Ein Prozessfinanzierer verklagt neben Thüringen vier Länder auf 800 Mio. € Schadenersatz. Sie sollen angeblich Rundholzkartelle gebildet haben.
Von Frank Hartmann
Der international tätige, börsennotierte Prozessfinanzierer „Burford Capital“ machte sich 2018 auf den Weg, 1,05 Mrd. € von fünf Bundesländern (und damit von ihren Bürgern) zu erstreiten, darunter: Thüringen.
Zuvor hatte das Bundeskartellamt nach einer Untersuchung die eigentumsübergreifende (gemeinschaftliche) Vermarktung von Rundholz (Nadelstammholz) durch die Landesforstbetriebe bemängelt und 2009 länderspezifische Auflagen erteilt. Einige Länder stellten seither die gemeinschaftliche Holzvermarktung ein.
In Thüringen sind seitdem Forstbetriebe mit mehr als 3.000 ha von der Gemeinschaftsvermarktung ausgeschlossen; bei forstlichen Kooperationen liegt die Grenze bei 8.000 ha. Grund der Gemeinschaftsvermarktung ist der kleinteilige private Waldbesitz. Hundertausende Eigentümer können den Verkauf ihres Holzes allein gar nicht stemmen.
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Nach einer weiteren Überprüfung in Baden-Württemberg befand das Bundeskartellamt, dass in dem Bundesland eine Absenkung des Schwellenwerts für die Holzvermarktung inklusive der Beförsterung auf 100 ha notwendig ist. Dagegen wehrten sich die Schwaben. 2018 kippte der Bundesgerichtshof die Anweisung des Kartellamtes – allerdings nur aus formalrechtlichen Gründen.
In der Folge fanden sich in den fünf Bundesländern unterschiedlich viele Sägewerke, die glauben, überhöhte Holzpreise gezahlt zu haben. Der Prozessfinanzierer gründete in jedem Land eine eigene „Ausgleichsgesellschaft für die Sägeindustrie“ (ASG), an die die Sägewerke ihre Ansprüche abtraten. Die ASG reichten Kartellschadenersatzklagen an fünf Landgerichten ein. Gütevereinbarungen lehnten alle Länder ab, die sämtliche Forderungen von Beginn an scharf zurückwiesen. Nun sanken die Forderungen etwa in Nordrhein-Westfalen von 345 Mio. € inklusive Zinsen auf 183 Mio. € oder in Thüringen von 84,5 Mio. € auf noch 32 Mio. €. Aktuell stehen in Summe rund 835 Mio. € im Raum.
Mittlerweile liegen erste Urteile vor: Anfang 2022 wies das Landgericht Stuttgart die Klage über 450 Mio. € ab. Nach Auffassung der Richter sei das hier praktizierte „Sammelklage-Inkasso“ im Bereich des Kartellrechts unzulässig. Überdies setze das Vergütungsmodell Anreize für eine kostenintensive Prozessführung, zu Lasten der Sägewerke. Der Gewinn der ASG sei umso höher, je höher die Kosten der Rechtsverfolgung seien.
Das Land Baden-Württemberg führte im Verfahren an, dass die aus seiner Sicht zulässige Vermarktungspraxis nicht zu einem höheren Preis geführt habe. Vielmehr wäre ohne den gebündelten Rundholzverkauf der Preis gestiegen – ein Argument vieler Branchenkenner. Gegen das Urteil legte die ASG beim Oberlandesgericht Stuttgart Berufung ein.
Im Oktober vorigen Jahres wies das Landgericht Mainz die Klage der dortigen ASG gegen das Land Rheinland-Pfalz ebenfalls ab. Wie in Stuttgart hieß es, dass die erfolgten Abtretungen nichtig seien. Zudem beruhte die gebündelte Rundholzvermarktung auf dem seinerzeit geltenden Landeswaldgesetz. Das Land setzte somit lediglich die gesetzlichen Vorgaben um. Darüber hinaus sei der ASG „eine plausible Schadendarlegung nicht gelungen“. Hier belaufen sich Foderungen an das Land auf nahezu 120 Mio. €. Beim Oberlandesgericht Koblenz ging längst der Berufungsantrag der erstinstanzlich unterlegenen ASG ein.
Das Verfahren in Hessen (49 Mio. €) wird mittlerweile am Landgericht Kassel geführt. Einen Verhandlungstermin gab es noch nicht. Am Landgericht Dortmund erschien zur ersten Verhandlung im Juni 2022 keiner der Beteiligten. Die zuständige Zivilkammer verkündete seinerzeit einen Hinweisbeschluss, in dem sie sich durchaus kritisch zur Klage äußerte.
Nicht zuletzt erwägt das Dortmunder Landgericht, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg vorzulegen. Bis zu einem Urteil des EuGH vergehen in der Regel fast zwei Jahre. Käme es dazu, dürften bis zu einer EuGH-Entscheidung alle Verfahren ausgesetzt werden.
In Thüringen sollte Donnerstag letzter Woche am Landgericht Erfurt die mündliche Verhandlung stattfinden. Der Termin wurde kurzfristig auf Ende April verschoben. Thüringens Agrarstaatssekretär Torsten Weil erklärte, man wehre sich rechtlich weiter entschieden gegen das Projekt des Prozessfinanziers, um Belastungen für die Steuerzahler, den Wald und die Waldbesitzenden abzuwenden.
Wald in Thüringen: Eigentümerstruktur
Die Thüringer Privatwaldfläche summiert sich auf 240.000 ha, verteilt auf 180.000 Eigentümer. Gut 590 Kommunen besitzen 90.000 ha Wald. Nur 20 % von ihnen nennen 200 ha und mehr ihr Eigen. Die Kleinteiligkeit des privaten Waldbesitzes belegen nicht zuletzt die 212 Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) mit 16.800 Mitgliedern (104.000 ha), wobei die größeren ihr Holz selbst verkaufen. 333 Waldgenossenschaften zählen 19.000 Mitglieder, deren Waldfläche sich auf rund 29.000 ha summiert.
2019 begleitete der Staatsbetrieb ThüringenForst die Forstwirtschaftliche Vereinigung Nordthüringen w. V., deren 800 Mitglieder 7.200 ha Wald bewirtschaften, auf dem Weg zur eigenständigen Vermarktung. Insgesamt zwei forstwirtschaftliche Vereinigungen, neben der in Nordthüringen die im „Henneberger Land“, zuzüglich der Waldbesitzer Service GmbH in Schleiz, die als Tochterunternehmen großer Ostthüringer FBG gegründet wurde und die den Einschlag mehrerer FGB bündelt, vermarkten ihr Holz in Eigenregie.
