Thüringer Agrarstrukturgesetz: Reaktionen auf Karawanskij-Entwurf

Es wird wohl kein Durchmarsch für das Thüringer Agrarstrukturgesetz: Erste Reaktionen aus Verbänden und dem Landtag auf den Regierungsentwurf reichen von Kritik an Details bis hin zu Grundsätzlichem. Weitere ostdeutsche Länder wollen Agrarstrukturgesetze vorlegen – mit unterschiedlichem Tempo.

Von Frank Hartmann

Nachdem Verbänden Ende voriger Woche der von Agrarministerin Susanna Karawanskij (Linke) vorgestellte Entwurf für ein „Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetz“ zur Stellungnahme zugeleitet wurde, zeigte sich der Thüringer Bauernverband (TBV) aufgrund der Komplexität noch zurückhaltend mit einer Einschätzung.

Dies betreffe insbesondere die Regelungen zur Genehmigungspflicht und zum Beanstandungsrecht von Share Deals. Die neue Grenze von einem Hektar, bei der Pacht- und Kaufflächen angezeigt bzw. genehmigt werden sollen, sei aufgrund der Kleinteiligkeit in Thüringen zu hoch angesetzt. Der TBV spricht sich für die Beibehaltung der Grenze von 0,25 ha aus.

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Thüringer Bauernverband: Zweifel an Wirkung der Preisbremse

In der Tat weist der erste Thüringer Agrarstrukturbericht darauf hin, dass im Grundstücksverkehr ab einem Hektar 35 bis 40% der Flächen unter dem Radar gehandelt würden. Zudem kritisiert der TBV, dass die Verwaltung sehr viel Entscheidungsfreiheit und Ermächtigungen erhalten soll. Grundsätzlich zweifelt man an der preisdämpfenden Wirkung, weil Erschließungsträger und Kommunen beim Flächenkauf von der „Preisbremse“ befreit würden.

Für die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland zeigte sich Reiko Wöllert froh, dass es nach langer Zeit des Wartens einen Entwurf gebe. Auch die AbL kritisiert die Ein-Hektar-Grenze als zu hoch. Nicht geregelt sei der Zugang zu Land für Hobbylandwirte oder Existenzgründer ohne landwirtschaftlichen Hintergrund. Dies wolle man einfordern.

Bei Geschäften mit Share Deals vermisse man klare Kriterien, wann sie versagt werden müssen. Bliebe es beim Entwurf, erwartet die AbL so gut wie keine Regulierung. Wöllert fordert, dass ein im Landtag verbessertes Gesetz noch dieses Jahr verabschiedet wird. Die Regierungsfraktion der Grünen kündigte an, im parlamentarischen Verfahren Maßnahmen, die Flächenkonzentrationen und den Erwerb von Boden als Anlage-und Spekulationsobjekt verhindern, noch mehr herauszustellen.

Für die Koalitionspartner von der Linken-Fraktion soll das Gesetz verhindern, dass Landwirte „nur noch als Pächter vom Großkapital die Flächen bewirtschaften“. Dem Flächenerwerb durch nicht-landwirtschaftliche Investoren über Anteilverkäufe sollte ein Riegel vorgeschoben werden. Die CDU-Fraktion, deren Stimmen für eine Verabschiedung gebraucht werden, geißelte das „linke Agrarstrukturreformgesetz“ als Eingriff in Eigentumsrechte der Landwirte.

Weitere Agrarstrukturgesetze: Unterschiedliches Tempo in den Ländern

Auch Sachsen erarbeitet ein Agrarstrukturgesetz, dessen Eckpunkte bereits Verbänden vorgestellt wurde. Auf Anfrage teilte das von den Grünen geführte Fachministerium in Dresden mit, dass man mit dem Gesetz beabsichtige, „regional ansässige Landwirte zu privilegieren – soweit dies EU-und verfassungsrechtlich möglich ist“.

Die erste Kabinettsbefassung „soll im Frühjahr erfolgen“. Ähnlich verhält es sich beim ebenso von den Grünen geführten Brandenburger Agrarministerium. Es diskutierte in den vergangenen Tagen mit den Verbänden die Eckpunkte eines vorläufigen Entwurfes.

Aus dem von der CDU geleiteten Agrarministerium in Magdeburg hieß es, dass die Landesregierung noch in dieser Legislatur die Diskussion über ein Agrarstrukturgesetz zu einem Ende führen wolle. Dem Fachministerium in Mecklenburg-Vorpommern zufolge werde man sich aufgrund anderer Prioritäten voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte der Legislatur, die 2026 endet, damit beschäftigen. Inhaltlich orientiere sich das SPD-geführte Schweriner Ministerium dann an Bandenburg und Sachsen, hieß es.

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Susanna Karawanskij ist seit September 2021 Landesministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft. (c) IMAGO /Jacob Schröter
Susanna Karawanskij ist seit September 2021 Landesministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft. (c) IMAGO /Jacob Schröter
Agri-PV in Ostrau: Flächennutzer gleichberechtigt

Stromerzeuger und Landwirt sollen bei einer Agri-PV-Anlage gleichberechtigte Flächennutzer sein. Wir stellen ein Projekt in Sachsen vor, das seine Planungen diesem Grundsatz unterworfen hat.

Von Christoph Feyer

Bis zum Jahr 2030 sollen in Deutschland 80 % des gesamten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. 2022 waren es jedoch erst etwa 46 %. Wind- und Solarenergie müssen daher dreimal schneller als bisher ausgebaut werden. – So sieht es zumindest der Plan der Bundesregierung vor, die zudem davon ausgeht, dass der Strombedarf weiter steigen wird.

Daher soll die Stromerzeugung aus Photovoltaik bis zum Jahr 2030 auf 215 Gigawatt ausgebaut werden, die Hälfte davon auf Freiflächen. Für dieses Ziel sind die Entwicklung und der Einsatz von Agri-Photovoltaik als Ergänzung zu den bisherigen erneuerbaren Stromerzeugungstechnologien unumgänglich.

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Denn nur mit der Kombination aus Photovoltaik und landwirtschaftlicher Technologie ist es möglich, auf derselben Fläche Nahrung und Futtermittel zu produzieren und gleichzeitig nachhaltig Strom zu erzeugen. Denn die zur Verfügung stehenden Flächen sind limitiert, sodass die Konkurrenz ständig wächst.

Agri-PV Anlagen: Nahrung und Stromerzeugung

Ein klassischer Konflikt war bisher, ob eine freie Fläche für Photovoltaikanlagen oder für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden soll. Agri-PV liefert die Antwort dazu: Unter bzw. neben den Modulen können landwirtschaftliche Kulturen angebaut werden.

Dazu werden die Reihenabstände der Module vergrößert, die Primärnutzung der Fläche bleibt der Agrarproduktion vorbehalten. Zwar wird durch den größeren Reihenabstand weniger Energie pro Hektar erzeugt als mit einem klassischen Freiflächen-Solarpark. Durch größere Flächen und bewegliche Systeme können hier jedoch Vorteile geschaffen werden.

Sogenannte Single Axis Tracker mit bifazialen Modulen zum Beispiel orientieren sich mechanisch am Verlauf der Sonne und können in den Tagesrandstunden mehr Strom erzeugen. Dadurch wird ein um etwa 20–30% besserer Wirkungsgrad erzielt.

Der zusätzliche Witterungsschutz und die Möglichkeit der Optimierung von Licht- und Wassermanagement für die darunter und dazwischen angebauten Kulturen sind klare Vorteile der Systeme für die Landwirte.

Agri-PV in Ostrau: Grüne Energie in Planung

Wie das alles geht, zeigt sich beispielsweise im sächsischen Ostrau. Dort entwickelt aktuell die Firma Kronos Solar EDPR den größten zusammenhängenden Agri-PV-Park mit ackerbaulicher Nutzung in Deutschland. Er hat eine Gesamtfläche von 110 ha. Eine Anlage dieser Größenordnung gibt es bisher noch nicht. Mit einer Leistung von etwa 70 MW – genug grüne Energie für 20.000 Haushalte – wird sie Leuchtturmcharakter haben.

Baustart soll 2025 sein. „Damit so eine Agri-PV-Anlage zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten führt, braucht es ein gemeinsames Verständnis für die angestrebten Ziele“, erklärt Dr. Alexander Arcache, Geschäftsführer des Münchner Unternehmens, das auch über eine Niederlassung in Leipzig verfügt. Zudem sei eine enge Verständigung über ihre Umsetzung notwendig.

Kronos-PV-Anlage in Großbritannien
Kronos-PV-Anlage in Großbritannien: Mit dem Canworthy-Water-Projekt in Launceston wird seit 2015 auf 70 ha Hektar Strom erzeugt und Landwirtschaft betrieben, Letzteres mit der Beweidung durch Schafe. (c) Werkbilder

Energiewende als Gemeinschaftsaufgabe

Die Abstimmung mit den Landwirten müsse dazu sehr eng erfolgen. „Die Marktbedingungen für den Anbau, die Wuchseigenschaften der Pflanzen und die lokalen Bodenbedingungen müssen mit den technischen Voraussetzungen für die PV-Anlagen in Einklang gebracht werden. Nur so lässt sich die beste Systempassung identifizieren“, erklärt der promovierte Betriebswirt weiter.

„Wenn wir das erfolgreich schaffen und die Skaleneffekte greifen, können beispielsweise auch Investitionen der Landwirte in mögliche neue Landmaschinen über eine Kofinanzierung geregelt werden.“

Agri-PV biete dann attraktive Synergien: Zusätzlich zu den landwirtschaftlichen Erträgen und den Vorteilen für den Anbau (Stichwort: Verdunstungsschutz), könnten Landwirte sich auch neue Einnahmequellen erschließen.

Weitere wichtige Aspekte betreffen die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung für die Erneuerbare-Energie-Themen — vor allem in Bezug auf Agri-PV — sowie die Zusammenarbeit mit Gemeinden, Kommunen und Stadtwerken vor Ort, die für die lokale Umsetzung zuständig sind.

Die regionale Nahrungsmittelproduktion muss mit Artenschutz und Erhalt der Kultur-und Erholungslandschaft in Einklang gebracht werden. Zugleich ist die Energiewende auch eine Gemeinschaftsaufgabe. Sie ist mit planungsrechtlichen Fragen und Herausforderungen sowie dem Netzausbau und der Speicherung verbunden.

Agri-PV: Technologie mit Zukunft

Das Potenzial für die Entwicklung von Agri-PV in Deutschland wird von den Marktbeteiligten als sehr groß eingeschätzt. Die Technologie ist zugleich aber auch wesentlich anspruchsvoller in der Umsetzung als konventionelle Freiflächenphotovoltaik. Bezüglich ihrer Anwendung ist deshalb noch eine Menge Luft nach oben.

