisberge in so mancher Eisdiele sorgen.

Zudem setzt sie auf Regionalität und Kreativität. Aus einer Idee Produkte zu entwickeln, das mag sie. Und als vor wenigen Tagen die unbefristete Zulassung als Lebensmittelbetrieb ins Haus flatterte, war die Freude natürlich groß, denn die junge Frau hat noch viele Ideen und Pläne, zumal die Nachfrage nach ihrem Urstrom-Jersey-Eis stetig steigt.

Dennoch tut es gut, mal den Kopf frei zu bekommen. Und wo klappt das am besten? Natürlich bei den Jersey-Kühen. „Sie lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen und wirken meditativ“, weiß Rainer Schmitt, der nach einem anstrengenden Arbeitstag mitunter in die Herde geht, mit den Kühen, wie er sagt, atmet, ihre Energie aufnimmt.

„Da kommt man runter“, versichert der 48-jährige Geschäftsführer, der auf langlebige, leistungsstarke und reinrassige Jersey-Kühe setzt und die Rasse auch in Deutschland weiter im Aufwind sieht. So sei in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Tiere auf 10.000 gestiegen und zwar rasant. Längst sei die Zeit vorbei, wo Landwirte verlacht worden sind mit den Worten: Du mit deinen Ziegen. Ein großer Bauer hat große Kühe.

Neugierige Jersey Kuh
Neugierige Jersey Kuh. (c) Sabine Rübensaat

Bio Acker- und Grünland

Seit Anfang des Jahres ist die Agrargesellschaft in Schöbendorf, zu der noch je 250 ha Grün- und Ackerland gehören, biozertifiziert. „Vor zwei Jahren haben wir diese Entscheidung getroffen. Heute weiß ich, dass es die richtige war. Ich bin sehr glücklich und stehe voll dahinter. Die Milch wird anständig honoriert, und man hat Planungssicherheit“, resümiert der Geschäftsführer, der in der Selbstvermarktung auf regionale Kreisläufe setzt. So sind Abnehmer der Jersey-Milch neben der Baruther Eismanufaktur unter anderem auch die Gläserne Molkerei in Münchehofe sowie die Urstromkäse GmbH in Schöbendorf.

Zum Abschied zeigt uns Rainer Schmitt noch eine Ein-Pfund-Banknote, die er von der Kanalinsel mitgebracht hat und immer bei sich trägt. Wenn’s Glück bringt …

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Am Brandenburger Landesentscheid des Berufswettbewerbs maßen 14 Auszubildende der Land- und Tierwirtschaft Wissen und Können und lernten den Agrarminister Axel Vogel kennen. (c) Heike Mildner
Greenpeace-Gutachten Brandschutz: Tausende „Fälle“ ohne Feuer

Greenpeace kritisiert die Genehmigungspraxis für Großställe im Osten. Der erweckte Eindruck lässt sich indes mit Fakten kaum belegen.

Von Frank Hartmann und Karsten Bär

Politische Verantwortungslosigkeit wirft die Umweltorganisation Greenpeace Bund und Ländern in der seit zwei Jahren schwelenden Debatte um schärfere Brandschutzvorschriften für Nutztierställe vor.

Ein am 15. Mai 2023 veröffentlichtes Rechtsgutachten, das Greenpeace in Auftrag gegeben hatte, kommt zu dem Schluss, dass Vorgaben der Landesbauordnungen fehlerhaft ausgelegt und großzügige Abweichungen gestattet würden.

Direkt genannt werden die Genehmigung und Überwachung „von industriellen Schweineställen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen“. Eine Brandkatastrophe wie in Alt Tellin könne daher jederzeit wieder passieren, urteilt der Berliner Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Ulrich Werner.

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Greenpeace-Gutachten kritisiert Brandschutz in Alt Tellin

Im März 2021 verendeten in einer Schweinezuchtanlage in Alt Tellin in Mecklenburg-Vorpommern bei einem Brand über 50.000 Ferkel und Sauen. Im Auftrag des BUND-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern hatte Verwaltungsjurist Werner, der regelmäßig von Umwelt- und Naturschutzgruppen engagiert wird, die Genehmigungspraxis dieser Anlage begutachtet.

