Annemarie Paulsen auf der agra in Leipzig: Frauen führen anders
Welche Perspektiven haben Mädchen und junge Frauen in den männlich dominierten, grünen Berufen? Auf dem Bäuerinnenstammtisch der agra 2024 wurde darüber vielschichtig diskutiert. Influencerin Annemarie Paulsen bekam Inspiration für eine neue Sketch-Idee.
Von Bärbel Arlt
Sie kam zum Bäuerinnen-Stammtisch nicht in Latzhose, Gummistiefeln und Mütze, wie sie viele von ihrem Instagram-Account her kennen. Agrar-Influencerin Annemarie Paulsen vom Biohof Paulsen in Zollchow (Uckermark) im Nordosten Brandenburgs kam im grünen Pullover, in Jeans und Turnschuhen – und wie man es von ihr gewohnt ist – supergut gelaunt.
Sie finde es unglaublich toll, Frauen eine solche Bühne zu geben und deshalb sei sie auch der Einladung der agra gefolgt, sagt sie zu Beginn der Veranstaltung am Sonnabend, 13.4., gegenüber der Bauernzeitung. Am Abend zuvor war sie noch beim mdr in der Sendung „Riverboat“ zu sehen.
Annemarie Paulsen beim Bäuerinnenstammtisch: Muss Frau sich wirklich durchboxen?
Doch worum ging es beim zweistündigen Stammtisch mit 35 Landwirtinnen, weiblichen Fachkräften und Multiplikatoren? Um „Perspektiven in den männlich dominierten, grünen Berufen für Mädchen und junge Frauen“, also um die Rolle von Frauen in der Landwirtschaft. Kein wirklich neues Thema, aber eben (leider) noch immer hochaktuell.
Und so fielen in der Diskussion auch bekannte Aufforderungen wie „Trau dich!“, „Wenn du etwas willst, kümmere dich, und pack es an!“, „Wir müssen mitreden und mit dabei sein“, „Zusammen kommen wir weiter, nicht gegeneinander.“ Ja, alles richtig. Doch immer wieder schwingt da eben auch der Kampf Frau gegen Mann mit. Sie muss sich behaupten, hartnäckig sein, sich durchboxen und das vor allem, wenn es um Führungspositionen geht.
Video: Annemarie Paulsen im Interview auf der agra 2024
Gewicht auf die weibliche Fähigkeit
„Doch müssen wir denn so führen wollen wie Männer?“, fragt Annemarie Paulsen und wirft in die Runde: „Wenn wir Frauen so führen wie Männer, dann behalten wir vielleicht ihr System bei. Also müssen wir hervorheben, dass wir anders führen können und wollen, müssen Gewicht auf unsere weiblichen Fähigkeiten legen.“ Zudem habe sie als vierfache Mutter das Glück einen Mann zu haben, der hinter ihr stehe und sie komplett unterstütze.
Dass Frauen eine andere Führungskultur haben und dadurch landwirtschaftliche Betriebe enorm bereichern können, bestätigt auch die sächsische Staatssekretärin für Landwirtschaft Gisela Reetz.
Und Luisa Hochstein, ehemalige sächsische Milchkönigin und Initiatorin der Porträtreihe „Frauen in der Landwirtschaft“, appelliert an die Ausbildungsbetriebe: Um junge Frauen fit für die beruflichen Herausforderungen zu machen, müssen sie umfassend ausgebildet werden und die Vielfalt in der Landwirtschaft kennenlernen.
Frauen in der Landwirtschaft: Bremst Selbstreflektion aus?
Doch Führungsrolle hin, Führungsrolle her. Wibke Frotscher vom Landvolk Niedersachen und ebenfalls Initiatorin der Porträtreihe „Frauen in der Landwirtschaft“ meint: Ja, Frauen nach vorn, wenn sie es selbst wollen. Aber es braucht auch Frauen in der Fläche, im Ehrenamt, und da sind die Verbände gefragt. Und Frauen sollten, so wie Annemarie und Luisa es in den sozialen Medien tun, mehr darüber reden, was sie draufhaben, weil es sonst keiner macht.
Das sieht auch Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawzcyk so, übrigens der einzige Mann am Stammtisch. Frauen hätten, so sagt er, viel mehr Selbstreflektion: Werde ich der Rolle gerecht, kann ich den Job mit der Familie vereinbaren? Bei Männern werde über ein Scheitern gar nicht erst nachgedacht.
Unterschied zwischen Ost und West
Doch er sehe auch Unterschiede zwischen Ost und West. „Im Osten waren wir da schon weiter.“ Hier hätten die Frauen ein anderes Leitbild von Verantwortung und Unternehmerinnensein und würden, so sein persönliches Empfinden, jetzt in der Gleichstellung etwas ausgebremst.
Die Schirmherrin der Veranstaltung, Sachsens Justizministerin Katja Meier, hob die Bedeutung der Plattform hervor, um aktiv einen Gleichstellungsprozess auch in der Landwirtschaft anzuregen und mehr junge Frauen für die grünen Berufe zu gewinnen.
„Es ist notwendig, jungen Frauen neue Perspektiven zu ermöglichen, unentdeckte Talente zu fördern und Vorbilder zu präsentieren. Nur so können sie ihr Berufspotential voll ausschöpfen.“ Bei strukturellen Schwierigkeiten kommen Politik und Verwaltung ins Spiel. Sie müssten die Stellschrauben entsprechend drehen, so die Ministerin.
Annemarie Paulsen: Stammtisch bringt neue Sketch-Idee
„Das war spannend“, resümiert Influencerin Annemarie Paulsen, die für den bereichernden Input gern den Stall gegen die Messehalle getauscht hat. Und auch oder gerade, weil viele Probleme nicht neu sind, „müssen wir mehr darüber reden, mehr sichtbar sein und die Probleme nach vorn bringen“.
Dafür nimmt sie für ihren Influencer-Account vom Bäuerinnenstammtisch auch gleich eine neue Sketch-Idee mit auf den Hof: Oma, Mutter, Tochter – es wird ein Spiel mit den Generationen sein, so viel sei schon mal verraten. Wir dürfen gespannt sein.
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