Der Grund dafür liegt auch in der Marktkompetenz der Entwickler. Diese müssen in der Lage sein, einen gesamtkonzeptionellen Überblick bei der Herangehensweise zu behalten und mehrere Disziplinen zusammenzubringen.

Effizienz mit dezentralem Aufbau und richtiger Fläche

Im technischen Bereich besteht eine Herausforderung darin, dass häufig Komponenten wie die einachsigen Nachführsysteme eingesetzt werden müssen. Die meisten Parkentwickler haben kaum Erfahrungen mit diesen Systemen, weder im Bau noch im Betrieb.

Sie ermöglichen jedoch eine effizientere Energiegewinnung, die zur Entlastung des Stromnetzes beiträgt: Durch einen dezentralen Aufbau können einerseits die bereits sehr belasteten Stromnetze geschont werden. Andererseits erlauben die Stromproduktionskurven in den Morgen- und Abendstunden ein Angleichen von Erzeugung und Verbrauch.

Die Umsetzung eines Agri-PV-Parks ist auch in Bezug auf die Investitions- und Betriebskosten wirtschaftlich anspruchsvoller als konventionelle Freiflächen-PV-Anlagen. Entscheidend für den Erfolg der Agri-PV ist die Größe der zur Verfügung stehenden Flächen. Um wirtschaftlich effizient umgesetzt werden zu können, braucht ein Agri-PV-Park eine Größe ab 85–100 ha.

Bei kleineren Anlagen ist die Rentabilität nicht gegeben, Wettbewerbsnachteile beim Netzanschluss im Vergleich zu herkömmlicher PV drohen und „Planungsleichen“ sind zu befürchten.

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Mutterkuhhaltung unter Agri-PV Anlagen, mit Peter Schrum und Ulrike Knees
Mutterkuhhaltung unter Agri-PV Anlagen, mit Peter Schrum und Ulrike Knees (c) Sabine Rübensaat

Zusammenarbeit in Ostrau: Photovoltaik und Landwirtschaft gleichberechtigt

Machbar wird die Entwicklung großer Agri-PV-Parks, wenn sie aus einer Hand betrieben wird und nicht mehrere Marktteilnehmer Mindestrenditen zu erreichen haben.

Für Ostrau hat sich das international agierende Solarunternehmen dafür entschieden, gemeinsam mit dem portugiesischem Unternehmen EDPR als Entwickler, Investoren und Betreiber der Anlage zu fungieren. Die technische Machbarkeit und auch die wirtschaftliche Rentabilität sind damit gegeben und Risiken werden minimiert. Nicht zuletzt erfordert die Technologie tiefere landwirtschaftliche Kenntnisse aufseiten des Entwicklers.

Photovoltaik und Landwirtschaft werden gleichberechtigt eingesetzt, sie müssen dazu ideal aufeinander abgestimmt werden. Der Entwickler muss deshalb auch wissen, welche Kulturen für den Anbau im Agri-PV-Park geeignet sind und wie man sie einsetzt.

Zeitliche Abläufe sind ebenfalls gemeinsam zu betrachten. Wenn die Ernte und die Reinigungszyklen der Module aufeinander abgestimmt werden, können Verluste bei den Stromerträgen durch verschmutzte Module vermieden werden.

Aktiv mitgestalten – mit allen

Agri-PV ist eine Technologie mit Zukunft. Sie braucht aber trotzdem die Mitarbeit und Unterstützung aller betroffenen Ebenen! Die Politik ist gefragt, den regulatorischen Rahmen für den bestmöglichen Einsatz dieser neuen Technik anzupassen.

Genehmigungsverfahren, die bislang immer noch mehrere Jahre dauern, müssen endlich beschleunigt, der baurechtliche Rahmen an die neuen Gegebenheiten und die Entwicklung der Technologie angepasst werden. Zum Beispiel, indem Agri-PV-Anlagen als privilegierte Nutzung in das Baugesetzbuch aufgenommen und Sondergebiete für Agri-PV festgelegt werden können.

Ein Schlüssel zum Erfolg liegt auch im Willen der lokalen Bevölkerung. Durch Aufklärung und frühzeitiges Einbinden aller Beteiligten wirbt die Solarfirma in Ostrau um Akzeptanz, auch um einer breite Ablehnung, wie man sie beim Trassenausbau beobachtet, zu begegnen.

Andererseits kann eine Bewegung hin zu Agri-PV auch aus der Bevölkerung heraus getragen werden. Die Bevölkerung hat in weiten Teilen den politischen Willen zur Klimaneutralität erkannt, sieht aber auch, dass es an Geschwindigkeit bei der Umsetzung mangelt.

Auch Bürgerinitiativen können sich für die Ansiedlung eines Agri-PV-Solarparks in ihrer Region stark machen, wenn die zur Verfügung stehenden Böden mehr Möglichkeiten bieten können als „nur“ eine klassische PV-Nutzung.

Gleichzeitig wünschen sich Unternehmer wie Dr. Arcache, dass Gemeindevertreter und Liegenschaftsverwaltungen, noch häufiger das Gespräch mit ihnen suchen, damit Agri-PV-Projekte vorankommen, die sowohl im nationalen Interesse sind als auch der lokalen Bevölkerung zugutekommen. Das Ziel sollte sein, dass PV-Unternehmen, Landwirte und die Menschen vor Ort gemeinsam die Energiewende aktiv mitgestalten.

Afrikanische Schweinepest Bekämpfung: Differenzierter bewerten

Ob die Afrikanische Schweinepest einen Nutztierbestand trifft oder unter Wildschweinen grassiert, sollte einen Unterschied bedeuten, versucht Sachsen in Brüssel klarzumachen.

Die Restriktionsmaßnahmen nach dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Hausschweinen sollten sich von denen bei Wildschweinen unterscheiden. Das forderte am Dienstag Sachsens Sozialministerin Petra Köpping bei Gesprächen in Brüssel.

Die EU-Kommission müsse ihre Bekämpfungsstrategie differenzieren, betonte die für die Bekämpfung von Tierseuchen im Freistaat zuständige SPD-Politikerin.

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Wildtierbestand ist nicht gleich Haustierbestand

Unterschiedliche Verbreitungswege des Virus, beispielsweise ein Flächeneintrag in Wildtierbestände im Gegensatz zu einem Punkteintrag in einen Haustierbestand, erforderten unterschiedliche Bewertungen und Herangehensweisen.

Laut Köpping können die vereinzelten ASP-Ausbrüche bei Hausschweinen in Baden-Württemberg und Niedersachsen nicht auf infizierte Wildschweine zurückgeführt werden, sondern seien durch den Menschen verursacht worden.

„Wir sind zu enorm aufwendigen und teuren Bekämpfungsmaßnahmen gezwungen, obwohl es keinen Beleg dafür gibt, dass sich das ASP-Virus von Wildschweinen zu Hausschweinen übertragen hat“, kritisierte Köpping.

ASP-Bekämpfung: Ausbruchsort statt Restriktionsgebiete

Bei unterschiedlichen Bekämpfungsansätzen wären nur diejenigen landwirtschaftlichen Tierhalter betroffen, in deren Bestand die Seuche ausgebrochen ist. Wegen der ASP-Fälle bei Wildschweinen gelten aber für alle Haltungen von Nutzschweinen in den Restriktionsgebieten strenge Auflagen.

„Allein der Umstand, dass die schweinehaltenden und fleischverarbeitenden Unternehmen in einer ASP-Restriktionszone liegen, stellt die Betriebe vor existenzbedrohende wirtschaftliche Probleme. Das muss sich ändern“, machte Köpping klar.

Ein Hinweisschild mit der Aufschrift Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen - Sperrzone - Gefährdetes Gebiet.
Zaunbau, Kadaversuche und verstärkte Bejagung kosten die Bundesländer im Osten jährlich Millionen. (c) IMAGO / Andreas Lenthe

Die Sozialministerin drängte zudem auf eine stärkere solidarische Beteiligung an den Kosten der ASP-Bekämpfung. „Wir wissen, dass die Tierseuchenbekämpfung Ländersache ist. Aber bei einem so massiven und andauernden Ausbruch wie der ASP werden die Bundesländer weitgehend allein gelassen“, monierte Köpping.

Die in Sachsen durchgeführten Maßnahmen seien eine Barriere, damit sich die Tierseuche nicht in andere Regionen oder Länder ausbreite. Im letzten halben Jahr habe eine weitere Ausbreitung der ASP weitgehend unterbunden werden können. Neue Fälle der Tierseuche konnten auf die aktuelle Restriktionszone in den Landkreisen Görlitz, Meißen und Bautzen beschränkt werden.

Sachsen hat nach Angaben des Ministeriums seit dem ersten ASP-Fall am 31. Oktober 2020 bis zum Ende des Jahres 2022 annähernd 40 Mio. € für die ASP-Bekämpfung ausgegeben. Für das laufende Jahr sind weitere 18 Mio. € dafür in den Landeshaushalt eingestellt.

Deshalb sei es angemessen, dass sich Europa, Bund und Länder ebenso stärker an den enormen Kosten für Zaunbau, Kadaversuche und verstärkter Bejagung beteiligten. Ministerin Köpping und der Leiter des sächsischen ASP-Krisenstabs, Staatssekretär Sebastian Vogel, hatten bereits im September 2022 in Brüssel für diese Änderungen geworben.

AGE/red

Grünland als Gänseweide

Oft sind kleinere Weideflächen vorhanden, aber Rinder oder Schafe werden nicht mehr gehalten. Da kann Mastgeflügel helfen, sie zu nutzen.

Von Manfred F. Golze

Die Gans gilt seit ältesten Zeiten als Weidetier erster Güte. Bereits vor mehr als 2.000 Jahren wurde in Ägypten die Futteraufnahme des Wassergeflügels beschrieben. Gänse weideten auf dem Grünland am Wasser und sie brauchen viel Gras.

Bis Anfang des letzten Jahrhunderts gab es in den meisten Dörfern und vielen Städten den Gänseanger, die Hutungen, auf denen die Gänse geweidet wurden.

Für Orte, in denen die Erzeugung von Gänsen eine besondere Rolle spielte, meist in der Nähe von Großstädten, die als Absatzmarkt dienten, sind heute oft die Namen, wie „Gänsenerche“, „Gänsedommsch“ (sächsisch) gebräuchlich. In vielen Stadtplänen ist der Gänseanger noch erhalten.

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Festtagsgans: Weidemast spart Futterkosten

Die Ausweitung des Ackerbaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte zur Aufhebung der Hutweiden. Agrarökonomen waren der Überzeugung, dass damit eine wirtschaftliche Gänsehaltung nicht mehr möglich sei. Die Gänseerzeugung spielte aber bis Mitte des letzten Jahrhunderts weiter eine größere Rolle als in der Gegenwart. Sie war immer schon ein Saisongeschäft.

