Satellitengestütztes Flächenmonitoring: Überwachung aus dem Orbit
Sachsen-Anhalt nutzt 2021 ein satellitengestütztes Flächenmonitoring bei der EU-Agrarförderung. Das neue Verfahren soll Vor-Ort-Kontrollen ersetzen und die digitale Kommunikation verbessern.
Die Einhaltung der Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstigen Auflagen im Rahmen der EU-Agrarförderung für landwirtschaftliche Flächen wird regelmäßig vor Ort überprüft. Stimmen die Flächenangaben, sind die im Antrag angegebenen Feldfrüchte korrekt oder findet die Mahd zum richtigen Zeitpunkt statt, um beispielsweise Bodenbrüter noch besser zu schützen?
Um die Überprüfung sowohl für die Verwaltung als auch für die landwirtschaftlichen Betriebe zu vereinfachen, setzt das Land Sachsen-Anhalt seit diesem Jahr auf ein satellitengestütztes Monitoring der Flächen und eine verbesserte digitale Kommunikation.
Weniger Bürokratie durch Digitalisierung?
Das Kabinett in Magdeburg stimmte am 10. August ferner zu, dass das Land den Aufbau und Betrieb eines länderübergreifenden Zentralen Kompetenzzentrums Flächenmonitoring (ZKF) im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) fachlich und finanziell unterstützt.
Landesagrarministerin Claudia Dalbert betonte in einer Pressemitteilung: „Sachsen-Anhalt ist bei der Digitalisierung der Landwirtschaftsverwaltung ganz vorn mit dabei.“ Das Bundesland nutze als eines der ersten in Deutschland die automatisierte Auswertung von Satellitendaten. Damit entfielen viele Vor-Ort-Kontrollen und es könnten rechtzeitig Korrekturen vorgenommen werden. Das entlaste die Landwirtinnen und Landwirte ebenso wie die Agrarverwaltung. Nach Ansicht der amtierenden Grünen-Politikerin sei durch die Digitalisierung ein Weniger an Bürokratie zu erwarten.
Satellitenbilder statt Vor-Ort-Kontrollen
Das Flächenmonitoringsystem beinhaltet demnach die Beobachtung der landwirtschaftlichen Flächen, die im Rahmen der Agrarförderung beantragt werden. Die Basis bilden Sentinel-Satellitenbilder. Dabei werden 100 % der Flächen über Zeitreihen von Satellitenbildern (etwa alle fünf Tage) automatisiert auf die Einhaltung bestimmter Fördervoraussetzungen, Auflagen und Verpflichtungen geprüft. Die Kontrollen vor Ort können damit teilweise ersetzt werden.
Diese digitale Überprüfung wird bereits bei allen flächenbezogenen Maßnahmen in Sachsen-Anhalt angewendet. Zunächst wird mit der Überprüfung der im Geografischen Flächenantrag angegebenen Kulturen und der Durchführung der landwirtschaftlichen Tätigkeit auf Dauergrünlandflächen bzw. der Mindesttätigkeit im Falle von Bracheflächen begonnen.
Vorläufige Ergebnisse im Antragsportal sichtbar
Ab 2022 werden weitere Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstige Auflagen, zum Beispiel die Erhaltung von Dauergrünland, hinzukommen. Dazu ist für das Jahr 2021 vorgesehen, den landwirtschaftlichen Betrieben in Sachsen-Anhalt über das Antragsportal „PROFILINETST“ vorläufige Ergebnisse in Form eines Ergebnis-Layers in der GIS-Ansicht (GIS: geografisches Informationssystem) zur Verfügung zu stellen.
Durch eine viel engere Zusammenarbeit und transparente Kommunikation soll gewährleistet werden, dass zum einen die Vorgaben besser eingehalten werden und zum anderen die ausgezahlten Fördergelder zielgerichtet ihrem Zweck zugeführt werden.
