Direktvermarktung

Klinkenmühle: Fleisch und Wurst auf Bestellung

Marthe, Malin und Hannah Lütteken (v.l.) haben sichtlich Spaß beim Fohoshooting mit unserer Fotografin Sabine. (c) Sabine Rübensaat
Junges Land
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Familie Lütteken vom Biolandhof und der Bauernpension Klinkenmühle hat keine Nachfolgesorgen. Die Töchter Marthe, Hannah und Malin lieben die Landwirtschaft. Die drei Brandenburgerinnen haben mit Bravour einen Sachkundelehrgang zum Schlachten absolviert.

Die Fragen stellte Klaus Meyer

Familie Lütteken bietet ihren Kunden hochwertiges Biofleisch direkt vom Bauernhof an. „Direkt“ ist wörtlich zu verstehen, denn die Kunden der Klinkenmühle müssen sich ihre bestellten Fleisch- und Wurstwaren vor Ort im brandenburgischen Klinkenmühle im Hofladen abholen.

Während Kathrin Lütteken und ihre Mutter am Verkaufstag die Kunden bedienten, war unsere Fotografin Sabine Rübensaat Corona-konform mit den Töchtern Marthe, Hannah und Malin auf dem Hof, in den Ställen und auf den Feldern unterwegs. In der Zeit beantwortete Familienvater Andreas Lütteken Fragen zur Klinkenmühle, zur Direktvermarktung und zur Zukunftsplanung.


Biolandhof und Bauernhofpension Klinkenmühle

Familie Lütteken (Kathrin und Andreas mit den Töchtern Marthe, Hannah und Malin und deren Oma Elke Tietz) verkauft regelmäßig auf Bestellung Fleisch und Wurst von Rind, Schwein und Wild über ihren Hofladen. Sie bewirtschaftet in Gottsdorf (50 km südlich von Berlin) circa 200 ha Ackerland und etwa 100 ha Grünland.

Auf den Feldern (18 bis 35 Bodenpunkte) wird unter anderem Roggen, Triticale, Hafer, Sommerwicken, Kleegras, Luzerne und Erbsen angebaut. Zusätzlich wird als Lohnarbeit das Dreschen von Getreide sowie das Pressen von Stroh und Heu angeboten. Zum Hof gehören 70 Mutterkühe mit Nachzucht, hauptsächlich französische Limousine und teilweise Kreuzungen mit dem japanischen Wagyu-Rind. Die 30 Mastschweine sind größtenteils Kreuzungen aus Edelschwein mal Pietrain. Die Familie ist stolz darauf, dass die Tiere für die Schlachtung nicht transportiert werden müssen, denn das passiert im eigenen EU-zugelassenen Schlachthaus. Dort werden etwa alle vier Wochen (außer im Sommer) ein bis zwei Rinder und drei bis fünf Schweine geschlachtet, zerlegt und verarbeitet.

Familie Lütteken
Die Familie vor den historischen Mühlen- und Speichergebäuden. Die ehemalige Mühle (l.) wurde zur Pension umgebaut. (c) Sabine Rübensaat

Herr Lütteken, der Biolandhof Klinkenmühle ist ein Familienbetrieb?
Ja, wir, also meine Frau Kathrin und ich, haben keine Fremdarbeitskräfte. Unsere Tochter Malin, eine von den beiden Zwillingen, ist als Landwirtin bei uns angestellt und die anderen beiden Töchter helfen nach der Arbeit und an ihren freien Tagen ebenfalls kräftig mit.

Andreas Lütteken Porträt
Andreas Lütteken ist Landwirtschaftsmeister und im Familienunternehmen unter anderem zuständig für Feldarbeiten und Tierbetreuung. (c) Sabine Rübensaat

Wer macht was in der Familie? Wie ist die Arbeitsaufteilungin der Klinkenmühle?
Jeder hat grob seinen Hauptbereich, aber wenn Not am Mann ist, sind alle flexibel. Meine Frau ist der Kopf, sie erledigt alles, was mit dem Büro zu tun hat und hat auch bei der Direktvermarktung den Hut auf. Sie erledigt auch die Feinzerlegung der Fleischstücke. Zusätzlich kümmert sich meine Frau um die Pension.