Heute dient sie fast ausschließlich der Festtagsversorgung zum Jahresende. Daraus resultieren eine lange Haltungsdauer, ein hoher Futterverbrauch und hohe Futterkosten. Diese versucht man über die Weidemast auf dem Grünland zu reduzieren.

Anatomie einer Gans

Die Gans ist schon durch die Anatomie des Verdauungsapparates für die Weide geschaffen. Professor Heinz Jeroch, ein legendärer Geflügelernährer, bezeichnete die Gans lange als den Wiederkäuer unter den Geflügelarten.

Gänse
Gänse auf der Weide

Der breite, große Schnabel mit kräftiger Bohne oder Nagel und dem „Gebiss“ zum Abrupfen und zur Aufnahme der Pflanzen. Die besondere Konstruktion des Kropfes, im Gegensatz zum Huhn nur eine spindelförmige Erweiterung, ist auch für gröbere Stängel geschaffen.

Verstopfungen durch längeres Gras sind dadurch ausgeschlossen. Danach folgt der gewaltige Muskelmagen, auch als „Kaumagen“ bezeichnet, der zur Zerkleinerung der Stängel und als Voraussetzung für den Aufschluss der Inhaltsstoffe dient. Der Innendruck ist dreimal höher als beim Huhn.

Die biologischen Besonderheiten der Gans – ausgewählte Merkmale, die direkt oder indirekt für die Nutzung von Grünland von Bedeutung sind:

Untersuchungen: Grünfutteraufnahme und Gänseweide

In der meisten Geflügelliteratur steht nur allgemein zur Gänseweide: „Gänse ernähren sich von Grünfutter, Gras, Klee und Kräutern.“

Erst in der Lehr- und Versuchsstation „Schlobachshof“ der Universität Leipzig, wurden in den 80er-Jahren von Dr. Schneider und Prof. Pingel gezielt Versuche zur Grünfutteraufnahme nach Alter und Gewicht der Gänse durchgeführt.

In den 90er-Jahren und zu Anfang 2000 führten Dr. Dietmar Köhler in der Lehr -und Versuchsstation Iden des Landes Sachsen-Anhalt und der Autor im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Sachsen auf Versuchsflächen und in Betrieben verschiedene Versuche zur Gänseweide durch.

Alle Versuche wurden gemeinsam abgestimmt und parallel über mindestens zwei Jahre, zum Teil bis sechs Jahre, wiederholt. Diese Ergebnisse sind Inhalt der nachfolgenden Ausführungen.

Schwerpunkte dabei waren:

Ergebnis: Diese Gräser und Pflanzen mögen Gänse

Das Ziel besteht darin, die Weide in der Vegetation grün zu erhalten und dabei gleichzeitig zwei Aufgaben zu erfüllen:

Dafür können die Erkenntnisse aus den Versuchen genutzt werden.

Tipps für die Gänseweide

Besteht die Aufgabe, eine Gänseweide neu anzusäen oder eine bestehende Fläche durch Nachsaat zu verbessern, sollte:

Gössel und Gänsegras: Wann mit der Weide beginnen?

Die optimale Grashöhe für die Gänse liegt zwischen 5–10 cm, 15 cm sollten nicht überschritten werden. Zu hohes Gras treten die Gänse nieder und dann wird dieser Aufwuchs nicht mehr gefressen. Dazu kommt das Problem, dass kranke Grasbestände, wie Bestände, die mit Rost befallen sind, ebenfalls gemieden werden.

Die Untersuchungen zeigten, dass die Gänse bei Weideauftrieb auf Flächen mit einer Wuchshöhe bis 10 cm im Vergleich zu Flächen bis 15 cm über 10 % mehr Gras aufgenommen haben. So wird Zufutter gespart und es kommt dem Schlachtkörper zugute.

In Studien über zwei Jahre wurden drei Herden a 200 Gössel gehalten:

Damit steht die Frage, Gössel im Alter von ein bis drei Tagen oder drei Wochen einzukaufen. Die Vorbereitung der Gössel auf das Grünland ist besser möglich.

Halter von kleineren Beständen kaufen gern drei Wochen alte Gössel, um die Aufwendungen der Aufzucht zu umgehen.

Es gibt aber auch Spezialisten, die Gössel drei Wochen, manchmal auch etwas älter anziehen, die bereits gut auf die Weidemast vorbereitet sind. In Sachsen wird dies im Geflügelhof Weber in Schönberg, praktiziert.

Drei Wochen alte Gössel auf der grünen Wiese
Drei Wochen alte Gössel auf der grünen Wiese. (c) Geflügelhof Weber/Schönberg

Weidetier mit Biss: Queckenbekämpfung

Jede Tierart ist in der Wirkung auf die Weide bezüglich Tritt, Verbiss, Nährstoffeintrag und Futterselektion unterschiedlich. Die Gans ist ein gutes Weidetier. Das Gewicht ist gering, somit ist der Tritt günstig. Es sind sogar feuchte Flächen nutzbar. Die bevorzugten Pflanzen sind genannt. Wenn der Standort der Tränken gewechselt wird, ist der Nährstoffeintrag kein Problem.

Als nachteilig muss der Biss bezeichnet werden. Er ist nicht nur tief, sondern unterirdische Triebe werden sogar teilweise aufgenommen. Diese Fähigkeit führte dazu, dass man die Gänse auch schon zur Queckenbekämpfung mit Erfolg eingesetzt hat. Diese Eigenschaft hat aber dazu geführt, dass der Ruf der Gänse bei den „Grünlandpäpsten“ schlecht ist.

Es herrscht die Meinung vor: „Eine Gans macht jede Grasnarbe zunichte“. Unsere Antwort darauf ist: „Bei zu hohem Besatz mit Tieren und zu langer Fresszeit macht jede Tierart jede Weide zu Nichte“.

Grünland und Weidenutzung: Welches Verfahren?

Es geht nicht um eine stalllose Haltung von Gänsen auf der Freilandfläche (24 Stunden am Tag „Dauerweide“), sondern um:

Bei jeder Weidenutzung mit jeder Tierart sind kurze Fresszeiten und lange Ruhephasen des Grünlands anzustreben. Wird die Besatzstärke der Wüchsigkeit des Standortes angepasst, ist das eine Garantie für gutes ausreichendes Futter und für die Erhaltung – zum Teil Verbesserung, der Grasnarbe.

In den Versuchen wurde eine Umtriebsweide mit einem Wechsel aller drei bis fünf Tage je nach Jahreszeit und Aufwuchs durchgeführt. Bei normaler Witterung konnte sich das Grünland wie ein „Tennisrasen“ zeigen.

Der Weiderest sollte immer etwa 3 cm betragen. Bei wertvollen Gräsern sind die Reservestoffe oberhalb des Bodens. So treiben diese schnell wieder aus. Bei der Quecke oder anderen unerwünschten Pflanzen sind die Reservestoffe im Boden.

Gänsezucht: Wie viele Tiere pro Hektar?

In der älteren Literatur, wird von einem Besatz von 40–60 Gänsen pro Hektar geschrieben. Auch die kombinierte Form von Zucht und Mast ist beschrieben, das heißt natürliche Brut und Aufzucht. Für einen Zuchtstamm, der aus einem Ganter und vier bis fünf Gänsen bestehen sollte, werden 40–60 Nachkommen pro Hektar angegeben. In der jüngeren Literatur geht man von maximal 100 Gänsen pro Hektar aus.

In den vorliegenden Versuchen hatten sich 40–60 Gänse auf leichteren Standorten und 70–80 Tiere auf guten Böden bewährt. Der Bedarf an Weidefläche ist vom Grünmasseertrag je Hektar und dem vom Alter und Typ bedingten Verzehr an Grünfutter pro Tier und Tag abhängig. Die eigenen Untersuchungen bestätigten andere Literaturwerte (Tab.).

Wann Ansaat und wann Weidebeginn?

Jede Dauerweide ist gut zu planen. Neuansaaten genauso wie Weideverbesserungen durch Nachsaaten sollten im Frühjahr oder auch frühen Herbst erfolgen. Es hat sich bewährt den Saattermin fürs Gebirge, rauere Lagen und Standorte mit häufig zeitigem Frost auf das Frühjahr zu legen. Bei Aussaat im Herbst erfrieren die jungen Graspflänzchen oft und der Bestand wintert aus, bevor er sich festigen konnte.

Auf leichten Standorten in tieferen Lagen haben wir oft das Gegenteil. Bei Aussaaten im Frühjahr fehlt oft das Wasser für die junge, noch nicht gefestigte Narbe und die Pflanzen vertrocknen. Hier ist die Herbstaussaat zu empfehlen.

Gleiches gilt für eine Nachsaat, um den Pflanzenbestand zu verbessern. Eine Nachsaat sollte bei Fehlstellen von etwa 10 % erfolgen. Sie ist für die Pflege wichtig, auch wenn, nach einigen Literaturangaben, nur jede zweite bis dritte Nachsaat gelingt.

Die Ansaat ist zeitig einzuplanen, da es günstig ist, das neu angesäte Grünland im Ansaatjahr nur zur Mähnutzung zu nutzen. Zumindest sollte der erste Schnitt gemacht und danach sehr vorsichtig der erste Weidegang organisiert werden, damit die Narbe stabiler wird. Grund ist der tiefe Verbiss der Gänse.

Verhaltensforschung: Umtrunk im Schweinestall

Der 1. März ist der Internationale Tag des Schweins. Die Idee für den National Pig Day geht auf das Jahr 1972 zurück. Erfunden haben ihn zwei US-Amerikanerinnen während eines Familienfestes. Je nach Region wird der Tag des Schweins etwas anders interpretiert. Zum Ehrentag wird ein Einblick in die Geschichte der Verhaltensforschung von Schweinen geben, dabei stellt sich die Frage: Sind Mensch und Schwein gleichgesinnt?

Von Manfred F. Golze

Der größte Feind der Menschen wohl, das ist und bleibt der Alkohol. Doch schon in der Bibel steht geschrieben: „Du sollst auch deine Feinde lieben“. Die nachfolgenden Zeilen werden zeigen, dass das ein Beispiel dafür ist, das sich Menschen und Schweine sehr nahe sind. Mir sind drei nahezu gleichgerichtete „Versuche“, zwischen Anfang der 70-er bis Anfang der 80-er Jahre, bekannt. Verhalten sich Schweine genauso wie Menschen, wenn sie Alkohol trinken?