Nach seiner Bewertung seien „sehr großzügige Erleichterungen“ nach der Landesbauordnung gewährt worden. Auf 21.700 m² Stallfläche hätte es 13 statt nur zwei Brandabschnitte geben müssen, so ein Vorwurf. Zu niedrig sei zudem die brandschutztechnische Bemessung der tragenden Bauteile gewesen. Ähnlich lauten jetzt die Vorwürfe bei den in den vier Bundesländern exemplarisch ausgewählten zehn Anlagen, die nach Angaben des Juristen wie in Alt Tellin allesamt zur LFH-Holding gehören.

Zum Greenpeace-Brandgutachten

Greenpeace fordert strengere Regeln

In einer Pressemitteilung fordert Greenpeace Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, „geltendes Recht durchzusetzen und Anlagen zu schließen, in denen Tausende Tiere unter Missachtung des in der Verfassung vorgegebenen Schutzgebots gehalten werden“. Im Gutachten selbst lautet eine Forderung, dass die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung „zur Gewährleistung einer Tierrettung im Brandfall und zum Schutz der Gesundheit der Tiere vor den Folgen von Brandereignissen zu konkretisieren“ sei.

Kürzlich erst hat Özdemir angekündigt, zusätzliche Regelungen zum Brandschutz in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verankern zu wollen (Bauernzeitung 19/2023, S. 21). Auf diese Weise sollen vor allem das Risiko für Brände in großen Tierhaltungen vermindert, eine schnellere Brandbekämpfung sichergestellt und die Chancen für die Tierrettung „maßgeblich“ erhöht werden.

Die zweite Forderung von Greenpeace richtet sich an die Länder, die eine „einheitliche und rechtmäßige Verwaltungspraxis durch die Anpassung der Vollzugshinweise zu den Landesbauordnungen“ sicherstellen müssten. Dazu sehen die Länder aber keine Veranlassung, wie Mecklenburg-Vorpommerns Bauminister, Christian Pegel (SPD) im März im Schweriner Landtag bestätigte.

Greenpeace Aktivistinnen
Gegen Tierhaltung in größeren Ställen zieht Greenpeace alle Register, ob Aktionen in Alt Tellin (Foto: 2021), Klagen oder Gutachten. (c) IMAGO / BildFunkMV

Seine 15 Länderkollegen hätten auf Bauministerkonferenzen klargestellt, dass sie Änderungen an den Landesbauordnungen nicht für notwendig erachten würden. Zugleich wies Pegel den Vorwurf zurück, dass es Bau- oder Betriebsgenehmigungen entgegen der Landesbauordnung gebe.

Diese gestatteten in allen Ländern bei Sonderbauten – worunter große Stallanlagen fallen – auch Abweichungen von den Regelvorgaben des Brandschutzkonzeptes, wenn alternative Schutzkonzepte einer Überprüfung standhalten. Das Brandgutachten zu Alt Tellin, das keine eindeutige Ursache ermitteln konnte, gehe davon aus, dass das Brandschutzkonzept nicht versagt habe.

Größe nicht die Brandursache

Pegels Parteikollege, Agrarminister Till Backhaus, erklärte, dass Alt Tellin, ob man es wahrhaben wolle oder nicht, technisch auf dem neuesten Stand gewesen sei, genehmigt nach Bundes-Immissionsschutzgesetz: „Die Größe der Anlage war nicht ursächlich für den Brand verantwortlich.“ Enttäuscht zeigte sich Backhaus, dass trotz des Votums der Agrarministerkonferenz einschließlich einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe keine gesetzliche Regelung zum Brandschutz vom Bund aufgegriffen wurde. Dies sei leider gescheitert, auch am Bundeslandwirtschaftsministerium, erklärte der SPD-Politiker.