ThüringenForst vermarktete laut seinem Geschäftsbericht im Jahr 2021 auf kostenpflichtiger, vertraglicher Basis im Auftrag von Körperschaftswaldbesitzern 222.000 fm (2020: 253.400 fm) und im Auftrag von Privatwaldbesitzern 257.000 fm (2020: 323.600 fm). red
Wie in Nordrhein-Westfalen zieht Thüringen etliche Waldbesitzer im Zuge des Verfahrens mit ins Boot. 186 privaten, kommunalen und genossenschaftlichen Waldbesitzern, „die sich signifikant an der gemeinsamen Holzvermarktung beteiligt haben“ ging eine sogenannte Streitverkündung zu. Dies, so das Agrarministerium, sei haushaltsrechtlich notwendig. Theoretisch bedeutet dies, dass der Freistaat im Falle einer Niederlage die Waldbesitzer an den Schadenersatzleistungen beteiligen könnte. Der Thüringer Waldbesitzerverband missbilligt dies, zumal in Baden-Württemberg die Waldbesitzer außen vor blieben.
In Nordrhein-Westfalen wurde 800 Waldbesitzern vom Land der Streit verkündet (PDF „Hintergrundinformationen“ hier zum Download). Der Waldbauernverband kritisierte dies mit klaren Worten, weil „die Streitverkündung rechtlich nicht zwingend, parteipolitisch unklug und gesellschaftspolitisch katastrophal ist!“. Zugleich unterstrich er: „Die klagenden Säger haben uns verkauft. Wir sind von ihrem Handeln enttäuscht. Es zerstört nachhaltig das Vertrauen!“
Den Zaunbau vereinfachen durch teilautomatisierte Wickeltechniken. Herdenschutzberater stellten verschiedene Systeme vor, dabei stand im Fokus: ein einfaches Handling – vor allem bei der mobilen Zäunung.
Von Elke Steinbach, Koordination Herdenschutz, LWK Niedersachsen
Jede Schafhaltung muss mit ihren spezifischen Flächen individuell betrachtet werden und jeder für sich das passende Material für die tägliche Arbeit zusammenstellen. Eine wolfsabweisende Zäunung ist von intakten, langlebigen wie auch dauerhaften Leitermaterial abhängig. Ein einfaches Handling – beispielsweise mit Litzen- oder Netzwickelgeräten – sorgt für die Bereitschaft, sich der wolfsabweisenden Einzäunung und Hütesicherheit zu stellen.
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Neben dem schon bekannten Wicklersystem der Firma Rappa wurden die neuen litzengeführten Wickler der Firmen Patura und Gallagher vorgestellt. Der Antriebsmechanismus ist bei den quadgeführten Wicklern identisch: Über eine Kette werden die Ritzel durch die Achsumdrehungen eines Quads angetrieben und mit einer Rutschkupplung gebremst.
Die Firma Gallagher hat den Autowinder im Angebot. In der Front werden gleichzeitig sechs Litzen zum Zaunaufbau abgespult. Federn an den Halterungen sorgen für eine Gegenspannung, damit die Rollen nicht unkontrolliert arbeiten. Beim Zaunabbau werden die Haspeln im Heck des Quads an einem Wickler angebracht, um aktiv die Aufnahme der Litzen zu gewährleisten. Die sechs Haspeln haben jeweils Platz für 1.000 m Litze. Aufgezogen ist die bewährte Vidoflex 9, die es jetzt auch mit blauem Kunststoffträgerfasern gibt. Der Widerstand der geflochtenen Litze ist sehr gering (0,06 Ohm/m). Die größeren Haspeln haben an den Kanten eine Aussparung, um die leere Haspel am aufgestellten Zaun einzuhaken.
Zum Lieferumfang gehören neben drei Eckpfählen 100 Stahlfederpfähle. Diese haben eine Doppelspitze, die am Pfahl einseitig länger ausgearbeitet ist, um die Standfestigkeit zu erhöhen. Praktiker berichteten, dass das Handling im Transport und beim Auf- und Abbau dadurch etwas erschwert ist. Gleichwohl ist die Ausarbeitung des Stahls zur Halterung der Twist & Lock Clips als Isolatoren in 20 cm Abständen ideal zur individuellen Anpassung der Leiterhöhe. Sechs Isolatoren werden pro Pfahl mitgeliefert, die um maximal sechs weitere Isolatoren ergänzt werden können. Beim Auf- und Abbau zeigte sich, dass der Quadfahrer die Pfähle ohne Absteigen ein- und ausfädeln konnte.
Der Tornado Master 5.0 der Firma Patura ist als Schleppervariante mit Dreipunktaufnahme im Heck vorgeführt worden. Ins Auge sticht der angehängte Magazintisch der bis zu 400 Pfähle aufgestellt mitführen kann. Das Lochmaß beträgt maximal 1,2 cm. Direkt am Schlepper befindet sich der Haspelbaum, der fünf Spulen einzeln elektrisch antreibt/bremst. Eine Messvorrichtung ist direkt am Haspelbaum angebaut, um das Gewicht des Leitermaterials auf der Trommel beim Antrieb zu berücksichtigen. Dies ist wichtig, um das Material nicht zu überlasten oder schlecht aufzuwickeln.
Beim Auf- und Abzäunen werden zwei Personen benötigt. Das Gerät ist, nach Einschätzung der Teilnehmer, flächenstark, wenn ebene Flächen gezäunt werden. Die ersten Tornado Master wurden bei Zäunungen zur Wildschweinabwehr auf Ackerflächen eingesetzt. Inwieweit es sich beim Herdenschutz in gewachsene Flächenstrukturen bewährt wird sich zukünftig zeigen.
Olaf Menzel von der Firma Rappa stellte den ATV 6-Litzenwickler im Heckantrieb und als Anbau an den Anhänger vor. Er sieht die Vorteile im Heckanbau beim Quad darin, das Gewicht am Fahrzeug besser zu verteilen und die Belastung der Vorderachse etwas zu senken, damit es noch gut im Gelände händelbar bleibt. Durch die Anbauvariante am Anhänger lässt sich wesentlich mehr Material mitführen. Rappa bietet auch einen Wickler im Frontantrieb an. Die Litzenmaterialien können wie bei Patura individuell gewählt werden.
Farbliche Unterschiede der jeweiligen Litzen oder Bänder helfen beim Umgang mit dem Zaunmaterial, um die Litzen korrekt am Pfahl einzufädeln. Außerdem wurden Weiterentwicklungen von Litzen erläutert. Die bekannte Steuerlitze (elektrische Drahtfäden sind außerhalb um das Trägermaterial gekreuzt) wurden mit einem anderen Trägermaterial zur Verlängerung der Haltbarkeit ausgestattet. Dies Material kann in unterschiedlichen Farben gewählt werden.
Bei allen Wicklersystemen ist die Wartung und Pflege wichtig. Wie beim Fahrrad ist auch hier eingearbeiteter Schmutz in den Naben der größte Verschleißfaktor. Pflege und Kontrolle aller beweglichen Teile sollte regelmäßig nach Saisonende durchgeführt werden.