Mein Hauptbereich ist die Außenwirtschaft, der Ackerbau, die Tiere und alles, was draußen stattfindet. Aber nicht allein, sondern mit Malin und den anderen beiden Töchtern zusammen. Im Moment zum Beispiel, zur Kalbesaison, schauen Hannah und Marthe nach ihren Arbeitstag zuerst zu den Kühen, ob alles in Ordnung ist. Die kennen die Kühe besser als ich, die wissen deren Namen, welche Kuh mit wem verwandt ist und wer jetzt kalben müsste.
Die Oma (Elke Tietz) ist meistens für das leibliche Wohl der Familie zuständig. Sie kocht und hilft, wo sie kann. Sie verkauft mit im Hofladen, unterstützt beim Packen der Verkaufstüten und Etikettieren oder putzt die Zimmer der Pension.

Wie erfolgt der Verkauf von Wurst und Fleisch?
Vom Herbst bis zum Frühling gibt es regelmäßig etwa einmal im Monat Verkaufstage, an denen die Kunden ihre fertig zusammengestellten Bestellungen abholen können. Meine Frau nimmt die Telefon- und Online-Bestellungen an und plant die Fleisch- und Wurstverteilung, denn wir verkaufen keine Mischpakete.
Jeder Kunde kann so viel bestellen, wie er will, wie beim Metzger auch. Wir versuchen die Kunden dahingehend zu beeinflussen, dass sie möglichst zeitig bestellen, was aber nicht zu hundert Prozent funktioniert. Der Verkauf erfolgt Samstags.
Dienstags werden zum Beispiel die Schweine geschlachtet. Etwa 70 bis 80 Prozent der Kunden bestellen bis Montag. Meine Frau führt dann Strichliste, und danach wird entschieden, wie viele Schweine geschlachtet werden, damit es für die Kundschaft reicht, aber auch nicht zu viel übrigbleibt. Die Mengen, die noch durch Bestellungen von Dienstag bis Freitag reinkommen, muss man abschätzen.

Besteht bei Ihrem Bestellsystem nicht die Gefahr, dass von den Edelteilen zu wenig da ist und sie auf den nicht so begehrten Teilen sitzen bleiben?
Das ist die Kunst, das so hinzudeichseln, dass es passt. Wir haben viele Stammkunden, von denen wir wissen, was sie gerne nehmen und bei den Filets gilt zum Beispiel die Regel, wer zuerst bestellt, mahlt zuerst. Bei den Kottelets, Schnitzeln oder Rouladen bekommen wir die Verteilung größtenteils hin. Wir sind flexibel, schlachten zwei Färsen oder eine große und eine kleine. Außerdem machen wir nicht nur Fleisch, sondern auch Wurst.

Wie hat sich der Ab-Hof-Verkauf entwickelt und wie viel geben die Kunden im Durchschnitt pro Bestellung aus?
Am Anfang haben wir uns über 40 Bestellungen gefreut. Im letzten Jahr hatten wir für jeden Verkaufstag etwa 120 Bestellungen. Es waren auch schon 140, und heute sind es 90 Kunden, die ihr Fleisch abholen. Davon sind etwa 80 Prozent Stammkunden. Im Schnitt kaufen die Kunden für etwa 75 Euro. Das schwankt aber von zehn bis über 400 Euro. Es kommen stetig neue Kunden hinzu, ohne dass wir groß Werbung machen.

(c) Sabine Rübensaat

Sie haben aber eine Homepage?
Seit einem Jahr sogar zwei. Auf der alten Homepage wurde und wird unser Hof mit seiner Geschichte, mit der Pension und Informationen zur Umgebung vorgestellt. Mit der neuen, attraktiveren Homepage kann man zusätzlich zu den allgemeinen Informationen über ein Onlineformular seine Bestellung aufgeben. Außerdem wird das Angebot genauer erklärt.

Wie hat sich die Direktvermarktung der Klinkenmühle entwickelt?
Seit etwa zehn Jahren verkaufen wir unser Biofleisch. Früher war die Klinkenmühle ein sehr beliebter Anlaufpunkt zu Himmelfahrt, vor allem wegen der guten Obstweine. Das wollten wir wieder aufleben lassen. In den ersten Jahren sind wir überrascht worden von dem Zuspruch, obwohl der Obstwein nicht mehr das Zugpferd war. Zu den heute üblichen Getränken haben wir Wurstbrote verkauft.

Das war der Anfang. Seitdem geht es immer weiter aufwärts mit dem Fleischverkauf. Ich weiß nicht, ob es an der Coronapandemie und der vermehrten Nachfrage nach ökologischen Produkten liegt oder ob wir einfach nur bekannter werden, obwohl wir das nicht extra forciert haben, also intensiv geworben haben. Die Nachfrage ist aber so groß, dass wir heute noch einen zusätzlichen Verkaufstag gemacht haben und im Mai nochmal an einem Tag nur Grillwürste verkaufen wollen.