Wie schon 2021 unter Julia Klöckner (CDU) weist auch heute das Bundesagrarministerium darauf hin, dass die Vorschriften über den Brandschutz an Gebäuden Bestandteil des Bauordnungsrechts sind. Das fällt in die Kompetenz der Länder. Einheitliche Vorschriften über den Brandschutz in das Baugesetzbuch aufzunehmen, sei rechtlich nicht möglich.

Als Reaktion darauf will Mecklenburg-Vorpommern nun per Erlass den Behörden im Land eigene Regelungen an die Hand geben, die etwa Vorgaben zu tierartspezifischen Rettungs-und Fluchtwegen oder zum Vorhalten von Löschwasser machen sollen.

Bauliche Verschärfungen?

Gleichwohl jeder Stallbrand, ob groß oder klein, bei dem Tiere getötet oder verletzt werden, eine Tragödie ist, gilt es abzuwägen, wie dringend bauliche Verschärfungen tatsächlich sind und was sie taugen. Denn den Eindruck, den auch Greenpeace erweckt, dass regelmäßig große Stallanlagen in Deutschland brennen würden oder ein hohes Risiko dazu bestehe, lässt sich kaum belegen, schon gar nicht mit Zahlen.

Das Magazin „Der Spiegel“, das über das Greenpeace-Gutachten ausführlich online berichtete, nennt die Privatinitiative „Stallbrände“, die seit 2019 öffentlich zugängliche Brandfälle dokumentiert, die „Referenz für Daten zum Thema“. Selbst zur Brandschutztagung Ende März in Seddiner See war die Initiative eingeladen, um ihre Ergebnisse vorzutragen. Sie berichtet von bundesweit 3.100 Stallbränden mit 90.000 getöteten Tieren im Jahr 2022.

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Stallbrände: Fuchs am Osterfeuer zählt mit

Die Auflistung der Fälle liegt der Bauernzeitung vor. Nach einer Auswertung der Daten zeigt sich jedoch, dass viele der dort erfassten Vorfälle keine Stallbrände sind. So betreffen allein fast 800 Vorfälle den Brand von Feldern, Maschinen auf Feldern oder außer Kontrolle geratene Brauchtumsfeuer. Bei 2.500 Vorfällen lag überhaupt keine Tierhaltung vor.

In nahezu 2.900 Fällen erlitten Tiere keine Schäden (Tod oder Verletzung). Bei Ereignissen mit geschädigten Tieren wurden 97 Fälle mit weniger als zehn betroffenen Tieren gezählt, darunter erfasst auch beispielsweise ein Fuchs, der sich an einem Osterfeuer Verbrennungen zuzog.

18 Fälle betreffen den Brand von Imkerwagen oder Bienenhäusern (die Zahl der getöteten Bienen findet hier freilich keinen Eingang in die Statistik). Neun Vorfälle ereigneten sich in Zoos. Bei Gebäudebränden in landwirtschaftlichem Umfeld geschädigte Kleintiere (Hunde, Katzen, Kaninchen) fallen ebenfalls darunter. Zwei Vorfälle sind etwa unter der Bemerkung „Insektenhotel in Brand“ gelistet. Ausgebrochene Herden, entlaufene Tiere, Havarien oder eine Sabotage in einem Milchviehstall sind ebenfalls erfasst.

Zur Übersichtsliste „Stallbrände, Brände Landwirtschaft, Havarien in Deutschland 2022“

Nach Auswertung der Bauernzeitung fanden sich lediglich 106 Vorfälle mit einem Brandzusammenhang, bei denen Tiere geschädigt wurden. Deren Zahl summiert sich auf knapp 56.000. Es sind 16 Brände mit rund 8.500 geschädigten Schweinen vermerkt, die auf Betrieben mit Schweinehaltung stattfanden. In elf Fällen lassen die Anmerkungen in der Auflistung darauf schließen, dass es sich tatsächlich um Mast- oder Ferkelaufzuchtbetriebe handelt.