Den Herstellerfirmen ging es auch immer um die Vereinfachung und Erleichterung von Arbeitsschritten. Vorgestellt wurde von der Firma Rappa ein Torsystem zum einfachen Schließen und Öffnen der Zäunung. Am Eckpfahl kann ein leichter Kunststoffpfahl eingehangen werden, der die Litzen über eine Feder und Karabinerverschlüssen an den Torpfahl befestigt. So lässt sich ein einfacher Umgang und eine gute Hütesicherheit gewährleisten. Das Thema Erdung und Elektrifizierung wurde im fachlichen Austausch ebenso mit den Teilnehmern angesprochen.
Viele Schäfereien schätzen die Eigenschaften der Elektronetze, kennen aber auch die Kehrseite, wenn es darum geht, wolfsabweisende Höhen großflächig zu verbauen. Der Umgang wird bei Höhen von über 90 cm mit jedem cm körperlich schwieriger, der Verschleiß größer und die Arbeit ist zeitintensiver.
Beim klassischen Zäunen mit Netzen wird das jeweilige Netz mindestens vier Mal in die Hand genommen. Schäfer Sebastian Walter hat sich dazu Gedanken gemacht, wie diese Arbeit effizienter in allen Belangen umgesetzt werden kann, und entwickelte das Netzrollgerät Schäfer 2022. Eine große Trommel wird als Anhänger von einer Zugmaschine, beispielsweise einem Pkw, gezogen.
Bis zu 20 Netze mit Vertikalstreben oder maximal 30 einfache Netze können im verbundenen Zustand aufgewickelt werden. Dabei ist es egal, ob die Pfähle eine einfache oder eine Doppelspitze haben. Das Netzrollgerät ist 1,50 m breit und kann Netze bis zu einer Höhe von 1,22 m wickeln. Über eine Hydraulik kann per mobiler Fernsteuerung (Reichweite bis 300 m) das Netz abgewickelt werden, damit in den Ecken mehr Material abgedreht werden kann, um die Ecken gut auszuarbeiten.
Dieser Abrollprozess geht sonst auch ohne aktive Steuerung. Die Hydraulikpumpe an der Trommel dient hauptsächlich zum aktiven Aufnehmen der Netze. Die Fahrgeschwindigkeit ist unabhängig von der Trommeldrehzahl. Ein Lastenbegrenzer sorgt dafür, dass beim Drehen im Aufrollprozess das Material nicht auseinandergezogen wird. Auf dem Dach des Wicklers ist ein Solarpaneel zur autarken Energiegewinnung aufgebracht. Das ist aus Kunststoff, um bei einem Aufprall von Ästen o. ä. keinen Schaden der Solarzellen zu haben. Die Trommelsteuerung benötigt diese Energie. Alle Teilnehmer waren positiv überrascht, wie schnell und korrekt die Netze, selbst in den Kurven, aufgenommen wurden.
Die Sortenempfehlung für Silomais 2023 für das Anbaugebiet gibt einen guten Überblick über die Eigenschaften der Sorten hinsichtlich Energie- und Stärkeertrag, sowie der Trockenmasseerträge.
Im Gegensatz zum Witterungsverlauf 2021, der eine verzögerte Reife bei geringerer Temperatur und Strahlungsintensität bewirkte, wurde 2022 die Ertragsbildung vielerorts aufgrund von Hitze und Trockenheit abrupt beendet. Dies führte zu Trockenschäden an den Beständen und beeinträchtigte die Befruchtung und die Kornfüllung.
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Im Ergebnis der im Anbaugebiet Südliche Diluvialstandorte (D-Süd) in den Jahren 2020 bis 2022 durchgeführten Landessortenversuche Silomais werden folgende Sorten für die Aussaat 2023 empfohlen (Bauernzeitung 02_2023, S. 28) und nachfolgend beschrieben.
Die Preise für Hafer sind weiterhin auf einem hohen Niveau. Trotz der angestiegenen Produktionsmengen in den letzten Jahren, scheint auch die Nachfrage weiterhin hoch zu sein. Der Selbstversorgungsgrad bei Hafer lag in den Jahren 2021/22 bei nur 82 %. Somit ist der Absatz von hochwertigem Hafer nach wie vor gesichert. Zudem bereichert Hafer die Fruchtfolge als Gesundungskultur.
Ein Advertorial im Auftrag der Saaten Union
Die Bodenbearbeitung vor der Sommerung Hafer stört die im Herbst keimenden Problemungräser und -kräuter massiv in ihrer Entwicklung. Darüber hinaus verfügt diese sehr wüchsige Kultur über eine gute Konkurrenzkraft. Zudem zeichnet sich Hafer in der Fruchtfolge durch eine sehr gute Durchwurzelung des Bodens bis in tiefe Bodenschichten aus.
Dies Wurzelnetz ermöglicht ein hohes Nährstoff- und Wasseraneignungsvermögen und verstärkt somit zusätzlich das Unkrautunterdrückungsvermögen des Hafers. Trotz des guten Wasseraneignungsvermögens muss beim Anbau von Hafer auf eine gute Wasserverfügbarkeit geachtet werden, damit die Kernausbildung erfolgen kann und die Qualitätsanforderungen der Mühlen erreicht werden.
Mit LION bietet die SAATEN-UNION eine mehrjährig bewährte Hafersorte mit dem besten Qualitätsprofil in der aktuellen Beschreibenden Sortenliste. Hektolitergewicht, Spelzgehalt, Sortierung & Schälbarkeit finden bei den Schälmühlen in ganz Europa höchste Akzeptanz. Diese hervorragende Qualität verbindet LION mit einem hohem Kornertrag. Die überdurchschnittliche Standfestigkeit trägt zudem zu einer Ertrags- und Qualitätssicherung bei.
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Eine frühe Druschreife geht in der Regel mit einer schlechteren Strohstabilität einher. Nicht so bei PLATIN – diese Sorte kombiniert eine frühe Druschreife mit einer sehr guten Strohstabilität. PLATIN ist hier ein echter Regressionsbrecher!
Diese einzigartige Merkmalskombination verbindet PLATIN mit herausragenden umweltstabilen Erträgen und einem sehr gutem Qualitätsprofil. PLATIN ist somit ein für den breiten Anbau geeigneter Universalhafer.
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Windkraft- und Solaranlagen werden immer wichtiger für Deutschlands Stromversorgung. Doch das verschärft die Flächenkonkurrenz zwischen Lebensmittel- und Energieerzeugung. Die Agri-Photovoltaik wäre da eine interessante Möglichkeit, diesen Konflikt abzumildern und gleichzeitig neue Perspektiven für die Agrarbetriebe zu eröffnen.