Wer kauft bei Ihnen ein? Aus welchem Umkreis kommen die Kunden?
Das sind einerseits Leute aus der näheren Umgebung und jetzt mit der neuen Homepage auch zunehmend Kunden aus Berlin, Potsdam und sogar Brandenburg. Da zeigt sich, dass eine gute Homepage sehr wichtig ist.

Ist es reinrassiges Fleisch, das Sie vermarkten?
Wir haben größtenteils Fleckvieh-Mutterkühe, bei denen ein Limousin-Bulle mitläuft. Seit ein paar Jahren lassen wir acht bis zehn Färsen von einem Wagyu-Bullen decken.

Wie sind Sie zu den Wagyu-Rindern gekommen?
Vor ein paar Jahren kam über einen Bekannten die Anfrage von einer größeren Schiffslinie, ob wir nicht Wagyu-Fleisch liefern könnten. Der Hype kam gerade auf. Bis so ein Wagyu-Kreuzungstier schlachtreif ist, dauert es aber ein Jahr länger als bei einer normalen Limousin-Kreuzung. Die Maserung und der gute Geschmack brauchen ihre Zeit. Letztendlich kam der Handel wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen nicht zustande. Mit dem Wagyu-Fleisch aus Australien konnten wir nicht mithalten, sowohl preislich als auch mengenmäßig.

Sie sind trotzdem bei der japanischen Rasse geblieben?
Ja, erstens machen Wagyu-Bullen kleine Kälber. Das ist bei den Färsen von Vorteil. Außerdem haben wir das Fleisch selbst gekostet. Ergebnis: die Maserung ist vorhanden und der Geschmack ist auch besser. Wir hoffen auch, unsere Kundenzahl damit steigern zu können.

Was machen Sie mit Tieren, die Sie nicht selbst schlachten?
Wir behalten jeweils etwa 15 bis 20 Bullen und Färsen zum Mästen und ein paar Zuchttiere. Die restlichen Tiere gehen im Herbst als Absetzer weg. Die ausgewachsenen Bullen werden größtenteils an Biohändler verkauft.

Warum verkaufen Sie die Bullen und schlachten die Färsen?
Weil das Fleisch besser ist. Die Färsen sind nicht so groß, ihr Fleisch ist besser marmoriert und es muss nicht so lange abhängen. Es ist zwar mehr Arbeit, weil die Färsen zur Verfettung neigen. Aber schauen Sie nach Frankreich. Dort werden auch hauptsächlich Färsen geschlachtet, keine Bullen. Auch der hiesige Markt hat die Vorteile von Färsenfleisch erkannt. Es ist gefragt. Das spiegelt sich auch im Preis wider. Für Schlachtfärsen wird seit etwa zwei Jahren genauso viel bezahlt, wie für Schlachtbullen.

(c) Sabine Rübensaat

Haben Sie bei den Schweinen auch eine besondere Zuchtlinie?
Ja, es sind Kreuzungen aus Edelschwein mal Pietrain und dem seltenen, fast ausgestorbenen rotbunten Husumer Schwein. Außerdem lassen wir die Tiere schwerer werden. Das Optimalgewicht für die Schlachtung liegt bei etwa 145 Kilogramm Lebendgewicht. Die Schweine wachsen langsam bei uns. Deshalb bekommen die Tiere nur das hofeigene Futter, also Getreideschrot, Heu und Stroh, im Winter zusätzlich Kleegrassilage und im Sommer frisches Gras. Ökologisches Eiweißfutter wird nicht extra zugekauft. Bis die Tiere schlachtreif sind, dauert es etwa ein Jahr.

Vor zehn Jahren haben Sie sich ihr eigenes EU-Schlachthaus gebaut. War es schwierig, die Genehmigungen dafür zu bekommen?
Es war einfacher als gedacht. Im Vorfeld hatten wir aufgrund einiger Gerüchte schon einiges befürchtet hinsichtlich den Hygieneauflagen, der Messerdesinfektion und so weiter. Ich kann nur jedem raten, der so etwas vorhat, früh genug mit dem zuständigen Veterinäramt zu sprechen. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir haben denen mitgeteilt, was wir vorhaben und dann gefragt, was zu beachten ist.
Die Mitarbeiter vom Amt haben sich dann das Projekt vor Ort angeschaut und uns mitgeteilt, was wir zu machen haben. Die Anforderungen hängen auch von der Größenordnung ab. Wenn man 30 Schweine pro Jahr schlachtet, sind die Anforderungen geringer als bei 1.000. Nach den Vorgaben des Amtes haben wir dann größtenteils in Eigenleistung das Schlachthaus gebaut. Heute sind wir froh, dass wir hier auf unserem Hof die Tiere schlachten können. So können wir dem Kunden sagen: Unsere Rinder werden hier geboren, sie wachsen hier auf und werden ohne Transport vor Ort in Eigenregie geschlachtet.