Plakat am Zaun zur Brandkatastrophe von Alt Tellin
Die Brandkatastrophe von Alt Tellin wühlte viele Gemüter auf. Über Brände in Tierhaltungen kursierende Zahlen erweisen sich aber oft als nicht belastbar. (c) IMAGO / BildFunkMV

Pauschale Daten der Versicherer

Aufgelistet werden 38 Brände, bei denen mindestens ein Rind betroffen war. Insgesamt wurden 585 Rinder geschädigt, einmal 120 Tiere. Brände in der Geflügelhaltung sind 31 erfasst. Die Zahl betroffener Tiere beträgt 45.547 Stück (zwischen 1 und 12.000). Einmal brannte ein Tiertransporter auf der Autobahn, 5.300 Tiere verendeten. Allein sechs Fälle mit insgesamt 25.100 getöteten Stück Geflügel ereigneten sich in Niedersachsen. Dass Ostdeutschland ein regionaler Brennpunkt ist, kann aus den Daten nicht abgeleitet werden.

Als einzig brauchbare Quelle zu Stallbränden gilt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Seit Jahren schon gibt dieser den Richtwert von jährlich rund 5.000 Stallbränden heraus.

Allerdings sagt die Zahl nichts darüber aus, um was für Brände, Ställe oder Tiere es sich dabei handelt oder ob Tiere zu Schaden gekommen sind. Erfasst werden hier feuerversicherte, gemeldete Brände: Das kann von landwirtschaftlichen Ställen bis zur Hobbyhaltung von Hühnern und Kaninchen reichen.

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Der Stallbrand von Kölsa letztes Jahr wurde durch einen Waldbrand ausgelöst. (c) Feuerwehr Falkenberg
„Futter aktuell“ MV 4. Woche: Wachstumsschub

Für die Produktion hochwertiger Grassilagen kommt es auf den richtigen Schnittzeitpunkt an. Futter aktuell MV 2023 läuft – gute Bedingungen für das Wachstum in der vierten Testwoche.

Von Stephan Milhareck, Marion Dunker, LUFA Rostock der LMS Agrarberatung
Dr. Heidi Jänicke, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern

Gute Bedingungen für das Wachstum brachten in unserer vierten Testwoche Ertragszunahmen mit fast doppelt so hohen Zuwächsen wie in der Vorwoche. Bei mehr Feuchtigkeit wären die Erträge vermutlich noch höher ausgefallen.

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„Futter aktuell“ MV 4. Woche: Rohproteingehalt

Erwartungsgemäß stiegen die Fasergehalte überwiegend an, allerdings mit sehr großen Unterschieden zwischen den einzelnen Flächen. Rohfaser und ADFom entwickelten sich unerwartet diffus zueinander. Bei höherer Faserzunahme kam es natürlich eher zu einem Rückgang der Verdaulichkeit (Gasbildung im HFT).

An drei Orten erhöhte sich der Rohproteingehalt und nur in einem Fall konnte dadurch der Zielbereich noch erreicht werden. Insgesamt blieb es bei rohproteinarmen Aufwüchsen und das wird in den Futterrationen auszugleichen sein. Das letztendlich die Energiekonzentration auf fünf der zwölf Testflächen im Wesentlichen stagnierte und ansonsten weiter gesunken ist, erfüllt die allgemeinen Vorhersagen und ist durchaus als normal einzuordnen.

Probeschnitte und ihre Ergebnisse

Den Ergebnissen der Probeschnitte zufolge wuchs auf dem Mineralbodengrünland ein energiereiches, hochverdauliches, aber proteinarmes Futter heran. Dagegen entstand auf dem Niedermoor kein einheitliches Bild. Hier waren bei allen Parametern hohe Schwankungen zu beobachten.

Gerade bei der Gasbildung im HFT und dem Energiegehalt blieben auf den beprobten Flächen Wünsche offen. Zielbereiche mehrerer Parameter wurden wiederum nicht erreicht. Die Ursachen dafür sollten zunächst immer flächenbezogen betrachtet werden. Die erhofften positiven Veränderungen in den Niedermoorbeständen blieben größtenteils aus.