Ein schattiges Plätzchen ist an diesem sonnigen Junitag wahrlich willkommen. Da geht es uns nicht anders als den beiden Mutterkühen mit ihren neugierigen Kälbern, die vor uns stehen.
Die vier ziehen sich immer wieder unter die hoch aufgeständerten Module der Agri-Photovoltaik-(PV)-Anlage zurück und zeigen uns sofort, worum es heute im Gewerbegebiet Rathenow (Brandenburg) gehen soll: oben Solarstrom, unten Landwirtschaft.
Die Rinder gehören Christian und Ulrike Knees, die an zwei Standorten Landwirtschaft an der Havel betreiben – einmal mit dem Biobetrieb Agrargenossenschaft Schollene und einmal mit der Jercheler Landwirtschafts GmbH & Co. KG.
In beiden Betriebsteilen gibt es Mutterkühe (Fleckvieh und Fleckviehkreuzungen), aber zwei davon haben vor drei Wochen im abgekalbt. Warum das außerhalb der Betriebsflächen geschah, erfahren wir von Ulrike Knees: Die Landwirtin und ihr Mann planen, demnächst eine Agri-PV-Anlage auf einem Teil ihrer Flächen aufzustellen.
Partner für dieses Projekt ist die Sunfarming GmbH aus Erkner bei Berlin. Die Solarstromspezialisten betreiben seit rund zwei Jahren in Rathenow eine Demonstrations- und Forschungsanlage, um zu testen und zu zeigen, welche Landnutzungsformen sich unter Solarmodulen in hiesigen Breiten bewähren. Dazu wird der Anbau von unterschiedlichen Obst-, Beeren- und Kräuterarten sowie Arzneipflanzen und Blühmischungen, aber auch von Ackerkulturen wie Mais oder Hanf getestet.
Da sich der Agri-PV-Pionier aber nicht nur auf Pflanzenbau unter den Sonnenstromsammlern konzentrieren will, gibt es auf seinem Testgelände auch eine Hühnerschar, die unter den Solarpaneelen pickt und seit Kurzem besagte vierköpfige Miniherde mit Forschungsauftrag. Demnächst soll auch noch Muffelwild in die Demonstrationsanlage einziehen. Die Wildschafe können Kneeses als Gatterwild beisteuern.
„Wir erzeugen in unserem Betrieb bereits Solarstrom“, erfahren wir von der gebürtigen Stendalerin im weiteren Gespräch. 2017, gleich nachdem sie und ihr Mann sich selbstständig gemacht hatten, mussten sie an beiden Standorten die teils sehr maroden Dächer sanieren. Dafür wollten sie diese an einen PV-Betreiber verpachten, der sie auch gleich instand setzen sollte.
Aber dann kam ihr Mann auf einer Geburtstagsfeier zufällig mit einem befreundeten Bankfachmann ins Gespräch. Nur ein paar Wochen später bestückten sie in Selbstregie und mit viel Eigenleistung die Dächer der meisten Wirtschaftsgebäude mit Solarpaneelen. Die elektrische Leistung der Anlagen beträgt 749 und 440 kWh.
Und jetzt soll es also mit Agri-PV über den Mutterkühen weitergehen?
„Machen wir uns doch nichts vor“, antwortet Christian Knees auf die Frage. „Jeder weiß, dass man mit Mutterkühen heute eigentlich kein Geld mehr verdienen kann.“ Obwohl sie ihr Rindfleisch schon zur Hälfte direktvermarkten, suchen sie noch nach weiteren Möglichkeiten, damit auch dieser Betriebszweig wirtschaftlich ist.
Hochwertiges Fleisch zu produzieren und gleichzeitig die Solarstromerzeugung auszuweiten, wäre da ein interessanter Weg. Vor allem dann, wenn man nicht einmal mehr von jeder Kuh ein Kalb hat. „Ein großer Teil unserer Weideflächen grenzt an den Truppenübungsplatz Klietz“, berichtet der 33-jährige Landwirt, der auch Jäger ist. „Dort ist nicht nur der Leopard II unterwegs. Wir sehen praktisch wöchentlich Wölfe.
Nach 28 bestätigten Wolfsrissen und etlichen, wo theoretisch auch ein Hund der Verursacher sein konnte, haben wir uns entschlossen, die Abkalbung auf den Januar und Februar zu konzentrieren. Dann stehen die Rinder auf einem Ackerstück unweit des Hofes und um diese Fläche geht es.“
„Mir gefällt dabei vor allem der Gedanke, dass die Tiere dann unter den Modulen Schutz vor der Witterung finden“, ergänzt seine Frau, die sich im Betrieb um die Mutterkühe kümmert und der natürlich alles daran gelegen ist, dass es ihren Tieren so gut wie möglich geht.
„Man könnte auch gleich das Winterfutter unter den Modulen lagern und ohne viel Mühe verfüttern“, erläutert sie die Pläne. Bis jetzt fahren sie im Winterhalbjahr regelmäßig Heuballen auf die Koppel, die dort dann schnell von Regen und Matsch in Mitleidenschaft gezogen werden. „Wir müssten das Futter dann nur einmal anfassen. Das würde Heu, Arbeitszeit und Diesel sparen. Gemeinsam mit Peter haben wir schon überlegt, ob man an das Ständerwerk auch Fressgitter anschrauben kann.“
Mit Peter meint sie Peter Schrum, den Vorstandsvorsitzenden der Sunfarming Group AG und Präsidenten des Bundesverbandes Regenerative Mobilität (BRM). Er kommt regelmäßig in den Forschungs- und Innovationspark Rathenow und erläutert Landwirten, aber auch Politikern und Behördenvertretern das „Food & Energy Concept“ seines international agierenden Unternehmens.
Kennengelernt haben sie den gebürtigen Schleswig-Holsteiner mit dänischen Wurzeln über die Biogasanlage auf dem Rathenower Gewerbegebiet. Für sie koordinierte damals Christian Knees, der ebenfalls aus Schleswig-Holstein stammt, die Gärsubstratanlieferungen der Landwirte. Die Anlage speist Biomethan ins Erdgasnetz ein, gehört aber seit letztem Jahr nicht mehr zu Sunfarming.
Die familiengeführte Projektierungsfirma am Berliner Stadtrand konzentriert sich jetzt auf die Entwicklung und Installation von schlüsselfertigen Solaranlagen – auf Dächern wie auf Freiflächen, und zwar weltweit.
„Neben der Erzeugung erneuerbarer Energie und dem Klimaschutz wollen wir mit unserem Konzept sicherstellen, dass die Flächen, auf denen Strom erzeugt wird, auch weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden können“, erklärt der international anerkannte Experte.