Illustration von Trunkenbolde um 1900
Illustration mit zwei Trunkenbolde um 1900 (c) IMAGO / KHARBINE-TAPABOR
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Verhaltungsforschung: Der Edelschwein-Chef, der zu viel trank

Erstmals hörte ich von Prof. Helmut Pfeiffer in der Vorlesung zur Schweinezucht an der Sektion Tierproduktion der Universität in Leipzig 1973 über einen Versuch vom Verhaltensforscher Prof. Günter Tembrock, bekannt aufgrund seiner vielen Fernsehauftritte und an der Humboldt Universität Berlin lehrend, wo einer Gruppe von sechs Jungebern der Rasse Edelschwein Alkohol angeboten wurde.

Natürlich gab es unter den sechs eine klare Rangordnung. Der Ranghöchste trank zu viel und verlor sofort seinen Status und wurde vom zweiten als „Chef“ abgelöst. Der dritte, vierte und fünfte Eber trank verhalten und es gab kaum Probleme bezüglich Stellung. Das rangniedrigste Tier, das nichts zu verlieren hatte, trank sehr viel Alkohol, er wusste, dass er unten steht und nichts zu verlieren hat.

Da der abgesetzte Führer seinen Fehler erkannte, wurde er trocken und gewann seinen Status zurück. Wochen später, die alte Ordnung war wieder hergestellt, wurde den Schweinen wieder Alkohol angeboten. Das ranghöchste Tier hatte aus seinem Fehler gelernt. Es trank nicht, es soll sogar versucht haben den Trog umzuschütten. Die andern tranken wenig. Nur der rangniedrigste Eber, der nichts zu verlieren hatte, sprach den Alkohol wieder stark zu.

Schlafendes Schwein im Heu
Schlafendes Schwein im Heu (c) Unsplash/Jon Butterworth

Weitere Umtrünke für die Wissenschaft: Ergebnisse

Ende der 70-er Jahren und Anfang der 80-er Jahren berichteten die Universität Göttingen von einen in etwa nachgestellten Versuch mit Schweinen „Göttinger Zwergschweinen“. Das Ergebnis war nahezu identisch. Auch beim „Trinkgelage“ für sieben Schweine an der Universität in Missouri – organisiert 1977 aus rein wissenschaftlichen Gründen.

Die Verhaltensforscher kannten die Hierarchie – es gab eine natürliche Rangordnung. Die Frage war, was bei Alkohol passiert und ob es Ähnlichkeiten mit menschlichen Gruppen gibt. Schon bald zu Beginn trank der Anführer (King Pig) zu viel und verlor seinen Status. Hier übernahm das Schwein im dritten Rangstatus die Führerrolle.

Aus Fehlern lernen?

Da Schweine intelligente Tiere und der Führer intelligenter als die meisten anderen, erkannte King Pig seinen Fehler, wurde trocken und gewann seinen Status zurück. Auch hier tranken die Schweine im Mittelfeld mäßig. Nur das letzte der Schweine das ganz unten auf der Leiter stand akzeptierte seinen Platz und trank so stark Alkohol, dass es ein Alkoholproblem hatte.

Kalter (Liebes)Entzug

Im Buch von Richard Lutwyche „Das Schwein“, wurde ein weiterer Sachstand beschrieben. Ein Farmer mit Berkshire Schweinen gestattete, dass Schweinehalter mit kleinen Beständen mit ihrer Sau zu seinem Eber kamen. Eine dieser Sauen wurde zum Eber geführt. Trotz Avancen zeigte sie aber die kalte Schulter. Erst langsam besserte sich die Laune der Sau. Der Instinkt setzte sich durch, es kam zu einer erfolgreichen Paarung.

Als der Halter die Sau abholte, klärte sich das Verhalten der Sau: Der Halter führte eine Gastwirtschaft und die Sau bekommt jeden Tag einen Eimer mit all den Resten, sodass die Sau ständig leicht beschwipst war. Während der Anbahnungsphase auf dem Hof des Farmers machte sie einen kalten Entzug durch, denn sie hatte plötzlich ihren Zugang zu Alkohol verloren.

Berkshire Schweine
Berkshire Schweine, eine Schweinerasse aus Großbritannien (c) IMAGO / UIG
Pflanzenkohle und Agroforst: Pyrolyse

Eine aussichtsreiche Kombination: Agroforst und Pflanzenkohle. Doch der Teufel steckt auch hier im Detail, und Erfahrungsaustausch unter Praktikern ist dann immer besonders fruchtbar – wie jüngst am Ofen in Peickwitz.

Von Jörg Möbius

Am 15. Februar trafen sich Landwirt Thomas Domin und der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) zu einem Workshop über die „Erzeugung und Nutzung von Pflanzenkohle in Agroforstsystemen“ auf Domin’s Betrieb in Peickwitz.

Beide sind Projektpartner im Forschungsvorhaben „Agroforstliche Kreislaufwirtschaft als Basis für eine strukturreiche und klimaresiliente Landwirtschaft mit hohem Wertschöpfungspotenzial“ (AgroBaLa).

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Pflanzenkohle für Einsteiger

Laut dem Geoökologen Dr. Nikolas Hagemann vom Schweizer Forschungsinstitut für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt (Agroscope) boomt die Pflanzenkohleherstellung in Europa.

Es gebe momentan 100 zertifizierte Anlagen mit einer Jahreskapazität von 60.000 t, die in Industrie, Medizin, in der Tierhaltung und im Pflanzenbau (Stichwort: Terra Preta) sowie als Energieträger eingesetzt werden.

Er schätzt, dass durch ein größeres Angebot an Biokohle die Preise sinken werden. Einige Workshopteilnehmer widersprachen, denn dafür muss auch Biomasse vorhanden sein.

Hackschnitzel zur Verkohlung: Thermolyse-Apparate

Domin setzt Hackschnitzel von seinen Agroforststreifen zur Verkohlung ein und nutzt dazu zwei Thermolyse-Apparate Vario L von SPSC aus München. Diese wurden über das Projekt angeschafft.

Die Pyrolysekammer mit einem Volumen von 1,3 m3 wird nach der Befüllung luftdicht verschlossen und erhitzt. Nach Erahrung von Thomas Domin reichen dafür rund 20 kg Brennholz.

Das austretende Synthesegas wird aus dem Pyrolysebereich in die Brennkammer geleitet und dort erst nach Zufuhr von Sauerstoff (Frischluft) verbrannt.

Die Brennkammer ist in die Pyrolysekammer integriert und erhitzt die Biomasse weiter. Somit wird die Pyrolyse mit austretendem und in der Brennkammer brennenden Synthesegas autark am Laufen gehalten, ohne dass weiter zusätzliche Energie von außen zugeführt werden muss.

Landwirt Thomas Domin vor einem Thermolyse-Apparat
Hackschnitzel vom Agroforststreifen verwandelt Thomas Domin im Thermolyse-Apparat Vario L in Pflanzenkohle. (c) Jörg Möbius

Am Schornstein könnte Wärme entnommen werden. Doch da die Pyrolysekammer zum Entleeren gekippt werden muss, ist keine feste Installation des Zu- und Rücklaufes eines Wärmetauschers möglich: aus Sicht Domins ein bedauernswerter Nachteil.

Auf der Webseite von SPSC werden weitere Pyrolyse-Apparate vorgestellt. Außerdem ist dort ein ausführlicher Vergleich der Technologien zur Erzeugung von Biokohle verfügbar, sowie auf fachverbandpflanzenkohle.org.

Thomas Domin hatte mit weniger Aufwand für die Verkohlung gerechnet, vor allem zeitlich. Er berichtet, dass darauf geachtet werden müsse, dass das zu verkohlende Material nicht zu feucht ist. Zudem sollte es so locker liegen, dass sich keine, den Gaszug unterbindende, feste Hackschnitzel-Schicht bildet.

Kon-Tikis: Geräte zur Herstellung von Pflanzenkohle

Andere Teilnehmer des Workshops berichteten von der Verwendung von Kon-Tiki-Meilern, den kostengünstigsten Geräten zur Pflanzenkohleherstellung, die während des gesamten Prozesses beaufsichtigt werden müssen. Dieser kann zwei bis vier Stunden dauern. Dazu gehört auch, das Nachlegen von Material.

Ist der Meiler fast voll Pflanzenkohle, muss der Pyrolyseprozess mit Wasser oder Erde beendet werden. Kon-Tiki-Pflanzenkohle unterliegt damit Qualitätsschwankungen. Dafür kann sie als Einstreuzusatz und für alle pflanzenbaulichen Einsätze kostengünstig auf dem eigenen Betrieb erzeugt werden.

Batchverfahren seien zeitaufwendig. Gut für landwirtschaftliche Betriebe könnte eine kleine, kontinuierlich laufende Anlage (ähnlich einer Hackschnitzelheizung) sein, so fasst Thomas Domin die Diskussion des Workshop-Arbeitskreises Pflanzenkohleherstellung zusammen.

Dr. Christian Böhm
Dr. Christian Böhm erläutert Versuche zur Bodenfruchtbarkeit nach Einsatz von Pflanzenkohle (c) Jörg Möbius

Dr. Christian Böhm von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg und Vorstandsvorsitzender des DeFAF, erläuterte am Ende die Versuche zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit durch den Einsatz von Pflanzenkohle auf dem Betrieb Domin. Er hofft auf Ergebnisse in diesem Jahr, 2022 gab es aufgrund der Trockenheit keine messbaren Unterschiede, so Böhm.

Kichererbse als Anbaualternative: WIR!-Projekt mit „Power-Eiweiß“

In Lößnitz diskutierte ein Innovationsforum des DMPL-Projektes die Chancen regional erzeugter Hülsenfrüchte. Es gibt vielfältige Ansätze – wie auch das ein oder andere Hemmnis.

Von Karsten Bär

Offizieller Projektstart war im vorigen Jahr, ein Teilvorhaben läuft bereits und acht weitere sind in der Antragsphase. Unter dem etwas sperrigen Namen „Diversitätsmanagement und neue Prozessqualität für nachhaltige Landwirtschaft und regionale Wertschöpfung“ arbeitet ein sogenanntes WIR!-Projekt daran, im gesamten westlichen Teil des Freistaates Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und mehr Wertschöpfung im ländlichen Raum zu entwickeln. Innerhalb des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über zwei Phasen mit insgesamt 13 Mio. € bezuschussten Projektes können hierzu Einzelprojekte initiiert werden.

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Körnerleguminosen aus Sachsen

Um Anregungen zu geben und den Austausch zu fördern, hatte das Projekt vorige Woche zu einem Innovationsforum in die Räume der Eidam Landtechnik GmbH nach Lößnitz eingeladen. Der Landtechnikhersteller und -händler gehört gemeinsam mit dem Zentrum für angewandte Forschung und Technologie an der HTW Dresden sowie der Arbeitsgemeinschaft der Maschinen- und Betriebshilferinge in Sachsen zum Projektmanagement.