Sie töten und schlachten die Tiere selbst?
Ja, aber wir haben von Anfang an auf die Hilfe eines sehr erfahrenen alten Metzgers zurückgegriffen, der schon ewig Hausschlachtungen macht. Gleichzeitig habe ich aber auch einen Sachkundelehrgang zum Töten von Tieren absolviert. Seit Kurzem bin ich in diesem Bereich ausfalltechnisch voll abgesichert. Das Landwirtschaftsamt hatte über die Landwirtschaftsschule in Luckenwalde einen Lehrgang mit Prüfung zur Erlangung der Sachkunde zum Schlachten von Rindern und Schweinen angeboten.
Der Kurs wird auch Rotfleischsachkunde genannt. Ich habe meine Töchter gefragt, ob sie Lust hätten, daran teilzunehmen. Es könne ja nicht schaden. Zu meiner Überraschung und Freude haben sie alle drei den Lehrgang und die Prüfung erfolgreich absolviert. Nach einem Tag Theorie im Januar musste je-de von ihnen im März ein Rind und ein Schwein bei uns im Schlachthaus töten, also betäuben und stechen.

(c) Sabine Rübensaat

Die drei haben anscheinend in der Hinsicht keine Berührungsängste.
Nein, denn sie waren von klein auf beim Schlachten dabei und nehmen das deshalb als ganz natürlich hin. Trotzdem ziehe ich vor ihnen den Hut, denn sie kennen die Tiere, sie füttern sie und sie haben auch die Liebe zu ihnen. Hannah und Marthe haben schon vorher einen Jagdschein gemacht und gehen in unserem gepachteten Revier auch jagen.

Sie sind in einer komfortablen Situation. Sie haben drei Töchter, und jede von ihnen hat in der Landwirtschaft gelernt. Wie ist es dazu gekommen?
Wir als Eltern haben das nicht aktiv gesteuert. Wir haben von Anfang an gesagt, wir lassen sie erst mal erwachsen werden, sie sollen einen Beruf erlernen, der ihnen gefällt. Unser Rat war: Macht woanders ein Praktikum, schaut euch andere Berufe an. Es gibt Berufe, mit denen kann man mehr Geld verdienen mit weniger Arbeit, mit geregeltem Wochenende und man muss nicht im Regen und im Dreck stehen.
Sie haben auch alle an mehreren Stellen Praktika absolviert. Letztendlich kam immer in etwa als Antwort: War schön, hat uns gefallen, aber wir wissen jetzt, was wir nicht werden wollen. Also sind alle drei Landwirtin geworden.

Klinkenmühle
(c) Sabine Rübensaat

Steht schon fest, wer einmal die Klinkenmühle übernehmen wird?
Die Frage ist noch offen. Bisher hat sich noch keine positioniert. Wir müssen sehen, wer Lust dazu hat. Es wird wohl auch vom Partner abhängen. Mein Traum wäre, wenn sie vielleicht zusammen den Hof weiterführen. Doch dazu müsste man den Hof erweitern, in interessante Nischen einsteigen oder die Direktvermarktung intensivieren.

Wer bucht Ihre Zimmer?
Das sind weniger klassische Urlaubsgäste, die 14 Tage bleiben, sondern eher Hochzeitsgäste, die eine Nacht bleiben oder kleine Familien mit Kindern, die zwei, drei Tage die Natur und Ruhe genießen beziehungsweise Touristen, die am Tage Ausflüge nach Berlin oder Potsdam machen. Im Moment übernachten natürlich in der Klinkenmühle nur Arbeiter und Geschäftsleute.


Urlaub auf dem Bauernhof, Familie Lütteken aus dem brandenburgischen Gottsdorf bietet als zusätzliches Standbein neben der Landwirtschaft und der Fleischdirektvermarktung Zimmer an. Sie arbeiten gemeinsam und sprechen sich ab.
(c) Sabine Rübensaat

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