„Die Landwirte sollen ihre Betriebsflächen zu einhundert Prozent behalten und nicht an die großen Energieerzeuger verlieren, die sie mit hohen Pachtzahlungen für Freiflächenanlagen verdrängen.“ Zudem gelte es, Naturschutzaspekte zu berücksichtigen, Flächen nicht zu versiegeln und so eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu erzielen.
Der Sunfarming-Chef berichtet uns, dass er selbst von einem Bauernhof stammt und schon als Landwirt früh auf die verschiedenen erneuerbaren Energien gesetzt hat. Seit 2004 ist er mit der Sunfarming GmbH auf die technische und wirtschaftliche Umsetzung deutscher wie internationaler Photovoltaikprojekte spezialisiert, darunter Großprojekte für Investoren, Direktstromkonzepte für Kommunen und eben die Agri-Photovoltaik für Landwirte.
Typisch für sein Unternehmen sei die sehr enge Zusammenarbeit mit den Personen vor Ort und den Forschungseinrichtungen. Kneeses bestätigen uns das ohne Zögern, genau wie die engen Kontakte zu Universitäten und Hochschulen in Cottbus, Berlin, Halle oder Neubrandenburg.
Erst vor Kurzem entstand zusammen mit dem Forschungszentrum Jülich (NRW) und dem Fraunhofer ISE (BW) im Rheinland eine Agri-PV-Anlage zu Forschungszwecken. Dort setzt Sunfarming auf Tracker, die die Module der Sonne nachführen und bei der Bearbeitung der Flächen senkrecht stellen.
Mit einer Durchfahrtshöhe von 4 m und größerem Pfostenabstand soll so der Einsatz größerer landwirtschaftlicher Maschinen erprobt werden. Gleichzeitig werden verschiedene Beschattungsszenarien sowie effizientes Regenwassermanagement erforscht, um den Pflanzenanbau klimaresilienter zu machen.
In Rathenow gibt es keine nachgeführten Module, aber Agri-PV-Anlagen mit unterschiedlich hohen Ständerwerken, je nach angestrebter Doppelnutzung. Allen Anlagen gleich ist der Einsatz bifazialer Glas-Glas-Module. Die Doppelverglasung bzw. der Verzicht auf Folien macht sie deutlich resistenter gegen mechanische Beschädigungen und Winddruck sowie Ammoniak aus der Tierhaltung oder Salzsprühnebel in Küstennähe.
Die Paneele sind nach Süden ausgerichtet und mit einem Gefälle vom 15° installiert, um die Selbstreinigung zu garantieren. Entscheidend aber ist ihre hohe Transparenz von 15 %, die, zusammen mit dem seitlichen Streulicht, über 80 % des Lichtvolumens unbedeckter Flächen zum Bodenbewuchs durchlässt. Des Weiteren schützen sie den Bewuchs unter sich vor Hagel, Starkregen und zu starker Sonneneinstrahlung.
Da die Wetterextreme bei uns zunehmen, wird es immer wichtiger, die Böden vor Austrocknung und Erosion zu schützen. Das Regenwasser, das auf die Module trifft, wird mithilfe einer Querverteilung gleichmäßig unter den Modulen verteilt. Im Zusammenspiel mit der niedrigeren Verdunstung hilft das dem Bewuchs, sich auch in heißen Sommern zu behaupten. „So können wir auch dazu beitragen, dass möglichst viel CO2 durch die Rückvernässung unter den Anlagen im Boden bleibt“, nennt Peter Schrum einen weiteren positiven Effekt seiner Konstruktion.
Aber nicht nur Pflanzen, Insekten und Klima könnten von der Teilbeschattung profitieren, ergänzt er. „Wir haben hier auch eine Tierwohlanlage, die den Landwirt nichts zusätzlich kostet. Wo gibt‘s das schon?“ Um zu zeigen, dass das für verschieden Nutztiere zutrifft, sind die Sonnenlichtsammler in Rathenow auf unterschiedlich hohen, korrosionsgeschützten Ständerwerken angebracht.
Die Variante „Öko-Solar“ ist zwischen 1,2 und 2,6 m hoch. Weidezaunlitzen sorgen dafür, dass bei einer Mutterkuhherde nur die Kälber darunter Platz finden und sich die ausgewachsenen Tiere nicht an den Modulen schubbern.
Die Variante „Agri-Solar“ ist vorn zwischen 1,5 bis 2,1 m und hinten zwischen 2,9 und 3,6 m hoch. Schlitzlöcher in den Ständern und ein cleveres Baukastenprinzip machen dieses System äußerst variabel. Die Standfüße werden übrigens je nach Beschaffenheit des Untergrundes circa 0,8 bis 1 m tief in den Boden gerammt.
Betonfundamente o. ä. sind nicht notwendig. Das macht den Auf- wie den Rückbau deutlich einfacher. Da die Anlagen der DIN SPEC 91434 entsprechen, sind mit ihnen Angebote für Agri-PV-Projekte bei der EEG-Innovationsausschreibung möglich.
Die technischen Lösungen für die Doppelnutzung von Agrarflächen sind also gegeben. Jetzt müssen allerdings im anstehenden Sommerpaket noch die Förderrichtlinien angepasst werden, damit für Agri-PV-Anlagen die Flächenprämie erhalten bleibt. Das scheint auch schon bis zu den drei grün geführten Bundesministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft und Umwelt vorgedrungen zu sein.
Bereits im Februar verabschiedeten BMWK, BMUV und BMEL das Eckpunktepapier „Ausbau der Photovoltaik auf Freiflächen im Einklang mit landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz“. Darin heißt es: „Die Förderung mit GAP-Mitteln ist weiterhin möglich, sofern die landwirtschaftliche Nutzung nur bis zu 15 Prozent durch die Stromerzeugung beeinträchtigt ist.“ Zudem forderten sie die Flächenkulisse der benachteiligten Gebiete zu erweitern.
Neben Konversionsflächen und Seitenrandstreifen sollen künftig auch landwirtschaftlich genutzte Moorböden als neue Flächenkategorie aufgenommen werden. Voraussetzung für deren Förderung wäre aber die Wiedervernässung der Böden. Aber auch dann werden die Bundesländer die Flächen wie bislang im Rahmen der Länderöffnungsklausel für die Nutzung von PV-Freiflächenanlagen freigeben.
In Nationalparks, Natur- und Landschaftsschutzgebieten oder kleinräumigen Schutzarealen werden es wohl auch Agri-PV-Anlagen schwer haben. Aber dort, wo es passt wie bei Kneeses, da wäre eine Agri-PV-Anlage schon eine feine Sache.
Leindotter: Die ersten fünf HektarDer Anbau von Leindotter als Hauptkultur ist noch nicht sehr weit verbreitet. Doch es werden Anbauer gesucht. Die SAG-Schorfheider Agrar-GmbH wagt einen Praxisversuch mit der Ölpflanze.