Da innerhalb der nächsten Woche aufgrund der prognostizierten Witterung kaum entscheidende Änderungen zu erwarten sind, beenden wir mit dieser Mitteilung unsere Serie für die Saison 2023. Wir danken besonders den mitwirkenden Landwirten sowie allen unterstützenden Akteuren und wünschen ein erfolgreiches Futterbaujahr.

Tabelle: Schnittzeitpunktbestimmung – Dauergrünland (Mineralboden, Niedermoor)

Tabelle Schnittzeitpunktbestimmung 25.5.23
Tabelle Schnittzeitpunktbestimmung Stand 25.05.2023 (c) LUFA Rostock der LMS Agrarberatung GmbH und LFA MV
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Bei der Grasernte spielen Masseertrag und Futterqualität wichtige Rollen. (c) Sabine Rübensaat
Solaranlage Faktencheck: 5 PV-Mythen

Viele Hausbesitzer planen die Anschaffung einer Photovoltaikanlage. Allerdings können falsche Annahmen dabei schnell teuer werden. Experten haben sich die fünf häufigsten PV-Mythen angeschaut und klären auf.

Von Photovoltaik Netzwerk Baden-Württemberg

Mit einer Photovoltaikanlage können Eigenheimbesitzer günstigen Solarstrom für den Kühlschrank, die Waschmaschine oder das Elektroauto beziehen. Was nicht verbraucht wird, kann gegen eine Vergütung ins Netz eingespeist werden. Verbraucht man den meisten PV-Strom selbst, rechnet sich eine Photovoltaikanlage trotz gestiegener Anschaffungspreise und weniger Einspeisevergütung auch weiterhin.

Allerdings kursieren zum Thema PV-Anlagen noch immer falsche Vorstellungen. Experten informieren über die fünf häufigsten Photovoltaik-Irrtümer.

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Mythos 1: Süddach ist lukrativer

Von der Ausrichtung der Solarmodule hängt es ab, wie viel Strom die PV-Anlage erzeugt. Für die maximale Solarausbeute optimal sind Süddächer mit einer Neigung von 30°. Dann ist der Jahresertrag am höchsten. Wirtschaftlicher ist jedoch, den Strom dann zu ernten, wenn er direkt genutzt werden kann. Dafür eignet sich eine Ost-West-Ausrichtung, bei der man die Anlage auf beiden Seiten des Daches anbringt.

Der solare Ertrag liegt hier zwar „nur“ bei 80 bis 90 %. Dafür erzeugen Ost-West-Anlagen den Sonnenstrom kontinuierlicher über den Tag – weniger mittags und mehr morgens und nachmittags. So können Anlagenbetreiberinnen und -betreiber einen größeren Teil des Stromverbrauchs mit günstigem Solarstrom vom Dach decken, was den Einkauf von teurem Strom aus dem Netz stärker reduziert.

Grundsätzlich gilt: Da der Eigenverbrauch lukrativer ist als die Einspeisung in das Netz, erhöht das die Wirtschaftlichkeit der Anlage.

Ausnahme: Wer eine Wärmepumpe und eine Photovoltaikanlage betreibt, hat bei Montage der Solaranlage auf der Südseite des Daches Vorteile. Sie erzeugt an den kurzen Wintertagen, wenn die Wärmepumpe viel Strom zum Heizen benötigt, mehr Solarstrom als eine Ost-West-Anlage. Das verbessert die Wirtschaftlichkeit.

Mythos 2: Nur mit Solarstromspeicher

Die Solaranlage lohnt sich bereits ohne Batteriespeicher. Mit Batterie verschlechtert sich die Rentabilität sogar, da die Solarstromspeicher für kleinere Wohngebäude meist noch nicht wirklich wirtschaftlich sind.

Grundsätzlich gilt: Je höher der Anteil des Solarstroms am selbst verbrauchten Strom ist, desto höher ist der Gesamtgewinn der Photovoltaikanlage. Ihn mit Batterien zu erhöhen, lohnt sich aufgrund der zu hohen Speicherkosten noch nicht.