Thema des Forums: „Power-Eiweiß aus Sachsen. Körnerleguminosen auf dem Prüfstand“ – gesprochen wurde über Produktion, Verarbeitung und Vermarktung. Kurze Impulsvorträge zeigten vielfältige Ansätze, die in Workshops vertieft werden konnten.

Kichererbsen Pflanze
Kichererbsen könnten auch in Sachsen eine Anbaualternative werden. (c) Sabine Rübensaat

Seit 2001 verarbeitet das Unternehmen Salzbrücke aus dem thüringischen Ritschenhausen bei Meinigen Hülsenfrüchte. Dazu zählen Erbsen, Bohnen, Linsen und Kichererbsen, die es aus Deutschland – teilweise in regionalem Vertragsanbau – ebenso wie aus anderen Ländern Europas und Nordamerikas bezieht.

Über ein Dampfkochverfahren werden die Hülsenfrüchte gleichermaßen haltbar als auch sofort verzehrfähig gemacht. Seine Produkte liefert Salzbrücke zur Weiterverarbeitung in Fertigprodukten an Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie und vertreibt unter der Eigenmarke „Legumino“ auch Produkte an Endverbraucher.

Minimahlzeiten aus Hülsenfrüchten
Minimahlzeiten aus Hülsenfrüchten von Quendt Food lnnovation. (c) Karsten Bär

Alleskönner Hülsenfrüchte

Nicht nur als Futtermittel oder für die menschliche Ernährung bieten Leguminosen Einsatzmöglichkeiten. Das Unternehmen „Amynova Polymers“ aus Zwenkau produziert einen innovativen stärkebasierten Biopolymer, der als Haftmittel für Pflanzenschutz- und Düngemittel, als Beschichtung auf Papier und Verpackungen sowie zur Staubbindung in der Industrie eingesetzt werden kann.

Geschäftsführer Bernhard Sack zeigt auf, welche Wege sein Unternehmen geht, um nicht nur Erbsenprotein zu gewinnen, sondern auch die Stärkefraktion wirtschaftlich zu nutzen

Vollwertige Minimahlzeiten aus heimischen Hülsenfrüchten hat das Unternehmen für Forschung und Produktentwicklung Quendt Food Innovation aus Freital im Rahmen einer Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP agri) entwickelt.

Die Vermarktung des Produktes nehmen die Geschäftsführer Heike und Matthias Quendt nun selbst in die Hand: Im Geschäft QioBack in der Ringstraße in Dresden sollen Minimahlzeiten und Snacks aus regional erzeugten Bioleguminosen verkauft werden, wobei die Anbieter nicht nur mit einem Geschmacksversprechen werben, sondern auch die gesundheitlichen Aspekte und die Effekte der regionalen Erzeugung von Lebensmitteln auf Klima und Umwelt in den Vordergrund stellen.

Chancen und Potenziale von Körnerleguminosen in Sachsen erörterte Prof. Dr. Knut Schmidtke, der derzeit das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz leitet, sich für die HTW Dresden aber weiterhin mit dem Projekt DMPL befasst. Das DMPL-Projektgebiet weise unterschiedliche klimatische und Bodenbedingungen auf, zu denen die jeweils passenden Leguminosen gewählt werden müssen.

So ist die auf gute Wasserversorgung angewiesenen Ackerbohne eher für Vogtland und Westerzgebirge geeignet. Erbsen, verschiedene Lupinenarten oder Sojabohnen passen in das trockenere Hügel- und nordsächsische Tiefland passen. Auch die Kichererbse wird in dieser Region zunehmend interessant. Durch gezielten frühen Zwischenfruchtanbau vor Körnerleguminosen können die Vorteile konservierender Bodenbearbeitung genutzt und Unkräuter wirksam unterdrückt werden.

Regional und pflanzlich ist kein Widerspruch

Hemmnisse für die Vermarktung wurden im Vortrag von Thomas Thiele vom Mittelsächsischen Getreideerzeuger- und -absatzverein (MGAV) deutlich. Leguminosen seien gut für die Fruchtfolge, doch würden eingeschränkter Pflanzenschutz und andere Restriktionen ebenso wie eingeschränkte Ertragspotenziale sowie fehlende Vermarktungsmöglichkeiten und unattraktive Preise die Ausweitung des Anbaus verhindern.

Der MGAV vermarkte zwar Erbsen seiner Mitglieder an die Stärkefabrik im brandenburgischen Golßen. Jedoch zeigten sich häufiger logistische Schwierigkeiten wie Leerfahrten von der Fabrik zurück oder lange Wartezeiten bei der Anlieferung. Dies werde zunehmend nicht mehr von den Speditionen toleriert.

Als Rinderhalter vegane Produkte auf Leguminosenbasis anbieten? Für Matthias Schneider von der „Denkwerkstatt Food“ aus Pülswerda bei Torgau nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Das zeige auch das Beispiel „Rügenwalder“. Mit seiner Marke „Elbweiderind“ vertreibt Schneider Rindfleisch als Premiumprodukt. Er hat inzwischen das Sortiment um weitere regional erzeugte Lebensmittel wie Karpfenfilet, Eier, Kartoffeln oder Milchprodukte erweitert.

Der Trend zu veganer Ernährung sei spürbar, wenn auch milieu- und altersabhängig. Das Angebot vegetarischer oder veganer Alternativen trage dazu bei, nicht ganze Familien als Kunden zu verlieren. Nach ersten Versuchen wird „Elbweiderind“ künftig auch Produkte aus regional erzeugtem pflanzlichen Eiweiß herstellen und – neben Rindfleisch und anderen nicht-veganen Lebensmitteln – vertreiben.

Chancen für heimische Hülsenfrüchte gibt es zweifellos. Mit der richtigen Idee und geeigneten Partnern könnten sie unter dem Dach des DMPL-Projektes in Erfolge umgemünzt werden. Hier für Anregungen und Kontakte gesorgt zu haben, ist die Hoffnung des Projektmanagements. „Es wäre schön, wenn Landwirtschaftsbetriebe dabei vorangehen, nicht warten, sondern selbst etwas anfangen“, meint Prof. Knut Schmidtke.

Langfristige Wertschöpfung entstehe nicht mithilfe von Subventionen oder Prämien, sondern – auch – mit Mut zum Risiko. Das DMPL-Projekt will dazu beitragen, die nötige Innovationskultur zu entwickeln.

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Lupinen haben einen relativ hohen Proteingehalt. Wenn also hohe Erträge erzielt werden können, kann sich der Anbau gegenüber Roggen lohnen.
Lupinen haben einen relativ hohen Proteingehalt. Wenn also hohe Erträge erzielt werden können, kann sich der Anbau gegenüber Roggen lohnen. (c) Sabine Rübensaat
Düngelandesverordnung in MV: Landwirtschaft fair behandeln

Ein Grundwasserkörper mit diversen Szenarien – ein unerklärliches Phänomen? Landwirte bereiten neue Klage gegen Düngelandesverordnung vor.

Von Nicole Gottschall

Landwirte wehren sich nicht dagegen, das Grundwasser sauber zu halten und zu schützen. Im Gegenteil, ihnen sei das ebenfalls ein Grundanliegen. Sie möchten aber fair behandelt werden. Und sie wünschen sich, dass die Landwirtschaft fair behandelt wird.

Doch genau das vermissen Michael Drews von der Agrargenossenschaft Köchelstorf und Jörg Haase von der Agrar AG Gadebusch in Bezug auf die Düngeverordnung im Land und die damit einhergehende Ausweisung von mit Nitrat belasteten Feldblöcken – egal in welcher bisherigen Fassung.

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Kritikpunkte: Rote Gebiete mit Willkür

Größte Kritikpunkte dabei waren und sind die Verfahrensweise des zuständigen Ministeriums sowie das Messstellennetz des Landes in Kombination mit den daraus gezogenen Rückschlüssen auf die roten Gebiete.

Pauschal die Ursache für erhöhte Nitratwerte im Grundwasser in der Landwirtschaft zu sehen, entspreche keiner fundierten Betrachtung. Die Flexibilität der Lage der belasteten Gebiete käme Willkür gleich. So lautet der Vorwurf der beiden Vorstandsvorsitzenden.

Agrargenossenschaft Köchelstorf
Gemeinsam zum Ziel: Michael Drews, Jörg Haase und Dr. Reinhard Mecklenburg (v. l.) (c) Agrargenossenschaft Köchelstorf

Normenkontrollklage mit Recht

Und diese Ansichten haben die beiden Landwirte nicht exklusiv. Mit einer immer weiter wachsenden Interessengemeinschaft im Hintergrund und dem Rechtsbeistand des Berliner Anwalts Dr. Reinhard Mecklenburg waren sie den Weg der Normenkontrollklage gegen die alte Düngelandesverordnung gegangen. Zu Recht, wie mittlerweile bekannt ist, denn auch Gerichte hatten Zweifel.

Zunächst kippte im November 2021 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald ohne mögliche Revision gegen das Urteil die Verordnung. Dann wies zu Beginn dieses Jahres das Bundesverwaltungsgericht die vom Schweriner Agrarministerium eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde zurück und bestätigte das Urteil des OVG. In der Begründung heißt es unter anderem, dem Fachministerium sind Fehler bei der Ausweisung nitratbelasteter Gebiete unterlaufen, da zum Beispiel verpflichtende Verfahrensschritte nicht durchgeführt wurden.

Der Stein, den die beiden Betriebsleiter mit dem Vorgehen ins Rollen gebracht hatten, hinterließ noch einen weiteren Beigeschmack. Seit Einreichen der Klage im Januar 2020 mussten die Köchelstorfer 16 Cross-Compliance-Kontrollen über sich ergehen lassen. „Nach dem Zufallsprinzip“, sagt Michael Drews, der daran Zweifel erkennen lässt. Alle wurden anstandslos bestanden.

Dass sich bei der neuen und aktuell gültigen Düngelandesverordnung die bekannten Fehler oder andere nicht wiederfinden lassen, daran glauben Drews und Haase nicht. Vor allem nicht, wenn sie auf ihre Betroffenheit bei der Gebietskulisse blicken.

Während beide Betriebe im Jahr 2019 bei 100 % rotem Gebiet gestartet sind, steht Köchelstorf nach zwischenzeitlichen 25 % nun bei 0 % und Gadebusch über die Station 52 % nun wieder bei 98 %. Obwohl sie Feldblock an Feldblock und im selben Grundwasserkörper wirtschaften.

Neue Klage: Schadensersatz und Ursachenforschung

Deshalb werden sie auch weiterhin zusammenstehen und sich gemeinsam für eine lückenlose Aufklärung der Sachverhalte einsetzen. Mündlich sei bereits mit Rechtsanwalt Dr. Mecklenburg die nächste Klage angestoßen worden und der „Auftrag wird auch noch folgen“, so Jörg Haase.