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und ein Versuch garantiert noch keinen Erfolg. Doch deshalb im Stillstand zu verharren, ist für Olaf Pieper, einen der beiden Geschäftsführer der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH im brandenburgischen Groß Schönebeck, keine Option. Im Gegenteil. „Wir wirtschaften auf Sandboden mit durchschnittlich 23 Bodenpunkten und ausgeprägter Vorsommertrockenheit. Da gibt es kein Pardon bei der Feldwirtschaft“, so Olaf Pieper. Das ist auch der Grund, warum Anbau und Investitionsentscheidungen äußerst genau geprüft werden, bevor „der Hebel umgelegt wird“.
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Von den äußeren Bedingungen zur Sparsamkeit verpflichtet, ist man bei der SAG deshalb immer auf der Suche nach passenden Kulturen für die Fruchtfolge. Diese ist zwar mit 15 bis 18 Gliedern sehr weit, doch neben allem Umwelt- und Insektenschutz muss auch in Groß Schönebeck Geld verdient werden. Aus diesem Grund wird seit ein paar Jahren auch kein Raps mehr angebaut. Die Kosten für Saatgut und Bestandespflege standen in keinem Verhältnis mehr zu den Erlösen.
Olaf Pieper und seine Kollegen sind deshalb immer auf der Suche nach Möglichkeiten der Optimierung und nach lukrativen Anbaualternativen für ihre Flächen. Eine Alternative könnte zukünftig der Leindotter sein. Zumindest, wenn man dem Aufruf der Firma DAW Glauben schenkt. Die DAW, zu der unter anderem die bekannten Marken Alpinaweiß und Caparol gehören und das Partnerunternehmen Worlée Chemie, setzen auf nachwachsende Rohstoffe wie Leindotter. Diese Kultur bietet Bienen und anderen Bestäubern Futter in einer Zeit, in der das Blütenangebot ansonsten gering ist. Leindotter hat als sogenannte Low-Input-Pflanze einen minimalen Düngemittelbedarf und Pflanzenschutzaufwand.
Gleichzeitig ist Leindotteröl ein sehr wichtiger Rohstoff für das Unternehmen. Beide Unternehmen verfolgen deshalb das Ziel, den heimischen Leindotteranbau auszuweiten und suchen Betriebe in Nord- und Ostdeutschland, die Leindotter als Mischfrucht zum Beispiel mit Erbsen, auf marginalen Standorten (unter 25 BP) oder als Zweitfrucht nach GPS-Getreide anbauen.
Per Definition also perfekte Voraussetzungen für die Groß Schönebecker Bedingungen. Dr. Katharina Spethmann, Leindotterspezialistin im Auftrag der DAW, nahm deshalb Kontakt auf, und, begleitet von der Bauernzeitung wurde ein Versuchsanbau vereinbart. Fünf Hektar sollten es für den Anfang werden.
Geplant war, Leindotter sowohl im Mischanbau mit Erbsen als auch in Reinsaat anzubauen. Genug Erbsenfläche war grundsätzlich vorhanden, da die SAG Futtererbsen alljährlich in größerem Umfang anbaut. Verwertet werden die Futtererbsen dann als Eiweißkomponente in der Ration der Mastrinder.
Und dann kam ein kaltes Frühjahr staubtrocken um die Ecke. Die Erbsen wurden noch einigermaßen termingerecht ausgesät und lagen geduldig in der Erde. Immer wieder sackten die Nachttemperaturen deutlich unter Null, sodass die Groß Schönebecker mit der Aussaat des Leindotters in die Erbsen warteten. Zwar ist Leindotter spätfrostverträglich, doch noch nicht als Keimpflanze. Kurz vor Ostern sollte die Aussaat endlich losgehen, um noch rechtzeitig vor dem Wachstumsbeginn der Erbsen den Leindotter in die Erde zu bekommen.
Anbautelegramme und wissenschaftliche Literatur zu Leindotter empfehlen eine Aussaat im März oder Anfang April. Das Saatbett soll feinkrümelig sein und die Ablage des Korns so flach wie möglich, maximal zwei Zentimeter tief erfolgen.
Hinsichtlich der Ablagetiefe des Korns haben Erfahrungen gezeigt, dass eine tiefere Saatablage als circa 1,5 cm zu einem ungleichmäßigen Auflaufen geführt hat. Nach der Aussaat wird Anwalzen empfohlen. Als Aussaatstärke wird für Leindotter in Reinfrucht 5–7 kg/ha, im Mischfruchtanbau (beispielsweise mit Erbsen) 2–3 kg/ha empfohlen.
Als Pflanzenschutzmittel sind derzeit Butisan und Fusilade für den Leindotteranbau zugelassen. Bei schneller Jugendentwicklung des Leindotters ist ein Herbizideinsatz nicht notwendig. Im Mischfruchtanbau ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark eingeschränkt. So wird derzeit nur Stomp Aqua (Zulassungsende 30. Juni 2022, Verlängerung erwartet) eingesetzt.
Schädlinge sind in den seltensten Fällen bekämpfungswürdig. Was auf gar keinen Fall funktioniert, ist der Einsatz von Clomazone. Auch andere Rapsherbizide verursachen massive Spritzschäden. Die gute Nachricht dabei: Da Leindotter wirklich sehr wenig Herbizide verträgt, stellt er in der Fruchtfolge kein Problem dar. Er kann aus der Folgefrucht leicht „herausgespritzt“ werden. Als Ertragserwartungen werden in der Literatur 15–25 dt/ha angegeben. Bei 20 dt/ha Ertrag liegt der N-Bedarfswert bei circa 110 kg/ha, bei niedrigeren Erträgen entsprechend geringer.
Die Ernte sollte bei Aussaat im März/Anfang April im August im Mähdrusch erfolgen. Der Leindotter ist relativ platzfest. Nicht zu vergessen ist die Ernte-Logistik. Es gibt Landwirtschaftsbetriebe, die das Erntegemisch aus Erbsen und Leindotter selbst trennen und den Leindotter selbst reinigen.
Die Baro Lagerhaus GmbH & Co. KG in Pritzwalk im Norden Brandenburgs erfasst, trennt und reinigt zentral. Die LDL Klamroth im Harz trennt und reinigt ebenfalls Ernteware. Wessen Flächen zu weit von Pritzwalk und Harz entfernt sind, für den macht der Mischfruchtanbau sicher nur dann Sinn, wenn er selbst oder ein nahegelegener Betrieb die Mischung trennen kann.
Der Betrieb von Martin Schulze aus Dolgelin bei Frankfurt/Oder hat diese Möglichkeit. Bereits im Februar bereitete er mit seiner Petkus-Anlage und einem Tischsortierer gut sechs Tonnen Saatgut auf. „Wir benutzen die Anlage hauptsächlich, um unsere Sonderkulturen wie zum Beispiel Waldstaudenroggen marktfertig aufzubereiten. Leindotter haben wir zum ersten Mal damit aufbereitet“, so der Landwirt.