Inzwischen gibt es bereits Systeme, deren Kosten inklusive Leistungselektronik rund 800 €/kWh Speicherkapazität betragen. Unterhalb dieser Schwelle sind die Powerpakete wirtschaftlich – vorausgesetzt, die Lebensdauer der Speicher beträgt 20 Jahre. Halten die Geräte, wie garantiert, nur zehn Jahre, rechnen sich die Speicher nicht. Anders aussehen kann es bei Solarstromspeichern, die noch zusätzliche Aufgaben z. B. für den Betrieb des öffentlichen Stromnetzes oder eine Notstromversorgungssicherheit übernehmen.

Mythos 3: Autarke Stromversorgung

Die Photovoltaikanlage und der Batteriespeicher können in aller Regel nur einen Teil des Strombedarfs im Haushalt decken. Je nach Größe der Anlage und des Speichers sowie des Stromverbrauchs liegt der typische Unabhängigkeitsgrad zwischen 30 und 90 %. Insbesondere in den Monaten November bis Februar reicht der Solarstrom vom Dach nicht für den gesamten Bedarf im Haus aus. Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen dann zusätzlich Strom aus dem Netz beziehen.

Im Sommer jedoch kann die Anlage mehr Strom erzeugen als verbraucht und in der Batteriegespeichert werden kann. Eine Einspeisung des Überschussstroms in das Netz ist dann auch wirtschaftlich äußerst sinnvoll – und der Autarkiegedanke unvernünftig.

Eine wirkliche Autarkie, also die komplette Stromversorgung des Haushaltes zu jeder Zeit aus der eigenen PV-Anlage mit Batteriespeicher, ist zwar technisch möglich, aber extrem aufwendig und teuer.

Mythos 4: Balkonanlage schützt vor Stromausfall

Balkon-Solaranlagen lohnen sich insbesondere für Mieter und Wohnungseigentümer. Sie können bei einem Umzug einfach mitgenommen und auch im Garten aufgestellt werden. Aktuell sind schon rund 400.000 der kleinen Steckersolargeräte in Deutschland in Betrieb. Sie bestehen üblicherweise aus ein bis zwei Solarmodulen, einem Kleinwechselrichter und dem Anschlusskabel an eine Steckdose. Dass Balkon-Solarmodule vor einem Stromausfall schützen, stimmt aber nicht.

Bei einem Stromausfall schaltet sich der Wechselrichter der Balkon-Solaranlage innerhalb von Sekundenbruchteilen aus Sicherheitsgründen automatisch ab. Das Steckersolargerät kann dann keinen Strom mehr in das Haushaltsstromnetz einspeisen. Für eine Ersatzstromversorgung bräuchte man einen Stromspeicher mit einem speziellen Wechselrichter.

Für die kleinen Balkon-Steckersolargeräte, die viel weniger Strom erzeugen als PV-Dachanlagen, lohnt sich ein Speicher jedoch nicht. Er könnte die elektrischen Geräte im Haushalt auch gar nicht vollständig mit Strom versorgen.

Mythos 5: Solaranlagen sind eine Brandgefahr

Dass eine Photovoltaikanlage ein höheres Brandrisiko darstellt, ist eine weit verbreitete Befürchtung. Aber die Brandgefahr erhöht sich durch eine solche Anlage nicht nennenswert. Die Statistik zeigt das: Nur 0,006 % der PV-Anlagen waren Ursache für einen Brand mit größerem Schaden, hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE für den Zeitraum von 1994 bis 2013 herausgefunden. Das sind sechs von 100.000 Anlagen. In den Jahren danach hat sich daran nichts Grundlegendes geändert.

Auch die Vorstellung, dass die Feuerwehr Häuser mit brennenden Solaranlagen nicht löscht, da die Anlagen unter Strom stehen, entspricht nicht heutigem Stand. Die Feuerwehr löscht selbstverständlich auch in Brand geratene Häuser mit Photovoltaikanlagen.

Bei der Brandbekämpfung mit einem CM-Strahlrohr ist bei Sprühstrahl ein Abstand von mindestens einem Meter und bei Vollstrahl ein Abstand von mindestens fünf Metern einzuhalten. Für Hohlstrahlrohre gelten die jeweiligen Herstellerangaben. Gelöscht werden sollte mit Sprühstrahl unter Ausnutzung der größtmöglichen Wurfweite des Rohres.