Darüber hinaus wird gerade geprüft, inwiefern Anspruch auf Schadenersatz – beispielsweise wegen Ertragsausfall und zusätzlich entstandener Kosten unter anderem für Nmin-Proben – geltend gemacht werden kann. Dafür werden aktuell die Daten von allen Betrieben der Interessengemeinschaft gesammelt und ausgewertet. Eine sechsstellige Summe käme dabei nach ersten Überschlagsrechnungen zusammen.

Bei all den Unstimmigkeiten betonen die beiden Landwirte, dass für sie fachlicher Konsens und sauberes Grundwasser im Fokus stehen. Sie fordern daher ein vernünftiges, das heißt für sie flächendeckendes, transparentes und entsprechend der Nitratrichtlinie geeignetes Messstellennetz.

Zudem sollten die Ursachen gründlich erforscht und mit nachweislich wirksamen Mitteln bekämpft werden. Michael Drews und Jörg Haase stehen für eine konstruktive und zielführende Zusammenarbeit bereit. Um diese ehrlich und im Sinne der Sache anzugehen, halten sie die seit Jahren bestehende Einladung zu einer Gesprächsrunde in Köchelstorf aufrecht. Der Tisch sei gedeckt, es fehle nur noch Minister Backhaus.

IG BAU Tarifverhandlungen: Gemeinsam mit Arbeitgeberverbände

Zum ersten Mal führten die land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände der ostdeutschen Bundesländer gemeinsame Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft IG BAU. Das Ergebnis dürfte vor allem die Arbeitnehmer freuen.

Zum ersten Mal führten die land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände der ostdeutschen Bundesländer in der vorigen Woche gemeinsame Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft IG BAU.

Dabei ging es darum, die seit über einem Jahr andauernde Tariflosigkeit für die 74.500 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Agrarbereich zu beenden. In ihrer Bundesempfehlung legten die Tarifparteien den regionalen Partnern einheitliche Mindestvergütungen und Lohnstrukturen nahe.

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Einigung und Gemeinsames Auftreten

Gleich in der ersten Verhandlungsrunde konnte eine Einigung erzielt werden. Die Arbeitgeberverbände Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen hatten sich vorab auf einheitliche Lohn- und Gehaltsgruppen nebst Vergütungen verständigt.

Lutz Eimecke, Vorsitzender der sächsischen Arbeitgeber und Sprecher der ostdeutschen Arbeitgeberbank: „Wir haben etwas Historisches erreicht! Nach über 30 Jahren haben wir es geschafft, die Interessen der ostdeutschen Arbeitgeber durch ein gemeinsames Auftreten zu stärken und unsere ohnehin bereits enge Zusammenarbeit auch auf tariflicher Ebene gegenüber der IG BAU zu unterstreichen.“

Die Verbandsvorsitzenden – neben Eimecke Marco Gemballa (MV), Albrecht von Bodenhausen (ST), Hans-Christian Daniels (BB) und Uwe Kühne (TH) – vertreten gemeinsam die Auffassung, dass der politisch festgelegte Mindestlohn zu erheblichen Verwerfungen im Tarifgefüge führt.

Zweistelliger Zuwachs

Der Eingriff des Gesetzgebers in die Tarifautonomie stärkte aus ihrer Sicht die Verhandlungsposition der Gewerkschaft. Der Tarifabschluss hält sich – außer der Ausbildungsvergütung – an die Bundesempfehlung.

Auszubildende der Agrargesellschaft Zinzowz, "Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022", auf dem Acker
Die neuen Ausbildungsvergütungen setzen nach Einschätzung der Arbeitgeber deutliche Signale der Attraktivität der grünen Berufe. (c) Sabine Rübensaat

Die in der Regel zweistelligen Zuwächse werden die Beschäftigten durchaus erfreuen. Jedoch sehen sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowohl konventioneller als auch ökologisch wirtschaftender Betriebe vor extrem hohen Herausforderungen, vor allem die ohnehin „gebeutelten“ tierhaltenden Betriebe, stellen die ostdeutschen Vorsitzenden fest.

Sich weiterhin abzeichnende massive Eingriffe in die Tarifautonomie durch den Gesetzgeber lehnen sie ab. Sie sehen darin die Gefahr, dass sich der Trend zur weiteren Mechanisierung auf dem Acker und zum Abbau der Tierhaltung beschleunigen und Saisonarbeit erschweren werde.

(red)

Obermühle Gottsdorf: Familienbetrieb seit 120 Jahren

Seit mehreren Generationen wird in der Obermühle Gottsdorf (Brandenburg) Getreide verarbeitet. Doch der Familienbetrieb hat auch eine eigene Rinderzucht und eine florierende Direktvermarktung.

Von Wolfgang Herklotz

Los geht’s, Jack! Der braune Hütehund der Rasse Kelpie springt sofort vom Beifahrersitz des Firmenwagens und begleitet Markus Röthel zu den Rindern, die am Rande von Gottsdorf weiden. Markus Röthel geht auf sie zu, grault ihnen das Fell.

Die friedlichen Vierbeiner nehmen es gelassen hin, dass der Mann mit dem Basecap sogar ihre stattlichen Hörner anfasst und schwenkt. Selbst den imposanten Bullen, der das Treiben beobachtet, scheint das nicht zu stören.

Er gibt nur ein leichtes, doch tiefes Brummen von sich. Röthel lacht. „Klingt so, als würde er sagen: Ist schon in Ordnung, kannst weitermachen!“

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Mühlenbetrieb in Gottsdorf: In vierter Generation

Dem Einundfünfzigjährigen wurde der entspannte Umgang mit den Fleischrindern offensichtlich schon in die Wiege gelegt. Doch Markus Röthel entschied sich nicht für eine Landwirtschaftslehre, sondern wurde Müller mit Meisterabschluss. Seit mehr als zwei Jahrzehnten betreibt er die Gottsdorfer Mühle, inzwischen schon in vierter Generation.

Die bereits 1285 erstmals schriftlich erwähnte Obermühle ist seit 120 Jahren im Besitz der Familie Röthel. Das technische Denkmal, einzigartig in Brandenburg, verfügt immer noch über ein funktionstüchtiges Wasserrad! Es dient traditionell als Antrieb, um Getreide zu mahlen, derzeit steht das Rad allerdings still, erfahren wir. „Es wurde höchste Zeit, den vom Pfefferfließ gespeisten Teich auszubaggern.“

Bevor wir den kleinen Weideausflug beenden, erklärt Markus Röthel, dass auch früher schon Landwirtschaft zur Mühle dazugehörte. Ein, zwei Bullen standen zu DDR-Zeiten immer im Stall, nach der Wende begannen die Röthels dann, Absetzer zu mästen. Dass sich daraus eine eigene Rinderzucht und eine florierende Direktvermarktung entwickeln würde, war damals allerdings noch nicht absehbar. Doch dazu kommen wir noch, denn zunächst müssen wir uns die Mühle unweit vom brandenburgischen Luckenwalde anschauen.

Familienmitglied Piep: Wildgans zu Weihnachten?

Als Erstes treffen wir auf eine Wildgans namens Piep. Der Ganter watschelt selbstbewusst über den Hof, schließlich gehört er quasi zur Familie. Als Jungtier mit verletzter Kralle und hilflos im Wald aufgefunden, war er von den Töchtern des Hauses liebevoll aufgepäppelt worden.

Und dann von einem seiner Ausflüge nicht mehr zurückgekehrt, was zu großer Aufregung und zahlreichen Suchaktionen führte. „Fast wäre er wohl als Weihnachtsbraten in der Pfanne gelandet, aber das konnten wir zum Glück verhindern“, berichtet Markus Röthel und führt uns über den Hof.

Mandy Röthel mit Wildgans Piep
Auch Ehefrau Mandy Röthel hat ein Faible für Tiere – hier mit Wildgans Piep. Zum Hof gehören ebenfalls Alpakas. (c) Sabine Rübensaat

Familien- und Mühlengeschichte

Der Hof wurde mitsamt Wirtschaftsgebäuden, rund acht Hektar Wiesen und Ackerland sowie neun Hektar Wald 1904 von Röthers Urgroßvater Theodor Weber gekauft und ging dann ohne Unterbrechung an die nachfolgenden Generationen über.

Sie absolvierten allesamt eine Meisterausbildung, wie die Urkunden im Aufgang zum zweiten Stock belegen: Martin Röthel im Jahre 1931, Martin Junior anno 1959 und Markus 1996. Dieser erinnert sich, dass er bei der Ausbildung in Stuttgart der Müller mit der kleinsten Mühle war und wohl auch etwas belächelt wurde. „Aber uns gibt es im Unterschied zu vielen größeren Betrieben der Branche immer noch!“

Die Innenausstattung ist zumeist noch im Originalzustand, nach wie vor in zuverlässigem Einsatz der vor rund 70 Jahren von einer Firma im thüringischen Bad Frankenhausen erbaute Walzenstuhl. Der Elektromotor, bei Wassermangel wie derzeit eine alternative Antriebsquelle, stammt gar aus dem Jahre 1926. „Aber ein Museum sind wir deshalb nicht“, sagt Markus Röthel und zeigt auf mehrere an der Wand installierte Schaltkästen, mit denen die Solarpaneele auf dem Dach gesteuert werden.

Beim Rundgang lernen wir auch seinen Vater Martin kennen. Für den 87-Jährigen ist die Arbeit in der Mühle ein Lebenselixier. Tag für Tag noch im Einsatz, absolviert er auch regelmäßig seine Kontrollgänge, prüft, ob die zahlreichen Transmissionsriemen korrekt laufen und die Silozellen unterm Dach mit Getreidekörnern gut gefüllt sind.

Das beschwerliche Treppensteigen kommt für ihn nicht mehr infrage, dafür nutzt er den hölzernen Lastenaufzug, dessen Auftrieb mithilfe eines Seils über den verzweigten Mechanismus von Wellen und Zahnrädern erfolgt.