Acht Landwirte haben so direkt von ihm das Saatgut bekommen. Der Rest wurde von der DAW verteilt. Dort können Landwirte das Saatgut bestellen. Die Saatgutkosten liegen unter 20 €/ha. Das Saatgut wurde 2022 von der DAW gestellt. Interessant macht die Kultur auch die Tatsache, dass kein Sortenschutz besteht und es so selbst nachgebaut werden kann. Die Ertragserwartungen liegen bei rund 0,5–1,0 t/ha im Mischfruchtanbau zusätzlich zum Leguminosenertrag und etwa 1,0–1,5 t/ha beim Reinanbau an marginalen Standorten.
Ziel ist es, den Leindotter im Vertragsanbau zu produzieren. Laut der DAW und Worlee liegt der Mindestpreis pro Tonne Ernteware derzeit bei 500 €. Liegt der Rapspreis zur Ernte höher, wird der Leindotterpreis angepasst. Es gibt keine Mindestmengen pro Hektar. Viel wichtiger sei den Unternehmen ein verlässliches Verhältnis zwischen Anbauern und abnehmenden Betrieben. Man wolle nämlich in den nächsten Jahren die Anbaufläche noch deutlich erhöhen.
Soweit ist man in Groß Schönebeck noch nicht. Zumal nicht nur das Wetter etwas gegen eine pünktliche Aussaat „nach Lehrbuch“ hatte. Als die Erbsen nämlich ausgedrillt waren, brach eine Welle eines Keilringwalzenelements glatt durch. Immer ärgerlich, wurde es in diesem Jahr aber besonders lästig, denn entgegen aller Zusagen und Versprechungen des Herstellers war die Ersatzwelle auch drei Wochen nach Bestellung nicht „im Briefkasten“. Schließlich ließ der Betrieb eine Welle bei einem Fachbetrieb, der BLT, in der Nähe anfertigen. Dienstag nach Ostern endlich konnte es losgehen. Leider waren die Erbsen, die für den Mischanbau vorgesehen waren, inzwischen so groß, dass eine zweite Aussaatrunde ausfiel und der Praxisversuch sich in diesem Jahr auf den Anbau in Reinsaat beschränken muss.
Olaf Pieper bleibt trotzdem gespannt auf das Ergebnis. „Wir müssen damit umgehen, dass bei uns der Frühling und Vorsommer über Erfolg und Misserfolg eines Bestandes entscheidet. Umso schöner wäre es, wenn wir mit dem Leindotter eine Kultur in die Fruchtfolge eingliedern könnten, die mit unseren widrigen Bedingungen umgehen kann.“ Martin Schulze fügt hinzu: „Es bleibt spannend. Wir haben zwar die Aussaat termingerecht geschafft. Doch dann war es zum Auflaufen zu trocken und schließlich kam es zu Verwehungen in den Reihen, die die Keimpflänzchen mit viel Mühe durchwachsen müssen.“
Nach einem widrigen Start im Frühjahr und einer dürren Vegetationszeit wurde der Praxisversuch mit Leindotter geerntet. Trotz der Hindernisse ziehen alle Beteiligten ein positives Fazit.
Das Anbaujahr 2022 ist Geschichte. Der Leindotter der Familie Schulze aus Dolgelin im Landkreis Märkisch-Oderland (Betrieb A) liegt im Lager. Auf gut 25 ha stand die Ölfrucht in diesem, dem dritten Anbaujahr. Gut die Hälfte der Fläche wurde mit Leindotter in Reinanbau bestellt. Die andere Hälfte teilte sich der krautige Kreuzblütler mit Futtererbsen im Mischanbau.
Auch in Groß Schönebeck bei der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH (Betrieb B) ist mit dem Leindotter als fast letzte Druschkultur die Ernte abgeschlossen. Für Geschäftsführer Olaf Pieper war es sozusagen der erste Kontakt mit dem Leindotter. Die SAG hatte in der Saison 2022 einen Praxisversuch mit Leindotter in Reinsaat angelegt. Es ging darum, herauszufinden, ob Leindotter eine Anbaualternative für marginale, von Trockenheit geprägte Standorte sein kann. Doch auch beim Leindotter geht es nicht gänzlich ohne Wasser.
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Normalerweise wird Leindotter um die Augustmitte herum gedroschen. Doch in Dolgelin ging es in diesem Jahr deutlich mit der Ernte des Leindotter schneller. Mitte Juli waren Wintergerste und Winterweizen abgeerntet. Da auch der Leindotter weitestgehend abgereift war, wurde am 19. Juli mit dem Drusch begonnen. Carsten Schulze erklärt: „Im Frühjahr hat uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auf großen Teilen des Schlages hatten wir nach der Aussaat Mitte März mit massiven Verwehungen zu kämpfen. Eigentlich war der Bestand schon abgeschrieben. Wir waren erstaunt, wie viele Pflanzen wiedergekommen sind und wie robust sie gegen widrige Witterung sind.“
Übrig blieben aber zahlreiche Fehlstellen, in denen dankbar das Unkraut auflief. Das machte sich spätestens zur Ernte bemerkbar. Wegrauken- und Kamillenpflanzen wickelten sich trotz bester Druschbedingungen um die Haspel, sodass Martin Schulze und seine Söhne Carsten und Stefan den Knoten mit vereinten Taschenmessern zu Leibe rücken mussten.
Es war und bleibt auch weiterhin eine schwierige Saison, bedenkt man, dass bereits in vielen Regionen mit der Silomais-(Not-) Ernte begonnen wurde. Angesichts der extremen Wetterbedingungen schätzt Carsten Schulze die Leindottersaison so ein: „Insgesamt ist es eine schlechte Ernte. Aber als wir im Frühjahr die Verwehungen erlebt haben, hatten wir die Fläche eigentlich schon abgeschrieben. Und dafür ist das jetzige Ergebnis ganz in Ordnung.“
Leindotter gilt weiterhin als anspruchslose Frühjahrskultur. Empfohlen wird die Aussaat bis spätestens Anfang April. Schädlinge sind in den seltensten Fällen bekämpfungswürdig. In den Schoten fühlen sich nämlich die Larven des Leindotterrüsslers wohl. Bei günstigen Infektionsbedingungen kann der Falsche Mehltau auf Stängeln, Blättern und Schötchen seinen weißen Belag aus Konidien bilden. Zugelassen zur Bekämpfung ist das Fungizid Pictor Active.
Unabhängig von anderslautenden Berichten funktioniert der Einsatz von Clomazone aber auf gar keinen Fall. Auch andere Rapsherbizide verursachen massive Spritzschäden. Die gute Nachricht, da Leindotter wirklich sehr wenig Herbizide verträgt, stellt er in der Fruchtfolge kein Problem dar.