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Rundholzkartell Thüringen: Urteil im Juni erwartet

Ein Prozessfinanzierer verklagt neben Thüringen vier Länder auf Schadenersatz. Sie sollen angeblich Rundholzkartelle gebildet haben. Im Juni fällt das Landgericht Erfurt sein Urteil. Wie sieht der Freistaat bisher die Vorwürfe?

Von Frank Hartmann

Im Fall einer Schadenersatzklage gegen den Freistaat und den ThüringenForst wegen der gemeinschaftlichen Rundholzvermarktung will das Landgericht Erfurt im Juni sein Urteil fällen. Kläger vor der Zivilkammer ist eine eigens gegründete Ausgleichsgesellschaft des international tätigen, börsennotierten Prozessfinanzierers „Burford Capital“.

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Rundholzkartell Thüringen: Vorwurf unbegründet

Der Vorwurf lautet, dass Sägewerken durch die praktizierte gebündelte, eigentumsübergreifende Holzvermarktung ein Schaden von 32 Mio. € entstanden sei. Eine Handvoll Sägewerke hatte dafür Ansprüche an den Prozessfinanzierer abgetreten. Der Freistaat weist den Vorwurf als unbegründet zurück.

Nach der einstündigen Verhandlung am Landgericht Erfurt am 27. April 2023 sah sich das Agrarministerium darin bestärkt, die angemeldeten Ansprüche abwehren zu können. Gleichlautende Kartellschadenersatzklagen gibt es in vier weiteren Bundesländern.

In ersten Entscheidungen wiesen Gerichte in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Ansprüche zurück. Hier zweifelten die Richter die Rechtmäßigkeit der Abtretungen an. In Erfurt ließ das Gericht Zweifel am Vergütungsmodell des Prozessfinanzierers erkennen.

Im Urteil des Landgerichtes Stuttgart hieß es seinerzeit, dass das Vergütungsmodell Anreize für eine kostenintensive Prozessführung biete – zu Lasten der Sägewerke. Der Gewinn der Kläger sei umso höher, je höher die Kosten der Rechtsverfolgung seien.

Hintergründe zu dem Verfahrenskomplex sind unter dem nachfolgenden Link zu finden: Schadenersatzklagen gegen Länder

Wald in Thüringen: Eigentümerstruktur
Die Thüringer Privatwaldfläche summiert sich auf 240.000 ha, verteilt auf 180.000 Eigentümer. Gut 590 Kommunen besitzen 90.000 ha Wald. Nur 20 % von ihnen nennen 200 ha und mehr ihr Eigen. Die Kleinteiligkeit des privaten Waldbesitzes belegen nicht zuletzt die 212 Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) mit 16.800 Mitgliedern (104.000 ha), wobei die größeren ihr Holz selbst verkaufen. 333 Waldgenossenschaften zählen 19.000 Mitglieder, deren Waldfläche sich auf rund 29.000 ha summiert. 

2019 begleitete der Staatsbetrieb ThüringenForst die Forstwirtschaftliche Vereinigung Nordthüringen w. V., deren 800 Mitglieder 7.200 ha Wald bewirtschaften, auf dem Weg zur eigenständigen Vermarktung. Insgesamt zwei forstwirtschaftliche Vereinigungen, neben der in Nordthüringen die im „Henneberger Land“, zuzüglich der Waldbesitzer Service GmbH in Schleiz,  die als Tochterunternehmen großer Ostthüringer FBG gegründet wurde und die den Einschlag mehrerer FGB bündelt, vermarkten ihr Holz in Eigenregie. 

ThüringenForst vermarktete laut seinem Geschäftsbericht im Jahr 2021 auf kostenpflichtiger, vertraglicher Basis im Auftrag von Körperschaftswaldbesitzern 222.000 fm (2020: 253.400 fm) und im Auftrag von Privatwaldbesitzern 257.000 fm (2020: 323.600 fm). red

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