Rechtliche und finanzielle Grundlagen
Die EU-Mitgliedstaaten können gemäß Artikel 40a der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 seit dem Jahr 2018 ein Flächenmonitoringsystem einführen. Sachsen-Anhalt beginnt als einziges ostdeutsches Bundesland – neben Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg – damit in diesem Jahr. Für die neue Förderperiode 2023 bis 2027 sehen die Verordnungsvorschläge eine verbindliche Anwendung eines solchen Flächenmonitoringsystems im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKos) vor.
Die Bundesländer hatten sich im Januar 2021 darauf verständigt, auf nationaler Ebene ein Zentrales Kompetenzzentrum Flächenmonitoring (ZKF) im Rahmen der neuen GAP zu errichten und zu betreiben. Sachsen-Anhalt beteiligt sich daran mit 53.000 Euro jährlich. Das Zentrum hat die Aufgabe, die Länderaktivitäten zu koordinieren, den Austausch zu gewährleisten und Methodenkompetenz bereitzustellen. Die Bund-Länder-Kooperation sollte Mitte August in Kraft treten.
Zusätzliche App für georeferenzierte Fotos
Darüber hinaus sollen im Laufe des Antragsjahres noch weitere Methoden der Kommunikation, etwa eine Foto-App für das Smartphone, entwickelt werden. Damit können die Landwirtschaftsbetriebe dann in Zukunft der Bewilligungsbehörde georeferenzierte Fotos übermitteln, um so die Erfüllung ihrer Förderkriterien, Verpflichtungen und sonstigen Auflagen nachzuweisen, ohne dass eine Vor-Ort-Kontrolle durch die Verwaltung erforderlich wird.
EXTRAWISSEN
Das Zentrale Kompetenzzentrum Flächenmonitoring (ZKF) ist zum 1. Juli 2021 als neue Abteilung an der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) im bayerischen Landshut eingerichtet worden.
Korrekturen noch rechtzeitig möglich
Zudem besteht mit dem Flächenmonitoring die Möglichkeit, dass die landwirtschaftlichen Betriebe ihren Antrag noch bis 30. September 2021 ändern können, sofern die Anforderungen im Rahmen der Direktzahlungsregelungen oder der betreffenden flächenbezogenen Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums eingehalten werden.
Diese Möglichkeit kann besonders dann genutzt werden, wenn die Betriebe durch die Verwaltung über die Ergebnisse des Flächenmonitorings informiert wurden und sich daraus Änderungen ihrer Antragsangaben ergeben. Änderungen sind hingegen nicht mehr möglich, wenn die Verwaltung bereits im Rahmen der Vor-Ort- oder Verwaltungskontrollen entsprechende Feststellungen gemacht hat bzw. Vor-Ort-Kontrollen angekündigt wurden.
Wann ziehen die anderen Ost-Länder nach?
Thüringen führt die Kontrollen im Rahmen des InVeKos in diesem Jahr weiterhin durch Fernerkundung bzw. Prüfbesuche vor Ort durch. Wie das zuständige Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR) auf Nachfrage mitteilte, befindet sich die Behörde in der Abstimmungsphase für die Einführung des Flächenmonitorings, der Freistaat wird sein Verfahren im Herbst bei der EU-Kommission anmelden. Ab 2022 steigt Thüringen dann ebenfalls ein.
Mecklenburg-Vorpommern wird das Flächenmonitoring im Jahr 2023 einführen und ab dem Jahr auch anwenden, teilte das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt in Schwerin auf Nachfrage mit.
Sachsen wird das Flächenmonitoring ebenfalls 2023 einführen. Die technischen und organisatorischen Vorbereitungen auf diesen Systemwechsel laufen derzeit, wie das Agrarministerium mitteilt. Man stehe dabei in engem Kontakt zu anderen Bundesländern und dem Bundeslandwirtschaftsministerium.
Brandenburg sieht vor, das Flächenmonitoring mit Beginn der neuen Förderperiode 2023 einzuführen, Vorbereitungen laufen. Für 2022 ist parallel zum herkömmlichen Verfahren ein Testbetrieb geplant.