Endgültige Erträge stehen in Dolgelin noch nicht fest, denn das Erbsen-Leindotter-Gemisch muss noch gereinigt werden. „Aber der positive Deckungsbeitrag sollte klappen“, so Carsten Schulze.
Positive Deckungsbeiträge werden auch bei der SAG-Schorfheider Agrar-GmbH in Groß Schönebeck geschätzt. Allzu oft nämlich lassen Frühjahrstrockenheit und schwache Böden die Ertragserwartungen implodieren. Deshalb ist man bei der SAG immer auf der Suche nach passenden alternativen Kulturen. Die Fruchtfolge ist bereits jetzt sehr umfangreich. Doch mit jeder Kultur muss auch Geld verdient werden. Aus diesem Grund wird seit ein paar Jahren auch kein Raps mehr angebaut. Die Anbaukosten standen in keinem Verhältnis mehr zu den Erlösen. Hier kommt der Leindotter ins Spiel. Dr. Katharina Spethmann, Leindotterspezialistin, nahm Kontakt auf, und begleitet von der Bauernzeitung wurde ein Versuchsanbau vereinbart.
Geplant war, Leindotter sowohl im Mischanbau mit Erbsen als auch in Reinsaat anzubauen. Und dann schlug das kalte Frühjahr staubtrocken zu. Immer wieder sackten die Nachttemperaturen deutlich unter null, sodass die Groß Schönebecker mit der Aussaat des Leindotters in die Erbsen warteten. Zwar ist Leindotter spätfrostverträglich, doch noch nicht als Keimpflanze. Kurz vor Ostern sollte die Aussaat endlich losgehen, um noch rechtzeitig vor dem Wachstumsbeginn der Erbsen den Leindotter in die Erde zu bekommen.
Doch als die Erbsen ausgedrillt waren, brach eine Welle eines Keilringwalzenelements der Drillmaschine. Als es endlich losgehen konnte, waren die Erbsen inzwischen so groß, dass eine zweite Aussaatrunde ausfiel und der Praxisversuch sich auf den Anbau in Reinsaat beschränken musste, und die Fläche nur etwa zweieinhalb Hektar groß war. Olaf Pieper ergänzt die Faktenlage: „Außerdem haben wir die Aussaatmenge zu niedrig gewählt. Eigentlich hätten fünf bis sieben Kilo pro Hektar gesät werden müssen. Wir haben aufgrund eines Missverständnisses aber nur gut vier Kilo gedrillt.“ Zwar haben sich die Pflanzen gut verzweigt, doch ein paar Pflanzen mehr pro Quadratmeter hätten sich mit Sicherheit positiv auf den Kornertrag ausgewirkt.
Angesichts all der Hemmnisse hat sich der Leindotter trotzdem sehr gut behauptet. Das findet auch Dr. Katharina Spethmann, die zur Ernte des Praxisversuches angereist war. „Es war für alle eine schwierige Saison. Am Beispiel hier in Groß Schönebeck können wir aber erkennen, wie anpassungs- und leidensfähig Leindotter ist“, gibt sie zu bedenken. Das bestätigt Olaf Pieper: „Wir hatten kaum Niederschläge in den letzten Monaten. Man muss staunen, wie sich der Dotterbestand trotzdem entwickelt hat.“
Betrachten wir die betriebswirtschaftlichen Aspekte dieser extensiven Kultur. Auf den meisten Standorten konnte Leindotter in diesem Jahr ohne Pflanzenschutz angebaut werden. Auch die Düngung beschränkte sich überwiegend auf eine normale Gabe organischen Düngers (Stallmist, Kompost) vor der Saat. Das Saatgut kann zum Selbstkostenpreis erzeugt werden, da kein Sortenschutz besteht.
Olaf Pieper fasst zusammen: „Wenn es danach geht, bräuchten wir im Vergleich zum Roggen nur ein gutes Drittel ernten, um immer noch ein vergleichbares, vielleicht sogar ein besseres Ergebnis zu erzielen.“ Wenn es nur danach ginge, müsste man nur noch Leindotter anbauen. Zumal aktuell der Aufkaufpreis pro Tonne Leindotter bei 650 € liegt. Doch er gibt auch zu bedenken, dass es aus SAG-spezifischer Sicht eben doch nicht so einfach ist, da das Roggenstroh elementarer Bestandteil der Veredlungsschiene Mutterkuhhaltung ist. Deshalb könne man Roggen eben nicht eins zu eins mit Leindotter ersetzen.
Im Hinblick auf die zurückliegende Saison ergänzt Geschäftsführer Pieper: „Wir hatten eine so trockene Saison, dass bei uns noch nicht mal das Unkraut wachsen wollte.“ Deshalb werden die Groß Schönebecker den Leindotter weiter beobachten, wie er sich in einem „normalen“ Jahr gegen Unkräuter behaupten kann. Der Mangel an zugelassenen Herbiziden mache die Unkrautbekämpfung sehr schwierig.
Noch ist auch in Groß Schönebeck die Ernte des Leindotters nicht vollständig ausgewertet. Doch fest steht, dass auch im nächsten Jahr Leindotter in der Fruchtfolge stehen wird. Olaf Pieper dazu: „Wir werden auf jeden Fall wieder etwa zehn Hektar in Reinsaat anbauen. Ob wir auch den Mischfruchtanbau mit Futtererbsen realisieren, entscheiden wir im Frühjahr. Wie schwierig das sein kann, haben wir ja in diesem Jahr erlebt.“
Landwirt Pieper bleibt trotzdem gespannt auf das nächste Jahr. „Wir müssen immer damit rechnen, dass bei uns die Frühlings- und Vorsommertrockenheit über einen Bestand richtet. Umso schöner wäre es, wenn wir mit dem Leindotter dauerhaft eine Kultur in die Fruchtfolge eingliedern können, die mit unseren widrigen Bedingungen umgehen kann und über den Vertragsanbau mit DAW und Worlée eine planbare Größe wird.“
Anbausaison 2023
Das Anbauziel 2023 liegt bei 1.000 ha. Eine Steigerung über die nächsten Jahre wird angestrebt. Der Preis orientiert sich am Rapspreis zur Ernte, mindestens aber 500 €/t. Der Anbau kann in Mischfrucht oder Reinfrucht auf marginalen Standorten (25 BP und darunter) erfolgen. Die ideale Flächengröße sollte aus Transportsicht über 15 ha liegen. Gegebenenfalls kann man den Anbau mit Nachbarn bündeln.
Ihre Ansprechpartnerin bei allen Fragen zu Anbau und Vermarktung:
Dr. Katharina Spethmann, Tel. 0151 61 44 3024, leindotter@worlee.de
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