Galerie: Familienbetrieb Obermühle Gottsdorf bei Luckenwalde

Gottsdorfer Mühle

Markenzeichen der Gottsdorfer Mühle sind hochwertige Mehle aus Roggen, Weizen und Dinkel. Wenn das Wasserrad stillsteht, übernimmt ein alter Elektromotor den Antrieb – denn die Mühle muss laufen. (c) Sabine Rübensaat

Wasserrad in Gottsdorf

Funktionstüchtiges Wasserrad in Gottsdorf. Es dient traditionell als Antrieb, um Getreide zu mahlen. (c) Sabine Rübensaat

Meisterbrief von Martin Röthel

Verbriefte Meisterschaft über Generationen: Markus Röthel übernahm die Mühle vor fast einem Vierteljahrhundert von seinem Vater Martin, der immer noch auf dem Hof im Einsatz ist. (c) Sabine Rübensaat

Martin Röthel aus Gottsdorf

Martin Röthel, Meister des Müller-Handwerks und im Einsatz auf dem Hof (c) Sabine Rübensaat

Mehl aus der Obermühle Gottsdorf

Sohn Markus Röthel begutachtet das Endprodukt aus der Mühle: Hochwertiges Mehl aus Roggen, Dinkel oder Weizen. (c) Sabine Rübensaat

Roggen, Dinkel, Weizen: Die Mühle muss laufen

Ursprünglich wurde in der Obermühle ausschließlich Roggen gemahlen, nun werden auch Dinkel und Weizen verarbeitet, darunter eine alte Getreidesorte wie der Gelb-oder Safranweizen. Das Getreide stammt durchweg aus biologischem Anbau von Landwirten aus der Region.

Es läuft bis zu 20 Mal durch den Walzenstuhl und wird vorher gründlich von kleinen Steinchen und groben Bestandteilen gereinigt, bis das Mehl die gewünschte Qualität hat. Die Tagesausbeute liegt bei anderthalb Tonnen Getreide Mehl unterschiedlichen Typs.

„Unser Mehl war auch früher schon sehr gefragt, weil es so hell war“, versichert Markus Röthel und fügt hinzu: „Ich habe von meinem Vater gelernt, dass man diesen Beruf mit voller Hingabe ausführt und keine halben Sachen macht.“ Wozu gehört, dass selbst spätabends immer noch mal nach der Mühle geschaut wird. Letztendlich prägt sie doch den ganzen Tagesablauf. „Wenn wir in der Küche sitzen, hören wir immer die Walzengeräusche und kriegen auch mit, wenn etwas nicht richtig funktioniert.“

Ehernes Prinzip der Röthels: Die Mühle muss laufen und das Mehl zuverlässig bereitgestellt werden, auch wenn damit noch Nachtschichten verbunden sind. Es kam schon vor, dass ein Arbeitstag erst um vier Uhr morgens endete!

Video: Obermühle Gottsdorf und die Potsdamer Bio-Bäckerei Fahrland

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Mehr Informationen

Größter Abnehmer des Biomehls aus Gottsdorf ist die in Potsdam ansässige Bäckerei Fahland. Ihre Brote werden vor allem in Potsdam, aber auch in einigen Filialen Berlins verkauft. Früher gehörte auch eine traditionsreiche Bäckerei in Dietersdorf zu Röthels Kundenkreis, die aber geschlossen wurde.

„Das ist mehr als bedauerlich, weil dort ein sehr schmackhaftes, helles Roggenbrot gebacken wurde, wie es früher auf den Bauernhöfen üblich war!“ Es hatte einen geringeren Weizenanteil als heute und war lange haltbar, berichtet Markus Röthel. Auf seinen Flächen, durch Kauf und Pacht mittlerweile auf rund 100 Hektar erweitert, baut er seit Jahren auch selbst Getreide an.

Rindermist als Bodenverbessernde Maßnahme

Bis zu 20 Tonnen Roggen erntet er normalerweise, die zusätzlich über die Mühle verwertet werden. Doch die zunehmende Trockenheit sorge für geringere Erträge auf den ohnehin mageren Böden, räumt der Müllermeister mit ausgeprägtem Faible auch für den Ackerbau ein. Zudem habe er festgestellt, dass durch jahrzehntelanges Pflügen die Bodenstruktur beeinträchtigt worden sei.

Fortan beschäftigte sich der Gottsdorfer mit Direktsaat, Zwischenfrüchten, Unterfußdüngung und schonender Bodenbearbeitung. Von Rückschlägen ließ er sich nicht aufhalten. Als außerordentlich hilfreich stellte sich letztendlich heraus, einen mit Rindermist angereicherten Kompost auf den Flächen auszubringen. Und damit wieder den Kreis(lauf) zur Tierhaltung zu schließen.

Welsh Black-Herde: Bioqualität

Der mittlerweile auf 100 Tiere angewachsenen Welsh Black-Herde stehen nicht nur ausgedehnte Weideflächen zur Verfügung. Als Winterfutter für die ganzjährig im Freien gehaltenen Vierbeiner dienen Heu, Grassilage und Stroh, allesamt aus eigener Produktion, und natürlich auch die beim Mahlen anfallende Kleie. Denn diese haben noch wertvolle Inhaltsstoffe.

Aus eigenem Antrieb und dank zahlreicher Freunde und Bekannten konnte Markus Röthel in die Geheimnisse einer erfolgreichen Zucht eindringen, Wissen und Erfahrungen sammeln. Zum Beispiel, wie man eine problematische Abkalbung meistert. Und souverän auch diverse Hürden überwindet, um hochwertiges Rindfleisch, natürlich in Bioqualität, erfolgreich zu vermarkten. Zugute kam dabei dem passionierten Jäger, dass er vom Veterinäramt die Genehmigung erhielt, schlachtreife Rinder auf der Weide zu erlegen.

Weniger Stress für die Tiere

Das erspart den Tieren viel Stress, was sich positiv auf die Fleischgüte auswirkt. Die wiederum wird noch durch die Lagerung in speziellen Fleischreifeboxen gesteigert, die eine luftdichte Lagerung bei konstanter Temperatur über mehrere Wochen ermöglichen.

Die eigentliche Schlachtung und Zerlegung erfolgt in dem nur knapp einen Kilometer entfernten Ort Klinkenmühle, wo ein Schlachtraum zur Verfügung steht. Dafür musste der Müllermeister aber in eine eigene Verarbeitungsstrecke mitsamt Kühlraum investieren. Hier sorgt Fleischer Herbert Müller für die fachgerechte Weiterverarbeitung des Fleischs.

Bildergalerie: Obermühle Gottsdorf und Direktvermarktung

Landwirt Markus Röthel aus Gottsdorf mit Werlsh-Black-Rinder

Landwirt und Müller Markus Röthel schaut täglich nach seinen Rindern. Immer mit dabei ist Hütehund Jack, der zugleich als Beifahrer assistiert. (c) Sabine Rübensaat

Welsh-Black-Rinderherde

Welsh-Black-Rinderherde in Gottsdorf (c) Sabine Rübensaat

Mandy Röthel mit schwarzen Welsh-Black-Kälbern

Ehefrau Mandy Röthel mit Welsh-Black-Kälbern (c) Sabine Rübensaat

Hofladen der Obermühle Gottsdorf

Hofladen der Obermühle Gottsdorf, Inhaber Markus Röthel. (c) Sabine Rübensaat

Im Hofladen werden verschiedene Mehlsorten, aber auch Fleischpartien und Würste angeboten. Für die fachgerechte Zubereitung sorgt Herbert Müller, vielseitig einsetzbar. (c) Sabine Rübensaat

Herbert Müller in Gottsdorf

Herbert Müller (c) Sabine Rübensaat

Wildschweinblutwurst der Obermühle Gottsdorf

Wildschweinblutwurst der Obermühle Gottsdorf (c) Sabine Rübensaat

Fleischbestellung mit einem Klick

Im Hofladen werden die vakuumierten Stücke angeboten, ebenso Würste, Fleischpartien vom Reh und Wildschwein, natürlich aber auch eine Auswahl verschiedener Mehle. Das Fleisch kann online bestellt werden und zu festen Öffnungszeiten des Hofladens abgeholt werden. Die Kunden kommen aus Potsdam, Berlin und aus der näheren Umgebung.

Hofnachfolge: Wie geht es weiter?

Es gibt also viel zu tun auf dem Hof und wäre alles kaum zu schaffen, wenn nicht so viele Hände zupacken würden – aus dem Dorf, aber selbstverständlich auch Röthels Eltern, Ehefrau Mandy und die Töchter Melina (15) sowie Miriam (11). „Wir sind ein Familienbetrieb, da kann sich einer auf den anderen verlassen“, versichert Markus Röthel und berichtet, dass seine Mutter sich trotz ihres Alters immer noch um den täglichen Mittagstisch für alle kümmert.

Wie steht es um die Hofnachfolge? Dafür sei es noch ein bisschen zu früh, meint Röthel. Aber Melina habe schon den Wunsch geäußert, Bäuerin zu werden. Und Miriam zeige nicht nur Talent beim Fahren mit dem Radlader, sondern ein ebenso großes Interesse daran, wie eine Mühle so funktioniert. Auch an Geheimnissen, die damit verbunden sind.

Kobold unterm Dach?

Es soll da einen Kobold unterm Dach geben. Markus Röthel schmunzelt. „Na klar doch. Wir haben ihn bisher zwar noch nicht gesehen, aber es muss ihn geben. Denn einmal ging nachts plötzlich die Mühle an…“ Wie das denn? Markus Röthel lässt uns eine Weile im Ungewissen.

Dann berichtet er, dass wie sonst üblich der Zulauf mit einem sogenannten Schütz geschlossen worden war, um Wasser anzustauen. Aber offenbar nicht komplett, so dass Tropfen um Tropfen doch auf die Schaufeln des Wasserrades rinnen konnte und dieses schließlich in Bewegung setzte. Aber irgendwie hatte der Kobold wohl doch seine Hände mit im Spiel …

Bewegungsbuchten im Abferkelstall: Kritik an Ausführungshinweisen

Die Ausführungshinweise für Bewegungsbuchten wurden Ende 2022 von der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz ohne vorherige Beteiligung von Fachberatern oder Fachverbänden geändert.

Von Dr. Eckhard Meyer, LfULG

Die Ferkelerzeugung steht wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand. Corona und der durch die Afrikanische Schweinepest bedingte Preisverfall sowie das Verbringungsverbot verschärfen die Situation. Außerdem müssen die Sauenhalter die gesetzlichen Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung stemmen.

Die Vorgabe eines 2-m-Aktionskreises ist kontraproduktiv für den Tierschutz. Sie führt zu weiter steigenden Kosten und möglichen Ferkelverlusten. Die Vorgabe sollte nicht zur Anwendung kommen.

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Abferkelstall bis 2036 umsetzen

Neben der Verordnung gibt es die Ausführungshinweise, die zum Teil „unbestimmte Rechtsbegriffe“ konkretisieren. Als Empfehlungen für die Tierschutzkontrollen durch die Veterinärämter haben sie zwar vor Gericht keine justiziable Wirkung, wie das „Kastenstandurteil“ in Magdeburg gezeigt hat, werden aber über das Handbuch für Nutztierkontrollen bundeseinheitlich angewendet.

Kritisch sind oft bauliche Vorgaben, die entsprechenden Aufwand bedeuten und in der Regel mit Übergangsfristen versehen sind. Sauenhalter haben Zeit, die geforderten Umbauten im Deckzentrum bis 2029 und im Abferkelstall bis 2036 umzusetzen. Aber schon heute ist jede zum Teil sogar investiv geförderte Bewegungsbucht, eine Konsequenz des Magdeburger Urteils. Diese wurde meist ohne Berücksichtigung eines 2-m-Kreises gebaut.

Buchtengröße mit Ausmaß

Das Gesetz legt lediglich die Mindestgröße der Buchten von 6,5 m2 und die zulässige Verschlusszeit von maximal fünf Tagen für die Ferkelschutzkörbe fest. Laut den nachträglich erlassenen Ausführungshinweisen soll jetzt die lichte Weite des Bewegungsraumes einen Durchmesser von mindestens 2 m haben. Eine Vorgabe, die schon zum Gesetzgebungsverfahren im Raum stand. Was sich für Außenstehende nach einer Kleinigkeit anhört, wirkt sich nicht nur auf die Größe der Buchten aus.

Soll den Ferkeln genügend Fluchtraum außerhalb des Ferkelschutzkorbes zur Verfügung stehen, steigt die Buchtengröße über 8 m2. Dabei ist bekannt, dass die Baukosten im Wesentlichen dem umbauten Raum folgen. Das gilt besonders für den baulich aufwendigsten Bereich wie die Abferkelbucht. So wird die Kostensteigerung für alle übrigen Sauenhalter in Deutschland auf 270 Mio. € geschätzt.

Bewegungsfreiheit Sau vs. Fluchtraum Ferkel

Besonders problematisch wird diese Vorgabe, wenn die Fluchträume der Ferkel der Bewegungsfreiheit der Sauen geopfert werden, um den Platzanspruch bei 7 m2 halten zu können. Denn an keinem Punkt kommen so unterschiedliche Ansprüche zusammen wie in den Abferkelbuchten. Deshalb kann die Tiergerechtheit der Bewegungsbuchten nur an einem optimalen Kompromiss zwischen der Bewegungsfreiheit für die Sauen und den Ansprüchen der Ferkel an ihr Überleben gemessen werden.

Ferkelverluste reduzieren

Um Ferkelverluste in den Buchten zu reduzieren, muss die Sau dazu gebracht werden, sich auf einer für sie vorgesehenen Standfläche (mit hoher Standsicherheit) möglichst unterstützt vom Ferkelschutzkorb vorsichtig abzulegen und im Liegen eher wenige Rollbewegungen auszuführen. Der Schlüssel dafür liegt in einer maßvollen Begrenzung der Bewegungsfreiheit.

Bewegungsbuchten mit höherem Risiko

In Untersuchungen am Lehr- und Versuchsgut Köllitsch und in Betrieben wurden drei wesentliche Konstruktionsmerkmale [Länge x Breite 3:2, trapezförmiger (spitz zulaufender) Aktionsbereich der Sau, ausreichend große Fluchträume der Ferkel (ringsherum)] ermittelt. Etwa 40 % der Sauen zeigten ein erdrückungsgefährliches Abliegeverhalten. Dieses Risiko ist in Bewegungsbuchten größer als in konventionellen Buchten, weil das Abliegen gefährlicher ist und die Ferkel auch bei den Rollbewegungen erdrückt werden können.

Standsicherheit mit Kunststoff

Bei geöffnetem Ferkelschutzkorb wird dies verschärft, wenn es auf Fußbodenabschnitten ohne genügend Standsicherheit abläuft – heute oft ein Problem, weil schnell gewachsene Sauen eher schwach auf den Füßen sind. Je größer die Bucht ist und je weiter der Ferkelschutzkorb geöffnet wird, desto häufiger laufen Abliegebewegungen auf dem eher rutschigen Fußboden außerhalb ihrer Standfläche ab. Diese von Sauen und Ferkeln gemeinsam benutzten Bereiche werden aus Kunststoff mit relativ geringen Gleitreibwerten aufgebaut, weil die Hersteller mangels Alternativen darin den besseren Kompromiss sehen.

Optimale Buchtengröße

Die Abliegebewegungen werden koordinierter und das „Rolling“ bis zu 30 % weniger, wenn die Sauen irgendwo Barrieren spüren. Das wird unterstützt durch die optimale (nicht maximale) Größe der Bucht von etwa 7 m2 sowie die Buchtengeometrie 3:2. Für diesen Aktionskreis muss der Ferkelschutzkorb maximal geöffnet werden, vor allem wenn er wie bei fast allen handelsüblichen Typen auf einer Konsole aufgehängt ist und nur aufgeklappt wird. Um den Platz für die Bucht nicht in utopische Größenordnungen (>10 m²) laufen zu lassen, führt das unweigerlich dazu, dass die Fluchträume einseitig (manchmal zweiseitig) zu eng werden.

Verschiedene Buchtentypen

Aus Sorge vor der Diskussion entsprechen nur etwa ein Drittel der auf der EuroTier im November von rund zwölf Herstellern vorgestellten Buchtentypen hinsichtlich Länge (2,6–3 m) und Breite (2,1–2,4 m) dem , aus unserer Sicht optimalen Verhältnis von 3:2. Andere Buchtentypen sind eher quadratisch und realisieren so die maximale Bewegungsfreiheit, aber leider auch potenziell höhere Ferkelverluste. Trotzdem kann die Vorgabe je nach Grundfläche nicht immer erfüllt werden, was dazu führt, dass namhafte Stallplaner, die die wenigen, noch kurz vor der Realisierung befindlichen Stall-(um)bauten verantworten, verzweifeln.

Dänische Untersuchungen sehen für die koordinierte Bewegung der Sauen bei 153 cm lichter Weite bereits ein Optimum. Wir können zumindest sagen, dass diese eher (zu) schmalen Buchten besser funktionieren als die (zu) großen. Schließlich dreht sich die Sau ja nicht wie ein Panzer starr auf einem Punkt. In den Untersuchungen über mehrere Jahre machten die Unterschiede in den Ferkelverlusten zwischen der besten (oben beschriebenen) Bucht und der unter dem Gesichtspunkt des Aktionskreises konstruierten Bucht mehr als 7 % Ferkelverluste (mindestens ein Ferkel/Wurf) aus.

Ernst-Engelbrecht-Greve-Preis 2023: Die Siegerprojekte

Auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin wurde der Ernst-Engelbrecht-Greve-Preis 2023 durch eine Jury für besondere Jugendprojekte vergeben. Das Ergebnis: Drei Siegerprojekte und drei Achtungspreise. Die Hauptgewinner kommen aus Sachsen-Anhalt.

Der Ernst-Engelbrecht-Greve-Preis – benannt nach dem langjährigen BDL-Vorsitzenden und ehemaligen schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsminister – wurde zum elften Mal verliehen. Er soll gleichzeitig Ehrung und Leuchtturm für die Zukunft sein. Der Preis soll zum Nachahmen, zum aktiv werden sowie Bewerben animieren. „Ihr macht mit euren Ideen das Leben in eurer Heimat ein Stück besser“, so Anne-Kathrin Meister, stellvertretende BDL-Vorsitzende.

Dass „Landjugend bewegt das Land!“ kein leerer Slogan ist, sondern gelebt wird, davon kann sich jeder in vielen Regionen des Bundesgebiets selbst überzeugen. Für den Ernst-Engelbrecht-Greve-Preis 2023 galt es allerdings mit besonderen Projekten aus der Masse herauszustechen. Denn gemeinsam mit der R+V Versicherung vergab der Bund der Deutschen Landjugend (BDL) auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin die mit insgesamt 10.000 € dotierte Auszeichnung.

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Die Jury um Carsten Weymann vom AgrarKompetenzCenter der R+V und Fynn Engelbrecht-Greve – aus der Familie des Namensgebers des Preises – zeigte sich beeindruckt von der Vielfalt, Qualität und dem Einfallsreichtum der eingereichten Bewerbungen. Da viele den Preis verdient hätten, habe sie sich die Wahl nicht leicht gemacht. Schließlich entschied sich die Jury jedoch für drei Siegerprojekte und drei Achtungspreise.

Landjugend aus Sachsen-Anhalt mit Hauptgewinn: „LaJu-Entdeckertour“

Über den 1. Platz und Hauptgewinn von 3.000 € freut sich die Landjugend Sachsen-Anhalt für ihre „LaJu-Entdeckertour“. Der Verband hat damit ein Angebot für junge Menschen geschaffen, das Perspektivwechsel genauso einpreist wie den Brückenschlag zur modernen Landwirtschaft, heißt es in der Laudatio. Mit dem Projekt soll nicht nur Verständnis geschaffen und vermittelt werden, wo Lebensmittel ihren Ursprung haben, sondern auch Gemeinschaft(sgefühl) aufgebaut und gelebt werden. Dass das Preisgeld dafür verwendet werden soll, Menschen mit niedrigem Einkommen die Teilnahme an den Touren zu ermöglichen, habe die Jury ebenfalls überzeugt.

Siegerprojekte: „Soziokulturelles Zentrum mit Freizeittreff“ und „Das grüne sofa“

Auch einer der zwei 2. Plätze, jeweils mit 2.000 € bedacht, geht in den Osten. Die Kulturwerkstatt Geithain (Sachsen) wird für ihr „Soziokulturelles Zentrum mit Freizeittreff“ ausgezeichnet. Sie stelle sich dem großen strukturellen Problem im ländlichen Raum gepaart mit Mangel an Freizeiteinrichtungen und schaffe einen Treffpunkt und Rückzugsort. Es entsteht laut Jury ein Stück Zukunft für junge Leute, das den Unterschied macht, weil sie anpacken und mitgestalten können. Ein Projekt, das Durchhaltevermögen brauche und langfristig wirke.

Den zweiten 2. Platz kann das Team des Landjugendverbandes Schleswig-Holstein für sich und seine lockere Transparenzoffensive „Das grüne Sofa“ verbuchen. Sie reisen mit dem Möbelstück durchs Land und führen Interviews mit Experten aus der Land-und Ernährungswirtschaft, um nachhaltige Aufklärungsarbeit zu leisten. Festgehalten in Kurzvideos für Social-Media-Kanäle.

Video: Das grüne Sofa – Landwirtschaft erklären

Was ist das „Grüne Sofa“? Landwirt Heinrich Mougin aus Lenste klärt auf, was es mit dieser gemeinsamen Idee auf sich hat und welcher Mehrwert sich daraus ergibt. Mit dabei ist der Stellvertretende Vorsitzende des Landjugendverbands Schleswig-Holstein e.V..

https://www.youtube.com/watch?v=82V4Mz_iFls

(red)